Date: 2024/04/03 09:36:26
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Date: 2024/04/03 11:00:55
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Der große Aufbruch. Globalgeschichte der frühen
Neuzeit
Autor Wolfgang Behringer,
Reihe Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung
Erschienen München 2023: C.H.
Beck Verlag
Anzahl Seiten 1.319 S., 119 Abb., 35 Karten und Grafiken
Preis € 48,00
ISBN 978-3406783449
Rezensiert für H-Soz-Kult von Wolfgang Reinhard,
Freiburg
Bereits das erste Wort des riesigen Buches ist eine Art von Zitat:
„Apologie“
heißt nämlich die umfangreiche Einleitung, die dem Leser in
flotter Sprache
„mit einigen Appetithäppchen Lust auf die globale Frühe Neuzeit
machen möchte“
(S. 66). In quasi sokratischer Manier provozierend verteidigt
Behringer darin
sein Vorhaben einer Globalgeschichte in Episoden durch einführende
ausführliche
Vorwegnahme strategischer Bestandteile des Buches, gewissermaßen
Selbstzitate
daraus, die ihrerseits mit zitierfähigen Schlagwörtern
überschrieben sind.
„Hanno der Elefant“ Papst Leos. X. spricht Portugals Anfänge in
Indien an.
„Neue Welt“ behandelt Kolumbus und die Anfänge der Conquista, die
klug und
ausgewogen quellenkritisch beurteilt werden. Mit „Khanbaliq“, der
alten
Hauptstadt des chinesischen Imperiums, kommt dann der globale
Seeweg nach
Westen mit seinem asiatischen Hintergrund seit Marco Polo und Ibn
Battuta zur
Sprache. „Neue Zeit“ bietet einen Abriss der muslimischen und
europäischen Entdeckungen
und ihrer Wahrnehmung samt Protagonisten wie Piri Reis, Anghiera,
Vespucci und
Mercator. Denn die Neuzeit habe in der Tat mit den Entdeckungen
begonnen.
Anschließend beschreibt „Columbian Exchange“ (Alfred W. Crosby)
den globalen
Austausch von Pflanzen und Tieren.1 „American Holocaust“
(Russell Thornton)
setzt sich sorgfältig und sachkundig mit der Las-Casas-These vom
angeblichen
spanischen Massenmord an den Indigenas und den neuesten
epidemiologischen
Erkenntnissen auseinander.2 „Silberfluss“ bezieht sich
auf die wenig
bekannte Tatsache, dass der erste „Rio de la Plata“ seinen Namen
schon 1536 in
Bolivien erhielt (im heutigen Sucre). Im Hintergrund steht dabei
die Ablösung
des chinesischen Papiergelds durch die neuen globalen Silber- und
Warenströme
und den zugrunde liegenden Bergbau. Als typisches Nebenprodukt
unter
angehäuften Lesefrüchten erfahren wir, dass die erforderliche
Quecksilbergewinnung für Amerika zu Entwaldung Sloweniens geführt
habe (S. 51).
„Der Planet atmet“ (Charles D. Keeling)3, was Behringer als Experte
klima- und
vulkangeschichtlich im Einzelnen darlegen kann samt einem Hinweis
auf die
Folgen der Wiederbewaldung Amerikas nach dem Massensterben der
Indigenen.
Für den globalgeschichtlichen „Zweck des Buches“ setzt Behringer
wie Fernand
Braudel auf das Konzept der „Zivilisationen“ und geht dabei
behutsam und
realistisch mit Gründen für die unbestreitbare Sonderrolle Europas
um. Er
verzichtet bewusst auf den Versuch einer systematischen
Bewältigung des
gigantischen Stoffes und will stattdessen eine Auswahl
detaillierter
Mikrogeschichten mit Schwerpunkt auf außereuropäischen
Zivilisationskontakten
vorlegen. Als Ansatz sollen 1. Ereignisse von globaler Bedeutung,
2. globale
Orte, 3. globale Lebensläufe, 4. globale Strukturen, auch wenn sie
nicht
explizit thematisiert werden, 5. globale Themen wie Rassismus und
Sklaverei
dienen (S. 65). Der „Aufbau des Buches“ folgt allerdings grob
einer
traditionellen Geschichte der europäischen Frühneuzeit mit
Vorgeschichte,
Aufbruch im 16. Jahrhundert, „Krise des 17. Jahrhunderts“ im Sinne
von Geoffrey
Parker4, Fortschritt im 18.
Jahrhundert und
Ausblick ins 19. Jahrhundert. Der „Epilog“ fasst noch einmal zehn
Perspektiven
zusammen: Weltreisen, kulturelle Renegaten, Massaker,
Ethnozentrismus,
Hybridisierung, Weltwirtschaft, Weltbevölkerung, Kolonialismus,
„Tiefenströmungen“ mit Wiederaufstieg der alten Zivilisationen,
„Weltkulturerbe“.
Abschließend gilt „Der Name der Rose“ dem Problem der Vielfalt
konkurrierender
Gruppen-, Orts- und Personennamen. Gegen Ecos Nominalismus will
Behringer
allerdings auf der Sachhaltigkeit von Namen bestehen. „Namen sind
nicht Schall
und Rauch. Sie haben eine Geschichte und sind Gegenstand von
Konflikten.“ (S.
69) Er entscheidet sich pragmatisch für ihren jeweiligen
Gebrauchswert, aber
mit der nötigen Rücksicht auf Empfindlichkeiten. Für die
Reflexionen des
Rezensenten, dessen eigene Arbeiten er ansonsten ignoriert, über
die
„unausweichliche eurozentristische Befangenheit“ (S. 70) jeder
heutigen
Historiographie und Begriffsbildung auch und gerade im Zeichen des
postkolonialen Denkens hat er freilich nur Verachtung übrig.5 Schließlich hätten auch
andere
Zivilisationen ihre Vorurteile gehabt. Ungescheut trägt er
daraufhin bereits in
der Einleitung mit großer Detailverliebtheit bis hin zu
Kuriositäten wie dem
Straußenei Leonardo da Vincis (S. 30) den Reichtum an globalem
Wissen zusammen,
den er gesammelt hat. Neben ausgiebigen Textzitaten gehört auch
eifriges
Namedropping dazu. Unermüdlich sammelt und erklärt er außerdem
alle
erdenklichen Originalnamen von Sachen, Gruppen und Personen mit
ihren deutschen
Übersetzungen und den Lebensdaten.
Der ausgearbeitete Text folgt diesem Entwurf. Seine Kapitel
bestehen ebenfalls
aus hunderten von Episoden mit durchschnittlich sechs Seiten und
flotten
Schlagwörtern als Überschriften. Bereits eine Übersicht würde den
Umfang einer
Rezension sprengen. Manche Episoden folgen zwar aufeinander oder
hängen
wenigstens irgendwie zusammen. Häufiger ist freilich ein Sprung
mit
Themenwechsel. Zusammen mit dem eingängigen Stil macht dieser
Episodencharakter
aber die Lektüre des dicken Buches dennoch zum Vergnügen.
Eingängig heißt auch,
dass es sich immer um erzählte Ereignis- und Personengeschichte
handelt. Im
Bedarfsfall werden Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte aber
kenntnisreich eingeblendet und gelegentlich auch einschlägige
Theorien
erörtert, etwa Wallerstein und Franck (S. 515). Die Bebilderung
ist
eindrucksvoll, nimmt aber mit Kapitel 4 deutlich ab. Freilich
könnte die Liebe
zum aktuellen Detail manchen Lesenden zu weit gehen. Wir erfahren
nicht nur,
dass es heute noch Nachkommen des Aztekenherrschers Moctezuma
gibt, sondern
lesen darüber hinaus „seit 2014 ist Juan José Narcilla de
Teruel-Moctezuma y
Valcarol, der 6. Herzog von Moctezuma y Toltengo (geb. 1958),
Oberhaupt dieser
Linie des spanischen Hochadels“ (S. 274). Auf der anderen Seite
ist es aber ein
Vorzug des Buches, dass regelmäßig unbekannte und nach den
üblichen
historischen Maßstäben unwichtige nicht-europäische Heldinnen und
Helden eigene
Episoden bekommen. Die vorgenommenen Neubewertungen vermögen
ebenfalls zu
überzeugen. Nur dass James Cook allzu verkürzt behandelt und
abgewertet wird
(S. 759–61, S. 904, S. 929, S. 950), will dem Rezensenten nicht
einleuchten.
Inhaltlich versuchen die Episoden die außereuropäische Welt
möglichst
weitgehend zu berücksichtigen. Die europäische Frühneuzeit
hingegen kommt eher
selten zur Geltung, wenn Europa indirekt beteiligt war oder es
sich um seine
Alleinstellungsmerkmale handelt wie den Parlamentarismus (S.
145–51) und die
neue europäische Wissenskultur. Aus diesem Grund nimmt der
europäische Anteil im
18./19. Jahrhundert zu.
Dem Rezensenten sind zwar allerhand Ungereimtheiten aufgefallen:
„Oceanus
Indicus Superioris“ (S. 23) müsste heißen „Indiae Superioris
Oceanus“;
Francesco Barberini war der Neffe, nicht der Bruder des Papstes
(S. 472) und
die Borja-Krise (S. 474) hatte nichts mit Galilei zu tun;
Buckingham wird mit
Strafford verwechselt (S. 548); auf S. 663 können Lebensdaten
nicht stimmen;
Friedrich Wilhelm I. war König, nicht nur Kurfürst (S. 726); der
Regent war der
Neffe, nicht der Bruder Ludwigs XIV. (S. 738); den „Vulkan Nyey“,
der auch im
Register fehlt, gibt es nicht, denn es ist einfach der neue (nye)
Vulkan (S.
830); auf S. 896 muss es „George IV.“ heißen. Das mag angesichts
von Behringers
Detailverliebtheit ärgerlich sein, spielt aber aufs Ganze gesehen
keine Rolle.
Denn die Nachprüfung von anderen auffallenden Behauptungen seines
Buches hat
fast immer mit der Bestätigung seiner Aussagen geendet.
Dazu wurde allerdings weitgehend das Internet herangezogen, was
bemerkenswerte,
zum Teil fast wörtliche Übereinstimmung mit Behringers Text ergab.
Offensichtlich beruht der Reichtum des Werkes weitgehend auf
seinen
jahrzehntelangen Recherchen im Netz (S. 1005 f.), die freilich nur
ausnahmsweise belegt werden. Auch der an und für sich sehr
eindrucksvolle
gelehrte Apparat des Buches führt nicht für alle Endnoten zu
passgenauen
Nachweisen, zum Beispiel im Falle des von Japanern für Hasekura
Tsunegagas
Mexikoreise nachgebauten Schiffes (S. 486 und S. 1102). Woher
stammen dann aber
jeweils die Ausführungen im Text?
Es könnte freilich sein, dass wir mit dieser Globalgeschichte eine
neue Art
digital gestützter Historiographie vor uns haben, die überhaupt
nur mit
großzügigen formalen Vorgaben möglich ist. Auch konzeptionell geht
sie
großzügig neue Wege, indem sie die Authentizitätsfiktion der
Quellen ohne
Bedenken übernimmt, obwohl diese uns oft nur westlich gefiltert
vorliegt, etwa
die Aktivitäten der kongolesischen Prophetin Kampa Vita in Texten
italienischer
Kapuziner (S. 618–22). Behringer dürfte auch hier den puristischen
Bedenken des
Rezensenten zum Trotz erfolgreich einen neuen Weg gewählt oder
wenigstens
erprobt haben. Bleibt angesichts seiner detailverliebten
Mikroperspektive
allerdings immer noch die Frage offen, ob wir das alles wirklich
wissen müssen.
Wir müssen zwar nicht, aber es bereitet uns Vergnügen!
Anmerkungen:
1 Alfred W. Crosby, The
Columbian Exchange.
Biological and Cultural Consequences of 1492, New York 1972, Ndr.
London 2003.
2 Russell Thornton, American
Indian Holocaust
and Survival. A Population History since 1492, Norman / OK 1987.
3 Charles D. Keeling, The
Concentration and
Isotopic Abundances of Carbon Dioxide in the Atmosphere, in:
Tellus 12 (1960),
S. 200–203.
4 Geoffrey Parker, Global
Crisis. War, Climate
Change and Catastrophe in the Seventeenth Century, Yale 2013.
5 Wolfgang Reinhard,
Einleitung: Weltreiche,
Weltmeere – und der Rest der Welt, in: Wolfgang Reinhard (Hrsg.),
1350-1750
Weltreiche und Weltmeere (Geschichte der Welt 3), München 2014, S.
9–52;
Wolfgang Reinhard, Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der
europäischen
Expansion 1415-2015, 6. Aufl., München 2023 (1. Aufl. 2016).
Zitation
Wolfgang Reinhard, Rezension zu: Behringer, Wolfgang: Der große
Aufbruch.
Globalgeschichte der frühen Neuzeit. München 2023 , ISBN
978-3406783449, In:
H-Soz-Kult, 03.04.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-140592>.
Date: 2024/04/09 13:30:03
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„Foltern, Prangern, Henken, Pest“
Strafen und Kuriositäten des Mittelalters und der Neuzeit
Referenten:
Donnerstag, den 11. April 2024, 19.30 Uhr, im Großen Sitzungssaal im Rathaus der Gemeinde Tholey, Im Kloster 1, 66636 Tholey.
Nachdem die Sonderausstellung "Foltern, Prangern, Henken, Pest" im Museum Theulegium auf unerwartet großes Interesse gestoßen ist, hat der Historische Verein zur Erforschung des Schaumberger Landes Tholey entschieden, die Ausstellung bis zum 23. 08. 2024 zu verlängern.
Aus diesem Anlass möchte der Verein in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Tholey das Thema zusätzlich an einem Vortragsabend im großen Sitzungssaal der Gemeinde Tholey erläutern.
Der Eintritt ist frei.
Date: 2024/04/13 08:17:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Organisatoren
Projekt „Recht ohne Recht“, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und
Neuere
Rechtsgeschichte, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)
Veranstaltungsort Senatssaal Europa-Universität Viadrina,
Logensaal, Logenstr.
11
Frankfurt an der Oder
Fand statt in Präsenz
Vom - Bis 16.11.2023 - 17.11.2023
Von Lydia Bucher, Arbeitsbereich Neueste
Geschichte /
Zeitgeschichte, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ob Ölgemälde oder Kuchengabel – zwangsverkaufte und enteignete
Erbstücke
zurückzubekommen bedeutet für die Nachfahren nationalsozialistisch
Verfolgter
einen wichtigen Schritt in der Verarbeitung ihrer
Familiengeschichte. Aber
Restitution hat auch eine gesellschaftliche Bedeutung, denn
Rückgaben sind
politisch. Gegenwärtig gibt es in Deutschland für Rückgaben keine
gesetzliche
Grundlage. 25 Jahre nachdem sich Deutschland und weitere 44
Staaten in Washington
gemeinsam darauf einigten, für NS-verfolgungsbedingt entzogene
Kulturgüter
„gerechte und faire“ Lösungen zu finden, stellt sich die Frage: Wo
stehen wir
heute in der langen Geschichte der Restitution? Wie gehen wir
juristisch mit
Gewalt- und Entzugskontexten wie dem Holocaust, aber auch dem
Kolonialismus um?
Und wie funktioniert eigentlich eine Rechtspraxis ohne Gesetze?
In der unmittelbaren Nachkriegszeit pochten die alliierten
Besatzungsmächte auf
die Rückführung der Vermögenswerte, die während des
Nationalsozialismus
hunderttausendfach entzogen wurden. Die Rückgaben erfolgten
widerwillig und
galten Ende der 1960er-Jahre als abgeschlossen, doch mit Ende des
Ost-West-Konflikts stellten sich erneut Fragen zum Umgang mit
NS-enteignetem
Kulturgut, erstmals in einer breiteren Öffentlichkeit und auf
internationaler
Ebene. Recht reichte nicht mehr aus, um historischer
Ungerechtigkeit zu
begegnen. Die Vereinbarungen der Washington Principles von 1998
wurden in
Deutschland in einer rechtlich nicht bindenden und institutionell
nicht
verankerten „Handreichung“ umgesetzt, die stark an die alliierten
Gesetzgebungen der Nachkriegszeit angelehnt ist. Diese Gemengelage
erzeugt in
heutigen Debatten um Restitution, historische Gerechtigkeit und
Rechtspraktiken
viele Fragezeichen.
Die Konferenz brachte Expert:innen aus verschiedenen Bereichen an
einen Tisch,
um vergleichend über historische und aktuelle
Restitutionspraktiken im Hinblick
auf nationalsozialistisch entzogene Kulturgüter zu diskutieren:
Welche Ideen
und Konzepte beeinflussen heutige Restitutionspraktiken in
Deutschland und
anderswo? Woher kommen sie? Worin liegen die Defizite und wie
wären diese
aufzuheben? Die Keynote eröffnete bereits das Panorama, welches
auch die
Roundtable-Diskussionen am folgenden Tag aufgriffen: die
zahlreichen
Verbindungslinien und Brüche zwischen Restitutionsbewegungen und
Rechtspraktiken nach 1945 und heutigen sozialen Initiativen sowie
Rechtsfragen
in Restitutionsverhandlungen.
Die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust führte zu
einem neuen
Verständnis von Reparation und Restitution in Deutschland. Wo sie
im Kontext
des Ersten Weltkriegs vor allem als kollektive Schuldbegleichung
genutzt
wurden, entstand in der BRD ein juristisches Regime, das auf
individuelle
„Wiedergutmachung“ abzielte. „Wiedergutmachung“ wurde zunehmend
auf bloße
ökonomische Transaktionen von Privateigentum ohne größere
politische Bedeutung
reduziert. Dieses funktionale Verständnis von Restitution nennt
CONSTANTIN
GOSCHLER (Bochum) „liberal reparations“.
Das Rechtssystem war in diesen Vorgängen zentral, die Erfahrung
des Holocaust
allerdings ein vollkommen neuer Faktor. Wie dieses Verbrechen in
die
Rechtsprechung eingespeist wurde, zeigen zeitgenössische
Urteilsbegründungen.
MAGDALENA GEBHART (Frankfurt am Main) arbeitete in ihrer
Auseinandersetzung mit
dem Bundesentschädigungsgesetz heraus, dass deutsche Gerichte in
Fragen
NS-konfiszierten Eigentums gezielt die Privatrechtsdoktrin
anwendeten und somit
bestimmte Bilder der unmittelbaren Vergangenheit erzeugten: Denn
die deutsche
Jurisprudenz beruht auf individueller Haftbarkeit, setzt also eine
Person
voraus, die eine weitere Person oder deren Eigentum beschädigt. In
diesem
Verständnis müsse auch die Verantwortung für den Holocaust
individuell
zuweisbar sein. In den wenigsten Fällen konnte jedoch ein
unmittelbarer Täter
nachgewiesen werden. Die Lösung: Gerichte nahmen einzelne Personen
aus der
NS-Elite als Täter in den Blick, wie Gebhardts Analyse zeigte.
Kollektive
Verantwortung? Fehlanzeige.
Das Bundesentschädigungsgesetz ist eines von mehreren
Spezialgesetzen, die die
Kompensation von Holocaust-Überlebenden in der Nachkriegszeit
regeln sollte.
MAŁGORZATA QUINKENSTEIN (Berlin) kontextualisierte das Luxemburger
Abkommen als
einen zentralen Schritt in der Vereinheitlichung der bereits
existierenden
Entschädigungsgesetze auf Länder- bzw. Zonenebene zu einem
Bundesgesetz. Das
Abkommen entstammt den Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik
mit dem Staat
Israel und der New Yorker Claims Conference1, die mehrere
US-amerikanische jüdische
Organisationen 1951 gründeten, um Entschädigungsansprüche zu
vertreten. Ein
Nebenergebnis dieser Verhandlungen war die Schaffung eines
rechtlichen Rahmens
für die individuelle Kompensation von Holocaust-Überlebenden.
Für BIANCA GAUDENZI (Cambridge/Konstanz) sind Restitutionen in der
frühen
Nachkriegszeit Akte der Verdrängung, eine Art Katharsis für die
faschistischen
Staaten Deutschland, Italien und Österreich. In Italien und
Österreich
inszenierten bis Ende der 1950er-Jahre Restitutionen einen
erinnerungskulturellen Neustart: Die eigene Täter:innenschaft
wurde bestritten
und die systematische Enteignung jüdischer Bürger:innen verdrängt.
Mehr noch:
Österreich und Italien kultivierten in der frühen Nachkriegszeit
einen
Opfermythos, mithilfe dessen sie sich in der ersten
Restitutionsphase gar als
Profiteure platzieren konnten. Gaudenzi sprach für Italien gar von
einem
umfassenden whitewashing, eine gesellschaftliche und politische
Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
unterblieb bis
Ende der 1960er-Jahre. Alle drei Länder setzten stattdessen auf
finanzielle
Transaktionen ohne politische und kulturelle Bedeutung, also auf
das Regime der
„liberal reparations".
Mit Ende des Ost-West-Konflikts erreichte laut CONSTANTIN GOSCHLER
(Bochum) das
liberale Restitutionsregime seinen Höhepunkt in einem
„transititonal-justice“-Paradigma.
Recht sollte illiberale Gesellschaften in liberale wandeln. Dazu
setzten die
USA mit Blick auf Osteuropa Holocaustreparationen erstmals auf die
internationale Agenda, um offene Enteignungsfälle „endgültig
abzuhaken“. Dies
kulminierte in den losen Vereinbarungen der Washington Principles
von 1998. Das
Diktum der „fairen und gerechten Lösungen“ vermied bewusst den
bürokratisch-verrechtlichten Ansatz, der seit der frühen
Nachkriegszeit
dominierte und erheblicher Kritik ausgesetzt war. Dieses Diktum
inspirierte in
Europa und Nordamerika verschiedene Formen von Gremien,
Kommissionen, Policies
und Begriffsauslegungen, und erzeugte unweigerlich neue
Komplexitäten und
Bürokratie, so waren sich die Konferenzteilnehmer:innen einig. Sie
problematisierten
zudem die neoliberalen Grundannahmen der Washington Principles,
die auf
marktbasierte Regulation setzten: Vorherige Besitzer:innen sollten
unmittelbar
mit derzeitigen Besitzer:innen verhandeln, um einen wie auch immer
imaginierten
Status quo ante herzustellen. Bianca Gaudenzi bezeichnet diese
Phase aus
transnationaler Perspektive auch als die der „(partial)
awakenings“.
BENJAMIN LAHUSEN (Frankfurt (Oder)) beschäftigte sich mit den
Positionen der
deutschen Delegation in den Washingtoner Verhandlungen. Zwei
Punkte motivierten
die Bundesregierung, an den Verhandlungen teilzunehmen. Bei
„Assets“ im
offiziellen Titel „Washington Conference on Holocaust-Era Assets“
dachten die
Deutschen nicht an Kunst und Kulturgüter; die „Wiedergutmachung“
sei in dieser
Hinsicht abgeschlossen. Vielmehr sollte die deutsche Wirtschaft
angesichts der
Versicherungsaffäre vor einem US-Boykott bewahrt werden. Eine
zweite Motivation
zur Teilnahme lag darin, eine Wiederaufnahme der Diskussion um
„Wiedergutmachung“ zu verhindern. Es verwundert deshalb nicht,
dass in
Deutschland infolge der Washington Principles eine „Handreichung“
mit nicht
verpflichtenden, nicht institutionalisierten Empfehlungen
entstand:
„Wiedergutmachung“ sei abgeschlossen und allenfalls in
freiwilligen Abmachungen
zu vervollständigen. Aus deutscher Perspektive enthielt
„Holocaust-Era“ im
Titel der Konferenz, so Lahusen, kein spezifisches Verständnis vom
historischen
Unrecht des Holocaust.
Die zahlreichen Hürden im heutigen deutschen Restitutionssystem
schilderte ATINA
GROSSMANN (New York) anhand ihrer eigenen Familiengeschichte. Sie
zeigte, wie
die komplexen Vorgänge in den Geschichten von Gegenständen die
deutsche
Restitutionspraxis überforderten. Konkret illustrierte sie den
verworrenen Weg
eines Gemäldes von Lovis Corinth, welches sich einst im Besitz
ihres jüdischen
Großvaters befand. Vor die Wahl gestellt, eine Restitution dieses
Gemäldes
sowie weiterer Kulturgüter und Immobilien anzustreben, entschied
sich
Grossmann, selbst Tochter eines Wiedergutmachungsanwalts, dagegen.
Sie sah sich
nicht in der Lage, den finanziellen, zeitlichen und mentalen
Aufwand
aufzubringen, den ein solcher Prozess mit sich bringe. Stattdessen
nutze
Grossmann Fälle wie den ihren, um die Geschichte jüdischer
Lebenswelten und
Schicksale zu erzählen. Die Historikerin hat ihre
Familiengeschichte bereits in
mehreren Büchern verarbeitet.
Diesen Ansatz teilt Grossmann mit LAURIE STEIN (Chicago). In
Museum und
Wissenschaft längst verankert, fungiere die Provenienzforschung
seit den
Washington Principles als kritisches Instrument der Erforschung
des Holocaust.
Sie könne zwei Geschichten schreiben: die der von im NS-Kontext
entzogenen
Kulturgüter in ihrer Gesamtheit und gleichzeitig die der Personen,
die diese
einst besaßen. Als Basis dieser Erforschung dient jegliche Art der
Dokumentation. Diese Quellen sind meist vor und nach der NS-Zeit
besonders
ergiebig. Heute sei die Provenienzforschung eine eigene Disziplin,
die sich, so
das geäußerte Desiderat, noch mehr um globale Ansätze bemühen
müsse. Die Entwicklung
der letzten Jahre zeige, dass immer mehr private
Provenienzforschungsunternehmen ihren Betrieb aufnahmen, sodass zu
befürchten
stehe, dass wichtige Diskussionen nicht mehr öffentlich
ausgetragen würden.
Ein Angebot zum Vergleich des deutschen Falls eröffnete TABITHA
OOST
(Amsterdam) in ihrer Betrachtung der niederländischen
Restitutionspraxis seit
den Washington Principles: Ursprünglich übersetzte sich der
Paradigmenwechsel
der Washington Principles in den Niederlanden in ein flexibles
Restitutionskomitee
ohne prozedurale Vorschriften und außerrechtliche Policy-Regeln.
Doch diese
Flexibilität zugunsten der Klagenden mutierte zu einem Vehikel für
unregulierte
Ad-Hoc-Veränderungen. Die flexiblen Regeln wurden mit der Zeit
derart
verändert, dass noch mehr Vulnerabilitäten und Vertrauensfragen
entstanden. Im
Ergebnis stand 2016 der Beschluss der Regierung, wieder zu einem
einheitlichen
Bewertungsrahmen zurückzukehren. Doch die Umsetzungsversuche waren
schwach und
erhielten Kritik, so Oost. Seit April 2021 gelte ein Establishing
Decree mit
einem breiteren Verständnis von Restitution, aber die Probleme der
Kluft
zwischen Legalismus und Flexibilität seien längst nicht aus dem
Weg geschafft.
Der liberale, außerrechtliche Ansatz der Washington Principles
wird in neuester
Zeit auch von postkolonialen Restitutionsbewegungen infragestellt.
Für sie
stellen Rückgaben auf profunde gesellschaftliche Veränderungen ab:
Restitution
als Element einer politischen Utopie. Dieses alternative
Verständnis von
Restitution hat die postkoloniale Bewegung mit den frühen
jüdischen
Restitutionsbewegungen gemein, wie LEORA BILSKY (Tel Aviv)
herausarbeitete.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit bemühte sich ein
transnationales Netzwerk
jüdischer Organisationen (wie Jewish Cultural Reconstruction) und
Intellektueller, darunter Hannah Arendt und Gershom Sholem, um die
Rückgabe
konfiszierter Bücher. Sie verstanden die Shoah nicht nur als den
Versuch der
physischen Auslöschung von Juden und Jüdinnen, sondern gebunden an
das Ziel des
kulturellen Genozids. Entsprechend war für sie die materielle
Restitution ein
erster Schritt hin zu kulturellem Wiederaufbau. Weil der Zugang zu
offiziellen
Archiven in der Regel nicht möglich war, versandte das Netzwerk in
einer bottom-up-Initiative
Fragebögen an Hunderte Überlebende der Shoah, um mit vorläufigen
Übersichten
geraubter Kulturgüter zukünftige Restitutionen vorzubereiten.
Wie die frühe jüdische Restitutionsbewegung seien postkoloniale
Restitutionsbewegungen ebenfalls gruppenbasierte
bottom-up-Bewegungen mit einem
kollektiv-holistischen Bewusstsein. Im Fall des
deutsch-kenianischen Projekts
International Inventories Program erfolge auch eine transnationale
Mobilisierung rund um eine Liste. Beide Gruppen seien dadurch von
passiven
Opfern zu Akteuren des Wandels, Expert:innen ihrer eigenen
Geschichte und
Autoritäten in der Gestaltung ihrer Zukunft geworden. Sie zeigten,
dass
Restitution mehr als eine materielle Transaktion sei – sie sei ein
Weg zur
kulturellen Wiederherstellung, der Erinnerung, Identität und
Zukunftsgewandtheit. Beide Bewegungen entwarfen somit alternative
Kontrapunkte
zum Privateigentum-Nexus der Washington Principles.
Der unvorhergesehene rote Faden zog sich in der Gestalt von Listen
und
Inventaren durch die Konferenz: Listen der massenhaft
konfiszierten Kulturgüter
und Alltagsgegenstände finden sich in Archiven der Täterseite.
Gleichzeitig
erstellten Verfolgte in Vorbereitung auf die Emigration Listen für
die
sogenannten „Lifts“, also die NS-verfolgungsbedingt notwendige
Verbringung von
Eigentum per Frachtcontainer ins Ausland, das in vielen Fällen
noch in den
europäischen Häfen beschlagnahmt und enteignet wurde. Auch an den
verschiedenen
Stationen der Emigration wurden Habseligkeiten in Inventarlisten
zum Transport
vorbereitet. Es sind Listen der Straßenauktionen erhalten, in
denen enteignete
Objekte verkauft wurden. Nach Ende des Krieges und der Shoah
erstellten
Überlebende in Selbstinitiative Listen, um das Ausmaß der
systematischen
kulturellen Enteignung und Vernichtung zu dokumentieren. Alle
diese und andere
Listen dienen bis heute als essenzielle Quellen zur Rekonstruktion
von
Eigentums- und Vernichtungsgeschichten und im juristischen Kontext
als
Grundlage für Restitutionsforderungen. Sie lassen in vielen Fällen
Rückschlüsse
auf die Opfer zu, aber in Teilen auch auf die Profiteure des
Nationalsozialismus.2 Sie böten daher die
Chance, die
Geschichten jüdischen Lebens zu erzählen, dessen Vernichtung sie
so anschaulich
dokumentierten.
Obwohl die Washington Principles außerrechtliche Lösungen in
Restitutionsfällen
zur Konsequenz hatten, zeigte sich in den vergangenen 25 Jahren,
dass das
Rechtssystem in Deutschland nach wie vor eine entscheidende Rolle
im Umgang mit
enteigneten Vermögenswerten spielt. Immer wieder stellte sich auf
der Konferenz
daher die Frage, ob und wie der nach wie vor verrechtlichte und
bürokratische Apparat
umgestaltet werden könne, um Restitutionsforderungen zu
vereinfachen. Neben
Anlaufstellen und Gremien wie sie in Deutschland in Form des
Deutschen Zentrums
Kulturgutverluste, der Lost-Art-Datenbank des Help Desks oder der
Beratenden
Kommission3 bestehen, wurden
Pro-bono-Anwälte und
Mediationsstellen vorgeschlagen. Weil die „großen Kunstwerke“
längst ausfindig
gemacht seien und heutige Restitutionsfälle sich vor allem um
Erbstücke und
Alltagsgegenstände drehen, sind viele schnelle und erfolgreich
verlaufende
Restitutionen abseits der Gerichtssäle bereits Alltagsgeschäft.
Eine größere
Zahl außerrechtlicher Instanzen könne daher die Verantwortung von
der rein
juristischen Sphäre auf mehrere Kompetenzstellen verteilen. Dafür
müssten diese
außerrechtlichen Instanzen jedoch zunächst mehr Autorität und
Kompetenzen
erhalten.
Die zweitägige Konferenz erzeugte zahlreiche programmatische
Plädoyers.
Gefordert wurden vergleichende, transnationale, interdisziplinäre
und
begriffskritische Studien zu historischen Entzugskontexten sowie
zu
Restitutionspraktiken. Diesen Ansprüchen wurde das Panel selbst
bereits gerecht,
indem Expert:innen verschiedener fachlicher Hintergründe aus
unterschiedlichen
Blickwinkeln in produktiver Weise auf die Geschichte von und den
Umgang mit
NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern blickte. Nur in
geringem Umfang
konnten die Perspektiven auf Osteuropa sowie auf andere
Opfergruppen der
nationalsozialistischen Kulturgutentzugspolitik besprochen werden.
Hierfür wäre
ein erneutes Zusammenkommen eine willkommene Gelegenheit.
Konferenzübersicht:
Keynote
Leora Bilsky (Tel Aviv): The Question of Restitution: From Post
Holocaust to
Post Colonial Struggles
Roundtable-Diskussion 1: Before and After the Washington
Principles:
Restitution, Provenance Research and the Roles of Institutions and
Individuals
Constantin Goschler (Bochum): Restitution in the Global History of
the 20th
Century
Bianca Gaudenzi (Cambridge/Konstanz): Restitution of Looted Art in
a
Transnational Perspective
Atina Grossmann (New York): The Survivors’ Struggle for
Restitution and
Recognition
Małgorzata Quinkenstein (Berlin): The Work of the Jewish Claims
Conference and
the Restitution of Art
Moderation: Benno Nietzel (Frankfurt (Oder)/Bielefeld)
Roundtable-Diskussion 2: Legal and Societal Issues in Historical
Wiedergutmachung and Current Restitution
Laurie Stein (Chicago): The History and Changing Role of
Provenance Research
Benjamin Lahusen (Frankfurt (Oder)): Conflicting Legal Traditions
in the
Restitution of Art
Magdalena Gebhart (Frankfurt am Main): Wiedergutmachung between
the Expectation
of Recognition and the Dogmatics of the Existing Legal Order
Tabitha Oost (Amsterdam): Restitution of Artworks in the
Netherlands and in
Germany
Moderation: Philipp Dinkelaker (Frankfurt (Oder))
Emily Löffler (Leipzig): The Role of Historical Wiedergutmachung
in Current
Provenance Research and Restitution – krankheitsbedingt
ausgefallen
Anmerkungen:
1 Vollständig: „Conference on
Jewish Material
Claims Against Germany“.
2 In Straßenauktionslisten sind
etwa die Namen
der Käufer:innen überliefert.
3 Vollständig: „Beratende
Kommission im
Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen
Kulturguts,
insbesondere aus jüdischem Besitz“.
Zitation
Lydia Bucher, Tagungsbericht: Recht ohne Recht – Law without Law.
Conference on
the Restitution of Nazi-confiscated Art, In: H-Soz-Kult,
12.04.2024, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-143279>.
Date: 2024/04/14 12:13:07
From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Tag. Es geht um folgende Person: Kessler, auch Keßler, Maria, gen. Marie; geb. 19. April 1889 in Hüttigweiler; gest. 30. oder 31. Oktober 1968 in Frankenholz; Tochter von Kessler, Peter und Schreiner, Margarethe (-a). Als Begräbnisdatum liegt mir der 2. Oktober 1968 vor - was nicht sein kann. Ich frage also nach dem korrekten Todes- und Begräbnisdatum und, soweit vorhanden und bekannt, nach eventuellen Eheschließungen und Kindern. Vielen Dank, Jörg Weinkauf -- Diese E-Mail wurde von Avast-Antivirussoftware auf Viren geprüft. www.avast.com
Date: 2024/04/16 08:55:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Wie
so
viele Städte und. Dörfer in unserer Saarheimat bot auch St.
Wendel nach
Kriegsende ein Bild trostloser Zerstörung, waren doch 955
Gebäude leicht, 96
mittelschwer, 55 schwer und 88 total beschädigt. Weiter waren
durch die
Kriegsereignisse bedeutende Schäden an Straßen, Brücken und
Kanälen entstanden.
Zwar gab sich die Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit der
Militärbehörde
gleich nach Kriegsende alle Mühe, die gröbsten Mängel zu
beseitigen, jedoch der
damalige Mangel an Material aller Art ließ nur eine sehr
beschränkte Wiederaufbauarbeit
zu. Erst nach der Währungsreform und besonders in dem hinter uns
liegenden Jahr
begann überall dort, wo der Krieg oder die durch ihn bedingte
Vernachlässigung
in der Unterhaltung Spuren hinterlassen hatten, ein emsiges
Werken.
Im Stadtbezirk waren insgesamt 16 000 Kubikmeter Trümmermassen
aus Gebäuden und
Straßen zu beseitigen. Davon wurden 12 000 Kubikmeter durch die
internierten
-des Theleyer Lagers sowie durch Privat - Fuhrunternehmer und in
eigener Regie
entfernt. Die restlichen 4000 Kubikmeter wurden während der
restlichen Wochen
von der Firma Hoppstätter, Neunkirchen, abgefahren. Die
Fahrbahnen der
Hauptverkehrs – und Durchgangsstraßen, die sich ebenso wie
Nebenstraßen in
äußerst schlechtem Zustand befanden, wurden soweit
instandgesetzt, dass sie
verkehrssicher sind. Die Wendalinusstraße erhielt eine neue
Teerdecke. In der
Schlachthofstraße wurde ebenfalls die Teerdecke erneuert und die
Schlaglöcher
beseitigt. Weiter wurden ausgebessert: die Schorlemerstraße,
Wassersack,
Josefstraße, Linxweilerstraße, Missionshaus –, Ostertal – und
Parkstraße. Die Alsfassener
Straße wurde bis zum Kreuz mit einer neuen Teerdecke versehen.
Die St.
Annenstraße konnte in einer Länge von 700 Metern noch nicht
ausgebessert
werden, jedoch soll sie in
diesem Jahr
eine Kleinpflasterdecke erhalten. Ausgebessert wurden ferner;
Mühlwiesgäßchen,
Schulstraße, Bungert-, Brühl-. Bahnhof-, Tholeyer- und.
Kelsweilerstraße,
Gudesberg und Lanzenberg. Der Kapellenweg wurde durch die Firma
Blum ausgebaut.
Außerdem wurden in verschiedenen Straßen kleinere
Instandsetzungsarbeiten
durchgeführt.
Die Straßenbrücke über die Blies in der Brühlstraße wurde durch
die Firma
Rektenwald (Marpingen) In Eisenbeton wieder aufgebaut. An der
Bliesbrücke
Felsenmühle wurde eine Holzkonstruktion zur Sicherung eingebaut.
Die Holzbrücke
im Park mußte wegen Einsturzgefahr vollständig beseitigt werden.
An der Wurzelbacher
Ziegelhütte ist die Brücke im Zuge des Feldweges, die durch
Militärfahrzeuge
beschädigt worden war, mit in der Nähe geschlagenem Holz neu
aufgebaut worden.
Die Bachläufe Blies, Todtbach und Bosenbach waren stark
verunreinigt. Die
Räumung von Anschwemmungen und Trümmern mußte zweimal
durchgeführt werden, um
dem Wasser die nötige Vorflut zu verschaffen.
Als Aufgabe für dieses Jahr bleibt die durchgreifende
Renovierung der
restlichen Orts- und Wohnstraßen. Ebenso müssen die Bürgersteige
neu hergerichtet
werden. Die städtischen Kanäle sind trotz dauernder Unterhaltung
und
Verbesserung noch nicht auf ihrem früheren Stand. Die Kläranlage
selbst ist
total versandet und muß unter Aufwendung erheblicher Mittel
wieder in
betriebsfähigen Zustand versetzt werden. Ferner müssen mehrere
Wohnstraßen,
welche bereits bebaut sind, an die städtische Kanalisation
angeschlossen
werden.
Zur besseren Orientierung und zur Steuerung des Verkehrs auf den
Straßen wurden
die Wegweiser, Hinweiszeichen sowie die Verbots- und
Gebotszeichen erneuert.
Im vergangenen Jahr wurden insbesondere in den meisten
städtischen Dienst- und
Wohngebäuden Instandsetzungen und Überholung vorgenommen, was
vorher wegen
Materialknappheit nicht möglich war. An größeren
Instandsetzungen waren zu
nennen:
ein Deckung der Dächer der städtischen Gebäude am Hollerstock,
Verglasung
sämtlicher Fenster; das Gebäude Sankt Annenstraße 62 wurde
hergestellt und von
3 Familien bezogen; die beiden Gebäude in der Fausenmühle
erhielten eine neue
Dachdeckung und wurden durch Schreiner- und Maurerarbeiten
instandgesetzt; im
Gebäude Mommstraße 45 wurden 3 Wohnungen fertiggestellt; das
ehemalige
Amtsgerichtsgebäude in der Carl-Cetto-Straße konnte im Rohbau
fertiggestellt
werden. Im Alten Rathaus wurden nach Auszug der
Polizeidienststelle
Instandsetzungen für die Aufnahme des Kulturheimes, der Bücherei
und des
Archives durchgeführt. Am Schlachthof oder entlang der Anlagen
ein Parkplatz
und eine Zufahrt zum Stallgebäude geschaffen. Auf dem
Holzgelände wurde eine
Stallbaracke errichtet und daneben eine Bürobaracke aufgestellt.
Im Innern des
Schlachthofes wurde der alte Stall ausgemauert, die Kühlanlage
vollständig
überholt und das gesamte flache Dach über der Halle erneuert und
der Fußboden
im Innern ausgebessert. Im Rathaus wurde das flache Dach des
Seitenbaus
erneuert und das Schieferdach des Hauptgebäudes repariert,
ferner wurde der in
Anstrich durchgeführt und die Heizung durch Einbau eines 2.
Kessels verstärkt.
Im 1. Stock wurden 13 schadhafte Fenster erneuert. Im
Hildegardisheim, in
welchem seit dem Auszug der Kreiskommandantur das Amtsgericht,
Landgericht und
Katasteramt untergebracht ist, wurden die laufenden
Instandsetzungen
durchgeführt. In der ehemaligen Kapelle im Erdgeschoss ist heute
der Sitzungssaal
mit einem Beratungszimmer. Die Urweiler Mühle ist laut Testament
Werle mit Jahresabschluss
1943 an die katholische Kirchengemeinde Sankt Wendelin
übergegangen. Auf einer
städtischen Parzelle am Hollerstock konnten mit
Regierungszuschuss 3
Behelfsheim mit je 2 Wohnungen errichtet werden, die seit Mitte
Dezember
bewohnt sind (wie wir erfahren, ist der Mietpreis recht hoch).
In der Mott wird zur Zeit an einer neuen Bedürfnisanstalt mit
einem
unterstellte Raum für Omnibusfahrgäste gearbeitet. In der
Autohalle in der
Schlachthofstraße ist die Errichtung eines
Feuerwehrschlauchturmes geplant. Die
Projekte sind bereits zur Genehmigung vorgelegt. Auch an den
einzelnen
Schulgebäuden (wir haben vor einiger Zeit näher darüber
berichtet) wurden
größere Reparaturen vorgenommen. Die Straßenbeleuchtung wurde
nach
Instandsetzung wieder in Betrieb genommen. Zur Zeit sind 127
Laternen (102
elektrische und 25 Gaslampen) In Betrieb.
Aus verkehrstechnischen Gründen wurden die Brunnen beim Gasthaus
Tholey und in
der Neumarktstraße entfernt. Die Brunnen in Alsfassen sowie der
Wendelinusbrunnen in der Balduinstraße erhielten eine
Erneuerung. Die
Wasserversorgung auf dem Winkenbacherhof war durch Beschädigung
der Wassererfassung
und Verkrustung der Zuleitungsrohre teilweise unterbrochen. Die
Quelle wurde
neu gefasst und mit Zementrohren zu einem Sammelbecken
ausgebaut.
Der Sportplatz an der Turnhalle ist unter Mitwirkung von
Sportvereinsmitgliedern neu einplaniert und ab gewalzt worden.
Ferner wurde die
Umzäunung ausgebessert und um das Gelände mit Schuttmassen eine
Erhöhung
geschaffen. Eine neugebaute Kanalleitung leitet die
Niederschlagswasser ab. Die
Fahrzeuge der Feuerwehr wurden aufgrund eine Regierungsanordnung
neu
gestrichen. Die bei einem Brand auf dem Missionshaus beschädigte
fahrbare
Motorspritze konnte nach einer Reparatur mit einem Kostenaufwand
von 90.000
Franken wieder in Betrieb genommen werden. Weiter wurden
sämtliche Fahrzeuge
der Feuerwehr überholt und an den Feuerwehrgerätehäusern die
erforderlichen
Instandsetzungen durchgeführt.
Der städtische Friedhof einschließlich der Anlagen war stark
verwahrlost und
teilweise durch Kriegseinwirkungen beschädigt. Für die Anlegung
des
Ehrenfriedhofs mußte eine Wasserleitung von ca. 300 Metern
verlegt werden. Die
notwendigen Rohre wurden im Park ausgegraben. Vier neue
Wasserentnahmestellen
sind heute vorhanden. Als Tröge wurden die innerhalb der Stadt
abgebauten
Brunnen verwendet. Aus betrieblichen Gründen legte man hinter
dem Friedhof eine
Friedhofsgärtnerei mit Frühbeeten in der Größe von 1 ½ Morgen
an. Die
schadhafte Einzäunung des Friedhofes wurde ausgebessert und die
Mauer in einer
Länge von ca. 50 Metern wieder erstellt. Mehrere
Friedhofsviertel sind neu
angelegt und die Wege ausgebaut worden. Der Ehrenfriedhof ist
mit 600
Soldatengräbern belegt. 100 Personen sonstiger Nationalität sind
ebenfalls hier
bestattet. Anschließend sei noch erwähnt, daß beim städtischen
Bauamt im vergangenen
Jahr 42 Bauanträge gestellt wurden, was – 1947 waren es nur 21 –
der beste Beweis
ist, daß die Bevölkerung gewillt ist, beim Wiederaufbau nicht
zurück zu stehen.
Nicht zuletzt sei auch erwähnt, daß sich die St. Wendeler
Geschäftswelt alle
Mühe gegeben hat, dem Stadtbild wieder ein friedensmäßiges
Gesicht zu geben,
und wir heute der Stadt einen Besuch abstattet, ist – abgesehen
von dem
„Schönheitsfehler Bahnhof“ - überrascht von dem sauberen
unfreundlichen Bild,
das fast durch nichts mehr von dem einstigen, vorkriegsmäßigen
Bild zu
unterscheiden ist.
Quelle: St. Wendeler Volkszeitung, Kreiszeitung St. Wendel, 11.
Januar 1949
Date: 2024/04/17 14:36:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Über Kriege und
wie man sie
beendet. Zehn Thesen
Autor Jörn Leonhard
Erschienen München 2023: C.H.
Beck Verlag
Anzahl Seiten 208 S.
Preis € 18,00
ISBN 978-3-406-80898-2
Rezensiert für den Arbeitskreis Historische
Friedens- und
Konfliktforschung bei H-Soz-Kult von: Jost Dülffer, Historisches
Institut,
Universität zu Köln
Wer in der gegenwärtigen historischen Situation mit dem
intensivsten Krieg in
Europa seit dem Zweiten Weltkrieg konkrete Handreichungen
erwartet, wird
enttäuscht. Das kann seriöse Historie auch gar nicht leisten.
„Man kann die
aktuellen Krisen nicht an die Geschichte delegieren. Geschichte
wiederholt sich
nicht und sie liefert auch keine Blaupausen für Entscheidungen“,
schreibt der
Freiburger Historiker Jörn Leonhard. „Sie offenbart
Verlaufsmuster und
Handlungslogiken genauso wie Ambivalenzen und paradoxe
Situationen, und sie
immunisiert gegen einfache Erklärungen, Analogien und
Vergleiche.“ (S. 17) Was
Leonhard also liefert, ist ein beeindruckender Überblick über
die Vielfalt von
Kriegen. Er behandelt zunächst die verschiedenen Arten von
Kriegen, beschreibt
dann ihre jeweils unterschiedlichen Verläufe und geht auf dieser
Grundlage auf
einzelne Elemente aus verschiedenen Perspektiven während der
Kriege ein.
Formal ist das Ganze in 10 Kapitel aufgeteilt, die Thesen
heißen, eigentlich
aber jeweils ein Feuerwerk an historischen Beispielen und deren
Vielfalt
abbrennen: mal konnte sich der thesenartige Sachverhalt so oder
auch anders entwickeln.
Jeder These ist ein historisch kennzeichnender konkreter Fall
vorgeschaltet,
dem die historische Entfaltung folgt. Das reicht bisweilen in
die Antike
zurück, wird mit dem Dreißigjährigen Krieg häufiger und zieht
seine empirischen
Erläuterungen weitgehend aus den letzten beiden Jahrhunderten
heran. Nehmen wir
These 1: „Die Natur des Krieges bestimmt sein Ende“ (S. 19).
Wenn „Natur“ auch
ein vages Kriterium sein mag, so folgen doch vier Faktoren, die
den Wandel des
Krieges selbst seit dem 18. Jahrhundert umreißen, dann den des
Wandels von
Legitimation von Herrschaft benennen, weiterhin fragen,
inwieweit sich die
Kontrahenten auf der gleichen Ebene sahen und schließlich die
Möglichkeit einer
Vermittlung durch Dritte als relevant erklären. Strukturelle
Ursachen von
Kriegen bestimmten demgemäß auch ihr Ende. Solche allgemeinen
Sätze mögen banal
klingen, sie werden jedoch immer wieder mit historischen
Beispielen zur
Erläuterung der Vielfalt untermauert. Genau darin liegt ja ein
wesentlicher
Bestandteil historischer Aufklärung.
Generell gelingt es Leonhard immer wieder, an vielen Beispielen
die sehr
unterschiedliche Dynamik von Wegen aus dem Krieg zu zeigen,
überraschende
Entwicklungen zu zeigen. „Planung, Prognose und dynamische
Wirklichkeit“ fielen
nicht nur im bzw. seit dem Ersten Weltkrieg auseinander (S. 48)
– und mit
dieser „Kontingenz“ sind wir beim preußischen Militärtheoretiker
Carl von
Clausewitz. Nicht jeder Frieden trägt auch, manche sind nur
Waffenstillstände,
die einer Seite die Möglichkeit bieten, den Krieg bald wieder
aufzunehmen. In
vielen Fällen bestimmen die verfügbaren Ressourcen die
„Kippmomente“ von
Kriegen – aber das müssen die Akteure selbst nicht unbedingt
auch selbst
zugleich mitbekommen haben. Hier klaffen also Gegensätze von
Fakten und deren
Perzeption.
„Es gibt keinen Frieden ohne Kommunikation, und wer den
Besiegten demütigt,
macht den Frieden zum Waffenstillstand“, lautet These VII des
Bandes (S. 123).
Klassische Verlaufsmuster von Kriegsenden wie: Waffenstillstand,
Präliminarfrieden
und endgültiger Friedensschluss bildeten seit dem Ersten
Weltkrieg immer
weniger die Norm. Viele Kriege endeten seither gar nicht mehr
mit formalen
Friedensschlüssen. Auf der anderen Seite und gleichsam
entgegengesetzt: Frieden
dürfe auch nicht mit Erwartungen überfordert werden, dann trage
er nicht. Hatte
sich in der frühen Neuzeit etwa seit 1648 die Einsicht
durchgesetzt,
grundsätzlich wechselseitige Amnestie unter Gleichen zu
gewähren, so setzte
sich im 20. Jahrhundert die Vorstellung von „Krieg als
Verbrechen und Bruch
moralischer Normen“ (S. 128) durch, die Vertrauensbildung unter
Kontrahenten,
die als Gleiche anerkannt wurden, wesentlich erschwerte.
Übergroße Erwartungen
erzeugten vielfach Enttäuschungen und konnten durch
Desillusionierung stattdessen
den Auftakt zu neuer Gewalt bilden.
Gerade der vorangegangene Erste Weltkrieg überforderte diese
Friedenskonferenz
und jede weitere gleichsam notwendig von vornherein und
strukturell. „Doing
peace“ (These IX), oder, wie man auch sagen könnte: die Arbeit
am Frieden setzt
erst mit dem Ende der Kampfhandlungen ein und lässt sich kaum
als ein
einsträngiger Erfolgsprozess bestimmen. „Einerseits tragen
Prozesse und
strafrechtliche Sanktionierungen dazu bei, den Erfahrungen der
Opfer Raum zu
geben und erlittenes Leid anzuerkennen. Andererseits können sich
durch
Aufarbeitungsprozesse Feindbilder zumindest kurz- und
mittelfristig auch
verhärten, weil Gerichtsprozesse durch Bestrafung der Täter den
Gedanken der
Rache befeuern können“ (S. 170), heißt es allgemein. Das wird
wiederum an den
jüngsten Jugoslawienkriegen und der internationalen
Strafgerichtsbarkeit
konkretisiert. „Das beleuchtet paradigmatisch das grundsätzliche
Dilemma
zwischen Gerechtigkeit und Frieden.“ (S. 170)
Und schließlich, wie Reinhart Koselleck prominent argumentierte:
Die
eigentlichen grundlegenden Erkenntnisse praktischen Folgerungen
aus Kriegen
würden bisweilen eher die Verlierer als die Sieger ziehen,
„nicht jeder Sieg
ist ein Gewinn, und manche Niederlage wird zur Chance“ (S. 173,
These X).
Insgesamt schreibt Leonhard in einer klaren und nüchternen
Sprache und wer als
lesende Person den Eindruck hat, der Autor bediene sich eines
entschiedenen
„Sowohl als auch“, wird nicht ganz falsch liegen. Die Stärke der
Darstellung
liegt in dichten empirischen Beispielen, die jeweils die
Komplexität,
Andersartigkeit und Gemeinsamkeit hervorheben. Vielleicht wird
beim Wandel von
Kriegführung zu wenig der Einschnitt der Vernichtungskapazitäten
und auch
Realitäten zumal im Nuklearzeitalter seit Hiroshima und Nagasaki
betont.
Bestechend ist auch die jeweilige politische Einbettung von
Friedensschlüssen,
welche die völkerrechtliche Seite nur als ein Element in einem
breiteren
historischen Kontext versteht. „Frieden durch Recht“ war ja
schon seit dem
späteren 19. Jahrhundert eine politische und völkerrechtliche
Forderung. Ein
Blick in außereuropäische Kriege, nicht nur kolonialer Art,
könnte womöglich
noch weitere Erkenntnisse liefern. Ein „gerechter Frieden“ ist
sicher immer und
so auch in der „unübersichtlichen Gegenwart“ (S. 15)
wünschenswert, aber ist
das auch real? Bei aller Notwendigkeit und politischen
Gestaltungsabsicht zu
Frieden hin, kann es aber keine einfachen Rezepte dazu geben.
Was Jörn Leonhard
in diesem Paperback bietet, ist ein klug durchdachtes Reservoir
an historischen
Beispielen der letzten Jahrhunderte. Sie zeigen nicht nur –
erneut mit
Clausewitz –, dass der Krieg ein „Chamäleon“ ist – und dies bis
heute bleibt –,
sondern dass auch Wege aus dem Krieg unbestimmt, gefahrvoll, mit
unerwünschten
und nicht intendierten Wirkungen und Nebenwirkungen behaftet
sind. Gerade das
ist aufklärend und warnt davor, in unserer Zeit mit bestimmten
historischen
Analogien sichere „Wege aus der Gefahr“1 geben zu können.
Anmerkung:
1 Erhard Eppler, Wege aus der
Gefahr, Reinbek
1981.
Zitation
Jost Dülffer, Rezension zu: Leonhard, Jörn: Über Kriege und wie
man sie
beendet. Zehn Thesen. München 2023 , ISBN 978-3-406-80898-2, In:
H-Soz-Kult,
17.04.2024, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-142293>.
Date: 2024/04/17 17:37:31
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
am nächsten Dienstag, 23. April 2024, ab 16 Uhr findet
das nächste
Mitgliedertreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische
Familienkunde (ASF)
statt.
Ab halb sechs wird Stephan Friedrich seinen Vortrag mit dem
Titel „Sterben für
Napoleon“ halten.
Der Vortrag befasst sich mit Soldatenschicksalen unserer Region
in der
napoleonischen Epoche, wobei beispielhaft Soldaten aus dem
heutigen Landkreis
Neunkirchen vorgestellt werden
Die Hintergründe der französischen Wehrpflicht sowie ihre
Bedingungen und
Auswirkungen werden unter „La conscription“ beschrieben. Der Weg
der Soldaten
auf die Schlachtfelder Europas, ihre Ausbildung und ihre
Erfahrungen in Krieg
und Leid zeigt der Abschnitt „La guerre“. Der Blick richtet sich
im Kontext
größerer Ereignisse immer wieder auf den Einzelnen und zeigt die
Folgen
historischen Geschehens für das Individuum, das sie erlebt und
erleidet. Im
dritten Teil „La mort“ geht es um die Verluste der
napoleonischen Kriege in
unserer Region und den Tod vieler Soldaten in Lazaretten. Dabei
werden die
Lebensbedingungen und das Sanitätswesen der Armeen thematisiert.
Passagen aus
Augenzeugenberichten und dokumentarisches Bildmaterial
illustrieren die
Ereignisse. Ein weiterführender Aspekt ist der Fund Tausender
militärischer
Totenscheine der Départements de la Sarre und du Mont-Tonnerre,
die in ihrer
Bedeutung für die Geschichte unserer Region erläutert werden.
Am Dienstag, 23. April 2024, um 17.30 Uhr im Landesarchiv
Saarbrücken.
Bene Valea
Roland Geiger
Date: 2024/04/18 15:10:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Gott zum Gruß, werte Herren und werte Damen.
Übermorgen, Samstag, am 19ten Tag Aprilis in diesem Jahre des
Herrn MMXXIV
findet im benachbarten Auslande das diesjährige
rheinland-pfälzische
Nachwächtertreffen statt, zu dem ich mich als dortiger Ausländer
begeben werde.
Einladender dorten ist Chnutz vom Hopfen, seines Zeichens
dienstältester
Nachtwächter in Rheinland-Pfalz.
Dazu werde ich mich auf große Fahrt begeben und auch der hl.
Hildegard von
Bingen in ihrem ehemaligen Domizil auf dem Disibodenberg aufwarten
(sofern’s
nicht Haaugawwele rääne dudd).
Die Kollegen werde ich mittags treffen. Am frühen Abend werden wir
zusammen
schpeisen und dann ab 20 Uhr unter Führung des dienstalten Chnutz
die alte
Stadt Bad Münster am Stein erkunden, gefolgt von allerlei Volk, zu
dem auch der
geschätzte Leser, so er dorten in der Nähe sich befinden sollte,
sich gesellen
kann.
Der späte Abend wird in einem Gasthaus verklingen.
Am Sonntag gibt’s weitere Besichtigungen, die Meister vom Hopfen
für uns seine
Collegae ausgedacht hat.
Vor etlichen Jahren war die Veranstaltung in St. Wendel gewesen,
das war das
13te Mal, und niemand meiner Pälzer Collegae hatte wohl die
Traute, der
Unglückszahl zu widerstehen, worauf ich ihnen zeigen mußte, wollte
und durfte,
was ne Harke ist. Lief ganz gut damals, und vielleicht werden wir
es mal
wiederholen. Hieß und heißt dann natürlich nicht
Rheinland-Pfälzer, sondern Westricher
Nachtwächtertreffen.
Also - gehabt Euch wohl. Vielleicht bis übermorgen abend, wenn
nicht, dann
woanders.
Ehrerbietigst
Roland Geiger
Dienstältester Nachtwächter St. Wendels und auch des Saarlandes,
wo nach dem
Ruhestandsantritt Siegfried „Marti Voit“ Heß’, Nachwächter zu
Blieskastel, nur
noch meine Kollegin Anneliese Schumacher und ich in dieser
Funktion zugange
sind. Wobei letztere am Wochenende hier bleibt und die Stellung
halten wird. Wenn Sie also lieber im Ländle bleiben, sie wartet
morgen abend ab 20 Uhr vorm Dom auf Sie!
St. Wendel
=> https://tourismus.sankt-wendel.de/stadtfuehrungen/
Blieskastel
=>
https://www.saarpfalz-touristik.de/veranstaltungen/nachtwaechterfuehrung-65c135e785
Date: 2024/04/19 13:59:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung, die Aufzeichnung des deutschsprachigen Online-Vortrages FAMILIENFORSCHUNG IN DEN USA - DIE US VITAL RECORDS mit den Referenten Kent Cutkomp und Barbara A. Pieh von der Germanic Genealogy Society Minneapolis, Minnesota, USA, vom 18. April 2024 findet ihr auf YouTube unter folgendem Link: https://youtu.be/0muB24ZZPQ4?si=KXONRWSzryVnnsOJ Es handelte sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung des Ahnenforscher Stammtisches Unna, der Genealogisch-heraldischen Arbeitsgemeinschaft Roland zu Dortmund e. V. und der Germanic Genealogy Society Minneapolis. Im Namen des Ahnenforscher Stammtisches Unna, des Roland zu Dortmund und der Germanic Genealogy Society wünschen wir euch eine interessante und informative Zeit beim Anschauen der Aufzeichnung und weiterhin viel Erfolg und Freude bei eurer familiengeschichtlichen Forschung. Liebe Grüße Georg (Palmüller)
Date: 2024/04/29 17:26:09
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff:
Watch ONLINE: "German American Freemasons in the United
States" |
Von:
"'Antje Petty' via Max Kade Institute Email List"
<mkifriends(a)g-groups.wisc.edu> |
Datum:
29.04.2024, 17:23 |
An:
Antje Petty <apetty(a)wisc.edu> |
Antje Petty, Associate Director
Max Kade Institute for German-American Studies
University of Wisconsin
432 East Campus Mall
Madison, WI 53706
608-262-7546
Date: 2024/04/30 15:57:24
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff:
Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt kommt nach WND
|
Von:
Tina Noack <T.Noack(a)lkwnd.de> |
Datum:
30.04.2024, 15:54 |
Hallo liebe Vereinsvertreter*innen,
im Auftrag von unserem Landrat Udo Recktenwald folgende Einladung:
Freitag, 10. Mai 2024 um 17:00 Uhr, UTZ St. Wendel (eWND-Raum): Jan Holze (Vorstand) von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) kommt zu uns nach St. Wendel !!! Gemeinsam mit dem Landkreis St. Wendel stellt er Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung seitens der DSEE für Vereine vor. Kommt gerne vorbei, es lohnt sich J Nähere Infos findet ihr im Einladungsschreiben im Anhang.
Eine Anmeldung ist nicht zwingend erforderlich, wäre aber für unsere Planung hilfreich: www.vereinsplatz-wnd.de/seminare
Wir freuen uns auf euch,
euer Hase-Team
Tina & Katja
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Tina Noack
Koordinierungsstelle Ehrenamt
Landkreis Sankt Wendel
Mommstraße 27
66606 St. Wendel
–
T 06851 801-4703
H 01525-4632939
–