Date: 2024/10/01 13:23:21
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Âuch in diesem Herbst steht wieder ein Kurs zur Geologie und Landschaftskunde an. Ich würde mich freuen, wenn Ihr / Sie diesen Hinweis an Ihren / Euren Verteiler aller Stadt- und Gästeführer, Exkursionsleiter und Natur- und Landschaftsführer weiterleiten könntet. Bei den letzten vier Kursen war die Nachfrage seitens der Kolleginnen und Kollegen immer groß, 2023 etwas zurückgehend, aber die Rückmeldungen immer erfreulich. Der Kurs kann auch als fachliche Weiterbildung von der VHS bestätigt werden.
Rückfragen sehr gerne an mich oder Frau Dr. Schmitt von der VHS Saarbrücken. Anmeldungen gehen aber nur an die VHS, nicht an mich. Vielen Dank 😊
Vulkane, Schnaps und Buslinien: Kurs zur Geologie und Landschaftskunde des Saarlandes
Das Saarland verdankt seine naturräumliche, historische und wirtschaftliche Entwicklung wesentlich der sehr vielfältigen geologischen Struktur. Die Erdgeschichte hat das Saarland reichlich mit Naturschätzen bedacht, die auch zur erfolgreichen touristischen Entwicklung beitragen. Ein Kurs der Volkshochschule des Regionalverbandes Saarbrücken (VHS) widmet sich diesem Thema: Der Geograph und Gästeführer Markus Philipp erläutert allgemeine Grundlagen der Geologie und Gesteinskunde und geht auf Besonderheiten im Saarland und der Großregion ein. Er sagt zum Thema: „Die Geologie ist an vielem schuld." Themen sind u.a. die Gaulandschaften mit ihren fruchtbaren Böden, der Bergbau auf Kohle und Erz oder spannende Aspekte des saarländischen Vulkanismus. Sogar um Schnaps und Buslinien soll es gehen. Anhand von Anschauungsmaterial, Bildern, Vergleichen und Experimenten soll so das Thema den Zuhörern nähergebracht werden.
Der Kurs mit der Nummer AQ 1105 besteht aus vier Abendterminen (jeweils 18:00 bis 19:30 Uhr) und beginnt am Dienstag, 05. November 2024. Die Kursgebühr beträgt 20 Euro. Anmeldungen an die VHS unter www.vhs-saarbruecken.de oder Tel. 0681 / 506-4343.
Schöne Grüße vom Saarbrücker Rodenhof sendet
Dipl.-Geogr. Markus Philipp
Verkehrsplaner, Gästeführer BVGD & StattReisen, Buchautor
ÖPNV- und Regionalarchiv Saarbrücken
Ottweilerstr. 109, 66113 Saarbrücken
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1936 schunath jakob + SWV.jpg
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Beyard + 28-02.02.1934.jpg
Description: JPEG image
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Bürckel-Siedlung 1938 SWV.jpg
Description: JPEG image
Date: 2024/10/02 20:59:05
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: | Einladung zum zweiten "Forum WND" mit Peter Müller |
---|---|
Datum: | Wed, 2 Oct 2024 11:25:01 +0200 (CEST) |
Von: | info(a)wendelinusstiftung.de |
An: | info(a)wendelinusstiftung.de |
Sehr geehrte Damen und Herren, das Grundgesetz ist seit 75 Jahren das grundlegende, fundamentale Gesetz unserer Bundesrepublik und ein fester Anker unserer Gesellschaft. Doch Demokratie und Rechtsstaat geraten durch Angriffe von Radikalen und Populisten zunehmend unter Druck. Die Frage lautet also: Hat Deutschland nur eine gute Verfassung oder ist es auch in einer guten Verfassung? Peter Müller, ehemals Richter des Bundesverfassungsgerichts diskutiert diese und weitere Fragen rund um das Grundgesetz im Gespräch mit dem Journalisten Klaus Brill. Zu dieser Veranstaltung laden wir Sie herzlich ein.
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75 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik
Ein Gespräch mit Peter Müller, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D.
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Wann: Freitag, 25. Oktober 2024 Uhrzeit: 18.00 Uhr
Wo:
Eventatrium der Kreissparkasse St. Wendel Eine Teilnahme an der Veranstaltung ist sowohl vor Ort als auch online möglich, eine persönliche Anmeldung ist erforderlich. Anmeldung für die Teilnahme vor Ort: Bitte melden Sie sich über diesen Link Event-Checker (sparkasse.de) persönlich an. (bei Anmeldung mehrerer Personen, bitte den Link mehrmals anklicken und jede Person einzeln anmelden).
Anmeldung für die Online-Teilnahme:
Bitte senden Sie eine Mail an info(a)wendelinusstiftung.de
mit der Überschrift „Müller“. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte direkt an die obenstehende Emailadresse der Wendelinus Stiftung. Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Mit freundlichen Grüßen
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Josef Alles |
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Hinweise
auf Foto- und Filmaufnahmen |
Gemeinsam Gutes tun und Zukunft gestalten!
Wendelinus
Stiftung
Bahnhofstraße 21-25
66606 St. Wendel
Telefon: 06851 15-427
Date: 2024/10/04 12:12:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
das genealogische Seminar "Vertiefende
Familienforschung" auf Burglichtenberg bei Kusel ist um eine
Woche nach vorn vorgezogen werden.
Es findet jetzt am 19. und 20. Oktober 2024 auf der
Burglichtenberg statt.
Und es sind noch Plätze frei.
Weitere Informationen erhalten Sie direkt
von mir.
Date: 2024/10/05 10:47:30
From: Christa Lippold <franzundchrista(a)t-online.de>
Guten Morgen, Wie geht es Ihnen? Haben Sie schon genügend Rückmeldungen erhalten, die bedeuten, dass das Seminar auch eine Woche früher starten kann? Vor allem die Hauptvorträge müssen ja stehen. Ich hoffe, dass heute und morgen noch viele Zusagen eintreffen! Grüße an Ihre liebe Frau, die Sonntag dazu kommen will. Da freu ich mich! Herzlich Christa Lippold Von meinem/meiner Galaxy gesendet -------- Ursprüngliche Nachricht -------- Von: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net> Datum: 04.10.24 12:22 (GMT+01:00) An: Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>, saarland-l(a)genealogy.net, Pfalz-L <pfalz-l(a)genealogy.net>, Hunsrueck-L <hunsrueck-l(a)genealogy.net>, Eifel-L(a)genealogy.net Betreff: [Regionalforum-Saar] Genealogieseminar auf Burglichtenberg um eine Woche verschoben, jetzt 19.-20. Oktober 2024 Guten Morgen, das genealogische Seminar "Vertiefende
Familienforschung" auf Burglichtenberg bei Kusel ist um eine
Woche nach vorn vorgezogen werden. Und es sind noch Plätze frei. Weitere Informationen erhalten Sie direkt
von mir. Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger -------------------- Roland Geiger Historische Forschung Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel Tel. 06851-3166 email alsfassen(a)web.de www.hfrg.de |
Date: 2024/10/07 18:37:31
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
„Das kannst du dir an den Hut stecken?“, lautet das Thema am Dienstag, 8. Oktober 2024, 19.00 Uhr im Cusanushaus am Fruchtmarkt in St. Wendel. Referentin: Dr. Jutta Schwan aus Homburg. Reisen ist für uns in der heutigen Zeit etwas völlig Normales. Im Mittelalter jedoch war das Pilgern die einzige Form der Fernreise. Noch heute führt ein Teil des Pilgerweges nach Santiago de Compostela durch das Bliestal und die Biosphäre. Die Referentin führt die Besucher in ihrem Vortrag zurück in eine Zeit, als Reisen noch ein lebensgefährliches Abenteuer war. Die Ausführungen können auch auf unsere Wendelinus-Wallfahrt bezogen werden. Der Eintritt ist frei.
Date: 2024/10/08 11:56:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung, die Aufzeichnung des Online-Vortrages FAMILIENFORSCHUNG IN DEN USA - DEUTSCHE AUSWANDERUNG UND SIEDLUNGSGEBIETE IN AMERIKA IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT mit der Lehrbeauftragten für Nordamerikanische Geschichte an der Universität Jena, Dr. Katja Wüstenbecker, beim Ahnenforscher Stammtisch Unna vom 7. Oktober 2024 findet ihr auf YouTube unter folgendem Link: https://youtu.be/WJ_OO0YG9tM?si=QI-jBxxTeGj7fF9b Wir wünschen euch eine interessante und informative Zeit beim Anschauen der Aufzeichnung und weiterhin viel Erfolg und Freude bei eurer familiengeschichtlichen Forschung. Liebe Grüße Georg (Palmüller) AHNENFORSCHER STAMMTISCH UNNA E-Mail: info(a)ahnenforscherstammtisch.de Homepage: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de Facebook: https://www.facebook.com/afstunna Twitter: https://twitter.com/ahnenforscher Instagram: https://www.instagram.com/ahnenforscherstammtischunna/ Mastodon: https://genealysis.social/@ahnenforscher Threads: https://www.threads.net/@ahnenforscherstammtischunna _____________________________________ International German Genealogy Partnership (IGGP) mailing list Write new topics to IGGP-L(a)genealogy.net Mailing list administration https://list.genealogy.net/mm/listinfo/iggp-l IGGP website https://iggp.org/ --
Date: 2024/10/10 23:01:24
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
„Volksgemeinschaft“
hinter
Stacheldraht. Die Internierungslager in der britischen und
US-amerikanischen
Besatzungszone und ihre Bedeutung für die deutsche
Nachkriegsgesellschaft,
1945–1958
Autor Kerstin Schulte
Reihe Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte
Erschienen Berlin 2024: De
Gruyter Oldenbourg
Anzahl Seiten XI, 460 S.
Preis € 79,95
ISBN 978-3-11-131582-9
Inhalt meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-79279.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Stefanie Rauch,
Wiener Holocaust
Library, London
Mehrere hunderttausend Deutsche wurden von den Alliierten nach
dem Kriegsende
ab 1945 interniert – als mutmaßliche Kriegsverbrecher, als
mögliches
Sicherheitsrisiko oder weil sie als Angehörige bestimmter
Organisationen in die
Kategorie des „automatischen Arrests“ fielen. Anders als die
Kriegsgefangenschaft oder die Entnazifizierungsverfahren sind
die
Zivilinternierungen bislang verhältnismäßig wenig beachtet und
erforscht
worden. Kerstin Schultes als Dissertation an der Universität
Bielefeld
entstandene Studie zu den britischen und US-amerikanischen
Internierungslagern
der frühen Nachkriegszeit in Deutschland konzentriert sich vor
allem auf die
Erfahrungen der Internierten selbst. Zwar wurden die britischen
und die
US-amerikanischen Internierungslager 1948/49 weitgehend
aufgelöst – wobei die
letzten Internierten in der US-Zone erst im Sommer 1952
entlassen wurden (S.
383) –, seien aber auch danach noch von Bedeutung gewesen.
Schulte wählt 1958
als Endpunkt für die Studie, da mit der Gründung der Zentralen
Stelle der
Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer
Verbrechen in
Ludwigsburg „die Phase der großzügigen Amnestierung und
Wiedereingliederung von
NS-Tätern in der Bundesrepublik“ geendet habe (S. 3).
Als Quellen dienen Dokumente der Alliierten zu den Lagern,
Egodokumente der
Internierten sowie Akten der deutschen Ministerien auf
Länderebene (S. 21).
Besonders hervorzuheben ist laut Schulte der umfangreiche, hier
erstmals
ausgewertete Bestand Staumühle zu internierten Frauen in der
britischen
Besatzungszone aus der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne (S.
23). Im
Internierungslager Staumühle befanden sich etwa 850 Frauen unter
den über 9.000
Internierten (S. 173).
Das erste Kapitel beschreibt die Rahmenbedingungen in den
Internierungslagern
sowie die Unterschiede zwischen den britischen und
US-amerikanischen
Herangehensweisen. Zu nennen seien hier „die Bereiche der
rechtlichen
Rahmenbedingungen, der justiziellen Strafverfolgung, der
Unterbringung und
Versorgung in den Lagern“ sowie die „Entlassungspolitik“ (S.
76). Beispielsweise
hätten die Briten alle Wehrmachtsangehörigen als „Militaristen“
und potenziell
„gefährlich“ eingestuft, während in der US-amerikanischen Zone
nur Generäle und
Generalstabsoffiziere interniert worden seien (S. 77f.).
Außerdem begannen die
Briten wesentlich später damit, Internierte zu prüfen und zu
entlassen. Auch
die Übergabe von Verantwortung an deutsche Stellen habe später
eingesetzt als
in der US-Zone (S. 67). Anders als Kriegsgefangene waren zivile
Internierte in
dieser Phase „nicht durch internationales Recht geschützt“ (S.
49).
Im zweiten Kapitel widmet sich Schulte dem Umgang mit den
Internierten
hinsichtlich Entnazifizierung, Reeducation / Demokratisierung,
Gewalt und
Arbeit. Die Internierung sei als Stigmatisierung empfunden
worden, was sich
mitunter auch auf nicht-internierte Familienmitglieder
ausgewirkt habe (S.
101). Schulte zieht außerdem Geschlecht als Analysekategorie
heran – sowohl für
den Lageralltag als auch für die Deutung der
nationalsozialistischen
Vergangenheit. Ihr Fokus liegt dabei auf Frauen und
Weiblichkeit, während
Männer und Männlichkeit nicht ebenso eingehend analysiert
werden. Schulte
stellt „geschlechtsspezifische Deutungsmuster“ fest (S. 163).
Männer hätten die
NS-Vergangenheit in ihren Selbstzeugnissen nicht explizit
thematisiert und
gedeutet. Frauen hingegen hätten dies ausgiebig getan und dabei
den
nationalsozialistischen Wertekanon reproduziert (S. 198).
Ebenfalls
hervorzuheben ist die kulturelle und intellektuelle Seite des
Lagerlebens, die
weitgehend von den Internierten selbst gestaltet wurde (S.
199–223). Das gilt
auch für die Lagerzeitungen, die Schulte ausgewertet hat (S.
133–138). Künftige
Studien könnten einen Vergleich zu den Kriegsgefangenlagern
sowie deren
Lagerzeitungen vornehmen.
Das dritte Kapitel stellt den Kern der Studie dar. Aufbauend auf
Martina
Stebers und Bernhard Gottos Arbeiten zur „Volksgemeinschaft“1 leitet Schulte fünf
Elemente ab, die für
„das Narrativ der ‚Volksgemeinschaft‘“ (S. 232) in den
Internierungslagern
kennzeichnend gewesen seien: Kameradschaft,
Leistungsgemeinschaft, Gewalt,
Inszenierung von Gemeinschaft sowie die (vermeintliche)
Überformung von
Klassenschranken. Die Autorin zeigt, wie ehemalige Internierte
noch Jahrzehnte
später Kontakte sowie nationalsozialistische Werte und
Entlastungsstrategien
pflegten, darunter die „Sauberkeit“ der Internierten (S. 248),
und auch Spenden
sammelten, etwa um die Freilassung von Rudolf Hess zu erwirken
(S. 250). In den
Internierungslagern dominierten ehemalige
NS-Funktionsträger:innen und alte Hierarchien
bestanden fort (S. 262). Hier wäre eine Auseinandersetzung mit
Generation als
Analysekategorie wünschenswert gewesen; künftige Studien könnten
sich damit im
Detail befassen. Die von Schulte angeführten Beispiele (unter
anderem auf S.
249, 259, 264) legen nahe, dass die Zugehörigkeit zu einer
bestimmten
Generation von Bedeutung war.
In der deutschen Presse seien die Internierten in den ersten
Jahren nach
Kriegsende selten als Opfer betrachtet worden, sondern es sei
vor ihnen gewarnt
worden, oder die vermeintlich gute Behandlung oder milde
Spruchkammerurteile
seien kritisiert worden. Sympathien seien primär für die
Kriegsgefangenen
reserviert gewesen (S. 296f.). Auf lokaler Ebene in der Nähe der
Lager hingegen
sei die Bevölkerung den Internierten in manchen Fällen eher
positiv begegnet
(S. 311). Auch die evangelische und die katholische Kirche
hätten sich der
Internierten angenommen und deren Opferdiskurs befördert (S.
314). Der Autorin
zufolge war „die gesellschaftliche Wahrnehmung der Internierten
insgesamt stark
von der jeweiligen Besatzungszone und der Zeit abhängig“ (S.
311).
Darüber hinaus betrachtet Schulte die Internierung im
politisch-kulturellen
Gedächtnis der jungen Bundesrepublik. Die Reintegration der
ehemaligen
Internierten habe eine besondere Herausforderung dargestellt,
nicht zuletzt, da
sie das neue System oft ablehnten (S. 317). Sie profitierten
enorm von den
Amnestiegesetzen der frühen 1950er-Jahre und dem „131er-Gesetz“
(S. 321–323).
Das habe indes nicht die Akzeptanz der neuen Demokratie
gefördert. Die früheren
Internierten hätten „sich weiterhin als schuld- und ahnungslose
Opfer von
Nationalsozialismus, Krieg und Besatzung“ inszeniert (S. 327).
Schulte
konstatiert, dass die Internierungszeit „prägender“ „als alle
sozialpolitischen
Integrationsversuche der Bundesrepublik“ (S. 328) gewesen sei.
Auch bei der
literarischen Verarbeitung hätten sich die „Hauptnarrative“ der
„Opfer-,
Leidens- und Schicksalsgemeinschaft“ durchgesetzt (S. 330).
Hilfsorganisationen
und Vereine für ehemals Internierte, die sich unter anderem für
Entschädigungszahlungen einsetzten, waren dem Verfassungsschutz
suspekt; es kam
auf Länderebene in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und
Bayern auch zu
Verbotsverfahren (S. 372f.). Laut Schulte zeigten die sinkenden
Mitgliederzahlen ab Ende der 1950er-Jahre, „dass die
Internierten zwar nicht
unbedingt ihre weltanschauliche Überzeugung veränderten oder
ablegten, aber
sich offensichtlich zumindest ihre Prioritäten verschoben und
sie sich in ihrem
Leben in der Bundesrepublik eingerichtet hatten“ (S. 378). Ob
und wie die
ehemals Internierten selbst den breiteren Diskurs in der
Bundesrepublik
mitbestimmten, müsste durch weitere Studien geprüft werden.
Abschließend widmet sich ein kurzes viertes Kapitel dem Ende der
Lager und dem
Nachkriegskonsens. Schulte zeigt anschaulich, wie langlebig die
Narrative aus
der Internierungszeit waren, wie Werte und Überzeugungen aus der
NS-Zeit
fortlebten und wie eine Auseinandersetzung mit der
NS-Vergangenheit –
insbesondere mit der eigenen Schuld und Verantwortung – unter
den (ehemals)
Internierten überwiegend ausblieb. Ausnahmen scheint es in dem
von Schulte
verwendeten Quellenbestand nicht zu geben. Ob dieses Muster bei
den ehemals
Internierten noch verbreiteter als in der Mehrheit der
Nachkriegsbevölkerung
war, bleibt dabei genauer zu prüfen. Das
„Volksgemeinschafts“-Narrativ habe der
Internierung Sinn verliehen, musste aber „vor Ort hergestellt
und praktisch
eingeübt werden“ (S. 378f.). Schultes Befund in der
Schlussbetrachtung des vierten
Kapitels ist schlüssig, wenn sie ein Spannungsverhältnis
zwischen der Realität
der Lagererfahrungen und „ihrer diskursiven Verhandlung“ (S.
388) feststellt.
Für diese Verarbeitung sei die „Volksgemeinschaft“ von
erheblicher Bedeutung
gewesen (ebd.). Sie habe es ermöglicht, mit der Enttäuschung und
Orientierungslosigkeit nach dem Ende des „Dritten Reiches“
umzugehen (S. 389).
Ob die Wiedereingliederung und Wiedereinsetzung der ehemaligen
Internierten in
den erlernten oder ausgeübten Beruf aufgrund des Fehlens von
Arbeitskräften
sowie aus Mangel an Alternativen tatsächlich „praktisch
unumgänglich“ war (S.
390f.), ist allerdings fraglich.
Kerstin Schulte gelingt es, die Erfahrungen und
Selbstwahrnehmungen der
Internierten darzustellen, ohne den Blick auf deren
Entlastungsstrategien und
die ideologischen Kontinuitäten aus der NS-Zeit zu verlieren.
Eine Bewertung
der „Volksgemeinschaft“ als Analysekategorie, den Möglichkeiten
und Grenzen
ihrer Aussagekraft wäre am Ende noch wünschenswert gewesen.
Schultes umfassende
Betrachtung zentraler Aspekte der Internierungslager schließt
eine Lücke in der
Forschung und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere
Untersuchungen.
Dazu gehören (wie erwähnt) beispielsweise Analysen von
Generation sowie
Männlichkeit, aber auch Fallstudien zu bestimmten
Personen(gruppen), die man
von der NS-Zeit bis weit in die Bundesrepublik hinein weiter
verfolgen könnte.
Vergleiche mit Österreich, den Speziallagern in der Sowjetischen
Besatzungszone
oder den Kriegsgefangenlagern wären darüber hinaus von
Interesse. Auch weitere
Quellengattungen könnten herangezogen werden – zum Beispiel
alliierte
Vernehmungsprotokolle des Counter Intelligence Corps (CIC) mit
den
Zivilinternierten oder eine Sekundärauswertung von
Oral-History-Interviews mit Deutschen,
unter denen sich gegebenenfalls auch ehemals Internierte
befinden könnten.
Anmerkung:
1 Siehe unter anderem Martina
Steber /
Bernhard Gotto (Hrsg.), Visions of Community in Nazi Germany.
Social
Engineering and Private Lives, Oxford 2014.
Zitation
Stefanie Rauch, Rezension zu: Schulte, Kerstin:
„Volksgemeinschaft“ hinter
Stacheldraht. Die Internierungslager in der britischen und
US-amerikanischen
Besatzungszone und ihre Bedeutung für die deutsche
Nachkriegsgesellschaft,
1945–1958. Berlin 2024 , ISBN 978-3-11-131582-9, in: H-Soz-Kult,
11.10.2024, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-138959.
Date: 2024/10/11 09:11:05
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff:
18. Deutsch-Pennsylvanischen Tag in Altrip (20.10.) |
Von:
"Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz e.V."
<info(a)atlantische-akademie.de> |
Datum:
11.10.2024, 09:01 |
An:
<alsfassen(a)web.de> |
|
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Sehr
geehrter Herr Geiger,
Am 20. Oktober wird in Altrip mit einem Festakt der 18. Deutsch-Pennsylvanische Tag gefeiert und damit auch die seit 2021 bestehende Städtepartnerschaft zwischen Kutztown, PA und Altrip, RLP gepflegt und zelebriert. Seit über 300 Jahren leben die Nachfahren kurpfälzischer Auswanderer in Pennsylvania. Bis heute haben sie ihre Mundart und ihre Traditionen bewahrt. Zu ihnen gehört Scott Reagan, der „Blohbariyer“. Im Rahmen der seit 2008 alljährlich durchgeführten „Hiwwe wie Driwwe Tour“ sowie als Teil der Reihe SOUNDS OF AMERICA der Atlantischen Akademie kommt der pennsylvanisch-deutsche Singer-Songwriter für einen musikalischen Beitrag nach Altrip, Rheinland-Pfalz. Außerdem erwarten Sie an diesem Tag weitere musikalische und künstlerische Beiträge, Grußworte und eine Videoschalte nach Kutztown, Pennsylvania. Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website der Atlantischen Akademie. In Kooperation mit: Heimat- und Geschichtsverein Altrip Ortsgemeinde Altrip Deutsch-Pennsylvanischer Arbeitskreis Partner: Diese Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amts statt. |
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Date: 2024/10/13 21:38:07
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung, die Aufzeichnung des Online-Vortrages „Datumsangaben entschlüsseln in Kirchenbüchern und anderen Dokumenten“ mit dem Referenten Andreas Stephan (GENDI) beim Ahnenforscher Stammtisch Unna vom 10. Oktober 2024 findet ihr auf YouTube unter folgendem Link: https://youtu.be/uEbvB8zGr_o?si=zDLDtd4oswTzlw_P Wir wünschen euch eine interessante und informative Zeit beim Anschauen der Aufzeichnung und weiterhin viel Erfolg und Freude bei eurer familiengeschichtlichen Forschung. Liebe Grüße Georg (Palmüller) AHNENFORSCHER STAMMTISCH UNNA E-Mail: info(a)ahnenforscherstammtisch.de Homepage: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de Facebook: https://www.facebook.com/afstunna Twitter: https://twitter.com/ahnenforscher Instagram: https://www.instagram.com/ahnenforscherstammtischunna/ Mastodon: https://genealysis.social/@ahnenforscher Threads: https://www.threads.net/@ahnenforscherstammtischunna
Date: 2024/10/14 11:10:15
From: Horst Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung, die Aufzeichnung des Online-Vortrages „Datumsangaben entschlüsseln in Kirchenbüchern und anderen Dokumenten“ mit dem Referenten Andreas Stephan (GENDI) beim Ahnenforscher Stammtisch Unna vom 10. Oktober 2024 findet ihr auf YouTube unter folgendem Link: https://youtu.be/uEbvB8zGr_o?si=zDLDtd4oswTzlw_P Wir wünschen euch eine interessante und informative Zeit beim Anschauen der Aufzeichnung und weiterhin viel Erfolg und Freude bei eurer familiengeschichtlichen Forschung. Liebe Grüße Georg (Palmüller) AHNENFORSCHER STAMMTISCH UNNA E-Mail: info(a)ahnenforscherstammtisch.de Homepage: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de Facebook: https://www.facebook.com/afstunna Twitter: https://twitter.com/ahnenforscher Instagram: https://www.instagram.com/ahnenforscherstammtischunna/ Mastodon: https://genealysis.social/@ahnenforscher Threads: https://www.threads.net/@ahnenforscherstammtischunna
_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2024/10/21 19:03:06
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Autor: Andreas Renner
Erschienen Hamburg 2024: mareverlag GmbH & Co. oHG
Anzahl Seiten 272 S.
Preis € 28,00
ISBN 978-3-86648-684-3
Rezensiert für
H-Soz-Kult von Kristina
Küntzel-Witt, Academia Baltica, Sankelmark
Andreas Renner hat endlich eine deutschsprachige Geschichte der
Suche nach der
Nordostpassage vorgelegt. Bislang gab es dazu nur großformatige
Bildbände, die
bestenfalls Aspekte der jahrhundertelangen Suche nach der
legendären Passage
dargelegt haben.1 Allerdings erhebt auch
Renners
Monographie keinen Anspruch darauf, wissenschaftlich
ausgerichtet zu sein.
Vielmehr ist sein Werk, das im Mareverlag erschienen ist, eher
essayistisch und
populärwissenschaftlich angelegt. Dementsprechend werden nur
Zitate mit
Literaturverweisen belegt. Dafür gibt es für jedes Kapitel
ausgewählte
weiterführende Literaturangaben.
In der Einleitung nimmt Renner die Leserschaft mit auf eine
Kreuzfahrt entlang
der skandinavisch-sibirischen Küste bis in den Pazifik, wobei
die Faszination
dieser legendären Schiffspassage immer wieder anklingt. In einer
lockeren
Chronologie folgen dann Kapitel zu den bekanntesten
Entdeckungsfahrten und
Entdeckern des arktischen Seewegs wie Hugh Willoughby und
Richard Chancellor,
die sich im Auftrag der englischen „Muscovy Company“ in der
Mitte des 16.
Jahrhunderts erstmals auf die Suche nach einem Schiffsweg
entlang der
russischen Küste machten. Natürlich dürfen auch Willem Barents
Expeditionen in
den 1590er-Jahren nicht fehlen. Deutlich herausgestellt wird
dabei die
Schwierigkeit in die Karasee hineinzugelangen, die sich den Ruf
als „Eiskeller
der Arktis“ (S. 18) erwarb und lange Zeit eine weitere Erkundung
der Nordostpassage
verhinderte.
Geschickt verknüpft der Autor die weitere Eroberung Sibiriens im
17.
Jahrhundert im Landesinneren mit dem vorübergehenden Stopp der
weiteren
Erkundung des Seewegs. Zar Michail Fedorovič ließ sogar den
vielversprechenden
Hafen von Mangaseja im Mündungsgebiet des Ob schließen, um das
weitere
Vordringen englischer und niederländischer Händler entlang der
Küste zu
unterbinden. Vorgeblich wollte der Zar verhindern, dass die
Ausländer
Steuerabgaben an Moskau umschifften; de facto sollte so die
territoriale
russische Oberherrschaft an der entlegenen Küstenlinie nicht
gefährdet werden.
Erst im 18. Jahrhundert begann eine neue Phase der intensiven
Erforschung der
sibirischen Küstenlinie und einer potentiellen Schiffsroute
unter Zar Peter I.
Zunächst wollte der Zar durch die Erste Kamtschatkaexpedition
klären, ob eine
Passage von der Arktis in den Pazifik überhaupt möglich war oder
eine
asiatisch-amerikanische Landverbindung diese verhindern könnte.
Anschließend
geht Renner auf diese zweite große Kamtschatkaexpedition und
deren Erforschung
der sibirischen Küsten ein. Er beschreibt eindringlich die
jahrelangen
Strapazen der einzelnen Expeditionsgruppen, welche die großen
Flüsse
hinabgeschickt wurden, um von deren Mündungen aus die Küste in
beide Richtungen
zu kartographieren. In diesem Kapitel ist ausführlich die Rede
von Vitus
Bering, dem aus Dänemark stammenden Leiter der beiden
Expeditionen. Sehr wenig
erfährt man dagegen über Berings Stellvertreter Aleksej Čirikov.
Der deutsche
Naturforscher Georg Wilhelm Steller, der Bering auf seiner
Überfahrt nach
Alaska begleitete, wird überhaupt nicht erwähnt. Hier wird
Renners Konzept sehr
deutlich, sich stark auf die Suche nach der Passage entlang der
sibirischen
Küste zu konzentrieren, die Entdeckung Alaskas und die Erkundung
des
Nordpazifiks, die für die Frage nach einem nördlichen Schiffsweg
ebenfalls
relevant sind, werden dagegen zurückgestellt. So wird auch die
Billings-Saryčev
Expedition am Ende des 18. Jahrhunderts, die Katharina II.
initiiert hatte, nur
kurz erwähnt.2
Dafür werden die ersten russischen Expeditionen, die 1765/66
unter Kapitän
Vasilij Čičagov direkt in arktische Gewässer führten, intensiver
dargestellt.
Der russische Universalgelehrte Michail Lomonosov hatte
Katharina II. von dem
politischen und ökonomischen Potential eines nördlichen Seewegs
überzeugen
können, wobei er von einer eisfreien Passage in Höhe des 80.
Breitengrades
träumte. Čičagovs Entdeckungsfahrten zeigten allerdings, wie
gefährlich der
arktische Ozean war. Er musste unverrichteter Dinge nach
Archangelsk
zurückkehren, ohne nennenswerte Entdeckungen gemacht zu haben.
Danach
unterblieben für lange Zeit russische Expeditionen in die
Arktis.
Im 19. Jahrhundert erfolgten dann stärker ökonomisch motivierte
Vorstöße, um
die Schiffsroute für den Abtransport von Rohstoffen aus Sibirien
nutzbar zu
machen. Allen voran träumte der aus Hamburg stammende Wilhelm
Brandt davon, den
Schifffahrtsweg für eine Besiedlung der sibirischen Küste zu
nutzen. Er
finanzierte 1832 eine Expedition unter der Leitung von Petr
Pachtusov, der zum
ersten Mal die Matotschkin-Straße, welche die Doppelinsel Nowaja
Semlja trennt,
durchfuhr. Doch nach Brandts Tod im gleichen Jahr verebbte das
Interesse an
seinen weitläufigen Plänen.
Neue Bewegung kam in die Suche nach der Passage durch die neue
Technologie der
Dampfschifffahrt, die sich der finnisch-schwedische Entdecker
Adolf Erik
Nordenskiöld auf seiner legendären ersten Durchfahrt der
Nordostpassage mit
seiner „Vega“ 1878 zunutze machte. Kurz vor der Einfahrt in den
Nordpazifik fror
sein Schiff ein, aber Nordenskiöld war so gut ausgerüstet, dass
die
Überwinterung für ihn und seine Mannschaft kein Problem
darstellte. Anschaulich
schildert Renner, wie die indigenen Tschuktschen immer häufiger
zum Schiff
kamen und Nordenskiöld erstaunt feststellen musste, dass sie
besser Englisch
als Russisch sprachen, weil sie häufiger Kontakt zu
amerikanischen Walfängern
als zu Russen hatten.
Doch auch nachdem die Passage nun erstmals geglückt war, sei die
russische
Regierung zu dem Schluss gekommen, dass die Route aus
ökonomischer Sicht nicht
profitabel genug und zu unsicher war. So dauerte es bis in die
Sowjetzeit
hinein, bis durch den Bau von Eisbrechern die Erforschung der
Arktis plötzlich
wieder in den Fokus der Regierung und vor allem Stalins rückte.
In dem Kapitel
über die sowjetischen Expeditionen unter der Leitung des zum
„Helden der
Arktis“ aufgestiegenen Wissenschaftlers Otto Schmidt in den
1930er-Jahren zeigt
Renner meisterhaft, wie das Interesse an der Arktisforschung am
Ende der
1930er-Jahre erlosch und in Stalins Terror unterging. Am Ende
musste Schmidt um
sein Leben fürchten: Er trat als Leiter des berühmten
Arktisinstituts in
Leningrad zurück und überlebte Stalins Terrorjahre als eine der
wenigen
populären Persönlichkeiten der damaligen Zeit. Zuvor hatte der
Diktator die
technologischen Fortschritte und die erste Durchfahrt der
Passage ohne
Überwinterung durch den Eisbrecher Sibirjakov 1932 noch als
Zeichen für die
Überlegenheit des Sozialismus feiern lassen. Noch mehr
öffentliches Interesse
hatte die dramatische Rettung von Schmidt und seiner Mannschaft
per Flugzeugen
1934 erregt, nachdem sie bei einer missglückten Fahrt auf dem
Frachter
Čeljuskin im Eis eingefroren waren und monatelang auf einer
Eisscholle
ausgeharrt hatten.
Der nächste Meilenstein in der weiteren Nutzung der Schiffsroute
erfolgte dann
durch den Bau der ersten atomar betriebenen Eisbrecher in den
1950er-Jahren.
Das neue Statussymbol der Sowjetunion, die „Lenin“, befuhr die
Route bis 1989,
hatte aber oft mit technischen Problemen zu kämpfen. Ihre
verbrauchten
Brennstäbe wurden vor Nowaja Semlja im Meer versenkt. Hier zeigt
sich
symbolträchtig die enge Verknüpfung der ökonomischen Entwicklung
und den
ansteigenden ökologischen Problemen. Wilhelm Brandts Traum wird
wahr, zunehmend
werden Frachtschiffe und Tanker eingesetzt, um Rohstoffe aus
Sibirien
abzutransportieren. Dank des Klimawandels wird der sogenannte
„Nördliche
Seeweg“ zudem immer einfacher zu befahren sein. Diese
Zusammenhänge zeigt
Renner am Ende seines Buches deutlich auf und auch die
juristischen
Auseinandersetzungen über die Nutzung der arktischen Rohstoffe
werden
ausführlich erwähnt. Er schließt sein Werk mit Hinweisen zur
aktuellen Politik
Putins, der mehrfach die Ausbeutung der Rohstoffe am Boden des
Nordpols für
Russland beansprucht hat. Gleichzeitig wird auch auf Chinas
Investitionen in
der Region – etwa durch den Bau des LNG (Liquefied Natural Gas)
-Terminals in
Sabetta in der Ob-Mündung – hingewiesen.
Insgesamt gesehen legt Andreas Renner eine anregende, aber sehr
stark
komprimierte Übersicht über die Suche und die Entwicklung der
Nordostpassage
vor, die deutlich zeigt, wie schwankend das Interesse an dieser
Schiffsroute
war und wie stark dabei ökonomische sowie imperiale Interessen
zusammenspielten, während die ökologischen Probleme von der
russischen
Regierung weitestgehend ausgeblendet werden. Illustriert wird
das Buch mit
zahlreichen Karten, die allerdings nicht extra aufgeführt
werden.
Anmerkungen:
1 Vgl. beispielsweise
Helfried Weyer,
Nordwest- und Nordost-Passage. Der Traum vom nördlichen Seeweg,
Hamburg 2006.
2 Vgl. hierzu Diana Ordubadi,
Die
Billings-Saryčev-Expedition 1785–1795. Eine Forschungsreise im
Kontext der
wissenschaftlichen Erschließung Sibiriens und des Fernen Ostens,
Köln 2016.
Zitation
Kristina Küntzel-Witt, Rezension zu: Renner, Andreas:
Nordostpassage.
Geschichte eines Seewegs. Hamburg 2024 , ISBN 978-3-86648-684-3,
in:
H-Soz-Kult, 22.10.2024, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-144354.
Date: 2024/10/21 20:04:16
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
am Dienstag, 29. Oktober 2024,
wird Dr. Franz-Josef Kockler ab 17.30 Uhr einen Vortrag über die
Lohgerberei in
St. Wendel halten. Dieser wird anschließend an das monatliche
Mitgliedertreffen
der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) im
Lesesaal des
Landesarchivs Saarbrücken in 66133 Saarbrücken-Scheidt,
Dudweilerstraße 1, stattfinden.
Im Alten Woog in St. Wendel findet sich heute kaum noch Hinweis
darauf, dass in
diesem Gebiet zwischen 1720 und 1962, also über 200 Jahre lang,
ein Gewerbe
betrieben wurde, der im Wirtschaftsleben der Stadt St. Wendel
eine nicht
unbeträchtliche Rolle spielte.
Der aus der Gerberfamilie Kockler stammende Referent wird anhand
von Bildern
hiesiger Künstler sowie zahlreicher Fotographien, welche die
früheren
Gerbhäuser zeigen, über den Betrieb seiner Vorfahren berichten.
Außerdem wird
er das angewendete Gerbverfahren, die „Eichenlohe-Grubengerbung“
erläutern.
Auch die geschichtlichen und wirtschaftlichen Gründe für das
Ende dieses
Handwerkszweiges in St. Wendel wird er beleuchten.
Nikolaus Kockler
Sohn von Franz Kockler und Anna Barbara Tholey
* 02.11.1808 in St. Wendel
+ 27.03.1875 in St. Wendel
Beruf: Gerbereibesitzer, Rotgerber
oo am 05.02.1833 in St. Wendel
Elisabeth Demuth
Tochter von Adam Demuth und Elisabeth Frantzen
* 13.05.1810 in St. Wendel
+ 12.07.1889 in St. Wendel.
Kinder von Nikolaus Kockler und Elisabeth Demuth sind:
i. Elisabeth * 09.11.1833 in St. Wendel + 29.12.1833 in St.
Wendel.
ii. Barbara * 31.03.1836 in St. Wendel + 23.12.1913 in St.
Wendel.
iii. Nikolaus * 29.08.1838 in St. Wendel + 11.10.1907 in St.
Wendel
oo am 16.06.1863 in St. Wendel
Maria Weber * 24.07.1842 in St. Wendel.
iv. Franz * 12.02.1840 in St. Wendel + 08.04.1872 in St. Wendel
oo am 16.06.1863 in St. Wendel
Katharina Alwina Collisi * 20.11.1841 in St. Wendel + 02.09.1899
in St. Wendel.
v. Karl Michael * 02.01.1842 in St. Wendel + 04.02.1917 in St.
Wendel
Beruf: 1887, Gerber
oo 19.10.1875 Diez
Anna Margarethe Hild * 09.09.1854 in Dietz + 01.02.1942
St. Wendel
vi. Helene * 11.09.1843 in St. Wendel + 13.12.1911 in St. Wendel
oo am 13.06.1865 in St. Wendel
Josef Falkenstein * 27.02.1838 in St. Wendel + 12.03.1875 in St.
Wendel.
Beruf: Kaufmann
vii. Anna Maria * 25.03.1845 in St. Wendel + 23.04.1919 in St.
Wendel
oo am 01.12.1876 in St. Wendel
Wendel Kockler * 02.02.1842 in St. Wendel + 03.07.1901 in St.
Wendel.
Gerbereibesitzer, Mitglied des Stadtverordneten-Collegiums der
Stadt St. Wendel
viii. Emma Maria * 24.08.1846 in St. Wendel + 26.07.1919 in St.
Wendel
oo am 03.02.1877 in St. Wendel
Gerhard Lambert Willms * 28.08.1839 in Linnich + 08.05.1914 in
Neunkirchen.
Beruf: 1887 Rechtsconsulent
ix. Anna Maria Elisabeth * 07.09.1847 in St. Wendel + 22.09.1847
in St. Wendel.
x. Josef Konrad * 01.03.1849 in St. Wendel + 22.03.1889 in St.
Wendel
Beruf: Gerber
oo am 31.01.1876 in St. Wendel
Helene Colling * 03.06.1853 in St. Wendel + 16.05.1936 in St.
Wendel.
xi. Adolf * 23.04.1850 in St. Wendel + 19.02.1921 in St. Wendel
oo am 23.06.1893 in Bacharach
Maria Sophia Jeiter * 09.03.1857 in Bacharach + 04.12.1928 in
St. Wendel.
xii. Josef Theodor * 20.04.1851 in St. Wendel + 18.11.1870 in
St. Wendel.
xiii. Johann Franz * 09.02.1853 in St. Wendel + 25.09.1925 in
Chicago,
Illinois, USA
Gerber und Metzger in Chicago, Illinois
oo am 22.11.1880 in Chicago, Illinois
Augusta Vogel * 26.10.1862 in Chicago, Illinois+ 14.08.1938 in
Chicago,
Illinois
xiv. Jakob Philipp * 30.07.1854 in St. Wendel + 10.08.1854 in
St. Wendel.
xv. Xaver Franz * 02.12.1857 in St. Wendel + 05.11.1905 in St.
Wendel, ledig
Beruf: Kaufmann
Der Eintritt ist wie immer kostenlos, auch
Nichtmitglieder der ASF sind
herzlich willkommen.
Bene Vale
Roland Geiger
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische
Familienkunde (ASF)
Date: 2024/10/24 00:04:38
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten
Abend,
letztes Wochenende fand das diesjährige Seminar „Vertiefende
Familienforschung“
statt. Dabei wurde das Seminarbuch des Jahres 2023
vorgestellt, das Texte des
2023er Seminars in Schriftform beinhaltet.
In dem 144-seitigen Taschenbuch im Format A5 sind folgende
Artikel enthalten:
Helmut Priewer:
Von Helminthen, Milben und Menschen- parasitäre Krankheiten
aus
medizinhistorischer Sicht
Beate Busch-Schirm:
Die Vereinigte Ostindischen Kompanie (VOC)
Markus Detemple:
Steuern im Alten Reich
Roland Geiger:
Frondienste in der Kellerei St. Wendel 1606
Irene Mattern:
Taufe und Taufpaten in Kirchenbüchern des 16. bis 18.
Jahrhunderts im
pfälzischen Raum
Hans-Joachim Kühn:
Eine kleine Archivkunde
Karl-Heinz Bernardy:
Französische Zivilstandsurkunden. Tipps zum besseren
Verständnis
Dominikus Heckmann:
Verwandtschaftsbäume im Mittelalter
Ein paar Exemplare sind noch übrig; die können bei Bedarf
direkt bei mir
bestellt werden.
Die Abbildungen sind in der Regel in Farbe.
Der Preis beträgt 16 Euro (für Seminarteilnehmer 10 Euro), das
Porto 1,60 Euro.
Bene Vale
Roland Geiger, alsfassen(a)web.de
Date: 2024/10/28 09:01:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Ort
rheinischer Geschichte. Landesgeschichtliche Perspektiven auf
1000 Jahre Abtei
Brauweiler
Organisatoren LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte;
LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum Brauweiler;
Freundeskreis der
Abtei Brauweiler e.V.
50259 Pulheim-Brauweiler
Fand statt In Präsenz
Vom - Bis 20.06.2024 - 21.06.2024
Von Lea Raith, LVR-Institut für Landeskunde und
Regionalgeschichte, Bonn; Richard Irmler, LVR-Kulturzentrum Abtei
Brauweiler,
Pulheim-Brauweiler
Im Jahr 1024 gründete Mathilde, eine Tochter Kaiser Ottos II., mit
ihrem
Ehemann Ezzo, dem Pfalzgrafen von Lothringen, die Abtei St.
Nikolaus in
Brauweiler bei Köln. Diese bestand bis 1802 und wurde im Anschluss
auf verschiedene
Weisen genutzt, unter anderem als Bettleranstalt und
Konzentrationslager. Seit
1987 dient sie als Kulturdienststelle des Landschaftsverbands
Rheinland (LVR).
Das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte lud daher
in
Kooperation mit dem LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum
und dem
Freundeskreis Abtei Brauweiler e.V. dazu ein, am historischen Ort
anhand
vielfältiger methodischer und disziplinübergreifender Ansätze
regionale
Perspektiven im Kontext der tausendjährigen Geschichte Brauweilers
zu
beleuchten.
Nach einer Begrüßung durch LVR-Kulturdezernentin CORINNA FRANZ
(Köln), den
Vorsitzenden des Freundeskreises Abtei Brauweiler und
Ministerpräsidenten a.D.
JÜRGEN RÜTTGERS sowie MARK STEINERT (Brauweiler) und HELMUT RÖNZ
(Bonn)
eröffnete MARKUS JANSEN (Brauweiler) die Tagung mit einer
historischen
Einführung. Er betonte, dass Brauweiler nicht nur aufgrund seines
tausendjährigen Jubiläums für die Forschung und interessierte
Öffentlichkeit
von Belang sei. Darüber hinaus könne man durch die Betrachtung der
Ortsgeschichte auch die Erforschung übergreifender Entwicklungen
von
reichsweiter Bedeutung vorantreiben. Glücklicherweise, so Jansen,
sei
Brauweiler nicht zuletzt für den LVR als Eigentümer der Abtei von
einem Ort der
Forschungsinfrastruktur zum Forschungsgegenstand geworden.
HEINZ ERICH STIENE (Köln) stellte die „Fundatio monasterii
Brunwilarensis“,
also die Gründungsgeschichte der Abtei vor. Diese wurde im 11.
Jahrhundert von
einem Brauweiler Mönch mit der Initiale „G.“ verfasst. Hierfür
zeichnete Stiene
zunächst die Überlieferungsgeschichte bis ins 18. Jahrhundert
nach. Inhaltlich
lasse sich die „Fundatio“ in drei Teile gliedern: 1. die
Familiengeschichte der
Ezzonen, 2. ein Streit mit dem Kölner Erzbischof um das Moselgut
Klotten und 3.
verschiedene Erzählungen und Wundergeschichten über Brauweiler.
Stiene stellte
abschließend die These auf, dass Mathilde und nicht Ezzo die
treibende Kraft
hinter der Klostergründung in Brauweiler gewesen sei. Er machte
dies unter
anderem daran fest, dass Mathilde sich mit der Ortswahl gegen die
von Ezzo
bevorzugten Orte Kaiserswerth oder Duisburg durchsetzte.
LIOBA GEIS (Köln) schloss sich Stienes These an, dass es sich bei
Brauweiler
ursprünglich um eine dynastische Stiftung der aus dem ottonischen
Haus stammenden
Mathilde gehandelt habe und die Initiative nicht in erster Linie
von Ezzo
ausgegangen sei. Im Vortrag, aber auch in der anschließenden
Diskussion wurde
daran erinnert, dass mit Aachen und Köln zwei wichtige Orte
ottonischer Memoria
in direkter Nachbarschaft lagen. Da die Nachfahren des
Gründerpaars jedoch bald
in direkter Linie ausstarben, ging die Abtei an das Erzbistum
Köln. Geis
beleuchtete schlaglichtartig die Amtszeiten der Kölner Erzbischöfe
Anno II.
(1056-1075), Arnold I. (1138-1151) und Konrad von Hochstaden
(1238-1261). Die
Analyse der Interaktionen zwischen diesen Erzbischöfen und den
Äbten von
Brauweiler offenbarte nicht nur eine dynamische Beziehung auf
persönlicher und
materieller Ebene, sondern auch die strategische Bedeutung des
Klosters in der
regionalen Kirchenpolitik.
TOBIAS WELLER (Bonn) betonte die zentrale Rolle des heiligen
Nikolaus als
identitätsstiftendes Symbol der Abtei. Die Instrumentalisierung
des
Hausheiligen habe nicht zuletzt der Abwehr von Ansprüchen des
übermächtigen
Erzbistums Köln gedient. Anhand einer detaillierten Analyse der
Siegelformen
von der Gründung der Abtei bis ins 16. Jahrhundert zeigte Weller,
wie sich
traditionelle und innovative Elemente in der Darstellung
verbanden. Besonders
hervorzuheben sei zudem die für ein nicht-königliches Kloster
ungewöhnlich
frühe Einführung eines Abteisiegels bereits 1126. Weller betonte
die Bedeutung
der Siegel für die klösterliche Selbstverwaltung und verwies
zuletzt auf
Desiderata der Erforschung von klösterlichen Siegeln allgemein.
FRANK M. BISCHOFF (Duisburg) stellte die archivalische
Überlieferungssituation
der Abtei Brauweiler vor. Er korrigierte die bisher verbreitete
Ansicht, dass
die Überlieferung stark fragmentiert sei. Mit rund 270 Urkunden
und zahlreichen
weiteren Akten und Büchern aus verschiedenen Archiven biete die
Abtei eine
umfangreiche Dokumentation ihrer Geschichte. Bischoff hob zunächst
die
Bedeutung der Digitalisierung hervor, die die Zugänglichkeit und
Recherchierbarkeit
der Quellen erheblich verbessert habe. Anschließend gab er einen
umfassenden
Überblick über die Bestände verschiedener Archive der Region, die
für die
Brauweiler Geschichte ausgewertet werden können.
WOLFGANG ROSEN (Bonn) stellte die Frage nach einer
Klosterlandschaft
Brauweiler. Er betonte, dass mit Landschaft im Sinne des „spatial
turn“ nicht
nur die physisch-materielle Ebene gemeint sei. Freilich sei die
Konzentration
von Besitz und Herrschaftsrechten um Brauweiler und um Klotten an
der Mosel
eine wichtige Grundlage gewesen. Weiterhin habe das Kloster aber
auch über
Patronatsrechte, sein „Seelsorgenetz“, Schulen, seine
deutschlandweiten ordensreformatorischen
Aktivitäten sowie über die Nikolaus-Wallfahrt in die Breite
gewirkt. Zudem
erinnerte Rosen an die Rekrutierung der Mönche vornehmlich aus dem
Kölner Raum
und regionale Gebetsverbrüderungen. Er hielt fest, dass die Abtei
im Schatten
der Metropole Köln durchaus ein eigenes Profil entwickelt und es
mithin auch
Brauweiler Klosterlandschaften gegeben habe.
MICHAEL KAISER (Bonn) zeigte anhand der Brauweiler „Acta Abbatum“,
wie die Zeit
des Dreißigjährigen Kriegs auf lokaler Ebene wahrgenommen wurde.
Die Jahre 1617
bis 1649 wurden in Brauweiler von dem Konventualen und Zeitzeugen
Andreas
Winckens festgehalten. Dieser beschreibe die Auseinandersetzungen
als nicht
vornehmlich durch Glaubensfragen motiviert. Stattdessen sei es vor
allem um
Geld und die Verfügungsgewalt über kirchliche Güter gegangen. Die
Mönche selbst
seien von den Kriegshandlungen vor allem dann betroffen gewesen,
wenn es galt, Soldaten
– etwa den berühmten Jan von Werth – gesund zu pflegen oder zu
begraben. Kaiser
zeigte abschließend, dass Winckens in zeittypischer Manier die
Kriegsschilderungen
oft aus anderen Werken kopiert, gekürzt und kompiliert hatte.
Insgesamt sei er
vor allem bemüht gewesen, die Geschicke Brauweilers in den
Gesamtkontext seiner
Gegenwart zu stellen.
MARCEL ALBERT (Gerleve) stellte das 1657 entstandene sogenannte
Stifterbild der
Abtei ins Zentrum. Dieses zeigt den Rombesuch Ezzos und Mathildes
im Jahr 1023,
bei dem sie den päpstlichen Segen für ihre Gründung eingeholt
hatten. Ebenfalls
dargestellt sind weitere geistliche und weltliche Förderer sowie
die zehn
Kinder des Stifterpaars. Albert ordnete die Bildgestaltung in die
Diskurse der
nachreformatorischen Zeit ein. Gerade die Ordenskleriker hätten
unter einem
besonderen Legitimationsdruck gestanden. Das Stifterbild zeige,
dass man einerseits
die ruhmvolle Geschichte und den Nachweis eines möglichst hohen
Alters für die
eigene Legitimation instrumentalisierte. Andererseits habe man
sich aber auch
explizit unter den Schutz der Gründer und Heiligen gestellt.
HARALD MÜLLER (Aachen) skizzierte das Aufkommen des
Renaissance-Humanismus im
Rheinland, für das Köln mit seiner Universität ein
Kristallisationsort gewesen
sei. Für die spezifische Ausformung des Humanismus im Rheinland
wählte Müller
den Begriff des „rheinischen Klosterhumanismus“. Gerade
benediktinische Mönche
und Nonnen seien aber nur in Ausnahmefällen Teil dieser Bewegung
gewesen. Aus
Brauweiler selbst hätten sich keine aussagekräftigen Zeugnisse
erhalten. Müller
bestätigte aber die Einschätzung Alberts, dass die durch den
nachreformatorischen
Legitimationsdruck motivierte Hinwendung zur eigenen Geschichte
auch die
Brauweiler Mönche erfasst habe. Spuren humanistischer Bildung
machte Müller in
den Epitaphien und der Kleindichtung aus Brauweiler aus. Er hielt
aber
abschließend fest, dass sich, wenn überhaupt, nur Einzelpersonen
fassen ließen,
die den Geist des Reformhumanismus in Benediktinerklöstern
verbreiteten.
Insgesamt habe die Bursfelder Reform kein strukturell förderndes
Umfeld für
humanistische Neigungen geboten.
HELMUT RÖNZ (Bonn) widmete sich der Situation der Mönche nach der
Auflösung des
vergleichsweise wohlhabenden Klosters im Jahr 1802. Es könne, so
Rönz, als
typisches Beispiel für die umfassenden Veränderungen gelten, die
die
französische Besatzung und die Säkularisation in der durch
geistlichen Besitz
so stark geprägten Rheinschiene bedeuteten. Rönz stellte dar, dass
Brauweiler
und seine Propsteien 1802 noch 27 Ordensgeistliche mit
Priesterweihe zählten.
Nur 13 von ihnen hätten aber nach der Auflösung sukzessive eine
eigene Pfarrei
erhalten, in der Regel in der näheren Umgebung. Oft sei diese
untereinander
weitergegeben worden. Andere seien in ihre meist nah gelegenen
Heimatorte
zurückgekehrt. Viele könne man dort noch als Subsidiare
nachweisen, bei anderen
verlaufe sich die Spur. Von den modernen Theologien seien alle
Brauweiler
Mönche weitgehend unberührt geblieben. Eine zivile Karriere sei
keiner von
ihnen eingegangen. Rönz betonte zudem, dass hinsichtlich der
Entwicklung und
Netzwerke insbesondere ein Vergleich mit anderen Klöstern
fruchtbar sei.
Die Abtei Brauweiler wurde im 19. Jahrhundert zu einer der größten
Bettler- und
Arbeitsanstalten des Deutschen Reichs umfunktioniert. THOMAS ROTH
(Köln) legte
dar, dass die von der NS-Justiz nach 1933 neugeschaffenen
Konzentrationslager
für herkömmliche Arbeitsanstalten wie Brauweiler ein Einbrechen
der
Insassenzahlen, vor allem derer im arbeitsfähigen Alter,
bedeuteten. Um dem
entgegenzuwirken, habe es eine Initiative von lokalen Behörden
gegeben, in der
Arbeitsanstalt Brauweiler schon im März/April 1933 auch ein
Konzentrationslager
einzurichten. Dieses habe vornehmlich politische Gefangene
aufgenommen. Bereits
früh habe auch die Gestapo die Brauweiler Zellen genutzt. Roth
betonte, dass
Brauweiler also nicht nur ein Knotenpunkt im regionalen
Verfolgungsnetzwerk
war, sondern auch ein zentraler Ort nationalsozialistischer
Gesellschaftspolitik und Gewalt.
Ein bisher kaum untersuchtes Kapitel der Brauweiler Geschichte
stellte JULIANE
WETZEL (Berlin) vor, die sich der unmittelbaren Nachkriegszeit
widmete. Etwa
6,5–7 Millionen Zwangsarbeiter:innen, KZ-Häftlinge,
Kriegsgefangene und zivile
„Ostarbeiter“ hatten die NS-Zeit und den Krieg überlebt und waren
von den
westlichen Alliierten in Deutschland befreit worden. Sie erhielten
den Status
„Displaced Person“ (DP) und wurden zunächst in DP-Lagern
untergebracht. Das in
Brauweiler eingerichtete Lager, später als Lager „Warta“ bekannt,
bestand bis
Herbst 1949. Es habe zeitweise mehr als 2.000 zunächst vor allem
italienische
und danach mehrheitlich polnische DPs beherbergt. Berichte
ehemaliger Insassen
ließen menschenunwürdige Zustände und völlige Überbelegung
erkennen. Wetzel
äußerte Zuversicht, dass im Rahmen des Jubiläumsjahrs auch das
Schicksal der
DPs vermehrt in den Blick genommen werde.
GRZEGORZ PAC (Warschau) thematisierte die vielschichtige Beziehung
zwischen der
Abtei Brauweiler und Richeza, einer Tochter des Stifterpaares, die
1025 zur
polnischen Königin geworden war. Nach ihrer Rückkehr ins Reich
habe sie sich
zunehmend für die Förderung der Abtei eingesetzt. So habe sie
versucht, durch
die Übertragung Brauweilers an die Kölner Kirche das Andenken an
ihre Familie
zu erneuern. Abweichend von ihrem ursprünglichen Plan, wurde sie
statt in
Brauweiler aber letztlich in der Stiftung ihres erzbischöflichen
Bruders
Hermann, der Kölner Kirche Mariengraden, beigesetzt. Die
Brauweiler Mönche
beschwerten sich daraufhin, der Kölner Erzbischof Anno II.,
Hermanns
Nachfolger, habe ihnen ihre Königin regelrecht geklaut. Diese
Vorstellung sei
bis heute nicht überwunden. Pac betonte aber, dass Richeza diese
Entscheidung
selbst getroffen habe. Hierfür seien persönliche und politische
Überlegungen
ausschlaggebend gewesen.
RITA VOLTMER (Trier) legte dar, dass reformierte
Benediktinerklöster wie
Brauweiler, zusammen mit anderen Ordensgemeinschaften, eine
zentrale Rolle in
der Verfolgung von Hexen gespielt hätten. Dies finde in der
bisherigen
Forschung noch zu wenig Beachtung. In Brauweiler habe zudem die
geteilte
Gerichtsbarkeit zwischen der Abtei und dem Kölner Erzbischof zu
einer Art
Wettstreit geführt, die jeweilige Obrigkeit und Gerichtshoheit
durchzusetzen.
So habe bei den ersten nachweisbaren Brauweiler Hexenprozessen im
Jahr 1519 der
Brauweiler Abt vor allem seinen Anspruch auf die
Hochgerichtsbarkeit
demonstrieren wollen. Während der Hochphase der Hexenverfolgung im
17.
Jahrhundert habe es in Brauweiler eine breite Akzeptanz und
Unterstützung dafür
gegeben. Dies verdeutliche vor allem das diesbezügliche Engagement
des Abts
Johann Münch.
JÜRGEN RÜTTGERS (Brauweiler) skizzierte zunächst den Werdegang
Konrad Adenauers
während der NS-Zeit. Der aus dem Amt gedrängte Kölner
Oberbürgermeister war
mehrfach verhaftet worden und im September 1944 schließlich aus
der Haft im
Messelager Köln-Deutz geflüchtet, um im Westerwald unterzutauchen.
Auguste
Adenauer wurde daraufhin in der in Brauweiler eingerichteten
Gestapo-Stelle
inhaftiert und verhört, bis sie schließlich aus Angst um ihre
Tochter den
Aufenthaltsort ihres Mannes preisgab. Sie wurde zwar nach dessen
Gefangennahme
und seinerseits Inhaftierung in Brauweiler freigelassen, habe sich
aber nie wieder
erholt. Die Entlassung Konrad Adenauers folgte Ende November 1944.
Die Tagung bot einen umfassenden Überblick über die ebenso lange
wie
wechselvolle Geschichte der Abtei Brauweiler und ihre Bedeutung
für die engere
Region, das Rheinland und in Facetten auch für die nationale und
internationale
Geschichte. Den Beiträgen gelang es dabei stets, zu verdeutlichen,
wie die
Geschichte des Ortes in größere historische, politische und
soziale
Zusammenhänge eingebettet war. Die Abtei Brauweiler erwies sich
somit als ein
zentraler Ort der rheinischen Geschichte, der auch in Zukunft noch
viele Fragen
aufwerfen und Forschung inspirieren wird.
Konferenzübersicht:
Corinna Franz (Köln) / Jürgen Rüttgers (Brauweiler) / Helmut Rönz
(Bonn) / Mark
Steinert (Brauweiler): Begrüßung
Markus Jansen (Brauweiler): Einführung in das Thema
1. Sektion: Gründung und frühe Spuren der Abtei Brauweiler
Moderation: Lea Raith (Bonn)
Heinz Erich Stiene (Köln): Die Gründungsgeschichte der Abtei
Brauweiler (11.
Jh.) und ihr Ort in der klostereigenen Geschichtsschreibung bis
ins 18.
Jahrhundert
Lioba Geis (Köln): Die Abtei Brauweiler und die Kölner Erzbischöfe
Tobias Weller (Bonn): Sankt Nikolaus in Pixi-Größe: Die Siegel der
Abtei
Brauweiler
Frank M. Bischoff (Duisburg): Archivalische
Überlieferungssituation zur
Geschichte der Abtei Brauweiler
2. Sektion: Die Abtei Brauweiler in Spätmittelalter und Früher
Neuzeit
Moderation: Carla Lessing (Brauweiler)
Wolfgang Rosen (Bonn): Klosterlandschaft Brauweiler? – Zur
Raumwirksamkeit
einer rheinischen Abtei im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
Michael Kaiser (Bonn): Eine Abtei im Eisernen Zeitalter -
Brauweiler und der
Dreißigjährige Krieg
Marcel Albert (Gerleve): Brauweilers Stifterbild von 1657 im
Kontext
Harald Müller (Aachen): Brauweiler in der Epoche des aufblühenden
Renaissance-Humanismus
3. Sektion: Aspekte aus der Geschichte der Abtei Brauweiler
1802-1945
Moderation: Keywan Klaus Münster (Bonn)
Helmut Rönz (Bonn): Nach der Säkularisation: Ehemalige Mönche der
Abtei Brauweiler
in der Weltseelsorge ab 1802
Thomas Roth (Köln): Der Brauweiler Anstaltskomplex als Ort
nationalsozialistischer Ausgrenzung, Verfolgung und Gewalt
Juliane Wetzel (Berlin): Ein ehemaliges Konzentrationslager wird
zum Lager für
Displaced Persons in der britischen Zone
4. Sektion: Biographien und Personengruppen rund um die Abteil
Brauweiler
Moderation: Markus Jansen, Brauweiler
Grzegorz Pac (Warschau): Königin Richeza und die Abtei Brauweiler
Rita Voltmer (Trier): Benediktiner und Hexen. Die Brauweiler
Hexenprozesse im
Kontext
Jürgen Rüttgers (Brauweiler): Konrad Adenauer als Häftling in
Brauweiler
Zitation
Lea Raith / Richard Irmler, Tagungsbericht: Ort rheinischer
Geschichte.
Landesgeschichtliche Perspektiven auf 1000 Jahre Abtei Brauweiler,
in: H-Soz-Kult,
28.10.2024, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-150867.
Date: 2024/10/28 09:09:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Vergangene Woche erschien im St. Wendeler Teil
der Saarbrücker Zeitung dieser Artikel:
Das Gräfinthaler Mirakelbuch
und die
"Wunderwercke" der Pfeilenmadonna
Das „Mirakelbuch“ von 1671 schildert 86 Wunder, die durch das
Gnadenbild der
„Pfeilenmadonna“ im Kloster Gräfinthal bewirkt worden sein
sollen. Verfasst von
Mönch Friedrich Schaal sollte es nach dem Dreißigjährigen Krieg
die
Wallfahrten fördern und das Kloster wiederbeleben.
Die dadurch sprudelnden Einnahmen wurden zur Modernisierung und
Erweiterung des
Klosters verwendet – hier eine Aufnahme um 1900.
Von Martin Baus
Zunechst bey Blies-Castell ligt ein Dorff mit Namen Lautzkirchen
/ da fließt
ein Bach / die Klembach genandt / kombt von Würtzbach / und
Lautzkirchen
Mülleweyer zusammen / hart oben am Dorff / und fließt unden dran
in die Bließ /
in disem Dorff wohneten ein paar Gottsförchtige Eheleuth mit
Nahmen Simon unnd
Catharina sein Haußfraw / die hätten ein zweyjähriges Kind /
welches mit andern
an dem grünen Uffer deß rauschenden Bächleins nach gewonheit
spielte / ungefähr
mit den Füssen entschlieffert und in das Wasser gefallen auff
den Donnerstag in
der Pfingstwochen / und über ein Stund in dem Wasser gelegen /
ehe daß die
Eltern in Erfahrnuß kommen: So bald sie das todte Kind herauß
gebracht /
gedachten die betrübten Eltern an die Wunder-Gnaden / die bey
der Mutter Gottes
zu Gräffenthal außgetheilt werden; / fallen auff ihre Knye /
verlobten
dasselbige Kind der Mutter Jesu in das Gottshauß / die da ist
das Heyl der
Krancken / auff daß das Kind möchte wiederumb zum Leben gelangen
…“: So beginnt
das erste „Mirakel“, mit dem die Aufzählung der wundersamen
Heilungen und Rettungen
durch das Gnadenbild der „Pfeilenmadonna“ in Kloster Gräfinthal
beginnt.
Zusammengefasst sind die Ereignisse in einem Buch, das aus dem
Jahr 1671
stammt. Viel Später, erst im 20. Jahrhundert, erhielt diese
Fibel den Titel
„Bruchstückweise Nachrichten über das Gotteshaus Gräfinthal, die
Erbauung
desselben, die Wunderwercke, so von Anfang an zu Ehren der
Mutter Maria erzeugt
worden“. Wie das Kompendium ursprünglich hieß, ist nicht
überliefert und lässt
sich aus dem nur noch fragmentarisch erhaltenen Einband nicht
erschließen. Das
Kind, das in Lautzkirchen in den Bach gefallen war, über eine
Stunde im Wasser
gelegen und in dieser Zeit kein Lebenszeichen mehr von sich
gegeben hatte, fing
dem Bericht zufolge wieder an zu atmen, nachdem die Eltern das
Gräfinthaler
Gnadenbild um Hilfe angefleht hatten. Deswegen fand das Ereignis
Aufnahme in
das Verzeichnis, in dem die mysteriösen Errettungen aufgeführt
werden. Autor
dieses Mirakelbuchs war ein Mönch, der zur Ordensgemeinschaft
der Wilhelmiten
in dem Kloster gehörte, das zu diesem Zeitpunkt bereits über 400
Jahre alt war.
Von ihm ist nicht mehr als sein Name bekannt: Als
„Unterthänigst-geneigter und
ergebener Deiner“ gibt sich am Ende der Einleitung “F[rater]
Fridericus Schaal
Orden. S. Wilh.“ zu erkennen, der den Text nach eigenen Angaben
am „12. Aprilis
1671“ fertiggestellt hat.
Auf sein Vorwort folgt ein Kapitel, das die Überschrift „An den
Christlichen
Leser“ trägt. Darin werden die Zielsetzung des Buches sowie die
Methodik der
Quellenverarbeitung – mündliche Überlieferung und eine nicht
mehr greifbare,
ältere Wunderchronik - erwähnt. Dem Katalog der Gräfinthaler
Mirakel wird
ergänzend die nicht minder wundersame Gründungslegende des
Klosters
vorangestellt: Die Gräfin Elisabeth von Blieskastel soll demnach
durch die
Pfeilenmadonna von einem Augenleiden geheilt worden sein und
deswegen das
Kloster gestiftet haben. Die Landesherrin wurde im Kloster auch
bestattet, ihre
Grablege wurde durch eine steinerne Liegefigur gekennzeichnet,
die sich seit
Jahren zur Restaurierung in einer Fachwerkstatt befindet.
Nach grundsätzlichen Überlegungen zum Phänomen der durch tiefe
Religiosität und
Frömmigkeit bewirkten Wunder generell sowie zu seiner eigenen
Rolle als
Chronist lässt Schaal die Liste der Wiederbelebungen und
Heilungen folgen, die
sich auf insgesamt 86 addieren. Der Verfasser widmet sein Werk
dem seit 1652
amtierenden Trierer Erzbischof Damian Hartard von der Leyen
(1624-1678), zu
dessen Bistum Gräfinthal ebenso gehörte wie viele der Orte, an
denen sich die
Wunder abspielten. Zu dieser Zeit ließ der hohe Geistliche,
zusammen mit seinem
Bruder Karl Kaspar (1618-1676), in Blieskastel ein Schloss
errichten, das aber
nicht die Funktion einer Residenz hatte. Erhalten ist davon vor
allem die
„Orangerie“ unterhalb der Schlosskirche. Vom „Mirakelbuch“ ist
nur ein einziges
Exemplar bekannt, es befindet sich in der pfälzischen
Landesbibliothek in
Speyer. Über die Anzahl der seinerzeit gedruckten Exemplare,
also über die
Auflage, ist ebenso nichts bekannt wie die Verbreitung oder
Resonanz, die das
Druckwerk gefunden hat.
Friedrich Schaal selbst kommt auch kurz auf die Intentionen zu
sprechen, die er
mit der Chronik verbindet: Der Klosterbruder begründet die
Notwendigkeit des
Buches mit seinem „grosse[n] Eyffer für dieses Land[es] Heyl“,
das doch „durch
vielfältige schädliche Empörungen und leidige Kriegswesen“ die
Verehrung Gottes
und Mariens vernachlässigt habe“. Erzbischof von der Leyen, der
stets seine
„Hertz-brennende Andacht“ gegenüber der Mutter Gottes behalten
habe, wird von
dieser Kritik explizit ausgenommen. Dahinter verbirgt sich
natürlich nichts
anderes als die Absicht, als das Kloster Gräfinthal nach den
Verheerungen des
Dreißigjährigen Krieges und dem damit einhergehenden Verfall der
Gebäude wie
der religiösen Gebräuche wieder zu einem Zentrum der
Religiosität werden zu
lassen und seine Funktion als vielbesuchter Wallfahrtsort zu
reaktivieren. Insofern
rührt Friedrich Schaal mit dem „Mirakelbuch“ quasi kräftig die
Werbetrommel, um
dem Kloster wieder mehr Besucher zu verschaffen, die natürlich
auch Gelder in
die Klosterkasse sprudeln lassen. Tatsächlich waren bald auch
erste Erfolge in
dieser Hinsicht spürbar.
Gräfinthaler Mirakelbuch: Als 58. Exempel wird im Kapitel der
„Wunderwercke“
jenes beschrieben, das aus „Bebekam“, also Peppenkum,
aktenkundig wurde.
In dem Mirakelbuch wird der Ablauf der Wallfahrten plastisch
erläutert:
„Dieweil in einem allgemeinen Kirchgang die Jugend ihres junge
alters halbe /
wie die schöne auffgehende Morgenröth mit etwan eine anmütigen
Exempel herfür
scheinet / soll ihrer auch billich insonderheit bedacht werden“:
Vor allem
jüngere Leute waren also die Zielgruppe, die zum Pilgern nach
Gräfinthal
animiert werden sollte, und zwar vornehmlich aus den Bereichen
der Städte
Blieskastel und Saargemünd. Auch die Lokalisierung der Mirakel
spricht
eindeutig dafür, dass über das Medium der „wundertätigen
Muttergottes mit den
Pfeilen“ die Wallfahrten zum Kloster vor allem im Bereich einer
Tagesreise
angekurbelt werden sollten. Solche Pilgerfahrten waren für das
Kloster
einträglich, die Einnahmen dienten nicht zuletzt dem weiteren
Wiederaufbau und
künftigen Erweiterungen. Mit Freuden, so Schaal weiter, sei es
anzuschauen, wie
die Jugend zu gewissen Zeiten mit großen Kerzen, die jungen
Frauen mit Kränzen
„auf ihren Häuptern“ lange Wegstrecken betend oder im Chor
singend und barfuß
zurücklegen, ohne dabei etwas zu essen oder zu trinken.
Alschbach, Blickweiler, „Brevert“ (Breitfurt), Habkirchen,
Bliesbruck,
Obergailbach, Wittersheim, Mandelbach, Medelsheim, „Bebekam“
(Peppenkum) und
„Säuweiler“ (Seyweiler) sind Ortschaften, in denen sich dank des
tief
verwurzelten Glaubens und der intensiven Anbetung der
Gräfinthaler Madonna
Wunder zugetragen haben (sollen). Dabei beschränkten sich diese
Vorfälle nicht
auf das Erzbistum Trier oder katholische Orte. Selbst in
protestantischen Gegenden
stand Maria hilfreich Gewehr bei Fuß – wie beispielsweise in
Webenheim, „ein
groß Dorf nechst bey Bließ-Kastell / jenseyts der Bließ /
Zweybrücker
Herrschafft / nachmahls Anno 1525 dem Lutherthumb zugethan“.
Zwischenzeitlich
sogar dem „Calvinischen Irrtumb verfallen“, wurden dort zwei
Kinder des „catholischen
Baursmanns Hanß Deyscher“ wieder zum Leben erweckt: Sie waren in
einen Brunnen
gefallen und darin ertrunken.
Überhaupt machen Kinder, die in Brunnen oder Bäche gefallen und
ertrunken
waren, das Gros der Gräfinthaler Wunder aus. Aber auch Heilungen
von allerhand
Krankheiten wie etwa auch der Pest, die Rettung von unter
eingestürzten Häusern
verschüttete Menschen, die Erfüllung des Kinderwunsches oder die
Erweckung
totgeborener Kinder werden anschaulich geschildert. Die Berichte
von Friedrich
Schaal sind auf diese Weise auch ein Dokument aus den
schwierigen Jahren
unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg, aus denen nur wenige
Nachrichten
vorliegen. Lässt man die religiöse Aufladung der geschilderten
Vorfälle außer
Acht, so liefern die „Mirakel“ spannende Informationen zu
sozialen,
wirtschaftlichen und auch medizinischen Verhältnissen jener
Phase.