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2010/07/14 20:35:38
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Konf: Schreiben im Krieg - Schreiben vom Krieg. Feldpost
Datum 2010/07/16 14:37:13
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[Regionalforum-Saar] Beschwerde über den kath. Pfarrer von St. Wendel vor 141 Jahren
2010/07/16 14:37:13
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[Regionalforum-Saar] Beschwerde über den kath. Pfarrer von St. Wendel vor 141 Jahren
Betreff 2010/07/16 15:16:02
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[Regionalforum-Saar] Der heilige Wendalinus kehrt zurück in seinen Dom.
2010/07/14 20:35:38
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[Regionalforum-Saar] Konf: Schreiben im Krieg - Schreiben vom Krieg. Feldpost
Autor 2010/07/16 14:37:13
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[Regionalforum-Saar] Beschwerde über den kath. Pfarrer von St. Wendel vor 141 Jahren

[Regionalforum-Saar] Das Kreuz auf dem Litermont

Date: 2010/07/15 18:36:55
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Über die Herkunft des Litermontkreuzes

von Dr. Roland Thewes und Roland Geiger

 

 

Etwa in der Mitte des Saarlandes, zwischen den Orten Düppenweiler im Westen, Hüttersdorf im Osten und Nalbach im Süden, erhebt sich der breite Bergrücken des Litermonts. Seine höchste Stelle bildet ein kleines Plateau in 414 Metern Höhe, dessen südlicher Rand steil ins Nalbacher Tal hinabfällt.

 

Hier steht an exponierter Stelle hoch über dem Tal seit über 150 Jahren ein schmiedeeisernes Metallkreuz fest verankert in einem Sockel aus Sandstein, das Litermontkreuz.Seit über 350 Jahren pilgern an den sechs Fastensonntagen und am Karfreitag Gläubige zum Litermontgipfel, um den Kreuzweg zu beten.

 

Über den Ursprung des Litermontkreuzes existiert bis heute kein Nachweis in Form eines schriftlichen Dokumentes. Allerdings wurden über mehrere Generationen hinweg zwei Geschichten zweier Familien mündlich überliefert. Beide Familien stammen nicht aus Nalbach, sondern aus dem nahegelegenen Piesbach. Ihre Berichte handeln jedoch ausschließlich vom Ursprung des Kreuzes, nicht aber dem des Sockels, der vermutlich noch älter ist.

 

Die Nachfahren des Piesbacher Schmieds Johann Becker (1826-1914), erzählen, ihr Vorfahr habe 1852 in seiner Schmiede an der heutigen Hauptstraße im Auftrag der Pfarrei Nalbach und/oder des damaligen Pfarrers, Dr. Kasper Ramers, das Kreuz geschmiedet und oben auf dem Berg im Sandsteinsockel verankert. Die Herkunft des Corpus aus Terrakotta (1994 durch einen Bronze-Corpus ersetzt) wird nicht überliefert. Eine kleine Anekdote untermauert diese Aussage. Als Entlohnung seien 150 Taler vereinbart worden. Als der Pfarrer dem Schmied Johann Becker die ausgemachte Bezahlung für das Kreuz gegeben habe, habe er darauf bestanden, dass der Schmied das Geld nachzählen solle. Becker habe gesagt, einem Pfarrer könne man doch vertrauen, worauf der Pfarrer gelacht und gemeint habe, man könne niemandem trauen. Prompt habe beim Nachzählen ein Taler gefehlt, den der Pfarrer dann schmunzelnd hinzugezählt haben soll.

 

Auch in der zweiten Geschichte ist der Hersteller des Kreuzes ein Schmied aus Piesbach. Denn entgegen der landläufigen Meinung gab es dort in jener Zeit zwei Schmiedewerkstätten. Diese zweite war zentral im Dorf „im Alten Garten" gelegen, der heutigen Rosengartenstraße. Diese gehörte dem Schmied Peter Weyand, der von 1818 bis 1875 lebte.

 

Das Gebäude, in dem sich seine Schmiede befand, ist noch vorhanden. Es wird heute als Wohnhaus genutzt ( Rosengartenstraße 11).

 

Weyands Wohnhaus (heute Rosengartenstraße 22) wie auch die Schmiede sind im Urhandriss von 1844 im Katasteramt Saarlouis zu sehen.

 

Peter Weyands Tochter Anna (1852-1935) heiratete 1885 Johann Thewes aus Kirchhof. Nach dessen frühen Tod übernahm ihr Bruder Peter Weyand junior die Erziehung ihres siebenjährigen Sohnes Johann Matthias Thewes. Peter Weyand junior hatte die Schmiede seines Vaters übernommen; in Piesbach wurde er wegen seines handwerklichen Geschickes "de Allesmächer" genannt. Er erzählte seinem Ziehsohn und Neffen Johann Thewes, der später viele Jahre als Oberlehrer in Nalbach tätig war,, dass sein Vater von der Kirchengemeinde Nalbach mit der Anfertigung des Litermontkreuzes beauftragt worden war. Dieses sei 1852 in Gegenwart vieler Interessierter zum Litermont gebracht und feierlich errichtet worden. Peter Weyand senior und seine Frau Barbara hätten ihre im gleichen Jahr geborene Tochter Anna zur Einweihung den steilen Weg hinauf zum Litermont mit hinaufgenommen. Weyand junior betonte ein ums andere Mal, dass sein Vater für seine Arbeit nie eine Entlohnung erhalten habe.

 

Lange Zeit existierten beide Überlieferungen friedlich nebeneinander und waren auch unter den Familien des Ortes bekannt. Zwar widersprachen sie sich grundsätzlich, doch scheint es deswegen nie zum Streit gekommen zu sein. Als im Jahre 2002 das 150-jährige Bestehen des Kreuzes gefeiert werden sollte, machte sich der ,,Förderverein Optische Telegrafenstation", der eine ebensolche Station auf dem Plateau nahe dem Kreuz auf Gemeindegrund nachgebaut hatte, daran, eine Chronik des Nalbacher Wahrzeichens zu erstellen und vorzulegen. Auf eine entsprechende Anfrage in der Bevölkerung meldeten sich aber nur die Nachfahren der Familie Becker. Dies liegt unter anderem daran, dass die Weyandschen Nachkommen nicht mehr in Piesbach leben und sie der Aufruf deshalb nicht erreichte. Daher fand die Überlieferung der Familie Weyand keine Erwähnung in der genannten Chronik.

 

Um diese einseitige Darstellung über den fraglichen Ursprung des Kreuzes zu korrigieren und der wahren Herkunft nachzugehen, wurden daraufhin Nachforschungen über das Kreuz angestellt. Doch schon der Besitzer ließ sich nicht leicht ausfindig machen.

 

In beiden Geschichten ist die Pfarrei Nalbach der Auftraggeber für die Herstellung des Kreuzes. Dementgegen wird das Kreuz in den alten Kirchenakten der Pfarrei, die sich heute im Bistumsarchiv Trier befinden, jedoch mit keiner Silbe erwähnt. 150 Taler waren damals eine sehr große Menge Geld, die in der jährlichen Kirchenrechnung auftauchen müsste. Dies ist aber nicht der Fall, weder in den fünf Jahren davor noch in den zehn Jahren nach 1852. Die Rechnungen sind systematisch auf Formularen aufgebaut, zählen das Mobiliar- wie das Grundstückseigentum auf, geben das Salär des Pfarrers ebenso wieder, wie alle Einnahmen aus Grundstücksvermietungen und den Opferstöcken sowie die Ausgaben gleich welcher Art. Unstimmigkeiten gibt es dort keine, doch das Litermontkreuz wird nicht erwähnt.

 

Das Kreuz wurde 1852 errichtet und im Auftrag der Pfarrgemeinde Nalbach im Jahre 1902 renoviert. Auch über diese Renovierung, die bezahlt worden sein müsste, gibt es in den Rechnungsbüchern der Pfarrei Nalbach im Bistumsarchiv Trier keine Angaben. Weitere Unterlagen sind wohl nicht vorhanden, da es im Pfarrhaus Nalbach in früheren Jahren einen Brand gegeben hat, bei dem alle dort vorhandenen Dokumente zerstört wurden. Da die Nalbacher Unterlagen aber nur Doppel der Trierer Unterlagen gewesen sind, war dort allerdings nichts enthalten, was nicht auch in der Trierer Ausgabe steht.

 

Wem gehört nun das Kreuz? Der Pfarrei wohl nicht. Das hat das Amt für kirchliche Denkmalpflege in Trier bestätigt. Denn, wenn das Kreuz der Pfarrei gehören würde, müsste es in ihren Akten Niederschlag gefunden haben. Patrick Lauer, Bürgermeister der Gemeinde Nalbach, hat in seinem Schreiben vom 1.Juni 2007 bestätigt, dass die Pfarrei nicht Eigentümer des Kreuzes sein kann. Hier gilt das alte Prinzip „Boden zieht an". Das heißt, steht ein Bau gleich welcher Art auf einem Grundstück, ohne dass hinsichtlich dieses Baues eine besondere Regelung zwischen Ersteller und Grundstückseigentümer getroffen wurde,zum Beispiel in Form eines Erbpachtvertrages, dann wird der Grundstückseigentümer auch Eigentümer des Baues.

 

Das gilt auch für das Litermontkreuz. Das Hochplateau, auf dem das Kreuz steht, gehört zu einer riesigen Parzelle der Gemarkung Nalbach, Flur 6 Nummer 218/6. Deren Eigentümer ist die Zivilgemeinde Nalbach und daraus folgend auch Eigentümer aller darauf befindlicher Bauten. Hierzu fällt insbesondere auch das Kreuz am Litermont, zumal der Gemeinde diesbezüglich kein Gestattungsvertrag oder sonstiger Vertrag vorliegt.

 

Diese Regelung galt auch schon im 19. Jahrhundert, also zur Zeit der Errichtung des Kreuzes. Die Inschrift auf dem Sandsteinsockel stammt nicht aus dem 19., sondern dem 20. Jahrhundert. Sie wurde erst 1902 bei der Renovierung von Kreuz und Sockel angebracht. Unklar bleibt, was dort vorher zu lesen war.

 

Fraglich ist, warum das Litermontkreuz bis heute in den offiziellen Katasterunterlagen keinen Eingang gefunden hat. In den Wanderkarten findet man es an Ort und Stelle, aber nicht in den Katasterunterlagen.Die vier Kreuze am steilen Weg hinauf zum Plateau, Stationen eines Kreuzwegs, sind aus Holz gefertigt und viel jünge; sie sind in diesen Plänen enthalten und ebenso ganz offiziell in den Unterlagen des Amts für kirchliche Denkmalpflege in Trier.

 

Es ist immer erstaunlich, wie viel wir über unsere Vergangenheit zu wissen glauben - und wie wenig im Detail übrig bleibt. Die Geschichte des Litermontkreuzes ist dafür ein gutes Beispiel.