Date: 2023/05/07 19:24:35 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen,
als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der
Zehntscheune las:
Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:
"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene
Scheune,
die
Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit,
und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv=
Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn
Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder
vielmehr die
Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die
Stras worüber
die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.
Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein
könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller
und Meistrich verwendet wird.
In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.
Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem
weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es
"Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).
wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.
Vielleicht hilft´s
Schönen Abend und herzliche Grüße
Stephan
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Meistrich
Datum: 2023-05-07T19:35:39+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:
Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:
"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune, die Zehnte Scheune genannt, enthaltend Zwey (Zugleich) Keller und Meistrich, mit Fahrtgerechtig= keit, und allen damit verbundenen Sichtbaren und unsichtbaren Activ= und passiv= Dienstbarkeiten und so wie sie der Herr Verkäufer bisher besessen hat oder zu besitzen berechtigt war ohne Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.
Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.
In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.
Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).
Date: 2023/05/07 21:49:04 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo, Stephan,
gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn
der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen
Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich.
Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb
des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser
Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?
wenn
man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden,
könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens",
"überwiegend" etc. bedeutet.
dieses Wort "Meistrich" ist mir heute
vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von
1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:
Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft
an Johann Blaumeier:
"eine in der hiesigen Stadt im Graben
gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des
Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den
Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die
Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.
Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich"
sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich
als Keller und Meistrich verwendet wird.
In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.
Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in
dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W",
falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch
nicht fand).
Date: 2023/05/08 21:01:34 From: Stephan Molitor via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo Roland,
möglicherweise handelt es sich bei "Meistrich" nicht um eine Räumlichkeit o.ä. in der Zehntscheune, sondern um ein damit verbundenes Fischerei-Privileg, das gelegentlich unter der Bezeichnung "Maistrich" erwähnt wird und welches das Recht beinhaltete, an einem Gewässer den ersten Fischzug des Jahres durchführen zu können, bevor auch andere dort fischen durften; vgl. z.B.:
„Die Fischerei ist zwischen dem Erzbischof, dem Domcapitel und dem Johanniterordenshause zu Adenau getheilt; nach dem Maistrich aber sollen die Kirchspielsleute Macht haben, mit der Hand und Sillen zu fischen, sollen aber den großen nicht nachgehen ...“ Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn. Historisch und topographisch dargestellt durch Chr. von Stramberg (= Rheinischer Antiquarius Abt. 3. Bd. 10). Koblenz 1864, S. 289 (https://books.google.de/books?pg=PA289&id=7hVTAAAAcAAJ), demnach aus einem Weistum des 16. Jh.
Angesichts der anderen mit der Zehntscheune verbundenen Rechte (Fahrtgerechtigkeit, Aktiv- und Passivdienstbarkeiten) erscheint mir ein weiteres Recht, dessen genaue Bedeutung u.U. schon im 19. Jh. nicht mehr bekannt gewesen sein könnte, nicht völlig unplausibel.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Molitor
Gesendet: Sonntag, 07. Mai 2023 um 21:49 Uhr Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net> An: regionalforum-saar(a)genealogy.net Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich
Hallo, Stephan,
gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich.
Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?
wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.
dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:
Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:
"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune,
die Zehnte Scheune genannt,
enthaltend Zwey (Zugleich) Keller
und Meistrich, mit Fahrtgerechtig=
keit, und allen damit verbundenen
Sichtbaren und unsichtbaren
Activ= und passiv= Dienstbarkeiten
und so wie sie der Herr Verkäufer
bisher besessen hat oder zu
besitzen berechtigt war ohne
Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt
oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.
Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.
In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.
Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).
Date: 2023/05/10 06:27:29 From: alsfassen via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Moin. Danke für die Idee. Das schau ich mir am Wochenende an, bin im verregneten Schwarzwald auf Wandertour. Roland
-- Diese Nachricht wurde von meinem AndroiMobiltelefon mit WEB.DE Mail gesendet.
Am 08.05.23, 21:01 schrieb Stephan Molitor via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:
Hallo Roland,
möglicherweise handelt es sich bei "Meistrich" nicht um eine Räumlichkeit o.ä. in der Zehntscheune, sondern um ein damit verbundenes Fischerei-Privileg, das gelegentlich unter der Bezeichnung "Maistrich" erwähnt wird und welches das Recht beinhaltete, an einem Gewässer den ersten Fischzug des Jahres durchführen zu können, bevor auch andere dort fischen durften; vgl. z.B.:
„Die Fischerei ist zwischen dem Erzbischof, dem Domcapitel und dem Johanniterordenshause zu Adenau getheilt; nach dem Maistrich aber sollen die Kirchspielsleute Macht haben, mit der Hand und Sillen zu fischen, sollen aber den großen nicht nachgehen ...“ Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn. Historisch und topographisch dargestellt durch Chr. von Stramberg (= Rheinischer Antiquarius Abt. 3. Bd. 10). Koblenz 1864, S. 289 (https://books.google.de/books?pg=PA289&id=7hVTAAAAcAAJ), demnach aus einem Weistum des 16. Jh.
Angesichts der anderen mit der Zehntscheune verbundenen Rechte (Fahrtgerechtigkeit, Aktiv- und Passivdienstbarkeiten) erscheint mir ein weiteres Recht, dessen genaue Bedeutung u.U. schon im 19. Jh. nicht mehr bekannt gewesen sein könnte, nicht völlig unplausibel.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Molitor
Gesendet: Sonntag, 07. Mai 2023 um 21:49 Uhr
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Meistrich
Hallo, Stephan,
gute Idee, aber glaub ich eher nicht. Denn der ganze Rattenschwanz dahinter taucht auch bei anderen Verträgen auf - ohne dieses Wort oder so ähnlich. Ich denke eher, damit ist ein bestimmter Funktionsraum innerhalb des Gebäudes gemeint, wie z.B. der Kelller einer war. Dieser Raum diente beiden Zwecken zugleich, aber welchen?
wenn man sieht, was dahinter im Text für "Vorteile" genannt werden, könnte ich mir vorstellen, dass es soviel wie "meistens", "überwiegend" etc. bedeutet.
dieses Wort "Meistrich" ist mir heute vor die Flinte gekommen, als ich in einem Notariatsakt von 1829 über den Verkauf der Zehntscheune las:
Nicolaus Demuth aus St. Wendel verkauft an Johann Blaumeier:
"eine in der hiesigen Stadt im Graben gelegene Scheune, die Zehnte Scheune genannt, enthaltend Zwey (Zugleich) Keller und Meistrich, mit Fahrtgerechtig= keit, und allen damit verbundenen Sichtbaren und unsichtbaren Activ= und passiv= Dienstbarkeiten und so wie sie der Herr Verkäufer bisher besessen hat oder zu besitzen berechtigt war ohne Ausnahm noch Vorbehalt, begrenzt oben durch Herrn Käufer selbst, unten durch den Garten des Herrn Carl Cetto oder vielmehr die Motte, hinten durch den Garten des Herrn Cetto und vorn durch die Stras worüber die Einfahrt führt und durch Peter Metzlers Wittib.
Ich hab keinen Schimmer, was "Meistrich" sein könnte. Aus dem Text geht hervor, daß der Raum zugleich als Keller und Meistrich verwendet wird.
In Grimms Wörterbuch fand ich auch nichts.
Hat jemand eine Idee? Leider fand ich in dem weiteren Text weder ein weiteres großes "M" noch ein "W", falls es "Weistrich" heißen sollte (was ich bei Grimm auch nicht fand).
Rezensiert für H-Soz-Kult von Marcus Böick, Center for European
Studies,
Harvard University
Erstaunlich lakonisch gibt der Text auf dem Schutzumschlag
Auskunft über den
Inhalt des Buches: „Über Schiffsunglücke, Arbeitsunfälle und
abgestürzte
Zeppeline“. Und in der Tat bilden diese Themenblöcke Schwerpunkte
in einem
Sammelband, der sich mit der (Medien-)Geschichte von Unfällen im
deutschen
Kaiserreich befasst. Das Herausgeberduo Birgit Metzger und Amerigo
Caruso nimmt
sich in einer umfassenden Einleitung einiges vor: Unfälle
markierten, so heißt
es, „ebenso wie Gewalt oder Krankheiten die Grenzen von
individueller und
kollektiver Sicherheit“; sie entstünden „in einem komplexen
Zusammenspiel von
menschlichem Handeln und Verhalten mit natürlichen wie technischen
Umwelten“,
die sich „der individuellen Kontrolle weitgehend“ entzögen (S. 7).
Diese werden
mithin als „Augenblicke der Disruption“ verstanden, die gleichsam
„grundsätzliche Frage[n] der Sicherheit, Freiheit und sozialen
Gerechtigkeit“
(ebd.) aufwirbelten. Dabei sei es, so die Grundannahme, gerade um
1900 im
„Prozess der Modernisierung“ (ebd.) zu einer umfassenden
Rekonfiguration des
Ensembles aus Öffentlichkeit, Staat und Gesellschaft im
Kaiserreich gekommen,
die auch individuelle wie kollektive Fragen von Sicherheit und
Risiko
transformiert habe.
Metzger und Caruso wollen damit explizit an zwei aktuelle
Debattenstränge
anknüpfen, die in den letzten Jahren die hiesige Zunft mit Blick
auf das späte
19. und frühe 20. Jahrhundert umgetrieben haben: die Diskussionen
um einen
Wandel von Sicherheitskulturen und Risikokonzepten einerseits[1] sowie die teils schrillen
Kontroversen um
die Modernität des Kaiserreichs andererseits.[2] Unfälle sollen dabei –
hierauf wird noch
zurückzukommen sein – als „Sonde“ begriffen werden, die geeignet
sei, „latente
soziale und politische Spannungen auszuleuchten sowie das
Verhältnis zu
Fortschritt und Nation, Exklusions- und Inklusionsmechanismen zu
eruieren“ (S.
10). Insbesondere gelte es, die „Grundfrage der Unfallgeschichte“
schlechthin
zu adressieren – nämlich „wie Menschen zu verschiedenen Zeiten und
Orten
Unfälle ebenso wie Katastrophen (verstanden als
Großschadensereignisse)
wahrgenommen haben wie sie damit umgegangen“ seien (ebd.). Im
Laufe des 19.
Jahrhunderts habe sich dabei eine „Säkularisierung des Unfalls“
vollzogen, die
das Herausgeberduo zugleich mit einem „Trend zur Kollektivierung
von Risiken“,
steigenden Ansprüchen an den Staat, einem zunehmenden
gesellschaftlichen
Risikobewusstsein sowie einer „Ambivalenz technischer Lösungen“
verknüpft
(ebd.). Die konzeptionell stark verdichtete, aber im Grundimpuls
überzeugende
Einleitung arbeitet sich noch an weiteren Punkten ab (etwa zur
Pluralisierung
des Mediensystems, zur Ambivalenz des Technologie-Verständnisses
oder zur
„Gender-Gap“ in der Unfallgeschichte), die allerdings den Blick
auf das
konzeptionelle Kernanliegen – der Unfall als historiografische
„Sonde“ einer
ambivalenten Modernisierung im späten 19. Jahrhundert – nicht
verstellen
sollen.
Ein erster Abschnitt mit vier Texten ist Fragen von „Unfallpolitik
und
Krisenkommunikation“ gewidmet. Julia Moses konstatiert in ihrem
transnational
ausgerichteten Beitrag ein „Jahrhundert des Unfalls“, das sie
anhand einer
„Geneaologie der Haftung“ für Arbeitsunfälle beschreibt: Im Laufe
des 19.
Jahrhunderts seien in europäischen Gesellschaften Fragen von
Anerkennung, Entschädigung
und Verantwortung für bzw. bei Arbeitsunfällen mit Blick auf in
eine sich
dynamisch industrialisierende Welt immer stärker als „soziale
Rechte“
problematisiert und auf verschiedene Weise institutionalisiert,
aber zugleich
auch kritisch (als missbräuchliches „Simulantentum“) diskutiert
worden. Einen
anderen Fokus wählt der Beitrag zu „Schießunfällen“ von Dagmar
Ellerbrock, die
die analytische Kategorie der „Sicherheitsgefühle“ entwickelt und
nachdrücklich
für eine Verzahnung von Sicherheits- und Emotionsgeschichte wirbt:
Die Anfang
des 20. Jahrhunderts plötzlich in staatlichen Stellen,
skandalisierender
Öffentlichkeit und verunsicherter Gesellschaft aufkommende
intensive Debatte
über einen nunmehr als gefährlich empfundenen und unbedingt zu
regulierenden
Schusswaffengebrauch (vor allem bei jüngeren Männern) wird als
„Kipppunkt“
gedeutet, der – in Anlehnung an Reinhart Koselleck – mit Blick auf
den privaten
Schusswaffenbesitz und -gebrauch zu einer tiefgreifenden
Rekonfiguration im
Verhältnis von „Sicherheitserfahrungen“ sowie
„Sicherheitserwartungen“ geführt
habe.
Die weiteren Beiträge von Sebastian Rojek und Birgit Metzger
beschäftigen sich
mit dem Militär: Rojek untersucht die öffentlichen Diskussionen
wie politischen
Debatten über den strategischen wie nationalen Stellenwert der
neugegründeten
kaiserlichen Marine nach dem dramatischen Untergang des
Panzerschiffs „Großer
Kurfürst“ im Mai 1878. Der Streit kreiste um die schillernde
Person des
Marine-Ministers Albrecht von Stosch, der als „fachfremder“
Infanterie-General
in der Kritik stand, wobei der spektakuläre Untergang des
Kriegsschiffs einen
„zentralen Wendepunkt“ in der öffentlichen Wahrnehmung einer
bislang
„traditionslosen“ (S. 93) Marine dargestellt habe. Metzger
beschäftigt sich im
Gegensatz zu diesem spektakulären Fall stärker mit kleineren
Unfällen als
„Grenzobjekten“ (S. 113) aus dem Alltag des Militärs, hier der
württembergischen Armee. In den letzten drei Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts
seien dabei individuelle Todesunfälle im Rahmen des
Militärdienstes, etwa durch
„Hitzschlag“ während des Drills, zunehmend als vermeidbares
Problem von der
(Lokal-)Presse kritisch diskutiert und von Experten statistisch
analysiert
worden, während sich zugleich die gesellschaftliche
„Risikoakzeptanz“ gewandelt
habe.
Der zweite Block zu „Unfallpolitik und Krisenkommunikation“
vereint drei
Beiträge, die teils in die Höhe führen (wie Jürgen Bleiblers
Beitrag über die
kontroversen Debatten um den Absturz des Marineluftschiffes „L2“
im Herbst
1913), teils aber auch in die Tiefe (wie Michael Farrenkopfs
Zusammenschau zu
Grubenunglücken im Kaiserreich). Während Bleibler den politischen
wie medialen
Umgang mit der „größten Luftfahrtkatastrophe vor dem Ersten
Weltkrieg“ (S. 122)
und vor allem die symbolisch stark aufgeladene Rolle des Grafen
Zeppelin
behandelt, arbeitet Farrenkopf in einem scharfkantigen Dreischritt
den Wandel
des Umgangs mit immer häufiger auftretenden Grubenunglücken
heraus. Von frühen
Versuchen zur technischen Prävention über Debatten, die zwischen
Staat,
Großkapital und Öffentlichkeit um Verantwortlichkeiten ausgetragen
wurden, bis
hin zur zunehmenden politischen und medialen „Funktionialisierung“
von Unfällen
durch verschiedene Interessengruppen – insbesondere am Beispiel
der
„Explosionskatastrophe“ im Schacht Radbod bei Hamm im November
1908. Der dritte
Beitrag von Fabian Trinkhaus schließlich diskutiert die sich
wandelnde
Wahrnehmung von Unfällen in der Eisen- und Stahlindustrie des
Saarlandes und
die hiesige „Unfallpolitik“ im Spannungsfeld von paternalistischen
Unternehmern
und mobilisierenden Gewerkschaftsvertretern.
Der dritte und letzte inhaltliche Block widmet sich
„Unfallnarrativen und
Medien“. Amerigo Caruso beschreibt in seinem quellennahen Stück
einen Vorfall,
der es als „letzter vormoderner Unfall“ nur fast zu einem
transnationalen
Medienereignis gebracht habe: Als König August II. von Sachsen im
Sommer 1854
bei einer Kutschfahrt in den Alpen tödlich verunglückte, hätten
Medialisierung
und „politische Funktionalisierung“ (S. 211) des unerwarteten
Todesfalls
zwischen älteren, religiösen Interpretationen
(schicksalhaft-tragisches
„Unglück“) und neueren, risikobezogenen Deutungen
(riskant-unverantwortliches
Verhalten) oszilliert. Neuartige (Massen-)Medialisierungsdynamiken
bestimmen
den Beitrag von Rüdiger Haube. Dieser widmet sich abermals der
„deutschen“
Luftschifffahrt, die trotz immer wieder auftretender, teils
tödlicher Unfälle
und dramatischer Abstürze geradezu zum Symbol nationaler
Widerstandsfähigkeit
um den unverzagten „Heldengreis“ (S. 229) Graf Zeppelin umgedeutet
wurde. Die
„wiederholte Zerstörung eines Nationalsymbols“ habe daher
paradoxerweise stets
„zu Ausbrüchen von Begeisterung“ (S. 226) geführt. Etwas anders
ist die
Konstellation im letzten, von Peter Busse und Bernd Lukasch
verfassten Beitrag
über Otto Lilienthal als „modernen Ikarus“ gelagert. Dieser habe
zwar durch
seine teils fotografisch dokumentierten Flugversuche in den frühen
1890er-Jahren bisweilen transatlantische Aufmerksamkeit erregt,
sei jedoch nach
seinem tödlichen Unfall am 9. August 1896 nahe Berlin in
Vergessenheit geraten
und erst später, in den 1910er- und 1920er-Jahren, unter stets
verschiedenen
politischen Vorzeichen als „Pionier“ der Luftfahrt wiederentdeckt
worden.
Alles in allem ist der vorliegende Sammelband – der mit zwei
luziden Kommentaren
von Christiane G. Krüger und Peter Itzen schließt – ein durchaus
interessantes
Potpourri aus verschiedenen mikroskopischen Detailstudien, über
die Geschichte
von kleineren und größeren Unfällen und deren medialer
Verarbeitung. Doch
werden zugleich auch größere Fragen über die vieldiskutierte
„Hybridität“
Deutschlands in der Zeit um die Jahrhundertwende diskutiert.
Allerdings fällt
auf, dass die konzeptionellen Metaphern, mit denen die diversen
Autorinnen und
Autoren in ihren jeweiligen Texten arbeiten, recht unterschiedlich
gefasst
sind: Unfälle dienen dabei wahlweise als „Sonde“, „Brennglas“ oder
„Grenzobjekte“ (S. 113); sie werden als „Zäsur“ (S. 128),
„Katastrophe“ (S.
142), „Unglück“, „singuläres Ereignis“ (S. 180) oder schlichtweg
als „Störung des
Alltags“ (S. 213) verstanden. Doch wie die hier in einer
Kombination aus
politik-, sozial- und kulturhistorischen Ansätzen sehr vielfältig
beschriebenen
Medialisierungen bzw. Politisierungen letztlich auch
gesellschaftliche
Rezeptionen und weitergehende Resonanzen sowie kollektive oder
individuelle
Aneignungen dieser besonderen Ereignisse überzeugend empirisch
„sondieren“ und
aufschließen könnten, bliebe weiter zu diskutieren. An dieser
Stelle würden
sicher thematische Blick- wie perspektivische
Horizonterweiterungen hilfreich
sein: Thematisch über die gewählten Bereiche Militär,
(Schwer-)Industrie oder
(Luft-)Verkehr, perspektivisch über die nationalen Grenzen bzw.
europäischen
Konstellationen hinaus. Auf diese Weise ließe sich weiter über die
widersprüchlichen
Übergänge zwischen „Tradition“ und „Moderne“ bzw. „Schicksal“ und
„Risiko“ auch
in größeren Maßstäben diskutieren.
Anmerkungen: [1] Siehe exemplarisch Eva van
Contzen / Tobias
Huff / Peter Itzen (Hrsg.), Risikogesellschaften. Literatur- und
geschichtswissenschaftliche Perspektiven, Bielefeld 2018. [2] Vgl. jüngst bilanzierend
Birgit Aschmann /
Monika Wienfort (Hrsg.), Zwischen Licht und Schatten. Das
Kaiserreich
(1871–1914) und seine neuen Kontroversen, Frankfurt am Main 2022.
Von den Römern bis
zur Reformation – Tagesexkursion in die
Kirchengeschichte von Trier
Sa, 15.7.2023
10:15-16:15 Uhr
Art der
Veranstaltung Fortbildungen / Seminare /
Vorträge
Veranstaltungsort
Innenstadt Trier, 54290 Trier
Ausführliche
Beschreibung
Nach dem
Ende des römischen Reiches hat das
Christentum Trier und das gesamte Rheinland
geprägt. Die historische Entwicklung der
Stadt, die aufs engste mit der Kirche
verbunden war, spiegelt sich bis heute
nachvollziehbar in ihren Gotteshäusern.
Einige davon werden wir während der
Tagesexkursion besuchen. So gewinnen wir
Einblicke sowohl in die Baugeschichte als
auch in die Geschichte des Christentums und
seiner Theologie.
Treffpunkt und Start der Tour ist das Café
Basilica an der Konstantinbasilika.
Nach der Besichtigung der Basilika haben wir
Zugang zu den Ausgrabungen, die
normalerweise nicht für Publikum geöffnet
sind.
Weiter geht es zur Porta Nigra, zum Markt
und zur Kirche St. Gangolf.
Nach der Mittagspause stehen Dom, Liebfrauen
und die Jesuitenkirche auf dem Programm
sowie zum Abschluss ein kurzer Blick in das
Geburtshaus des Trierer Reformators Caspar
Olevian, damals eine Bäckerei, heute ein
Modegeschäft.
Als ortskundiger Referent begleitet uns Dr.
Andreas Mühling, Professor für Evangelische
Kirchengeschichte und Leiter des
Ökumenischen Institutes für interreligiösen
Dialog an der Universität Trier.
Alle Wege werden zu Fuß gegangen.
Eine Mittagspause von ca. 90 Minuten ist
eingeplant.
Die Tour beginnt um 10.15 Uhr und endet
voraussichtlich um 16.15 Uhr.
Die Anreise erfolgt individuell mit Bahn
oder PKW, nach Absprache auch in
Fahrgemeinschaften.
Anmeldung
bis 28.06.2023 an anmeldung(a)eeb-sued.de,
Stichwort Exkursion Trier
(Bitte geben Sie bei der Anmeldung Ihre
vollständige Adresse an. Ihre Daten werden
vertraulich behandelt.)
Organisatoren Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“,
Heidelberger
Akademie der Wissenschaften, Heidelberg
29.03.2023 - 31.03.2023
Von Dominika Bopp / Katharina Falkson, Deutsches Rechtswörterbuch,
Heidelberger
Akademie der Wissenschaften
In den Landrechten und Landrechtsreformationen wird sowohl die
Organisation des
öffentlichen Lebens, inklusive des Straf- und Prozessrechts, als
auch die
Belange der Bürger, etwa das Familien- und Erbrecht, behandelt.
Die Tagung
beschäftigte sich mit Landrechten vom Mittelalter bis hin zu
späten
Landrechtsreformationen und alternativen Konzepten im 18.
Jahrhundert. Den
thematischen Kern bildeten Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts
aus dem
süddeutschen Raum einerseits und dem norddeutschen Raum
andererseits. Zentrale
Fragen, denen nachgegangen wurde, waren der Einfluss des römischen
Rechts auf
die Landrechte, Unterschiede zu den Stadtrechten, Zusammenhänge
der Landrechte
untereinander sowie ihre Entstehung, Inhalte und Rezeption.
Nach einem Grußwort durch den Altpräsidenten der Heidelberger
Akademie der
Wissenschaften und Altrektor der Universität Heidelberg Gisbert
Gans Edler Herr
zu Putlitz leitete ANDREAS DEUTSCH (Heidelberg) in die Tagung ein.
Deutsch
beleuchtete die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs
‚Landrecht‘, wobei Land
am ehesten im Sinne von frz. ‚pays‘ zu verstehen sei, Landrecht
also nicht als
‚ländliches Recht‘, sondern vielmehr als ‚in einer Landschaft
geltendes Recht‘.
Das Landrecht sei zunächst in literarischen Quellen auszumachen
als ‚Recht
eines Volkes‘, eine Art ‚Stammesrecht‘. Hiervon zu unterscheiden
sei die
modernere, auf der Tagung thematisierte Bedeutung
‚Territorialrecht einer
bestimmten Herrschaft‘ (als förmlich in Kraft gesetztes Recht).
Viele der für
die Stadtrechtsreformationen erarbeiteten typischen Merkmale –
etwa die Frage
der Neuordnung des Rechts vor dem Hintergrund der Rezeption des
römisch-kanonischen Rechts in Mitteleuropa – seien mutmaßlich auf
die
Landrechtsreformationen übertragbar, was es zu überprüfen gelte.
Mit dem Fehmarnschen Landrecht beschäftigte sich der
Rechtshistoriker CHRISTIAN
HATTENHAUER (Heidelberg) und stellte die besondere Stellung
Fehmarns als Land
freier Bauern mit einer weitgehend eigenständigen
Rechtsentwicklung heraus. Er
stellte drei Fassungen des eher mittelalterlich geprägten
Fehmarnschen
Landrechts vor, das den Charakter einer Landfriedensordnung
aufweist. Bereits
1320/21 wurde eine erste Fassung mit 38 Artikeln zu Prozessrecht,
Strafrecht,
Bußenstrafrecht und Blutstrafrecht aufgezeichnet – ein Weistum der
Rechtsgewohnheiten von freien Bauern unter dänischer Herrschaft.
Im Jahr 1326
folgte eine (nur niederdeutsch erhaltene) Fassung, die 16
zusätzliche Artikel,
Privilegien der Fehmarner und eine bis 1876 bestehende
Gerichtsverfassung
beinhaltete. Anhand eines 1550 erlassenen Mandats, das eine
Neuregelung der
Hinrichtungsarten bei Totschlag definiert, lässt sich das
Eingreifen in die
Privilegien der Landschaft zeigen. Die dritte Fassung des
Landrechts von 1558
belegt eine zunehmende Kontrolle der Gerichtspraxis durch den
herrschaftlichen
Vogt.
WILHELM BRAUNEDER (Wien) beleuchtete das Wesen und die Wirkung der
Landrechte
für Österreich unter der Enns aus dem 16. Jahrhundert. In jener
Zeit gab es
eine Vielzahl an Gesetzgebungsinitiativen, die auf die Landstände
zurückgingen.
Noch als ein Vorläufer sei der um 1526 entstandene erste
Niederösterreichische Landrechtsentwurf
anzusehen, der in der Praxis vermutlich keine Rolle spielte. Mit
dem 1573 im
Auftrag der Landstände und mit Genehmigung des Fürsten
herausgegebenen
Landrechtsentwurf unter der Enns beginnt eine ganze Reihe von
Landrechtsentwürfen, welche jeweils intensiv auf ihre Vorläufer
zurückgriffen,
die Materie aber sehr gründlich bearbeiteten. Zu einem förmlich
beschlossenen
Gesetz kam es erst nach 1700. In der Praxis wurden aber auch die
Entwürfe wie
ein Gesetz behandelt. Im Aufbau enthalten die Entwürfe drei
Bücher:
Gerichtsordnung, Zivilrecht und Erbrecht. Dieses Beispiel zeigt
die Stärke der
Landstände im Vergleich zum Fürsten.
Auch in Bayern, wo 1518 die erste Landrechtsreformation, die
diesen Namen
tatsächlich im Titel führt, in Kraft trat, war der Weg dorthin vom
Streit
zwischen Herrschaft und Landständen gekennzeichnet. HANS-GEORG
HERMANN
(München) widmete sich den Besonderheiten der Zweiteilung der
bayerischen
Rechtslandschaft im 16. Jahrhundert aufgrund der erbbedingten
Aufspaltung des
Landes in die vereinigten Teilherzogtümer Bayern-Landshut mit
Bayern-Ingolstadt
einerseits und Bayern-München andererseits. Die Unterschiede
zeigten sich unter
anderem in der Prozesspraxis (selbsturteilender Richter in
Niederbayern vs.
Umstand als Urteilsfinder in Oberbayern). Hermann zeigte, wie die
Herzöge
regionales Sonderrecht zurückzudrängen suchten. Bereits die
Erdinger Konferenz
(um 1487) habe letztlich dem Ziel einer Rechtsangleichung zwischen
Ober- und
Niederbayern dienen sollen. Erst als Bayern nach dem Landshuter
Erbfolgekrieg
von 1505 wiedervereinigt wurde, war an die Reformation des
Landrechts zu
denken, die 1518 unter Herzog Wilhelm IV. in Kraft treten konnte.
Mit den Württembergischen Landrechten aus den Jahren 1555, 1567
und 1610
beschäftigten sich STEPHAN DUSIL und GIULIO ERBAR (beide
Tübingen). Württemberg
hatte in den vorangehenden Jahrzehnten unsichere Zeiten
durchgemacht. Kaum war
der Aufstand des „Armen Konrad“ 1514 niedergeschlagen, geriet
Herzog Ulrich
wegen Konflikten mit dem Kaiser in die Reichsacht. Erst 1534
gelang ihm die
Rückkehr in sein Land. 1546 wurde Württemberg im Schmalkaldischen
Krieg erneut
von kaiserlichen Truppen besetzt. Die Konsolidierung des Landes
konnte erst
Ulrichs Sohn Christoph nach seiner Thronbesteigung 1550 in Angriff
nehmen. Er
bemühte sich um politische und rechtliche Reformen. Aufgrund
seiner weiterhin
schwachen Stellung konnten die Landstände aber ein starkes
Mitspracherecht
durchsetzen. Die Landrechte Württembergs können als ein
„Paradebeispiel“ für
eine Synthese aus römischem Recht und hergebrachten
Rechtsgewohnheiten gelten,
wie Erbar am Beispiel des Interzessionsverbots für Frauen
aufzeigte. Das zweite
Landrecht deute zudem auf eine Intention zur Rechtsgestaltung hin.
Wie sich am
Beispiel der rechtlichen Stellung der Ehefrau ablesen lasse, habe
man weder den
hergebrachten Rechtszustand beibehalten noch das römische Recht
übernommen,
sondern nach einer eigenständigen Lösung gesucht. Hieran zeige
sich ein
Bewusstsein für Recht als gestalterisches Herrschaftsinstrument.
Eine nähere Betrachtung der Kursächsischen Konstitutionen aus dem
Jahr 1572 bot
ADRIAN SCHMIDT-RECLA (Jena). Das unter Kurfürst August in Kraft
gesetzte
Gesetzeswerk besteht (anders als die meisten anderen
Landrechtsreformationen)
nicht aus abstrakt-generellen Rechtssätzen, vielmehr wurden für
ausgewählte, an
konkreten Rechtsfällen orientierte, umstrittene Rechtsfragen durch
kurfürstliche Einzelentscheidungen Vorgaben gemacht, wie die Fälle
entschieden
werden sollten (sog. ‚Kontroversengesetzgebung‘). Basis der
Konstitutionen
waren Gutachten der juristischen Fakultäten von Leipzig und
Wittenberg zu
Materialsammlungen der Schöppenstühle. Anhand von zwei Beispielen
(bezüglich
der Formen der Landnutzung sowie zur Personalexekution) zeigte
Schmidt-Recla, dass
die Konstitutionen Lösungen für Probleme der Gegenwart boten, eine
Modernisierung im Hinblick auf die Anforderungen eines
Territorialstaates
anstrebten und eine Stabilität der Herrschaft von innen heraus zu
erreichen
suchten. Die Konstitutionen erscheinen so als Teil der
herzoglichen
Konsolidierungspolitik mit rechtlichen Mitteln.
Der Rechtswissenschaftler BERND-RÜDIGER KERN (Leipzig)
präsentierte das
Kurpfälzische Landrecht von 1582, das vor allem auf das
Württembergische
Landrecht, das Solmser Landrecht und die Frankfurter Reformation
(1509) als
Quellen zurückgriff. Es stellte eine große kodifikatorische
Leistung dar – mit
Wirkung weit über die Grenzen der Kurpfalz hinaus. Das Zivilrecht
gehe
großenteils auf den Rechtsgelehrten Noe Meurer (1525/28-1583)
zurück. Die
römisch-rechtlichen Anteile seien in den einzelnen Teilen des
Landrechts sehr
unterschiedlich; der Grad der Romanisierung sei aber insgesamt
geringer als
bisher angenommen. Dass in der Vorrede dennoch das römische Recht
als Grundlage
für das Landrecht betont wird, dürfte einen politischen Zweck
gehabt haben: Ein
Landrecht, das lediglich das theoretisch ohnehin geltende römische
Recht
adaptierte, erschien weniger angreifbar. Außerdem ließ sich das
kurfürstliche
Ziel, das Landrecht auch auf benachbarte Territorien zu
übertragen, besser
rechtfertigen – letztlich dann auch die Überstülpung des
Landrechts auf die
Oberpfalz.
Der Archäologe und Direktor des Nordfriisk Instituuts CHRISTOPH G.
SCHMIDT
(Bredstedt) beschäftigte sich mit dem nordfriesischen Landrecht,
zu dem ein
Projekt in Planung ist, welches eine Synopse der Texte, eine
Übersetzung und
eine Analyse der Sprache beinhalten soll. Die älteste bekannte
Aufzeichnung
dieses Rechts ist die Siebenhardenbeliebung von 1426, die wie alle
nordfriesischen Texte in Niederdeutsch verfasst ist und
beispielsweise Artikel
zu Erbrecht, Sühnerecht und Friedensbruch, Strandrecht und
Kaufrecht enthielt.
Bemerkenswert ist, dass diese Beliebung von den Vertretern der
jeweiligen
Harden beschlossen wurde, um die Autonomie der Gebiete zu sichern.
Eine
Originalfassung ist nicht überliefert, die Beliebung wurde jedoch
weitgehend
unverändert in das Landrecht von 1558 übernommen. Dieses war
wiederum die Basis
für das Nordstrander Landrecht (1572) und wurde erstmals von der
herzoglichen
Residenz erlassen. Erst mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (1900)
verloren diese
Rechtsnormen ihre Geltung.
An das Thema schloss ISABELLA LÖW (Bispingen) an mit einer
Darstellung der
Rechte von Eiderstedt, die zunächst mündlich tradiert wurden,
bevor sie als
Krone der rechten Wahrheit mutmaßlich 1426 auf Niederdeutsch
aufgezeichnet
wurden. Eine Überarbeitung von 1466 enthielt 20 Regelungen, die
zum Teil aus
neuen Vorschriften und Ergänzungen (z.B. zur Mannbuße, zum
Deichrecht) bestand.
Veranlasst wurde die Neufassung vom Staller, (Landvogt), aber von
den
Vertretern der Bauernschaft beschlossen, sodass die Interessen der
Eiderstedter
gewahrt blieben. Dies blieb im Kern auch so, als 1572 und 1591
Reformationen
des Landrechts entstanden. 1572 „kaufte“ sich die wohlhabende
Eiderstedter
Bevölkerung vom Herzog ein neues Landrecht, das die hergebrachten
Rechte
sicherte. Römisches Recht findet sich verstärkt in der redigierten
Fassung von
1591. Auch wenn nun die herzoglichen Räte an der Rechtsetzung
stärker beteiligt
waren, behielten die Eiderstedter ihre Privilegien.
PETER OESTMANN (Münster) widmete sich dem Mecklenburgischen
Landrechtsentwurf
des norddeutschen Juristen David Mevius (1609-1670). Mevius konnte
die ersten
drei Teile des 1655 von den mecklenburgischen Landständen in
Auftrag gegebenen
Entwurfs 1658 vorlegen, der vierte Teil folgte drei Jahre später.
Ein Streit um
das Lehnsrecht zwischen der Herrschaft und der Ritterschaft
verhinderte indes
die Verabschiedung als Gesetz. Der Entwurf zeichne sich durch eine
Systematisierung des Rechts aus, so folgen die ersten drei Teile
der Gliederung
des Gaianischen Institutionensystems nach personae, res und
actiones. Partiell
wirke der Entwurf sehr modern, so etwa die vorgesehene
Eheschließung ohne
Beteiligung der Kirche. Andere Regelungen seien hingegen
altertümlich oder
traditionell, etwa die Bestimmungen zur Leibeigenschaft. Oestmann
wendete sich
gegen die in der Literatur aufgeworfene Frage, ob der Entwurf
misslungen sei,
da er nie in Kraft getreten ist. Schließlich lasse sich die
Qualität eines
Rechtstextes nicht danach beurteilen, ob dieser in Kraft trat oder
nicht.
CHRISTOPH BECKER (Augsburg) ging auf die Bedeutung der Vorlesung
zum
Kurkölnischen Landrecht des Juristen und Hochschullehrers Heinrich
Gottfried
Wilhelm Daniels (1754-1827) für die Forschung ein. Die Bonner
Vorlesung wird
auf 1793/94 datiert. Da es nur wenig Literatur zur Kurkölner
Landrechtsreformation (1538) gibt, seien die Aufzeichnungen eine
wichtige
Quelle für die Gerichtspraxis der Zeit. Des Erzstifftes Köln
Reformation
inkorporierte unter anderem annähernd wörtlich die Peinliche
Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. Reichsrecht wurde hier somit
als Landrecht
verkündet; zugleich wurden regionale Sonderrechte für ungültig
erklärt. Der
Abschnitt gegen Missbräuche beispielsweise zeige den
Vereinheitlichungswillen
des Gesetzgebers; Rechtsvereinheitlichung auf dem Boden des
gemeinen Rechts
könne als Ziel der gesamten Landrechtsreformation angesehen
werden. Besonders
deutlich steht das Privatrecht unter römisch-rechtlichem Einfluss.
Als Quelle
für alte Rechtsbräuche kursierten Daniels' Aufzeichnungen unter
Juristen noch
im 19. Jahrhundert.
Einen komparatistischen Ansatz wählte THOMAS RÜFNER (Trier), der
das Kurtrierer
Landrecht (1668/1713) mit den benachbarten ‚Coutumes‘ von
Lothringen und
Luxemburg verglich. Die Besonderheit der Coutumes, in ihren
deutschen
Übersetzungen ‚Landsbräuche‘ genannt, ist, dass sie eine von der
Herrschaft
angeordnete Niederschrift der jeweiligen heimischen
Rechtsgewohnheiten
darstellen. Die vergleichende Analyse Rüfners ergab zwar, dass es
strukturelle
Unterschiede zwischen den Texten gab. So waren die Coutumes an das
Gaianische
Schema angelehnt. Das Trierer Landrecht hingegen orientierte sich
am Kurkölner
Landrecht und weise keine klare Systematik auf. Es sei aber
stärker
romanisiert, wie sich z.B. im Erbrecht zeige. Den entscheidenden
Faktor für die
Unterschiede sieht Rüfner jedoch nicht in den unterschiedlichen
Prinzipien der
Rechtsaufzeichnung (Aufzeichnung von Gewohnheitsrecht in
Frankreich,
herrschaftliche Rechtssetzung in Deutschland), sondern in der
individuellen
Genese der jeweiligen Rechtsaufzeichnung – unter Verwendung
unterschiedlicher
Vorlagen und Vorbilder.
GERHARD LINGELBACH (Jena) stellte die Merkmale sowie die Bedeutung
des erstmals
1724 in Leipzig erschienenen Codex Augusteus vor. Diese Sammlung
von
Rechtsvorschriften bzw. Rechtssetzungsakten sächsischer Herrscher
(vom 13. bis
18. Jahrhundert mit Fortsetzungen bis ins 19. Jahrhundert) wurde
von Johann
Christian Lünig (1662-1740, Amtmann in Eilenburg und
Stadtschreiber in Leipzig)
als „Privatarbeit“ erstellt. Das Werk wurde allerdings durch die
Räte bei Hofe
initiiert. Ziel war – neben der Befestigung des Anspruchs des
Hofes auf Gesetzgebung
– die Schaffung von Rechtssicherheit: Der Codex bot das
Handwerkszeug für die
Gerichte und bildete einen Fundus für die Wissenschaft, indem sie
ein Zeitbild
vermittelten, wie die Wirklichkeit sein sollte. Lünigs Codex
Augusteus steht
insoweit in einer Reihe vergleichbarer Gesetzessammlungen der Zeit
– vom Codex
Austriacus über die Hessischen Sammlungen bis hin zu den
Chur-Braunschweig-Lüneburgische Landes-Ordnungen und Gesetzen.
Das Hohenloher Landrecht von 1738 war Gegenstand des Vortrages von
KLAUS-PETER
SCHRÖDER (Heidelberg). Dieses Landrecht wurde weitgehend wörtlich
in Wimpfen
als Stadtrecht übernommen und blieb dort bis 1900 gültig. Bereits
im 16.
Jahrhundert gab es Ansätze zur territorialen Gesetzgebung, um die
Rechtslage in
dem durch Erbteilungen in verschiedene Linien zersplitterten
Hohenlohe zu
vereinheitlichen. Die Anfrage, ein Landrecht zu verfassen, lehnte
der
Schwäbisch Haller Syndikus Rudolf Widmann 1576 ab und auch ein
schließlich von
dem Hohenlohischen Rat Zacharias Hyso verfasster Entwurf kam über
den ersten
Teil nicht hinaus. Erst der von Graf Karl Ludwig (1674-1756)
angestoßene Plan
eines Landrechts wurde von Johann Friedrich Allgeyer und dem
Kanzleidirektor
Georg Tobias Pistorius 1722/25 umgesetzt. Man schöpfte für die
Landrechtsreformation
aus heimischen Rechtsgewohnheiten, auch der Hohenlohischen
Landstädte, daneben
seien Einflüsse von benachbarten Territorien, wie Württemberg,
Würzburg und
Brandenburg-Ansbach, auszumachen. Römisches Recht spielte nur eine
nachrangige
Rolle.
Die Historikerin ALMUTH BEDENBENDER (Heidelberg) stellte Ansätze
aus dem
Bereich der Digital Humanities vor, um Landrechtsreformationen in
ihren
textuellen Beziehungen zu untersuchen und Übereinstimmungen zu
visualisieren.
Die Basis ihrer Analyse bildeten die im Rahmen des Projekts
Deutschsprachige
Rechtsquellen in digitaler Edition (DRQEdit)[1] transkribierten Drucke des
15. und 16.
Jahrhunderts sowie einige weitere Texte. Bedenbender wies darauf
hin, dass bei
der automatischen Ermittlung von signifikanten Übereinstimmungen
in
verschiedener Hinsicht mit Ungenauigkeiten zu rechnen ist, konnte
aber zugleich
anhand von einigen Beispielen zeigen, wie sich damit Zusammenhänge
einer
Vielzahl von Texten erschließen und auch im Detailvergleich prüfen
lassen. Wie
Bedenbender anhand von synoptischen Gegenüberstellungen
ausgewählter Quellen
und mittels graphischer Darstellungen veranschaulichte, haben
mehrere
Landrechtsreformationen und verwandte Rechtstexte signifikante
Übereinstimmungen im Wortlaut.
Zusammenfassend zeigte sich, dass die Rezeption des römischen
Rechts in
Deutschland zwar für die Entstehung der Landrechtsreformationen
mit auslösend
gewesen sein dürfte, die Reformationen selbst aber weniger
römisches Recht
enthalten, als man erwarten könnte. Ähnlich wie bei den
Stadtrechtsreformationen scheinen auch die Landrechtsreformationen
ein
Instrument zur Festigung der jeweiligen Herrschaft gewesen zu
sein. Häufig
mussten die Herrschaften allerdings bei ihrer Gesetzgebung
gegenüber den
Landständen Zugeständnisse machen. Auffallend oft blieben die
angestoßenen
Reformationen im Entwurfsstadium stecken.
Konferenzübersicht:
Eine thematische Annäherung
Andreas Deutsch (Heidelberg): Landrechte und
Landrechtsreformationen
Mittelalterliche Landrechte – Ein Beispiel zum Vergleich
Moderation: Stefaniya Ptashnyk (Heidelberg)
Christian Hattenhauer (Heidelberg): Das Fehmarnsche Landrecht
Süddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts
Wilhelm Brauneder (Wien): Die Landrechte für Österreich unter der
Enns des 16.
Jahrhunderts: Grundlagen, Wesen, Wirkungen
Moderation: Heike Hawicks (Heidelberg)
Hans-Georg Hermann (München): Halbe Rechtseinheit, halbseitige
Wiedervereinigung, halbherzige Reform: Die bayerische
Landrechtsreformation von
1518
Stephan Dusil (Tübingen) / Giulio Erbar (Tübingen): Die
Württembergischen
Landrechte
Moderation: Ulrich Kronauer (Karlsruhe)
Adrian Schmidt-Recla (Jena): Die Kursächsischen Konstitutionen von
1572
Bernd-Rüdiger Kern (Leipzig): Das Kurpfäler Landrecht von 1582
Norddeutsche Landrechte des 16. und 17. Jahrhunderts
Christoph G. Schmidt (Bredstedt): Das nordfriesische Landrecht –
zum
Forschungsstand
Isabella Löw (Bispingen): Die „Krone der rechten Wahrheit“ –
Eiderstedter
Landrechte von 1426 und 1466 – Sprache und Rechtsentwicklung
Peter Oestmann (Münster): Der Mecklenburgische Landrechtsentwurf
von David
Mevius
Christoph Becker (Augsburg): Heinrich Gottfried Wilhelm Danielsʼ
Vorlesung zum Kurkölnischen Landrecht
Späte Landrechtsreformationen und alternative Konzepte
Moderation: Peter König (Heidelberg)
Thomas Rüfner (Trier): Das Trierer Landrecht im Vergleich mit den
benachbarten
‚coutumes‘
Gerhard Lingelbach (Jena): Der Codex Augusteus – Gesetzessammlung
anstelle
einer Landrechtsreformation?
Klaus-Peter Schröder (Heidelberg): Das Hohenloher Landrecht von
1738
Almuth Bedenbender (Heidelberg): Landrechtsreformationen im Netz
textueller
Abhängigkeiten – Analyse und Visualisierung
Diese Veranstaltung findet mit freundlicher Unterstützung des
Auswärtigen Amts statt.
Im Rahmen des
Jewish American Heritage Months beleuchtet Prof. Dr.
Véronique Sina in ihrem Online-Vortrag am Beispiel der
jüdisch-amerikanischen Künstlerinnen Aline Kominsky-Crumb,
Diane Noomin und Shira Spector die enge Verbindung
zwischen Comics und Judentum. Dabei verdeutlicht sie nicht
nur ‚Familienähnlichkeiten‘ zwischen verschiedenen
Generationen von jüdischen Künstlerinnen und den von ihnen
kreierten Comics, sondern setzt auch einen besonderen
Fokus auf (alternative) Familienstrukturen und Fragen der
Mutter- und Elternschaft. Für die Geschichte und
Entwicklung des popkulturellen Mediums Comic haben
jüdische Künstler*innen eine entscheidende Rolle gespielt.
Im Zuge der US-amerikanischen Women’s Liberation-Bewegung
gründeten sich erste feministische Netzwerke und
-kollektive, die jüdischen Künstlerinnen die Möglichkeit
gaben, alternative Publikationsmöglichkeiten zu schaffen
und in der Comiclandschaft Fuß zu fassen. Mit ihren
persönlichen, unbeschönigten, alltäglichen, direkten und
zugleich politischen Comics betraten die Mitglieder dieser
Kollektive bis dato unbekanntes feministisches Neuland und
ebneten dabei den Weg für kommende Generationen.
In unserer neuen Veranstaltungsreihe Pop
& Kultur beschäftigen wir uns mit verschiedenen
Themen rund um die Musik- Film- Theater- und
Serienlandschaft der USA.
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Date: 2023/05/19 09:50:11 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
„Abtei
Tholey Quo vadis?“ (1)
[heute morgen in der Saarbrücker Zeitung, B1.
Vorbemerkung: im Artikel taucht das Wort „Ondits“ auf, das ist
neudeutsch oder
denglisch für „Gerücht“ oder „Rederei“. Keine Ahnung, warum die
Artikelverfasserin nicht das deutsche Wort verwendet hat.]
„Heuchelei“, „Eigennutz“ und „Sabotage“ Ex-Welterbe-Chef Grewenig
prangert
Missstände rund um Tholeyer Abtei an
Tholey · Ex-Welterbe-Chef Grewenig ist unter die
Enthüllungsjournalisten
gegangen – zum Wohle der Abtei Tholey, die er in Gefahr sieht.
Sein Buch „Abtei
Tholey Quo vadis?“ schaut hinter die Klostermauern - und hat
einiges
anzuprangern.
Von Cathrin Elss-Seringhaus
Wenn Meinrad Maria Grewenig, bis 2018 Generaldirektor des
Weltkulturerbes
Völklinger Hütte (WKE), von Projekten und Zielen überzeugt ist,
wird er gerne
nachdrücklich – und missionarisch. Immer schon fiel er wegen
Furchtlosigkeit
gegenüber der „Obrigkeit“ auf, immer schon trug er Anliegen und
Kritik gerne
auf den Marktplatz der Öffentlichkeit. In Erinnerung ist vor allem
der Fight um
seine Vertragsverlängerung mit dem damaligen saarländischen
Kultusminister
Ulrich Commerçon (SPD). Diesmal hat sich Grewenig, ein überzeugter
Katholik,
die Kirche, genauer die Tholeyer Benediktinerbruderschaft, als
Sparrings-Partner
ausgesucht. Deren Führung führt aus seiner Sicht den neuerlichen
Niedergang des
Klosters, das bereits 2008 vor dem Aus stand, herbei, statt eine
„Vision“ zu
verwirklichen. Die Abtei mit ihren Gerhard-Richter-Fenstern hat
nach Ansicht
des Kulturmanagement-Profis Grewenig nicht nur das Zeug zum
touristischen
Hotspot, sondern könnte auch wieder Strahlkraft wie im Mittelalter
entwickeln,
als „Himmel auf Erden“ und „neues geistiges Zentrum des 21.
Jahrhunderts“.
Anschuldigungen gegen Abt Mauritius und Bruder Wendelinus
Der promovierte Kunsthistoriker arbeitet seit mehr als drei Jahren
an einem
kulturgeschichtlichen Bildband über die Abtei, das war bekannt.
Nicht
vorhersehbar war das Buch, das er dieser Tage als erste
Zwischenbilanz seiner
Recherchen in den Handel bringt, im Selbstverlag bei Krüger Druck
(Merzig):
„Abtei Tholey Quo vadis? Vision Hoffnung Wirklichkeit“. Es kommt
ganz harmlos
wie ein Kultur-Führer daher, doch es handelt sich zweifelsohne um
eine
Streitschrift mit Appell-Charakter. Die beiden Mönche, gegen die
Grewenig
schwere Anschuldigungen erhebt – Abt Mauritius und Bruder
Wendelinus – dürften
vermutlich von einem Pamphlet sprechen. Denn Grewenigs
Begrifflichkeit ist
drastisch: „Heuchelei“, „Eigennutz“, „Lüge“, „Kleinkrämertum“,
„Dummheit“,
„Sabotage“. Der Ton ist zwar nicht polemisch, denn Grewenig
untermauert nahezu
alles mit Quellen-Verweisen, er nimmt also quasi die Rolle eines
Detektivs und
Enthüllungsjournalisten ein. Doch ein Orden kann sich in inneren
Angelegenheiten auf seine Geheimhaltungspflicht berufen. In diesem
Fall zieht
sich Grewenig dann auf „Ondits“ im St. Wendeler Land zurück, und
die Grenze zur
Spekulation verwischt. Das ist beispielsweise in Zusammenhang mit
einer
vermeintlich manipulierten Wahl der Fall, durch die Abt Mauritius
Choriol die
Aufnahme von Bruder Wendelinus in den Konvent ermöglichte.
Die Tholeyer Fenster von Gerhard Richter sollten ein
Touristen-Magnet werden.
Warum das nicht so klappt wie geplant, analysiert das Buch „Abtei
Tholey. Quo
vadis?“
Der Leser muss selbst entscheiden, ob er den Mutmaßungen des
Autors folgen
will, der Teufel habe in Tholey die Finger im Spiel. In manchen
Passagen gehen
eben doch religiöse Phantasie und Pathos mit dem Autor durch.
Dabei hat
Grewenig wunderbare Informationen über Tholey als Wallfahrtsort
zusammengetragen, legt unter anderem die Verbindung zu Hildegard
von Bingen
offen. Und er vermag es, den Leser davon zu überzeugen, dass
Klöster – und also
auch Tholey – in der digital-virtuellen Welt wieder an Faszination
und Funktion
gewinnen, als geistige Tankstellen und Kraftpole.
Imageschädigender Streit um das Nordportal
Doch zweifelsohne entwickeln die Kapitel den stärksten Sog, in
denen der Autor
seine Vorwürfe untermauert. Die da lauten: Bruder Wendelinus habe
mit Deckung
des Abtes „in Unkenntnis denkmalrechtlicher Möglichkeiten“ und
wegen
„Überheblichkeit“ den imageschädigenden Streit um das Nordportal
der
Abteikirche mit dem Denkmalamt vom Zaun gebrochen, habe den
PR-Profi der
touristischen Betreiber-GmbH aus dem Amt gedrängt und den Bruch
mit der
Industriellen-Familie Meiser herbeigeführt. Die steckte laut
Grewenig etwa 15
Millionen Euro privates Geld in die Grundsanierung des
Klosterareals – erstmals
liegt durch dieses Buch eine dreiseitige Dokumentation der
Einzelmaßnahmen vor.
Machtkämpfe und Intrigen in der Bruderschaft
Den Trennungsschritt hatte der Konvent gegenüber den Medien als
Wiedererlangung
der Handlungs-Autonomie vor allem bezüglich der Beilegung des
Denkmal-Streits
geschildert. Grewenig verfügt offensichtlich über
Insider-Kenntnisse über böse
Briefe und einen „abstoßenden Streit“ mit der Stifterfamilie, der
nie
öffentlich wurde. Grobe Undankbarkeit sei im Spiel, lässt sich aus
allem
herauslesen, kurz ein unchristliches Verhalten. Die Schilderung
der Zustände,
die auch Machtkämpfe und Intrigen innerhalb der Bruderschaft
umfassen, gipfelt
in der Forderung, die beiden Mönche müssten „aus der
Handlungslinie“ gebracht
werden, sonst sei die Abtei dem Untergang geweiht.
Fragt man Grewenig nach seiner Motivation, warum er sich mit
diesem Buch ins
Feuer stellt, sagt er, Ziel sei nicht, das Kloster in Verruf zu
bringen,
sondern dafür zu sorgen, dass in Tholey das bis jetzt Erreichte
nicht wieder
verloren gehe. „Die Abtei ist keine Privatangelegenheit und kein
Selbstbedienungsladen“, sagt er. Das „Fiasko“ müsse ein Ende
haben. Eine
einstweilige Verfügung wegen Rufschädigung erwartet er nicht, er
habe valide
Quellen. Preisgeben muss er sie nicht.
Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ soll dieser Tage in den
Buchhandel kommen.
Bestellbar ist es jetzt schon beim Verlag Krüger Druck: Tel. 06861
70020.
Date: 2023/05/19 09:51:27 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Droht
der
Abtei Tholey ein Niedergang?
Abtei Tholey hat eine Debatte verdient
Die Streitschrift von Meinrad Maria Grewenig deckt eine unbequeme
Wahrheit auf.
Die Meinung von Cathrin Elss-Seringhaus
Bei Streitschriften sind in den meisten Fällen persönliche Motive
im Spiel.
Auch im Falle von Meinrad Maria Grewenigs Tholey-Buch können
Bindungen und
Beziehungen den Ausschlag für die Abrechnung mit den beiden
Führungsfiguren des
Klosters geführt haben. Womöglich agiert der Autor in einer
Stellvertreter-Rolle – für die von der Klostergemeinschaft
enttäuschte
Spenderfamilie oder für den abservierten Geschäftsführer.
Trotzdem: Ein
Großteil seiner Analyse behält Schlüssigkeit und Gewicht.
Fakt ist: Das prognostizierte „Wunder von Tholey“ hat nicht
stattgefunden. Mag
sein, die „Vision“, in die touristische Fünf-Sterne-Klasse
Deutschlands
aufzusteigen, war von Beginn an vermessen, mag sein, den Mönchen,
die
Abgeschiedenheit suchen, war es des Rummels und der finanziellen
Risiken zu
viel. Trotzdem lässt sich damit nicht alles entschuldigen. Denn
dem Kloster ist
es trotz Richter-Fenstern nicht ein einziges Mal gelungen, durch
besondere
Projekte selbst nur im Saarland eine breitere Aufmerksamkeit zu
erzeugen.
Aber die Bruderschaft hat nicht nur einzigartig viel privates
Spenden-Geld
bekommen, sondern auch staatliche Förderung – im Vertrauen auf
Teilhabe der
Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei. Das verpflichtet nun mal.
Ob das
Versagen durch Intrigen, Eigennutz und Selbstüberschätzung
herbeigeführt wurde,
wie von Grewenig behauptet, ist eher sekundär. Primär zählt der
erstmals durch
das Buch schonungslos benannte Befund: Einem der
kulturgeschichtlich
bedeutendsten Orte der Großregion droht ein schlimmes Schicksal:
Provinzialismus.
Der Respekt vor kirchlichen Würdenträgern und deren Autonomie darf
die klare
Sicht auf diese Tatsache nicht verhindern. Tholey hat eine
öffentliche, eine
politische Debatte verdient, Grewenigs Buch bietet den Anlass
dafür. Einmal
mehr hat das Saarland ihm zu danken.
Date: 2023/05/19 09:53:02 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Kann ich mich auf Meinrad Maria Grewenigs
Schilderungen
verlassen?
Die Meinung von Roland Geiger
Ich habe mit Herrn Grewenig bisher dreimal zu tun gehabt. Das
erste Mal wurde
ich um eine Aufstellung mit Mobiliar etc. gebeten, wie sie in
einem Haushalt
des 19. Jahrhunderts im heutigen Saarland vorhanden waren. Ich
lieferte eine
Abschrift einer Inventur des Nachlasses eines St. Wendeler
Kaufmanns in den
1860ern. Sie wurde in einer Ausstellung in der Völklinger Hütte in
Auszügen
dargeboten.
Beim zweiten Mal wußte ich nicht, daß ich mit ihm zu tun hatte.
Das geschah,
als noch vor Corona im Kloster Tholey nach Gästeführern gesucht
wurde, die dort
durch die Anlage führen sollten. An zwei Tagen wurden wir ein
paarmal durch das
Kloster geführt und erhielten dabei auch ein ziemlich
umfangreiches Manuskript
über die Abtei, in der auch das Leben des hl. Wendelin ausführlich
dargestellt
wurde. Ich glaubte mich in die Zeit vor 20 Jahren zurückversetzt
und bekam das
kalte Grausen, als ich die alten Kamellen las mit der römischen
Besatzung auf
dem Schaumberg und der hl. Oranna, der Schwester des hl. Wendelin,
um nur zwei
Punkte zu nennen. Das wurde in Form von losen Blättern, einseitig
bedruckt,
jedem Gästeführungs-Aspiranten in die Hand gedrückt. Ein Verfasser
stand nicht
darin. Ich hatte erst Johannes Naumann im Sinn, aber angesichts
der Flut von
Unsinn darin konnte - oder wollte - ich mir das nicht vorstellen.
Allein - ich
bekam nicht heraus, wer das verbrochen hatte; auch wenn ich
entsetzt war, daß
man wohl von uns erwartete, das Opus als Grundlage potentieller
Führungen zu
verwenden.
Später erfuhr ich, daß das Machwerk auf dem Mist von Herrn
Grewenig gewachsen
war. Und das bestätigte sich, als er im Rahmen der
pandemiebedingten
Online-Treffen der Wendelinusstiftung einen Vortrag hielt, in dem
er den
gleichen Unfug dem erlauchten Auditorium zum Besten gab und dafür
anschließend
über den grünen Klee gelobt wurde.
Deshalb weiß ich nicht, ob und wie ich dieses jüngste seiner Werke
lesen und
deuten soll. Wenig hilfreich dabei ist, wenn Frau Seringhauss dazu
schreibt,
Grewenig sei der Meinung, der Teufel habe in Tholey die Finger im
Spiel und daß
bisweilen die „religiöse Phantasie und Pathos mit dem Autor
durch“geht.
Vielleicht mag es aber auch daran liegen, daß ich Tholey bisher
nicht als
Wallfahrtsort angesehen habe und mir die Verbindungen zu Hildegard
von Bingen
nicht klar waren.
Aber ich habe Manfred Peters Ausführungen über den hl. Wendelin
gelesen, dann
werde ich mir wohl auch Grewenigs Abrechnung (Abrechnung?) mit
Tholey zu Gemüte
führen. Weil ich doch unbedingt erfahren will, wie er sich eine
Rettung der
Abtei vorstellt. Vielleicht, in dem man die Mönche rausschmeißt.
Wäre nicht das
erste Mal.
Date: 2023/05/19 21:12:38 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
ich bin grad auf eine Bildungslücke meinerseits hingewiesen
worden:
On dit ist
französisch und heißt „Man sagt“. Seit Mitte des letzten
Jahrhunderts ist es in der deutschen Sprache eine geflügelte
Redewendung in der gehobenen Sprache für „Gerücht“, also
nichts Außergewöhnliches.
Backhaus, Fritz; Diner, Dan; Franke,
Julia; Gross, Raphael; Paul-Jacobs, Stefan; Reyels, Lili
(Hrsg.): Roads not
Taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können. Deutsche
Zäsuren 1989–1848. München
2023 (erscheint vorauss. im September) : C.H. Beck Verlag, ISBN 978-3-406-80094-8 ca.
288 S., zahlr. Abb. € 25,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Christoph Lorke, LWL-Institut für westfälische
Regionalgeschichte, Münster
„Was wäre gewesen, wenn?“ Alternativen zum
tatsächlichen Verlauf zu imaginieren und in
unterschiedlichen Facetten durchzuspielen, ist auch im
Privaten nicht ungewöhnlich: Wenn zu bestimmten Anlässen
– „runden“ Geburtstagen, Silvester oder anderen
biographischen bzw. lebensweltlichen Zäsuren –
Zwischenbilanzen formuliert und Entscheidungen
reflektiert werden, können sich daraufhin Fatalismus,
Melancholie, Erleichterung oder andere Gefühle
einstellen. Als Theorieangebot hatte Reinhart Koselleck
Ende der 1970er-Jahre betont, dass die Geschichte und
Gegenwart stets auch „vergangene Zukunft“ sei – eine
Zukunft, deren frühere Offenheit den späteren
Zeitgenossen häufig nicht mehr bewusst sei.[1]
Über alternative Verläufe nicht nur nachzudenken,
sondern diese künstlerisch umzusetzen und einem größeren
Publikum vorzustellen, ist eine populäre Gattung in
Literatur, Film und Theater: Der Roman „Vaterland“ von
Robert Harris (1992), der Kinofilm „Inglourious
Basterds“ in der Regie von Quentin Tarantino (2009) oder
die US-amerikanische Science-Fiction-Serie „The Man in
the High Castle“ (2015–2019), die auf Philip K. Dicks
Roman „Das Orakel vom Berge“ aus dem Jahr 1962 basiert,
sind nur drei Beispiele für künstlerische Aneignungen
und Produktionen, in denen Alternativweltgeschichten
präsentiert werden. Diese Formen der Verarbeitung und
Verformung historischer Wirklichkeiten wecken Interesse
und Neugierde, sie lösen wechselweise Faszination und
Begeisterung oder Unbehagen und Schrecken aus. Und auch
in geschichtswissenschaftlichen Zusammenhängen stellt
das Nachdenken über das Kontrafaktische schon lange kein
Tabu mehr dar. Vielmehr erfreut sich das Genre der
„Counterfactual History“ vor allem unter
angelsächsischen Historikerinnen und Historikern einer
gewissen Beliebtheit[2],
hierzulande jedoch kaum weniger.[3]
Die seit Dezember 2022 im Deutschen Historischen Museum
in Berlin zu besichtigende Ausstellung „Roads not Taken.
Oder: Es hätte auch anders kommen können“ spekuliert
nicht so sehr mit dem Kontrafaktischen, fragt aber
durchaus, zu welchen historischen Zeitpunkten auch
andere als die letztlich eingetretenen Wegrichtungen
möglich gewesen wären. Die Ausstellung, die inhaltlich
wie darstellerisch ein Experiment ist, entstand in enger
Zusammenarbeit mit dem deutsch-israelischen Historiker
Dan Diner und der Alfred Landecker Foundation. Sie wurde
von Julia Franke, Stefan Paul-Jacobs und Lili Reyels
kuratiert; die Projektleitung hatte Fritz Backhaus. Das
Besondere an ihr ist nicht nur der Zugriff auf das
historische Geschehen und der damit verbundene Ansatz,
für denkbare Alternativverläufe zu sensibilisieren,
sondern auch deren ungewöhnliche Darbietung: Auf rund
1.000 Quadratmetern mit etwa 500 Exponaten und
zahlreichen Medienstationen erfolgt ein chronologischer
Rückwärtsgang durch die deutsche Geschichte der
vergangenen 175 Jahre. 1989 beginnend und 1848/49 endend
werden anhand von 14 Zäsuren Schlüsselmomente und
Wendepunkte in den Blick genommen, für die mehr oder
weniger realistische, zumindest nicht völlig utopische,
aber am Ende nicht eingetretene Szenarien als
alternative Ausgänge angedeutet werden. Letzteres wird
allerdings kaum vertieft und beschränkt sich weitgehend
auf kleine Extra-Tafeln in unterschiedlichen Farben –
wohl auch, um nicht allzu sehr ins Spekulative
abzudriften. Das Ziel des Ausstellungsteams lautet,
unser Bewusstsein für die Kontingenzen geschichtlicher
Entwicklungen zu schulen und eine Ent-Teleologisierung
mutmaßlicher Eindeutigkeiten zu fördern. Mögliche
alternative Abzweigungen der Neuesten Geschichte sollen
an konkreten Beispielen vorgeführt werden.
Den Ausgangspunkt bildet das Jahr 1989 mit der in der
DDR zumindest intern erwogenen „chinesischen Lösung“,
folglich eine gewaltsame Niederschlagung der
Demonstrationen wie in Peking auch in Ost-Berlin,
Leipzig, Plauen und anderswo; eine Reaktion des Regimes,
die glücklicherweise nicht eingetreten ist.[4]
Ein weiteres Gedankenexperiment geht davon aus, dass das
Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Willy Brandt im
Jahr 1972 geglückt, dessen Amtszeit folglich ein
früheres Ende gefunden und ein gewisser Rainer Candidus
Barzel zu seinem Nachfolger gekürt worden wäre. Dieses
Scheitern der sozialliberalen Koalition hätte
gleichbedeutend sein können mit dem Ende der
Entspannungs- und Ostpolitik; dadurch wären – so
zumindest die Annahme der Ausstellung – jegliche
Fortschritte in Bezug auf die Unverletzlichkeit der
Grenzen und auch in Menschenrechtsfragen erst mit
jahrelanger Verzögerung eingetreten. Für Barzel fehlten
lediglich zwei Stimmen, und inzwischen ist bekannt, dass
die DDR-Staatssicherheit daran mit Bestechungsgeldern
beteiligt war[5]
– was in der Ausstellung aber nicht erwähnt wird.
Dass das Jahr 1961 bei solchen markanten Wegmarken der
deutschen Geschichte nicht fehlen darf, scheint
nachvollziehbar. Weniger jedoch der Bau der Mauer,
sondern vielmehr die Möglichkeit einer weltweiten
atomaren Auseinandersetzung wird an dieser Stelle
vertieft, unterstrichen durch Hinweise auf
Lebensmittelrationen („Aktion Eichhörnchen“,
„Vorratsbrot“) und Schutzräume, die im Lichte von
Hamsterpaketen und „Preppern“ die Aktualität des
Ausgestellten hervorheben und die Zeitgeschichte so zu
einer bedrohlich wirkenden Gegenwart werden lassen.
Während für das Jahr 1952 ein (freilich wenig
realistischer) alternativer Umgang mit der Stalin-Note
imaginiert wird – große Zustimmung hierfür in
Westdeutschland, freie Wahlen, keine europäische
Einigung, stattdessen eine deutsch-sowjetische
Annäherung –, repräsentieren die Ereignisse um die
Berliner Luftbrücke und den Koreakrieg gewissermaßen die
Folie für eine weitere Suggestion: eine mögliche
militärische Eskalation im geteilten Deutschland, wie
sie sich stattdessen mit allen bekannten Folgen auf der
koreanischen Halbinsel abspielte. Wäre die Offensive der
Alliierten im Frühjahr 1945 gestoppt worden, so wird am
nächsten, vielleicht eindringlichsten Kipppunkt der
gesamten Ausstellung argumentiert, wenn also der
Wehrmacht etwa die beabsichtigte Sprengung der
Rheinbrücke bei Remagen gelungen wäre, hätte dies fatale
Folgen für Deutschland gehabt: Nicht Hiroshima, sondern
Ludwigshafen (einer der Produktionsstandorte der IG
Farben) hätte Ziel einer Atombombe vom Typ „Little Boy“
werden können. Das hier installierte interaktive Tool
einer „Nukemap“ (2012 vom Wissenschaftshistoriker Alex
Wellerstein entwickelt, siehe auch https://nuclearsecrecy.com/nukemap/)
ist zwar ein durchaus makabres Element der Ausstellung,
unterstreicht aber umso deutlicher die potentiell
drastischen Folgen von Atombomben-Explosionen mitsamt
anschaulich-einschüchterndem Gegenwartsbezug.
Das gescheiterte Attentat auf Hitler im Sommer 1944
wäre zweifellos, wie auf einer Tafel an der nächsten
Station vermerkt, die „bessere Alternative“ gewesen,
hätte es doch wahrscheinlich die finale Eskalation des
Krieges und die Unzahl an Opfern im letzten Kriegsjahr
abwenden können. Aber wie ein übergroßes „ZU SPÄT / TOO
LATE“ deutlich macht: Dieser Akt wäre angesichts der
damals bereits in die Millionen gehenden Opferzahlen
nicht rechtzeitig erfolgt.
Nicht zu spät, sondern gänzlich ausgeblieben ist in der
realen Geschichte eine Reaktion Frankreichs auf die 1936
erfolgte deutsche Besatzung des Rheinlands. Hätte Paris
mit Militär interveniert, wie hier durchgespielt, wäre
ein herber Image-Verlust Hitlers eingetreten, woraufhin
die militärische Opposition um General Ludwig Beck die
politische Führung hätte übernehmen können. Dies war, so
zumindest der nächste Halt der Ausstellung, aber
keineswegs die erste Möglichkeit, den Aufstieg Hitlers
zu stoppen. Denn 1933 hätte eine „Machtergreifung“ durch
die seinerzeit im Niedergang befindliche NSDAP nicht
zwangsläufig geschehen müssen, zumal die Wirtschaft nach
den großen Krisen wieder in Schwung kam. Eine
Militärdiktatur um Kurt von Schleicher und Kurt von
Hammerstein-Equord wäre ebenfalls im Bereich des
historisch Vorstellbaren gewesen. Dass sich diese
Station (mit störender akustischer Dauerschleife) etwa
in der Mitte der Ausstellung befindet, ist gewiss kein
Zufall; vielmehr wird hiermit eine geschichtliche Phase
besonders konturiert, in der verschiedene
Möglichkeitsräume eng beieinander lagen.
Es folgt das imaginierte Jahr 1932, in dem sich
anstelle des Sturzes von Reichskanzler Brüning die
Wirtschaft erholt und bis zu 600.000 Menschen in
sogenannter Notstandsarbeit eine Anstellung finden.
Statt Revolution und Beginn der parlamentarischen
Demokratie nach dem Ende des Ersten Weltkrieges
stabilisiert ein neuer Monarch die politische Ordnung,
so wird es für das Jahr 1918 kurz angerissen. Doch hätte
der Weltkrieg womöglich gar nicht stattfinden müssen,
wäre dessen Ausbruch durch Proteste der Arbeiterbewegung
und ein geschlossenes Vorgehen des Exekutivkomitees der
Sozialistischen Internationalen vereitelt worden – so
zumindest das Vorgestellte an der nächsten Weggabelung.
Etwas unverständlich bleibt nun eine längere zeitliche
Lücke (was ist mit dem Kolonialismus, speziell dem
Genozid an den Herero und Nama, oder mit dem
„Dreikaiserjahr“?), ehe das Ende des Deutschen Krieges
von 1866 anders als bisher erzählt wird: Das Kriegsglück
in der Schlacht bei Königgrätz wendet sich gegen
Preußen, weil unter anderem das Zündnadelgewehr nicht
die gewünschte Wirkung entfalten kann. Als historische
Alternative entsteht ein „Drittes Deutschland“, behütet
von der Garantiemacht Frankreich, und der Deutsche Bund
wird nachhaltig wiederbelebt. Die Ausstellung endet mit
1848/49, einem Anfangs- und auch Endpunkt der deutschen
wie europäischen Geschichte, hier materialisiert durch
einen tatsächlich geprägten, aber nicht zum Einsatz
gekommenen Doppelgulden aus dem Jahr 1849, versehen mit
der Bezeichnung Friedrich Wilhelms IV. als „Kaiser der
Deutschen“ – der er unter den Umständen der Revolution
nicht werden wollte.
Offenkundig ist, dass diese stark
geschichtsphilosophisch grundierte Herangehensweise eine
nicht eben geringe didaktische bzw. museumspädagogische
Vermittlung erfordert. Die vom Berliner Szenografie-Büro
chezweitz (https://www.chezweitz.com)
gestaltete Präsentation bietet suggestive Erzählungen,
die die historischen Selbstverständlichkeiten auf die
Probe stellen. Diese werden an den einzelnen Stationen
in unterschiedlicher Konsequenz elaboriert. So werden
jeweils die Beziehungen zwischen Struktur und Ereignis
sowie die Rolle und Verantwortung der handelnden
Personen angesprochen, während die einzelnen Stationen
zumindest implizit die Grade von Wahrscheinlichkeiten
erörtern. Das gelingt über weite Strecken, doch ist
hierfür das Mittun der Besucherinnen und Besucher
vorausgesetzt, gerade weil die Ausstellung trotz
hunderter Gemälde, Grafiken, Zeichnungen, Film- und
Tondokumente sowie interaktiver Stationen bisweilen
etwas textlastig ist, jedenfalls bei den thematischen
Hinführungen. Besucherinnen und Besucher müssen einiges
im Kleingedruckten suchen, wobei andere Zitatschnipsel
prominent an der Wand auftauchen – hier wären weitere
Inszenierungen wünschenswert gewesen. Die eigentlich
kontingenten Momente und die Wahrscheinlichkeit eben
genau jener eingeschlagenen Option kommen gelegentlich
etwas zu kurz, ebenso wie die Motive der Handelnden und
das Ausmalen der Alternativen. Dies liegt möglicherweise
darin begründet, dass es gar nicht leicht ist, Objekte
ausfindig zu machen, die historische Alternativen
materialisieren – zumal das Porträtieren des
Kontrafaktischen nicht zu den üblichen Aufgaben eines
historischen Museums gehört. Gerade deshalb wäre mehr
Ausschmücken, Fabulieren, Fantasieren wünschenswert
gewesen.
Auch die Wegeführung in einem Zick-Zack-Parcours mit
der Gegenüberstellung zwischen Möglichkeits- und
Wirklichkeitsraum kann zunächst verwirren. Soll damit
das erhoffte Aufbrechen der linearen Darstellung betont
werden? Durch die Anordnung der Stationen ergeben sich
immer wieder Blickachsen, welche die Zusammenhänge
zwischen den verschiedenen realen Ereignissen
verdeutlichen – was möglicherweise aber eine
unbeabsichtigte Nebenwirkung ist, denn die Ausstellung
richtet sich ja gerade gegen solche mutmaßlichen
Kausalitäten. Die prominente „Hätte-Frage“ wäre gewiss
auch anhand anderer Stationen aufzuzeigen gewesen (das
Scheitern des Schuman-Plans 1950/51, das Elser-Attentat
auf Hitler 1939, oder, bleiben wir nur bei
Anschlagversuchen, jene auf Bismarck 1866 in Berlin oder
acht Jahre später in Bad Kissingen). Die gewählten
Kipppunkte orientieren sich allesamt an den „großen“,
ohnehin bekannten bzw. erwartbaren
politikgeschichtlichen Zäsuren – der Rezensent hätte
sich bei der Auswahl der Weggabelungen etwas mehr Mut
gewünscht.
Interessant zu erfahren wäre, welche Bedeutung den
beiden letzten Räumen der Ausstellung zukommen wird: In
der Station zum Jahr 2023 befindet sich eine „Werkstatt
Geschichte“, die das interaktive Gesamtkonzept in
zusätzliche Diskussions- und Austauschangebote
weiterführen soll, jedoch etwas lieblos gestaltet wirkt.
In der sich daran anschließenden Gamestation erhalten
die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, in die
große Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989
einzutauchen. Anhand sieben verschiedener Personen wird
hier exemplarisch die Multiperspektivität von
Ereignissen durchgespielt, wodurch Geschichte
individuell beeinflusst werden kann: etwa aus der Sicht
einer Bürgerrechtlerin, von Kurt Masur oder Egon Krenz
(„Herbst 89 – Auf den Straßen von Leipzig“). Es handelt
sich dabei um eine interaktive Graphic Novel, die über
die Website des Museums ebenfalls nutzbar ist (https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/herbst-89-auf-den-strassen-von-leipzig/).
Die auch in Leichter Sprache und Gebärdensprache sowie
in Braille- und Großschrift dargebotene und somit hoch
inklusive Ausstellung, die noch bis November 2024 zu
sehen sein wird, ist wie gesagt ein Experiment. Dies
glückt in dem Anliegen, historische Plausibilitäten
auszutesten, zumindest teilweise. Mit dem für die Seh-
und Denkgewohnheiten in mancher Hinsicht
herausfordernden Format der Darstellung gelingt es
mehrfach, das Bewusstsein für historische Zufälle zu
schärfen und auf diese Weise das Eingetretene umso
stärker mit möglichen Alternativen zu kontrastieren
(die, wie beschrieben, allerdings erstaunlich farblos
und unspezifisch bleiben). Dieser Zugriff kann dabei
helfen, scheinbare Gewissheiten auf den Prüfstand zu
stellen. Daraus ergibt sich ein die Fantasie anregendes,
immer wieder auch auf Provokationen beruhendes
Gedankenspiel im Spannungsfeld zwischen historischer
Möglichkeit und Wirklichkeit, zwischen dem Imaginativen
und dem Faktischen. Das Einbeziehen auch
kontrafaktischer Entwicklungen, die dann auf ihre
Plausibilität geprüft werden, sollte für professionelle
Historikerinnen und Historiker ohnehin zum methodischen
und heuristischen Rüstzeug gehören. Dass die Ausstellung
den Versuch macht, dies an konkreten Beispielen einem
breiteren Publikum zu vermitteln, ist anzuerkennen.
Während der angekündigte Begleitband leider noch nicht
vorliegt und die Filmreihe auf Januar / Februar 2023
beschränkt war[6],
gibt es über die Laufzeit der Ausstellung hinweg ein
attraktives Gesprächsprogramm.[7]
Man darf gespannt sein, ob und wie die gedankliche
Aufforderung ankommt. Ein höheres Maß an historisch
informierter Fantasie für alternative politische und
gesellschaftliche Entwicklungspfade ist derzeit dringend
zu wünschen.
Anmerkungen: [1]
Reinhart Koselleck, Vergangene Zukunft. Zur Semantik
geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 1979. [2]
Siehe nur Niall Ferguson (Hrsg.), Virtual History.
Alternatives and Counterfactuals, London 1997; Martin
Bunzl, Counterfactual History. A User’s Guide, in:
American Historical Review 109 (2004), S. 845–858;
Kathleen Singles, ‘What If?’ and Beyond. Counterfactual
History in Literature, in: Cambridge Quarterly 40
(2011), S. 180–188; Richard J. Evans, Altered Pasts.
Counterfactuals in History, Waltham 2013. [3]
U.a. Carola Stern / Heinrich August Winkler (Hrsg.),
Wendepunkte deutscher Geschichte. 1848–1990, Frankfurt
am Main 1994; Alexander Demandt, Es hätte auch anders
kommen können. Wendepunkte deutscher Geschichte, Berlin
2010; Christoph Nonn / Tobias Winnerling, Wozu
eigentlich kontrafaktische Geschichte?, in: dies.
(Hrsg.), Eine andere deutsche Geschichte 1517–2017. Was
wäre wenn ..., Paderborn 2017; siehe zuvor bereits Uta
Heimann-Störmer, Kontrafaktische Urteile in der
Geschichtsschreibung. Eine Fallstudie zur
Historiographie des Bismarck-Reiches, Frankfurt am Main
1991. Beim 54. Deutschen Historikertag in Leipzig ist
für den 21. September 2023 eine Diskussion geplant, an
der u.a. Dan Diner teilnehmen wird: https://www.historikertag.de/Leipzig2023/programm/veranstaltungen/kontrafaktische-geschichte-fake-history-oder-methodische-innovation/
(05.05.2023). [4]
Mit Schwerpunkt auf Deutschland, aber auch andere Länder
einbeziehend: Martin Sabrow (Hrsg.), 1989 und die Rolle
der Gewalt, Göttingen 2012. [5]
Siehe https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/28290403_misstrauensvotum01-200574
(05.05.2023). [6]
Siehe https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/roads-not-taken/
(05.05.2023). [7]
Siehe https://www.dhm.de/ausstellungen/roads-not-taken-oder-es-haette-auch-anders-kommen-koennen/begleitprogramm/
(05.05.2023).
Zitation
Christoph Lorke:
Ausstellungsrezension zu: Roads not Taken. Oder: Es hätte
auch anders kommen können , 09.12.2022 - 24.11.2024
Berlin, In: H-Soz-Kult, 20.05.2023, <www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/reex-131787>.
Date: 2023/05/20 08:17:59 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche
in Tholey weiter auf dem Tapet.
Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen
zur Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer
damals dieses Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die
potentiellen Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher
Müll war, muß es trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar -
viele - Stunden ins Land. War es die Familie Meiser, die nichts
von Grewenig wissen will, die aber damals das Seminar durchführte
(da war auf jeden Fall eine Dame und ein Herr von Meisers
Marketingabteilung dabei, die auch gesprochen haben), oder die
Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz nageln will? Auch von den
"On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im folgenden keine Rede
mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch einwandfrei. Ich
frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten gespielt wird.
Roland Geiger
---------------------
heute in der Saarbrücker Zeitung, B1:
Interview Meinrad Maria Grewenig „Das Kloster ist keine
Privatangelegenheit.“ Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ birgt Sprengstoff:
Meinrad Maria Grewenig
hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu
stoppen.
Tholey · Der frühere Generaldirektor der Völklinger Hütte,
Meinrad Maria
Grewenig, hat ein Enthüllungsbuch über die Zustände im Kloster
Tholey
geschrieben. Selbst bei der Butter wird nun schon gespart.
Von Cathrin ELSS-SERINGHAUS, Reporterin
ELSS-SERINGHAUS Klostermauern sind hoch und undurchdringlich, aber Sie
schildern interne
Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt
Choriol und Pater
Wendelinus. Sie müssen über Insiderwissen verfügen.
GREWENIG Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren.
Ich kann alles
belegen.
ELSS-SERINGHAUS Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater
Wendelinus ins
Kloster?
GREWENIG Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber
beklagt, dass seine
Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschrieben. Ich
bin katholisch,
ich weiß, was da im Schwange ist.
ELSS-SERINGHAUS Was meinen Sie damit?
GREWENIG Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus
dem Umfeld des
Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht. Die Butter
wird dort beim
Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherzentrum
professionell
weiterbetrieben, hätte man 100 000 Besucher und dementsprechende
Einnahmen. Das
Kloster ist ein kulturgeschichtlich großartiger Ort, er gehört
in den
Zusammenhang mit der Trierer Liebfrauenkirche, beim Dom, und der
Metzer
Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln.
Es bringt mich
auf die Palme, wenn wir im Saarland unsere hervorragenden Orte
nicht so nach
vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich
habe meine
Überzeugung, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch
kontrovers
spricht.
ELSS-SERINGHAUS War der Ärger des Kulturmanagement-Experten Grewenig der
Auslöser für Ihr
Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch
persönliche Kontakte
zur Spenderfamilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsführer
der Betriebs-GmbH
Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertretend einen
Rachefeldzug? Wie
sind Ihre Verbindungen zur Familie Meiser?
GREWENIG Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel
über die
Renovierungsmaßnahmen und die Kosten zu schreiben. Die Familie
gibt so gut wie
keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchieren.
Aber ich komme
auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das
Kloster gingen.
Das ist etwa so viel wie das Saarland in derselben Zeit für die
Sanierung der
Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein
großartiges Geschenk,
wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei
Tholey
überlassen hat. Nach meinem Verständnis erwächst daraus eine
Verpflichtung und
Verantwortung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatangelegenheit.
ELSS-SERINGHAUS Sie halten die Mönche für undankbar?
GREWENIG Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles
laufen lassen, um
dann, wenn die Renovierungs-Arbeiten abgeschlossen sind, zu
sagen: Wir wollen
wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar
sein, es wurden
meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlossen, aber
moralisch ist das nicht
in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster
zu schaden.
Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenster geht
langsam zu.
Als die Wiedereröffnung der Mauritiuskirche gefeiert wurde, war
das ein
Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasilianische
Medien
berichteten. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksamkeit.
ELSS-SERINGHAUS Sie sagen ganz unverhohlen: Die Veränderung zum Besseren
geht nur ohne den
Abt und Pater Wendelinus.
GREWENIG Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche
muss handeln.
Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei
Heidelberg. Es gab
schwere wirtschaftliche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das
Stift gehört zur
Beuroner Kongregation wie Tholey.
Date: 2023/05/20 08:52:58 From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Am 20.05.2023 um 08:17 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:
Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in
Tholey weiter auf dem Tapet.
Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur
Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses
Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen
Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es
trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins
Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will,
die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine
Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch
gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz
nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im
folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch
einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten
gespielt wird.
Roland Geiger
Lieber Herr Geiger,
was haben Sie gegen Herrn Grewenig? Klar ist eine Person, an der man
sich reiben kann - er legt es auch darauf an. Klar muss man nicht mit
seinen Ansichten in Gänze konform gehen. Aber mit der Abtei Tholey hat
er - leider - in weiten Bereichen recht. Tholey soll natürlich seinen
Charakter als Haus Gottes behalten. Aber - und ich kann das aus
Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen im weiten Umfeld
bestätigen - dieses kulturhistorisch wie kirchengeschichtlich bedeutsame
Ensemble versinkt gegenwärtig in der Vergessenheit und
Bedeutungslosigkeit. Alleine auch als Saarländer einen Besuch mit
Besichtigung der Richter-Fenster einzuplanen, um sie Besuchern zu
zeigen, ist ein zeit- und nervenaufreibendes Unterfangen.
Herr Geiger, bitte machen Sie doch konkrete Vorschläge, wie Sie es
besser machen. Nennen Sie en detail - Entschuldigung, wieder so ein
Fremdwort wie das "Ondit", also detailliert - welche sachlichen Fehler
Herr Grewenig bei seiner Einschätzung der Entwicklung in Tholey gemacht
hat, bitte mit Belegen. Belegen Sie doch Ihre Vermutungen, dass Herr
Grewenig in engem Kontakt zur Familie Meiser steht, sagen Sie klar und
deutlich ob Sie glauben, dass er in einem anderen Streit
instrumentalisiert wird, so wie es zwischen Ihren Zeilen heraus klingt -
aber belegen Sie auch solche Vermutungen, Und verzichten Sie auf
persönliche Angriffe. Ich war bisher der Meinung dass Sie das nicht
nötig hätten.
Jörg Weinkauf
--
Diese E-Mail wurde von Avast-Antivirussoftware auf Viren geprüft.
www.avast.com
Na ja, nicht jeder, der für etwas bezahlt wird, hat auch eine Beziehung zum Geschäftspartner. Wenn überhaupt, dann geschäftliche. Im Interview ging es aber um "persönliche Kontakte".
Grewenig arbeitet seit Jahren an dem kunstgeschichtlichen Führer durch die Abtei. Ich habe zwar keine Ahnung, wer das bezahlt, Familie Meiser ist es wohl nicht. Dieses Buch wird dann - unter einem anderen Autoren - wohl noch einmal Jahre auf sich warten lassen. Vielleicht ist es aber auch nicht gewollt. Sonst kommt ja vielleicht keiner mehr zu den so günstig angebotenen Führungen in der Abtei.
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (6)
Datum: 2023-05-20T08:28:03+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche in Tholey weiter auf dem Tapet.
Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine Beziehungen zur Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals dieses Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war, muß es trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden ins Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen will, die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall eine Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern ist im folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und juristisch einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten gespielt wird.
Roland Geiger
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heute in der Saarbrücker Zeitung, B1:
Interview Meinrad Maria Grewenig „Das Kloster ist keine Privatangelegenheit.“ Das Buch „Abtei Tholey Quo Vadis“ birgt Sprengstoff: Meinrad Maria Grewenig hat es verfasst. Um, wie er sagt, den Niedergang des Ortes zu stoppen. Tholey · Der frühere Generaldirektor der Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, hat ein Enthüllungsbuch über die Zustände im Kloster Tholey geschrieben. Selbst bei der Butter wird nun schon gespart.
Von Cathrin ELSS-SERINGHAUS, Reporterin
ELSS-SERINGHAUS Klostermauern sind hoch und undurchdringlich, aber Sie schildern interne Vorgänge und erheben schwere Vorwürfe gegen zwei Mönche, Abt Choriol und Pater Wendelinus. Sie müssen über Insiderwissen verfügen.
GREWENIG Meine Quellen sind sicher. Juristisch kann nichts passieren. Ich kann alles belegen.
ELSS-SERINGHAUS Auch die angeblich gefälschte Wahl zur Aufnahme von Pater Wendelinus ins Kloster?
GREWENIG Ja. Er selbst hat sich bei mehreren Menschen darüber beklagt, dass seine Mitbrüder ihn abgelehnt haben. Er hat Briefe geschrieben. Ich bin katholisch, ich weiß, was da im Schwange ist.
ELSS-SERINGHAUS Was meinen Sie damit?
GREWENIG Hinter den Klostermauern herrscht Krieg, das hört man aus dem Umfeld des Klosters. Die finanzielle Situation ist schlecht. Die Butter wird dort beim Frühstück rationiert. Hätte man das Besucherzentrum professionell weiterbetrieben, hätte man 100 000 Besucher und dementsprechende Einnahmen. Das Kloster ist ein kulturgeschichtlich großartiger Ort, er gehört in den Zusammenhang mit der Trierer Liebfrauenkirche, beim Dom, und der Metzer Kathedrale. Wer weiß das? Man muss es den Menschen vermitteln. Es bringt mich auf die Palme, wenn wir im Saarland unsere hervorragenden Orte nicht so nach vorne bringen, wie sie es verdienen. So was tut mir weh. Ich habe meine Überzeugung, und ich wünsche mir, dass man über Positionen auch kontrovers spricht.
ELSS-SERINGHAUS War der Ärger des Kulturmanagement-Experten Grewenig der Auslöser für Ihr Buch oder steckt da auch Empörung dahinter, die sich durch persönliche Kontakte zur Spenderfamilie Meiser oder zum ehemaligen Geschäftsführer der Betriebs-GmbH Thorsten Klein erklären? Führen Sie stellvertretend einen Rachefeldzug? Wie sind Ihre Verbindungen zur Familie Meiser?
GREWENIG Es gibt fast keine. Ich nahm Kontakt auf, um ein Kapitel über die Renovierungsmaßnahmen und die Kosten zu schreiben. Die Familie gibt so gut wie keine Auskunft, ich musste das alles sehr mühsam recherchieren. Aber ich komme auf eine Summe von 15 Millionen Euro, die als Geschenk an das Kloster gingen. Das ist etwa so viel wie das Saarland in derselben Zeit für die Sanierung der Völklinger Hütte ausgegeben hat. Ich halte das für ein großartiges Geschenk, wie auch die Entwürfe der Fenster, die Gerhard Richter der Abtei Tholey überlassen hat. Nach meinem Verständnis erwächst daraus eine Verpflichtung und Verantwortung. Ein Ort wie Tholey ist keine Privatangelegenheit.
ELSS-SERINGHAUS Sie halten die Mönche für undankbar?
GREWENIG Ja. Man kann nicht über 15 Jahre Geld annehmen und alles laufen lassen, um dann, wenn die Renovierungs-Arbeiten abgeschlossen sind, zu sagen: Wir wollen wieder autonom handeln. Juristisch mag das nicht anfechtbar sein, es wurden meines Wissens keine Sponsor-Verträge geschlossen, aber moralisch ist das nicht in Ordnung. Wissen Sie, meine Motivation ist nicht, dem Kloster zu schaden. Mein Ziel ist, dass sich dort etwas ändert. Das Zeitfenster geht langsam zu. Als die Wiedereröffnung der Mauritiuskirche gefeiert wurde, war das ein Ereignis von Weltrang, die New York Times und brasilianische Medien berichteten. Doch irgendwann verraucht diese Aufmerksamkeit.
ELSS-SERINGHAUS Sie sagen ganz unverhohlen: Die Veränderung zum Besseren geht nur ohne den Abt und Pater Wendelinus.
GREWENIG Ja, sie müssen an diesen Stellen im Kloster weg. Die Kirche muss handeln. Dass das geht, sieht man am Beispiel des Stifts Neuburg bei Heidelberg. Es gab schwere wirtschaftliche Fehler, der Abt wurde abgelöst. Das Stift gehört zur Beuroner Kongregation wie Tholey.
Date: 2023/05/20 13:55:20 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo, Herr Weinkauf,
danke für Ihre Reaktion - endlich kommt hier
mal ein bißchen Leben in die Bude. Hatten wir nicht mehr seit
den "Manfred Peter"-Diskussionen.
Herr Grewenig ist vielleicht eine Person, an
der man sich reiben kann - er legt es vielleicht wirklich darauf
an. Tut er das hier? Will er nur provozieren?
Ich weiß nicht, ob ich mit seinen Ansichten
in Gänze oder auch nur teilweise konform gehe, ich habe sein
Buch nicht gelesen. Ich kenne nur den Artikel und das Interview
der Reporterin aus der Zeitung, und nur auf die habe ich mich
auch bezogen.
Ich weiß um die genannten zwei (drei)
Gelegenheiten, bei denen ich mit ihm zu tun hatte - die ich
genannt habe. Bei denen er sich nicht mit Ruhm bekleckert hat,
im Gegenteil. Wo ich es unsäglich fand, wie man so mit
Geschichte umgehen kann. Meiner Meinung nach.
Ich könnte mir vorstellen, daß ich mit
Grewenig in der ein oder anderen Sache konform gehe, auch wenn
ich nicht glaube, daß Tholey in der Bedeutungslosigkeit
versinken wird, denn so bedeutend war es eigentlich nie. Wobei
es natürlich darauf ankommt, was man unter "bedeutend" versteht,
bedeutend worin?
Als geistiges Zentrum? Das war angedacht,
wie jemand mir sagte.
Als Ort der Kunst? Mag sein. Ich kann mit
den Fenstern nichts anfangen (bei Richters Fenstern habe ich
immer das Interview im Kopf, das in der SZ abgedruckt wurde und
im Netz zu finden ist, worin er sagt, daß ihn die Fenster - und
Tholey - nicht interessieren). Ich dürfte dort sogar führen,
weil ich beim "Seminar" die ganze Zeit dabei war.
Aber: Muß ich wirklich konkrete Beispiele
liefern, wie ich es (was?) besser machen würde?
Oder genügt es nicht, wenn auch ich
schreiben würde: "Ich bin katholisch. Ich weiß, was im Schwange
ist."
Mit freundlichem Gruß
Roland Geiger
Am 20.05.2023 um 08:52 schrieb Joerg
Weinkauf via Regionalforum-Saar:
Am 20.05.2023 um 08:17 schrieb Roland Geiger via
Regionalforum-Saar:
Das Saarvenir ist out, dafür steht der Kreuzzug gegen die Mönche
in
Tholey weiter auf dem Tapet.
Interessant fand ich den Satz Grewenigs, daß er keine
Beziehungen zur
Familie Meiser hat, im Gegenteil. Da frage ich mich, wer damals
dieses
Opus bezahlt hat, das bei dem "Seminar" für die potentiellen
Kirchenführer verteilt wurde. Auch wenn es ziemlicher Müll war,
muß es
trotzdem verfaßt werden, da gingen ein paar - viele - Stunden
ins
Land. War es die Familie Meiser, die nichts von Grewenig wissen
will,
die aber damals das Seminar durchführte (da war auf jeden Fall
eine
Dame und ein Herr von Meisers Marketingabteilung dabei, die auch
gesprochen haben), oder die Mönche, die Grewenig jetzt ans Kreuz
nageln will? Auch von den "On-dits", den Gerüchten, von gestern
ist im
folgenden keine Rede mehr, alles hieb- und stichfest und
juristisch
einwandfrei. Ich frage mich, ob hier wirklich mit offenen Karten
gespielt wird.
Roland Geiger
Lieber Herr Geiger,
was haben Sie gegen Herrn Grewenig? Klar ist eine Person, an der
man
sich reiben kann - er legt es auch darauf an. Klar muss man nicht
mit
seinen Ansichten in Gänze konform gehen. Aber mit der Abtei Tholey
hat
er - leider - in weiten Bereichen recht. Tholey soll natürlich
seinen
Charakter als Haus Gottes behalten. Aber - und ich kann das aus
Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen im weiten Umfeld
bestätigen - dieses kulturhistorisch wie kirchengeschichtlich
bedeutsame
Ensemble versinkt gegenwärtig in der Vergessenheit und
Bedeutungslosigkeit. Alleine auch als Saarländer einen Besuch mit
Besichtigung der Richter-Fenster einzuplanen, um sie Besuchern zu
zeigen, ist ein zeit- und nervenaufreibendes Unterfangen.
Herr Geiger, bitte machen Sie doch konkrete Vorschläge, wie Sie es
besser machen. Nennen Sie en detail - Entschuldigung, wieder so
ein
Fremdwort wie das "Ondit", also detailliert - welche sachlichen
Fehler
Herr Grewenig bei seiner Einschätzung der Entwicklung in Tholey
gemacht
hat, bitte mit Belegen. Belegen Sie doch Ihre Vermutungen, dass
Herr
Grewenig in engem Kontakt zur Familie Meiser steht, sagen Sie klar
und
deutlich ob Sie glauben, dass er in einem anderen Streit
instrumentalisiert wird, so wie es zwischen Ihren Zeilen heraus
klingt -
aber belegen Sie auch solche Vermutungen, Und verzichten Sie auf
persönliche Angriffe. Ich war bisher der Meinung dass Sie das
nicht
nötig hätten.
Date: 2023/05/20 14:43:52 From: Joerg Weinkauf via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Am 20.05.2023 um 13:55 schrieb Roland
Geiger via Regionalforum-Saar:
Aber: Muß ich wirklich konkrete Beispiele
liefern, wie ich es (was?) besser machen würde?
Oder genügt es nicht, wenn auch ich
schreiben würde: "Ich bin katholisch. Ich weiß, was im
Schwange ist."
Hallo Herr Geiger,
ja, ich persönlich glaube, dass derjenige, der jemandes Pläne und
Taten kritisiert, eigene und damit hoffentlich seiner Ansicht nach
bessere Vorschläge haben und machen sollte - außer er wäre
Politiker. Und auf was würde sich das bei Tholey beziehen? Sicher
auf die Darstellung der Abtei in der Öffentlichkeit, vielleicht
sogar die Vermarktung als Besuchspunkt von Touristen (die sich vom
Saarvenir nicht abschrecken lassen). Muss das klösterliche Leben
darunter leiden? Ich glaube nicht wenn ich an irische Klöster
denke, die ich mehrfach besuchte und die sich durchaus in
unterschiedlicher Art den Besuchern geöffnet haben und in denen
Ordensmänner und -frauen trotzdem noch im Konvent leben. Wenn
Ihnen die Richter-Fenster nicht gefallen - okay, mir gefällt auch
viele hochgelobte Kunst nicht und ich stehe zweifelnd und/oder
ratlos davor. Etwa Besonderes sind sie dennoch und damit für den
Ein oder Anderen besuchenswert - wenn man denn hinkommt und von
ihnen erfährt.
Wenn Herr Grewenig weiß, was im Schwange ist, ist das schön für
ihn. Schade - und da gebe ich Ihrer Kritik recht - ist, wenn er es
nicht sagt. Aber vielleicht ist das neudeutsch der "Cliffhanger"
um auf sein Buch neugierig zu machen? Und nein, bei Ihnen reicht
es mir auch nicht wenn Sie das schreiben. Zumal ich nicht
katholisch bin und deshalb nicht mal erahnen kann was im Kloster
im Schwange oder wer mit welchem Gedanken oder welcher Absicht
schwanger ist.
Date: 2023/05/21 07:10:36 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Der Online-Shop von Krüger Druck+Verlag |
Merzig enthält
diese Informationen über Grewenigs Buch zur Abtei Tholey.
“Abtei Tholey - Quo Vadis?
Vision Hoffnung Wirklichkeit
von Meinrad Maria Grewenig
96 Seiten
20 x 25 cm
vierfarbig
54 Abbildungen
ISBN: 978-3-9824334-4-8
Verkaufspreis 19,70 Euro (inkl. MwSt.)
zzgl. 4,00 Euro Versandkosten je Bestellung
erschienen im Mai 2023
In der Abtei Tholey wurde von 2008 bis 2020 Großartiges geleistet.
Die
Initiative und der finanzielle Einsatz einer Stifterfamilie setzte
einen
beispiellosen Sanierungsprozess in Gang. Dieses Engagement wendete
2008 den
drohenden Exitus des Klosters ab. Das gesamte Benediktinerkloster
mit dem
ausgedehnten barocken Klostergarten und der frühgotischen
Abteikirche Sankt
Mauritius wurden in den folgenden Jahren vollständig runderneuert.
Gerhard
Richter, einer der wichtigsten und bedeutendsten Künstler der
Gegenwart,
stiftete 2019 die Entwürfe zu den drei großen Chorfenstern - eine
Weltsensation. Die neu gegründete Sankt Mauritius GmbH
präsentierte zur
Wiedereröffnung 2020 ein umfassendes, funktionierendes
touristisches
Besuchersystem. Die Erträge durch die Besichtigungen stellten zum
ersten Mal in
der Geschichte der Klostergemeinschaft ein solides ökonomisches
Finanzierungsfundament in Aussicht. Die Abtei Tholey, das älteste
Kloster in
Deutschland, stand mit seiner Abteikirche und den Fenstern von
Gerhard Richter
im Fokus des kulturellen Weltinteresses. Die einsetzende
Entwicklung und die
flankierenden Maßnahmen durch das Saarland lösten allerhöchste
Zukunftshoffnungen aus.
Das Buch "Abtei Tholey - Quo vadis?" erlaubt tiefe Blicke in die
großartige
Vergangenheit der Klostergemeinschaft. Erstmals zeigt die
Darstellung die
Visionen der abendländischen Geschichte auf, die sich mit der
Gründung der
Abtei Tholey im 7. Jahrhundert und der Errichtung der
frühgotischen Kirche im
13. Jahrhundert verbinden. Die Untersuchung schlägt einen Bogen
zur
Zukunftsvision des internationalen geistigen Zentrums, das
erklärtes Ziel der
Sanierungen von 2008 bis 2020 war. Es wird zum ersten Mal ein
umfassender
Überblick über alle Sanierungsmaßnahmen gegeben und die zwei
Jahrtausende
dauernde Geschichte von Tholey und dem Kloster dargestellt. 2020
entschied sich
die Abtei jedoch, den eingeschlagenen professionellen
Entwicklungsprozess
abzubrechen. Die Steuerung wurde - trotz fehlender Kompetenz -
selbst
übernommen. Unangemessene Briefe der Klosterleitung provozierten
einen Abbruch
des Engagements der Stifter. Nur dann, wenn Profis das Management
dieses
einzigartigen Kulturprojektes "Abtei Tholey" leisten, kann der
Erfolg
eintreten. Der jetzige, wenig zielorientierte Zustand muss beendet
werden. Das
Buch zeigt mögliche Konsequenzen auf, wenn dies nicht geschieht,
und es gibt
Impulse für eine gute Zukunft.
"Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass an diesem heiligen Ort
"Abtei Tholey" Sternstunden abendländischer Geschichte und ihre
größten Katastrophen dicht beieinanderliegen."
Meinrad Maria Grewenig
Dies ist der Bericht über die Visionen, die Hoffnungen und die
Wirklichkeit.“
Bemerkung: Interessant finde ich den Satz recht weit unten: „Nur
dann, wenn
Profis das Management dieses einzigartigen Kulturprojektes "Abtei
Tholey" leisten, kann der Erfolg eintreten.“ Also werde ich das
Buch wohl
lesen, denn mich interessiert, an welche Profis der Autor da wohl
gedacht hat.
Date: 2023/05/22 08:57:11 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Heute in der SZ, B1:
„Eine lebendige Abtei ist nicht wie eine konservierte
Sehenswürdigkeit der
Industrialisierung zu führen“ Nach den heftigen Vorwürfen des früheren Generaldirektors des
Weltkulturerbes Völklinger Hütte, Meinrad Maria Grewenig, an der
Tholeyer
Klosterführung, bezieht jetzt deren Abt in einem Gastbeitrag
Stellung. Grewenig
spricht in einem neuen Buch unter anderem von „Dummheit“,
„Sabotage“ und
„Krieg“ hinter den Klostermauern. Wie reagiert die Abtei auf die
Vorwürfe?
Gastbeitrag von Mauritius Choriol, Abt von Tholey
Die Abtei Tholey ist wohl das älteste Kloster auf deutschem Boden
und wurde in
jüngster Vergangenheit vor allem durch die Chorfenster der
frühgotischen
Abteikirche, die der weltweit bekannte Gegenwartskünstler Gerhard
Richter
entworfen hat, international bekannt. Zu sehen sind zudem
beeindruckende
Glasfenster der afghanischen Künstlerin Mahbuba Elham Maqsoodi.
Dieser besondere Ort zwischen Andacht und Kunst entwickelt sich
nun – nach
überstandener Pandemie – nach und nach zu einem überregionalen
Besuchermagneten, wie es Stifter, Spender, Konvent und alle
ansonsten
Beteiligten und Interessierten immer erhofft haben.
Zu Gläubigen, Spendern und Konventsangelegenheiten werden wir uns
grundsätzlich
nicht äußern. Die Finanzverfassung der Abtei jedenfalls ist im
Gleichgewicht.
Wir arbeiten seit ca. 1,5 Jahren mit dem erfahrenen St. Ingberter
Wirtschaftsanwalt Matthias Bayer mit dem Ziel zusammen, unsere
Einnahmen
behutsam zu steigern, um die nicht unerheblichen Ausgaben
inklusive eines
Darlehens der Firma Meiser zu decken, was uns bislang gelingt.
Wir bitten dabei zu beachten, dass eine lebendige Abtei wie
unsere, wenig bis
keine staatliche Förderung erfährt und nicht wie eine konservierte
Sehenswürdigkeit aus dem Mittelalter oder der Industrialisierung,
sondern im
Einklang mit den vatikanischen Vorgaben zur Vermögensverwaltung
von
katholischen Orden zu führen ist. Jedwede Einnahme hat demnach am
Ende den
geistlichen Aufgaben des Konvents zu dienen und kann nicht diesen
beherrschen
oder Selbstzweck werden, so sehr sich Außenstehende das offenbar
auch wünschen.
Nach Fertigstellung des Raums der Stille vor kurzem und nach
Abschluss der
Renovierungsarbeiten im museal umgestalteten früheren Kapitelsaal
voraussichtlich im Sommer 2023, werden dort auch wieder
Sonderausstellungen
gezeigt werden können. Entsprechende Pläne und Vorverabredungen
liegen vor. Wir
sind zuversichtlich, so auch künftig die einzigartige Besonderheit
des Ortes
gemeinsam mit unseren Förderern und Besuchern zu erhalten.
Date: 2023/05/24 07:39:18 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir laden Sie zum virtuellen Vortrag "Die Sauer- Saga: Beispiel einer
Familiengeschichte quer durch die alte Habsburger-Monarchie, Europa und
Übersee" ein.
Virtuell bedeutet, sie findet über das Internet statt und man kann von
jedem
Punkt der Erde aus teilnehmen.
Mittwoch, 24. Mai 2023, 18 Uhr
Vortragende: Mag. Angelika Schmalbach
Bitte hier anmelden:
(https://us06web.zoom.us/meeting/register/tZIkdOiqrjguHtasW0OxJ79ke1B6PAw1f2Yu)
Und bitte immer mit Ihrem vollen Namen anmelden.
Alle interessierten Forscher, unabhängig von einer Mitgliedschaft bei
Familia Austria, sind eingeladen teilzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vereinsvorstand von Familia Austria
Elisabeth Brunner, Dr. Peter Haas, Günter Ofner, Dr. Alexander Weber
www.familia-austria.at
Date: 2023/05/25 23:07:43 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
ich habe eben von Pater Wendelinus, Abtei Tholey, die
nachstehende Erklärung an Frau Ells-Serringhauß mit der Bitte um
Weiterleitung erhalten.
Roland Geiger
---------------------------
Erklärung 25. Mai 2023
RA Matthias Bayer gegenüber der SZ, Frau Ells-Serringhaus
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand
der Abtei Tholey
aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von
vergangener Woche
folgende Stellungnahme ab:
1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer
Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort
angesprochene
angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen
Inhalt, noch
konnte sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch
wurde sie vor
Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits
gefassten und
kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere
Dringlichkeit
zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte
Publikation
ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird
offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte
verschickt. Die
Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in
Ruhe
hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten
Bildmaterials, der
Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und
zu gegebener
Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich
reagiert wird.
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger
und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster
Linie ein
Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches
hat jedwede
Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten.
Reine
Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder
Selbstzweck
werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und
wirtschaftlichem
Betrieb ist nicht möglich.
3. Selbstverständlich ist notwendig,
dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St.
Mauritius
Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre
langfristige und
finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie –
im Vergleich
zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen
Gesellschafter, der
jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger
Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus
würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch
touristischer Vermarktung der
besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem,
kontemplativem
Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die
Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist
herausfordernd,
braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess,
war das
Interesse des Stifters und der Spender und muss im
Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen
sein. Das
ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur
der Sache.
4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat
der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe
von ca.
350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze
geschaffen. Die
seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher. Für die
Renovierung der Abteikirche
selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im
Vertrauen auf
Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten.
Ganz im
Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür
bislang über 10
Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer
Förderung des Bistums
Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden
Unterhalt erhält
die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen
Eintritt und
heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
5. Das Besucherzentrum / Tourist -
Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey
in
regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei,
die auch hier
via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige
Infrastruktur investiert
hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu
und mit dem
monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die
Pfarrgemeinde
von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den
sonstigen
Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer,
offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen
Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn
Gerhard Richter,
dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie
sich selbst
dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der
künftigen
Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den
Beweis, dass
eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form
aber ohne
Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss
erwirtschaften kann,
schuldig bleiben.
7. Auch wenn grundsätzlich zu
konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird,
sind aus aktuellem
Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften
des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“),
hat bereits
seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum
Ergebnis gekommen,
dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte
Unterstützung und
Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der
Benediktinerabtei führen
darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt,
dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten
im
Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent
vorgeworfen werden
kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig
wäre,
kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und
ist in das
Professregister eingetragen.
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen,
einen Weg der
geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten.
Infolgedessen
wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat
beenden und
zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus
Schiffweiler. Br.
Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche
Profess in
Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt.
Ich bitte um
Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem
Wortlaut ggflls.
auch online veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH
Date: 2023/05/26 10:29:14 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl
auch schon ein
paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht
weiter.
Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur
noch auf B2,
der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des
Kloster-Rechtsanwaltes
Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im
Wortlaut über
dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand,
daß wir
Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu
vergleichen. Das
hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden
tatsächlich ist,
und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um
ihren Standpunkt
zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines
Erachtens nicht im
Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts
übersehen.
Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe
Aussagen in einem
anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder
besser die Kunst,
Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am
Sinn des
Originalen zu verändern.
Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist
übrigens im
Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls).
Die
Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab
mir eins
zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will -
meine Antwort
war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings
auch die
Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator
für den Erfolg
eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der
Tantiemen, die der
Autor erhält.
Bene Vale.
Roland Geiger
----------------------
„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen
das Buch „Abtei
Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert
„Trittbrettfahrer“ und
„Übergriffe“.
Von Cathrin
Elss-Seringhaus
Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig
schwerwiegende Vorwürfe
gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater
Wendelinus. In einer
ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut
abdruckte, ging
der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview
war er bisher nicht
bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein
„Generalbevollmächtigter“
gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt
Matthias Bayer (St.
Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).
Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren
in rechtlichen
und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die
Abtei-Führung
werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen.
Man prüfe zunächst
„in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von
Persönlichkeits- und
Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter
anderem die im Buch
erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die
Klostergemeinschaft
sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für
kirchliche Orden zuständigen
Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“
festgehalten, dass Pater
Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit
seiner Aufnahme
in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.
Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“
angestellt worden,
mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst
großzügige gewährte Unterstützung
und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der
Benediktinerabtei führen darf“.
Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und
der Spenderfamilie
Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen
finanziert hat. Warum
überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.
Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass
die Abtei ihr
Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre
nicht zum Bistum
Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe
sie für die Renovierung
lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in
den laufenden Unterhalt
des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen.
„Übergriffige und Trittbrettfahrer“
so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der
künftigen Entwicklung
der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass
eine Betreiber
GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen
Einnahmeüberschuss
erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“
In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius
Choriol beschlossen
habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen
Lebens zu beschreiten“.
Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior
(Stellvertreter des Abtes)
ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des
Abtes aus der
Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus
verbirgt, wurde
vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.
Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der
Konvent wächst.
Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen,
so Bayer. Nicht
geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs
begegnet werden soll,
hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“
---------------------------------------
Das Schreiben des
Rechtsanwaltes an die
Reporterin:
[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der
Reporterin von
heute morgen.]
„Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand
der Abtei Tholey
aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von
vergangener Woche
folgende Stellungnahme ab: 1. Die Abtei kannte zum
Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen
der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich
bevorstehende Publikation,
noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen,
selbst wenn sie
das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der
beabsichtigten Meldung
und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab
konfrontiert, noch ist
eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich
gemacht hätte. Die
angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch
nicht erhältlich.
Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich
Interessierte verschickt.
Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt,
in Ruhe hinsichtlich
der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der
Wahrung von Persönlichkeits-
sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit
entscheiden, ob überhaupt
und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird. 2. Die Abtei ist unstreitig
ein großartiger
und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster
Linie ein Kloster,
dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede
Einnahme am Ende an
seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine
Gewinnerzielungsabsicht kann eine
Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte
Trennung von kontemplativem
Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich. 3. Selbstverständlich ist
notwendig, dass
die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St.
Mauritius Tholey GmbH
die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und
finanzielle Unabhängigkeit
zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu
konservierten staatlichen
Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich
erhebliche Defizite in
6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die
richtige Balance aus
würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch
touristischer Vermarktung der
besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem,
kontemplativem Leben andererseits,
welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes
ausmacht, gefunden
werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht,
ist kein abgeschlossener
Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss
im Gleichgewicht
mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist
weder undankbar noch
provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache. [Serringhauß
schreibt: „Bayer geht auch
auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei
ihr
Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei
gehöre nicht zum
Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“
In Bayers Brief
nicht vorhanden.]
4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor
Jahren staatliche Unterstützung
erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im
Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die
seinerzeitigen Aufwendungen
waren deutlich höher.Für die Renovierung
der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe /
Fördermittel „im
Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der
Abtei“ erhalten. Ganz
im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein
hierfür bislang über 10
Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer
Förderung des Bistums
Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden
Unterhalt erhält die
Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen
Eintritt und heißt jeden
Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen. 5. Das Besucherzentrum /
Tourist - Information
wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in
regelmäßiger und enger Abstimmung
und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH
signifikant in Gebäude
und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige
Besucherzahlen pro
Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der
Nutzung der Abteikirche
durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der
Gemeinde - zusätzlich
zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt
werden, belegen dies.
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig
und verständlicherweise angelockt von den großartigen
Kirchenfenstern, entworfen
von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem
bedeutendsten Künstler
der Gegenwart, können, auch wenn sie
sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit
hinsichtlich der künftigen
Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den
Beweis, dass eine
Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber
ohne Gesellschafterzuschuss,
dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig
bleiben.
7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten
keine Stellung genommen
wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die
Gesellschaften des
apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat
bereits seit
Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis
gekommen, dass darauf
zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und
Hilfe nicht zu
einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater
Wendelinus Naumann
keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner
Aufnahme in den Tholeyer
Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess,
sofern das überhaupt
notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret
liegt vor und
ist in das Professregister eingetragen.
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen,
einen Weg der geistlichen
Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen
wurde Pater Wendelinus
Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat
beenden und zeitliche
Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler.
Br. Maurus Kleinbauer,
27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey
ablegen. Novizenmeister
(Magister) ist Pater Wendelinus. Weitere Stellungnahmen sind
bis auf weiteres
keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese
Stellungnahme in vollständigem
Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
Ich habe nur zu einem Teilaspekt eine Frage, den Rest spare ich mir lieber.
Wieviel “reifliche Überlegung“ und Prüfung ist eigentlich notwendig, wenn etwas ganz klar ist?
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)
Datum: 2023-05-26T10:29:24+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.
Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.
Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.
Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.
Bene Vale.
Roland Geiger
----------------------
„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.
Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).
Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor. Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.
Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.
Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“
In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.
Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“
---------------------------------------
Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:
[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]
„Sehr geehrte Damen und Herren, nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab: 1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird. 2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich. 3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache. [Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]
4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher.Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen. 5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies. 6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben. 7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen: Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf. b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt. Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus. Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen. Mit freundlichen Grüßen Matthias Bayer Rechtsanwalt Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
Date: 2023/05/26 19:04:32 From: Joachim Schmitz via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Auch ich habe eine Frage zu Schreiben des RA Bayer. Unter Punkt 7 heißt es.
„Rom hat … seine feierliche Profess … kirchenrechtlich saniert.“
Das ist mir unverständlich. Sanieren kann nichts anderes heißen als gesund machen, heilen, modernisierend umgestalten oder z.B. finanziell wieder rentabel machen.
Sollte es an der betr. Stelle etwa heißen „kirchenrechtlich sanktioniert“?
Das Deutsche Wörterbuch Bd 3 O – Z Sp. 2217 gibt als erste Bedeutung für sanktionieren an:
„(öffentlich, als Autorität) billigen, gutheißen (u. dadurch legitimieren)“
Ist das etwa auch der Wortlaut im Schreiben von RA Bayer)
Ich habe nur zu einem Teilaspekt eine Frage, den Rest spare ich mir lieber.
Wieviel “reifliche Überlegung“ und Prüfung ist eigentlich notwendig, wenn etwas ganz klar ist?
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] Abtei Tholey Quo Vadis (10)
Datum: 2023-05-26T10:29:24+0200
Von: "Roland Geiger via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
An: "Stefan Reuter via Regionalforum-Saar" <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!] und der Abtei Tholey geht weiter.
Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten. Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.
Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst, Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem nichts am Sinn des Originalen zu verändern.
Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet, ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich (bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St. Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen, die der Autor erhält.
Bene Vale.
Roland Geiger
----------------------
„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein „Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“ und „Übergriffe“.
Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St. Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet, der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).
Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche Schritte vor. Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht, unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann“.
Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022 „Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass „darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.
Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen. „Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich, könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“
In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden. Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.
Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf, dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche „Krieg“.“
---------------------------------------
Das Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:
[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel der Reporterin von heute morgen.]
„Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche folgende Stellungnahme ab:
1. Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder die dort angesprochene angeblich bevorstehende Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber unaufgefordert an vermeintlich Interessierte verschickt. Die Abtei behält sich vor ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich reagiert wird.
2. Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten. Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem Betrieb ist nicht möglich.
3. Selbstverständlich ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St. Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage schaffen, um ihre langfristige und finanzielle Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie – im Vergleich zu konservierten staatlichen Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige Balance aus würdiger, professioneller und zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der besonderen Kunst einerseits und lebendigem geistlichem, kontemplativem Leben andererseits, welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in der Natur der Sache.
[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht vorhanden.]
4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von ca. 350.000 € und im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren deutlich höher.Für die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio €. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in Zukunft weltoffen willkommen.
5. Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat. Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde - zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer, offenkundig und verständlicherweise angelockt von den großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem bedeutendsten Künstler der Gegenwart, können, auch wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen, keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.
7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen: Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022 Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen darf. b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre, kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt vor und ist in das Professregister eingetragen.
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt. Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33 Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist Pater Wendelinus.
Weitere Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls. auch online veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen Matthias Bayer Rechtsanwalt Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
Date: 2023/05/27 08:01:01 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo, Achim,
in dem Brief sind auch andere Fehler. Er
meinte wohl "sanktioniert".
Beim Klein gibts übrigens das Buch zu
kaufen. Ruf aber lieber vorher an.
Steht viel Mist drin, aber auch einiges unangenehm Wahres (z.B.
die Sache mit Bruder Joachim).
Roland
Am 26.05.2023 um 19:04 schrieb Joachim
Schmitz via Regionalforum-Saar:
Auch ich habe eine Frage zu Schreiben des
RA Bayer. Unter Punkt 7 heißt es.
„Rom hat … seine feierliche Profess …
kirchenrechtlich saniert.“
Das ist mir unverständlich. Sanieren kann
nichts anderes heißen als gesund machen, heilen,
modernisierend umgestalten oder z.B. finanziell wieder
rentabel machen.
Sollte es an der betr. Stelle etwa heißen
„kirchenrechtlich sanktioniert“?
Das Deutsche Wörterbuch Bd 3 O – Z Sp. 2217
gibt als erste Bedeutung für sanktionieren an:
„(öffentlich, als Autorität) billigen,
gutheißen (u. dadurch legitimieren)“
Ist das etwa auch der Wortlaut im Schreiben
von RA Bayer)
der Streit zwischen Frau Elss-Seringhaus [deren Namen ich
wohl auch schon ein paarmal verunstaltet habe - sorry!]
und der Abtei Tholey geht weiter.
Heute morgen erschien in der Saarbrücker Zeitung, wenn
auch nur noch auf B2, der nachstehende Artikel. Er fußt
auf dem Schreiben des Kloster-Rechtsanwaltes Bayer, das
ich gestern abend von Pater Wendelinus erhielt und im
Wortlaut über dieses Forum sandte. Abgesehen vom Inhalt
gibt uns der Umstand, daß wir Original und Zeitungsbericht
haben, die Gelegenheit, beide zu vergleichen. Das hab ich
gemacht, um zu sehen, wie weit der Abstand zwschen beiden
tatsächlich ist, und welche Teile des Originals die
Reporterin benutzt hat, um ihren Standpunkt zu vertreten.
Ich habe die Stellen fettmarkiert, die meines Erachtens
nicht im Artikel von heute morgen erschienen. Ich hoffe,
ich habe nichts übersehen.
Es zeigt uns die Macht der Presse, durch indirekte
Wiedergabe Aussagen in einem anderen Licht erscheinen zu
lassen. Es zeigt das Problem oder besser die Kunst,
Kürzungen an Originaltexten vorzunehmen und trotzdem
nichts am Sinn des Originalen zu verändern.
Das Objekt, das die Reporterin für ihren Streit verwendet,
ist übrigens im Buchhandel immer noch nicht erhältlich
(bis gestern jedenfalls). Die Buchhandlung Klein in St.
Wendel wartet täglich darauf. Ich hab mir eins zurücklegen
lassen. Jemand fragte mich, ob ich das lesen will - meine
Antwort war: „Ich will nicht, aber ich muß!“ Damit fördere
ich allerdings auch die Anzahl der verkauften Bücher, was
ja wohl der einzige Indikator für den Erfolg eines Buches
zu sein scheint. Und ich fördere die Höhe der Tantiemen,
die der Autor erhält.
Bene Vale.
Roland Geiger
----------------------
„Tholey · Die Klostergemeinschaft prüft rechtliche
Schritte gegen das Buch „Abtei Tholey Quo vadis“. Ein
„Generalbevollmächtigter“ kritisiert „Trittbrettfahrer“
und „Übergriffe“.
Im Buch „Abtei Tholey Quo vadis?“ erhebt Meinrad Maria
Grewenig schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der
Klosterführung, Abt Mauritius Choriol und Pater
Wendelinus. In einer ersten allgemeinen Stellungnahme, die
die SZ in vollem Wortlaut abdruckte, ging der Abt nicht
auf Einzel-Beschuldigungen ein. Zu einem Interview war er
bisher nicht bereit. Nun hat sich im Namen der „St.
Mauritius GmbH“ ein „Generalbevollmächtigter“ gemeldet,
der auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwalt
Matthias Bayer (St. Ingbert, Saarbrücken, Koblenz).
Er unterstützt die GmbH nach eigener Aussage seit rund
zwei Jahren in rechtlichen und betriebswirtschaftlichen
Fragestellungen. Bayer hält fest, die Abtei-Führung werde
zu „konventsinternen Angelegenheiten“ keine Stellung
nehmen. Man prüfe zunächst „in Ruhe“ die Angaben, das
Bildmaterial und die Wahrung von Persönlichkeits- und
Urheberrechten im Buch und behalte sich rechtliche
Schritte vor.
Trotzdem rückt Bayer in seinem Schreiben einiges zurecht,
unter anderem die im Buch erhobene Behauptung, bei der
Aufnahme von Pater Wendelinus in die Klostergemeinschaft
sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Bayer erklärt, die
für kirchliche Orden zuständigen Behörden des Vatikans
hätten „nach reiflicher Überlegung“ festgehalten, dass
Pater Wendelinus „keinerlei schuldhaftes Verhalten im
Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer Konvent
vorgeworfen werden kann“.
Auch seien von vatikanischen Behörden Mitte 2022
„Untersuchungen“ angestellt worden, mit dem Ergebnis, dass
„darauf zu achten ist, dass selbst großzügige gewährte
Unterstützung und Hilfe nicht zu einer Verletzung der
Autonomie der Benediktinerabtei führen darf“. Dies zielt
offensichtlich auf das Verhältnis zwischen Konvent und der
Spenderfamilie Meiser, die die Rundumsanierung der Abtei
zu größten Teilen finanziert hat. Warum überhaupt
päpstliche Stellen herangezogen wurden, bleibt offen.
Bayer geht auch auf die Finanzsituation ein, die dazu
führte, dass die Abtei ihr Besucherzentrum nicht allein
betreiben wollte. Die Abtei gehöre nicht zum Bistum Trier
und erhalte keine Mittel aus der Kirchensteuer. Auch habe
sie für die Renovierung lediglich 350 000 Euro staatliche
Unterstützung erhalten, und in den laufenden Unterhalt des
Klosters würden keinerlei staatliche Gelder fließen.
„Übergriffige und Trittbrettfahrer“ so Bayer wörtlich,
könnten „keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen
Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn
sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der
ursprünglich einmal konzipierten Form dauerhaft einen
Einnahmeüberschuss erwirtschaften kann, schuldig bleiben.“
In der Stellungnahme gibt Bayer zudem bekannt, dass Abt
Mauritius Choriol beschlossen habe, „einen Weg der
geistlichen Erneuerung des monastischen Lebens zu
beschreiten“. Infolgedessen sei Pater Wendelinus Naumann
zum neuen Prior (Stellvertreter des Abtes) ernannt worden.
Ob sich hinter dieser Formulierung ein Rückzug des Abtes
aus der Öffentlichkeit und eine Art Amtsübernahme durch
Pater Wendelinus verbirgt, wurde vom
Generalbevollmächtigten auf Nachfrage verneint.
Außerdem erfolgt in der Stellungnahme der Hinweis darauf,
dass der Konvent wächst. Demnächst würden zwei Brüder ihr
Ordensgelübde (Profess) ablegen, so Bayer. Nicht geklärt
wird, ob mit dieser Feststellung der Aussage Grewenigs
begegnet werden soll, hinter den Klostermauern herrsche
„Krieg“.“
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Das
Schreiben des Rechtsanwaltes an die Reporterin:
[die fettmarkierten Stellen erschienen nicht im Artikel
der Reporterin von heute morgen.]
„Sehr geehrte Damen und Herren,
nach Abstimmung mit dem Abt Mauritius gebe ich als
Rechtsbeistand der Abtei Tholey aus gegebenem Anlass in
Ergänzung der Erklärung des Abtes von vergangener Woche
folgende Stellungnahme ab:
1.
Die Abtei kannte zum Zeitpunkt Ihrer
Presseveröffentlichungen der vergangenen Woche weder
die dort angesprochene angeblich bevorstehende
Publikation, noch deren umfangreichen Inhalt, noch
konnte Sie diesen prüfen, selbst wenn sie das gewollt
hätte, noch wurde sie vor Ihrem Artikel mit der
beabsichtigten Meldung und Ihrer bereits gefassten und
kommentierten Meinung vorab konfrontiert, noch ist
eine besondere Dringlichkeit zu erkennen, die dies
entbehrlich gemacht hätte. Die angekündigte
Publikation ist in ordentlichen Buchhandlungen noch
nicht erhältlich. Sie wird offenkundig aber
unaufgefordert an vermeintlich Interessierte
verschickt. Die Abtei behält sich vor
ihren Inhalt, sofern er denn vorliegt, in Ruhe
hinsichtlich der enthaltenen Angaben, des veröffentlichten
Bildmaterials, der Wahrung von Persönlichkeits- sowie
Urheberrechten etc. prüfen und zu gegebener Zeit
entscheiden, ob überhaupt und wenn ja wie darauf rechtlich
reagiert wird.
2.
Die Abtei ist unstreitig ein großartiger und
kulturgeschichtlich bedeutsamer Ort. Sie ist indes in
erster Linie ein Kloster, dessen Autonomie es zu
bewahren gilt. Ein solches hat jedwede Einnahme am
Ende an seinen geistlichen Aufgaben auszurichten.
Reine Gewinnerzielungsabsicht kann eine Abtei nicht
beherrschen oder Selbstzweck werden. Eine strikte
Trennung von kontemplativem Leben und wirtschaftlichem
Betrieb ist nicht möglich.
3.
Selbstverständlich ist notwendig, dass die
wirtschaftlichen Zweckbetriebe der Abtei inkl. der St.
Mauritius Tholey GmbH die finanzielle Grundlage
schaffen, um ihre langfristige und finanzielle
Unabhängigkeit zu garantieren, schließlich hat sie –
im Vergleich zu konservierten staatlichen
Sehenswürdigkeiten - keinen Gesellschafter, der
jährlich erhebliche Defizite in 6-7 stelliger
Größenordnung ausgleicht. Dabei muss aber die richtige
Balance aus würdiger, professioneller und
zurückhaltender, auch touristischer Vermarktung der
besonderen Kunst einerseits und lebendigem
geistlichem, kontemplativem Leben andererseits,
welches gerade zusammen mit der Kunst die Besonderheit
des Ortes ausmacht, gefunden werden. Das ist
herausfordernd, braucht Zeit, Mut, Zuversicht, ist
kein abgeschlossener Prozess, war das Interesse des
Stifters und der Spender und muss im Gleichgewicht mit
den vorhandenen wirtschaftlichen Ressourcen sein. Das
ist weder undankbar noch provinziell, sondern liegt in
der Natur der Sache.
[Serringhauß schreibt: „Bayer geht auch auf die
Finanzsituation ein, die dazu führte, dass die Abtei ihr
Besucherzentrum nicht allein betreiben wollte. Die Abtei
gehöre nicht zum Bistum Trier und erhalte keine Mittel
aus der Kirchensteuer.“ In Bayers Brief nicht
vorhanden.]
4. Für die Renovierung von Abteigebäuden hat der Konvent
vor Jahren staatliche Unterstützung erhalten in Höhe von
ca. 350.000 € und
im Gegenzug vereinbarungsgemäß Arbeitsplätze
geschaffen. Die seinerzeitigen Aufwendungen waren
deutlich höher.Für
die Renovierung der Abteikirche selbst hat das Kloster
keine staatliche Hilfe / Fördermittel „im Vertrauen
auf Teilhabe der Bevölkerung und Ausstrahlung der
Abtei“ erhalten. Ganz im Gegenteil: aufgewendet wurden
dafür tatsächlich allein hierfür bislang über 10 Mio
€. Die Mittel stammen aus freigiebigen Spenden, einer
Förderung des Bistums Trier und Eigenmitteln des
Konvents. Auch für den laufenden Unterhalt erhält die
Abtei bislang keine staatliche Förderung. Sie erhebt
keinen Eintritt und heißt jeden Besucher auch in
Zukunft weltoffen willkommen.
5.
Das Besucherzentrum / Tourist - Information wird
professionell betrieben von der Gemeinde Tholey in
regelmäßiger und enger Abstimmung und Kooperation mit
der Abtei, die auch hier via ihrer GmbH signifikant in
Gebäude und hochwertige Infrastruktur investiert hat.
Hohe fünfstellige Besucherzahlen pro Jahr, die
parallel zu und mit dem monastischen Leben sowie der
Nutzung der Abteikirche durch die Pfarrgemeinde von
den tatkräftigen Mitarbeitern der Gemeinde -
zusätzlich zu den sonstigen Besuchern der Gemeinde
Tholey - gemanagt werden, belegen dies.
6. Übergriffige und Trittbrettfahrer,
offenkundig und verständlicherweise angelockt von den
großartigen Kirchenfenstern, entworfen von Frau
Mahbuba Maqsoodi und Herrn Gerhard Richter, dem
bedeutendsten Künstler der Gegenwart,
können, auch
wenn sie sich selbst dazu berufen fühlen,
keine Deutungshoheit hinsichtlich der künftigen
Entwicklung der Abtei beanspruchen, schon gar nicht, wenn
sie den Beweis, dass eine Betreiber GmbH in der
ursprünglich einmal konzipierten Form aber ohne
Gesellschafterzuschuss, dauerhaft einen Einnahmeüberschuss
erwirtschaften kann, schuldig bleiben.
7. Auch wenn grundsätzlich zu konventsinternen
Angelegenheiten keine Stellung genommen wird, sind aus
aktuellem Anlass vier Ausnahmen zu machen:
Das Dikasterium für die Institute des geweihten Lebens und
die Gesellschaften des apostolischen Lebens, sprich der
Heilige Stuhl in Rom („Rom“), hat bereits seit Mitte 2022
Untersuchungen angestellt und ist u.a. zum Ergebnis
gekommen, dass darauf zu achten ist, dass selbst
großzügige gewährte Unterstützung und Hilfe nicht zu einer
Verletzung der Autonomie der Benediktinerabtei führen
darf.
b. Rom hat nach reiflicher Erwägung festgestellt, dass dem
Pater Wendelinus Naumann keinerlei schuldhaftes Verhalten
im Zusammenhang mit seiner Aufnahme in den Tholeyer
Konvent vorgeworfen werden kann und seine feierliche
Profess, sofern das überhaupt notwendig wäre,
kirchenrechtlich saniert. Das entsprechende Dekret liegt
vor und ist in das Professregister eingetragen.
Abt Mauritius hat im Einvernehmen mit dem Konvent
beschlossen, einen Weg der geistlichen Erneuerung des
monastischen Lebens zu beschreiten. Infolgedessen wurde
Pater Wendelinus Naumann zum neuen Prior ernannt.
Der Konvent wächst: Im Juni wird Br. Clemens Saar sein
Noviziat beenden und zeitliche Gelübde ablegen. Er ist 33
Jahre alt und stammt aus Schiffweiler. Br. Maurus
Kleinbauer, 27 Jahre, aus Luxemburg wird die feierliche
Profess in Tholey ablegen. Novizenmeister (Magister) ist
Pater Wendelinus.
Weitere
Stellungnahmen sind bis auf weiteres keine
beabsichtigt. Ich bitte um Verständnis. Ich werde
diese Stellungnahme in vollständigem Wortlaut ggflls.
auch online veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bayer
Rechtsanwalt
Generalbevollmächtigter der St. Mauritius Tholey GmbH“
Date: 2023/05/27 09:04:08 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
wenn’s schnell gehen muß, geht’s meist in die Hose. Und dann noch
an die
falsche Adresse.
Heute morgen hätte ich besser erst geduscht und dann gefrühstückt
und dann
meine Emails gelesen und beantwortet. Hab ich nicht.
Dann hätte ich gemerkt, daß die Anfrage von Herrn Schmitz zum Wort
„sanktioniert“
übers Forum kam und meine Antwort zurück übers Forum versandt
wurde, statt
unmittelbar direkt an ihn.
Ich merkte es, als die ersten Anrufe kamen, postwendend. Zu dem
genannten
Wort und zumeinem letzten Satz: „Steht viel Mist drin, aber auch
einiges
unangenehm Wahres (z.B. die Sache mit Bruder Joachim).“
Die Formulierung war Exkrement. Das tut mir leid.
Ich habe gestern morgen das Buch gekauft und während eines langen
Kaffees
durchgeschaut, die Anfangskapitel mit Hildegard von Bingen
übersprungen und
andere ähnliche Abhandlungen auch. Ich war ein paar mal nahe dran,
das Buch
gleich in den Müll zu schmeißen, aber es war kein Mülleimer
vorhanden.
Dann kam weiter hinten Grewenigs Schilderung über die Sache mit
Pater Joachims
Weihnachtspredigt und die Reaktion des Klosters darauf, die
seinerzeit durch
die Presse ging, aber später im allgemeinen
Katholische-Kirche-Prügeln wieder
unterging. Sie hinterließ aus verschiedenen Gründen bei mir einen
schalen Beigeschmack, weil ich mir überlegte, wie ich damals
reagiert hätte und wie
reagiert wurde, u.a. in der Zeitung.
Dennoch taugt meine o.a. Formulierung nicht. Das Wort „unangenehm“
bleibt
stehen, aber „Wahres“ ist völlig unangebracht. Denn ich habe den
"Schrei der
Empörung" in den "sozialen Medien" und in der Zeitung mitbekommen
und die Haltung des Klosters durch ihr
Statement in der Zeitung erfahren, aber mit Pater Joachim darüber
nicht
gesprochen. Ich kannte ihn von mehreren Gottesdiensten und
mehreren Gesprächen
und hab einmal im Hof des Pfarrhauses miterlebt, wie er einen
Besoffenen nicht
einfach ignorierte, sondern ihm Trost zusprach. Ich war damals
stehen
geblieben, weil ich den Mann kannte und um seine kurze Lunte
wußte. Aber der
Pater ließ eine Eskalation nicht zu und fand eine gute Lösung; das
hat mir sehr imponiert. Vielleicht ist
mir dieses spezielle Kapitel in Grewenigs Buch auch deshalb so
nahe gegangen.
Aber ich werde nie erfahren, was da tatsächlich geschehen ist -
und das kann
Grewenig auch nicht wissen. Also gibt es eine Wahrheit, aber die
kennen nur ein
paar Leute. Und sie steht nicht in dem Buch.
Mein Schnellschuß heute morgen mag mich Freunde
kosten, aber die Email ging raus und läßt sich nicht zurückholen.
Auch wenn ich mir wünschte, ich hätte sie nicht geschrieben.
Date: 2023/05/27 21:08:14 From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Es ist für den Historiker, der zehn, fünfzig
oder
fünfhundert Jahre von einem Ereignis getrennt ist, nicht einfach,
sich für eine
Weile von den großen Konzepten der Strömungen und Kräfte, der
Karten, Pläne,
Statistiken und Diagramme freizumachen, in denen die Wanderungen
von Männern,
Frauen und Kindern durch gestrichelte Pfeile angegeben sind, und
wo eine
Brigade halb ängstlicher und halb heldenhafter Männer zu einem
sauberen kleinen
Rechteck wird.
Es ist nicht einfach, hinter das Quellenmaterial zu sehen und sich
klarzumachen, daß Staatspapiere, Meldungen, Berichte, Briefe und
Tagebücher von
Menschen geschrieben wurden, die den größten Teil ihres Lebens
damit
verbrachten, daß sie schliefen, aßen, gähnten, sich entleerten,
Läuse knackten,
ihren Gelüsten frönten, aus Fenstern schauten oder mit
irgendwelchen Leuten
belangloses Zeug redeten.
Wir sind zu sehr beeindruckt von den Grundmustern und den
übergreifenden großen
Zusammenhängen, die die Forschung uns offenbart hat, um uns bewußt
zu werden,
daß Geschichte für die Teilnehmer eine durchaus zufällige
Angelegenheit ist,
unübersichtlich und scheinbar ziellos, hervorgebracht von
Menschen, deren
Hauptsorge in den meisten Lebenssituationen dem Trivialen und
Irrelevanten
gilt.
Der Historiker ist sich stets des Schicksalhaften bewußt, die
Zeitgenossen und
Beteiligten geschichtlicher Ereignisse selten.
aus: Ward Moore, „Der große Süden“,
(Originaltitel: „Bring the Jubilee“),
Heyne Verlag, Reihe „High 8000“, Nr. 8012, Seite 260-261
Inhalt: In einem Universum, in dem der Süden den amerikanischen
Bürgerkrieg
gewonnen hat (mit allen möglichen Folgen) reist im Jahre 1952 ein
amerikanischer Historiker mit einer Zeitmaschine zur Schlacht von
Gettysburg
und verhindert unabsichtlich, daß die Südstaaten die Round Tops
besetzen. Das
hat zur Folge, daß die Südstaaten die Schlacht verlieren und seine
eigene
Zeitlinie zugunsten der unseren ausgelöscht wird. Ein klassischer
Alternativ-Welt-Roman.