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2009/11/09 09:03:46
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Geschichten für einen neuen Roman
Datum 2009/11/10 08:18:25
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] aus dem Leben Stumms
2009/11/09 08:56:36
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] was wissen Schüler über d ie Mauer?
Betreff

2009/11/09 09:03:46
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Geschichten für einen neuen Roman
Autor 2009/11/10 08:18:25
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] aus dem Leben Stumms

[Regionalforum-Saar] wider das vergessen

Date: 2009/11/10 08:17:04
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Eine gute Nachricht an alle, die mich nicht leiden können.

 

Es langt, ich mag nicht mehr. Mit der Schande kann ich nicht leben. Stellt Euch vor, alle meine Vorfahren, die nach 1933 und vor 1945 lesen konnten, waren Nazis. Meine Großeltern - zwischen Jahrgang 1912 und 1920 – auf jeden Fall. Deren Geschwister auch. Uropa Geiger hat Glück gehabt, der konnte nicht Nazi werden, er ist 1914 gefallen. Uroma Lisa – weh, die war in ihren 50ern, die muß total Nazi gewesen sein (äh, was ist denn die weibliche Form von "der Nazi"?". Viel Erinnerung hab ich ja nicht mehr an sie – ich bin Jahrgang 1963, sie starb kurz vor 1970 – aber darin hat sie mich wohl völlig getäuscht.

 

Davon – und wohl noch einiges mehr – hat Eberhardt Wagner beim St. Wendeler Kreistag gesprochen. Der Artikel kommt jetzt gleich im Anhang, erschienen heute morgen in der Saarbrücker Zeitung, St. Wendeler Teil. Er hat beklagt, daß die Bevölkerung – trotzdem sie die Nazi-Gesetze kannte (denn die standen ausführlich in der Zeitung) – tatenlos zugesehen habe. Und dabei moralisch bis ins Bodenlose absank.

 

Meine Vorfahren – die oben genannten – jedenfalls auch. He, Papa, du warst doch erst acht, als der Krieg zu Ende ging? Hast du auch schon Zeitung gelesen? Denn dann warst du auch ein Nazi. Denn mit "Lesen können" bist du automatisch dabei.

 

Das klingt Ihnen zu überspitzt? Nun, bei reiner Schwarz-Weiß-Malerei ist das eben so. Da, wo es nur klare Linien gibt, keine Graustufen, da, wo alle über einen Kamm geschert werden, ohne wenn und aber, da gibt es nur Schuldige oder Nichtschuldige. War man nicht nichtschuldig, war man eben schuldig. Entweder oder.

 

Die Oma, die morgens die Zeitung las und neben den Todesanzeigen nur noch den Tagesklatsch erfahren wollte, hat die Propagandalügen und NS-Gesetze mehr oder minder bewußt nicht gelesen und sich damit schuldig gemacht. Anderenfalls wäre sie aufgestanden und hätte Widerstand geleistet. Die Oma war Nazi, klarer Fall!

 

Ach, wenn es doch immer so einfach wär.

 

Schönen Tag noch

 

Roland Geiger

 

Kreistag erinnert an NS-Schreckensherrschaft

Politiker wollen neue Erinnerungskultur im Landkreis St. Wendel einläuten – Judenpogrome auch in der Region

 

Der St. Wendeler Kreistag hat gestern während einer Sondersitzung den Opfern der Judenverfolgung gedacht. Außerdem erinnert eine Ausstellung im Landratsamt die Nazi-Gräuel.

 

St. Wendel. Die Bilanz der Nazigräuel nur einer einzigen Nacht im Saarland ruft auch 71 Jahre später noch Beklemmungen hervor: Am 9. November 1938 kam es in 30 Orten zu Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. Der Mob verwüstete14 Synagogen. In 23 Orten griffen die NS-Schergen Juden an. Viele Opfer kamen im Anschluss in Vernichtungslager. In 13 Orten wurden jüdische Friedhöfe verwüstet.

 

Allein im Landkreis St. Wendel mussten in der Reichspogromnacht in fünf Orten Juden um ihr Leben bangen: in St. Wendel, Bosen, Gonnesweiler, Tholey, Sötern. Über die Auswüchse der Nazi-Herrschaft in der Region informiert seit gestern eine Ausstellung des Adolf-Bender-Zentrums im St. Wendeler Landratsamt.

Sie wurde im Anschluss an eine Sondersitzung des Kreistages eröffnet. Einziger Tagesordnungspunkt: das Gedenken an die Judenverfolgung, die mit den Anschlägen vom 9. November 1938 ihr bis dahin größtes Ausmaß annahm.

 

Konkrete Beispiele genannt

Der Marpinger Eberhard Wagner, der sich unter anderem als Autor des Alternativen Heimatbuches über den Landkreis St. Wendel mit der Nazi-Diktatur befasst, schilderte während der Sitzung an konkreten Beispielen das Schicksal der Juden im Landkreis bis zu ihrem Tod in Konzentrationslagern. Dabei beklagte er, dass die Bevölkerung tatenlos zugesehen habe. Sich mit der Erklärung vor der Verantwortung zu drücken, man habe nichts davon gewusst, ließ er nicht gelten. Denn die Nazi-Gesetze, die jeder kannte, hätten solche Übergriffe erst ermöglicht. Lokale Zeitungen hatten ausführlich über die Verordnungen – wenn auch propagandistisch – berichtet.

Wagner: „Wie weit muss man moralisch gesunken sein, um solche Gesetze gut zu heißen?“ Diese Gesetzte stempelten die Opfer gar zu Tätern. Juden mussten unter anderem für die Vernichtung ihres Eigentums durch die Nazis selbst aufkommen. Mit dieser Sitzung, dankte Wagner, hätte der Kreistag, die seiner Meinung nach notwendige Erinnerungskultur in Gang gesetzt.

 

Mit einer Kranzniederlegung an der Stelle, wo am 9. November 1938 die St. Wendeler Synagoge in Flammen aufgegangen war, endete die Sondersitzung. hgn