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2012/07/19 11:14:19
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Veranstaltung in Tholey, Olga Schwind betreffend
Datum 2012/07/19 23:39:09
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Konf: Das Zollwesen des Imperium Romanum - Jena 09/12
2012/07/12 10:15:22
anneliese.schumacher(a)t-online.de
Re: [Regionalforum-Saar] St. Wendel dreht die Zeit zur ück
Betreff 2012/07/26 23:21:41
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Tagesexkursion nach Haroué
2012/07/19 11:14:19
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Veranstaltung in Tholey, Olga Schwind betreffend
Autor 2012/07/19 23:39:09
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Konf: Das Zollwesen des Imperium Romanum - Jena 09/12

[Regionalforum-Saar] Tagber: Corpus Deutscher Landkarten

Date: 2012/07/19 17:50:11
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Historisches Institut, Leibniz-Universität Hannover
23.03.2012-24.03.2012, Hannover

Bericht von:
Nadine Holzmeier, Historisches Institut, FernUniversität Hagen
E-Mail: <nadine.holzmeier(a)... 23.-24.3.2012 fand am Historischen Institut der Leibniz-Universität
Hannover der Workshop "Corpus Deutscher Landkarten" statt. Unter der
Leitung von FELICITAS SCHMIEDER (Hagen) und MICHAEL ROTHMANN (Hannover)
sollte ein Forum geboten werden, Ansätze und Schwierigkeiten des
gleichnamigen Buchprojektes zur Diskussion zu stellen. Ziel war unter
anderem, einen Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen
Bearbeitern zu ermöglichen, den Rahmen dieses Buchprojektes praktikabel
abzustecken und die angestrebten Erkenntnisräume zu präzisieren.

Betrachtet man speziell die frühe Regionalkartographie, fällt einerseits
ein durchaus vorhandener, regional unterschiedlich verteilter
Materialreichtum auf, andererseits steht aber ein Gesamtüberblick über
die einzelnen Regionen noch aus. Diese Lücke zu schließen, das regional
vorhandene Wissen und Kartenmaterial auch im Vergleich sichtbar zu
machen, ist eine wesentliche Zielsetzung des Buchprojektes "Corpus
Deutscher Landkarten".

Ausgehend von der Überzeugung, dass durch die regionale Streuung des
Materials und den damit verbunden Schwierigkeiten diese Aufgabe nur
unter Einbeziehung regionaler Experten möglich ist, soll diese Aufgabe
mit Hilfe verschiedener Regionalbeiträger und ihrer Expertise bewältigt
werden. Der Workshop sollte dies in einem ersten Schritt koordinieren
und die bisherigen Erfahrungen zusammentragen.

Schon im einleitenden Vortrag MICHAEL ROTHMANNS (Hannover) wurde
deutlich, welchen methodischen Fragen es sich im Rahmen dieses Projektes
zu stellen gilt. Er skizzierte die kartographische Entwicklung von den
heilsgeschichtlichen Anfängen, hin zu eher pragmatischen Funktionen und
leitete auf dieser Basis über zu den konkreten Fragen, die dem Workshop
jenseits der speziellen Thematiken der einzelnen Bearbeiter vorgelagert
sein sollten. Schon der Arbeitstitel birgt manche Klippe, so könnte der
Begriff "Corpus" mit einem Vollständigkeitsanspruch verbunden werden,
der weder möglich noch angestrebt ist, auch die räumliche Grenzziehung
bedarf einer Präzision. Da der kartographisch dargestellte Raum nicht
zwingend mit dem Fundort der betreffenden Karte identisch sei, müsse an
dieser Stelle eine Auswahl stattfinden, gleiches gelte für den Begriff
"Landkarte" selbst. Dieser bewegt sich im weiten Feld zwischen ersten
visualisierten Wegbeschreibung, über "Augenscheine" die Grenzziehung und
Herrschaftsbereiche sichtbar machten, bis hin zu Karten, die sich um
maßstabsgetreue Genauigkeit bei der Darstellung eines Landstrichs
bemühen. Ihnen allen ist dabei gemein, Landschaft und Raum visuell
darzustellen, dennoch unterscheiden sie sich in Zweck und Form teilweise
ganz erheblich, sind unter Umständen zum Beispiel nur im Zusammenhang
mit anderen Dokumenten verwendet und betrachtet worden. Die Form folgte
dabei oft der Funktion und Karten konnten der Dokumentation von
Aushandlungsprozessen bei Grenzstreitigkeiten ebenso dienen, wie der
systematischen Landerfassung. Diese Bandbreite lässt die Notwendigkeit
einer Eingrenzung genauso deutlich werden, wie die damit verbunden
Schwierigkeiten.

Den Anfang machte ANDREAS RUTZ (Bonn) mit seinem Beitrag zur
Kartographie im Rheinland von den Anfängen bis ca.1600. Indem er eine
mögliche Systematisierung auf Grundlage des Gebrauchszweckes
voranstellte, lenkte er gleich zu Beginn den Blick auf den Aspekt der
Kategorisierung, welcher im Verlauf des Workshops an verschiedenen
Stellen zum Gegenstand der Diskussion wurde. In seinem, als
Vorüberlegung zum Buchprojekt angelegten, Vortrag stellte er
verschiedene Gebrauchskategorien vor (kommerzieller Gebrauch,
herrschaftlicher-administrativer und juridischer) und es wurde dabei
auch deutlich, dass sich diese teilweise nicht klar voneinander
abgrenzen lassen. Er konstatierte darüber hinaus für das Rheinland und
seine Kartographie einen großen Forschungsbedarf und gab einen kleinen
Einblick in die Schwierigkeiten der Erfassung: so sei zum Beispiel der
Kartenbestand des Landes-Archivs NRW nicht systematisiert, Karten seien
auf verschiedene Archive verteilt und eine Archivanfrage in der Breite
brachte sehr unterschiedliche Ergebnisse. Entlang der vorgenommenen
Kategorisierung beschrieb er verschiedene Ansatzmöglichkeiten zur
Auffindung kartographischen Materials und ihre Handhabung in Bezug auf
das Buchprojekt. So verwies er zum Beispiel auf Geschichtsblätter mit
ihren historischen Karten, empfahl weiterhin den Blick in die
niederländischen Deichbaupläne oder auf die teilweise sehr weit
zurückreichenden Flur- und Grundstückskarten .

Während dabei ein ländlicher Raum im Betrachtungsfokus stand, setzte
sich STEFAN FUCHS (Zürich) mit einem städtischen Territorium und seinem
Herrschaftsbereich auseinander. Sein Beitrag thematisierte bzw.
interpretierte kartographisches Wissen als Herrschaftswissen,
herausgearbeitet am Beispiel der Reichsstadt Nürnberg und ihren ältesten
kartographischen Darstellungen. Eine um 1500 einsetzende territoriale
Verdichtung in dieser Region wurde in Beziehung gesetzt zu verschiedenen
Kartendokumenten des 16. Jahrhunderts und der darin sichtbaren
Entwicklung. Wichtig war dabei auch die Frage nach der Sichtbarkeit und
dem Adressatenkreis solcher Stücke, hierbei rückte insbesondere eine
Karte der Reichsstadt Nürnberg von 1519 in den Vordergrund, da diese
zeitweise im Nürnberger Rathaus aufgehängt war. Die Frage an wen sich
eine solche visuelle "Festschreibung" eines Gebietes richtete, gewann
durch den im Vortrag vorgestellten Ansatz, sie als Herrschaftsinstrument
zu begreifen, eine besondere Brisanz. Wenig Hinweise gebe es auf einen
Gebrauch für Verwaltungsaufgaben, gleichzeitig lassen sich
repräsentativer und administrativer Gebrauch nicht immer eindeutig von
einander abgrenzen, ist in eine solche Gebietskarte natürlich auch
visualisiertes Verwaltungswissen.

Den Abschluss dieses ersten Tages bildete ein gemeinsamer Besuch des
Hauptstaatsarchivs Hannover wo die kurzweilige und kenntnisreiche
Führung durch die Kartenabteilung durch MANFRED VON BOETTICHER
(Hannover) einige interessante  Aspekte bereithielt. Gleichzeitig
bestand die Möglichkeit sich verschiedenste, frühe Karten aus den
Archivbeständen aus der Nähe anzusehen. Dieser nahe Blick, in
Kombination mit der weitreichenden Kenntnis des Gastgebers, brachte
manche Details und Zusammenhänge zum Vorschein und stellte auch für die
versammelten Experten eine Bereicherung dar. 

Im ersten Beitrag des zweiten Tages stellte ARNOLD OTTO (Paderborn) mit
der Karte von Wewelsburg eine pragmatische Karte aus der Region
Westfalen vor, die deutlich andere Merkmale aufweist, als die zuvor
betrachteten  Exemplare. Sie stammt aus dem Kartular des Klosters
Bödekken und befindet sich im Bestand des Erzbistumsarchivs Paderborn.
Es handelt sich um eine Verhältnisdarstellung zur Ortsbeschreibung bzw.
Findung und die Verhältnisse der einzelnen Punkte zueinander werden in
eigezeichneten Ziffern und Zahlen ausgedrückt, vorhanden ist weiterhin
eine graphische Wiedergabe von Grenzelementen. Trotz der auf den ersten
Blick sehr knappen, schematischen Darstellungsweise, sei es jedoch mehr
als ein Itinerar, wie Arnold Otto in seinem Vortrag ausführte. Karte und
Kontext seien in diesem Fall eindeutig - es handle sich wohl um das
Protokoll einer Grenzbegehung. Damit habe sie Rechte festgelegt und
räumlich visualisiert und hebe sich daher - so die Argumentation -
qualitativ von einer rein etappenbezogenen Wegdarstellung ab, könne also
durchaus den frühen kartographischen Darstellungen zugerechnet werden

VOLKER RÖDEL (Karlsruhe) gab in seinem Vortrag einen reichen Überblick
über verschiedene Karten aus der deutschen Südwestregion. Angefangen mit
der sehr frühen Schweizerkarte von 1496 deckte er einen zeitlichen
Rahmen bis Ende des 16. Jahrhunderts mit verschiedensten
Kartenbeispielen ab. Eine inhaltliche Bündelung nahm er auf der Basis
dreier Überbegriffe vor, er unterteilte dabei in Landkarten,
Augenscheine und Militärkarten und problematisierte auch die
Schwierigkeit einer klaren Abgrenzung in einigen Fällen.

Ein weiterer wichtiger, doch gänzlich anders gelagerter Aspekt fand mit
dem Vortrag von ASTRID KRÜGER (Bad Homburg) den Weg in die Diskussion.
Thema ihres Beitrages war die Überlieferungssituation und die
unwahrscheinlichen Wege, die Kartenmaterial bisweilen nehmen konnte.
Am Beispiel einiger "eigenartiger" Bestände aus dem Stadtarchiv Bad
Homburg vor der Höhe, zeichnete sie die bewegte Geschichte dieser
Archivalien nach und erklärte, wie diese aus den
Reichskammergerichtsakten in Wetzlar ihren Weg nach Bad Homburg fanden.
Sie machte damit einen wesentlichen Projektaspekt am konkreten Beispiel
nochmals augenfällig - den der Zuordnungs- und Auffindeproblematik
kartographischer Darstellungen zu den einzelnen Regionen, deren heutiger
Lagerungsort nicht selten Zufällen stärker geschuldet sein kann als
einer Systematik.

Im letzten Beitrag stellte ROLF HAMMEL-KIESOW (Lübeck) einige Bestände
aus dem Archiv der Hansestadt Lübeck vor, welches aufgrund von
Bestandsverlusten während des 2. Weltkrieges über keine sehr große Menge
an früher Kartographie verfügt. Mit dem ausgewählten Beispiel wurde eine
spezielle Variante in die Diskussion eingebracht, denn bei der
vorgestellten Karte handelte es sich um eine Projekt bzw. Planungskarte.
Sie zeigte den Stecknitzkanal, mit seiner schiffbaren Verbindung über
die Elbe bis nach Hamburg die erste künstliche Binnenwasserstraße.
Anlass für die Darstellung war ihr geplanter Ausbau, die Karte zeigt den
den Verlauf des Stecknitzkanals mit sämtlichen vorhandenen Windungen
sowie den vorgesehenen Begradigungen. Diese spezielle Kartenart warf
nochmals das Problem der Definition und Abgrenzung zu anderen
Visualisierungen auf, in diesem Fall bezogen auf eine Unterscheidung
zwischen technischer Zeichnung/Skizze und einer Raumdarstellung, die als
kartographisch im Sinne des Projektes gelten kann.

Die Abschlussdiskussion bündelte die in den Beiträgen angerissenen
Ansatzpunkte und Probleme, Diskutanten waren UTA LINDGREN (München), UTA
KLEINE (Hagen) und PATRICK GAUTIER DALCHE (Paris). Leitfrage und
Grundproblem war das weitere Vorgehen im Rahmen des Buchprojektes,
deutlich wurde Klärungsbedarf hinsichtlich Systematisierung und
Schwerpunktsetzung bei der Materialauswahl, außerdem wurden verschiedene
Arten der Erhebung und Auffindung von geeigneten Karten abgewogen. Die
Einrichtung einer regional übergreifenden Kartendatenbank erschien den
Teilnehmern mehrheitlich als eine im Rahmen dieses Projektes nicht zu
leistende Aufgabe. Es wurde weiterhin dafür plädiert, den Kartenbegriff
nicht zu eng zu fassen, da sonst gerade die frühen, noch viel stärker
experimentell angelegten Manuskriptkarten herausfielen. Damit würde aber
gerade die spannende Frage nach den Gründen für die sich herausbildende
Gebrauchskartographie ohne Not in den Hintergrund gerückt, könne doch
ein solches Corpus die Bearbeitung auch dieser Fragestellung künftig
zumindest im Ansatz erleichtern. Ein ordnender Zugriff ist jedoch gerade
angesichts der Verschiedenartigkeit der Untersuchungsgegenstände und
ihrer Herkunft unerlässlich. So wurde ein pragmatisches Vorgehen,
basierend auf dem vorhanden Bestand als sinnvoll empfunden, wobei die
Region einen ersten Schwerpunkt darstellen soll.

Die in vielen Beiträgen deutlich gewordene Dominanz der
Reichkammergerichtsakten im Gesamtbestand früher Kartographie, ließ eine
Sortierung nach Funktion insgesamt als eher ungeeignet und einengend
erscheinen - Offenheit scheint, besonders wegen der häufig fließenden
Übergänge und der teilweise deutlichen Sinnbezogenheit auf weitere
Dokumente, an dieser Stelle besonders geboten.So sollen regionale Typen
und Varianten, exemplarisch dargestellt und bestimmt durch das
vorhandene Material, in diesem Buchprojekt vergleichbar zur Darstellung
kommen - dies für möglichst viele unterschiedliche Regionen.
Gleichzeitig bleibt der konzeptuelle Fortgang in besonderem Maße von den
erschlossenen bzw. sich noch erschließenden Beständen aus den einzelnen
Regionen abhängig und damit in Bewegung.

Konferenzübersicht:

Vorsitz: Michael Rothmann (Hannover)

Michael Rothmann  (Hannover): Einführung

Andreas Rutz (Bonn): Kartographie im Rheinland von den Anfängen bis ca.
1600

Stefan Fuchs (Zürich): Kartographie als Herrschaftswissen: Die ältesten
kartographischen Aufnahmen des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg

Manfred von Boetticher (Hannover): Führung in der Kartenabteilung des
Hauptstaatsarchivs Hannover

Vorsitz: Uta Kleine (Hagen)

Arnold Otto (Paderborn): Die Karte von Wewelsburg - Anfänge
pragmatischer Kartographie in Westfalen

Volker Rödel (Karlsruhe): Frühe Kartographie im deutschen Südwesten

Astrid Krüger (Bad Homburg): Kartographische Überlieferung aus den Akten
des Reichskammergerichts am falschen Ort - das Beispiel des Stadtarchivs
Bad Homburg vor der Höhe

Vorsitz: Felicitas Schmieder (Hagen)

Rolf Hammel-Kiesow (Lübeck): Karten aus dem Bestand des Archivs der
Hansestadt Lübeck

Schlussdiskussion
Uta Lindgren (München)
Uta Kleine (Hagen)
Patrick Gautier Dalche (Paris)