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[Regionalforum-Saar] 150 Bahnhof Türkismühle
Datum 2010/08/25 08:58:14
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Autor 2010/08/25 08:58:14
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[Regionalforum-Saar] der herr des ringwalls - ein jugendbuch

Date: 2010/08/24 18:33:16
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

In der Woche vor Sonntag, 8. August, stand dieser Artikel in der Saarbrücker Zeitung:

 

„Thomas Fritsch liest am Sonntag erstmals aus seinem neuem Buch "Der Herr des Ringwalls" vor. Es ist ein Jugendbuch für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren und alle junggebliebenen Fans von Geschichte, Abenteuer und Archäologie. Das Werk liefert eine Darstellung der historischen Abläufe um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts im Umfeld des keltischen Ringwalls von Otzenhausen und dessen Einzugsgebietes.

Sein Inhalt: Wir befinden uns im Jahr 54 vor Christus. Die keltischen Stämme liegen im Kampf mit den römischen Legionen des Julius Caesar. Die 12-jährige Pettia begleitet ihren Vater Redios, einen keltischen Händler aus Divodurum, ins Gebiet der Treverer.

Durch ihren neuen Freund Vectimarus lernt sie die Region um die größte Keltenfestung, den "Hunnenring" bei Otzenhausen kennen.

Vor dem düsteren Hintergrund der Weltgeschichte bestehen die Jugendlichen gemeinsame Abenteuer, treffen auf den Keltenfürsten Indutiomarus, einen Hauptwidersacher von Caesar und erleben die aufwändige Bestattung des verstorbenen Fürsten Teutactos, bevor sich ihre Wege im Ungewissen der Zeitgeschichte trennen.

Das Buch umfasst 160 Seiten, 20 Zeichnungen. Format A5, ISBN 978-3-00-031218-2, Preis 9,95 Euro.

Thomas Fritsch leitet seit 1987 archäologische Ausgrabungsprojekte im Saarland und im Ausland. Seit 1999 ist er Leiter des Forschungsprojektes "Keltischer Ringwall von Otzenhausen.

Nach dieser Erstpräsentation wird das Buch dann offiziell am Donnerstag, 2. September, um 18 Uhr in der Europäischen Akademie in Otzenhausen vorgestellt.“

 

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Bei der Kurzvita von Herrn Dr. Fritsch fehlt noch, daß er Mitbetreiber des „Auktionshaus für Historica, Dr. Fritsch & Goetz“ in Spiesen-Elversberg ist.

 

Ich habe bei der Veranstaltung am 8. August das Buch erworben und hatte Gelegenheit, während meines Urlaubs darin zu lesen. Ganz durchgelesen habe ich es nicht.

 

Grund dafür war unter anderem der m.E. schlechte Erzählstil des Verfassers, der stellenweise sehr schwülstig und kompliziert daherkommt. Ein Beispiel auf Seite 10: „So kam es auch, dass Pentorix, welcher der Jüngere der beiden Brüder war, …“ oder noch schlimmer auf Seite 11: „Bei Cernunnos,“ dachte Redios, „ die Zeit fliegt nur so dahin! Hätte ich nur mehr Kinder gezeugt, dann könnten meine Nachkommen mich im Alter versorgen. Aber nach dem Tod meiner geliebten Gemahlin kann ich mich für keine andere Frau mehr begeistern. Und nun, mit 30 Jahreszyklen fühle ich mich schon fast zu alt für eine neue Beziehung.“ Der da so tiefsinnig denkt, ist der Vater der Heldin des Jugendromans, ein Kaufmann aus Metz auf dem Weg zum Hunnenring. Tut mir leid, aber ich fühlte ein leichtes Ziehen in den Zehennägeln, als ich das las, als wollten sie sich aufrollen. Oder auf Seite 12: „Sag, Vater, was ist das für ein seltsames Gerät…“ – da wird der Autor schon fast lyrisch.

 

Ich denke, die Sprache eines Romans sollte die Sprache der Menschen sein, die darin vorkommen. Hier handelt es sich um einen nicht unbedingt wohlhabenden Kaufmann und seine 12-jährige Tochter.

 

Ach ja, die Tochter. Einerseits ist sie schon „elf Sommer“, und der Vater weiß, daß sie in zwei oder drei Jahren heiraten und selbst Kinder bekommen wird. Andererseits ist sie ein Teenager, der ein paar Seiten später mit ihrem neuen Freund um die Häuser zieht und mit ihm die Gegend erkundet, so wie es Mädchen und Jungen in diesem Alter heute auch tun würden, wenn sie nicht hinter ihrem Computer versauern würden. Pettia heißt sie, und das ist keltisch und heißt auf Deutsch „Friede“. Ihr Vater, den sie oft liebevoll „tatis“ nennt (das ist auch keltisch und heißt „Vater“), heißt Redios, das ist ebenfalls keltisch und heißt „frei“. Schöne Namen, bedeutungsvoll, aber ich frage mich, ob die Kelten ihre Kinder früher so genannt haben? Die Amerikaner machen das heute, stimmt. „Hope“ wie Hoffnung, „Liberty“ wie Freiheit, „Charity“ wie Barmherzigkeit. Aber die Kelten? Woher weiß der Autor das?

 

Woher ich weiß, was diese Worte bedeuten? Nun, Dr. Fritsch ist Archäologe und kennt sich daher mit wissenschaftlichen Texten aus. Dort werden Sachverhalte, die nicht unmittelbar mit dem Text zu tun haben, mittels Fußnoten erklärt. Dieses Verfahren hat er in seinem Roman auch angewandt. Drei Fußnoten gleich auf der ersten Seite, acht auf der zweiten. D.h. Fußnoten sind es nicht, sondern Endnoten. Die stehen aber geschickterweise nicht unmittelbar hinter dem Haupttext, also dem der Handlung, die auf Seite 111 zu Ende ist, sondern im Teil 5 „Anmerkungen“. 58 dieser Endnoten weist der Text auf. Machen sich sicher gut in einem wissenschaftlichen Text, aber in einem Roman sind sie nur einfach nervig.

 

Ein anderer Grund, warum ich nur bis Seite 68 kam, waren die unzähligen Rechtschreibfehler. Das geht über einfache Tippfehler und falsche Genitive („Pettia“ hat grundsätzlich ein „’s“ angehängt, also „Pettia’s“ statt „Pettias“; dagegen fehlt bei einem Genitiv nach dem Eigennamen „Redios“ das „s“) zur Ahnungslosigkeit hinsichtlich des Setzens des Kommas beim Infinitiv mit „zu“. Beispiel auf Seite 26: „Als ob die Maus Pettia’s Blick bemerkt hätte, hörte sie auf sich zu putzen und schaute das Menschenkind mit ihren kleinen Knopfaugen neugierig an.“

 

Da das Buch vermutlich im Eigenverlag erschienen ist – im Impressum läßt sich kein Verlag erkennen – dürfte der Autor auch für das Layout zuständig sein. Alle Texte sind im Blocksatz gedruckt; damit vermeidet man „holprige“ rechte Seitenränder. Aber dann sollte man die in Textverarbeitungssystemen vorhandene Silbentrennung verwenden, sondern versucht das Textverarbeitungsprogramm, auf Teufel-komm-raus gerade Ränder zu erzeugen. Das führt dazu, daß die Leerschritte zwischen den Worten so vergrößert werden, daß das letzte Wort der Zeile auch tatsächlich am richtigen Platz endet. Und das sieht einfach nur schlimm aus. Etwa auf Seite 11 im mittleren Abschnitt. Das Wort „Handelsunternehmungen“ in der nächsten Zeile hätte sich bequem trennen lassen; so gab es in der Zeile vornedran nur sechs Wörter, obwohl Raum für neun oder mehr gewesen wäre.

 

So könnte ich noch einiges auflisten, was mir aufgefallen ist und meinen Lesefluß störte. Etwa der Hinweis auf Seite 23, daß sich zwei Jünglinge im Alter des Vectimarus befänden, gleichwohl diese Figur erst 11 Seiten weiter – auf Seite 34 – zum ersten Mal auftaucht. Oder die tendenzielle Stimmungsmache gegen die bösen Römer, die die armen Kelten unter ihr Joch pressen wollen. Oder ...

 

Seinen tatsächlichen Umfang von 160 Seiten erreicht das Buch durch einen Epilog „Die zeitgeschichtlichen Ereignisse im Spiegel der Kriegsberichte des Gaius Julius Caesar“, eine Aufzählung von Örtlichkeiten und Funden, die im Roman vorkamen, und eine Liste der keltischen und römischen Sehenswürdigkeiten im Umfeld einer Abenteuergeschichte. Sie enthält jeweils die offizielle Bezeichnung, die Lage im Gelände, die Kontaktdaten mit Telefon, die Öffnungszeiten, den Eintrittspreis, die Sehenswürdigkeiten und last but not least unter „weitere Infos“ die jeweiligen Websites.

 

Wie soll ich das Buch jetzt werten? Am besten gar nicht. Bezahlen Sie die 9,80 Euro und machen sich Ihr eigenes Bild. Sonst heißt es nachher wieder, hier in diesem Forum würde man verstärkt Attacken gegen Mitglieder nordsaarländischer Heimatvereine reiten.

 

Roland Geiger, St. Wendel