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2013/03/19 21:52:40
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Konf: Wassermühlen und Wa ssernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa
Datum 2013/03/24 23:38:29
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] 1763 die Kirche gibt das alte Rathaus in St. Wendel an Kurtrier zurück
2013/03/04 10:27:33
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[Regionalforum-Saar] Die Ruhe vor dem Sturm
Betreff 2013/03/27 10:33:53
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[Regionalforum-Saar] Kirche als Baustelle
2013/03/19 21:52:40
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[Regionalforum-Saar] Konf: Wassermühlen und Wa ssernutzung im mittelalterlichen Ostmitteleuropa
Autor 2013/03/24 23:38:29
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] 1763 die Kirche gibt das alte Rathaus in St. Wendel an Kurtrier zurück

[Regionalforum-Saar] ein Brief nach Amerika von 1947

Date: 2013/03/20 12:52:23
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Salü,
 
gestern erhielt ich von einer Amerikanerin einen Brief zum Übersetzen, den Verwandte 1947 aus Deutschland an ihre Verwandten nach Amerika geschrieben haben. Ich habe die Nachnamen rausgenommen, die gehen niemanden etwas an, aber den Text unverändert gelassen. Ist auch ein Zeitdokument.
 
Roland
 
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Hildesheim den 18.3.1947
 
Ihr Lieben alle!
 
Euren lieben Brief vom 18. Januar 1947, in welchem ihr uns den Tod unserer lieben Tante Hermine mitteiltet,  haben wir erhalten und möchte euch allen unser herzlichsts Beileid Beileid aussprechen. Es ist so schwer und hart vom Schicksal, wenn es uns einen lieben Menschen nimmt.
 
Wir hörten, dass es Dir, lieber Onkel, gesundheitlich nicht gut geht. Wir hoffen, dass du dich wieder erholt und noch manches Jahr mit Deinen Lieben verlebst.
 
Nun muss ich wohl erst mal sagen, wer ich bin. Ich bin Hans D., Herthas Mann. Unsere Mutter wohnt ja jetzt bei uns, da sie durch den Krieg bei einem Bombenangriff in Neumünster alles verloren hat. Als ich aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, bin ich von hier aus sofort nach Neumünster gefahren und habe Mutter zu uns geholt, damit sie wieder ein Heim hat und nicht auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen ist. Ich selbst habe eine gute Stellung im Staatsdienst und guten Verdienst. Mutter ist noch sehr rüstig und ist von früh bis spät auf den Beinen. Sie hilft Hertha mit im Haushalt und macht uns alle Schneiderarbeiten fertig, denn wo Kinder im Hause sind, gibt es immer etwas zu nähern und zu flicken.
 
Mutter hat an euch schon drei Briefe geschrieben. Wir hoffen, da sie angekommen sind. In diesen Briefen hat Mutter euch auch die Ankunft der beiden Pakete mitgeteilt. Wir haben uns sehr dazu gefreut und möchten euch nochmals unseren herzlichsten Dank dafür sagen, wenn
 
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wir können wirklich jedes Stück gebrauchen, sei es auch noch so alt, da wir durch den unseligen Krieg alles verloren haben und es sollte keine Möglichkeit gibt, etwas wieder anzuschaffen. Unsere Städte sind zerstört und die Industrie liegt darnieder. Für Geld und gute Worte kann man nichts kaufen. Darum glaubt uns, dass wir für jedes Stück, das Ihr uns schickt, euch besonders dankbar sind. Wir können wirklich alles gebrauchen. Wenn ihr also Sachen habt, die ihr nicht mehr benötigt oder dort von euren Bekannten bekommen könnt, dann seid doch bitte so gut und schickt es uns; denn wir leiden bittere Not. Unsere Kinder und wir haben fast keine Schuhe, Strümpfe und Kleider mehr; denn während des Krieges konnten wir nichts kaufen, weil es einfach nichts gab.
 
Zu den schönen Lebensmitteln haben wir uns sehr gefreut und sind euch sehr dankbar dafür. Wie es in diesem Punkt hier bei uns aussieht, könnt Ihr euch wohl kaum vorstellen. Den Kaffee trinken wir nur an Sonntagen oder wenn eine besondere Gelegenheit gegeben ist und dann auch nicht als Genussmittel, sondern als Stärkungsmitteln. Ich weiß nicht, ob Euch unserer kargen Portionen bekannt sind; darum will ich es euch einmal erzählen. Wir bekommen per Kopf und Monat: Brot circa 1000 gr; Butter 125 gr; Margarine 75 gr; Fleisch - und Wurstwaren 600 gr; Zucker 500 gr; Nährmittel 1000 gr; Kaffeeersatz 125 gr; Fisch 500 gr; Kartoffeln 800-1000 gr; Käse 125 grund 2 Liter Magermilch. An Waschmittel bekommen wir 125 gr. Das sind die Höchstsätze für eine Portion im Monat. Unsere Frauen sind die reinsten
 
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Kochkünstler, die man immer wieder bewundern muss, weil sie uns immer noch eine Mahlzeit auf den Tisch bringen. Ihr könnt euch aber wohl denken, dass wir dabei fast am verhungern sind. Oft werden auch diese kargen Sätze noch nicht geliefert, weil sie durch Transportschwierigkeiten nicht rechtzeitig an Ort und Stelle kommen. Dann ist die Not besonders groß. Darum könnt Ihr euch denken, dass wir jedes Gramm Lebensmittel besonders freudig und dankbar begrüßen. Und wenn ich noch eine Bitte aussprechen darf, so diese, schickt uns auch bitte etwas zu essen mit. Wir wollen es gerne alles bezahlen, sobald wir wieder eine stabile Währung haben und wie er wieder Geld überweisen dürfen. Wir wollen es ja nicht für uns, sondern für unsere Kinder; denn diese laufen mit schmalen und blassen Gesichtern herum und wir danken Gott, wenn sie uns nicht krank werden. Es ist sehr traurig, man möchte Ihnen gern etwas geben; aber man hat nichts und kann auch nichts bekommen.
 
Jetzt nimmt auch dieser Winter seinen Abschied. Es war wohl der härtesten Winter seit 20 Jahren. Das schlimme war, dass wir keine Feuerung hatten; denn wir haben für den ganzen Winter nur fünf Zentner Holz bekommen. Steinkohlen und Briketts gab es nicht. Darum waren wir gezwungen, am Abend früh ins Bett zu gehen, denn im kalten Zimmer war es nicht auszuhalten. Doch nun schmilzt der Schnee und wenn der Frost aufgetaut und die Feuchtigkeit aus dem Boden ist, beginnt die Gartenarbeit. Hertha und ich haben uns im vorigen Jahr ein Stück Gartenland
 
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in der Größe 1/4 Morgen, in der Nähe unserer Wohnung urbar gemacht. Hoffentlich wächst nun etwas darauf, denn Gemüse und Obst ist hier kaum zu haben. Wir scheuen daher auch keine Arbeit, uns dadurch unsere schmale Kost etwas zu vermehren; vorausgesetzt, dass wir diese Arbeit bei der geringen Lebensmittelzuteilung auch noch leisten können; denn wir sind mit unseren Kräften, wie man sagt, auf den Hund gekommen.
 
Ich will nun diesen Brief beenden. Ich habe ihn für Mutter geschrieben. Sie hat mich darum gebeten, weil die im kalten Zimmer sitzen und Mutter in der Kälte nicht gut schreiben kann. Darf ich bei dieser Gelegenheit noch eine kleine persönliche Bitte aussprechen, so bitte ich um Übersendung einer Shaeg-Pfeife, da meine zerbrochen ist und es hier keiner zu kaufen gibt. Ich würde mich sehr dazu freuen.
 
Nun hoffe ich, dass diese Zeile in euch alle bei guter Gesundheit antreffen. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir bald wieder von euch eine Antwort erhalten.
 
Seit nun alle recht herzlich gegrüßt
von unserer Mutter
und von Hans und Hertha, Elke und Dörte.