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2010/02/21 21:49:59 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] http://translate.google.de/#en|de| |
Datum | 2010/02/22 21:10:51 Stefan Reuter [Regionalforum-Saar] Gutachten zu den Luftangriffen auf Dresden im Feb. 1945 |
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2010/02/10 18:38:40 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] J. Auler (Hrsg.): Richtstaettenarchaeologie |
Betreff | 2010/02/01 11:55:40 Robert Groß [Regionalforum-Saar] neue eMail-Adresse |
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2010/02/21 21:49:59 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] http://translate.google.de/#en|de| |
Autor | 2010/02/23 11:43:38 Rolgeiger [Regionalforum-Saar] Vortrag "Die pfälzische G estapo" am 3. März |
Date: 2010/02/22 20:34:30
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...
From: Georg Wagner-Kyora
<wagner-kyora(a)...
23.02.2010 Schon allein die Vermittlung von
Basisinformationen, die der Sammelband für eine europäische Kriegserinnerung
bereit stellt, ist nützlich. So berichten Connelly/Goebel von der frühen, auf
eine dezidiert deutsch-britische Versöhnung ausgerichteten Konsensstrategie der
Domprobste aus Coventry, die erst in den 1970er-Jahren ihre international viel
beachtete Dimension einbüßte. Sie setzte bereits 1940, noch im Jahr der
Zerstörung, ein und sie konterkarierte weniger konsensfähige
Erinnerungsstrategien, wie etwa jene, dem viel geschmähten "Bomber-Harris" mit
einem Denkmal und einer großen Feier im Jahre 1992 doch noch zu verspätetem
Nachkriegsruhm zu verhelfen, was allerdings kläglich scheiterte.
In der Darlegung dieser weit
auseinanderliegenden erinnerungspolitischen Strategien zeigt sich die Breite des
Sammelbandes. Seine paradigmatische Leistung besteht darin, die lokale
Erinnerung an den Bombenkrieg einerseits im Umfeld der jeweiligen
zeitgenössischen Öffentlichkeiten genau zu lokalisieren, sie andererseits aber
auch im nationalgeschichtlichen Rahmen vergleichbar zu verankern. Beide Pole
belegen ein europäisches Gedenken an diese einschneidenden Kriegserfahrungen in
Permanenz. Sie können Gemeinsamkeiten aufzeigen, die unter vergleichbaren
identitätspolitischen Erwartungen entstanden. Aber sie betonen auch die sehr
unterschiedlichen Narrative und selbstverständlich auch die Unterschiede in der
militärischen und vor allem der politischen Situation während des Zweiten
Weltkrieges, die zu sehr unterschiedlichen erinnerungskulturellen Strategien der
Verarbeitung von Geschichte führen mussten. Die Beiträger des Sammelbandes grenzen
sich entschieden und souverän von Schuld- und Aufrechnungsgeschichten ab, wie
sie als publikumsträchtiges Störfeuer die öffentliche Erinnerungskultur an den
Bombenkrieg allerdings immer wieder stören. Sie markieren diese Überformung der
Erinnerungspolitik als ein kontinuierlich wirkendes politisches Hindernis in der
transnationalen Aufarbeitung der Kriegserfahrung als einen Gegenstand der
leidvollen lokalen, nationalen und auch der Europageschichte. Dies zeigt in
besonderem Maße der Beitrag über Frankreich. Michael Schmiedel analysiert die in
mehrfacher Weise politisch beanspruchte französische Erinnerungskultur zwischen
Resistance- und Vichy-Geschichte. Darin hatten die verstreuten Spuren einer
lokalen Erinnerung an den Bombenkrieg einen für die Bewohner zentralen
Kontrapunkt in einer ansonsten ausgeblendeten Gedächtniskultur gesetzt. Als
Pioniere der transnationalen Erinnerungspolitik traten schon 1960 die beiden
kriegszerstörten Städte Caen und Würzburg auf. Sie vereinbarten eine jetzt fünf
Jahrzehnte währende Städtepartnerschaft. Intentionale Grundlage wurde das
gemeinsame Erinnern an die Grauen der Zerstörung des Luftkrieges in den beiden
Städten. Es ermöglichte ein kontinuierliches Gedenken an die Toten. Erst diese
gemeinsame Erfahrung in der Bewältigung eines kollektiven Traumas erleichterte
den Zeitgenossen den vorurteilslosen Umgang mit den Vergleichsparametern der
Zerstörung und der Bevölkerungsverluste auf der lokalen Ebene. Er führte zu
einer früh antizipierten transnationalen und europäischen Erinnerungslandschaft
dieser Städte, die sich quer zu nationalgeschichtlichen Stereotypisierungen
entfaltete. Sie blieb allerdings nur auf ihre mental map beschränkt und strahlte
nicht oder doch erst mit einem großen Zeitüberhang in die jeweiligen
nationalgeschichtlichen Kontexte aus. Beispielhaft dafür ist der Aufsatz
Christioph Strupps über die Rotterdamer Erinnerungslandschaft. Er zeigt die
"Aktualisierung, Personalisierung und Europäisierung des Gedenkens" (S. 39) seit
den 1980er-Jahren auf und damit jene Orientierung auf über-nationale
Sinnstiftungen in der lokalen Kriegserinnerungskultur, welche die europäische
Erinnerungslandschaft heute mehr als früher prägt, ohne in eine gemeinsame
Identifikationssuche einzumünden. So wurden die Städte, gerade jene, welche im
Zweiten Weltkrieg besonders zerstört worden waren, zu den Zentren einer
interlokalen Versöhnungswelle - das ist ein zunächst widersprüchlich
erscheinender, aber durch die Aufarbeitung der lokalen Erinnerungskulturen jener
kriegszerstörten Städte doch erfreulich weit verbreiteter Befund des
Sammelbandes. Er drängt nicht die Tatsache an die Seite, dass die Verursacher
des Kriegsgeschehens allein auf deutscher Seite zu finden
sind. Schlägt man den Bogen, so wie es die
Herausgeber mit ihrer durchaus mutigen Vergleichsperspektive in die beiden
deutschen Teil-Identitäten tun, in das Herz einer zerklüfteten nationalen
Erinnerungskultur, entdecken wir als Leser die noch immer kriegsverschütteten
Bereiche lokalen Eigensinnes. Sie liegen leider auch und immer wieder in der
Bewahrung eines arkanen Erbes von Schuld- und Sühne-Rechthaberei, das in der
Negativ-Stereotypisierung wurzelt, die von alten nationalistischen Feindbildern
ausgeht. Kennzeichen dieser ideologischen Überformung war seit den 1950er-Jahren
der Versuch, spezifische nationalgeschichtliche Überhänge an moralischer
Persistenz des Heldenhaften zu schaffen. Solche Fehlleitungen sind aber allesamt
im Laufe der Jahrzehnte aus dem Rampenlicht verschwunden, zunächst in
Deutschland, aber auch in Frankreich und in Großbritannien (S. 63), in Italien
und in den Niederlanden ohnehin. Empirisch lässt sich das etwa an der
Institution der Hagener "Heldengedenkbücher" fassen. Darin sollten Bombenopfer
geehrt werden, um probate Aufrechnungen von Gewalt zu legitimieren (Ralf Blank).
Aber diese Engführung blieb in Westdeutschland ausschließlich auf die 1950er-
und 1960er-Jahre beschränkt und sie war schon damals nicht mehrheitsfähig.
Variantenreich war und ist der
eloquente britische "understatement" als ein Trivialisierungsimpuls (Mark
Connelly/ Stefan Goebel, S. 52), der sich zunächst in cineastischen und dann
auch haptischen Repräsentationen der Erinnerungskultur manifestiert hat.
Beispielsweise unternahm eine irische Brauerei im Jahr 2005 mit einer "Bottle of
Britain" einen Versuch, den Strang des kontinuierlichen Heldengedenkens der
"Few" (gemeint waren die erfolgreichen britischen Jagdflieger des Jahres 1940)
als eine identifikatorische Beigabe zum konsumerischen Genuss zu trivialisieren.
Letztlich scheiterte er aber an wütenden öffentlichen Protesten. Vorausgegangen
war allerdings bereits 2004 die symbolische Verschmelzung des Londoner
U-Bahn-Logos mit dem Farbenkranz der Royal Air Force (RAF) zu PR-Zwecken. Die
Autoren analysieren diese Propagandastrategie als einen sehr geglückten Versuch,
um in der Metropole einen breitenwirksamen, im historischen Bedrohungsgedächtnis
verankerten identitätspolitischen Konsens gegen die alltägliche al-Qaeida-
Terrorgefahr zu stiften. In Dresden (Thomas Fache) kulminierte
das Gedächtnis zum 60. Jahrestag in einer beinharten Konfrontation mit den dort
besonders virulent agierenden Neonazis um die diskursive Verfügung über den
öffentlichen Raum über das Medium gezielter geschichtspolitischer Provokationen.
Sie überschatteten im Übrigen selbst noch die Ausschreibung eines entsprechenden
Panels auf dem letzten Historikertag 2008, sollten also nicht ohne weiteres auf
die leichte Schulter genommen werden. Besonders an diesen Beispielen wird
ersichtlich, wie stark die Geschichtswissenschaft mit ihrer Grundlagenarbeit die
jeweiligen nationalgeschichtlichen Erinnerungspolitiken fundamental prägen kann
- und prägen muss. Noch immer agiert die deutsche Geschichtswissenschaft, das
zeigen die Beiträge über West- und Ostdeutschland, viel zu defensiv und zudem
auf der Basis unterschiedlicher erinnerungskultureller
Strömungen. Die Beiträge des Sammelbandes folgen
dem Programm, "Erinnerungen als Standort, Symbol- und Identitätspolitik" (S. 11)
aufzuspüren und damit einer methodisch vielversprechenden Neuausrichtung von
Kultur- und Raumgeschichte des Lokalen in ihrer diskursiven Erweiterung auf
Sinndeutungen und Erinnerungspolitik. In der Darstellung überwiegen allerdings
die eher konventionellen Methoden der narrativen Diskursgeschichte, mit deren
Hilfe die "Konjunkturen der Geschichtspolitik" in einer langfristigen
Erinnerungskultur dargestellt werden. Auch die Nachzeichnung transkommunaler
Erinnerungsnetzwerke bleibt in ihrem Ertrag eher begrenzt - wie der Sammelband
nahe legt einfach deshalb, weil es zu wenige davon gegeben habe.
Immer schon wurde die lokale von einer
nationalgeschichtlichen Kriegserinnerung überlagert. Zu klären bliebe also noch,
ob gerade in Westdeutschland mit seiner gering ausgeprägten Nationalperspektive
ein Überlappen der Lokalität in der Kriegserinnerung neue geschichtspolitische
Perspektiven eröffnet hat, während das in der DDR ja eigentlich nicht der Fall
gewesen sein konnte. Dann aber betont Klaus Neumann für Halberstadt, dass dort
schon 1980 der tonangebende Pfarrer die jüdischen Frauen, die am Morgen des 10.
November 1938 den Schutt der SA beräumten, als die "ersten Trümmerfrauen"
bezeichnet hat. Damit waren in der Tat sämtliche gewollten Bezüge der
Staatsgeschichtspropaganda über das heroische Opfergedenken der Zivilisten in
der DDR-Geschichtspolitik auf den Kopf gestellt worden, indem jüdische Opfer
rehabilitiert und in wünschenswerter Weise auch heroisiert wurden. Auf diese
Weise trägt der Sammelband dazu bei, die im Vergleich zu den Nachbarländern doch
immer noch besonders stark geschichtspolitisch überformte deutsche
Erinnerungslandschaft an den Zweiten Weltkrieg und das Bombenkriegstrauma
angemessen zu historisieren. Auch für Nürnberg berichtet Neil Gregor
von einem höchst verstörenden, aber auch nicht ganz einfach erklärlichen Befund,
nämlich davon, dass für das zentrale Bombenopfermahnmal für die 6.621 Nürnberger
Bombentoten Mitte der 1950er-Jahre die Steine der zerstörten Synagoge am Hans
Sachs-Platz verwendet wurden. Gregor kann letztlich nicht ganz genau erklären,
welche Motivationen sich hier überlagerten, beim "Vergraben der Verbrechen der
Vergangenheit" (S. 137) durch das Opfergedenken an die Bombentoten. In welcher
Weise disparate Intentionen der Memorialkultur, verquere Interessenlagen und
sogar gut gemeinte, aber auch dezidiert post-rassistische und neofaschistische
Überlagerungen eine Rolle spielten, kann wohl nur durch autobiographische und
oral history-Quellen zureichend erforscht werden. Auch dieses Themenfeld trägt
zunächst einmal Spuren des Unerklärlichen und des Fragmentarischen, welche in
der jeweiligen lokalen Erinnerungskultur auch bestehen bleiben müssen, solange
sie nicht durch die soziale Praxis verändert oder auch zum Gegenstand der
geschichtswissenschaftlichen Analyse wird. Malte Thiessen zeigt abschließend den
"engen Zusammenhang zwischen der Weitergabe des Luftkrieges und familiärer
Identität" (S. 302) auf, ein in der gegenwärtigen erinnerungspolitischen Debatte
besonders weiterführender Impuls der Quellenrecherche. Ihm und den anderen Beiträgerinnen und
Beiträgern dieses hervorragenden, konzeptionell und empirisch in überzeugender
Weise vergleichend angelegten Sammelbandes gelingt der Spagat, die Lokalität der
Erinnerungskultur mittels einer sensiblen Hermeneutik in ihrer Epoche machenden,
identitätsprägenden Bedeutung innerhalb ihrer jeweiligen nationalgeschichtlichen
Kontexte präzise in europäischer Perspektive zu verorten. |