Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Meistrich

Date: 2023/05/07 19:24:35
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:

Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:

"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.

Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.

In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.

Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).

Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee?

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger


Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Date: 2023/05/07 20:39:08
From: stephanfriedrich58(a)t-online.de <stephanfriedrich58(a)t-online.de>

Hallo Roland,

 

wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.

 

Vielleicht hilft´s

 

Schönen Abend und herzliche Grüße

 

Stephan

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Datum: 2023-05-07T19:35:39+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend,

dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:

Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:

"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.

Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.

In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.

Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).

Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee?

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger

 

 



Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Date: 2023/05/07 21:49:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo, Stephan,

gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich.
Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?

Roland


Am 07.05.2023 um 20:38 schrieb stephanfriedrich58(a)t-online.de:

Hallo Roland,

 

wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.

 

Vielleicht hilft´s

 

Schönen Abend und herzliche Grüße

 

Stephan

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Datum: 2023-05-07T19:35:39+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend,

dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:

Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:

"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.

Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.

In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.

Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).

Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee?

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger

 

 


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Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Date: 2023/05/08 21:01:34
From: Stephan Molitor via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo Roland,

möglicherweise handelt es sich bei "Meistrich" nicht um eine Räumlichkeit o.ä. in der Zehntscheune, sondern um ein damit verbundenes Fischerei-Privileg, das gelegentlich unter der Bezeichnung "Maistrich" erwähnt wird und welches das Recht beinhaltete, an einem Gewässer den ersten Fischzug des Jahres durchführen zu können, bevor auch andere dort fischen durften; vgl. z.B.:
 
„Die Fischerei ist zwischen dem Erzbischof, dem Domcapitel und dem Johanniterordenshause zu Adenau getheilt; nach dem Maistrich aber sollen die Kirchspielsleute Macht haben, mit der Hand und Sillen zu fischen, sollen aber den großen nicht nachgehen ...“ Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn. Historisch und topographisch dargestellt durch Chr. von Stramberg (= Rheinischer Antiquarius Abt. 3. Bd. 10). Koblenz 1864, S. 289 (https://books.google.de/books?pg=PA289&id=7hVTAAAAcAAJ), demnach aus einem Weistum des 16. Jh.
 
Angesichts der anderen mit der Zehntscheune verbundenen Rechte (Fahrtgerechtigkeit, Aktiv- und Passivdienstbarkeiten) erscheint mir ein weiteres Recht, dessen genaue Bedeutung u.U. schon im 19. Jh. nicht mehr bekannt gewesen sein könnte, nicht völlig unplausibel.
 
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Molitor
 
Gesendet: Sonntag, 07. Mai 2023 um 21:49 Uhr
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Hallo, Stephan,

gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich.
Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?

Roland

 

 

Am 07.05.2023 um 20:38 schrieb stephanfriedrich58(a)t-online.de:
 

Hallo Roland,

 

wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.

 

Vielleicht hilft´s

 

Schönen Abend und herzliche Grüße

 

Stephan

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Datum: 2023-05-07T19:35:39+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend,

dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:

Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:

"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.

Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.

In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.

Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).

Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee?

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger

 

 


 
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Re: [Regionalforum-Saar]  Re: Meistrich

Date: 2023/05/10 06:27:29
From: alsfassen via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Moin. Danke für die Idee. Das schau ich mir am Wochenende an, bin im verregneten Schwarzwald auf Wandertour.
Roland

--
Diese Nachricht wurde von meinem AndroiMobiltelefon mit WEB.DE Mail gesendet.
Am 08.05.23, 21:01 schrieb Stephan Molitor via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:
Hallo Roland,

möglicherweise handelt es sich bei "Meistrich" nicht um eine Räumlichkeit o.ä. in der Zehntscheune, sondern um ein damit verbundenes Fischerei-Privileg, das gelegentlich unter der Bezeichnung "Maistrich" erwähnt wird und welches das Recht beinhaltete, an einem Gewässer den ersten Fischzug des Jahres durchführen zu können, bevor auch andere dort fischen durften; vgl. z.B.:
 
„Die Fischerei ist zwischen dem Erzbischof, dem Domcapitel und dem Johanniterordenshause zu Adenau getheilt; nach dem Maistrich aber sollen die Kirchspielsleute Macht haben, mit der Hand und Sillen zu fischen, sollen aber den großen nicht nachgehen ...“ Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn. Historisch und topographisch dargestellt durch Chr. von Stramberg (= Rheinischer Antiquarius Abt. 3. Bd. 10). Koblenz 1864, S. 289 (https://books.google.de/books?pg=PA289&id=7hVTAAAAcAAJ), demnach aus einem Weistum des 16. Jh.
 
Angesichts der anderen mit der Zehntscheune verbundenen Rechte (Fahrtgerechtigkeit, Aktiv- und Passivdienstbarkeiten) erscheint mir ein weiteres Recht, dessen genaue Bedeutung u.U. schon im 19. Jh. nicht mehr bekannt gewesen sein könnte, nicht völlig unplausibel.
 
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Molitor
 
Gesendet: Sonntag, 07. Mai 2023 um 21:49 Uhr
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Hallo, Stephan,

gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich.
Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?

Roland

 

 

Am 07.05.2023 um 20:38 schrieb stephanfriedrich58(a)t-online.de:
 

Hallo Roland,

 

wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.

 

Vielleicht hilft´s

 

Schönen Abend und herzliche Grüße

 

Stephan

 

 

 

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Betreff: [Regionalforum-Saar] Meistrich

Datum: 2023-05-07T19:35:39+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Abend,

dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:

Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:

"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.

Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.

In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.

Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).

Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee?

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger

 

 

  
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[Regionalforum-Saar] Grenzen der Sicherheit. Unf älle, Medien und Politik im deutschen Kaiserreich

Date: 2023/05/15 10:06:10
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Grenzen der Sicherheit. Unfälle, Medien und Politik im deutschen Kaiserreich

Herausgeber  Caruso, Amerigo; Metzger, Birgit
Erschienen Göttingen 2022: Wallstein Verlag
Anzahl Seiten 293 S., 22 Abb.
Preis € 36,90
ISBN 978-3-8353-3906-4
Inhalt => meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-75501.pdf

Rezensiert für H-Soz-Kult von Marcus Böick, Center for European Studies, Harvard University

Erstaunlich lakonisch gibt der Text auf dem Schutzumschlag Auskunft über den Inhalt des Buches: „Über Schiffsunglücke, Arbeitsunfälle und abgestürzte Zeppeline“. Und in der Tat bilden diese Themenblöcke Schwerpunkte in einem Sammelband, der sich mit der (Medien-)Geschichte von Unfällen im deutschen Kaiserreich befasst. Das Herausgeberduo Birgit Metzger und Amerigo Caruso nimmt sich in einer umfassenden Einleitung einiges vor: Unfälle markierten, so heißt es, „ebenso wie Gewalt oder Krankheiten die Grenzen von individueller und kollektiver Sicherheit“; sie entstünden „in einem komplexen Zusammenspiel von menschlichem Handeln und Verhalten mit natürlichen wie technischen Umwelten“, die sich „der individuellen Kontrolle weitgehend“ entzögen (S. 7). Diese werden mithin als „Augenblicke der Disruption“ verstanden, die gleichsam „grundsätzliche Frage[n] der Sicherheit, Freiheit und sozialen Gerechtigkeit“ (ebd.) aufwirbelten. Dabei sei es, so die Grundannahme, gerade um 1900 im „Prozess der Modernisierung“ (ebd.) zu einer umfassenden Rekonfiguration des Ensembles aus Öffentlichkeit, Staat und Gesellschaft im Kaiserreich gekommen, die auch individuelle wie kollektive Fragen von Sicherheit und Risiko transformiert habe.

Metzger und Caruso wollen damit explizit an zwei aktuelle Debattenstränge anknüpfen, die in den letzten Jahren die hiesige Zunft mit Blick auf das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert umgetrieben haben: die Diskussionen um einen Wandel von Sicherheitskulturen und Risikokonzepten einerseits[1] sowie die teils schrillen Kontroversen um die Modernität des Kaiserreichs andererseits.[2] Unfälle sollen dabei – hierauf wird noch zurückzukommen sein – als „Sonde“ begriffen werden, die geeignet sei, „latente soziale und politische Spannungen auszuleuchten sowie das Verhältnis zu Fortschritt und Nation, Exklusions- und Inklusionsmechanismen zu eruieren“ (S. 10). Insbesondere gelte es, die „Grundfrage der Unfallgeschichte“ schlechthin zu adressieren – nämlich „wie Menschen zu verschiedenen Zeiten und Orten Unfälle ebenso wie Katastrophen (verstanden als Großschadensereignisse) wahrgenommen haben wie sie damit umgegangen“ seien (ebd.). Im Laufe des 19. Jahrhunderts habe sich dabei eine „Säkularisierung des Unfalls“ vollzogen, die das Herausgeberduo zugleich mit einem „Trend zur Kollektivierung von Risiken“, steigenden Ansprüchen an den Staat, einem zunehmenden gesellschaftlichen Risikobewusstsein sowie einer „Ambivalenz technischer Lösungen“ verknüpft (ebd.). Die konzeptionell stark verdichtete, aber im Grundimpuls überzeugende Einleitung arbeitet sich noch an weiteren Punkten ab (etwa zur Pluralisierung des Mediensystems, zur Ambivalenz des Technologie-Verständnisses oder zur „Gender-Gap“ in der Unfallgeschichte), die allerdings den Blick auf das konzeptionelle Kernanliegen – der Unfall als historiografische „Sonde“ einer ambivalenten Modernisierung im späten 19. Jahrhundert – nicht verstellen sollen.

Ein erster Abschnitt mit vier Texten ist Fragen von „Unfallpolitik und Krisenkommunikation“ gewidmet. Julia Moses konstatiert in ihrem transnational ausgerichteten Beitrag ein „Jahrhundert des Unfalls“, das sie anhand einer „Geneaologie der Haftung“ für Arbeitsunfälle beschreibt: Im Laufe des 19. Jahrhunderts seien in europäischen Gesellschaften Fragen von Anerkennung, Entschädigung und Verantwortung für bzw. bei Arbeitsunfällen mit Blick auf in eine sich dynamisch industrialisierende Welt immer stärker als „soziale Rechte“ problematisiert und auf verschiedene Weise institutionalisiert, aber zugleich auch kritisch (als missbräuchliches „Simulantentum“) diskutiert worden. Einen anderen Fokus wählt der Beitrag zu „Schießunfällen“ von Dagmar Ellerbrock, die die analytische Kategorie der „Sicherheitsgefühle“ entwickelt und nachdrücklich für eine Verzahnung von Sicherheits- und Emotionsgeschichte wirbt: Die Anfang des 20. Jahrhunderts plötzlich in staatlichen Stellen, skandalisierender Öffentlichkeit und verunsicherter Gesellschaft aufkommende intensive Debatte über einen nunmehr als gefährlich empfundenen und unbedingt zu regulierenden Schusswaffengebrauch (vor allem bei jüngeren Männern) wird als „Kipppunkt“ gedeutet, der – in Anlehnung an Reinhart Koselleck – mit Blick auf den privaten Schusswaffenbesitz und -gebrauch zu einer tiefgreifenden Rekonfiguration im Verhältnis von „Sicherheitserfahrungen“ sowie „Sicherheitserwartungen“ geführt habe.

Die weiteren Beiträge von Sebastian Rojek und Birgit Metzger beschäftigen sich mit dem Militär: Rojek untersucht die öffentlichen Diskussionen wie politischen Debatten über den strategischen wie nationalen Stellenwert der neugegründeten kaiserlichen Marine nach dem dramatischen Untergang des Panzerschiffs „Großer Kurfürst“ im Mai 1878. Der Streit kreiste um die schillernde Person des Marine-Ministers Albrecht von Stosch, der als „fachfremder“ Infanterie-General in der Kritik stand, wobei der spektakuläre Untergang des Kriegsschiffs einen „zentralen Wendepunkt“ in der öffentlichen Wahrnehmung einer bislang „traditionslosen“ (S. 93) Marine dargestellt habe. Metzger beschäftigt sich im Gegensatz zu diesem spektakulären Fall stärker mit kleineren Unfällen als „Grenzobjekten“ (S. 113) aus dem Alltag des Militärs, hier der württembergischen Armee. In den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts seien dabei individuelle Todesunfälle im Rahmen des Militärdienstes, etwa durch „Hitzschlag“ während des Drills, zunehmend als vermeidbares Problem von der (Lokal-)Presse kritisch diskutiert und von Experten statistisch analysiert worden, während sich zugleich die gesellschaftliche „Risikoakzeptanz“ gewandelt habe.

Der zweite Block zu „Unfallpolitik und Krisenkommunikation“ vereint drei Beiträge, die teils in die Höhe führen (wie Jürgen Bleiblers Beitrag über die kontroversen Debatten um den Absturz des Marineluftschiffes „L2“ im Herbst 1913), teils aber auch in die Tiefe (wie Michael Farrenkopfs Zusammenschau zu Grubenunglücken im Kaiserreich). Während Bleibler den politischen wie medialen Umgang mit der „größten Luftfahrtkatastrophe vor dem Ersten Weltkrieg“ (S. 122) und vor allem die symbolisch stark aufgeladene Rolle des Grafen Zeppelin behandelt, arbeitet Farrenkopf in einem scharfkantigen Dreischritt den Wandel des Umgangs mit immer häufiger auftretenden Grubenunglücken heraus. Von frühen Versuchen zur technischen Prävention über Debatten, die zwischen Staat, Großkapital und Öffentlichkeit um Verantwortlichkeiten ausgetragen wurden, bis hin zur zunehmenden politischen und medialen „Funktionialisierung“ von Unfällen durch verschiedene Interessengruppen – insbesondere am Beispiel der „Explosionskatastrophe“ im Schacht Radbod bei Hamm im November 1908. Der dritte Beitrag von Fabian Trinkhaus schließlich diskutiert die sich wandelnde Wahrnehmung von Unfällen in der Eisen- und Stahlindustrie des Saarlandes und die hiesige „Unfallpolitik“ im Spannungsfeld von paternalistischen Unternehmern und mobilisierenden Gewerkschaftsvertretern.

Der dritte und letzte inhaltliche Block widmet sich „Unfallnarrativen und Medien“. Amerigo Caruso beschreibt in seinem quellennahen Stück einen Vorfall, der es als „letzter vormoderner Unfall“ nur fast zu einem transnationalen Medienereignis gebracht habe: Als König August II. von Sachsen im Sommer 1854 bei einer Kutschfahrt in den Alpen tödlich verunglückte, hätten Medialisierung und „politische Funktionalisierung“ (S. 211) des unerwarteten Todesfalls zwischen älteren, religiösen Interpretationen (schicksalhaft-tragisches „Unglück“) und neueren, risikobezogenen Deutungen (riskant-unverantwortliches Verhalten) oszilliert. Neuartige (Massen-)Medialisierungsdynamiken bestimmen den Beitrag von Rüdiger Haube. Dieser widmet sich abermals der „deutschen“ Luftschifffahrt, die trotz immer wieder auftretender, teils tödlicher Unfälle und dramatischer Abstürze geradezu zum Symbol nationaler Widerstandsfähigkeit um den unverzagten „Heldengreis“ (S. 229) Graf Zeppelin umgedeutet wurde. Die „wiederholte Zerstörung eines Nationalsymbols“ habe daher paradoxerweise stets „zu Ausbrüchen von Begeisterung“ (S. 226) geführt. Etwas anders ist die Konstellation im letzten, von Peter Busse und Bernd Lukasch verfassten Beitrag über Otto Lilienthal als „modernen Ikarus“ gelagert. Dieser habe zwar durch seine teils fotografisch dokumentierten Flugversuche in den frühen 1890er-Jahren bisweilen transatlantische Aufmerksamkeit erregt, sei jedoch nach seinem tödlichen Unfall am 9. August 1896 nahe Berlin in Vergessenheit geraten und erst später, in den 1910er- und 1920er-Jahren, unter stets verschiedenen politischen Vorzeichen als „Pionier“ der Luftfahrt wiederentdeckt worden.

Alles in allem ist der vorliegende Sammelband – der mit zwei luziden Kommentaren von Christiane G. Krüger und Peter Itzen schließt – ein durchaus interessantes Potpourri aus verschiedenen mikroskopischen Detailstudien, über die Geschichte von kleineren und größeren Unfällen und deren medialer Verarbeitung. Doch werden zugleich auch größere Fragen über die vieldiskutierte „Hybridität“ Deutschlands in der Zeit um die Jahrhundertwende diskutiert. Allerdings fällt auf, dass die konzeptionellen Metaphern, mit denen die diversen Autorinnen und Autoren in ihren jeweiligen Texten arbeiten, recht unterschiedlich gefasst sind: Unfälle dienen dabei wahlweise als „Sonde“, „Brennglas“ oder „Grenzobjekte“ (S. 113); sie werden als „Zäsur“ (S. 128), „Katastrophe“ (S. 142), „Unglück“, „singuläres Ereignis“ (S. 180) oder schlichtweg als „Störung des Alltags“ (S. 213) verstanden. Doch wie die hier in einer Kombination aus politik-, sozial- und kulturhistorischen Ansätzen sehr vielfältig beschriebenen Medialisierungen bzw. Politisierungen letztlich auch gesellschaftliche Rezeptionen und weitergehende Resonanzen sowie kollektive oder individuelle Aneignungen dieser besonderen Ereignisse überzeugend empirisch „sondieren“ und aufschließen könnten, bliebe weiter zu diskutieren. An dieser Stelle würden sicher thematische Blick- wie perspektivische Horizonterweiterungen hilfreich sein: Thematisch über die gewählten Bereiche Militär, (Schwer-)Industrie oder (Luft-)Verkehr, perspektivisch über die nationalen Grenzen bzw. europäischen Konstellationen hinaus. Auf diese Weise ließe sich weiter über die widersprüchlichen Übergänge zwischen „Tradition“ und „Moderne“ bzw. „Schicksal“ und „Risiko“ auch in größeren Maßstäben diskutieren.

Anmerkungen:
[1] Siehe exemplarisch Eva van Contzen / Tobias Huff / Peter Itzen (Hrsg.), Risikogesellschaften. Literatur- und geschichtswissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld 2018.
[2] Vgl. jüngst bilanzierend Birgit Aschmann / Monika Wienfort (Hrsg.), Zwischen Licht und Schatten. Das Kaiserreich (1871–1914) und seine neuen Kontroversen, Frankfurt am Main 2022.

Zitation

Marcus Böick: Rezension zu: Caruso, Amerigo; Metzger, Birgit (Hrsg.): Grenzen der Sicherheit. Unfälle, Medien und Politik im deutschen Kaiserreich. Göttingen 2022 , ISBN 978-3-8353-3906-4,, In: H-Soz-Kult, 10.05.2023, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-115061>.




 

 

[Regionalforum-Saar] Von den Römern bis zur Reform ation – Tagesexkursion in die Kirchengeschichte von Tri er

Date: 2023/05/15 10:09:34
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Bild der Veranstaltung
Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / „Trier, Konstantinbasilika -- 2015 -- 7529“ / CC BY-SA 4.0

Von den Römern bis zur Reformation – Tagesexkursion in die Kirchengeschichte von Trier

Sa, 15.7.2023 10:15-16:15 Uhr

Art der Veranstaltung   Fortbildungen / Seminare / Vorträge
Veranstaltungsort   Innenstadt Trier, 54290 Trier

Ausführliche Beschreibung
Nach dem Ende des römischen Reiches hat das Christentum Trier und das gesamte Rheinland geprägt. Die historische Entwicklung der Stadt, die aufs engste mit der Kirche verbunden war, spiegelt sich bis heute nachvollziehbar in ihren Gotteshäusern. Einige davon werden wir während der Tagesexkursion besuchen. So gewinnen wir Einblicke sowohl in die Baugeschichte als auch in die Geschichte des Christentums und seiner Theologie.
Treffpunkt und Start der Tour ist das Café Basilica an der Konstantinbasilika.
Nach der Besichtigung der Basilika haben wir Zugang zu den Ausgrabungen, die normalerweise nicht für Publikum geöffnet sind.
Weiter geht es zur Porta Nigra, zum Markt und zur Kirche St. Gangolf.
Nach der Mittagspause stehen Dom, Liebfrauen und die Jesuitenkirche auf dem Programm sowie zum Abschluss ein kurzer Blick in das Geburtshaus des Trierer Reformators Caspar Olevian, damals eine Bäckerei, heute ein Modegeschäft.
Als ortskundiger Referent begleitet uns Dr. Andreas Mühling, Professor für Evangelische Kirchengeschichte und Leiter des Ökumenischen Institutes für interreligiösen Dialog an der Universität Trier.
Alle Wege werden zu Fuß gegangen.
Eine Mittagspause von ca. 90 Minuten ist eingeplant.

Die Tour beginnt um 10.15 Uhr und endet voraussichtlich um 16.15 Uhr.
Die Anreise erfolgt individuell mit Bahn oder PKW, nach Absprache auch in Fahrgemeinschaften.
Förderbereich
Theologie/Religion
Referent/in
Prof. Dr. Andreas Mühling
Ansprechpartner/in - Leitung
Margit Büttner, eeb-Rheinland-Süd e.V.

Kosten   40,– €

Zusatzinformationen
Anmeldung bis 28.06.2023 an anmeldung(a)eeb-sued.de, Stichwort Exkursion Trier
(Bitte geben Sie bei der Anmeldung Ihre vollständige Adresse an. Ihre Daten werden vertraulich behandelt.)
Ansprechartner
Margit Büttner mbuettner(a)eeb-sued.de
Telefon 06761/7018
Veranstalter / veröffentlicht von: Bild / Logo
                              Evangelisches Erwachsenenbildungswerk
                              Rheinland-Süd e.V.
Evangelisches Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd e.V.

Herzog-Reichard-Str. 30
55469 Simmern
eeb-sued(a)eeb-sued.de
http://www.eeb-sued.de
Tel.: 06761 / 7018
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[Regionalforum-Saar] Landrechte und Landrechtsreformationen

Date: 2023/05/15 10:12:43
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Landrechte und Landrechtsreformationen

Organisatoren Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“, Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Heidelberg  
29.03.2023 - 31.03.2023

Von Dominika Bopp / Katharina Falkson, Deutsches Rechtswörterbuch, Heidelberger Akademie der Wissenschaften

In den Landrechten und Landrechtsreformationen wird sowohl die Organisation des öffentlichen Lebens, inklusive des Straf- und Prozessrechts, als auch die Belange der Bürger, etwa das Familien- und Erbrecht, behandelt. Die Tagung beschäftigte sich mit Landrechten vom Mittelalter bis hin zu späten Landrechtsreformationen und alternativen Konzepten im 18. Jahrhundert. Den thematischen Kern bildeten Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts aus dem süddeutschen Raum einerseits und dem norddeutschen Raum andererseits. Zentrale Fragen, denen nachgegangen wurde, waren der Einfluss des römischen Rechts auf die Landrechte, Unterschiede zu den Stadtrechten, Zusammenhänge der Landrechte untereinander sowie ihre Entstehung, Inhalte und Rezeption.

Nach einem Grußwort durch den Altpräsidenten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Altrektor der Universität Heidelberg Gisbert Gans Edler Herr zu Putlitz leitete ANDREAS DEUTSCH (Heidelberg) in die Tagung ein. Deutsch beleuchtete die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs ‚Landrecht‘, wobei Land am ehesten im Sinne von frz. ‚pays‘ zu verstehen sei, Landrecht also nicht als ‚ländliches Recht‘, sondern vielmehr als ‚in einer Landschaft geltendes Recht‘. Das Landrecht sei zunächst in literarischen Quellen auszumachen als ‚Recht eines Volkes‘, eine Art ‚Stammesrecht‘. Hiervon zu unterscheiden sei die modernere, auf der Tagung thematisierte Bedeutung ‚Territorialrecht einer bestimmten Herrschaft‘ (als förmlich in Kraft gesetztes Recht). Viele der für die Stadtrechtsreformationen erarbeiteten typischen Merkmale – etwa die Frage der Neuordnung des Rechts vor dem Hintergrund der Rezeption des römisch-kanonischen Rechts in Mitteleuropa – seien mutmaßlich auf die Landrechtsreformationen übertragbar, was es zu überprüfen gelte.

Mit dem Fehmarnschen Landrecht beschäftigte sich der Rechtshistoriker CHRISTIAN HATTENHAUER (Heidelberg) und stellte die besondere Stellung Fehmarns als Land freier Bauern mit einer weitgehend eigenständigen Rechtsentwicklung heraus. Er stellte drei Fassungen des eher mittelalterlich geprägten Fehmarnschen Landrechts vor, das den Charakter einer Landfriedensordnung aufweist. Bereits 1320/21 wurde eine erste Fassung mit 38 Artikeln zu Prozessrecht, Strafrecht, Bußenstrafrecht und Blutstrafrecht aufgezeichnet – ein Weistum der Rechtsgewohnheiten von freien Bauern unter dänischer Herrschaft. Im Jahr 1326 folgte eine (nur niederdeutsch erhaltene) Fassung, die 16 zusätzliche Artikel, Privilegien der Fehmarner und eine bis 1876 bestehende Gerichtsverfassung beinhaltete. Anhand eines 1550 erlassenen Mandats, das eine Neuregelung der Hinrichtungsarten bei Totschlag definiert, lässt sich das Eingreifen in die Privilegien der Landschaft zeigen. Die dritte Fassung des Landrechts von 1558 belegt eine zunehmende Kontrolle der Gerichtspraxis durch den herrschaftlichen Vogt.

WILHELM BRAUNEDER (Wien) beleuchtete das Wesen und die Wirkung der Landrechte für Österreich unter der Enns aus dem 16. Jahrhundert. In jener Zeit gab es eine Vielzahl an Gesetzgebungsinitiativen, die auf die Landstände zurückgingen. Noch als ein Vorläufer sei der um 1526 entstandene erste Niederösterreichische Landrechtsentwurf anzusehen, der in der Praxis vermutlich keine Rolle spielte. Mit dem 1573 im Auftrag der Landstände und mit Genehmigung des Fürsten herausgegebenen Landrechtsentwurf unter der Enns beginnt eine ganze Reihe von Landrechtsentwürfen, welche jeweils intensiv auf ihre Vorläufer zurückgriffen, die Materie aber sehr gründlich bearbeiteten. Zu einem förmlich beschlossenen Gesetz kam es erst nach 1700. In der Praxis wurden aber auch die Entwürfe wie ein Gesetz behandelt. Im Aufbau enthalten die Entwürfe drei Bücher: Gerichtsordnung, Zivilrecht und Erbrecht. Dieses Beispiel zeigt die Stärke der Landstände im Vergleich zum Fürsten.

Auch in Bayern, wo 1518 die erste Landrechtsreformation, die diesen Namen tatsächlich im Titel führt, in Kraft trat, war der Weg dorthin vom Streit zwischen Herrschaft und Landständen gekennzeichnet. HANS-GEORG HERMANN (München) widmete sich den Besonderheiten der Zweiteilung der bayerischen Rechtslandschaft im 16. Jahrhundert aufgrund der erbbedingten Aufspaltung des Landes in die vereinigten Teilherzogtümer Bayern-Landshut mit Bayern-Ingolstadt einerseits und Bayern-München andererseits. Die Unterschiede zeigten sich unter anderem in der Prozesspraxis (selbsturteilender Richter in Niederbayern vs. Umstand als Urteilsfinder in Oberbayern). Hermann zeigte, wie die Herzöge regionales Sonderrecht zurückzudrängen suchten. Bereits die Erdinger Konferenz (um 1487) habe letztlich dem Ziel einer Rechtsangleichung zwischen Ober- und Niederbayern dienen sollen. Erst als Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg von 1505 wiedervereinigt wurde, war an die Reformation des Landrechts zu denken, die 1518 unter Herzog Wilhelm IV. in Kraft treten konnte.

Mit den Württembergischen Landrechten aus den Jahren 1555, 1567 und 1610 beschäftigten sich STEPHAN DUSIL und GIULIO ERBAR (beide Tübingen). Württemberg hatte in den vorangehenden Jahrzehnten unsichere Zeiten durchgemacht. Kaum war der Aufstand des „Armen Konrad“ 1514 niedergeschlagen, geriet Herzog Ulrich wegen Konflikten mit dem Kaiser in die Reichsacht. Erst 1534 gelang ihm die Rückkehr in sein Land. 1546 wurde Württemberg im Schmalkaldischen Krieg erneut von kaiserlichen Truppen besetzt. Die Konsolidierung des Landes konnte erst Ulrichs Sohn Christoph nach seiner Thronbesteigung 1550 in Angriff nehmen. Er bemühte sich um politische und rechtliche Reformen. Aufgrund seiner weiterhin schwachen Stellung konnten die Landstände aber ein starkes Mitspracherecht durchsetzen. Die Landrechte Württembergs können als ein „Paradebeispiel“ für eine Synthese aus römischem Recht und hergebrachten Rechtsgewohnheiten gelten, wie Erbar am Beispiel des Interzessionsverbots für Frauen aufzeigte. Das zweite Landrecht deute zudem auf eine Intention zur Rechtsgestaltung hin. Wie sich am Beispiel der rechtlichen Stellung der Ehefrau ablesen lasse, habe man weder den hergebrachten Rechtszustand beibehalten noch das römische Recht übernommen, sondern nach einer eigenständigen Lösung gesucht. Hieran zeige sich ein Bewusstsein für Recht als gestalterisches Herrschaftsinstrument.

Eine nähere Betrachtung der Kursächsischen Konstitutionen aus dem Jahr 1572 bot ADRIAN SCHMIDT-RECLA (Jena). Das unter Kurfürst August in Kraft gesetzte Gesetzeswerk besteht (anders als die meisten anderen Landrechtsreformationen) nicht aus abstrakt-generellen Rechtssätzen, vielmehr wurden für ausgewählte, an konkreten Rechtsfällen orientierte, umstrittene Rechtsfragen durch kurfürstliche Einzelentscheidungen Vorgaben gemacht, wie die Fälle entschieden werden sollten (sog. ‚Kontroversengesetzgebung‘). Basis der Konstitutionen waren Gutachten der juristischen Fakultäten von Leipzig und Wittenberg zu Materialsammlungen der Schöppenstühle. Anhand von zwei Beispielen (bezüglich der Formen der Landnutzung sowie zur Personalexekution) zeigte Schmidt-Recla, dass die Konstitutionen Lösungen für Probleme der Gegenwart boten, eine Modernisierung im Hinblick auf die Anforderungen eines Territorialstaates anstrebten und eine Stabilität der Herrschaft von innen heraus zu erreichen suchten. Die Konstitutionen erscheinen so als Teil der herzoglichen Konsolidierungspolitik mit rechtlichen Mitteln.

Der Rechtswissenschaftler BERND-RÜDIGER KERN (Leipzig) präsentierte das Kurpfälzische Landrecht von 1582, das vor allem auf das Württembergische Landrecht, das Solmser Landrecht und die Frankfurter Reformation (1509) als Quellen zurückgriff. Es stellte eine große kodifikatorische Leistung dar – mit Wirkung weit über die Grenzen der Kurpfalz hinaus. Das Zivilrecht gehe großenteils auf den Rechtsgelehrten Noe Meurer (1525/28-1583) zurück. Die römisch-rechtlichen Anteile seien in den einzelnen Teilen des Landrechts sehr unterschiedlich; der Grad der Romanisierung sei aber insgesamt geringer als bisher angenommen. Dass in der Vorrede dennoch das römische Recht als Grundlage für das Landrecht betont wird, dürfte einen politischen Zweck gehabt haben: Ein Landrecht, das lediglich das theoretisch ohnehin geltende römische Recht adaptierte, erschien weniger angreifbar. Außerdem ließ sich das kurfürstliche Ziel, das Landrecht auch auf benachbarte Territorien zu übertragen, besser rechtfertigen – letztlich dann auch die Überstülpung des Landrechts auf die Oberpfalz.

Der Archäologe und Direktor des Nordfriisk Instituuts CHRISTOPH G. SCHMIDT (Bredstedt) beschäftigte sich mit dem nordfriesischen Landrecht, zu dem ein Projekt in Planung ist, welches eine Synopse der Texte, eine Übersetzung und eine Analyse der Sprache beinhalten soll. Die älteste bekannte Aufzeichnung dieses Rechts ist die Siebenhardenbeliebung von 1426, die wie alle nordfriesischen Texte in Niederdeutsch verfasst ist und beispielsweise Artikel zu Erbrecht, Sühnerecht und Friedensbruch, Strandrecht und Kaufrecht enthielt. Bemerkenswert ist, dass diese Beliebung von den Vertretern der jeweiligen Harden beschlossen wurde, um die Autonomie der Gebiete zu sichern. Eine Originalfassung ist nicht überliefert, die Beliebung wurde jedoch weitgehend unverändert in das Landrecht von 1558 übernommen. Dieses war wiederum die Basis für das Nordstrander Landrecht (1572) und wurde erstmals von der herzoglichen Residenz erlassen. Erst mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (1900) verloren diese Rechtsnormen ihre Geltung.

An das Thema schloss ISABELLA LÖW (Bispingen) an mit einer Darstellung der Rechte von Eiderstedt, die zunächst mündlich tradiert wurden, bevor sie als Krone der rechten Wahrheit mutmaßlich 1426 auf Niederdeutsch aufgezeichnet wurden. Eine Überarbeitung von 1466 enthielt 20 Regelungen, die zum Teil aus neuen Vorschriften und Ergänzungen (z.B. zur Mannbuße, zum Deichrecht) bestand. Veranlasst wurde die Neufassung vom Staller, (Landvogt), aber von den Vertretern der Bauernschaft beschlossen, sodass die Interessen der Eiderstedter gewahrt blieben. Dies blieb im Kern auch so, als 1572 und 1591 Reformationen des Landrechts entstanden. 1572 „kaufte“ sich die wohlhabende Eiderstedter Bevölkerung vom Herzog ein neues Landrecht, das die hergebrachten Rechte sicherte. Römisches Recht findet sich verstärkt in der redigierten Fassung von 1591. Auch wenn nun die herzoglichen Räte an der Rechtsetzung stärker beteiligt waren, behielten die Eiderstedter ihre Privilegien.

PETER OESTMANN (Münster) widmete sich dem Mecklenburgischen Landrechtsentwurf des norddeutschen Juristen David Mevius (1609-1670). Mevius konnte die ersten drei Teile des 1655 von den mecklenburgischen Landständen in Auftrag gegebenen Entwurfs 1658 vorlegen, der vierte Teil folgte drei Jahre später. Ein Streit um das Lehnsrecht zwischen der Herrschaft und der Ritterschaft verhinderte indes die Verabschiedung als Gesetz. Der Entwurf zeichne sich durch eine Systematisierung des Rechts aus, so folgen die ersten drei Teile der Gliederung des Gaianischen Institutionensystems nach personae, res und actiones. Partiell wirke der Entwurf sehr modern, so etwa die vorgesehene Eheschließung ohne Beteiligung der Kirche. Andere Regelungen seien hingegen altertümlich oder traditionell, etwa die Bestimmungen zur Leibeigenschaft. Oestmann wendete sich gegen die in der Literatur aufgeworfene Frage, ob der Entwurf misslungen sei, da er nie in Kraft getreten ist. Schließlich lasse sich die Qualität eines Rechtstextes nicht danach beurteilen, ob dieser in Kraft trat oder nicht.

CHRISTOPH BECKER (Augsburg) ging auf die Bedeutung der Vorlesung zum Kurkölnischen Landrecht des Juristen und Hochschullehrers Heinrich Gottfried Wilhelm Daniels (1754-1827) für die Forschung ein. Die Bonner Vorlesung wird auf 1793/94 datiert. Da es nur wenig Literatur zur Kurkölner Landrechtsreformation (1538) gibt, seien die Aufzeichnungen eine wichtige Quelle für die Gerichtspraxis der Zeit. Des Erzstifftes Köln Reformation inkorporierte unter anderem annähernd wörtlich die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. Reichsrecht wurde hier somit als Landrecht verkündet; zugleich wurden regionale Sonderrechte für ungültig erklärt. Der Abschnitt gegen Missbräuche beispielsweise zeige den Vereinheitlichungswillen des Gesetzgebers; Rechtsvereinheitlichung auf dem Boden des gemeinen Rechts könne als Ziel der gesamten Landrechtsreformation angesehen werden. Besonders deutlich steht das Privatrecht unter römisch-rechtlichem Einfluss. Als Quelle für alte Rechtsbräuche kursierten Daniels' Aufzeichnungen unter Juristen noch im 19. Jahrhundert.

Einen komparatistischen Ansatz wählte THOMAS RÜFNER (Trier), der das Kurtrierer Landrecht (1668/1713) mit den benachbarten ‚Coutumes‘ von Lothringen und Luxemburg verglich. Die Besonderheit der Coutumes, in ihren deutschen Übersetzungen ‚Landsbräuche‘ genannt, ist, dass sie eine von der Herrschaft angeordnete Niederschrift der jeweiligen heimischen Rechtsgewohnheiten darstellen. Die vergleichende Analyse Rüfners ergab zwar, dass es strukturelle Unterschiede zwischen den Texten gab. So waren die Coutumes an das Gaianische Schema angelehnt. Das Trierer Landrecht hingegen orientierte sich am Kurkölner Landrecht und weise keine klare Systematik auf. Es sei aber stärker romanisiert, wie sich z.B. im Erbrecht zeige. Den entscheidenden Faktor für die Unterschiede sieht Rüfner jedoch nicht in den unterschiedlichen Prinzipien der Rechtsaufzeichnung (Aufzeichnung von Gewohnheitsrecht in Frankreich, herrschaftliche Rechtssetzung in Deutschland), sondern in der individuellen Genese der jeweiligen Rechtsaufzeichnung – unter Verwendung unterschiedlicher Vorlagen und Vorbilder.

GERHARD LINGELBACH (Jena) stellte die Merkmale sowie die Bedeutung des erstmals 1724 in Leipzig erschienenen Codex Augusteus vor. Diese Sammlung von Rechtsvorschriften bzw. Rechtssetzungsakten sächsischer Herrscher (vom 13. bis 18. Jahrhundert mit Fortsetzungen bis ins 19. Jahrhundert) wurde von Johann Christian Lünig (1662-1740, Amtmann in Eilenburg und Stadtschreiber in Leipzig) als „Privatarbeit“ erstellt. Das Werk wurde allerdings durch die Räte bei Hofe initiiert. Ziel war – neben der Befestigung des Anspruchs des Hofes auf Gesetzgebung – die Schaffung von Rechtssicherheit: Der Codex bot das Handwerkszeug für die Gerichte und bildete einen Fundus für die Wissenschaft, indem sie ein Zeitbild vermittelten, wie die Wirklichkeit sein sollte. Lünigs Codex Augusteus steht insoweit in einer Reihe vergleichbarer Gesetzessammlungen der Zeit – vom Codex Austriacus über die Hessischen Sammlungen bis hin zu den Chur-Braunschweig-Lüneburgische Landes-Ordnungen und Gesetzen.

Das Hohenloher Landrecht von 1738 war Gegenstand des Vortrages von KLAUS-PETER SCHRÖDER (Heidelberg). Dieses Landrecht wurde weitgehend wörtlich in Wimpfen als Stadtrecht übernommen und blieb dort bis 1900 gültig. Bereits im 16. Jahrhundert gab es Ansätze zur territorialen Gesetzgebung, um die Rechtslage in dem durch Erbteilungen in verschiedene Linien zersplitterten Hohenlohe zu vereinheitlichen. Die Anfrage, ein Landrecht zu verfassen, lehnte der Schwäbisch Haller Syndikus Rudolf Widmann 1576 ab und auch ein schließlich von dem Hohenlohischen Rat Zacharias Hyso verfasster Entwurf kam über den ersten Teil nicht hinaus. Erst der von Graf Karl Ludwig (1674-1756) angestoßene Plan eines Landrechts wurde von Johann Friedrich Allgeyer und dem Kanzleidirektor Georg Tobias Pistorius 1722/25 umgesetzt. Man schöpfte für die Landrechtsreformation aus heimischen Rechtsgewohnheiten, auch der Hohenlohischen Landstädte, daneben seien Einflüsse von benachbarten Territorien, wie Württemberg, Würzburg und Brandenburg-Ansbach, auszumachen. Römisches Recht spielte nur eine nachrangige Rolle.

Die Historikerin ALMUTH BEDENBENDER (Heidelberg) stellte Ansätze aus dem Bereich der Digital Humanities vor, um Landrechtsreformationen in ihren textuellen Beziehungen zu untersuchen und Übereinstimmungen zu visualisieren. Die Basis ihrer Analyse bildeten die im Rahmen des Projekts Deutschsprachige Rechtsquellen in digitaler Edition (DRQEdit)[1] transkribierten Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts sowie einige weitere Texte. Bedenbender wies darauf hin, dass bei der automatischen Ermittlung von signifikanten Übereinstimmungen in verschiedener Hinsicht mit Ungenauigkeiten zu rechnen ist, konnte aber zugleich anhand von einigen Beispielen zeigen, wie sich damit Zusammenhänge einer Vielzahl von Texten erschließen und auch im Detailvergleich prüfen lassen. Wie Bedenbender anhand von synoptischen Gegenüberstellungen ausgewählter Quellen und mittels graphischer Darstellungen veranschaulichte, haben mehrere Landrechtsreformationen und verwandte Rechtstexte signifikante Übereinstimmungen im Wortlaut.

Zusammenfassend zeigte sich, dass die Rezeption des römischen Rechts in Deutschland zwar für die Entstehung der Landrechtsreformationen mit auslösend gewesen sein dürfte, die Reformationen selbst aber weniger römisches Recht enthalten, als man erwarten könnte. Ähnlich wie bei den Stadtrechtsreformationen scheinen auch die Landrechtsreformationen ein Instrument zur Festigung der jeweiligen Herrschaft gewesen zu sein. Häufig mussten die Herrschaften allerdings bei ihrer Gesetzgebung gegenüber den Landständen Zugeständnisse machen. Auffallend oft blieben die angestoßenen Reformationen im Entwurfsstadium stecken.

Konferenzübersicht:

Eine thematische Annäherung

Andreas Deutsch (Heidelberg): Landrechte und Landrechtsreformationen

Mittelalterliche Landrechte – Ein Beispiel zum Vergleich
Moderation: Stefaniya Ptashnyk (Heidelberg)

Christian Hattenhauer (Heidelberg): Das Fehmarnsche Landrecht

Süddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts

Wilhelm Brauneder (Wien): Die Landrechte für Österreich unter der Enns des 16. Jahrhunderts: Grundlagen, Wesen, Wirkungen

Moderation: Heike Hawicks (Heidelberg)

Hans-Georg Hermann (München): Halbe Rechtseinheit, halbseitige Wiedervereinigung, halbherzige Reform: Die bayerische Landrechtsreformation von 1518

Stephan Dusil (Tübingen) / Giulio Erbar (Tübingen): Die Württembergischen Landrechte

Moderation: Ulrich Kronauer (Karlsruhe)

Adrian Schmidt-Recla (Jena): Die Kursächsischen Konstitutionen von 1572

Bernd-Rüdiger Kern (Leipzig): Das Kurpfäler Landrecht von 1582

Norddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts

Christoph G. Schmidt (Bredstedt): Das nordfriesische Landrecht – zum Forschungsstand

Isabella Löw (Bispingen): Die „Krone der rechten Wahrheit“ – Eiderstedter Landrechte von 1426 und 1466 – Sprache und Rechtsentwicklung

Peter Oestmann (Münster): Der Mecklenburgische Landrechtsentwurf von David Mevius

Christoph Becker (Augsburg): Heinrich Gottfried Wilhelm Danielsʼ Vorlesung zum Kurkölnischen Landrecht

Späte Landrechtsreformationen und alternative Konzepte
Moderation: Peter König (Heidelberg)

Thomas Rüfner (Trier): Das Trierer Landrecht im Vergleich mit den benachbarten ‚coutumes‘

Gerhard Lingelbach (Jena): Der Codex Augusteus – Gesetzessammlung anstelle einer Landrechtsreformation?

Klaus-Peter Schröder (Heidelberg): Das Hohenloher Landrecht von 1738

Almuth Bedenbender (Heidelberg): Landrechtsreformationen im Netz textueller Abhängigkeiten – Analyse und Visualisierung

Anmerkung:
[1]https://www.drqedit.de (03.05.2023)

Zitation

Tagungsbericht: Landrechte und Landrechtsreformationen, In: H-Soz-Kult, 11.05.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-136024>.




[Regionalforum-Saar] Jüdische Familiengeschichten im Comic

Date: 2023/05/15 14:52:24
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Online-Vortrag:
Jüdische Familiengeschichten im Comic


Referentin:
Prof. Dr. Véronique Sina
(Goethe-Universität Frankfurt)

Donnerstag, 25. Mai 2023, 18.00 Uhr
Online via ClickMeeting

Sprache: Deutsch

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Diese Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amts statt.

Im Rahmen des Jewish American Heritage Months beleuchtet Prof. Dr. Véronique Sina in ihrem Online-Vortrag am Beispiel der jüdisch-amerikanischen Künstlerinnen Aline Kominsky-Crumb, Diane Noomin und Shira Spector die enge Verbindung zwischen Comics und Judentum. Dabei verdeutlicht sie nicht nur ‚Familienähnlichkeiten‘ zwischen verschiedenen Generationen von jüdischen Künstlerinnen und den von ihnen kreierten Comics, sondern setzt auch einen besonderen Fokus auf (alternative) Familienstrukturen und Fragen der Mutter- und Elternschaft. Für die Geschichte und Entwicklung des popkulturellen Mediums Comic haben jüdische Künstler*innen eine entscheidende Rolle gespielt. Im Zuge der US-amerikanischen Women’s Liberation-Bewegung gründeten sich erste feministische Netzwerke und -kollektive, die jüdischen Künstlerinnen die Möglichkeit gaben, alternative Publikationsmöglichkeiten zu schaffen und in der Comiclandschaft Fuß zu fassen. Mit ihren persönlichen, unbeschönigten, alltäglichen, direkten und zugleich politischen Comics betraten die Mitglieder dieser Kollektive bis dato unbekanntes feministisches Neuland und ebneten dabei den Weg für kommende Generationen.

In unserer neuen Veranstaltungsreihe Pop & Kultur beschäftigen wir uns mit verschiedenen Themen rund um die Musik- Film- Theater- und Serienlandschaft der USA.


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[Regionalforum-Saar] „Abtei Tholey Quo vadis? “ (2)

Date: 2023/05/19 09:50:11
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

„Abtei Tholey Quo vadis?“ (1)

[heute morgen in der Saarbrücker Zeitung, B1.
Vorbemerkung: im Artikel taucht das Wort „Ondits“ auf, das ist neudeutsch oder denglisch für „Gerücht“ oder „Rederei“. Keine Ahnung, warum die Artikelverfasserin nicht das deutsche Wort verwendet hat.]

„Heuchelei“, „Eigennutz“ und „Sabotage“ Ex-Welterbe-Chef Grewenig prangert Missstände rund um Tholeyer Abtei an

Tholey · Ex-Welterbe-Chef Grewenig ist unter die Enthüllungsjournalisten gegangen – zum Wohle der Abtei Tholey, die er in Gefahr sieht. Sein Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ schaut hinter die Klostermauern - und hat einiges anzuprangern.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

Wenn Meinrad Maria Grewenig, bis 2018 Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte (WKE), von Projekten und Zielen überzeugt ist, wird er gerne nachdrücklich – und missionarisch. Immer schon fiel er wegen Furchtlosigkeit gegenüber der „Obrigkeit“ auf, immer schon trug er Anliegen und Kritik gerne auf den Marktplatz der Öffentlichkeit. In Erinnerung ist vor allem der Fight um seine Vertragsverlängerung mit dem damaligen saarländischen Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD). Diesmal hat sich Grewenig, ein überzeugter Katholik, die Kirche, genauer die Tholeyer Benediktinerbruderschaft, als Sparrings-Partner ausgesucht. Deren Führung führt aus seiner Sicht den neuerlichen Niedergang des Klosters, das bereits 2008 vor dem Aus stand, herbei, statt eine „Vision“ zu verwirklichen. Die Abtei mit ihren Gerhard-Richter-Fenstern hat nach Ansicht des Kulturmanagement-Profis Grewenig nicht nur das Zeug zum touristischen Hotspot, sondern könnte auch wieder Strahlkraft wie im Mittelalter entwickeln, als „Himmel auf Erden“ und „neues geistiges Zentrum des 21. Jahrhunderts“.

Anschuldigungen gegen Abt Mauritius und Bruder Wendelinus

Der promovierte Kunsthistoriker arbeitet seit mehr als drei Jahren an einem kulturgeschichtlichen Bildband über die Abtei, das war bekannt. Nicht vorhersehbar war das Buch, das er dieser Tage als erste Zwischenbilanz seiner Recherchen in den Handel bringt, im Selbstverlag bei Krüger Druck (Merzig): „Abtei Tholey Quo vadis? Vision Hoffnung Wirklichkeit“. Es kommt ganz harmlos wie ein Kultur-Führer daher, doch es handelt sich zweifelsohne um eine Streitschrift mit Appell-Charakter. Die beiden Mönche, gegen die Grewenig schwere Anschuldigungen erhebt – Abt Mauritius und Bruder Wendelinus – dürften vermutlich von einem Pamphlet sprechen. Denn Grewenigs Begrifflichkeit ist drastisch: „Heuchelei“, „Eigennutz“, „Lüge“, „Kleinkrämertum“, „Dummheit“, „Sabotage“. Der Ton ist zwar nicht polemisch, denn Grewenig untermauert nahezu alles mit Quellen-Verweisen, er nimmt also quasi die Rolle eines Detektivs und Enthüllungsjournalisten ein. Doch ein Orden kann sich in inneren Angelegenheiten auf seine Geheimhaltungspflicht berufen. In diesem Fall zieht sich Grewenig dann auf „Ondits“ im St. Wendeler Land zurück, und die Grenze zur Spekulation verwischt. Das ist beispielsweise in Zusammenhang mit einer vermeintlich manipulierten Wahl der Fall, durch die Abt Mauritius Choriol die Aufnahme von Bruder Wendelinus in den Konvent ermöglichte.

Die Tholeyer Fenster von Gerhard Richter sollten ein Touristen-Magnet werden. Warum das nicht so klappt wie geplant, analysiert das Buch „Abtei Tholey. Quo vadis?“

Der Leser muss selbst entscheiden, ob er den Mutmaßungen des Autors folgen will, der Teufel habe in Tholey die Finger im Spiel. In manchen Passagen gehen eben doch religiöse Phantasie und Pathos mit dem Autor durch. Dabei hat Grewenig wunderbare Informationen über Tholey als Wallfahrtsort zusammengetragen, legt unter anderem die Verbindung zu Hildegard von Bingen offen. Und er vermag es, den Leser davon zu überzeugen, dass Klöster – und also auch Tholey – in der digital-virtuellen Welt wieder an Faszination und Funktion gewinnen, als geistige Tankstellen und Kraftpole.

Imageschädigender Streit um das Nordportal

Doch zweifelsohne entwickeln die Kapitel den stärksten Sog, in denen der Autor seine Vorwürfe untermauert. Die da lauten: Bruder Wendelinus habe mit Deckung des Abtes „in Unkenntnis denkmalrechtlicher Möglichkeiten“ und wegen „Überheblichkeit“ den imageschädigenden Streit um das Nordportal der Abteikirche mit dem Denkmalamt vom Zaun gebrochen, habe den PR-Profi der touristischen Betreiber-GmbH aus dem Amt gedrängt und den Bruch mit der Industriellen-Familie Meiser herbeigeführt. Die steckte laut Grewenig etwa 15 Millionen Euro privates Geld in die Grundsanierung des Klosterareals – erstmals liegt durch dieses Buch eine dreiseitige Dokumentation der Einzelmaßnahmen vor.

Machtkämpfe und Intrigen in der Bruderschaft

Den Trennungsschritt hatte der Konvent gegenüber den Medien als Wiedererlangung der Handlungs-Autonomie vor allem bezüglich der Beilegung des Denkmal-Streits geschildert. Grewenig verfügt offensichtlich über Insider-Kenntnisse über böse Briefe und einen „abstoßenden Streit“ mit der Stifterfamilie, der nie öffentlich wurde. Grobe Undankbarkeit sei im Spiel, lässt sich aus allem herauslesen, kurz ein unchristliches Verhalten. Die Schilderung der Zustände, die auch Machtkämpfe und Intrigen innerhalb der Bruderschaft umfassen, gipfelt in der Forderung, die beiden Mönche müssten „aus der Handlungslinie“ gebracht werden, sonst sei die Abtei dem Untergang geweiht.
Fragt man Grewenig nach seiner Motivation, warum er sich mit diesem Buch ins Feuer stellt, sagt er, Ziel sei nicht, das Kloster in Verruf zu bringen, sondern dafür zu sorgen, dass in Tholey das bis jetzt Erreichte nicht wieder verloren gehe. „Die Abtei ist keine Privatangelegenheit und kein Selbstbedienungsladen“, sagt er. Das „Fiasko“ müsse ein Ende haben. Eine einstweilige Verfügung wegen Rufschädigung erwartet er nicht, er habe valide Quellen. Preisgeben muss er sie nicht.
Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ soll dieser Tage in den Buchhandel kommen. Bestellbar ist es jetzt schon beim Verlag Krüger Druck: Tel. 06861 70020.

[Regionalforum-Saar] „Abtei Tholey Quo vadis? “ (das ist erst "2")

Date: 2023/05/19 09:51:27
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Droht der Abtei Tholey ein Niedergang?
Abtei Tholey hat eine Debatte verdient
Die Streitschrift von Meinrad Maria Grewenig deckt eine unbequeme Wahrheit auf.
Die Meinung von Cathrin Elss-Seringhaus

Bei Streitschriften sind in den meisten Fällen persönliche Motive im Spiel. Auch im Falle von Meinrad Maria Grewenigs Tholey-Buch können Bindungen und Beziehungen den Ausschlag für die Abrechnung mit den beiden Führungsfiguren des Klosters geführt haben. Womöglich agiert der Autor in einer Stellvertreter-Rolle – für die von der Klostergemeinschaft enttäuschte Spenderfamilie oder für den abservierten Geschäftsführer. Trotzdem: Ein Großteil seiner Analyse behält Schlüssigkeit und Gewicht.
Fakt ist: Das prognostizierte „Wunder von Tholey“ hat nicht stattgefunden. Mag sein, die „Vision“, in die touristische Fünf-Sterne-Klasse Deutschlands aufzusteigen, war von Beginn an vermessen, mag sein, den Mönchen, die Abgeschiedenheit suchen, war es des Rummels und der finanziellen Risiken zu viel. Trotzdem lässt sich damit nicht alles entschuldigen. Denn dem Kloster ist es trotz Richter-Fenstern nicht ein einziges Mal gelungen, durch besondere Projekte selbst nur im Saarland eine breitere Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Aber die Bruderschaft hat nicht nur einzigartig viel privates Spenden-Geld bekommen, sondern auch staatliche Förderung – im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei. Das verpflichtet nun mal. Ob das Versagen durch Intrigen, Eigennutz und Selbstüberschätzung herbeigeführt wurde, wie von Grewenig behauptet, ist eher sekundär. Primär zählt der erstmals durch das Buch schonungslos benannte Befund: Einem der kulturgeschichtlich bedeutendsten Orte der Großregion droht ein schlimmes Schicksal: Provinzialismus.
Der Respekt vor kirchlichen Würdenträgern und deren Autonomie darf die klare Sicht auf diese Tatsache nicht verhindern. Tholey hat eine öffentliche, eine politische Debatte verdient, Grewenigs Buch bietet den Anlass dafür. Einmal mehr hat das Saarland ihm zu danken.

[Regionalforum-Saar] „Abtei Tholey Quo vadis? “ (3)

Date: 2023/05/19 09:53:02
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Kann ich mich auf Meinrad Maria Grewenigs Schilderungen verlassen?
Die Meinung von Roland Geiger

Ich habe mit Herrn Grewenig bisher dreimal zu tun gehabt. Das erste Mal wurde ich um eine Aufstellung mit Mobiliar etc. gebeten, wie sie in einem Haushalt des 19. Jahrhunderts im heutigen Saarland vorhanden waren. Ich lieferte eine Abschrift einer Inventur des Nachlasses eines St. Wendeler Kaufmanns in den 1860ern. Sie wurde in einer Ausstellung in der Völklinger Hütte in Auszügen dargeboten.

Beim zweiten Mal wußte ich nicht, daß ich mit ihm zu tun hatte. Das geschah, als noch vor Corona im Kloster Tholey nach Gästeführern gesucht wurde, die dort durch die Anlage führen sollten. An zwei Tagen wurden wir ein paarmal durch das Kloster geführt und erhielten dabei auch ein ziemlich umfangreiches Manuskript über die Abtei, in der auch das Leben des hl. Wendelin ausführlich dargestellt wurde. Ich glaubte mich in die Zeit vor 20 Jahren zurückversetzt und bekam das kalte Grausen, als ich die alten Kamellen las mit der römischen Besatzung auf dem Schaumberg und der hl. Oranna, der Schwester des hl. Wendelin, um nur zwei Punkte zu nennen. Das wurde in Form von losen Blättern, einseitig bedruckt, jedem Gästeführungs-Aspiranten in die Hand gedrückt. Ein Verfasser stand nicht darin. Ich hatte erst Johannes Naumann im Sinn, aber angesichts der Flut von Unsinn darin konnte - oder wollte - ich mir das nicht vorstellen. Allein - ich bekam nicht heraus, wer das verbrochen hatte; auch wenn ich entsetzt war, daß man wohl von uns erwartete, das Opus als Grundlage potentieller Führungen zu verwenden.

Später erfuhr ich, daß das Machwerk auf dem Mist von Herrn Grewenig gewachsen war. Und das bestätigte sich, als er im Rahmen der pandemiebedingten Online-Treffen der Wendelinusstiftung einen Vortrag hielt, in dem er den gleichen Unfug dem erlauchten Auditorium zum Besten gab und dafür anschließend über den grünen Klee gelobt wurde.

Deshalb weiß ich nicht, ob und wie ich dieses jüngste seiner Werke lesen und deuten soll. Wenig hilfreich dabei ist, wenn Frau Seringhauss dazu schreibt, Grewenig sei der Meinung, der Teufel habe in Tholey die Finger im Spiel und daß bisweilen die „religiöse Phantasie und Pathos mit dem Autor durch“geht. Vielleicht mag es aber auch daran liegen, daß ich Tholey bisher nicht als Wallfahrtsort angesehen habe und mir die Verbindungen zu Hildegard von Bingen nicht klar waren.

Aber ich habe Manfred Peters Ausführungen über den hl. Wendelin gelesen, dann werde ich mir wohl auch Grewenigs Abrechnung (Abrechnung?) mit Tholey zu Gemüte führen. Weil ich doch unbedingt erfahren will, wie er sich eine Rettung der Abtei vorstellt. Vielleicht, in dem man die Mönche rausschmeißt. Wäre nicht das erste Mal.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] „Abtei Tholey Quo vadis? “ (4)

Date: 2023/05/19 21:12:38
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

ich bin grad auf eine Bildungslücke meinerseits hingewiesen worden:

On dit ist französisch und heißt „Man sagt“. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist es in der deutschen Sprache eine geflügelte Redewendung in der gehobenen Sprache für „Gerücht“, also nichts Außergewöhnliches.

Also kein Denglisch. Wieder was gelernt.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Roads not Taken. Oder: Es h ätte auch anders kommen können. Deutsche Zäsur en 1989–1848

Date: 2023/05/19 21:16:40
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Veranstalter Deutsches Historisches Museum Berlin
Vom - Bis09.12.2022 - 24.11.2024
Website  https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/#/

Publikation(en)

Cover
Backhaus, Fritz; Diner, Dan; Franke, Julia; Gross, Raphael; Paul-Jacobs, Stefan; Reyels, Lili (Hrsg.): Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können. Deutsche Zäsuren 1989–1848. München 2023 (erscheint vorauss. im September) : C.H. Beck Verlag, ISBN 978-3-406-80094-8 ca. 288 S., zahlr. Abb. € 25,00

Rezensiert für H-Soz-Kult von Christoph Lorke, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, Münster

„Was wäre gewesen, wenn?“ Alternativen zum tatsächlichen Verlauf zu imaginieren und in unterschiedlichen Facetten durchzuspielen, ist auch im Privaten nicht ungewöhnlich: Wenn zu bestimmten Anlässen – „runden“ Geburtstagen, Silvester oder anderen biographischen bzw. lebensweltlichen Zäsuren – Zwischenbilanzen formuliert und Entscheidungen reflektiert werden, können sich daraufhin Fatalismus, Melancholie, Erleichterung oder andere Gefühle einstellen. Als Theorieangebot hatte Reinhart Koselleck Ende der 1970er-Jahre betont, dass die Geschichte und Gegenwart stets auch „vergangene Zukunft“ sei – eine Zukunft, deren frühere Offenheit den späteren Zeitgenossen häufig nicht mehr bewusst sei.[1]

Über alternative Verläufe nicht nur nachzudenken, sondern diese künstlerisch umzusetzen und einem größeren Publikum vorzustellen, ist eine populäre Gattung in Literatur, Film und Theater: Der Roman „Vaterland“ von Robert Harris (1992), der Kinofilm „Inglourious Basterds“ in der Regie von Quentin Tarantino (2009) oder die US-amerikanische Science-Fiction-Serie „The Man in the High Castle“ (2015–2019), die auf Philip K. Dicks Roman „Das Orakel vom Berge“ aus dem Jahr 1962 basiert, sind nur drei Beispiele für künstlerische Aneignungen und Produktionen, in denen Alternativweltgeschichten präsentiert werden. Diese Formen der Verarbeitung und Verformung historischer Wirklichkeiten wecken Interesse und Neugierde, sie lösen wechselweise Faszination und Begeisterung oder Unbehagen und Schrecken aus. Und auch in geschichtswissenschaftlichen Zusammenhängen stellt das Nachdenken über das Kontrafaktische schon lange kein Tabu mehr dar. Vielmehr erfreut sich das Genre der „Counterfactual History“ vor allem unter angelsächsischen Historikerinnen und Historikern einer gewissen Beliebtheit[2], hierzulande jedoch kaum weniger.[3]

Die seit Dezember 2022 im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu besichtigende Ausstellung „Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können“ spekuliert nicht so sehr mit dem Kontrafaktischen, fragt aber durchaus, zu welchen historischen Zeitpunkten auch andere als die letztlich eingetretenen Wegrichtungen möglich gewesen wären. Die Ausstellung, die inhaltlich wie darstellerisch ein Experiment ist, entstand in enger Zusammenarbeit mit dem deutsch-israelischen Historiker Dan Diner und der Alfred Landecker Foundation. Sie wurde von Julia Franke, Stefan Paul-Jacobs und Lili Reyels kuratiert; die Projektleitung hatte Fritz Backhaus. Das Besondere an ihr ist nicht nur der Zugriff auf das historische Geschehen und der damit verbundene Ansatz, für denkbare Alternativverläufe zu sensibilisieren, sondern auch deren ungewöhnliche Darbietung: Auf rund 1.000 Quadratmetern mit etwa 500 Exponaten und zahlreichen Medienstationen erfolgt ein chronologischer Rückwärtsgang durch die deutsche Geschichte der vergangenen 175 Jahre. 1989 beginnend und 1848/49 endend werden anhand von 14 Zäsuren Schlüsselmomente und Wendepunkte in den Blick genommen, für die mehr oder weniger realistische, zumindest nicht völlig utopische, aber am Ende nicht eingetretene Szenarien als alternative Ausgänge angedeutet werden. Letzteres wird allerdings kaum vertieft und beschränkt sich weitgehend auf kleine Extra-Tafeln in unterschiedlichen Farben – wohl auch, um nicht allzu sehr ins Spekulative abzudriften. Das Ziel des Ausstellungsteams lautet, unser Bewusstsein für die Kontingenzen geschichtlicher Entwicklungen zu schulen und eine Ent-Teleologisierung mutmaßlicher Eindeutigkeiten zu fördern. Mögliche alternative Abzweigungen der Neuesten Geschichte sollen an konkreten Beispielen vorgeführt werden.



Abb. 1 und 2: Doppelte Darstellung der Wegmarke 1989 – die Jubelszenen vom Brandenburger Tor in Berlin werden mit den rollenden Panzern auf dem Tian’anmen-Platz in Peking kontrastiert.
(Fotos: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Den Ausgangspunkt bildet das Jahr 1989 mit der in der DDR zumindest intern erwogenen „chinesischen Lösung“, folglich eine gewaltsame Niederschlagung der Demonstrationen wie in Peking auch in Ost-Berlin, Leipzig, Plauen und anderswo; eine Reaktion des Regimes, die glücklicherweise nicht eingetreten ist.[4] Ein weiteres Gedankenexperiment geht davon aus, dass das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Willy Brandt im Jahr 1972 geglückt, dessen Amtszeit folglich ein früheres Ende gefunden und ein gewisser Rainer Candidus Barzel zu seinem Nachfolger gekürt worden wäre. Dieses Scheitern der sozialliberalen Koalition hätte gleichbedeutend sein können mit dem Ende der Entspannungs- und Ostpolitik; dadurch wären – so zumindest die Annahme der Ausstellung – jegliche Fortschritte in Bezug auf die Unverletzlichkeit der Grenzen und auch in Menschenrechtsfragen erst mit jahrelanger Verzögerung eingetreten. Für Barzel fehlten lediglich zwei Stimmen, und inzwischen ist bekannt, dass die DDR-Staatssicherheit daran mit Bestechungsgeldern beteiligt war[5] – was in der Ausstellung aber nicht erwähnt wird.


Abb. 3: „German Angst“ 1961 – atomare Gefahr und Mauerbau sowie Möbel aus dem Regierungsbunker im Ahrtal (südlich von Bonn), jeweils mit erstaunlichem Gegenwartsbezug
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Dass das Jahr 1961 bei solchen markanten Wegmarken der deutschen Geschichte nicht fehlen darf, scheint nachvollziehbar. Weniger jedoch der Bau der Mauer, sondern vielmehr die Möglichkeit einer weltweiten atomaren Auseinandersetzung wird an dieser Stelle vertieft, unterstrichen durch Hinweise auf Lebensmittelrationen („Aktion Eichhörnchen“, „Vorratsbrot“) und Schutzräume, die im Lichte von Hamsterpaketen und „Preppern“ die Aktualität des Ausgestellten hervorheben und die Zeitgeschichte so zu einer bedrohlich wirkenden Gegenwart werden lassen. Während für das Jahr 1952 ein (freilich wenig realistischer) alternativer Umgang mit der Stalin-Note imaginiert wird – große Zustimmung hierfür in Westdeutschland, freie Wahlen, keine europäische Einigung, stattdessen eine deutsch-sowjetische Annäherung –, repräsentieren die Ereignisse um die Berliner Luftbrücke und den Koreakrieg gewissermaßen die Folie für eine weitere Suggestion: eine mögliche militärische Eskalation im geteilten Deutschland, wie sie sich stattdessen mit allen bekannten Folgen auf der koreanischen Halbinsel abspielte. Wäre die Offensive der Alliierten im Frühjahr 1945 gestoppt worden, so wird am nächsten, vielleicht eindringlichsten Kipppunkt der gesamten Ausstellung argumentiert, wenn also der Wehrmacht etwa die beabsichtigte Sprengung der Rheinbrücke bei Remagen gelungen wäre, hätte dies fatale Folgen für Deutschland gehabt: Nicht Hiroshima, sondern Ludwigshafen (einer der Produktionsstandorte der IG Farben) hätte Ziel einer Atombombe vom Typ „Little Boy“ werden können. Das hier installierte interaktive Tool einer „Nukemap“ (2012 vom Wissenschaftshistoriker Alex Wellerstein entwickelt, siehe auch https://nuclearsecrecy.com/nukemap/) ist zwar ein durchaus makabres Element der Ausstellung, unterstreicht aber umso deutlicher die potentiell drastischen Folgen von Atombomben-Explosionen mitsamt anschaulich-einschüchterndem Gegenwartsbezug.


Abb. 4: Alternativgeschichtliches Szenario, raumgestalterisch eingebunden – Atomtest der USA in der Wüste von Nevada, 1957
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Das gescheiterte Attentat auf Hitler im Sommer 1944 wäre zweifellos, wie auf einer Tafel an der nächsten Station vermerkt, die „bessere Alternative“ gewesen, hätte es doch wahrscheinlich die finale Eskalation des Krieges und die Unzahl an Opfern im letzten Kriegsjahr abwenden können. Aber wie ein übergroßes „ZU SPÄT / TOO LATE“ deutlich macht: Dieser Akt wäre angesichts der damals bereits in die Millionen gehenden Opferzahlen nicht rechtzeitig erfolgt.


Abb. 5: Zugespitzt, auch räumlich – ein geglücktes Attentat auf Hitler im Juli 1944 hätte die finale Eskalation des Zweiten Weltkrieges und des Holocaust vermutlich abkürzen, aber nicht mehr abwenden können.
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)


Abb. 6: Apokalyptische Landschaft, musizierende Skelette, makabrer Totentanz – Felix Nussbaum (1904–1944) malte sein wohl letztes Gemälde „Triumph des Todes (Die Gerippe spielen zum Tanz)“ 1944 in einem Versteck in Brüssel. Am 21. Juli wurden Felix Nussbaum und seine Ehefrau Felka Platek verhaftet und bald darauf nach Auschwitz deportiert. Das Bild befindet sich heute im Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück. Zu Beginn der DHM-Ausstellung war das Original zu sehen (wie hier auf dem Foto), inzwischen wird nur noch eine Reproduktion gezeigt.
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Nicht zu spät, sondern gänzlich ausgeblieben ist in der realen Geschichte eine Reaktion Frankreichs auf die 1936 erfolgte deutsche Besatzung des Rheinlands. Hätte Paris mit Militär interveniert, wie hier durchgespielt, wäre ein herber Image-Verlust Hitlers eingetreten, woraufhin die militärische Opposition um General Ludwig Beck die politische Führung hätte übernehmen können. Dies war, so zumindest der nächste Halt der Ausstellung, aber keineswegs die erste Möglichkeit, den Aufstieg Hitlers zu stoppen. Denn 1933 hätte eine „Machtergreifung“ durch die seinerzeit im Niedergang befindliche NSDAP nicht zwangsläufig geschehen müssen, zumal die Wirtschaft nach den großen Krisen wieder in Schwung kam. Eine Militärdiktatur um Kurt von Schleicher und Kurt von Hammerstein-Equord wäre ebenfalls im Bereich des historisch Vorstellbaren gewesen. Dass sich diese Station (mit störender akustischer Dauerschleife) etwa in der Mitte der Ausstellung befindet, ist gewiss kein Zufall; vielmehr wird hiermit eine geschichtliche Phase besonders konturiert, in der verschiedene Möglichkeitsräume eng beieinander lagen.


Abb. 7: Imaginierter Aufschwung ohne „Machtergreifung“ – die Wegmarke 1932/33 alternativ erzählt
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Es folgt das imaginierte Jahr 1932, in dem sich anstelle des Sturzes von Reichskanzler Brüning die Wirtschaft erholt und bis zu 600.000 Menschen in sogenannter Notstandsarbeit eine Anstellung finden. Statt Revolution und Beginn der parlamentarischen Demokratie nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stabilisiert ein neuer Monarch die politische Ordnung, so wird es für das Jahr 1918 kurz angerissen. Doch hätte der Weltkrieg womöglich gar nicht stattfinden müssen, wäre dessen Ausbruch durch Proteste der Arbeiterbewegung und ein geschlossenes Vorgehen des Exekutivkomitees der Sozialistischen Internationalen vereitelt worden – so zumindest das Vorgestellte an der nächsten Weggabelung.

Etwas unverständlich bleibt nun eine längere zeitliche Lücke (was ist mit dem Kolonialismus, speziell dem Genozid an den Herero und Nama, oder mit dem „Dreikaiserjahr“?), ehe das Ende des Deutschen Krieges von 1866 anders als bisher erzählt wird: Das Kriegsglück in der Schlacht bei Königgrätz wendet sich gegen Preußen, weil unter anderem das Zündnadelgewehr nicht die gewünschte Wirkung entfalten kann. Als historische Alternative entsteht ein „Drittes Deutschland“, behütet von der Garantiemacht Frankreich, und der Deutsche Bund wird nachhaltig wiederbelebt. Die Ausstellung endet mit 1848/49, einem Anfangs- und auch Endpunkt der deutschen wie europäischen Geschichte, hier materialisiert durch einen tatsächlich geprägten, aber nicht zum Einsatz gekommenen Doppelgulden aus dem Jahr 1849, versehen mit der Bezeichnung Friedrich Wilhelms IV. als „Kaiser der Deutschen“ – der er unter den Umständen der Revolution nicht werden wollte.


Abb. 8: 1848/49 mit abweichendem Ausgang – hier angedeutet mit einer Eisenbahnszene. Die Ausstellung inszeniert den Weg der Deputation von Abgeordneten der Frankfurter Paulskirche, die unterwegs begeistert empfangen wurden, nach Berlin. Dort lehnte der preußische König die angetragene Kaiserkrone jedoch ab, da sie mit dem „Ludergeruch der Revolution“ behaftet sei. Die Raumüberschrift „Scheitern“ irritiert hier.
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Offenkundig ist, dass diese stark geschichtsphilosophisch grundierte Herangehensweise eine nicht eben geringe didaktische bzw. museumspädagogische Vermittlung erfordert. Die vom Berliner Szenografie-Büro chezweitz (https://www.chezweitz.com) gestaltete Präsentation bietet suggestive Erzählungen, die die historischen Selbstverständlichkeiten auf die Probe stellen. Diese werden an den einzelnen Stationen in unterschiedlicher Konsequenz elaboriert. So werden jeweils die Beziehungen zwischen Struktur und Ereignis sowie die Rolle und Verantwortung der handelnden Personen angesprochen, während die einzelnen Stationen zumindest implizit die Grade von Wahrscheinlichkeiten erörtern. Das gelingt über weite Strecken, doch ist hierfür das Mittun der Besucherinnen und Besucher vorausgesetzt, gerade weil die Ausstellung trotz hunderter Gemälde, Grafiken, Zeichnungen, Film- und Tondokumente sowie interaktiver Stationen bisweilen etwas textlastig ist, jedenfalls bei den thematischen Hinführungen. Besucherinnen und Besucher müssen einiges im Kleingedruckten suchen, wobei andere Zitatschnipsel prominent an der Wand auftauchen – hier wären weitere Inszenierungen wünschenswert gewesen. Die eigentlich kontingenten Momente und die Wahrscheinlichkeit eben genau jener eingeschlagenen Option kommen gelegentlich etwas zu kurz, ebenso wie die Motive der Handelnden und das Ausmalen der Alternativen. Dies liegt möglicherweise darin begründet, dass es gar nicht leicht ist, Objekte ausfindig zu machen, die historische Alternativen materialisieren – zumal das Porträtieren des Kontrafaktischen nicht zu den üblichen Aufgaben eines historischen Museums gehört. Gerade deshalb wäre mehr Ausschmücken, Fabulieren, Fantasieren wünschenswert gewesen.

Auch die Wegeführung in einem Zick-Zack-Parcours mit der Gegenüberstellung zwischen Möglichkeits- und Wirklichkeitsraum kann zunächst verwirren. Soll damit das erhoffte Aufbrechen der linearen Darstellung betont werden? Durch die Anordnung der Stationen ergeben sich immer wieder Blickachsen, welche die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen realen Ereignissen verdeutlichen – was möglicherweise aber eine unbeabsichtigte Nebenwirkung ist, denn die Ausstellung richtet sich ja gerade gegen solche mutmaßlichen Kausalitäten. Die prominente „Hätte-Frage“ wäre gewiss auch anhand anderer Stationen aufzuzeigen gewesen (das Scheitern des Schuman-Plans 1950/51, das Elser-Attentat auf Hitler 1939, oder, bleiben wir nur bei Anschlagversuchen, jene auf Bismarck 1866 in Berlin oder acht Jahre später in Bad Kissingen). Die gewählten Kipppunkte orientieren sich allesamt an den „großen“, ohnehin bekannten bzw. erwartbaren politikgeschichtlichen Zäsuren – der Rezensent hätte sich bei der Auswahl der Weggabelungen etwas mehr Mut gewünscht.

Interessant zu erfahren wäre, welche Bedeutung den beiden letzten Räumen der Ausstellung zukommen wird: In der Station zum Jahr 2023 befindet sich eine „Werkstatt Geschichte“, die das interaktive Gesamtkonzept in zusätzliche Diskussions- und Austauschangebote weiterführen soll, jedoch etwas lieblos gestaltet wirkt. In der sich daran anschließenden Gamestation erhalten die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, in die große Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 einzutauchen. Anhand sieben verschiedener Personen wird hier exemplarisch die Multiperspektivität von Ereignissen durchgespielt, wodurch Geschichte individuell beeinflusst werden kann: etwa aus der Sicht einer Bürgerrechtlerin, von Kurt Masur oder Egon Krenz („Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig“). Es handelt sich dabei um eine interaktive Graphic Novel, die über die Website des Museums ebenfalls nutzbar ist (https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/herbst-89-auf-den-strassen-von-leipzig/).


Abb. 9: Geschichtliche Verläufe selbst beeinflussen – in der Gamestation zum Ende der Ausstellung können Besucherinnen und Besucher im Stile einer Graphic Novel sieben verschiedene Perspektiven von historischen Akteurinnen und Akteuren durchspielen.
(Foto: © Deutsches Historisches Museum / David von Becker)

Die auch in Leichter Sprache und Gebärdensprache sowie in Braille- und Großschrift dargebotene und somit hoch inklusive Ausstellung, die noch bis November 2024 zu sehen sein wird, ist wie gesagt ein Experiment. Dies glückt in dem Anliegen, historische Plausibilitäten auszutesten, zumindest teilweise. Mit dem für die Seh- und Denkgewohnheiten in mancher Hinsicht herausfordernden Format der Darstellung gelingt es mehrfach, das Bewusstsein für historische Zufälle zu schärfen und auf diese Weise das Eingetretene umso stärker mit möglichen Alternativen zu kontrastieren (die, wie beschrieben, allerdings erstaunlich farblos und unspezifisch bleiben). Dieser Zugriff kann dabei helfen, scheinbare Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen. Daraus ergibt sich ein die Fantasie anregendes, immer wieder auch auf Provokationen beruhendes Gedankenspiel im Spannungsfeld zwischen historischer Möglichkeit und Wirklichkeit, zwischen dem Imaginativen und dem Faktischen. Das Einbeziehen auch kontrafaktischer Entwicklungen, die dann auf ihre Plausibilität geprüft werden, sollte für professionelle Historikerinnen und Historiker ohnehin zum methodischen und heuristischen Rüstzeug gehören. Dass die Ausstellung den Versuch macht, dies an konkreten Beispielen einem breiteren Publikum zu vermitteln, ist anzuerkennen. Während der angekündigte Begleitband leider noch nicht vorliegt und die Filmreihe auf Januar / Februar 2023 beschränkt war[6], gibt es über die Laufzeit der Ausstellung hinweg ein attraktives Gesprächsprogramm.[7] Man darf gespannt sein, ob und wie die gedankliche Aufforderung ankommt. Ein höheres Maß an historisch informierter Fantasie für alternative politische und gesellschaftliche Entwicklungspfade ist derzeit dringend zu wünschen.

Anmerkungen:
[1] Reinhart Koselleck, Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 1979.
[2] Siehe nur Niall Ferguson (Hrsg.), Virtual History. Alternatives and Counterfactuals, London 1997; Martin Bunzl, Counterfactual History. A User’s Guide, in: American Historical Review 109 (2004), S. 845–858; Kathleen Singles, ‘What If?’ and Beyond. Counterfactual History in Literature, in: Cambridge Quarterly 40 (2011), S. 180–188; Richard J. Evans, Altered Pasts. Counterfactuals in History, Waltham 2013.
[3] U.a. Carola Stern / Heinrich August Winkler (Hrsg.), Wendepunkte deutscher Geschichte. 1848–1990, Frankfurt am Main 1994; Alexander Demandt, Es hätte auch anders kommen können. Wendepunkte deutscher Geschichte, Berlin 2010; Christoph Nonn / Tobias Winnerling, Wozu eigentlich kontrafaktische Geschichte?, in: dies. (Hrsg.), Eine andere deutsche Geschichte 1517–2017. Was wäre wenn ..., Paderborn 2017; siehe zuvor bereits Uta Heimann-Störmer, Kontrafaktische Urteile in der Geschichtsschreibung. Eine Fallstudie zur Historiographie des Bismarck-Reiches, Frankfurt am Main 1991. Beim 54. Deutschen Historikertag in Leipzig ist für den 21. September 2023 eine Diskussion geplant, an der u.a. Dan Diner teilnehmen wird: https://www.historikertag.de/Leipzig2023/programm/veranstaltungen/kontrafaktische-geschichte-fake-history-oder-methodische-innovation/ (05.05.2023).
[4] Mit Schwerpunkt auf Deutschland, aber auch andere Länder einbeziehend: Martin Sabrow (Hrsg.), 1989 und die Rolle der Gewalt, Göttingen 2012.
[5] Siehe https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/28290403_misstrauensvotum01-200574 (05.05.2023).
[6] Siehe https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/roads-not-taken/ (05.05.2023).
[7] Siehe https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/begleitprogramm/ (05.05.2023).

Zitation
Christoph Lorke: Ausstellungsrezension zu: Roads not Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können , 09.12.2022 - 24.11.2024 Berlin, In: H-Soz-Kult, 20.05.2023, <www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/reex-131787>.

[Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Date: 2023/05/20 08:17:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in Tholey weiter auf dem Tapet.

Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will, die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten gespielt wird.

Roland Geiger

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heute in der Saarbrücker Zeitung, B1:

Interview Meinrad Maria Grewenig
„Das Kloster ist keine Privatangelegenheit.“
Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ birgt Sprengstoff: Meinrad Maria Grewenig hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu stoppen.
Tholey · Der frühere Generaldirektor der Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, hat ein Enthüllungsbuch über die Zustände im Kloster Tholey geschrieben. Selbst bei der Butter wird nun schon gespart.

Von Cathrin ELSS-SERINGHAUS, Reporterin

ELSS-SERINGHAUS
Klostermauern sind hoch und undurchdringlich, aber Sie schildern interne Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt Choriol und Pater Wendelinus. Sie müssen über Insiderwissen verfügen.

GREWENIG
Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren. Ich kann alles belegen.

ELSS-SERINGHAUS
Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater Wendelinus ins Kloster?

GREWENIG
Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber beklagt, dass seine Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschrieben. Ich bin katholisch, ich weiß, was da im Schwange ist.

ELSS-SERINGHAUS
Was meinen Sie damit?

GREWENIG
Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht. Die Butter wird dort beim Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherzentrum professionell weiterbetrieben, hätte man 100 000 Besucher und dementsprechende Einnahmen. Das Kloster ist ein kulturgeschichtlich großartiger Ort, er gehört in den Zusammenhang mit der Trierer Liebfrauenkirche, beim Dom, und der Metzer Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln. Es bringt mich auf die Palme, wenn wir im Saarland unsere hervorragenden Orte nicht so nach vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich habe meine Überzeugung, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch kontrovers spricht.

ELSS-SERINGHAUS
War der Ärger des Kulturmanagement-Experten Grewenig der Auslöser für Ihr Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch persönliche Kontakte zur Spenderfamilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsführer der Betriebs-GmbH Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertretend einen Rachefeldzug? Wie sind Ihre Verbindungen zur Familie Meiser?

GREWENIG
Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel über die Renovierungsmaßnahmen und die Kosten zu schreiben. Die Familie gibt so gut wie keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchieren. Aber ich komme auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das Kloster gingen. Das ist etwa so viel wie das Saarland in derselben Zeit für die Sanierung der Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein großartiges Geschenk, wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei Tholey überlassen hat. Nach meinem Verständnis erwächst daraus eine Verpflichtung und Verantwortung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatangelegenheit.

ELSS-SERINGHAUS
Sie halten die Mönche für undankbar?

GREWENIG
Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles laufen lassen, um dann, wenn die Renovierungs-Arbeiten abgeschlossen sind, zu sagen: Wir wollen wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar sein, es wurden meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlossen, aber moralisch ist das nicht in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster zu schaden. Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenster geht langsam zu. Als die Wiedereröffnung der Mauritiuskirche gefeiert wurde, war das ein Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasilianische Medien berichteten. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksamkeit.

ELSS-SERINGHAUS
Sie sagen ganz unverhohlen: Die Veränderung zum Besseren geht nur ohne den Abt und Pater Wendelinus.

GREWENIG
Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche muss handeln. Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei Heidelberg. Es gab schwere wirtschaftliche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das Stift gehört zur Beuroner Kongregation wie Tholey.


Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Date: 2023/05/20 08:52:58
From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


Am 20.05.2023 um 08:17 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:

Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in
Tholey weiter auf dem Tapet.

Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur
Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses
Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen
Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es
trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins
Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will,
die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine
Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch
gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz
nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im
folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch
einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten
gespielt wird.

Roland Geiger


Lieber Herr Geiger,

was haben Sie gegen Herrn Grewenig? Klar ist eine Person, an der man
sich reiben kann - er legt es auch darauf an. Klar muss man nicht mit
seinen Ansichten in Gänze konform gehen. Aber mit der Abtei Tholey hat
er - leider - in weiten Bereichen recht. Tholey soll natürlich seinen
Charakter als Haus Gottes behalten. Aber - und ich kann das aus
Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen im weiten Umfeld
bestätigen - dieses kulturhistorisch wie kirchengeschichtlich bedeutsame
Ensemble versinkt gegenwärtig in der Vergessenheit und
Bedeutungslosigkeit. Alleine auch als Saarländer einen Besuch mit
Besichtigung der Richter-Fenster einzuplanen, um sie Besuchern zu
zeigen, ist ein zeit- und nervenaufreibendes Unterfangen.

Herr Geiger, bitte machen Sie doch konkrete Vorschläge, wie Sie es
besser machen. Nennen Sie en detail - Entschuldigung, wieder so ein
Fremdwort wie das "Ondit", also detailliert - welche sachlichen Fehler
Herr Grewenig bei seiner Einschätzung der Entwicklung in Tholey gemacht
hat, bitte mit Belegen. Belegen Sie doch Ihre Vermutungen, dass Herr
Grewenig in engem Kontakt zur Familie Meiser steht, sagen Sie klar und
deutlich ob Sie glauben, dass er in einem anderen Streit
instrumentalisiert wird, so wie es zwischen Ihren Zeilen heraus klingt -
aber belegen Sie auch solche Vermutungen, Und verzichten Sie auf
persönliche Angriffe. Ich war bisher der Meinung dass Sie das nicht
nötig hätten.

Jörg Weinkauf


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Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Date: 2023/05/20 09:11:58
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>

Na ja, nicht jeder, der für etwas bezahlt wird, hat auch eine Beziehung zum Geschäftspartner. Wenn überhaupt, dann geschäftliche. Im Interview ging es aber um "persönliche Kontakte". 

Grewenig arbeitet seit Jahren an dem kunstgeschichtlichen Führer durch die Abtei. Ich habe zwar keine Ahnung, wer das bezahlt, Familie Meiser ist es wohl nicht. Dieses Buch wird dann - unter einem anderen Autoren - wohl noch einmal Jahre auf sich warten lassen. Vielleicht ist es aber auch nicht gewollt. Sonst kommt ja vielleicht keiner mehr zu den so günstig angebotenen Führungen in der Abtei. 

 

Anneliese Schumacher

 

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Datum: 2023-05-20T08:28:03+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in Tholey weiter auf dem Tapet.

Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will, die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten gespielt wird.

Roland Geiger

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heute in der Saarbrücker Zeitung, B1:

 

Interview Meinrad Maria Grewenig
„Das Kloster ist keine Privatangelegenheit.“
Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ birgt Sprengstoff: Meinrad Maria Grewenig hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu stoppen.
Tholey · Der frühere Generaldirektor der Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, hat ein Enthüllungsbuch über die Zustände im Kloster Tholey geschrieben. Selbst bei der Butter wird nun schon gespart.

Von Cathrin ELSS-SERINGHAUS, Reporterin

ELSS-SERINGHAUS
Klostermauern sind hoch und undurchdringlich, aber Sie schildern interne Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt Choriol und Pater Wendelinus. Sie müssen über Insiderwissen verfügen.

GREWENIG
Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren. Ich kann alles belegen.

ELSS-SERINGHAUS
Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater Wendelinus ins Kloster?

GREWENIG
Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber beklagt, dass seine Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschrieben. Ich bin katholisch, ich weiß, was da im Schwange ist.

ELSS-SERINGHAUS
Was meinen Sie damit?

GREWENIG
Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht. Die Butter wird dort beim Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherzentrum professionell weiterbetrieben, hätte man 100 000 Besucher und dementsprechende Einnahmen. Das Kloster ist ein kulturgeschichtlich großartiger Ort, er gehört in den Zusammenhang mit der Trierer Liebfrauenkirche, beim Dom, und der Metzer Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln. Es bringt mich auf die Palme, wenn wir im Saarland unsere hervorragenden Orte nicht so nach vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich habe meine Überzeugung, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch kontrovers spricht.

ELSS-SERINGHAUS
War der Ärger des Kulturmanagement-Experten Grewenig der Auslöser für Ihr Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch persönliche Kontakte zur Spenderfamilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsführer der Betriebs-GmbH Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertretend einen Rachefeldzug? Wie sind Ihre Verbindungen zur Familie Meiser?

GREWENIG
Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel über die Renovierungsmaßnahmen und die Kosten zu schreiben. Die Familie gibt so gut wie keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchieren. Aber ich komme auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das Kloster gingen. Das ist etwa so viel wie das Saarland in derselben Zeit für die Sanierung der Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein großartiges Geschenk, wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei Tholey überlassen hat. Nach meinem Verständnis erwächst daraus eine Verpflichtung und Verantwortung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatangelegenheit.

ELSS-SERINGHAUS
Sie halten die Mönche für undankbar?

GREWENIG
Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles laufen lassen, um dann, wenn die Renovierungs-Arbeiten abgeschlossen sind, zu sagen: Wir wollen wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar sein, es wurden meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlossen, aber moralisch ist das nicht in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster zu schaden. Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenster geht langsam zu. Als die Wiedereröffnung der Mauritiuskirche gefeiert wurde, war das ein Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasilianische Medien berichteten. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksamkeit.

ELSS-SERINGHAUS
Sie sagen ganz unverhohlen: Die Veränderung zum Besseren geht nur ohne den Abt und Pater Wendelinus.

GREWENIG
Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche muss handeln. Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei Heidelberg. Es gab schwere wirtschaftliche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das Stift gehört zur Beuroner Kongregation wie Tholey.




Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Date: 2023/05/20 13:55:20
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo, Herr Weinkauf,

danke für Ihre Reaktion - endlich kommt hier mal ein bißchen Leben in die Bude. Hatten wir nicht mehr seit den "Manfred Peter"-Diskussionen.

Herr Grewenig ist vielleicht eine Person, an der man sich reiben kann - er legt es vielleicht wirklich darauf an. Tut er das hier? Will er nur provozieren?

Ich weiß nicht, ob ich mit seinen Ansichten in Gänze oder auch nur teilweise konform gehe, ich habe sein Buch nicht gelesen. Ich kenne nur den Artikel und das Interview der Reporterin aus der Zeitung, und nur auf die habe ich mich auch bezogen.

Ich weiß um die genannten zwei (drei) Gelegenheiten, bei denen ich mit ihm zu tun hatte - die ich genannt habe. Bei denen er sich nicht mit Ruhm bekleckert hat, im Gegenteil. Wo ich es unsäglich fand, wie man so mit Geschichte umgehen kann. Meiner Meinung nach.

Ich könnte mir vorstellen, daß ich mit Grewenig in der ein oder anderen Sache konform gehe, auch wenn ich nicht glaube, daß Tholey in der Bedeutungslosigkeit versinken wird, denn so bedeutend war es eigentlich nie. Wobei es natürlich darauf ankommt, was man unter "bedeutend" versteht, bedeutend worin?

Als geistiges Zentrum? Das war angedacht, wie jemand mir sagte.

Als Ort der Kunst? Mag sein. Ich kann mit den Fenstern nichts anfangen (bei Richters Fenstern habe ich immer das Interview im Kopf, das in der SZ abgedruckt wurde und im Netz zu finden ist, worin er sagt, daß ihn die Fenster - und Tholey - nicht interessieren). Ich dürfte dort sogar führen, weil ich beim "Seminar" die ganze Zeit dabei war.

Aber: Muß ich wirklich konkrete Beispiele liefern, wie ich es (was?) besser machen würde? 

Oder genügt es nicht, wenn auch ich schreiben würde: "Ich bin katholisch. Ich weiß, was im Schwange ist."

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger


Am 20.05.2023 um 08:52 schrieb Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar:

Am 20.05.2023 um 08:17 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:

Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in
Tholey weiter auf dem Tapet.

Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur
Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses
Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen
Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es
trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins
Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will,
die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine
Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch
gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz
nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im
folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch
einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten
gespielt wird.

Roland Geiger


Lieber Herr Geiger,

was haben Sie gegen Herrn Grewenig? Klar ist eine Person, an der man
sich reiben kann - er legt es auch darauf an. Klar muss man nicht mit
seinen Ansichten in Gänze konform gehen. Aber mit der Abtei Tholey hat
er - leider - in weiten Bereichen recht. Tholey soll natürlich seinen
Charakter als Haus Gottes behalten. Aber - und ich kann das aus
Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen im weiten Umfeld
bestätigen - dieses kulturhistorisch wie kirchengeschichtlich bedeutsame
Ensemble versinkt gegenwärtig in der Vergessenheit und
Bedeutungslosigkeit. Alleine auch als Saarländer einen Besuch mit
Besichtigung der Richter-Fenster einzuplanen, um sie Besuchern zu
zeigen, ist ein zeit- und nervenaufreibendes Unterfangen.

Herr Geiger, bitte machen Sie doch konkrete Vorschläge, wie Sie es
besser machen. Nennen Sie en detail - Entschuldigung, wieder so ein
Fremdwort wie das "Ondit", also detailliert - welche sachlichen Fehler
Herr Grewenig bei seiner Einschätzung der Entwicklung in Tholey gemacht
hat, bitte mit Belegen. Belegen Sie doch Ihre Vermutungen, dass Herr
Grewenig in engem Kontakt zur Familie Meiser steht, sagen Sie klar und
deutlich ob Sie glauben, dass er in einem anderen Streit
instrumentalisiert wird, so wie es zwischen Ihren Zeilen heraus klingt -
aber belegen Sie auch solche Vermutungen, Und verzichten Sie auf
persönliche Angriffe. Ich war bisher der Meinung dass Sie das nicht
nötig hätten.

Jörg Weinkauf


--
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Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)

Date: 2023/05/20 14:43:52
From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


Am 20.05.2023 um 13:55 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:

Aber: Muß ich wirklich konkrete Beispiele liefern, wie ich es (was?) besser machen würde? 

Oder genügt es nicht, wenn auch ich schreiben würde: "Ich bin katholisch. Ich weiß, was im Schwange ist."


Hallo Herr Geiger,

ja, ich persönlich glaube, dass derjenige, der jemandes Pläne und Taten kritisiert, eigene und damit hoffentlich seiner Ansicht nach bessere Vorschläge haben und machen sollte - außer er wäre Politiker. Und auf was würde sich das bei Tholey beziehen? Sicher auf die Darstellung der Abtei in der Öffentlichkeit, vielleicht sogar die Vermarktung als Besuchspunkt von Touristen (die sich vom Saarvenir nicht abschrecken lassen). Muss das klösterliche Leben darunter leiden? Ich glaube nicht wenn ich an irische Klöster denke, die ich mehrfach besuchte und die sich durchaus in unterschiedlicher Art den Besuchern geöffnet haben und in denen Ordensmänner und -frauen trotzdem noch im Konvent leben. Wenn Ihnen die Richter-Fenster nicht gefallen - okay, mir gefällt auch viele hochgelobte Kunst nicht und ich stehe zweifelnd und/oder ratlos davor. Etwa Besonderes sind sie dennoch und damit für den Ein oder Anderen besuchenswert - wenn man denn hinkommt und von ihnen erfährt.

Wenn Herr Grewenig weiß, was im Schwange ist, ist das schön für ihn. Schade - und da gebe ich Ihrer Kritik recht - ist, wenn er es nicht sagt. Aber vielleicht ist das neudeutsch der "Cliffhanger" um auf sein Buch neugierig zu machen? Und nein, bei Ihnen reicht es mir auch nicht wenn Sie das schreiben. Zumal ich nicht katholisch bin und deshalb nicht mal erahnen kann was im Kloster im Schwange oder wer mit welchem Gedanken oder welcher Absicht schwanger ist.

In diesem Sinne schönes Restwochenende.

Jörg Weinkauf


Virenfrei.www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Abtei Tholey - Quo Vadis? (8)

Date: 2023/05/21 07:10:36
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Der Online-Shop von Krüger Druck+Verlag | Merzig enthält diese Informationen über Grewenigs Buch zur Abtei Tholey.


“Abtei Tholey - Quo Vadis?

Vision Hoffnung Wirklichkeit 
von Meinrad Maria Grewenig
96 Seiten
20 x 25 cm
vierfarbig
54 Abbildungen

ISBN: 978-3-9824334-4-8
Verkaufspreis 19,70 Euro (inkl. MwSt.)
zzgl. 4,00 Euro Versandkosten je Bestellung

erschienen im Mai 2023
 
In der Abtei Tholey wurde von 2008 bis 2020 Großartiges geleistet. Die Initiative und der finanzielle Einsatz einer Stifterfamilie setzte einen beispiellosen Sanierungsprozess in Gang. Dieses Engagement wendete 2008 den drohenden Exitus des Klosters ab. Das gesamte Benediktinerkloster mit dem ausgedehnten barocken Klostergarten und der frühgotischen Abteikirche Sankt Mauritius wurden in den folgenden Jahren vollständig runderneuert. Gerhard Richter, einer der wichtigsten und bedeutendsten Künstler der Gegenwart, stiftete 2019 die Entwürfe zu den drei großen Chorfenstern - eine Weltsensation. Die neu gegründete Sankt Mauritius GmbH präsentierte zur Wiedereröffnung 2020 ein umfassendes, funktionierendes touristisches Besuchersystem. Die Erträge durch die Besichtigungen stellten zum ersten Mal in der Geschichte der Klostergemeinschaft ein solides ökonomisches Finanzierungsfundament in Aussicht. Die Abtei Tholey, das älteste Kloster in Deutschland, stand mit seiner Abteikirche und den Fenstern von Gerhard Richter im Fokus des kulturellen Weltinteresses. Die einsetzende Entwicklung und die flankierenden Maßnahmen durch das Saarland lösten allerhöchste Zukunftshoffnungen aus. 

Das Buch "Abtei Tholey - Quo vadis?" erlaubt tiefe Blicke in die großartige Vergangenheit der Klostergemeinschaft. Erstmals zeigt die Darstellung die Visionen der abendländischen Geschichte auf, die sich mit der Gründung der Abtei Tholey im 7. Jahrhundert und der Errichtung der frühgotischen Kirche im 13. Jahrhundert verbinden. Die Untersuchung schlägt einen Bogen zur Zukunftsvision des internationalen geistigen Zentrums, das erklärtes Ziel der Sanierungen von 2008 bis 2020 war. Es wird zum ersten Mal ein umfassender Überblick über alle Sanierungsmaßnahmen gegeben und die zwei Jahrtausende dauernde Geschichte von Tholey und dem Kloster dargestellt. 2020 entschied sich die Abtei jedoch, den eingeschlagenen professionellen Entwicklungsprozess abzubrechen. Die Steuerung wurde - trotz fehlender Kompetenz - selbst übernommen. Unangemessene Briefe der Klosterleitung provozierten einen Abbruch des Engagements der Stifter. Nur dann, wenn Profis das Management dieses einzigartigen Kulturprojektes "Abtei Tholey" leisten, kann der Erfolg eintreten. Der jetzige, wenig zielorientierte Zustand muss beendet werden. Das Buch zeigt mögliche Konsequenzen auf, wenn dies nicht geschieht, und es gibt Impulse für eine gute Zukunft. 

"Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass an diesem heiligen Ort "Abtei Tholey" Sternstunden abendländischer Geschichte und ihre größten Katastrophen dicht beieinanderliegen." 

Meinrad Maria Grewenig 

Dies ist der Bericht über die Visionen, die Hoffnungen und die Wirklichkeit.“

Quelle: https://bookshop.krueger-shops.eu//csc_article_details.php?nPos=0&saArticle[ID]=71&VID=SIF4VRo4cXWDV8cE&saSearch[word]=&saSearch[category]=Meinrad%20Maria%20Grewenig&saSearch[special]=

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Bemerkung: Interessant finde ich den Satz recht weit unten: „Nur dann, wenn Profis das Management dieses einzigartigen Kulturprojektes "Abtei Tholey" leisten, kann der Erfolg eintreten.“ Also werde ich das Buch wohl lesen, denn mich interessiert, an welche Profis der Autor da wohl gedacht hat.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (9, eigentlich 8, weil ich gestern 7 vergessen habe)

Date: 2023/05/22 08:57:11
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Heute in der SZ, B1:

„Eine lebendige Abtei ist nicht wie eine konservierte Sehenswürdigkeit der Industrialisierung zu führen“

Nach den heftigen Vorwürfen des früheren Generaldirektors des Weltkulturerbes Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, an der Tholeyer Klosterführung, bezieht jetzt deren Abt in einem Gastbeitrag Stellung. Grewenig spricht in einem neuen Buch unter anderem von „Dummheit“, „Sabotage“ und „Krieg“ hinter den Klostermauern. Wie reagiert die Abtei auf die Vorwürfe?

Gastbeitrag von Mauritius Choriol, Abt von Tholey

Die Abtei Tholey ist wohl das älteste Kloster auf deutschem Boden und wurde in jüngster Vergangenheit vor allem durch die Chorfenster der frühgotischen Abteikirche, die der weltweit bekannte Gegenwartskünstler Gerhard Richter entworfen hat, international bekannt. Zu sehen sind zudem beeindruckende Glasfenster der afghanischen Künstlerin Mahbuba Elham Maqsoodi.

Dieser besondere Ort zwischen Andacht und Kunst entwickelt sich nun – nach überstandener Pandemie – nach und nach zu einem überregionalen Besuchermagneten, wie es Stifter, Spender, Konvent und alle ansonsten Beteiligten und Interessierten immer erhofft haben.

Zu Gläubigen, Spendern und Konventsangelegenheiten werden wir uns grundsätzlich nicht äußern. Die Finanzverfassung der Abtei jedenfalls ist im Gleichgewicht. Wir arbeiten seit ca. 1,5 Jahren mit dem erfahrenen St. Ingberter Wirtschaftsanwalt Matthias Bayer mit dem Ziel zusammen, unsere Einnahmen behutsam zu steigern, um die nicht unerheblichen Ausgaben inklusive eines Darlehens der Firma Meiser zu decken, was uns bislang gelingt.

Wir bitten dabei zu beachten, dass eine lebendige Abtei wie unsere, wenig bis keine staatliche Förderung erfährt und nicht wie eine konservierte Sehenswürdigkeit aus dem Mittelalter oder der Industrialisierung, sondern im Einklang mit den vatikanischen Vorgaben zur Vermögensverwaltung von katholischen Orden zu führen ist. Jedwede Einnahme hat demnach am Ende den geistlichen Aufgaben des Konvents zu dienen und kann nicht diesen beherrschen oder Selbstzweck werden, so sehr sich Außenstehende das offenbar auch wünschen.

Nach Fertigstellung des Raums der Stille vor kurzem und nach Abschluss der Renovierungsarbeiten im museal umgestalteten früheren Kapitelsaal voraussichtlich im Sommer 2023, werden dort auch wieder Sonderausstellungen gezeigt werden können. Entsprechende Pläne und Vorverabredungen liegen vor. Wir sind zuversichtlich, so auch künftig die einzigartige Besonderheit des Ortes gemeinsam mit unseren Förderern und Besuchern zu erhalten.

[Regionalforum-Saar] Die Sauer- Saga: Beispiel einer Familiengeschichte quer durch die alte Habsburger-Monarchie, Europa und,Übersee

Date: 2023/05/24 07:39:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir laden Sie zum virtuellen Vortrag "Die Sauer- Saga: Beispiel einer
Familiengeschichte quer durch die alte Habsburger-Monarchie, Europa und
Übersee" ein.
Virtuell bedeutet, sie findet über das Internet statt und man kann von
jedem
Punkt der Erde aus teilnehmen.

Mittwoch, 24. Mai 2023, 18 Uhr
Vortragende: Mag. Angelika Schmalbach
Bitte hier anmelden:
(https://us06web.zoom.us/meeting/register/tZIkdOiqrjguHtasW0OxJ79ke1B6PAw1f2Yu)

Und bitte immer mit Ihrem vollen Namen anmelden.
Alle interessierten Forscher, unabhängig von einer Mitgliedschaft bei
Familia Austria, sind eingeladen teilzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Der Vereinsvorstand von Familia Austria
Elisabeth Brunner, Dr. Peter Haas, Günter Ofner, Dr. Alexander Weber
www.familia-austria.at

[Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (9)

Date: 2023/05/25 23:07:43
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

ich habe eben von Pater Wendelinus, Abtei Tholey, die nachstehende Erklärung an Frau Ells-Serringhauß mit der Bitte um Weiterleitung erhalten.

Roland Geiger

---------------------------

Erklärung 25. Mai 2023
RA Matthias Bayer gegenüber der SZ, Frau Ells-Serringhaus
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:
 
1.     Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird. 
 
2.      Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.
 
3.      Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.
 
4.      Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen. 
 
5.      Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
 
6.      Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.
 
7.      Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf. 
b.     Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen. 
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.

Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus. 
 
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH

[Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Date: 2023/05/26 10:29:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.

Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.

Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.

Bene Vale.

Roland Geiger

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„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).

Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.

Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.

Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“

In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.

Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“

 

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Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:

[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]

„Sehr geehrte Damen und Herren,
 
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:
 
1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird.
 
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.
 
3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.
 
[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]

4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
 
5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
 
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.
 
7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.

Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
 
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.
 
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
 


Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Date: 2023/05/26 13:33:56
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>

Ich habe nur zu einem Teilaspekt eine Frage, den Rest spare ich mir lieber.

Wieviel “reifliche Überlegung“ und Prüfung ist eigentlich notwendig, wenn etwas ganz klar ist?

 

Anneliese Schumacher

 

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Datum: 2023-05-26T10:29:24+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Morgen,

der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.

Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.

Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.

Bene Vale.

Roland Geiger

----------------------

„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).

Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.

Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.

Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“

In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.

Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“

 

---------------------------------------

Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:

[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]

„Sehr geehrte Damen und Herren,
 
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:
 
1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird.
 
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.
 
3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.
 
[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]

4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
 
5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
 
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.
 
7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.

Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
 
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.
 
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
 




Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Date: 2023/05/26 19:04:32
From: Joachim Schmitz via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Auch ich habe eine Frage zu Schreiben des RA Bayer. Unter Punkt 7 heißt es.

„Rom hat … seine feierliche Profess … kirchenrechtlich saniert.“

Das ist mir unverständlich. Sanieren kann nichts anderes heißen als gesund machen, heilen, modernisierend umgestalten oder z.B. finanziell wieder rentabel machen.

Sollte es an der betr. Stelle etwa heißen „kirchenrechtlich sanktioniert“?

Das Deutsche Wörterbuch Bd 3 O – Z Sp. 2217 gibt als erste Bedeutung für sanktionieren an:

„(öffentlich, als Autorität) billigen, gutheißen (u. dadurch legitimieren)“

Ist das etwa auch der Wortlaut im Schreiben von RA Bayer)

 

Achim Schmitz

 

Gesendet von Mail für Windows

 

Von: anneliese.schumacher(a)t-online.de
Gesendet: Freitag, 26. Mai 2023 13:33
An: Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

 

Ich habe nur zu einem Teilaspekt eine Frage, den Rest spare ich mir lieber.

Wieviel “reifliche Überlegung“ und Prüfung ist eigentlich notwendig, wenn etwas ganz klar ist?

 

Anneliese Schumacher

 

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Datum: 2023-05-26T10:29:24+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Morgen,

der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.

Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.

Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.

Bene Vale.

Roland Geiger

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„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).

Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.

Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.

Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“

In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.

Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“

 

---------------------------------------

Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:

[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]

„Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:

1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird.
 
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.

3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.

[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]

4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
 
5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.

6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.

7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.

Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
 
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“






 


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Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Date: 2023/05/27 08:01:01
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo, Achim,

in dem Brief sind auch andere Fehler. Er meinte wohl "sanktioniert".

Beim Klein gibts übrigens das Buch zu kaufen. Ruf aber lieber vorher an.
Steht viel Mist drin, aber auch einiges unangenehm Wahres (z.B. die Sache mit Bruder Joachim).

Roland



Am 26.05.2023 um 19:04 schrieb Joachim Schmitz via Regionalforum-Saar:

Auch ich habe eine Frage zu Schreiben des RA Bayer. Unter Punkt 7 heißt es.

„Rom hat … seine feierliche Profess … kirchenrechtlich saniert.“

Das ist mir unverständlich. Sanieren kann nichts anderes heißen als gesund machen, heilen, modernisierend umgestalten oder z.B. finanziell wieder rentabel machen.

Sollte es an der betr. Stelle etwa heißen „kirchenrechtlich sanktioniert“?

Das Deutsche Wörterbuch Bd 3 O – Z Sp. 2217 gibt als erste Bedeutung für sanktionieren an:

„(öffentlich, als Autorität) billigen, gutheißen (u. dadurch legitimieren)“

Ist das etwa auch der Wortlaut im Schreiben von RA Bayer)

 

Achim Schmitz

 

Gesendet von Mail für Windows

 

Von: anneliese.schumacher(a)t-online.de
Gesendet: Freitag, 26. Mai 2023 13:33
An: Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

 

Ich habe nur zu einem Teilaspekt eine Frage, den Rest spare ich mir lieber.

Wieviel “reifliche Überlegung“ und Prüfung ist eigentlich notwendig, wenn etwas ganz klar ist?

 

Anneliese Schumacher

 

 

 

 

 

-----Original-Nachricht-----

Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)

Datum: 2023-05-26T10:29:24+0200

Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

 

 

 

Guten Morgen,

der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.

Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.

Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.

Bene Vale.

Roland Geiger

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„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).

Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.

Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.

Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“

In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.

Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“

 

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Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:

[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]

„Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:

1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird.
 
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.

3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.

[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]

4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
 
5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.

6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.

7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.

Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
 
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“






 


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[Regionalforum-Saar] ganz schlechte Wortwahl

Date: 2023/05/27 09:04:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

wenn’s schnell gehen muß, geht’s meist in die Hose. Und dann noch an die falsche Adresse.

Heute morgen hätte ich besser erst geduscht und dann gefrühstückt und dann meine Emails gelesen und beantwortet. Hab ich nicht.
Dann hätte ich gemerkt, daß die Anfrage von Herrn Schmitz zum Wort „sanktioniert“ übers Forum kam und meine Antwort zurück übers Forum versandt wurde, statt unmittelbar direkt an ihn.
Ich merkte es, als die ersten Anrufe kamen, postwendend. Zu dem genannten Wort und zumeinem letzten Satz: „Steht viel Mist drin, aber auch einiges unangenehm Wahres (z.B. die Sache mit Bruder Joachim).“

Die Formulierung war Exkrement. Das tut mir leid.

Ich habe gestern morgen das Buch gekauft und während eines langen Kaffees durchgeschaut, die Anfangskapitel mit Hildegard von Bingen übersprungen und andere ähnliche Abhandlungen auch. Ich war ein paar mal nahe dran, das Buch gleich in den Müll zu schmeißen, aber es war kein Mülleimer vorhanden.

Dann kam weiter hinten Grewenigs Schilderung über die Sache mit Pater Joachims Weihnachtspredigt und die Reaktion des Klosters darauf, die seinerzeit durch die Presse ging, aber später im allgemeinen Katholische-Kirche-Prügeln wieder unterging. Sie hinterließ aus verschiedenen Gründen bei mir einen schalen Beigeschmack, weil ich mir überlegte, wie ich damals reagiert hätte und wie reagiert wurde, u.a. in der Zeitung.

Dennoch taugt meine o.a. Formulierung nicht. Das Wort „unangenehm“ bleibt stehen, aber „Wahres“ ist völlig unangebracht. Denn ich habe den "Schrei der Empörung" in den "sozialen Medien" und in der Zeitung mitbekommen und die Haltung des Klosters durch ihr Statement in der Zeitung erfahren, aber mit Pater Joachim darüber nicht gesprochen. Ich kannte ihn von mehreren Gottesdiensten und mehreren Gesprächen und hab einmal im Hof des Pfarrhauses miterlebt, wie er einen Besoffenen nicht einfach ignorierte, sondern ihm Trost zusprach. Ich war damals stehen geblieben, weil ich den Mann kannte und um seine kurze Lunte wußte. Aber der Pater ließ eine Eskalation nicht zu und fand eine gute Lösung; das hat mir sehr imponiert. Vielleicht ist mir dieses spezielle Kapitel in Grewenigs Buch auch deshalb so nahe gegangen.

Aber ich werde nie erfahren, was da tatsächlich geschehen ist - und das kann Grewenig auch nicht wissen. Also gibt es eine Wahrheit, aber die kennen nur ein paar Leute. Und sie steht nicht in dem Buch.

Mein Schnellschuß heute morgen mag mich Freunde kosten, aber die Email ging raus und läßt sich nicht zurückholen. Auch wenn ich mir wünschte, ich hätte sie nicht geschrieben.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Über den Historiker und das O bjekt seiner Forschungen

Date: 2023/05/27 21:08:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Es ist für den Historiker, der zehn, fünfzig oder fünfhundert Jahre von einem Ereignis getrennt ist, nicht einfach, sich für eine Weile von den großen Konzepten der Strömungen und Kräfte, der Karten, Pläne, Statistiken und Diagramme freizumachen, in denen die Wanderungen von Männern, Frauen und Kindern durch gestrichelte Pfeile angegeben sind, und wo eine Brigade halb ängstlicher und halb heldenhafter Männer zu einem sauberen kleinen Rechteck wird.

Es ist nicht einfach, hinter das Quellenmaterial zu sehen und sich klarzumachen, daß Staatspapiere, Meldungen, Berichte, Briefe und Tagebücher von Menschen geschrieben wurden, die den größten Teil ihres Lebens damit verbrachten, daß sie schliefen, aßen, gähnten, sich entleerten, Läuse knackten, ihren Gelüsten frönten, aus Fenstern schauten oder mit irgendwelchen Leuten belangloses Zeug redeten.

Wir sind zu sehr beeindruckt von den Grundmustern und den übergreifenden großen Zusammenhängen, die die Forschung uns offenbart hat, um uns bewußt zu werden, daß Geschichte für die Teilnehmer eine durchaus zufällige Angelegenheit ist, unübersichtlich und scheinbar ziellos, hervorgebracht von Menschen, deren Hauptsorge in den meisten Lebenssituationen dem Trivialen und Irrelevanten gilt.

Der Historiker ist sich stets des Schicksalhaften bewußt, die Zeitgenossen und Beteiligten geschichtlicher Ereignisse selten.

aus: Ward Moore, „Der große Süden“,
(Originaltitel: „Bring the Jubilee“),
Heyne Verlag, Reihe „High 8000“, Nr. 8012, Seite 260-261

Inhalt: In einem Universum, in dem der Süden den amerikanischen Bürgerkrieg gewonnen hat (mit allen möglichen Folgen) reist im Jahre 1952 ein amerikanischer Historiker mit einer Zeitmaschine zur Schlacht von Gettysburg und verhindert unabsichtlich, daß die Südstaaten die Round Tops besetzen. Das hat zur Folge, daß die Südstaaten die Schlacht verlieren und seine eigene Zeitlinie zugunsten der unseren ausgelöscht wird. Ein klassischer Alternativ-Welt-Roman.