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2006/09/18 15:12:14
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Lesung aus Briefen und über das Leben von Herzogin Luise
Datum 2006/09/20 23:29:05
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] das Lager "Gurs", in da s 134 saarländische Juden 1940 deportiert wurden
2006/09/18 15:12:14
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Lesung aus Briefen und über das Leben von Herzogin Luise
Betreff 2006/09/08 13:04:19
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Saladin und die Kreuzfahrer
2006/09/18 15:12:14
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Lesung aus Briefen und über das Leben von Herzogin Luise
Autor 2006/09/20 23:29:05
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] das Lager "Gurs", in da s 134 saarländische Juden 1940 deportiert wurden

[Regionalforum-Saar] Lesung aus Briefen und über das Leben von Herzogin Luise

Date: 2006/09/20 00:15:14
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

"Lesung aus Briefen und über das Leben von  Herzogin Luise 
Vorgetragen von Studierenden der Hochschule für Musik  und Theater, 
Saarbrücken, aus der Schauspielklasse von Professorin Margit  Reinhard-Hesedenz in 
historischen Kostümen"

So lautete der Titel  der Veranstaltung, die heute abend im Mia-Münster-Haus 
in St. Wendel stattfand.  Obwohl mich zunächst der Eintrittspreis von 8,50 
Euro schon etwas abschreckte,  besuchte ich die Veranstaltung doch und war einer 
von etwa fünfzehn Besuchern,  die mit einem sehr interessanten Abend belohnt 
wurden. 

Die Texte  waren samt und sonders Briefe, die zwischen etwa 1820 und 1831 
zwischen den  einzelnen Personen hin- und herwanderten, die im Leben der Luise, 
Herzogin von  Sachsen, eine Rolle gespielt haben. Es handelt sich wohl zum 
größten Teil um  Briefe, die auch in dem neuen Buch von Josef Dreesen und Gerhard 
Schnur über die  Herzogin veröffentlicht wurden. Josef Dreesen nannte die 
Lebensdaten der  Herzogin in kurzer Form und führte dabei die Akteure ein, in dem 
er sie bei den  Namen der Charaktere nannte, die sie vertraten.

Aber die Briefe im  Buch zu lesen oder sie von jungen Schauspielerinnen (und 
einem Schauspieler, der  den Ernst verkörperte) vorgetragen zu hören, das ist 
schon ein  Riesenunterschied. Die Akteure waren in zeitgenössische Kostüme 
geschlüpft und  bewegten sich vor, zwischen und hinter den Zuschauern, so daß auf 
einen  vorgetragenen Brief plötzlich eine Antwort aus der gegenüberliegenden 
Ecke des  Raumes kommen konnte. 

"Vorgetragen" heißt nicht "vorgelesen" und  bedeutet erheblich mehr als 
"selbst gelesen". Nicht nur rein äußerlich hatten  sich die Schauspieler der Zeit, 
die sie repräsentierten, angepaßt, sondern sich  auch mental auf diese Zeit 
eingestellt und vor allem in die Figuren, die sie  repräsentierten. Zum ersten 
Male wurde mir das bewußt, als Herzog Ernst in den  Raum stolzierte und mit 
harscher Stimme einen Brief intonierte, in dem seine  Rage so richtig zum 
Ausdruck kam. Und auch die Instructions-Punkte, die der der  Hofdame von Uttenhoven 
diktierte, die Luise nach der Scheidung in die Verbannung  nach St. Wendel 
begleitete, kamen sachlich und kalt und verstärkten eigentlich  nur den überaus 
schlechten Eindruck, den mancher Besucher über Herzog Ernst  schon mitgebracht 
hatte. Die Krone setzte der Brief auf, den er nach ihrem Tod  von Coburg aus 
schrieb. Im Ton der Worte "Höchst interessant würde es mir sein  von ihren 
letzten Lebenstagen genauere Kunde zu erlangen" erklang  Gnadenlosigkeit und eine 
gewisse Erleichterung, daß dieses Kapitel jetzt  endgültig abgeschlossen sei. 

Ein Brief, der für die Schreiberin  sehr schmerzlich gewesen sein muß, wurde 
so emotional vorgetragen, daß man die  Tränen und den Schmerz der Verfasserin 
beim Schreiben in der Stimme der  Schauspielerin ohne Mühe hören - und fühlen 
- konnte. Das ging mir richtig  "bei".

Die Briefe begannen, als das Verhältnis zwischen Ernst und  Luise schon in 
einer Krise steckte. Sie erzählten von den Schlichtungsversuchen,  aber auch den 
Intrigen, die gesponnen wurden, schließlich von der  unausweichlichen 
Trennung und der Scheidung und endeten mit Ernsts bereits  erwähnter Reaktion auf 
Luises Tod. 

Ein paar Lacher gab es trotz  all der Tragik, wenn Luise z.B. über St. Wendel 
schrieb: "Die Stadt ist sehr  Gräßlich. Am ersten Tag wurden mir die Herrn 
vorgestellt und Gestern Abend die  Damen, manche kuriosen Figuren waren 
darunter" oder in einem anderen Brief über  eine Reise, die sie durch zahlreiche 
deutsche Städte und schließlich über  Kaiserslautern wieder zurück nach St. Wendel 
führte: "… aber was für ein Weg von  Homburg nach St. Wendel, selbst du 
würdest dich gefürchtet  haben."

Aber auch ein paar erstaunte Blicke gab es, etwa als aus  einem Brief aus der 
Feder von Ernst herausklang, als ob er von Hanstein, den  späteren zweiten 
Ehemann von Luise, mit Absicht nach St. Wendel geschickt habe.  Mein Nachbar 
warf mir einen erstaunten Blick zu und meinte: "Das hört sich fast  so an, als ob 
Ernst den von Hanstein auf Luise "angesetzt"  habe."

Es war ein überaus gelungener Abend, was nicht zuletzt der  Auswahl und 
Zusammenstellung der Briefe durch Josef Dreesen und auf jeden Fall  der trefflichen 
Inszenierung durch die jungen Schauspieler der Hochschule für  Musik und 
Theater, Saarbrücken, zu verdanken war. 

Wirklich schade,  daß so wenige Zuschauer nur kamen - denn die anderen haben 
wirklich etwas  verpaßt.

Roland Geiger

Alle Zitate stammen aus "Luise  1800 - 1831" von Josef Dreesen und Gerhard 
Schnur, St. Wendel, 2006