Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Die zerstörte Stadt zwischen Zäsur und Kontinuität

Date: 2023/04/06 22:28:52
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Leider wieder eine interessante Konferenz, die nur vor Ort stattfindet:

Veranstalter Universität Hamburg, Forschungsgruppe "Gewalt-Zeiten"
Veranstaltungsort Gästehaus der Universität Hamburg, Rothenbaumchaussee 34
20148 Hamburg
Vom - Bis 12.05.2023 - 13.05.2023
Deadline 01.05.2023
Website
https://www.geschichte.uni-hamburg.de/forschung/forschungsprojekt-gewalt-zeiten/forschungsgruppe-gewalt-zeiten.html

Von Franziska Quaas, Forschungsgruppe "Gewalt-Zeiten", Universität Hamburg


Die Zerstörungen von Städten im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen markieren oftmals wichtige Zäsuren der Geschichte. Doch nur selten bedeuten diese Gewaltepisoden auch das Ende dieser Städte. Im Rahmen dieser Konferenz nehmen wir das Spannungsverhältnis zwischen disruptiver Gewalt und Kontinuitätsprozessen am Beispiel von Belagerung, Eroberung, Zerstörung und Weiterexistenz von Städten näher unter die Lupe und analysieren die Vielschichtigkeit von GewaltZeiten.


Bilder angegriffener und zerstörter Städte gehören zu den erschütterndsten Symbolen, die wichtige Zäsuren markierten. Doch so einschneidend diese Gewaltepisoden gewesen sind, bedeuteten sie meist nicht das Ende dieser Städte, sondern zeugen zugleich von der Kontinuität städtischer Infrastruktur und der Besiedlung derselben Stadträume. Diese Spannung zwischen disruptiver Gewalt und langfristiger Kontinuität nach dem Überstehen der Angriffe soll in den Fokus einer kulturhistorisch orientierten Diskussion gestellt werden. Die Belagerung, Eroberung, Zerstörung, aber auch das Weiterexistieren der Städte bietet sich daher als Musterbeispiel an, um in einem epochenübergreifenden Vergleich die Vielschichtigkeit von GewaltZeiten zu analysieren.


Programm
Freitag, 13. Mai 2023
11:00 Uhr
Stadt – Gewalt – Zeit
Christoph Dartmann (Hamburg): Begrüßung und Einführung
Frank Rochow (Cottbus): Vom Ereignis zur Erinnerung. Theoretische Überlegungen zur zeitlichen Sedimentierung von Stadtzerstörungen
12:00 Uhr Pause
12:30 Uhr
Die (Nicht) zerstörte Stadt
Franziska Quaas (Hamburg): Si urbs capta fuisset... Zum Abbruch von Belagerungen und zum Verzicht auf die Zerstörung von Städten in der früh- und hochmittelalterlichen Kriegführung
Lennart Gilhaus (Bonn/Essen): Sturmangriffe als Zeiten der Entgrenzung - Die Zerstörung von Moye als Modell für Stadteinnahmen in der griechischen Welt

13:30 Uhr Mittagessen

15:00 Uhr
Die (nicht) zerstörte Stadt (Fortsetzung)
Gregor Diez (Graz): Corinto delete – Mummius Motive zur Zerstörung Korinths
Christina Kecht (Passau): "Auch diese Stadt wurde eingeäschert". Expliziter Urbizid und genozidale Randnotizen in den Res Gestae des Ammianus Marcellinus
David Hager (Amiens): "Que de ruines! Quand donc ser-t-on tranquille?" Die Zerstörung französischer Städte abseits der Front durch deutsche Bombardements, 1914–1918
16:30 Uhr
Pause
17:00 Uhr
Narben im Stadtbild
Christian Saehrendt (Thun): Heilung durch Kunst? Die Zerstörung Kassels im Zweiten Weltkrieg und die Rekonstruktion als "documenta-Stadt"
Stephan Steiner (Wien): Über die zerstörerische Kraft der Architektur
Alexander Querengässer (Halle): "Selbst in Dresden findet man noch eine Anzahl von Häusern in Ruinen". Die Bombardierung von 1760 und ihre Folgen

20:00 Uhr Gemeinsames Abendessen


Samstag, 13. Mai 2023
09:30 Uhr
Narben in der Erinnerung
Sebastian Hanstein (Siegen): Zerstörte Städte, Tod, Trauma und Zirkusspiele als Trostmittel während der Völkerwanderung in Gallien
Christoph Pretzer (Bern): Ubi est accon, ubi sunt ecclesie christianorum, qui ibi erant? Akkon zwischen Untergang und Ewigkeit

10:30 Uhr Pause

11:00 Uhr
Narben in der Erinnerung (Fortsetzung)
Markus Lauert (Paderborn): Die Eroberung Magdeburgs 1631 im Spiegel der Historiographie und Topographie Matthäus Merians
Anke Napp (Hamburg): Ruinen als Fokalpunkt von Zerstörung und Wiedergeburt von Stadt und Volk

12:00 Uhr
Birthe Kundrus (Hamburg): Abschlusskommentar

Kontakt
Franziska Quaas, M.A.
Forschungsgruppe "Gewalt-Zeiten"
Universität Hamburg
Überseering 35 #5, Ostflügel, Raum 02043
22297 Hamburg
E-Mail: franziska.quaas(a)uni-hamburg.de
Tel.: +49 40 42838 2581
https://www.geschichte.uni-hamburg.de/forschung/forschungsprojekt-gewalt-zeiten/forschungsgruppe-gewalt-zeiten.html

Zitation
Die zerstörte Stadt zwischen Zäsur und Kontinuität. In: H-Soz-Kult, 06.04.2023, <www.hsozkult.de/event/id/event-135452>.


[Regionalforum-Saar] Buch eines Saarländers über seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg erneut verö ffentlicht

Date: 2023/04/10 11:51:05
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

gestern in der Saarbrücker Zeitung

Erster Weltkrieg — Schäfer veröffentlicht Buch von Johann Zewe

Der Remarque aus dem Saarland? Buch eines Saarländers über seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg erneut veröffentlicht – mit Hilfe der SZ-Leser

Wustweiler · Im Saarland gibt es was Neues: Die kommentierte Zweitauflage von Johann Zewes Buch über seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Der Historiker Franz Josef Schäfer hat es veröffentlicht – mit Hilfe der Leser der Saarbrücker Zeitung.

Von Michael Kipp Chefreporter

„Wer ist Johann Zewe?“ Diese Frage hat Franz Josef Schäfer Ende Mai 2022 unseren Lesern gestellt. Damals weiß der 70-jährige Historiker lediglich: Zewe ist Saarländer. Und: Er hat ein Buch über seine Erlebnisse beim Russlandfeldzug im Ersten Weltkrieg veröffentlicht. „Aus der Masurenschlacht nach Sibirien. Kriegs-Erlebnisse eines Saarländers“, lauten Titel und Untertitel des Werks, gedruckt in der Lebacher Druckerei und Verlagsgesellschaft m.b.H. Das Erscheinungsjahr ist nicht angegeben. Zewe gibt im Buch jedoch einen Hinweis, aus dem Schäfer schlussfolgert, dass die Drucklegung 1932 erfolgt sein muss.

Ein Fund im Antiquariat
Das seltene Buch findet und kauft der pensionierte Lehrer vor ein paar Jahren im Alt-Saarbrücker Antiquariat für 100 Euro. Ein Buch, das ihn in Aufmachung und vor allem auch in der Schreibe an Erich Maria Remarques im Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues“ erinnert. „Es fällt auf, dass das Cover von Remarques Erstausgabe aus dem Jahre 1929 und Zewes Kriegserinnerungen ähnlich gestaltet sind. Möglicherweise wurde Johann Zewe von Remarques Publikation inspiriert, seine eigenen Kriegserlebnisse darzustellen“, schlussfolgert der Wustweiler, der bis zum Aufruf der Saarbrücker Zeitung nichts über den Autor wusste. All seine Recherchen zu Johann Zewe liefen ins Leere.

Ein Autor mit Respekt vorm Feind
Dabei will er nach dem Lesen des Buches vor allem eines: Das Werk einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen. Es sei ein wichtiges Zeitzeugnis: „Zewe geht vor allem auf Not und Elend als Folgen der Kampfhandlungen ein“, erklärt der Historiker. Auch im „Feind“ sieht „er in erster Linie den Menschen, dessen Würde er respektiert“, erklärt der ehemalige Lehrer. Das sei Anfang der 1930er ungewöhnlich. Denn: „Seit 1933 wurde von den Nationalsozialisten die Bevölkerung systematisch auf einen neuen Krieg vorbereitet“, sagt Schäfer. Die Folge: „Antikriegsliteratur wurde verdammt und als schädlich für die Entwicklung der männlichen Jugend diffamiert. Hierzu zählte vor allem der Roman ,Im Westen nichts Neues‘ von Erich Maria Remarque.“ Und im Saarland im Kleinen sicherlich auch Zewes „Masurenschlacht“. Er verschwand völlig von der Bildfläche. Bis Schäfer es im Antiquariat fand.

Wer war Johann Zewe?
Das Problem, das er bei der Wiederveröffentlichung hatte: Den Verlag gibt es nicht mehr – und ein Buch in den Druck zu bringen, ohne den Autor zu kennen, ohne ihn in seinem zeitgeschichtlichen Kontext vorstellen zu können? Für Schäfer nicht vorstellbar. Wer war er? Woher kommt er? Das Buch taucht in keinem Katalog einer öffentlichen Bibliothek auf, selbst die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt hat das Buch nicht gelistet. Schäfer fragt in Archiven an, recherchiert in Bibliotheken, in Soldatenlisten, meldet sich bei historischen Vereinen. Orts- und Schulchroniken. Er findet: nichts. Daher hat Schäfer vergangenes Jahr die Saarbrücker Zeitung gebeten, auf der Suche nach Zewe zu helfen. Und tatsächlich: Mehrere Leser wussten, wer der Schriftsteller Johann Zewe war.

Leser der Saarbrücker Zeitung helfen
Als einer von vielen Lesern meldete sich bei Schäfer der Kutzhofer Historiker Hans-Joachim Schmidt. Er kennt „Aus der Masurenschlacht nach Sibirien“ bereits seit mehr als 20 Jahren, hat selbst Nachforschungen zum Autor angestellt – und hat ihn gefunden. In Kutzhof. Er stellt für Schäfer den Kontakt zu den Enkeln des 1974 in Kutzhof verstorbenen Johann Zewe her. „Sie haben mir neben der Vita ihres Großvaters auch Fotos ihrer Großeltern zur Verfügung gestellt“, sagt Schäfer.

Zewe wurde demnach 1891 in Limbach bei Schmelz geboren, hat Katharina geheiratet, hat als Bergmann in Göttelborn gearbeitet. Im Zweiten Weltkrieg ist „er laut Bundesarchiv in Berlin kein NSDAP-Mitglied“. Zewe gehört von 1949 bis 1960 als CVP-Mitglied dem Kutzhofer Gemeinderat an. Pazifistisch sei Johann Zewe gewesen, schätzt Schäfer, zumindest als er im Jahre 1932 seine Erinnerungen an seine Soldatenzeit im Ersten Weltkrieg veröffentlicht. „Der damalige Rektor der Kutzhofer Volksschule, Willi Uder, und der evangelische Pfarrer von Wahlschied, Martin Sinemus, hätten ihn damals beim Schreiben unterstützt, berichtet ein Enkel“, sagt Schäfer.

Buch ist nun erhältlich
Genug Wissen, um das Buch wieder zu veröffentlichen – mit Angaben zum biografischen und militärhistorischen Kontext als „Sonderband des Förderkreises für Heimatkunde und Denkmalpflege Eppelborn“. Die Neuauflage hat die Druckerei Ralf Anschüt in Illingen-Uchtelfangen gedruckt. „Der erste Teil des Buches bildet eine Einführung“, erklärt Schäfer. „Das eigentliche Zewe-Buch hat 121 Seiten.“ Die Seiten hat er in einem anderen Papier drucken lassen, das Cover haben sie im Orginaldesign gelassen, „inklusive einiger Stockflecken“, sagt Schäfer. Sie wollten nicht, dass das Buch ausschaut wie ein neues Buch. Im Textteil sind dazu noch „mehr als 40 Anmerkungen zu russischen Dörfern und Städten eingefügt“, erklärt Schäfer. Die sind meist vom Historiker Georg Wurzer, der Experte für Kriegsgefangene in Russland im Ersten Weltkrieg ist. „Das Buch kann über mich zum Preis von 15 EUR plus Versandkosten bezogen werden“, sagt Schäfer. Seine E-Mail-Adresse: SchaeferFJ(a)t-online.de. Dazu sei geplant, in Kutzhof eine Lesung zu veranstalten. Ein Problem dabei: Es gibt dort keine Kneipe mit Saal mehr. Die letzte hat 2018 geschlossen. Sie hieß „Zewes Wirtschaft – ein Enkel des Autors hat sie betrieben“, sagt Schäfer und lacht.

Das Buch kostet 15 Euro; zu bestellen bei Franz Josef Schäfer: SchaeferFJ(a)t-online.de; oder bei der Gemeindeverwaltung Eppelborn, gemeinde(a)eppelborn.de, (0 68 81) 96 90; oder bei der
levoBank in Eppelborn, info(a)levo-bank.de, Tel: (0 68 81) 5 09-40 40. ISBN 978-3-00-075196-7.

[Regionalforum-Saar] Die Revolution von 1848/49

Date: 2023/04/10 11:56:12
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Gelesen in der Saarbrücker Zeitung und gefunden in http://landesgeschichte-saar.de/stream/

Veranstaltungsreihe zum 175-jährigen Jubiläum

Saarbrücken, 3. April 2023 – Die Kommission für Saarländische Landesgeschichte veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes, dem Stadtarchiv Saarbrücken, dem Historischen Museum Saar sowie der Villa Lessing eine Veranstaltungsreihe zum 175-jährigen Jubiläum der Revolution von 1848/49. Die Reihe trägt den Titel „Die Revolution von 1848/49. Regional und Transnational“ und umfasst mehrere Vorträge und eine Filmvorführung.

Die Revolution von 1848/49 gilt als eines der entscheidendsten Ereignisse der deutschen Demokratie- sowie Nationalstaatsgeschichte. Obwohl sie letztendlich scheiterte, hatte sie weitreichende Folgen für die Geschichte Europas im 19. und 20. Jahrhundert und wird noch heute kontrovers diskutiert. Mit der Veranstaltungsreihe „Die Revolution von 1848/49. Regional und Transnational“ werden unterschiedliche Aspekte der Revolution vor Ort beleuchtet und kritisch hinterfragt. 

Die Veranstaltungsreihe beginnt am 20. April 2023 mit einem Vortrag von Prof. Dr. Andreas Fahrmeir (Frankfurt a.M.) zum Thema „Die Revolution im deutschen Südwesten“ im Historischen Rathaussaal Saarbrücken.
Am 29. Juni wird Prof. Dr. Gabriele Clemens (Saarbrücken) im Historischen Museum Saar über die „48er Revolution an Saar und Mosel in weiblicher Perspektive“ sprechen.

Am 5. Juli referiert Dr. Sarah Panter (Mainz) im Historischen Museum Saar über „Revolutionsflüchtlinge als Akteure globaler Mobilität und lokaler Differenzierung, 1849-1914“. 

Katharina Thielen (Saarbrücken) rückt am 7. September „‘Wühler‘ und ‚Heuler‘. Revolutionäre Juristen in der Reaktionszeit“ in den Fokus.

Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe wirft Prof. Dr. Theo Jung (Halle) am 7. November im Rahmen des Jahresvortrags der Kommission in der Villa Lessing „Kritische Perspektiven auf eine demokratiegeschichtliche Vereinnahmung“ der Revolution 1848/49. Die Vorträge beginnen jeweils um 18 Uhr und sind kostenfrei.

Zusätzlich findet am 17. Mai um 19 Uhr eine Filmvorführung des DEFA-Films „…und wieder 48“ aus dem Jahr 1948 in Kooperation mit dem Kino 8 1/2 statt. Der Medienhistoriker Prof. Dr. Clemens Zimmermann (Saarbrücken) wird einen einführenden Kurzvortrag halten. Für die Filmvorführung wird ein Eintrittspreis von 7€ (6€ ermäßigt) erhoben.

Informationen zur Veranstaltungsreihe sowie Streaming-Möglichkeiten finden Sie unter: landesgeschichte-saar.de/stream


[Regionalforum-Saar] Fwd: [IGGP-L] Online-Vortrag BAUERN ODER LEHNSMANNEN - EIN BEITRAG ZUM NEUZEITLICHEN LEHNSWESEN am 20.04.2023 beim Ahnenforscher Stammtisch Unna

Date: 2023/04/14 20:35:00
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung,

der Ahnenforscher Stammtisch Unna möchte euch sehr herzlich zu seiner
folgenden Online-Veranstaltung auf Zoom einladen:

Ahnenforscher Stammtisch Unna Online-Vortrag

BAUERN ODER LEHNSMANNEN - EIN BEITRAG ZUM NEUZEITLICHEN LEHNSWESEN

mit dem Referenten Jürgen Sturma

am Donnerstag, dem 20. April 2023 um 19 Uhr auf Zoom!

Einladung mit Teilnahmemöglichkeit:

https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de/2023/03/11/einladung-zum-online-vortrag-bauern-oder-lehnsmannen-ein-beitrag-zum-neuzeitlichen-lehnswesen-am-20-04-2023/

Wir würden uns sehr freuen, euch wieder zahlreich zu dieser
Online-Veranstaltung auf Zoom begrüßen zu dürfen.

Liebe Grüße

Georg (Palmüller)


AHNENFORSCHER STAMMTISCH UNNA
E-Mail: info(a)ahnenforscherstammtisch.de

Homepage: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de
Facebook: https://www.facebook.com/afstunna
Twitter: https://twitter.com/ahnenforscher
Instagram: https://www.instagram.com/ahnenforscherstammtischunna/
_____________________________________
International German Genealogy Partnership (IGGP) mailing list
Write new topics to IGGP-L(a)genealogy.net
Mailing list administration
https://list.genealogy.net/mm/listinfo/iggp-l

IGGP website https://iggp.org/

IGGP Conference 2023
Crossroads and Connections: Find your Family Story
Wo Wege sich kreuzen: Finde Deine Familiengeschichte
Find all information here: bit.ly/IGGPConference2023

[Regionalforum-Saar] am kommenden Wochenende Nachtw ächtertreffen in Neuwied-Engers

Date: 2023/04/16 11:34:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Nach langer Abstinenz treffen sich mal wieder die Nachtwächter aus allen
Teilen von Rheinland-Pfalz, und ich als Ausländer (Saarländer) darf auch
dorthin.

CU

Roland Geiger

Attachment: Nachtwächter Konvent 2023 Plakat und Handzettel-38d82 d38.jpg
Description: JPEG image

[Regionalforum-Saar] Auf den Spuren des Rötels - v on Oberthal bis zum Mittelmeer

Date: 2023/04/18 10:01:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Liebe Mitglieder und Freunde des Historischen Vereins zur Erforschung des Schaumberger Landes.

Vom Rötel haben Sie sicher schon einiges gehört und gelesen.

Aber wie der Rötel über welche Wege den Weg bis nach Spanien gefunden hat, welche Spuren, auch menschlicher Art, die Rötelkrämer auf Ihren Handelsrouten hinterlassen haben, das dürfte Ihnen nicht bekannt sein. 

Das erfahren Sie heute Abend um 19 Uhr im großen Saal des Rathauses in Tholey von unserem ältesten, noch sehr vitalen Geschichtsforscher Hermann Scheid.

Einladung zum Vortrag
Auf den Spuren des Rötels
eine Reise auf der Route der Rötelkrämer bis ans Mittelmeer
Referent: Hermann Scheid, Oberthal
am Dienstag, den 18. April 2023, 19.00 Uhr,
im Großen Sitzungssaal im Rathaus der Gemeinde Tholey,
Im Kloster 1, 66636 Tholey


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Hasler

[Regionalforum-Saar] Vortrag „Die Grablege im e hemaligen Kloster Wörschweiler. Eine Excursion zu Grafen , Rittern und Äbten" im Juli 2023

Date: 2023/04/21 10:23:33
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

am Dienstag, 25 Juli, wird Jörg A. Künzer im Rahmen der Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) einen Vortrag mit dem Titel „Die Grablege im ehemaligen Kloster Wörschweiler. Eine Excursion zu Grafen, Rittern und Äbten" halten.

Aus dem Inhalt:
- die verschiedenen Ausgrabungen mit Skelett- und Grabplattenfunden
- Geschichte und Genealogie der beigesetzten Personen
- Beschreibung der Grabplatten mit Inschriftenkunde und Infos zur Heraldik

Wo: im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken
wann: am 25. Juli ab 17.30 Uhr

Der Eintritt ist frei; eingeladen ist jederman.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Erinnerung "Buch im Gespräc h" heute Abend

Date: 2023/04/21 10:46:34
From: Hans-Joachim Hoffmann via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Henn’sche Buchhandlung und Heinrich Böll Stiftung Saar laden ein

Buch im Gespräch

Hans-Joachim Hoffmann, Verwirrende Wege.

                                                                                                                                                                    Entstehung, Zerschlagung und Neuaufbau demokratischer Strukturen

Wann: 21. April 2023 - 18.30 Uhr

Wo: Henn’sche Buchhandlung, Inh. Karl-Heinz Köhler

66564 Ottweiler, Enggass 2

 

1923 – 2023

Da sich das Krisenjahr 1923 der Weimarer Republik zum hundersten Male jährt, trat die Heinrich Böll Stiftung Saar an Karl-Heinz Köhler, den Inhaber der altgesessenen Henn’schen Buchhandlung in Ottweiler, mit der Bitte heran, in den Räumen dieser Buchhandlung  eine Lesung zur Publikation Hans-Joachim Hoffmanns

Verwirrende Wege.

Entstehung, Zerschlagung und Neuaufbau demokratischer Strukturen

anzubieten. Dieser Bitte kam Karl-Heinz Köhler gerne nach und lädt daher zu einer Lesung des Autors unter dem Motto „Buch im Gespräch“ ein. Dieses Motto verdeutlicht, dass die Lesung eingebettet wird in ein Gespräch, das Klaus Burr, Ehrenmitglied des Stadtgeschichtlichen Museums Ottweiler, mit dem Verfasser dieser Publikation führen wird.

Dazu bietet das Jahr 2023 einen geeigneten Anlass, denn es gilt als Krisenjahr der Weimarer Republik. In einer Rezension zu dem „Handbuch der Weimarer Republik“ von Nadine Rossol/Benjamin Ziemann (Hg.), Aufbruch und Abgründe, Darmstadt 2021 führte Eckart Conze, Professor für Neuere und Neuste Geschichte an der Philipps-Universität Marburg, aus:

„Selten war in Deutschland - [...] die Weimarer Republik so präsent wie in den vergangenen Jahren. [...] Anders jedoch als in der frühen Bundesrepublik beherrscht nicht das ebenso selbstgewisse wie beruhigende ‚Bonn ist nicht Weimar‘ der Wirtschaftswunderjahre Erinnerung und Vergegenwärtigung, sondern die mahnend beschworene Möglichkeit ‚Weimarer Verhältnisse‘. Zugleich transportiert ‚Babylon Berlin‘ ein Bild von Weimar in die Wohnzimmer, das insbesondere die späten Jahre der Republik auf die Gleichzeitigkeit, die Spannung von avantgardistischer Kultur sowie wildem Nachtleben in Berlin einerseits und dem Aufstieg der Nationalsozialisten andererseits reduziert. Die alte Vorstellung vom Weimarer Tanz auf dem Vulkan setzt sich so ins Netflix-Zeitalter fort und erreicht ein Millionenpublikum.“ (Süddeutsche Zeitung Nr. 72, Montag, 27. März 2023)

Die im Titel des rezensierten Handbuches angesprochenen „Aufbrüche und Abgründe“ kommen auch auf lokaler Ebene in Hoffmanns Publikation „Verwirrende Wege“ deutlich zur Sprache und werden von Klaus Burr in der Unterredung mit dem Autor thematisiert.

Im Anschluss an die Lesung besteht die Möglichkeit zur Diskussion.

Die Henn’sche Buchhandlung, die Heinrich Böll Stiftung Saar sowie der Autor und Klaus Burr freuen sich auf Ihr Kommen.


[Regionalforum-Saar] Der Rezipient ist im Werk – Differenzerfahrung und Adressatenbezug in Reisedarste llungen des 15.-18. Jahrhunderts

Date: 2023/04/21 19:11:50
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Der Rezipient ist im Werk – Differenzerfahrung und Adressatenbezug in Reisedarstellungen des 15.-18. Jahrhunderts

Organisatoren Forschungsbibliothek Gotha
99084 Gotha

Vom - Bis 29.09.2022 - 30.09.2022
Von Peter Bohnert, Universität Vechta

Bis heute prägen Reiseberichte unsere Vorstellungen von anderen Ländern und Menschen, von Fremdbild und (europäischem) Selbstbild. Was wollten die frühneuzeitlichen Autoren ihren Lesern wie mitteilen? Galt auf dem Buchmarkt tatsächlich immer „travel sells“ oder mussten die Autoren bestimmte Erwartungen des Publikums erfüllen? Wie spiegeln sich diese Erwartungen in den Reiseberichten wider? Inwiefern lenkten der Zweck der Reise oder die sozialen und beruflichen Prägungen des Reisenden seine Aufmerksamkeit? Diesen Fragen ging der interdisziplinäre Workshop „Der Rezipient ist im Werk – Differenzerfahrung und Adressatenbezug in Reisedarstellungen des 15.–18. Jahrhunderts“ an der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt aus einer medien- und kulturhistorischen Perspektive nach.

SUSANNE FRIEDRICH (Erfurt/München) und MONIKA MÜLLER (Erfurt/Gotha) stellten bei der Einführung zunächst heraus, dass es sich bei den Reiseberichten der Frühen Neuzeit nicht (nur) um Selbstzeugnisse handelte. Ausgehend von Wolfgang Kemps einprägsamer These, „der Betrachter ist im Bild“, sei der Rezipient eines Reiseberichts bereits im Werk enthalten. Aufgrund der großen Konkurrenz auf dem Buchmarkt musste jeder Reisebericht etwas Einzigartiges besitzen, aber zugleich auch Wiedererkennungseffekte ermöglichen, um bei seiner potentiellen Leserschaft Aufmerksamkeit hervorrufen zu können. Daher dachten die Autoren bereits beim Verfassen des Reiseberichts an die Erwartungen und das Wissen der Adressaten, an die sich die Publikation richten sollte. Da von verschiedenen Seiten (Verleger, Kupferstecher etc.) in das Werk vor der Veröffentlichung eingegriffen wurde, kann bei vielen Reiseberichten eher von einer kollektiven Autorenschaft gesprochen werden.

SUSANNE KNAEBLE (Dresden) widmete sich der Frage nach dem intendierten Publikum der Gothaer Handschrift des „Herzog Ernst D“. Die Fassung D der Abenteuerfahrt von Herzog Ernst zeichnet sich durch eine besondere Betonung der „Höfigkeit“ aus. Sie bot somit ein Angebot zur Rezeption höfischen Verhaltens, das insbesondere Frauen ansprach. Hierdurch konnte eine neue Leserschaft gewonnen werden.

Ausgehend von Berichten südwestdeutscher Mitarbeiter der VOC untersuchte PHILIP HAHN (Tübingen) die Intentionen und Wirkungen von deutschsprachigen Reiseberichten über Ostindien im 17. und 18. Jahrhundert. Nach ihrer Rückkehr betätigten sich viele Ostindienfahrer als Gastwirte und nicht ihn ihrem angestammten Handwerksberuf. Die (zunächst in den Gastwirtschaften erzählten) Berichte wurden lokal rezipiert, was die Migration von Arbeitswilligen zur VOC zur Folge hatte. Hinsichtlich der gedruckten Reiseberichte ist festzustellen, dass diese oft überformt wurden, um dem Buchmarkt bzw. den von der Apodemikenliteratur gesetzten Erwartungen zu entsprechen, wobei bereits im 18. Jh. durch die „gelehrte Welt“ versucht wurde, die Berichte von Handwerkern zu diskreditieren. Manche Autoren wandten sich daher auch bewusst an ihresgleichen, für die der Reisebericht zur praktischen Anleitung werden konnte.

Danach erfolgte eine Präsentation von ausgesuchten Originalen aus den Beständen der Forschungsbibliothek Gotha. In dieser werden rund 90 handschriftliche Reiseberichte, darunter 14 Reisetagebücher, verwahrt. Darüber hinaus verfügt die Bibliothek über eine umfangreiche Sammlung an Druckwerken der Signaturengruppe „Geographica“.

In diesem Kontext stellte BERND ULRICH HUCKER (Vechta) den Frühdruck Straßburg 1519 von „Thyl Vlenspiegel“ vor, den die Forschungsbibliothek Gotha besitzt. Die (fiktive) Biographie ist zugleich ein Wegweiser zu den Handwerkerwahrzeichen der Städte, in denen der umherreisende Narr sein Unwesen trieb. Die Kenntnis der Wahrzeichen diente den wandernden Handwerksburschen vom 15. bis 18. Jahrhundert zur Legitimation, weshalb sie in vielen Reisebeschreibungen genannt werden. Einige dieser Objekte finden sich sogar in den Eulenspiegel-Holzschnitten wieder, dennoch gehörten Handwerkerkreise nicht zu den intendierten Rezipienten.

MONIKA MÜLLER ging der Frage nach, ob es sich bei Caspar Schmalkaldens „Reisen nach West- und Ostindien“ um einen Reisebericht handelt. Jener reiste zwischen 1642 und 1652 im Auftrag von WIC und VOC nach Brasilien und Asien und arbeitete dort als Soldat und Landvermesser. Nach seiner Rückkehr wurde er Kanzlist am Gothaer Hof und hielt seine Reiseerfahrungen in mehreren, inhaltlich zum Teil nur lose Schnittmengen aufweisenden Handschriften fest. Im Text finden sich durchaus Parallelen zu bereits veröffentlichten landeskundlichen Beschreibungen, doch ist nicht von einer direkten Abschrift auszugehen. Es sind vor allem die Zeichnungen in der Handschrift, die deutliche Bezüge zu zeitgenössischen Werken des Druckmedium und der Malerei aufweisen. Die in der Forschungsbibliothek Gotha verwahrte, prächtig illustrierte Handschrift mit Zeichnungen und Deckfarbenmalerei sind für einen reinen Privatgebrauch geradezu einzigartig. Es ist anzunehmen, dass diese wohl zunächst für den Unterricht oder das gelehrte Gespräch am Gothaer Hof dienen sollte – ein Plan, der aber wohl nicht zur Ausführung gelangte. Auffallend ist, dass auch in der bildlichen Darstellung soziale Hierarchien dargestellt werden.

Beeinflusst von Schmalkaldens Reisebericht begab sich Johann Wilhelm Vogel (1657-1723) auf Reisen, zu dem SUSANNE FRIEDRICH vortrug. Er schrieb über die in den Diensten der VOC unternommene Reise innerhalb von sechzehn Jahren zwei unterschiedliche Berichte, von denen sich wiederum je zwei Versionen erhalten haben. Dabei transformierte er die teilweise logbuchartigen Berichte je nach intendierten Rezipienten, indem er andere Erlebnisse auswählte, Teile ergänzte und verschob oder Formulierungen veränderte. Hierbei wurde der Einfluss der Schriftlichkeitskultur der VOC zunehmend zurückgedrängt. Vogel orientierte sich an den Vorstellungen eines thüringischen oder norddeutsch-protestantischen Publikums, indem er bspw. Vergleiche zu landläufigen Früchten und Gemüsen zog. Neben der Anfertigung seiner Berichte konnte er insbesondere seine in den Goldminen von Sumatra gemachten Erfahrungen und mitgebrachten Dokumente als soziales Kapital erfolgreich einsetzen und kann daher als ein Musterbeispiel für gelungene Integration nach der Rückkehr nach Europa bezeichnet werden.

DANIELA HACKE (Berlin) diskutierte den Bericht von Robert Knox „An Historical Relation of the Island of Ceylon“ (1681) im Kontext der Bemühungen der Royal Society, Reisen und Reiseberichte im englischen Empire durch Fragelisten einer systematisierenden Untersuchungsmethode zu unterwerfen. Knox‘ Bericht war jedoch ohne eine solche Beobachtungslenkung entstanden und wurde vor der Publikation u.a. von Robert Hooke überarbeitet. Er legte besonderen Wert auf „observations“, die tatsächlich nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen gemacht wurden. Um die geographische Distanz zum persönlichen Erleben für die Leser zu verringern, beschrieb Knox seine sinnlichen Erfahrungen. Bemerkenswert ist hierbei die Einbeziehung aller Sinnesorgane, insbesondere des Geschmacks- und des Tastsinns. Am Beispiel der Ananas zeigt sich allerdings, dass hier die sprachliche Ausdrucksfähigkeit an ihre Grenzen stößt. Diese Aufwertung von anderen Sinnesorganen als den Augen ist im Kontext epistemischer Diskurse zu betrachten. Die multisensorischen Praktiken werden zu Techniken kolonialen Wissenserwerbs. Hierbei wird ein Erfahrungswissen geschaffen, das in das englische (Geschmacks-) Wissen eingebunden wird.

ANNETTE KRANEN (Bern) stellte Grafiken von Reisen in den östlichen Mittelmeerraum um 1700 mit einem Schwerpunkt auf Cornelis de Bruijn vor. Für den frühneuzeitlichen Reisenden war die Verwendung von Bildern etwas Selbstverständliches. Manche vertraten sogar die Auffassung, Bilder seien zur Beschreibung der besuchten Orte besser als Texte geeignet und nahmen für die in ihren Reiseberichten abgedruckten Illustrationen Authentizität, Neuheit und Genauigkeit in Anspruch. Die Levante war zwar den wenigsten Europäern aus eigener Anschauung bekannt, jedoch gab es aufgrund von Antikenrezeption, der Bibel und der Reiseliteratur feste Erwartungen der Leserschaft, neben Neuem auch Bekanntes zu sehen. Gerade das Bekannte bürgte dabei für die Glaubwürdigkeit. Daher wurde die Bebilderung der Reiseberichte an den intendierten Adressatenkreis angepasst, dienten doch Illustrationen nicht nur der genaueren Beschreibung der besuchten Orte, sondern auch als handfestes Verkaufsargument. Als Authentizitätsbeweis wurden teilweise Zeichner oder Maler in die Druckplatte gestochen, um den Anschein der Augenzeugenschaft zu geben. Jedoch wurden die Stiche häufig ohne konkretes Anschauungsmaterial angefertigt und aus Versatzstücken älterer Druckvorlagen zusammengestellt. Auch konnte es bei der Anfertigung der Druckplatten zu Konflikten zwischen dem künstlerischen Selbstverständnis der Kupferstecher und dem Anspruch auf Authentizität und Genauigkeit des Reisenden kommen.

HARUKA OBA (Kurume/Japan) referierte über die deutsche Übersetzung eines Reiseberichts der Tensho-Gesandtschaft. Dieser Reisebericht beschreibt die Reise von vier jungen, vom Jesuitenorden in Nagasaki ausgebildeten, japanischen Adligen nach Europa, die 1585 mit einer Papstaudienz in Rom ihren Abschluss fand. Der Reisebericht erfuhr eine große Resonanz, da er eine Reise von Fremden durch für sie fremde europäische Gegenden beschreibt. Die Wahrnehmung Europas durch die japanischen Jugendlichen wird jedoch kaum darstellt. Die 1587 in Dillingen herausgegebene erste deutschsprachigen Übersetzung wurde dem bayerischen Thronfolger Maximilian (I.) gewidmet und diesem wohl zum Eintritt in das Jesuitengymnasium in Ingolstadt geschenkt. Aufgrund des Paratexts, der betont, dass die jungen adeligen Japaner aufgrund der Wahrhaftigkeit des Katholizismus nach Rom reisten, erhielt der Reisebericht zusätzlich den Charakter eines Fürstenspiegels und wurde so an den Widmungsempfänger angepasst. Darüber hinaus dokumentierte die Übersetzung Bayerns Stellung als größter Unterstützer der jesuitischen Weltmission und trug so zur Festigung der jesuitischen Stellung in Bayern bei. Sie erfüllte die Erwartung einer katholischen Leserschaft im konfessionellen Zeitalter.

DORIS GRUBER (Wien) sprach über Darstellungen osmanischer Fauna in Reiseberichten und ihr (intendiertes) Publikum am Beispiel von phantastischen Tierwesen. Dabei stützte sie sich auf erste Ergebnisse des Digital-Humanities-Projekts „Ottoman Nature in Travelogues, 1501–1850: A Digital Analysis (ONiT)“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Das Korpus umfasst etwa 1.500 zwischen 1500-1850 entstandene Druckschriften, die durch computergestützte Methoden wie z.B. automatische Bildextraktion ausgewertet werden. Phantastische Tierwesen kommen gehäuft in Berichten über das Osmanische Reich vor, insbesondere in deutschen Übersetzungen. Im Vorderen Orient bestand eine lange kulturelle Tradition der magischen Tierwesen, z.B. in Bibel, antiker Literatur und Historiographie. Die Reiseberichte führen neben Augenzeugenberichten als empirischen Beweisen für die Existenz von Fabelwesen wie Einhörnern oder Meermenschen auch Autoritäten wie Plinius zur Bekräftigung an. Bilder von phantastischen Tierwesen dienten als zusätzliche Legitimation und sollten Verkaufsargumente für ein auf Exotik und Fremdheit neugieriges Publikum sein. Hierbei wurden Bildplatten aus praktischen Gründen oft wiederverwendet, was aber zu Divergenzen zwischen Text und Bild führte. Die Bebilderung wurde in verschiedenen Auflagen verändert und auch konfessionell angepasst. Auch zeigen sich Reflexe von Feindbildern, die auf die Konflikte des Osmanischen Reichs mit Habsburg oder Venedig zurückzuführen sind. Hierdurch wurden kulturelle Identitäten geschaffen, die zur Verfestigung von Stereotypen und Vorurteilen führten.

JULIA BÖTTCHER (Erlangen/Nürnberg) trug zur Adressatenorientierung in Berichten von Forschungsreisenden im 18. Jahrhundert vor. Um ein breites Publikum anzusprechen, musste ein konsensfähiger Reisebericht hergestellt werden. Hierzu musste das Verhalten des Forschers nachvollziehbar sein und er über eine integre geistig-moralische Grundhaltung verfügen, die sich neben der Aufrichtigkeit gegenüber dem Forschungsgegenstand auch im korrekten Umgang mit Tieren und der einheimischen Bevölkerung zeigte. Der reisende Wissenschaftler, der seinen Habitus als Forscher wahren musste, war als Teil der Gelehrtengesellschaft auch ein Teil der Rezipientengruppe. Durch die Korrespondenz mit Akademien hielt er auch von unterwegs den Kontakt zu seinen Rezipienten. Durch genaue Beschreibung der Arbeitsumgebung vor Ort sollten Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Forschung ausgeräumt werden. Hierbei war es erforderlich, auf bereits etablierte Arbeitsmethoden zurückzugreifen. Bei der Einordnung der Forschungsergebnisse wurde darauf geachtet, dass die Beschreibungen und Abbildungen konsensfähig waren, wobei die Sehgewohnheiten der Heimatregion berücksichtigt wurden.

CARSTEN ECKERT (Gotha) stellte die Rezeption der geognostischen Reisen des Leopold von Buch (1774-1853) durch Gebirgsregionen Europas dar und verortete ihn im Forschungsnetzwerk seiner Zeit. Im Fokus standen dabei dessen kleinformatige Reisetagebücher. Der heute fast in Vergessenheit geratene Freund Alexander von Humboldts trug auf seinen Fußreisen Gesteinssammlungen zusammen und prägte geologische Begriffe, die über die geologische Fachwelt hinaus sogar Bestandteil der Umgangssprache und Alltagsliteratur wurden.

Bei der regen Abschlussdiskussion wurde nochmals deutlich, dass die Reisenden stets die räumliche Bindung der Rezipienten mitdachten. Durch eine möglichst sinnesnahe Beschreibung sollte die geographische Distanz der Leser zum persönlichen Erleben des Autors überbrückt werden. Nötig sei eine mediensensible Forschung, die Praktiken, Konventionen und Traditionen der Wissensgenerierung und -darstellung berücksichtige. Hier sei nach epistemischen Umbrüchen und Entwicklungen zu fragen und wie sie sich in den Reiseberichten widerspiegeln. An dieser Stelle wäre in weiteren Forschungen zu untersuchen, ob sich diese Erkenntnisse auch auf andere Reisegattungen wie beispielsweise die fürstliche Kavalierstour übertragen lassen. Als spezifisch für die Erfahrungsvermittlung in der Frühen Neuzeit wurde herausgearbeitet, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr genügte, lediglich an einem Ort gewesen zu sein, sondern dies musste auch glaubwürdig dargestellt werden. Hierbei halfen die von der Reise mitgebrachten (Natur-)Objekte, die aber auch zur Ansprache anderer Rezipientenschichten verwendet wurden. Die Reiseberichte können heute auch als wichtige Hilfe im Bereich der Museologie bei Fragen der Provenienz oder Sammlungsgeschichte, insbesondere bei Naturalia, dienen. Hier wird die Gegenwart zum – allerdings unintendierten – Rezipienten frühneuzeitlicher Reiseberichte.

Abschließend führte Monika Müller durch die prachtvollen historischen Schauräume der Forschungsbibliothek Gotha.

Konferenzübersicht:

Kathrin Paasch (Gotha): Begrüßung

Susanne Friedrich (Erfurt/München) und Monika Müller (Erfurt/Gotha): Einführung

Susanne Knaeble (Dresden): Wissen über Gott und Welt-Erfahrungsvermittlung in der Gothaer Handschrift des „Herzog Ernst D“

Philip Hahn (Tübingen): Exotische Unterhaltung oder Anleitung zur Arbeitsmigration? Intentionen und Wirkungen von deutschsprachigen Reiseberichten über Ostindien im 17. und 18. Jahrhundert

Präsentation und Diskussion von Originalen

Bernd Ulrich Hucker (Vechta), Impulsreferat: „Thyl Vlenspiegel“, Straßburg 1519

Monika Müller (Erfurt/Gotha): Caspar Schmalkaldens „Reisen nach West- und Ostindien“ – ein Reisebericht?

Susanne Friedrich (Erfurt/München): Johann Wilhelm Vogel und die Goldminen von Sumatra. Eine Reise, zwei Druckversionen, zwei Zueignungen und drei Vorreden

Daniela Hacke (Berlin): “I have written nothing but (…) what I am assured of by my own personal knowledge”: Robert Knox, Robert Hooke und die Kunst des Reisens im englischen Empire

Annette Kranen (Bern): Durch die Augen der Reisenden. Grafiken von Levante-Reisen um 1700 zwischen Autopsie und Kopie

Haruka Oba (Kurume): Warum veröffentlicht man Reiseberichte über Japaner? Der Paratext zur deutschen Übersetzung des italienischen Reiseberichtes der Tensho Gesandtschaft (1587)

Doris Gruber (Wien): Darstellungen osmanischer Fauna in Reiseberichten und ihr (intendiertes) Publikum

Julia Böttcher (Erlangen-Nürnberg): Integre Reisende und Wissen in vertrauter Form: Adressatenorientierung in Berichten von Forschungsreisenden im 18. Jahrhundert

Carsten Eckert (Gotha): Mit Hammer, Fernglas und Lupe zu Fuß durch Europa – Die Geognostischen Reisen des Leopold von Buch um 1800

Monika Müller (Erfurt/Gotha): Führung durch die historischen Schauräume der Forschungsbibliothek Gotha

Zitation

Tagungsbericht: Der Rezipient ist im Werk – Differenzerfahrung und Adressatenbezug in Reisedarstellungen des 15.-18. Jahrhunderts, In: H-Soz-Kult, 21.04.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-135557>.





[Regionalforum-Saar] G

Date: 2023/04/23 10:20:29
From: Hans Schmitt <hans(a)hans-schmitt.de>




Von meinem iPad gesendet

[Regionalforum-Saar] Ein Beispiel für ein Wortspie l, das niemand braucht.

Date: 2023/04/28 08:43:27
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Nur großes Chaos

Das „Saarvenir“ ist einfach nur peinlich statt gelungen
Die Tourismuszentrale hat ein Souvenir für das Saarland entwickelt. So, wie es auch andere Bundesländer Touristen mitgeben. Das Ergebnis ist jedoch abschreckend und peinlich.

Von Thomas Sponticcia, Redakteur Wirtschaft

an rechnet mit einem spontanen Rache-Auftritt von Jan Böhmermann am Saarland, fühlt sich erinnert an Hape Kerkeling, der als konzertierender Sänger mit einem völlig verunglückten Lied Konzertgäste zu überzeugen versucht (Hurz!) oder sieht sich bestenfalls in einen Loriot-Sketch versetzt. So, wie er auch in einem Theater aufgeführt werden könnte.

In einem Theater, dem Theater im Viertel in Saarbrücken, war es dann auch, wo am Donnerstag eine irritierende, zeitweise verstörende Premiere stattfand. In den Hauptrollen: Birgit Grauvogel als Chefin der Tourismuszentrale und Jürgen Barke als Wirtschaftsminister, der zugleich auch Aufsichtsratschef der Tourismuszentrale ist. Schon als sich der Vorhang öffnet, zeichnet sich im Publikum eher Verwirrung als Begeisterung ab. Fragende Gesichter suchen schnell nach dem Sinn des Ganzen. Das „Stück“, das hier aufgeführt wird, trägt den Titel „Saarvenir“. Von einem Happy End sind alle Beteiligten jedoch sehr entfernt.

Es ist die Rede vom Saarland, das nun endlich auch sein Souvenir haben will, damit sich Touristen „wohlwollend“ an ihren Aufenthalt in der Region erinnern. Während jedoch Berlin sein Brandenburger Tor hat, Köln den Dom und Paris den Eiffelturm, ist das saarländische Ergebnis bestenfalls peinlich. Im „Saarvenir“, wie das Souvenir wortspielend heißt, sind gleich acht Sehenswürdigkeiten hineingepresst worden. Von der Saarschleife über das Saar-Polygon bis hin zum Weltkulturerbe. Und natürlich muss auch noch Lyoner rein. Das Ganze gleicht einem großen Chaos – wie ein unaufgeräumtes Zimmer. Fragt sich, wer dieses „Saarvenir“ wohl daheim seiner Familie oder Freunden zeigen will, statt es irgendwo in einer Ecke verstauben zu lassen?

Es zeigt sich einmal mehr: Gut gemeint, ist nicht gleich gut gemacht. Und es ist zugleich typisch für das Saarland: Wieder einmal kann man sich nicht entscheiden, was man wirklich will. Wenn es wenigstens die Saarschleife oder das Saar-Polygon alleine gewesen wären. Aber es ist ähnlich wie in der Politik an der Saar: Es fehlt die Eindeutigkeit, die Vision, ein klarer Leuchtturm, für was das Land künftig eigentlich stehen will. Birgit Grauvogel räumt ein, dass das „Saarvenir“ gewagt ist. So was habe kein anderes Bundesland. Man werde darüber sprechen. Vielleicht besser nicht.

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Es gibt noch einen Artikel dazu in der SZ, aber den konnte ich im Netz nicht finden. Der o.a. Kommentar genügt aber meines Erachtens auch. Meine erste Reaktion, als ich die Abbildung vorn auf dem Titelbild der SZ sah, daß in dem Konstruktionschaos der St. Wendeler Dom sicher nicht drin war, weil unsere Kante oben rechts im Saarland meistens vergessen war. Als ich den Artikel las und die Abtei Tholey darin entdeckte und mir das Ding genauer anschaute, war ich froh, daß der Dom da nicht drauf ist. Kleines entsteht im Kleinen, das ist so bei uns in der Provinz.

gr






[Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolv er​" und Ergänzung

Date: 2023/04/28 09:24:26
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Saarbrücker Zeitung, B4, 22.-23. April 2023

Schul-Amoklauf in Saarbrücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver

„Tatort Saarland“ Schul-Amoklauf in Saarbrücken – er schoss sechs Mal und setzte sich dann neben sein blutendes Opfer

Saarbrücken · Vor gut 150 Jahren wurde Saarbrücken zum Schauplatz einer grausamen Bluttat, dem ersten Amoklauf an einer Schule. Es ist der erste dokumentierte Fall der Welt. Gymnasiast und Mobbingopfer Julius Becker wollte Rache und nahm einen Revolver mit in den Unterricht.

Von Florian Rech

Julius Becker lädt seinen Revolver in der Mittagspause: Schießpulver, Papier, Bleigeschoss, dann die Zündhütchen. Es soll kein normaler Schultag werden für den 18-jährigen Saarbrücker. Er will Rache üben an seinem Banknachbarn Gustav Eybisch. Rache für Schmähungen, Spottgedichte, für eine scheußliche Kreidezeichnung an einer Wand des Saarbrücker Gymnasiums.

Nach dem sechsten Schuss versagte der Revolver

In der Pause nach der ersten Stunde des Nachmittagsunterrichts erhebt sich Julius Becker wortlos von seinem Platz in der hinteren Bankreihe. Er nimmt seine Waffe und zielt auf den Kopf des neben ihm sitzenden Gustav Eybisch. Sechs Mal zieht er den Abzug durch. Eybisch bricht zusammen. Zwei Kugeln treffen den in der ersten Reihe sitzenden Primaner Adolph Brandt. Beim letzten Schuss versagt der Revolver . Panik macht sich breit, der Rest der Klasse flüchtet zur Tür. Becker setzt sich neben den blutenden Eybisch und sagt: "Geht und ruft die Polizei!"

Vor 144 Jahren, lange vor den schrecklichen Ereignissen von Littelton, Winnenden und Erfurt, war Saarbrücken der Schauplatz einer grausamen Bluttat an einer Schule. Am 25. Mai 1871 schoss der Gymnasiast Julius Becker auf zwei seiner Mitschüler. Beide Opfer überlebten die Schüsse trotz schwerster Kopfverletzungen.

Die Tat im damals einzigen Gymnasium im Saarland, dem heutigen Ludwigsgymnasium, sorgte überregional für Schlagzeilen. Peter Wettmann-Jungblut, Historiker und Archivar des Saarländischen Landesarchivs, hat über den Fall geforscht. „Die Aktenlage zu Julius Becker ist dürftig. Die Prozessakten sind alle am Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannt“, sagt Wettmann-Jungblut.

Jahresberichte der Schule und die Prozessberichte aus alten Zeitungen sind seine wichtigsten Quellen. Sie geben Auskunft über das Vorleben des späteren Schützen. Laut Wettmann-Jungblut kämpfte dieser vergebens um die Anerkennung seiner Lehrer und Mitschüler. Der Historiker beschreibt ihn als „Einzelgänger mit einer unübersehbaren narzisstischen Persönlichkeitsstörung“.

Mit seinen Mitschülern am Gymnasium, das damals in der heutigen Friedenskirche in der Wilhelm-Heinrich-Straße untergebracht war, kam der Sonderling Becker nicht gut klar. Offenbar war er oft dem Spott seiner Klassenkameraden ausgesetzt - ein Mobbingopfer, das höchstwahrscheinlich auch gern selbst auf Konfrontationskurs ging. Mit seinem späteren Opfer Gustav Eybisch soll sich Becker öfter geschlagen haben. Bei einem Saarbrücker Büchsenmacher besorgte sich Becker zwei Wochen vor der Tat einen Revolver samt Munition, damals selbst für einen Minderjährigen kein Problem. Laut Historiker Wettmann-Jungblut wurden hierzulande erst 1922 erste Gesetze erlassen, die den Besitz und das Führen von Schusswaffen regelten.

Beckers Ziel war der „verfeindete“ Eybisch

Nach dem Amoklauf ließ sich Becker widerstandslos verhaften. In seinen Taschen fand die Polizei einen Dolch und zwei an Eybisch gerichtete Zettel. „Scheinheiliger Schuft! Verleumder! Alles vergeblich! Wir stehen am Ende!“, stand darauf. Bei Vernehmungen gab Becker an, er habe den ihm „verfeindeten“ Eybisch, nicht aber Adolph Brandt erschießen wollen.

Am 15. November 1871 wurde Julius Becker darauf in Saarbrücken der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen versuchten Mordes an Eybisch und des versuchten Totschlags an Brandt an. Julius Becker widerrief vor dem Geschworenengericht sein Geständnis. Sein Verteidiger, der Saarbrücker Anwalt und Politiker Heinrich Boltz, plädierte auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit. Mehrere Gutachter und Zeugen sagten für und gegen den jugendlichen Täter aus. Lehrer wollten an ihm „närrisches Verhalten“ und eine „Art der Sinnesverwirrung“ beobachtet haben. Mitschüler schätzten Becker vor Gericht zwar als "Sonderling" ein, hatten aber nie eine Geistesstörung bei ihm bemerkt. Für Schuldirektor Hollenberg war sein Motiv eine klare Sache: „Abgrundtiefer Hass gegen Eybisch.“

Julius Becker verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Das Gymnasium besuchte er nicht weiter. 1876 wurde er in die damals noch neue Rheinische Provinzial Irrenanstalt Merzig eingeliefert. Aufenthalte in Anstalten in Pforzheim, Bendorf, Pützchen und Andernach folgten. Nach 1905 verliert sich Beckers Spur. Wann und wo er starb, weiß auch der Historiker Peter Wettmann-Jungbluth nicht.

--------------------------------------------

Die gleiche Sache - nur in größerem Rahmen - hat 2016 die Medizinhistorikerin Dr. Madlen Sell untersucht und daraus ihre Doktorarbeit verfaßt. Ich lernte sie damals im Landesarchiv kennen und konnte ihr durch Transkriptionen etlicher medizinischer Texte behilflich sein.

Ihre Arbeit wurde wie folgt veröffentlicht:

Anatomie des Amoklaufs
Malaiischer Mengamok und School Shooting
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-658-33103-0
Verlag: Springer

Das Buch kann man für 43 Euro kaufen oder sich auf dieser Website online anschauen:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-33104-7

Ab Seite 121-143 beschreibt sie darin die Ereignisse von Saarbrücken und was danach mit Becker bis zu seinem Tode am 1. April 1912 in Saffig im Alter von 59 Jahren geschehen ist.

Roland Geiger

Re: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolv er​" und Ergänzung

Date: 2023/04/28 09:38:34
From: tomstoermer <tomstoermer(a)t-online.de>

Über den Amoklauf von Saarbrücken wurde bereits ausführlich von Peter Wettmann-Jungblut in einer Ausgabe der Saargeschichten im Jahr 2012 berichtet.


Gesendet mit der Telekom Mail App

-----Original-Nachricht-----
Von: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saarbrücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver​" und Ergänzung
Datum: 28.04.2023, 09:24 Uhr
An: Stefan Reuter via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Saarbrücker Zeitung, B4, 22.-23. April 2023

Schul-Amoklauf in Saarbrücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver

„Tatort Saarland“ Schul-Amoklauf in Saarbrücken – er schoss sechs Mal und setzte sich dann neben sein blutendes Opfer

Saarbrücken · Vor gut 150 Jahren wurde Saarbrücken zum Schauplatz einer grausamen Bluttat, dem ersten Amoklauf an einer Schule. Es ist der erste dokumentierte Fall der Welt. Gymnasiast und Mobbingopfer Julius Becker wollte Rache und nahm einen Revolver mit in den Unterricht.

Von Florian Rech

Julius Becker lädt seinen Revolver in der Mittagspause: Schießpulver, Papier, Bleigeschoss, dann die Zündhütchen. Es soll kein normaler Schultag werden für den 18-jährigen Saarbrücker. Er will Rache üben an seinem Banknachbarn Gustav Eybisch. Rache für Schmähungen, Spottgedichte, für eine scheußliche Kreidezeichnung an einer Wand des Saarbrücker Gymnasiums.

Nach dem sechsten Schuss versagte der Revolver

In der Pause nach der ersten Stunde des Nachmittagsunterrichts erhebt sich Julius Becker wortlos von seinem Platz in der hinteren Bankreihe. Er nimmt seine Waffe und zielt auf den Kopf des neben ihm sitzenden Gustav Eybisch. Sechs Mal zieht er den Abzug durch. Eybisch bricht zusammen. Zwei Kugeln treffen den in der ersten Reihe sitzenden Primaner Adolph Brandt. Beim letzten Schuss versagt der Revolver . Panik macht sich breit, der Rest der Klasse flüchtet zur Tür. Becker setzt sich neben den blutenden Eybisch und sagt: "Geht und ruft die Polizei!"

Vor 144 Jahren, lange vor den schrecklichen Ereignissen von Littelton, Winnenden und Erfurt, war Saarbrücken der Schauplatz einer grausamen Bluttat an einer Schule. Am 25. Mai 1871 schoss der Gymnasiast Julius Becker auf zwei seiner Mitschüler. Beide Opfer überlebten die Schüsse trotz schwerster Kopfverletzungen.

Die Tat im damals einzigen Gymnasium im Saarland, dem heutigen Ludwigsgymnasium, sorgte überregional für Schlagzeilen. Peter Wettmann-Jungblut, Historiker und Archivar des Saarländischen Landesarchivs, hat über den Fall geforscht. „Die Aktenlage zu Julius Becker ist dürftig. Die Prozessakten sind alle am Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannt“, sagt Wettmann-Jungblut.

Jahresberichte der Schule und die Prozessberichte aus alten Zeitungen sind seine wichtigsten Quellen. Sie geben Auskunft über das Vorleben des späteren Schützen. Laut Wettmann-Jungblut kämpfte dieser vergebens um die Anerkennung seiner Lehrer und Mitschüler. Der Historiker beschreibt ihn als „Einzelgänger mit einer unübersehbaren narzisstischen Persönlichkeitsstörung“.

Mit seinen Mitschülern am Gymnasium, das damals in der heutigen Friedenskirche in der Wilhelm-Heinrich-Straße untergebracht war, kam der Sonderling Becker nicht gut klar. Offenbar war er oft dem Spott seiner Klassenkameraden ausgesetzt - ein Mobbingopfer, das höchstwahrscheinlich auch gern selbst auf Konfrontationskurs ging. Mit seinem späteren Opfer Gustav Eybisch soll sich Becker öfter geschlagen haben. Bei einem Saarbrücker Büchsenmacher besorgte sich Becker zwei Wochen vor der Tat einen Revolver samt Munition, damals selbst für einen Minderjährigen kein Problem. Laut Historiker Wettmann-Jungblut wurden hierzulande erst 1922 erste Gesetze erlassen, die den Besitz und das Führen von Schusswaffen regelten.

Beckers Ziel war der „verfeindete“ Eybisch

Nach dem Amoklauf ließ sich Becker widerstandslos verhaften. In seinen Taschen fand die Polizei einen Dolch und zwei an Eybisch gerichtete Zettel. „Scheinheiliger Schuft! Verleumder! Alles vergeblich! Wir stehen am Ende!“, stand darauf. Bei Vernehmungen gab Becker an, er habe den ihm „verfeindeten“ Eybisch, nicht aber Adolph Brandt erschießen wollen.

Am 15. November 1871 wurde Julius Becker darauf in Saarbrücken der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen versuchten Mordes an Eybisch und des versuchten Totschlags an Brandt an. Julius Becker widerrief vor dem Geschworenengericht sein Geständnis. Sein Verteidiger, der Saarbrücker Anwalt und Politiker Heinrich Boltz, plädierte auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit. Mehrere Gutachter und Zeugen sagten für und gegen den jugendlichen Täter aus. Lehrer wollten an ihm „närrisches Verhalten“ und eine „Art der Sinnesverwirrung“ beobachtet haben. Mitschüler schätzten Becker vor Gericht zwar als "Sonderling" ein, hatten aber nie eine Geistesstörung bei ihm bemerkt. Für Schuldirektor Hollenberg war sein Motiv eine klare Sache: „Abgrundtiefer Hass gegen Eybisch.“

Julius Becker verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Das Gymnasium besuchte er nicht weiter. 1876 wurde er in die damals noch neue Rheinische Provinzial Irrenanstalt Merzig eingeliefert. Aufenthalte in Anstalten in Pforzheim, Bendorf, Pützchen und Andernach folgten. Nach 1905 verliert sich Beckers Spur. Wann und wo er starb, weiß auch der Historiker Peter Wettmann-Jungbluth nicht.

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Die gleiche Sache - nur in größerem Rahmen - hat 2016 die Medizinhistorikerin Dr. Madlen Sell untersucht und daraus ihre Doktorarbeit verfaßt. Ich lernte sie damals im Landesarchiv kennen und konnte ihr durch Transkriptionen etlicher medizinischer Texte behilflich sein.

Ihre Arbeit wurde wie folgt veröffentlicht:

Anatomie des Amoklaufs
Malaiischer Mengamok und School Shooting
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-658-33103-0
Verlag: Springer

Das Buch kann man für 43 Euro kaufen oder sich auf dieser Website online anschauen:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-33104-7

Ab Seite 121-143 beschreibt sie darin die Ereignisse von Saarbrücken und was danach mit Becker bis zu seinem Tode am 1. April 1912 in Saffig im Alter von 59 Jahren geschehen ist.

Roland Geiger

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Regionalforum-Saar mailing list
Regionalforum-Saar(a)genealogy.net
https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar

Re: [Regionalforum-Saar] Artikel " Schul-Amoklauf in Saar brücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver​" und Ergänzung

Date: 2023/04/28 09:50:22
From: Stefan Reuter via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Moin zusammen,

zu dem Thema gibt's sogar einen Wikipedia-Eintrag:

https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Becker_%28Amokl%C3%A4ufer%29?wprov=sfla1

Gruß. Stefan (Reuter) 

Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net> schrieb am Fr., 28. Apr. 2023, 09:24:

Saarbrücker Zeitung, B4, 22.-23. April 2023

Schul-Amoklauf in Saarbrücken – nach dem 6. Schuss versagte der Revolver

„Tatort Saarland“ Schul-Amoklauf in Saarbrücken – er schoss sechs Mal und setzte sich dann neben sein blutendes Opfer

Saarbrücken · Vor gut 150 Jahren wurde Saarbrücken zum Schauplatz einer grausamen Bluttat, dem ersten Amoklauf an einer Schule. Es ist der erste dokumentierte Fall der Welt. Gymnasiast und Mobbingopfer Julius Becker wollte Rache und nahm einen Revolver mit in den Unterricht.

Von Florian Rech

Julius Becker lädt seinen Revolver in der Mittagspause: Schießpulver, Papier, Bleigeschoss, dann die Zündhütchen. Es soll kein normaler Schultag werden für den 18-jährigen Saarbrücker. Er will Rache üben an seinem Banknachbarn Gustav Eybisch. Rache für Schmähungen, Spottgedichte, für eine scheußliche Kreidezeichnung an einer Wand des Saarbrücker Gymnasiums.

Nach dem sechsten Schuss versagte der Revolver

In der Pause nach der ersten Stunde des Nachmittagsunterrichts erhebt sich Julius Becker wortlos von seinem Platz in der hinteren Bankreihe. Er nimmt seine Waffe und zielt auf den Kopf des neben ihm sitzenden Gustav Eybisch. Sechs Mal zieht er den Abzug durch. Eybisch bricht zusammen. Zwei Kugeln treffen den in der ersten Reihe sitzenden Primaner Adolph Brandt. Beim letzten Schuss versagt der Revolver . Panik macht sich breit, der Rest der Klasse flüchtet zur Tür. Becker setzt sich neben den blutenden Eybisch und sagt: "Geht und ruft die Polizei!"

Vor 144 Jahren, lange vor den schrecklichen Ereignissen von Littelton, Winnenden und Erfurt, war Saarbrücken der Schauplatz einer grausamen Bluttat an einer Schule. Am 25. Mai 1871 schoss der Gymnasiast Julius Becker auf zwei seiner Mitschüler. Beide Opfer überlebten die Schüsse trotz schwerster Kopfverletzungen.

Die Tat im damals einzigen Gymnasium im Saarland, dem heutigen Ludwigsgymnasium, sorgte überregional für Schlagzeilen. Peter Wettmann-Jungblut, Historiker und Archivar des Saarländischen Landesarchivs, hat über den Fall geforscht. „Die Aktenlage zu Julius Becker ist dürftig. Die Prozessakten sind alle am Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannt“, sagt Wettmann-Jungblut.

Jahresberichte der Schule und die Prozessberichte aus alten Zeitungen sind seine wichtigsten Quellen. Sie geben Auskunft über das Vorleben des späteren Schützen. Laut Wettmann-Jungblut kämpfte dieser vergebens um die Anerkennung seiner Lehrer und Mitschüler. Der Historiker beschreibt ihn als „Einzelgänger mit einer unübersehbaren narzisstischen Persönlichkeitsstörung“.

Mit seinen Mitschülern am Gymnasium, das damals in der heutigen Friedenskirche in der Wilhelm-Heinrich-Straße untergebracht war, kam der Sonderling Becker nicht gut klar. Offenbar war er oft dem Spott seiner Klassenkameraden ausgesetzt - ein Mobbingopfer, das höchstwahrscheinlich auch gern selbst auf Konfrontationskurs ging. Mit seinem späteren Opfer Gustav Eybisch soll sich Becker öfter geschlagen haben. Bei einem Saarbrücker Büchsenmacher besorgte sich Becker zwei Wochen vor der Tat einen Revolver samt Munition, damals selbst für einen Minderjährigen kein Problem. Laut Historiker Wettmann-Jungblut wurden hierzulande erst 1922 erste Gesetze erlassen, die den Besitz und das Führen von Schusswaffen regelten.

Beckers Ziel war der „verfeindete“ Eybisch

Nach dem Amoklauf ließ sich Becker widerstandslos verhaften. In seinen Taschen fand die Polizei einen Dolch und zwei an Eybisch gerichtete Zettel. „Scheinheiliger Schuft! Verleumder! Alles vergeblich! Wir stehen am Ende!“, stand darauf. Bei Vernehmungen gab Becker an, er habe den ihm „verfeindeten“ Eybisch, nicht aber Adolph Brandt erschießen wollen.

Am 15. November 1871 wurde Julius Becker darauf in Saarbrücken der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen versuchten Mordes an Eybisch und des versuchten Totschlags an Brandt an. Julius Becker widerrief vor dem Geschworenengericht sein Geständnis. Sein Verteidiger, der Saarbrücker Anwalt und Politiker Heinrich Boltz, plädierte auf vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit. Mehrere Gutachter und Zeugen sagten für und gegen den jugendlichen Täter aus. Lehrer wollten an ihm „närrisches Verhalten“ und eine „Art der Sinnesverwirrung“ beobachtet haben. Mitschüler schätzten Becker vor Gericht zwar als "Sonderling" ein, hatten aber nie eine Geistesstörung bei ihm bemerkt. Für Schuldirektor Hollenberg war sein Motiv eine klare Sache: „Abgrundtiefer Hass gegen Eybisch.“

Julius Becker verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Das Gymnasium besuchte er nicht weiter. 1876 wurde er in die damals noch neue Rheinische Provinzial Irrenanstalt Merzig eingeliefert. Aufenthalte in Anstalten in Pforzheim, Bendorf, Pützchen und Andernach folgten. Nach 1905 verliert sich Beckers Spur. Wann und wo er starb, weiß auch der Historiker Peter Wettmann-Jungbluth nicht.

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Die gleiche Sache - nur in größerem Rahmen - hat 2016 die Medizinhistorikerin Dr. Madlen Sell untersucht und daraus ihre Doktorarbeit verfaßt. Ich lernte sie damals im Landesarchiv kennen und konnte ihr durch Transkriptionen etlicher medizinischer Texte behilflich sein.

Ihre Arbeit wurde wie folgt veröffentlicht:

Anatomie des Amoklaufs
Malaiischer Mengamok und School Shooting
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-658-33103-0
Verlag: Springer

Das Buch kann man für 43 Euro kaufen oder sich auf dieser Website online anschauen:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-33104-7

Ab Seite 121-143 beschreibt sie darin die Ereignisse von Saarbrücken und was danach mit Becker bis zu seinem Tode am 1. April 1912 in Saffig im Alter von 59 Jahren geschehen ist.

Roland Geiger

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[Regionalforum-Saar] Die Anfänge der gotischen Arc hitektur

Date: 2023/04/28 15:40:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Dienstag, 2. Mai 2023, 19.00 Uhr
Cusanushaus St. Wendel, Am Fruchtmarkt (Nordseite des Doms)

Die Anfänge der gotischen Architektur

In St. Wendel befindet sich eine der im Saarland recht raren gotischen Kirchenbauten noch dazu eine besonders eindrucksvolle Hallenkirche der Spätgotik. Wie hat das aber eigentlich angefangen mit dem, was wir seit dem 19. Jahrhundert "gotisch" oder "Gotischer Stil" nennen?

Der Vortrag nimmt Sie mit auf eine kurzweilige Reise ins 12. Jahrhundert zu mehreren möglichen Ursprüngen der gotischen Architektur, nach Frankreich und England, von wo aus diese neue Baukunst schließlich nach ganz Europa ausgestrahlt hat.
Was macht "das Gotische" aus?
Ist es die technische Innovation? Spitzbögen, Rippengewölbe oder Strebewerk treten ab dem Jahre 1100 an verschiedenen Orten in Europa auf.
Wie vollzieht sich die Entwicklung hin zur gotischen Kathedrale?

Referent: Dr. Bernhard Wehlen Homburg

Der Eintritt ist frei.

[Regionalforum-Saar] Arabisch?

Date: 2023/04/29 10:28:23
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Arabisch?
Isch bin de Naachtwächda fónn Sangt Wennel - also eigentlich ääna fónn tswaii. Gischde òmend waa isch an da Räi. Hammäi Audo gepaagt, die Pieke sesamme geschroubt, die Lamp aangestoch ónn ma alle zwaai iwwa die Schólda gehängd ónn bin óm de Dom róm fòa die groß Deea gang, fò se gugga, wer dòh éss. Die gans Trepp waa fóll métt junge Läid - also säx ódda siwwe warens beschdémmt. Alles junge Kärle ónn kääne älla wie 20. Hann dòh gehuggt ónn óff ihre Telefone rómgeschbielt. Jedst wußt isch jòh dass óffm Rathaus irgendwo e Senda hugge dudd wométt ma fòam Rathaus ónn aach óffm Blatz fòam Dom e sougudda Empfang hat - dòh hugge nämlich sómmasch wie wéndasch junge Läid médda Kabutz fóm Huudie ómm Kobb ónn duddele óff denne Dinga róm - so wie die dòa gischde òmend aach. Dò hann isch dann gedaacht, machsche mò e Spruch ónn guggsch mò óbbse denne fastehn. ónn hann gesaad: kä Wónna, dassna dòh hugge, dò hanna jòh e gudde Empfang ónn hann óff die Kärsch aangeschbielt, óff der wóra Trepp se gehuggt hann. Das hann isch nadeerlich énn Hochdäitsch gesaagt - awwa das kónnd isch eewe nét schräiwa weil isch jòh Blatt schräiwe ónn nédd wääs wie Hochdäitsch se schräiwa geed. Hann dadd gesaat, dòh gugge die mich all bleed ahn, als wenn se kää Woad fastann hann, ónn dann genn die e Antwoad, médd der isch fastann hann, dass die mich wäaglich nét fastann hann. Saad doch der ähn zu mir ónn zuggd debäi mét da Schullere: „Arabisch?“ Hann isch bleed geguggt. Hann die Aaujebraue rónnagezòh nò dem Moddo „du wéllsch mich doch fa-aasche …“ ónn dòh seed der grad nómmó: „Arabisch?“ ónn grénst debäi. Dòh hann isch dann die Schullere gezuggt ónn misch rómgedräät ónn se steen gelòss. Sch’hätz kénne én English fasuche - awwa mòh eerlich? Fünf junge Käarle, énn Sangd Wennel fòam Dom, all ahnstännig ahngezòh, all e modernes Telefon én da Hand, ónn schwätze kää Woad Däitsch? Nä, brouchisch nédd.

de Roland, Naachtwächda fónn Sangt Wennel

 

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Roland Geiger
Historische Forschung
Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Tel. 06851-3166
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[Regionalforum-Saar] Über Stammbücher schreib en. Stand und Perspektiven der Erschließung und Erforsch ung von Freundschaftsbüchern (16.-19. Jahrhundert)

Date: 2023/04/30 11:51:52
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Über Stammbücher schreiben. Stand und Perspektiven der Erschließung und Erforschung von Freundschaftsbüchern (16.-19. Jahrhundert)

Organisation: Niedersächsisches Landesarchiv; Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel
Förderer Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
38300 Wolfenbüttel
22.03.2023 - 24.03.2023

Von Julia Franziska Freisinger, Kunstgeschichte, Ludwig-Maximilians-Universität München

Manu propria scripsit, eigenhändig geschrieben. Unter dem Motto „Über Stammbücher schreiben. Stand und Perspektiven der Erschließung und Erforschung von Freundschaftsbüchern (16.-19. Jahrhundert)“ wurde das Sammelmedium Stammbuch innerhalb einer dreitägigen Veranstaltung unter internationalen und transdisziplinären Forschungsperspektiven beleuchtet und diskutiert.

Einen besonderen Anstoß für diese Tagung, die nach 1978 und 1986 fast schon traditionsgemäß erneut in Wolfenbüttel stattfand, hatten zwei Forschungsprojekte zur Digitalisierung und Erschließung von Stammbüchern gegeben: zum einen die auf drei Jahre angelegte Forschung zum Großen Stammbuch des berühmten Augsburger Kunsthändlers und politischen Agenten Philipp Hainhofer (1578–1647), das 2020 durch die Herzog August Bibliothek (HAB) erworben werden konnte; zum anderen die Digitalisierung und Erschließung der Stammbuchsammlung des Niedersächsischen Landesarchivs (NLA) – Abteilung Wolfenbüttel.

Am 22. März wurden die Teilnehmenden vor Ort und online in den historischen Räumen der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel empfangen: Nach der feierlichen Begrüßung in der Augusteerhalle durch PETER BURSCHEL, dem Direktor der HAB und SABINE GRAF, der Präsidentin des NLA, erfolgte die thematische Einführung von PHILIP HAAS (NLA) und SVEN LIMBECK (HAB).

Das erste Panel widmete sich der Erschließung und Bereitstellung von Stammbüchern: Zentrale Fragestellungen bildeten unter anderem die mediale Definition der Buchgattung als Sammelform unter Berücksichtigung ihrer Charakteristika sowie die fließenden Gattungsgrenzen zu Gäste- oder Besucherbüchern und die große Bedeutung der Nachhaltigkeit bzw. Wiederverwendbarkeit von gewonnenen Daten.

Den Anfang markierte die digitale Edition des Gästebuchs von Elisabeth Sophie Marie von Brauschweig-Lüneburg, die von STEPHAN BIALAS-POPHANKEN (Wolfenbüttel), MAXIMILIAN GÖRMAR (Wolfenbüttel) und JOËLLE WEIS (Trier) herausgegeben wird. Berichtet wurde über das buchförmige Sammelmedium der Erbprinzessin und späteren Herzogin, worin Inskriptionen von Besuchern ihrer Bibelsammlung aus dem 18. Jahrhundert eingeschrieben sind. Thematisiert wurden die Herausforderungen und die methodische Herangehensweise bei der aktuell entstehenden Kommentierung sowie Analyse von Eintragungstexten via ediarum. Es wurden Möglichkeiten zur digitalen Verlinkung der Inskribenten mit Normdaten und zur Visualisierung der Ortsregister aus den Herkunftsorten der Eintragenden aufgezeigt, wobei die Wiederverwendbarkeit von aktuell ungenutzten Daten dargelegt werden konnte. Neben Fragen zum Besucherpublikum, ihrem Interesse und Zugang zur Bibelsammlung sowie dem Sammlungskontext stand die Verwendung des Gästebuchs entlang von Gattungsgrenzen und einem möglichen Funktionswandel im Mittelpunkt des Beitrags.

Der Vortrag von SVEN LIMBECK (Wolfenbüttel) diskutierte gerade diese Intermedialität und materielle Hybridität der Alba Amicorum. Dabei wurde das Stammbuch aus mediologischer Perspektive als multifunktionale Sammelform gezeigt, das in inhaltlich und materiell vielseitiger Gestalt eine bedeutende Quelle für die transdisziplinäre Forschung darstellt. Die Alben seien weniger unter ihrem Objektcharakter als Bücher zu betrachten, vielmehr in ihrer Funktion als Kommunikationsmedium zu verstehen, deren buchförmiges Behältnis die Sammlung unterschiedlichster Inhalte aufbewahrte. Das Stammbuch als multimediale „Buchsimulation“ sollte folglich nicht nur als textgebundene Schriftquelle angesehen werden, sondern in einem sozio-ökonomischen Kommunikationsprozess begriffen werden.

Ein weiteres Beispiel, wie die durch die Stammbuchforschung generierten Daten nachhaltig gesammelt und verknüpft werden können, zeigte ANDREAS SCHLÜTER (Weimar), der das Vorhaben des neuen Thüringer Stammbuchportals in seinen Anforderungen und Herausforderungen vorstellte. Dem Ziel, die Stammbuchbestände aus über 500 Thüringer Kultureinrichtungen zu erfassen und für die breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen, stellt sich das Projekt der Herzogin Anna Amalia Bibliothek der Klassik Stiftung Weimar: Mithilfe der Datenverarbeitung über Kulthura als digitales Kultur- und Wissensportal Thüringen soll ein Online-Portal mit übergreifenden Suchfunktionen, der Bereitstellung von Digitalisaten, ex- bzw. internen Datenverknüpfungen und weiteren ergänzenden Informationen zu den Stammbüchern entstehen. In diesem Zusammenhang kam auch die Forderung nach einem allgemein gültigen Datenmodell zur Sprache.

Der zweite Themenschwerpunkt befasste sich mit Stammbüchern und Netzwerken: Im Vortrag von PHILIP HAAS (Wolfenbüttel) konnte die Bedeutung des Stammbuchs als Quelle zur Patronage- und Klientelforschung in Verbindung mit dem frühneuzeitlichen Städtetyp der Autonomiestadt aufzeigt werden. Präsentiert wurden Untersuchungen zum politisch-diplomatischen Stammbuch des Braunschweiger Bürgermeisters Franz Dohausen (1605-1673) und den darin sichtbar werdenden sozialen Verflechtungsstrukturen. In der Kontextualisierung mit weiteren archivalischen Quellen wie Rechnungen, Briefen sowie Bittschreiben konnten anhand des Stamm- und Gästebuchs die Persönlichkeit Dohausens als herzoglicher Agent sowie politischer Akteur greifbar gemacht und seine Interessen im Klientelverhältnis offengelegt werden.

ROBYN DORA RADWAY (Wien) veranschaulichte die transkulturellen Verbindungen zwischen den mitteleuropäischen, von Habsburgern regierten Territorien und dem Osmanischen Reich, die in Stammbüchern des 16. Jahrhunderts sichtbar werden. Um die sozialen Netzwerke des Deutschen Hauses in Konstantinopel sowie den grenzübergreifenden Gebrauch von Alba Amicorum unter Miteinbeziehung von Reiseberichten zu erforschen, wurden Ansätze der Digital Humanities angewandt. Demonstriert wurden Möglichkeiten der digitalen Forschungsmethoden als Hilfsmittel zur Untersuchung bzw. Visualisierung von Personengruppen und wiederkehrenden Bildtypen mithilfe von Netzwerkgraphen. Im Zuge dessen wurde auf Standardisierungsprobleme und die Herausforderungen bei der Analyse mit Big Data in der Stammbuchforschung aufmerksam gemacht.

Die Erforschung von albuminternen Netzwerken stellte JULIAN SCHULZ (Bonn) anhand seines Dissertationsprojektes zum Stammbuch des Georg Birkel vor, die durch Leichenpredigten, Universitätsmatrikel sowie weitere Libri Amicorum ergänzt wird: Die digitale Transkription und Edition über das Tool Squirrel sowie die prosopographische Erschließung der Stammbuchträgerschaft erlaubt einen Einblick in Birkels ego-zentriertes Netzwerk und liefert wichtige Informationen zu seiner bisher nur wenig dokumentierten Biographie. Die von 1599 bis 1616 gesammelten rund 860 enthaltenen Einträge sollen Aufschlüsse über ausgewählte Inskribenten, die Reiseanlässe und insbesondere die Rolle Venedigs in Bezug auf die Grand Tour geben. Die Analyse der Stammbuchsprüche und Dedikationspassagen sowie ihre Klassifikation in der Differenzierung zwischen Nähe und Ferne zeichnen ein Bild Birkels als Faktor, Agent und Freund.

In seinem öffentlichen Abendvortrags erläuterte der Stammbuchforscher und Initiator der internationalen Stammbuch-Datenbank Repertorium Alborum Amicorum (RAA) WOLFGANG WILHELM SCHNABEL (Erlangen) die Geschichte, den Stand und die Perspektiven der Erschließung und Erforschung der Freundschaftsalben von den Anfängen bis in die heutige Zeit. Der Themenüberblick reichte von der Entstehung der Stammbuchsitte im protestantischen Milieu über das Aufkommen von Stammbuchdrucken, sowie der systematischen Analyse ab der ersten wissenschaftlichen Abhandlung von Michael Lilienthal im 18. Jahrhundert bis zur Popularisierung mit dem Einhergehen der sozialen und regionalen Ausweitung ab dem späten 19. Jahrhundert. Das damit gestiegene Interesse an den Alben förderte die private und öffentliche Sammeltätigkeit, Katalogisierung und Ausstellung. Schnabel schilderte die Ausdifferenzierung von Fragestellungen unterschiedlicher Forschungsdisziplinen und die Vervielfältigung von Untersuchungsinteressen aufgrund der großen Variationsbreite an Gestaltungselementen und Überschneidungsbereichen mit anderen Sammlungsformen. Der Entwicklungsschub für die Stammbuchforschung durch die beiden Wolfenbütteler Tagungen 1978 und 1986 brachte ab 1998 die weltweit bedeutendste, öffentlich zugängliche Online-Datenbank RAA hervor. Zentral erscheint bis dato die Frage nach den Funktionen und Motivationen sowie dem inneren Kommunikationsgefüge der Stammbücher, die bereits für Zeitgenossen ein Rätsel darstellten.

Am 23. März wurde die Tagung im Bibelsaal der Biblioteca Augusta fortgesetzt. Die dritte Diskussionsrunde war der bildenden Kunst und der Musik gewidmet. MARIKA KEBLUSEK (Leiden) stellte die Bedeutung von visuellen Elementen in frühneuzeitlichen Stammbüchern in ihrer Verwandtschaft mit Wappen-, Emblem- sowie Kostümbüchern heraus. Hervorgehoben wurde die Rolle der Alben als Bildersammlungen. Mit anschaulichen Beispielen wurden dem Publikum visuelle Netzwerke vor Augen geführt: Dabei konnten die Verknüpfungen von Bildinhalten und Darstellungstypen in unterschiedlichen Medien, Orten und Kontexten, auch außerhalb der Stammbücher, deutlich gemacht werden. Aufgezeigt wurde etwa der Bildtransfer zwischen den meist von anonymen Briefmalern gefertigten Stammbuchminiaturen und den weit verbreiteten Druckgraphiken.

Dass Alba Amicorum als Kunst- und Wertobjekte aufgefasst werden können, bewies der Beitrag von SABINE JAGODZINSKI (Wolfenbüttel) zum Großen Stammbuch Philipp Hainhofers, eines der prächtigsten überlieferten Freundschaftsalben überhaupt. Die Bildauswahl der kunstvoll verzierten Seiten mit einer Fülle von künstlerischen Techniken, unter anderem Mikrographie und Seidenmalerei, veranschaulichten die Sammlung von Einträgen hochrangiger Persönlichkeiten, wie Herzögen, Fürsten, Königen und Kaisern. Erklärt wurde der Aufbau und die Nutzung der zeitnah veröffentlichten Website zum auf drei Jahre angelegten Tiefen-Erschließungsprojekt des Großen Stammbuchs: Neben dem Digitalisat beinhaltet die Website unter anderem kommentierte Transkriptionen, die Verschlagwortung mit Normdaten, Vergleichsabbildungen und Literaturangaben. Leser:innen erhalten zudem Informationen zu Besonderheiten, Kontexten und Bezugspunkten innerhalb des Albums. Durch das Projekt werden neue Künstlerzuschreibungen und die Rekonstruktion verlorener Inhalte möglich.

Mit WOLFGANG FUHRMANN (Leipzig) rückten nun die auditiven Gestaltungselemente in den Fokus der Betrachtungen. Unter dem Titel „Mobile Musik. Fragmentarische Formen und translokale Gemeinschaften im 19. Jahrhundert.“ wurden Fragen nach der Alltagspraxis und Verwendung von Philotheken im Spannungsfeld zwischen repräsentativer Öffentlichkeit und Intimität diskutiert. Musikstammbücher waren mit handschriftlichen Einträgen von Musikern oder mit Musiknoten ausgestattet, welche die Betrachtenden teils zum Entschlüsseln, musikalischen Späßen und Rätseln einluden. Mithilfe ausgewählter Stammbucheinträge konnten Autographen berühmter Musiker sowie Musikausschnitte im Zusammenhang mit menschlichen Netzwerken unterschiedlicher Personenkreise und Stammbuchbesitzer:innen aufgezeigt werden.

Thematische Anknüpfungspunkte schuf KATERYNA SCHÖNING (Wien) in ihrer Präsentation zu den Wechselwirkungen zwischen Alba Amicorum und Lautentabulaturen im 16. Jahrhundert. Künstlerische Bestandteile der frühneuzeitlichen Stammbücher waren Bilder mit eingefügten Noten sowie Darstellungen von Musizierenden, Noteneinträge und Lautentabulaturen. Die Notation von Musikstücken in der Verschränkung mit Philotheken ist in unterschiedlicher Ausprägung zu finden. Zu klären ist etwa, ob es sich dabei um Stammbücher mit integrierten bzw. angebundenen Lautentabulaturen oder um Lautentabulaturen bzw. Liederbücher mit Elementen von Libri Amicorum handelt.

Einen Höhepunkt der Tagung bildete die Präsentation von ausgewählten Doppelseiten des originalen Großen Hainhofer-Stammbuchs im Lesesaal der Herzog August Bibliothek, das von SABINE JAGODZINSKI zu den jeweiligen Einträgen begleitet wurde. Vorgestellt wurden das Porträt des Kaisers Rudolf II. in Seidenmalerei und die anbei befindliche Miniatur seiner Krönung im Kreis von sechs Kurfürsten, versehen mit seiner eigenhändigen Unterschrift. Gezeigt wurde zudem die in eine heraldisch-allegorische Darstellung eingebettete Inskription Herzog Philipps II. von Pommern Stettin und sein in Mikrographie ausgeführtes Porträt, bestehend aus kunstvoll drapierten, religiös-philosophischen Textelementen. Dem Publikum dargeboten wurden darüber hinaus zwei unabhängige Einträge: die Federzeichnung Lucas Kilians mit Obelisken-Motiv für Herzog August den Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg und die Wappendarstellung mit weiblichen Figuren der Herzoginwitwe Ursula zu Württemberg, Pfalzgräfin bei Rhein.

Eingeleitet wurde das vierte Themenfeld zu Materialität und Performanz durch KARIN ECKSTEIN (München). Im Fokus der Untersuchungen stand der Jüngere Titurel aus der Bayerischen Staatsbibliothek und die Neuverwendung bzw. Funktionserweiterung jener spätmittelalterlichen Handschrift zu einem zeitweise dicht beschriebenen Stamm- bzw. Gästebuch in einer späteren Nutzungsphase. Thematisiert wurden die restauratorischen Beobachtungen der teils fragmentarischen Text- und Bildausstattung aus der frühen Neuzeit und die möglichen Motive für die über mehrere Generationen reichende Umnutzung des üppig mit Miniaturen ausgestatteten Epos im Familienbesitz der Fernberger zu Eggenberg.

DIETRICH HAKELBERG (Gotha) befasste sich mit den Eintragungskontexten und der Funktion des Gelehrtenstammbuchs von Johann Philipp Breyne. Mithilfe von erhaltenen Reisetagebüchern und Empfehlungsschreiben konnten die Reisestationen des Danziger Botanikers von 1702 bis 1704 rekonstruiert werden. Breyne nutzte das Gelehrtennetzwerk des Vaters nach und erweiterte dieses unter anderem durch Besichtigungen von naturwissenschaftlichen Sammlungen und Gärten. In Kombination mit seinen Reiseberichten konnte ein Bild seiner Person und die Reiseroute des Naturforschers quer durch Europa zum Zwecke der Fortbildung und Kontaktaufnahme gewonnen werden. Insbesondere beschäftigte die Fragestellung, welcher Inskribent sich bei welchen Gelegenheiten eingetragen hatte oder auch nicht.

MICHAEL WENZEL (Wolfenbüttel) beleuchtete in seinem Vortrag die Stammbuchpraxis der kunstdiplomatischen Vermittler-Persönlichkeit Philipp Hainhofer aus Augsburg. Neben dem hinzugezogenen, selbstrepräsentativen Reisetage- und Reisehandbuch (Reiserelationen) dokumentieren Hainhofers Freundschaftsalben, besonders das Große Stammbuch, die Besuche europäischer Herrscher und Höfe. Kernfragen des Vortrags bildeten die Auseinandersetzung mit Hainhofers Akquise von Stammbucheinträgern und den Strategien, durch welche sich das Album zu einem politisch wirkmächtigen agency tool entwickelte. Somit stellte sich nicht nur Hainhofer in seiner diplomatischen Reise- und Agententätigkeit (u.a. für Philipp II. von Pommern-Stettin) als Akteur heraus, sondern vielmehr wurde das Große Stammbuch als eigenständiger Aktant sowie als grenzüberschreitendes Objekt politischen Handels in Zeiten des Dreißigjährigen Krieges sichtbar.

Am 24. März war das NLA in Wolfenbüttel Gastgeber der Tagung. Im fünften Panel stand zunächst die sprachliche und literarische Praxis in Stammbüchern im Mittelpunkt der Betrachtungen: SEBASTIAN CÖLLEN (Uppsala) referierte über die Strategien der Selbststilisierung in deutschsprachigen Stammbucheinträgen des 17. Jahrhunderts. Mittels verschiedener Sprachen erfolgte die Selbstdarstellung und -inszenierung sowie Konstruktion der eigenen Persona wie eine Theatermaske auf der halböffentlichen Bühne des Stammbuchpublikums. Die Wahl der Sprache konnte mit dem Fokus auf mehrsprachige Stammbücher der frühen Neuzeit in schwedischen Sammlungen analysiert werden. Beobachtet werden konnte der Einsatz der deutschen Sprache vor allem bei humoristischen und auf Innerlichkeit bzw. Emotionalität ausgerichteten Texten, die situationsbezogene Unmittelbarkeit und persönliche Nähe ausdrücken oder simulieren. Dahingegen sollten etwa klassische Sprachen, wie Latein, Gelehrsamkeit und Selbstbeherrschung suggerieren.

Die Verwendung romanischer Sprachen in Stammbucheinträgen der Weimarer Stammbuchsammlung wurde von REMBERT EUFE (Tübingen) untersucht und der Tübinger Stammbuchsammlung gegenübergestellt. Der Vortrag gab einen Überblick über die prozentuale Gewichtung des Sprachgebrauchs in den ausgewerteten Textelementen: Zum Vorschein kam die große Bedeutung von klassischen Sprachen, Sprachen der christlichen Tradition und Sprachen aus nicht lateinischen Schriftsystemen, die als Sammlerstücke galten. Besonders von süddeutschen und österreichischen Inskribenten wurden Einträge mit Italienisch präferiert, an deren Beispielen das sprachliche Niveau der Eintragenden und die mündliche Tradition offenkundig wurden. Vor allem wurde Mehrsprachigkeit mit italienischen und französischen Textelementen um des sozialen Prestiges willen inszeniert, deren meist kurze Textpassagen sich auch ohne direkte Sprachkenntnisse zum Abschreiben eigneten. Durch das Stammbuch, welches als Quelle für die Sprachenforschung gilt, wurde Freude an Sprachen und Mehrsprachigkeit ausgedrückt.

Landesübergreifende, literarische Netzwerke vom 16. bis ins 19. Jahrhundert zeigte hingegen MAGNUS ULRICH FERBER (Wolfenbüttel/ Bonn) auf. Anhand der Stammbuchsammlung des NLA Wolfenbüttel wurden literarische Strömungen unterschiedlichster Sprachgesellschaften und Gruppen vom Barock bis zur Romantik fassbar gemacht. Nachverfolgen ließ sich neben dem Wandel des Stammbuchgebrauchs, etwa in der Länge bzw. Gestalt der Einträge, dass die präsentierten Libri Amicorum als Autographensammlungen bekannter und heute in den Hintergrund getretener Schriftsteller dienten. In jenen Freundschaftsalben verewigten sich nicht nur Persönlichkeiten, wie Lessing, sondern es definierten sich Gruppenidentitäten durch literarische Beiträge und in der Wahl von Textzitaten zeitgenössischer bzw. klassischer Autoren. Kontextualisiert wurden diese Erkenntnisse etwa durch weitere literarische Quellen, wie Zeitschriften, in Zusammenhang mit Gruppierungen wie dem Göttinger Hainbund und Vertretern des Braunschweiger Collegium Carolinum.

Daran anschließend fand eine Führung durch die kleine Ausstellung Monumente der Freundschaft im Ausstellungssaal des Niedersächsischen Landesarchivs statt, die noch bis 30. Juni 2023 zu sehen sein wird. Sorgsam ausgewählte Beispiele der über dreihundert Objekte aus der internen, mithilfe der DFG aktuell erschlossenen und digitalisierten Stammbuchsammlung in Wolfenbüttel wurden durch Herrn FERBER und Herrn HAAS vorgestellt. In der Kontextualisierung mit Objekten aus dem Kreis- und Universitätsmuseum Helmstedt wurden insgesamt sieben Themenschwerpunkte beleuchtet: Eine Einleitung in die Materie Stammbuch, die Entstehung der Sammlung, ältere Stammbuchformen und der Weg zur Textgattung, die Gestaltung der Einträge, politische Stammbücher, Stammbücher von Frauen, Rezeption und Traditionslinien in Poesiealben und Social Media.

Im letzten Themenbereich wurden ausgewählte Sammlungen und ihre Bearbeitung erörtert. Recherchemöglichkeiten für Stammbücher aus schwedischen Sammlungen zeigte DANIEL SOLLING (Uppsala) mithilfe des Online-Portals Alvin auf, das sich der Digitalisierung und Verbreitung von Kulturerbe widmet. Mittels bedeutsamer Stammbuchexemplare konnte ein Einblick in die Sammlung der Universitätsbibliothek Uppsala gewährt und auf deren Vielfalt aufmerksam gemacht werden. Eine Besonderheit bildete der Stammbuch-Zwillingsband von Erik Drake af Hagelsrum, in welchem die Eintragenden nach ihrem Geschlecht separiert wurden. Solling gab Aufschluss über die Sammlungsschwerpunkte sowie die Katalogisierung und Erschließungspraxis der Stammbuchsammlung der Universitätsbibliothek Uppsala.

Durch KATHARINA BEIERGRÖßLEIN (Stuttgart) wurden Stammbücher im Kontext kommunaler Überlieferungen am Beispiel der Stammbuchsammlung des Stadtarchivs Stuttgart präsentiert. Die derzeit 79 Sammlungsobjekte vom späten 17. bis Mitte des 20. Jahrhunderts, die unter dem Stichwort „Stammbuch“ erforscht werden, wurden anhand der Häufigkeit von Namensnennungen im Hinblick auf ihre sozialen Netzwerke untersucht. Eine Graphenanalyse, in der Namenswiederholungen ausgewertet wurden, zeigte überraschende Ergebnisse: Die Clusterbildung offenbarte zeitübergreifende, direkte und indirekte Verbindungen zwischen den vornehmlich weiblichen Stammbucheinträgerinnen und den Hauptakteurinnen als „Spinnen“ im sozialen Netzwerk der Stammbuchsammlung.

Einen Überblick über die Freundschaftsalben und Stammbuchblätter der Staatsbibliothek Bamberg aus dem 16. bis 20. Jahrhundert ermöglichte BETTINA WAGNER (Bamberg), die Glanzpunkte der Sammlung, wie die Rosendarstellung von Maria Sibylla Merian, präsentierte. Berichtet wurde über die Entstehung der Sammlung sowie über das geplante Forschungsprojekt in der Förderung der Fritz-Thyssen-Stiftung ab Juli 2023 mit dem Ziel der Digitalisierung sowie der Grund- und Tiefenerschließung der Bamberger Stammbuchbestände. Die Vortragende gab einen Ausblick auf die Veröffentlichung der Ergebnisse über die Verbunddatenbank Kalliope.

In einer Zusammenfassung von PHILIP HAAS und SVEN LIMBECK wurden die wichtigsten Themen der Tagung nochmals hervorgehoben: Es konnten Ideen und bereits in der Umsetzung befindliche Projekte für die Erschließung von Stammbüchern in der sammlungs- und themenbezogenen Forschung unter den Anforderungen der jeweiligen Fachdisziplinen gezeigt werden. In ihrer medialen Hybridität konnten die Alba Amicorum entlang von Gattungsgrenzen und Überschneidungsbereichen näher definiert und mithilfe weiterer Quellen kontextualisiert werden. Neben der Forderung eines einheitlichen Erschließungsstandards wurde der Wunsch nach der Erweiterung und Erneuerung von Stammbuchdatenbanken sichtlich. Zukunftsweisend erschienen nicht nur die Bündelung und Verknüpfung von Daten in gemeinsamen Datenbanken. Auch in den Untersuchungsmethoden des internationalen Fachpublikums wurde die Orientierung hin zur Digitalisierung deutlich, die neue Wege für die Stammbuchforschung eröffnet.

Konferenzübersicht:

Peter Burschel (HAB) / Sabine Graf (NLA): Begrüßung
Philip Haas (NLA) / Sven Limbeck (HAB): Thematische Einführung

Panel 1: Erschließung und Bereitstellung von Stammbüchern
Moderation: Michael Wenzel

Stephan Bialas-Pophanken (Wolfenbüttel) / Maximilian Görmar (Wolfenbüttel) / Joëlle Weis (Trier): „In dieses schöne Buch, soll ich auch etwas setzen…”. Die digitale Edition des Gästebuchs der Bibelsammlung von Elisabeth Sophie Marie von Braunschweig-Lüneburg

Sven Limbeck (Wolfenbüttel): Intermedialität und materielle Hybridität. Überlegungen zur Erschließung von Stammbüchern aus medio-logischer Perspektive

Andreas Schlüter (Weimar): Das neue Thüringer Stammbuchportal

Panel 2: Stammbücher und Netzwerke
Moderation: Magnus Ulrich Ferber

Philip Haas (Wolfenbüttel): Autonomiestadt oder Patronage und Klientel? Das politisch-diplomatische Stammbuch des Braunschweiger Bürgermeisters Franz Dohausen (1605-1673)

Robin Radway (Wien): Stammbücher als soziale Netzwerke. Möglichkeiten und Gefahren der Forschung anhand von Beispielen des Deutschen Hauses in Konstantinopel

Julian Schulz (Bonn): Faktor, Agent, Freund. Georg Birckel als Adressat von Stammbucheinträgen deutscher Venedigbesucher am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges

Öffentlicher Abendvortrag
Moderation: Philip Haas

Werner Wilhelm Schnabel (Erlangen): Stand und Perspektiven der Erschließung und Erforschung von Stammbüchern

Panel 3: Kunst und Musik in Stammbüchern
Moderation: Kerstin Losert

Marika Keblusek (Leiden): Images on the Move. Early Modern Stammbücher as Visual Networks

Sabine Jagodzinski (Wolfenbüttel): „eximii monumenta favoris“. Erschließung und Erforschung des Großen Stammbuchs Philipp Hainhofers

Wolfgang Fuhrmann (Berlin): Mobile Musik. Fragmentarische Formen und translokale Gemeinschaften im 19. Jahrhundert

Kateryna Schöning (Wien): Lautentabulatur – Liber amicorum – Stammbuch. Mediale und materielle Ausprägung im 16. Jahrhundert und die Rolle des interdisziplinären Erinnerungs-modus

Präsentation des Großen Hainhofer-Stammbuchs

Panel 4: Materialität und Performanz
Moderation: Brage Bei der Wieden

Karin Eckstein (München): „durch frühere Besitzer verunstaltet“. Der Jüngere Titurel der Bayerischen Staatsbibliothek und seine Erschließung für die Stammbuchforschung

Earle Havens (Washington): Confessional Identity and Material Adaption. Printed and Interleaved Emblem Books Used as Alba Amicorum

Dietrich Hakelberg (Gotha): Stammbuch und Tagebuch im Gepäck. Mit dem Botaniker Johann Philipp Breyne auf Reisen, 1702-1704

Michael Wenzel (Wolfenbüttel): Das Album Amicorum als agency tool. Selbstrepräsentationen seiner Stammbuchpraxis in Philipp Hainhofers Reiserelationen

Panel 5: Sprachliche und literarische Praxis in Stammbüchern
Moderation: Sabine Jagodzinski / Sven Limbeck

Sebastian Cöllen (Uppsala): Maskenspiele. Strategien der Selbststilisierung in deutschsprachigen Stammbucheinträgen des 17. Jahrhunderts

Rembert Eufe (Tübingen): Die Verwendung romanischer Sprachen in den Stammbüchern der Weimarer Sammlung

Magnus Ulrich Ferber (Wolfenbüttel/Bonn): Literarische Netzwerke. Sprachgesellschaften und literarische Strömungen im Spiegel der Stammbuch-sammlung des NLA Wolfenbüttel

Präsentation der Wolfenbütteler Stammbücher (Führung durch die kleine Ausstellung)
Magnus Ulrich Ferber / Philip Haas

Panel 6: Ausgewählte Sammlungen und ihre Bearbeitung
Moderation: Eva Raffel

Daniel Solling (Uppsala): Die Digitalisierung und Katalogisierung der Stammbuchsammlung der Universitätsbibliothek Uppsala (Schweden)

Katharina Beiergrößlein (Stuttgart): Das Stammbuch als Spinne im Netz der Bestände. Stammbücher im Kontext kommunaler Überlieferung am Beispiel der Stammbuchsammlung des Stadtarchivs Stuttgart

Bettina Wagner (Bamberg): Die Stammbuchsammlung der Staatsbibliothek Bamberg

Zusammenfassung
Philip Haas / Sven Limbeck

Zitation
Tagungsbericht: Über Stammbücher schreiben. Stand und Perspektiven der Erschließung und Erforschung von Freundschaftsbüchern (16.-19. Jahrhundert), In: H-Soz-Kult, 29.04.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-135806>.