Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Deutsche Migranten und Migrationswissen in der lateinamerikanischen Geschichte

Date: 2023/02/02 21:14:12
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Deutsche Migranten und Migrationswissen in der lateinamerikanischen Geschichte

Organisiert von Simone Lässig / Mario Peters, Deutsches Historisches Institut Washington; H. Glenn Penny, Universität von Kalifornien, Los Angeles; Stefan Rinke, Freie Universität Berlin
Ort: Washington DC
03.11. 05.05.2022

Bewertet von Karina Kriegesmann, Freie Universität Berlin

Lateinamerika war im 19. und 20. Jahrhundert ein wichtiges Ziel deutschsprachiger Migranten, die Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft in den verschiedenen Ländern des Kontinents nachhaltig geprägt haben. Durch den Aufbau von Netzwerken und Institutionen, die Pflege von Verbindungen zu ihrem Heimatland und den Gastgesellschaften und die grenzüberschreitende Kommunikation prägten sie eine Vielzahl multidirektionaler Wissensflüsse. Die Konferenz brachte Wissenschaftler aus Lateinamerika, Nordamerika und Europa zusammen, die das gemeinsame Ziel hatten, das Bewusstsein für die verflochtenen Geschichten deutscher Migranten in Amerika zu schärfen, indem sie sich auf ihre Beiträge zur Wissensproduktion konzentrierten. Anstatt sie als isolierte ethnische Gruppe in einzelnen lateinamerikanischen Nationalstaaten zu betrachten oder lediglich isolierten Wissenstransfers nachzuzeichnen, lag der gemeinsame Fokus auf Interaktionen zwischen verschiedenen Individuen und Gruppen. Gelehrte, Siedlergemeinschaften und sogar Medienunternehmer spielten eine wichtige Rolle bei der Zirkulation von Wissen innerhalb und zwischen verschiedenen Sphären.

In seiner Keynote gab JEFFREY LESSER (Atlanta) einen Einblick in das Leben von fünf Personen, indem er verschiedene Aspekte der brasilianischen Migrationsgeschichte und Debatten im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit hervorhob. Ausgangspunkt seines Vortrags war das von Einwanderungsbewegungen stark betroffene Viertel Bom Retiro (Gute Zuflucht) in São Paulo. In seinen Fallstudien thematisierte er den Diskurs über Menschen, die Krankheiten nach Brasilien einschleppten, die lokal organisierte „Säuberung“ vermeintlich schmutziger Ausländer im „zentralen Desinfektionszentrum“ von São Paulo, Patienten-Arzt-Beziehungen, die Rolle von Vermittlern sowie psychische Erkrankungen und die Ablehnung und Gewalt dagegen gerichtet. Lesser betonte, dass Wissen für jeden der Protagonisten in den fünf Geschichten, die er erzählte, eine andere Bedeutung hatte. Anstatt sie auf ihre Rolle als Migranten zu reduzieren, diskutierte er, inwieweit Migrantenwissen in den vorgestellten Fällen vorhanden war.

IRINA PODGORNY (La Plata) griff diese Idee in ihrem Kommentar auf. Sie betonte, dass die Protagonisten in den Episoden nicht auf ihre Nationalität reduziert werden könnten. Stattdessen betonte sie ihre Bewegungen in transkulturellen Kontexten, die Vielfalt an Kontakten und Identitäten und das unterwegs geformte Wissen. Sowohl Lesser als auch Podgorny thematisierten die Schlüsselkonzepte der Konferenz: Was ist eigentlich Deutschtum? Was bedeutet Migration für Ein- und Auswanderer sowie deren Nachkommen? Auf welches Wissen können wir uns beziehen? Dies waren einige der Fragen, die von den Teilnehmern der Konferenz an den beiden folgenden Tagen ausführlich diskutiert werden sollten.

Das erste Panel befasste sich mit indigenem Wissen und damit zusammenhängender Forschung, Netzwerken und Repräsentationen. Es konzentrierte sich auf die Arbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die transnational tätig waren.
SOPHIE BROCKMANNN (Leicester) beleuchtete anschaulich den Beitrag von Forschern wie dem Archäologen und Anthropologen Erwin Paul Dieseldorff in Guatemala, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Maya-Archäologie und der Produktion archäologischen Wissens gespielt haben.
Ähnlich verhielten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Netzwerke LORENA LÓPEZ JÁUREGUI (Berlin) analysierte. Ihr Vortrag konzentrierte sich auf die hochmobilen deutschen Teilnehmer des International Congress of Americanists. Sie erklärte, wie einige Mitglieder zur Schaffung nationaler Museen und ihrer Sammlungen beigetragen und das Wissen über indigene Gruppen übersetzt haben.
Begegnungen mit lokalen indigenen Gemeinschaften standen im Mittelpunkt der Präsentation von FELIPE VILO MUÑOZ (Austin). Er beschrieb, wie der preußische Naturforscher Rudolph Philippi während seiner vom chilenischen Staat finanzierten Forschungsreise in die Atacama-Wüste 1853-1854 zur Produktion und Zirkulation von Wissen beitrug. Das Sammeln von lokalem Wissen über die Wüste und die Anerkennung lokaler Fähigkeiten und Praktiken waren grundlegend für die Erstellung von Publikationen, Karten und Museumssammlungen in den folgenden Jahren. H. GLENN PENNY (Los Angeles) verknüpfte die drei Beiträge in seinem Kommentar. Anhand der unterschiedlichen Wissenschaftler erläuterte er, zwischen welchen nationalen und transnationalen Arenen sie sich bewegten und wie sie als Wissensträger und Übersetzer agierten. In der anschließenden Diskussion identifizierten die Teilnehmer die Frage des nationalen Erbes, Profit und Vorteil, die Rolle des Staates und die Staatsbürgerschaft der Gelehrten als Themen, die einer vertieften wissenschaftlichen Aufmerksamkeit bedürfen. Zukünftige Forschung muss sich mit indigenem und lokalem Wissen sowie unterschiedlichen Epistemologien befassen.

Das zweite Panel konzentrierte sich auf verflochtene wissenschaftliche Erkenntnisse. BENJAMIN BRYCE (Vancouver) gab einen Überblick über einen Aspekt der argentinischen Einwanderungspolitik zwischen 1880 und 1930. Er erklärte, wie Argentinien als Ergebnis rechtlicher Diskussionen und des Austauschs mit anderen Staaten Grenzkontrollen entwickelte, um Menschen von argentinischem Boden fernzuhalten, die als „ arbeitsunfähig."
BARBARA KIRSI SILVA (Santiago de Chile) konzentrierte sich nicht auf große Migrantengruppen, sondern auf die Arbeit einer Einzelperson, die sie als Vermittlerin für migrantisches Wissen vorstellte. Der in Deutschland geborene Astronom Jürgen Stock von der University of Chicago kam während des Kalten Krieges nach Chile, um verschiedene potenzielle Standorte für die Südsternwarte der Vereinigten Staaten zu evaluieren. Anstatt Stock einen „wissenschaftlichen Pionier“ zu nennen, betonte Silva den Beitrag der Menschen vor Ort, die später selbst zu Experten auf dem Gebiet der Astronomie wurden.

Expertenwissen stand auch im Mittelpunkt des Vortrags von NELSON CHACÓN (Eichstätt-Ingolstadt) über den „Wissenschaftsmigranten“ Fritz Müller. Er hob hervor, wie Müller Wissen über Evolution in einem transkulturellen Raum produzierte. Wie Müller nutzten Charles Darwin und andere die Natur Brasiliens als Labor und interagierten mit lokalen Wissensproduzenten.

CARLOS RODRIGO SANHUENZA CERDA (Santiago de Chile) warf in seinem Kommentar die Frage auf, ob in den vorgestellten Fällen von einem identischen Wissensverständnis ausgegangen werden könne oder ob wir uns lieber auf die Asymmetrien konzentrieren sollten, die die Wissensproduktion prägten. Alle drei Beiträge konzentrierten sich auf Personen, die beispielsweise gesetzliche und öffentliche Gesundheitsvorschriften geschaffen, astronomisches Wissen hervorgebracht oder die Besonderheiten der brasilianischen Umwelt studiert haben. Doch gerade die Verbindungen zu lokalen Gemeinschaften, Interaktionen zwischen verschiedenen Individuen und der enge Kontakt mit der Umwelt identifizierten die drei Referenten als entscheidend für die Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie zentral Lateinamerika ist und dass wir uns von diffusionistischen Narrativen lösen müssen, die davon ausgehen, dass die Wissensproduktion nur in Nordamerika und Europa stattfand. Der Fokus auf Lateinamerika kann dabei helfen, unsere Perspektiven neu zu orientieren und unterschiedliche Wissensbestände zueinander in Beziehung zu setzen.

Im dritten Panel wurden die Wissens- und Migrationsgeschichte mit Aspekten der Kolonialisierung, Besiedlung und des Unternehmertums verknüpft. Der Vorsitzende Mario Peters (Washington DC) stellte den Fokus auf die Schaffung von Wissen in und über fremde Umgebungen vor. JOCHEN KEMNER (Kassel) konzentrierte sich dann auf die Karibik, wo Deutsche als tropische Agribusiness-Unternehmer aktiv waren. Unternehmerische Aktivitäten müssen im Kontext des postkolonialen Blicks auf Arbeitsausbeutung und Philanthropie gesehen werden. Jochen Kemner betonte, dass das Wissen von Experten, lokalen Akteuren und Migranten für die Wirtschaft gleichermaßen wichtig sei. „Wissen, wie man sich niederlässt“ stand im Mittelpunkt des Vortrags von CRISTIAN CERCEL (Tübingen). Er verglich zwei Beispiele organisierter Migration in den 1940er und 1950er Jahren. Konkret konzentrierte er sich auf die Siedlungen jüdischer Flüchtlinge in der Dominikanischen Republik und die von donauschwäbischen Vertriebenen in Brasilien. Sein Vortrag ging über humanitäre Aspekte hinaus und verdeutlichte die Relevanz bisheriger Erfahrungen und des Wissenstransfers für Landsiedlungen und Umsiedlungen. Auch CLAUDIO SOLTMANN (Mainz) beschäftigte sich mit fremden Lebenswelten, in seinem Fall aber mit Sprache und Kultur. In den 1920er Jahren leisteten die Kapuziner-Missionare Felix Joseph von Augsburg und Hieronymus von Amberg durch ihre Veröffentlichungen einen bemerkenswerten Beitrag zur Entwicklung der Mapuche-Studien. Ihre Schriften und Briefmaterialien sind laut Soltmann wesentlich für das Verständnis verschiedener Aspekte der Netzwerkbildung und der Deutschlandwissenschaft in Chile. STEFAN RINKE (Berlin) kommentierte die drei Vorträge und betonte die Relevanz der verschiedenen Orte, an denen diese Akteure unterwegs waren, sich trafen und austauschten, sowie die Vorstellung von vermeintlich leeren Landschaften in Lateinamerika, in denen und über welche Neues Wissen produziert wurde.

Das vierte Panel widmete sich der Wissensproduktion im öffentlichen Raum. KARINA KRIEGESMANN (Berlin) verband die Verbreitung von wahren und falschen Nachrichten während des Ersten Weltkriegs mit dem Bild, das sich Brasilianer, insbesondere von Menschen aus Deutschland, bilden konnten. Sie lenkte die Aufmerksamkeit auf umstrittenes Wissen und Zeitungen als Produzenten von vernakularisiertem Migrantenwissen. Auch ITZEL TOLEDO GARCÍA (Berlin) betonte die Bedeutung der Nachrichtenproduktion in den 1920er Jahren. In ihrer Studie über Carl Duems, einen deutschstämmigen Medienunternehmer in Mexiko-Stadt, skizzierte sie die Gründung seiner Nachrichtenagentur, die zur Verbreitung mehr oder weniger neutraler Nachrichten in Lateinamerika beitrug. RICARDA MUSSER (Berlin) verband ihre Recherchen zu Charley Lachmund, der in den USA geboren wurde, in Brasilien arbeitete und von 1896 bis 1902 in Leipzig studierte, mit kulturhistorischen Fragestellungen. Unter Bezugnahme auf „musikalische Migrationen“ ging ihr Beitrag auf einen Vertreter einer hochmobilen Berufsgruppe ein, der die Musikentwicklung in Brasilien maßgeblich beeinflusst hat. DAVID BLACKBOURN (Nashville) wies in seinem Kommentar darauf hin, dass sich gerade um die Wende zum 20. Jahrhundert Informationen viel schneller verbreiteten als Menschen und Waren und wesentlich zur Produktion von Wissen über Ereignisse und Entwicklungen in fernen Regionen beitrugen. Die Diskussion der Vorträge konzentrierte sich auf die Rolle des Ersten Weltkriegs und die Aushandlung von Nationalität in den Medien und in der Musik. Aufgrund ihrer gemeinsamen Ausrichtung regten die drei Vorträge die Teilnehmer auch dazu an, die Schnittmengen und Grenzen zwischen Wissen, Information, Nachrichten, Allgemeinwissen, künstlerischen Beiträgen und mündlicher Kommunikation sowie Fragen der Identitätsbildung zu diskutieren.

Ein Besuch der argentinischen Botschaft in Washington D.C. und ein Austausch über aktuelle Migrations- und Wissenschaftspolitik waren Teil des Konferenzprogramms. Die Teilnehmer des abschließenden Runden Tisches diskutierten drängende Themen in der Geschichte der deutschen Migration nach Amerika, die Relevanz der Verbindungen und Verstrickungen deutscher Migrantengemeinschaften für historische Erzählungen und Interpretationen des Platzes von Migranten in der Dynamik der Wissensproduktion. Die Diskutanten waren sich einig, dass wir Annahmen über die Besonderheit des Deutschseins hinterfragen müssen. Die Geschichte der Deutschen und der deutschsprachigen Welt, die sich tatsächlich über mehr als zwei Jahrhunderte erstreckt, muss differenziert betrachtet werden. Die Fokussierung auf Narrative über Migranten und die Idee eines „deutschen Atlantiks“ kann dabei helfen, vielfältige Verstrickungen zu analysieren, ohne dabei Entflechtungen, einen möglichen Wissensverlust und Asymmetrien in der Wissensproduktion zu vernachlässigen. Um der Komplexität von Migrationen und Wissen zu begegnen, muss der Fokus auf Mediatoren und Übersetzer gelegt werden. Gerade der Fokus auf Lateinamerika beweist, wie fruchtbar es ist, nicht nur unterschiedliche zeitliche und räumliche Maßstäbe, sondern auch die Diversität der beteiligten, insbesondere nicht-westlichen Akteure, sowie indigenes Wissen an unterschiedlichen Orten zu untersuchen.


Konferenzübersicht

Jeffrey Lesser (Atlanta): Mehr Geschichten über Leben und Ideen

Irina Podgorny (La Plata): Kommentar

Panel 1: Indigenes Wissen und darüber hinaus: Forschung, Netzwerke und Repräsentationen

Nino Vallen (Washington D.C./ Berkeley): Vorsitzender

Sophie Brockmann (Leicester): Deutsche in Guatemala und die Entstehung der Maya-Archäologie, 1900-1940

Lorena López Jáuregui (Berlin): Deutsche Wissenschaftsnetzwerke & Amerikanistische Museen: Eine verflochtene Geschichte (1884-1914)

Felipe Vilo Muñoz (Austin): Communities on Motion: Die Reise in die Atacama-Wüste, 1853-1854

H. Glenn Penny (Los Angeles): Kommentar:

Panel 2: Verschränktes wissenschaftliches Wissen: Medizin, Natur und Kosmos

Carolin Liebisch-Gümüş (Washington D.C.): Vorsitzende

Benjamin Bryce (Vancouver): Gesundheit und Leistungsfähigkeit an den Grenzen: Deutsche und Transitmigranten zwischen Deutschland und Argentinien, 1890-1930

Barbara Kirsi Silva (Santiago de Chile): Jürgen Stock. Der Fall eines Astronomen als Vermittler für migrantisches Wissen

Nelson Chacón (Eichstätt-Ingolstadt): Migranten und Wissen in Lateinamerika: Fritz Müller und die brasilianische Natur im 19. Jahrhundert

Carlos Rodrigo Sanhueza Cerda (Santiago de Chile): Kommentar

Panel 3: Schaffung von Wissen in und über fremde Umgebungen: Kolonialisierung, Besiedlung und Unternehmertum

Mario Peters (Washington D.C.): Vorsitzender

Jochen Kemner (Kassel): Deutsche Migranten als tropische Agro-Business-Unternehmer und der postkoloniale Blick auf Arbeitsausbeutung und Philanthropie

Cristian Cercel (Tübingen): Wissen, wie man sich niederlässt: Eine vergleichende Analyse der Umsiedlung jüdischer Flüchtlinge nach Sosúa, Dominikanische Republik (1940), und der Umsiedlung donauschwäbischer Vertriebener nach Entre Rios, Brasilien (1951/1952)

Claudio Soltmann (Mainz): Kapuzinermissionare und Deutschlandstipendium in Chile. Der Fall Felix Joseph von Augsburg und Hieronymus von Amberg (1900-1920)

Stefan Rinke (Freie Universität Berlin): Kommentar

Panel 4: Wissen für die Öffentlichkeit: Nachrichten, Medien und Kultur

Simone Lässig (Washington D.C.): Vorsitzende

Karina Kriegesmann (Berlin): Umstrittenes Wissen, Wahrheiten und Berichterstattung in den Amerikas: Deutsche Migranten und soziale Vielfalt in Brasilien während des Ersten Weltkriegs

Itzel Toledo García (Berlin): Agencia Duems und die Verbreitung von Nachrichten in Lateinamerika (1920-1932)

Ricarda Musser (Berlin): Musikmigrationen: Deutsche Musiker in Brasilien und ihr Einfluss auf die Musikentwicklung. Das Beispiel von Charley Lachmund

David Blackbourn (Nashville): Kommentar

Abschließender runder Tisch

Barbara Kirsi Silva (Santiago de Chile), Itzel Toledo García (Berlin), Carlos Rodrigo Sanhueza Cerda (Santiago de Chile), David Blackbourn (Nashville)

H. Glenn Penny (Los Angeles), Stefan Rinke (Berlin): Moderation

Zitat: Tagungsbericht: Deutsche Migranten und Migrationswissen in der lateinamerikanischen Geschichte, In: H-Soz-Kult, 03.02.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-133543>.

[Regionalforum-Saar] Fwd: PREMIERE: GERMANS TO THE FRONT - Do, 9.2.23, 20 Uhr Kino 8 1/2, Nauwieserstr . 19, 66111 Saarbrücken

Date: 2023/02/04 21:27:02
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: PREMIERE: GERMANS TO THE FRONT - Do, 9.2.23, 20 Uhr Kino 8 1/2, Nauwieserstr. 19, 66111 Saarbrücken
Datum: Sat, 4 Feb 2023 19:30:50 +0100
Von: Klaus Gietinger <klaus(a)gietinger.de>
An: Klaus Gietinger <klaus(a)gietinger.de>


Liebe Freunde und Freundinnen, sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit weise ich auf die Premiere meines Kurzfilmes GERMANS TO THE FRONT hin, die am Donnerstag, den 9.2.2023 um 20 Uhr im Kino Achteinhalb, Saarbrücken, Nauwiesrstr. 19  stattfindet. Es spielen die GRENZGÄNGER. Die saarländische Schauspielerin Sophie Roßfeld, die vier Männerrollen verkörpert und der Regisseur stellen sich im Anschluss Ihren Fragen. Kartenreservierungen unter 06 81 / 3 90 88 80 oder . Gäste sind u. a. der Französische Generalkonsul Sébastien Girard und der Direktor des Historischen Museums Saar, Simon Matzerath. Ebenso anwesend sind Mitglieder des Teams. Die Veranstaltung wird von der Heinrich Böll Stiftung Saar in Zusammenarbeit mit dem Kino 8 1/2 ausgerichtet. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft - Vive l'amitié franco-allemande!

Synopsis:
Die Geschichte deutsch-französischer und lothringisch-saarländischer Beziehungen aus zwei Jahrhunderten, zusammengefasst in 21 Minuten Film, gespielt von vier jungen Schauspielerinnen, die mittels eines emotionalen Verfremdungseffekts und vor historischen Kriegsbildern 13 Männerrollen verkörpern. Witz und Tragik fehlen nicht, zentrale Figur ist der heute nahezu vergessene Historienmaler Anton von Werner, von dem jeder ein einziges Bild kennt (das natürlich erst im Film verraten wird) und der hier im Saarbrücken plötzlich und zufällig (?) aus der Versenkung geholt wurde. Keine unwichtigen Rollen spielen sein Meisterschüler Carl Röchling, die SPD-Gründer August Bebel, Wilhelm Liebknecht, der braune Freidemokrat Heini Schneider, der konservative Europäer Johannes Hoffmann („der Dicke“) und die boxenstarken Chinesen. Eine Tour de Force an der Saar durch die Jahre 1870/71, 1900, 1914 und 1956. Dazwischen dreimal Krieg und viermal Frieden. Ein Film ohne Förderung, ohne Fernsehen produziert, aber vielleicht gerade deswegen unbeabsichtigt aktueller denn je: GERMANS TO THE FRONT?


Viele Grüße
Klaus Gietinger

[Regionalforum-Saar] Früheste Püttlinger Bann bücher sind wieder da u n d wie man dicke Tinte macht

Date: 2023/02/04 21:36:31
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

letztens in der Saarbrücker Zeitung:

Früheste Püttlinger Bannbücher sind wieder da

Sie waren lange verschwunden. Nun hat das Landesarchiv zwei der vier ersten Püttlinger Bannbücher, die es aus einem Nachlass erhalten hatte, der Stadt übergeben. Die Bücher zeigen nicht nur alte Banngrenzen, sondern auch, dass die Püttlinger „Freye“ keine Leibeigenen waren.

Von Marco Reuther

Was für eine sagenhafte Handschrift. Mit schwarzer Tinte geschrieben, geschwungen und mit kunstvollen Schnörkeln. Aber die Rechtschreibung ...? Statt Püttlingen steht da auch mal „Pittlingen“ oder „Putlingen“. „Das kann man nicht als falsch brandmarken“, erklärt David Schnur, stellvertretender Leiter des saarländischen Landesarchivs, „damals war die Rechtschreibung noch nicht vereinheitlicht.“

„Damals“, das war vor rund 240 Jahren, als die aus heutiger Sicht historischen Schätze entstanden, die der Stadt Püttlingen am Montag zurückgegeben wurden, sehr zur Freude von Bürgermeisterin Denise Klein und des ehrenamtlichen Stadtarchivars Stefan Handfest.

Der Ursprung der beiden dicken Bannbücher: 1766 hatte, im Zuge von Gebietsbereinigungen, der französische König Ludwig XV. die Herrschaft über Püttlingen an Fürst Wilhelm Heinrich von Saarbrücken abgegeben, das Gebiet gehörte aber noch Graf Christian von Wied-Runkel, der seinen Besitz 1778 für 120000 Gulden an Wilhelm Heinrichs Sohn Fürst Ludwig verkaufte.

Ludwig wiederum wollte irgendwann – zumal er zunehmend knapp bei Kasse war – genau informiert sein, wie er seine Püttlinger Untertanen besteuern kann, was sich insbesondere nach deren Besitz an Grund und Boden richtete. So ließ er die „Meierei Püttlingen“ – noch ohne Köllerbach – von 1784 bis 1787 genauestens vermessen, mit allen Bann- und Grundstücksgrenzen, mit Häusern und Grenzsteinen. Die „Geometer“ – heute würde man sagen, Experten im Vermessungswesen – fertigten aus den Daten eben jene Bannbücher an, in denen die Grundstücke und deren Besitzer verzeichnet sind. Die Steuern richteten sich nach der Größe, nach den Gebäuden – wie viele Herde sie hatten – und nach der Art des Bodens, etwa ob es bejagbarer Wald oder Ackerland war, oder ob dort ein Bach floss, der Mühlen betreiben konnte – auch Letztere waren, als wichtige Wirtschaftsfaktoren ihrer Zeit, eingetragen.

Für die Bürger waren die Bücher ebenfalls von Bedeutung, denn sie brachten Rechtssicherheit: Zuvor hatte es oft Streitigkeiten um Grundstücke gegeben, die aber nun dank verbindlicher Bannbücher geklärt werden konnten. Die Grundstücksgrößen wurden in „Morgen“ und „Ruthen“ angegeben, die zu zahlende Grundsteuer in „Gulden“, „Albus“ und „Pfennig“, und wer auch immer damals die schwarze Tinte anrührte, verstand sein Handwerk, denn die Schrift ist recht gut erhalten (wie in jener Zeit Tinte hergestellt wurde, folgt im Anschluß).

Einige Skizzen und historisch bedeutende Anmerkungen finden sich ebenfalls in den Büchern, zusätzlich wurden etwa 50 Karten gefertigt, von denen noch zehn erhalten sind. Vier dicke, auf einer Art Büttenpapier handgeschriebene Bannbücher waren so entstanden. Es folgten, gewissermaßen als zweite Bannbuch-Generation, ab 1823 und somit schon in der „Preußen-Zeit“ vier weitere Bücher, die den Änderungen der vorangegangenen Jahrzehnte Rechnung trugen.

Doch von den acht Büchern hatte die Stadt Püttlingen nur noch sechs in ihrem Besitz gehabt. Zwei der „ersten Generation“ fehlten schon seit etwa einem halben Jahrhundert. Eines, aus dem Jahr 1790, enthielt auch einen bedeutsamen Eintrag, der zeigte, dass die Püttlinger keine Leibeignen, sondern freie Bürger waren: „Die Pittlinger Gemeindsleute sind freyde ohnleibeigene Unterthanen und behalten sich vor alle unter Frankreich genossene und an das nassauische haus mitgebrachten rechte“ – das bedeutete unter anderem, dass die Püttlinger Bürger nicht alles stillschweigend hinnehmen mussten, was das Saarbrücker Fürstenhaus verlangte, sondern dagegen Rechtsmittel einlegen konnte.

Wie aber sind die beiden Bücher jetzt wieder aufgetaucht? Wie es heißt, habe der Püttlinger Heimatkundler Willibald Meyer (1908-1993) die Akten, als im Rathaus aufgeräumt und entrümpelt wurde, vor der Vernichtung bewahrt. Dessen Sohn Karl-Michel Meyer übergab die Sammlung seines Vaters Anfang 2014 an das Landesarchiv.

Dass das Landesarchiv nun die Bücher der Stadt übergeben hat, ist wohl mit ein Verdienst von Stefan Handfest. Landesarchivar David Schnur – „das habe ich so noch nicht gesehen“ – zeigte sich jedenfalls begeistert von Handfests Engagement und dessen Ordnung im Archiv des Püttlinger Rathauses. Der ehrenamtliche Archivar, Herr über 220 Regalmeter, verbringt mit viel Herzblut Stunde um Stunde im Archiv und hat sogar ein eigenes Computer-Programm zur Archivierung entwickelt. „Derzeit werden die wichtigen Unterlagen digitalisiert“, so Handfest; das bedeutet: Wenn die alten Bannbücher eingescannt sind, dann kann sie jeder via Internet und Computer durchforsten – voraussichtlich über die Internetseite www.archive.org. Und die Bücher selbst, die man dann nicht mehr im Original einsehen muss, bleiben gut geschützt in ihren dicken Kartons.


So machten unsere Vorfahren „Schwartze Dinte“

Nicht nur das Püttlinger Bannbuch, auch die Tinte dafür war Handarbeit. Wir haben eine Rezeptur aus Saarbrücken gefunden, aufgezeichnet im „Schreib Buch vor Georg Jacob Reuther St. Joh. den 15ten November 1774“:

„Von Schwartzer Dinte“ – s
Man nehme: „Erstlich Schwartze Galläpel.
Zweytens Englisch Vitriol oder Kupferwaßer.
Drittens Arabisch Gummi der Hell und Klar it. Viertens Allaun nicht zu Viel sonst schlägt die Dinte durch. Fünftens Küchen Saltz. Daß wehret den Schimmel. Sechstens ... heller und scharfer Essig, obige Species auf zu losen, und die Farbe aus zu ziehen. Siebtens Schnee oder Regen Wasser, welches die Farbe beßer annimmbt. Wer nun ein paar Kannen gute schwarze Dinte machen will, der Nehme 6. Loth Galäpfel, 4. Loth Englisch Vitriol, 2 Loth arabischen Gumi, ein wenig Alaun, ein Pötgen Saltz, ein viertel schopen Essig, 2. Kannen ... Regenwasser. Harten Species werden in einem Mörsel Zerstosen hernach thue man sie mit dem Eßig in einen neuen unglasierten Hafen lasse es recht warm werden doch nicht kochen giese es hernach auf die species, und setze es wieder Zum Feuer laß es aber nicht Kochen sonst Verliehren die species ihre Farb. Rühre es braf eine Viertel stund, als dann setze man den Topf Hinter den ofen und rühre ... oft um hast du eine gute Dinte“

„1 Loth“ (Lot) konnte, je Region, 14 bis 18 Gramm sein oder einfach ein Löffel voll. Ein Schoppen konnte 0,5 oder 0,4 Liter bedeuten. Mit „Englisch Vitriol oder Kupferwasser“ ist vermutlich Kupfervitriol bzw. Kupfersulfat gemeint, das Kupfersalz der Schwefelsäure. „Eine Kanne“ war erst im Deutschen Kaiserreich ein Liter, davor war es nicht nur ein regional ungleiches Maß, sondern manchmal auch je nach Befüllung. So war in Aachen eine Kanne Bier 113,32, eine Kanne Wein aber 106,7 Zentiliter. Also viel Spaß beim Brauen – wir übernehmen aber keine Verantwortung für Fehlschläge und verkleckerte Hemden.

[Regionalforum-Saar] Weiterleitung: Passagierlisten u nd Auswanderung "Über Bremen in die Welt"_Vortr äge in Deutsch und Englisch online / Passenger Lists and E migration "Via Bremen into the World"_Lectures in German and English online

Date: 2023/02/09 19:56:01
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Liebe Freundinnen und Freunde,

unter der Leitung von Karl Wesling wurde vor rund zwanzig Jahren im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts der MAUS zusammen mit der Bremer Handelskammer und dem Staatsarchiv Bremen die umfangreiche Datenbank

www.passagierlisten.de

geschaffen, die mittlerweile weltweit bekannt ist und über die uns immer noch viele Anfragen nach Auswanderern erreichen.

Auf der IGGC im Jahr 2021 hielt Karl Wesling zwei Vorträge zu den Bremer Passagierlisten in Deutsch und in Englisch. Beide Versionen sind jetzt online und können auf unserer Website angehört und -gesehen werden.

https://die-maus-bremen.info

Auch die Vortragstexte stehen ab sofort als PDF in beiden Sprachen als Download zur Verfügung. Informationen zu weiteren Forschungsmöglichkeiten und Auswanderung findet man hier:

https://die-maus-bremen.info/index.php?id=57

Viel Freude beim Forschen wünscht

Freya Rosan (Vorsitzende DIE MAUS)


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[Regionalforum-Saar] Fwd: Neues von der Genealogica : Bald geht es los – letzte Infos zur Genealogica 202 3

Date: 2023/02/09 19:57:28
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


Liebe Interessierte,

es gibt Neuigkeiten
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Die Genealogica 2022 ist eröffnet
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[Regionalforum-Saar] Die Familie Hamann von Deutschland nach Brasilien. Ein Forschungsbericht

Date: 2023/02/16 17:25:41
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist mir eine ganz besondere Freude, Sie alle zu einem Vortrag meines geschätzten Freundes und Kollegen André Hammann im Rahmen unseres DAGV/IGGP ForschungsDialogs einladen zu können.  

Titel lautet: Die Familie Hamann von Deutschland nach Brasilien. Ein Forschungsbericht

André Hammann (39) aus Tres de Maio, Rio Grande do Sul, Brasilien, Ingenieur, beschäftigt sich seit dem Jahre 2000 mit der Migrationsgeschichte seiner 85 deutschsprachigen Vorfahren in dem südamerikanischen Land. Hammann ist ein aktiver Unterstützer des DAGV-Mitgliedes GenealogiaRS sowie Vorstandsmitglied der International German Genealogy Partnership (IGGP), Teilnehmer, Referent bei den IGGC Konferenzen und Buchautor über deutschsprachige Familien in Brasilien.

Seinen väterlichen Vorfahr Hamann war am schwierigsten zu erforschen: 18 Jahre Forschung in verschiedenen und wenigen vorhandenen Quellen, komplizierten und doch falschen Wegen gefolgt, aber mit die Hilfe von Freunden aus Deutschland konnte er endlich die Herkunft seines Vorfahren finden und mehr über die Familie in Deutschland erfahren. Doch seine Forschungsreise ist noch nicht beendet, denn er sucht immer noch weitere Verwandte.

Wie kam Wilhelm Hamann nach Brasilien? Es gibt keine Abfahrt- oder Ankunftslisten, aber er lebte und hinterliess Nachkommen. Die Antwort findet sich an Bord des Schiffes Margretha, das 1871 ankam. Gemeinsam können wir die ganze Geschichte und die Herausforderungen entdecken, um das riesige Puzzle zusammensetzen zu können.

Der Vortrag findet statt am Mittwoch, den 22.03.2023, 21:00 Uhr MEZ live aus Brasilien via Zoom

https://us06web.zoom.us/j/88132899227?pwd=TU5Oa1laYTBXRjQzclZNQ0lqdEk5UT09

Meeting-ID: 881 3289 9227, Kenncode: 562721

Der Vortrag findet in deutscher Sprache statt, die Zusammenfassung erfolgt auf Englisch.

DAGV und IGGP freuen sich auf Ihre Teilnahme.


Mit freundlichen Grüßen

Dirk Weissleder, 
DAGV/IGGP

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[Regionalforum-Saar] Film-Doku über das Ende des Z weiten Weltkriegs in Namborn (1)

Date: 2023/02/17 10:38:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Film-Doku über das Ende des Zweiten Weltkriegs in Namborn

Namborn Für den Dokumentarfilm „Die Amis kommen – Kriegsende in Namborn“ hat Filmemacher Joachim Ferrang sieben Zeitzeugen befragt und mehr als fünf Stunden Film-Material zusammengetragen. Premiere des rund einstündigen Werks ist am Vorabend des Jahrestags.

Von Thorsten Grim, Redakteur Lokalredaktion St. Wendel

Der Winter war dunkel und kalt. Doch nach und nach hielt im März endlich der Frühling Einzug ins St. Wendeler Land. Und so, wie der Lenz unsere Heimat peu à peu von Eis und Schnee befreite, bereiteten die Alliierten dem tausendjährigen Reich der Nazis ein Ende. Das hatte nach der Machtergreifung nur zwölf Jahre überdauert.

Etwas mehr als zehn waren vergangen, seit sich unsere Altvorderen entschieden hatten, das Saargebiet trotz Hitler heim ins Reich zu führen – oder wegen? Jedenfalls gab es im Landkreis St. Wendel Dörfer, in denen die heranrückenden amerikanischen Truppen im März 1945 kaum auf nennenswerten Widerstand stießen. In anderen Orten fiel die Gegenwehr umso heftiger aus.

Namborn etwa wehrte sich massiv. Feuer aus vier Geschützstellungen sollten die von Güdesweiler her vorrückenden Amerikaner am weiteren Vormarsch hindern. Die Amerikaner wiederum sahen sich durch die erbitterte Gegenwehr veranlasst, Namborn unter schweren Granat- und Maschinengewehrbeschuss zu nehmen.

In der Bevölkerung herrschte an jenem 19. März Durcheinander, Aufregung und AngSt. In Bergstollen suchten die Menschen Schutz vor den einschlagenden Granaten und Gewehrkugeln. Manche Gebäude wurden durch den Beschuss teils schwer beschädigt, unter anderem mussten der Kirchturm und das Schulhaus einiges einstecken.

Die deutschen Truppen, wozu auch ein zehnköpfiger Volkssturm-Trupp und ein Flakhelfer zählten, wichen im Laufe des Tages unter dem Druck der Angreifer in Richtung Furschweiler und Eisweiler zurück. So steht es im Buch „Die Amis kommen“, eine Dokumentation zum Kriegsende im Landkreis St. Wendel. Doch wie die Namborner jenen Frühlingstag im März 1945 und den danach erlebten, das steht nicht in dem Buch.

Diese Lücke schließt nun Joachim Ferrang. Der Filmemacher und gebürtige Namborner hat in den zurückliegenden Jahren sieben Zeitzeugen befragt und lässt sie nun in der 56-minütigen Film-Doku „Die Amis kommen – Kriegsende in Namborn“ zu Wort kommen. Premiere feiert der Film am Samstag, 18. März, um 19 Uhr in der Marktschenke in Namborn, also am Vorabend des Jahrestags.

„Diesen Film zu drehen, war mir eine Herzensangelegenheit“, erzählt Ferrang. Schon immer habe ihn der Zweite Weltkrieg interessiert. Er wollte wissen, welche Spuren er in seinem Heimatdorf hinterlassen hat – im Ort selbst, aber auch bei den Menschen, die ihn erlebten. Noch heute fragt er sich, warum auch in Namborn mehr als 90 Prozent der Menschen bei der ersten Saarabstimmung für den Anschluss an Deutschland votierten. Wie ging es nach der Rückgliederung ins Deutsche Reich weiter? Wie wurde der Kriegsausbruch wahrgenommen? Und wie sein Verlauf? Und wie war es, als der Krieg schließlich endete? „Doch niemand wollte darüber reden. Das ganze Thema wurde mehr oder weniger totgeschwiegen.“

Auch seine Mutter hätte lange Zeit nicht mit ihm darüber sprechen, seine Fragen nicht beantworten wollen oder können. Erst im vorgerückten Alter habe sie ihm ihr Herz geöffnet und über die Hitler-Zeit, die Nazis und die Geschehnisse während des Zweiten Weltkriegs gesprochen. „Als sie 92 Jahre alt war, konnten wir darüber reden. Immer Sonntags, da war Mama-Tag“, erinnert sich Ferrang, „ich habe ihr Bücher mitgebracht, und sie hat sie gelesen, sich Fragen notiert und auch erzählt, was sie noch wusste.“

2017 suchte er über die Saarbrücker Zeitung weitere Zeitzeugen, die bereit waren, mit ihm über den Krieg und vor allem das Kriegsende zu sprechen. Viele meldeten sich, sieben erklärten sich bereit, an dem Film mitzuwirken. „Drei der Zeitzeugen sind inzwischen verstorben“, erzählt der Filmemacher. Die Dokumentation bezeichnet er auch als „Verneigung vor diesen“. Er sei ihnen sehr dankbar, dass sie sich ihm – und somit der Nachwelt – geöffnet hätten.

Und er denkt, dass es den Protagonisten selbst auch gut getan habe, über das Erlebte zu sprechen. Teilweise sei ihnen eine Last vom Herzen gefallen. „Ich war bei einer Zeitzeugin, deren Mann zunächst nicht an dem Film mitwirken wollte.“ Doch dann habe auch dieser angefangen zu erzählen. Irgendwann sei es regelrecht aus ihm heraus gesprudelt. „Er sagte zu mir, dass er gar nicht gewusst hätte, dass das alles noch da war, weil er so lange nicht darüber geredet und alles ganz tief in seinem Innersten verschlossen hatte.“

Aus fünf Stunden Filmmaterial hat Ferrang 56 Minuten destilliert, die den Ablauf des 19. und 20. März 1945 nachzeichnen – aus der jeweiligen Sicht der Protagonisten. Günter Schönecker führt als Sprecher mit ergänzenden Informationen durch den Film. Den „roten Faden“ des Werks hat Ferrang aus der Namborner Schulchronik herausgezogen, in der Lehrer Franz Veith den Einmarsch der Amerikaner handschriftlich festgehalten hat.

Auch die geplante Sprengung des Namborner Eisenbahntunnels – Hintergrund war Hitlers Nero-Befehl – vor dem Einmarsch wird thematisiert. Und zwei Namborner berichten von heute noch im Ort zu findenden Kriegsrelikten.

Die letzten zehn Minuten des Films widmet Ferrang den Ereignissen vom 29. Januar 1944, als die Namborner Zeugen eines Luftkampfs wurden. Infolge des Gefechts am Himmel stürzte ein deutscher Jagdbomber (ME 109) in der Ortsmitte ab. Wie durch ein Wunder gab es unter den Einwohnern keine Verletzten. Wie im Buch „Die Amis kommen!“ nachzulesen ist, rettete sich der Pilot mit einem Fallschirm.

Als Begleitmaterial zur Doku „Die Amis kommen – Kriegsende in Namborn“ hat Filmemacher Joachim Ferrang auch eine Info-Broschüre drucken lassen, die am Premieren-Abend in Namborn am 18. März ausliegen wird.

Für seine Doku hat Joachim Ferrang sieben Zeitzeugen befragt.

In der Namborner Schulchronik hat der damalige Lehrer den Einmarsch der Amerikaner handschriftlich festgehalten. Sie lieferte den Roten Faden der Film-Doku „Kriegsende in Namborn – die Amis kommen“.

Das gilt auch für die neunköpfige Besatzung des viermotorigen alliierten Bombers, einer sogenannten fliegenden Festung, den der Deutsche zuvor abgeschossen hatte und der im Güdesweiler Wald niederging – als einer von dreien an diesem Tag im Landkreis St. Wendel. Etwas mehr als ein Jahr später war der Krieg für die Namborner dann zu Ende.


[Regionalforum-Saar] Film-Doku über das Ende des Z weiten Weltkriegs in Namborn (2)

Date: 2023/02/17 10:38:46
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Zeitzeugen: Sie lügen nicht. Sie erzählen, wie sie es erlebt haben. Sie erzählen, an was sie sich erinnnern. An ein paar chaotische Minuten oder Stunden vor 78 Jahren, die ihr Leben auf den Kopf stellten. So etwas hatten sie nie zuvor gesehen oder erlebt. Sie hatten keine Vergleichsmöglichkeiten, die bekamen sie erst später - aus Erzählungen, aus Filmen, Büchern etc. Im Laufe der Zeit verdichteten sich schlecht zuordenbare Kindheitserinnerungen mit Interpretationen, daraus wird die Aussage, die sie treffen. Nicht gelogen, nichts bewußt dazu erfunden, aber nicht unbedingt das, was geschehen ist.

Über Namborn gab es keinen Luftkampf. Lt. Koch, der Pilot der Me109, hat ein leeres Flugzeug angegriffen. Die Besatzung der Flying Ginny (B-17G  # 42-3552, 96th Bomb Group, 339th Bomb Squad) war kurz nach dem Abwerfen der Bomben über Ludwigshafen von deutschen Jägern angegriffen und schwer beschädigt worden. Die Maschine sank stetig, und es war klar, daß sie keine Chance hätte, den Kanal und England zu erreichen. Pilot Claude Farris befahl seiner Besatzung auszusteigen. Er sprang als letzter ab und landete im Tiefenbachtal bei St. Wendel. Alle überlebten und wurden gefangengenommen.

Das Flugzeug flog weiter und kam über Namborn in eine Linkskurve, die es in Spiralen über Namborn und Güdesweiler führte. Dabei sank es stetig. Als Lt. Koch angriff, schoß niemand zurück. Dennoch stürzte sein Flugzeug ab und bohrte sich hinter der ehemaligen Sparkasse in den Boden; dort liegt es heute noch. Der Lt. Koch landete mit dem Schirm am Bahnhof.

Lee Anthonys zehnköpfige Besatzung starb in ihrem Bomber über Schwarzerden, als ein deutscher Jäger frontal angriff und die Maschine von vorne rammte (B-17 G, No 42-38001, 96 BG, 338 BS). Der Pilot der Me109, Lt Bruno Bolowski, starb ebenfalls. Einen Luftkampf kann man das schwer nennen, aber eine Kamikazeaktion war es wohl auch nicht.

Robert Bosticks
B-17G „Thunderbird" (385 BG, 550 BS) wurde von mehreren deutschen Jägern getroffen. Als die Maschine unlenkbar wurde, stieg die Besatzung aus. Bostick landete im Wald nahe Eisen. Das Flugzeug flog über Gonnesweiler und setzte im Bereich des heutigen Bostalsees leer auf.

Das Buch „Die Amis kommen“ des Landkreises St. Wendel wurde damals von Reimund Benoist und mir initiiert. Der Landkreis übernahm die Drucklegung. Wir fanden in jedem Ort des Kreise eine Person, die recherchieren und schreiben sollte. Im Landesarchiv Saarbrücken lagen Befragungen einer Kommission zum Zweiten Weltkrieg, versandt an alle Orte des Saargebiets. Die vom Kreis St. Wendel schrieb ich ab, und wir verteilten sie an die Leute vor Ort. Das Buch war damals up-to-date, aber schon ein Jahr später nicht mehr. Das zweite Kapitel hatte ich aus dem zusammengestellt, was ich damals über Bücher etc. ermitteln konnte (das war prä-Internet). Im Sommer 1995 brachte ich After-Action-Reports der beteiligten amerikanischen Streitkräfte aus den USA mit nachhause, damit war das zweite Kapitel in großen Teilen widerlegt. Der Rest des Buches sind in der Hauptsache Augenzeugenberichte. Die waren zeitlich näher dran als die Leute von heute. Aber ihre Erinnerungen waren meist nicht besser als heute.

Roland Geiger







[Regionalforum-Saar] von Comanchen, Gefangenen und Deutschen 1847

Date: 2023/02/21 10:06:11
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

Vor zwei Wochen, am 9. Februar 2023 (für mich war es Freitagmorgen um 1 Uhr morgens) zeigte das Max Kade Institut eine sehr interessante Präsentation mit dem Titel „Comanches, Captives, Germans: Transactions on the Texas Frontier, 1847“ mit Christopher Wickham und Daniel Gelo.

Dr. Wickham und Gelo präsentierten drei Zeichnungen, die die Interaktionen zwischen deutschen Siedlern und Comanchen zeigen. Die Bilder zeigen viele Menschen, eine Jagdszene, einen Wagenzug, hauptsächlich Männer und nur zwei Frauen. Einer von ihnen - ein Comanche-Mädchen - wurde einem der Deutschen von einem Comanche übergeben.

Die Forscher erklärten, wer diese Leute waren und wie sie es herausfanden. Eine sehr interessante Recherche und Präsentation.

Hier können Sie es online ansehen:
=> https://www.youtube.com/watch?v=nGbbT3q2YCY

Die Präsentation ist in englischer Sprache.

Roland Geiger

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WATCH ONLINE

Comanches, Captives, Germans: 

Transactions on the Texas Frontier, 1847”

​with
Christopher J. Wickham
and  
Daniel J. Gelo

recorded on February 9, 2023



This program has been supported by the Friends of the Max Kade Institute. 



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Antje Petty, Associate Director

Max Kade Institute for German-American Studies

University of Wisconsin

432 East Campus Mall

Madison, WI 53706

608-262-7546

apetty(a)wisc.edu

http://mki.wisc.edu



[Regionalforum-Saar] Vortrag „Ahnenforschung in Frankreich“ beim Monatstreffen der ASF am nächste n Dienstag

Date: 2023/02/25 10:09:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

am kommenden Dienstag, 28. Februar, hält René Weisslinger, Association Généalogique de Hambach, im Rahmen des Monatstreffens der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) einen PowerPoint-Vortrag zum Thema „Ahnenforschung in Frankreich“.

Der Vortrag findet im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken statt und beginnt um 17.30 Uhr.

Einlaß zum Monatstreffen ab 16 Uhr.

Jederman (für die, die gern dschändern: alle natürlichen Personen jederlei Geschlechts) ist eingeladen. Der Eintritt ist wie immer frei.

Bis am Dinnschdaach.

Roland Geiger

PS: Außerdem gibt’s am Dienstag für alle Mitglieder den ersten InfoDienst des Jahres. éss widda scheen woa.

[Regionalforum-Saar] Jenseits von Ideologie und Bornier theit? Zum Verhältnis von Landesgeschichte und Heimatges chichte (19. bis 21. Jahrhundert)

Date: 2023/02/26 20:46:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Organisatoren:
AG Landesgeschichte im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD);
Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Ausrichter:
Oliver Auge, Abteilung für Regionalgeschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel; Michael Hecht, Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Halle an der Saale vom 21.09.2022 - 23.09.2022

Von Felicia Elisa Engelhard, Abteilung für Regionalgeschichte, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Die goldene Herbstsonne ließ die Mauern der Franckeschen Stiftung erstrahlen, als sich Ende September die Gäste des geschichtlichen Symposiums HOLGER ZAUNSTÖCK (Halle) zu einer kleinen Führung über das Gelände anschlossen. Während die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem die Fassade des Waisenhauses, die Bibliothek sowie die Kunst- und Naturalienkammer besichtigten und die steilen Stufen zum Altan bestiegen, erhielten sie auf diese Weise noch vor dem offiziellen Beginn der Vorträge einen ersten Eindruck von dem beeindruckenden Veranstaltungsort, seiner Geschichte und der damit verknüpften Bedeutung für Halle. Begleitet durch ein kurzes digitales Grußwort von KARAMBA DIABY (Halle) eröffneten im Anschluss an diesen breiten Streifzug durch die Stiftungsgeschichte MICHAEL HECHT (Halle) und OLIVER AUGE (Kiel) im Freylinghausen-Saal die bereits vierte Tagung der AG Landesgeschichte. Wie Auge in seinen einleitenden Worten betonte, galt es bei dieser Veranstaltung nicht, den Begriff und das Konzept „Heimat“ als solche in den Fokus zu stellen, das Ziel sei vielmehr, sich dem Verhältnis von Heimatforschung und Landesgeschichte zu widmen und aus unterschiedlichen Perspektiven und Regionen diese Beziehung sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart und Zukunft näher in den Blick zu nehmen. Diesem Aufruf folgend, bot Hecht zunächst eine kurze Einführung in die bisherige Heimatforschung in Sachsen-Anhalt und gab einen kurzen Ausblick auf die in den nächsten Tagen zu erwartenden Vorträge und Zugänge.

Als Auftakt zur ersten Sektion „Heimatdiskurse, Heimatkonzepte und Heimatverbände“ sprach Oliver Auge sodann über „die Regionalgeschichte als wichtigste Begleiterin von Heimatgeschichte“, wobei er am Beispiel der Entwicklungen in Schleswig-Holstein vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute nachzeichnete, wie wenige Berührungsängste immer wieder zwischen den beiden Parteien herrschten und wo sie voneinander profitierten. Ohne den Blick für die Schwierigkeiten und Herausforderungen zu verlieren, sprach er sich somit auch künftig für epochen- und methodenübergreifende Arbeitsansätze aus und rief zur Kontaktaufnahme und Pflege von Verbindungen von Regional- und Heimatforschung zum Gewinn für beide Seiten auf, um in Zukunft zu erreichen, dass die Heimatgeschichte Identität nicht schaffe oder propagiere, dafür aber wissenschaftlich begleite und moderiere.

MICHAEL KIßENER (Mainz) wandte sich in seinen Ausführungen einer anderen Region zu und zeichnete die unterschiedlichen Argumentationslinien in den Neugliederungsdebatten der Jahre 1945–1947 in Rheinland-Pfalz nach. Dabei fragte er sowohl nach den bestehenden regionalen Identitätskonstruktionen als auch nach der künstlichen Produktion von Heimatgefühl und stellte die besondere Rolle der Historiker in den Auflösungsdebatten heraus, deren historische Hilfestellung in diesem Diskurs nach seinem Dafürhalten durchaus ausschlaggebend war.

Die nachmittäglichen Vorträge eröffnete MATHIAS BEER (Tübingen) mit einer Darlegung des Problems des Landes- und Heimatverlusts vieler Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg. So konnte er nachweisen, dass eine ostdeutsche Landesgeschichtsforschung in der Bunderepublik in den Historischen Kommissionen weiterwirkte, eingebunden in den 1950er Jahren in das Herder-Institut als Dachorganisation, während die Kommissionen in der DDR aufgelöst wurden. Zudem ging Beer auf das Heimatbuch als einem wichtigen Medium heimatgeschichtlicher Auseinandersetzung ein, das, obschon bereits im 19. Jahrhundert entwickelt, nach dem Zweiten Weltkrieg erneut eine Konjunktur erlebte und identitätsstiftende Züge für die Erlebnisgeneration der Autoren zeitigte. In den Heimatbüchern erkennt Beer umfangreiche mentalitätsgeschichtliche Quellen.

In der Folge nahm JOHANNES SCHÜTZ (Dresden) die Umstände laienhistorischer Forschung in den Blick, die sich mit einer Auflösung der herkömmlichen Landesstrukturen und einer Instrumentalisierung der professionellen Geschichtswissenschaft konfrontiert gesehen hätten. Auf lokaler Ebene und in der Regel vor einer Mikroöffentlichkeit hätten Ortschronisten zunächst lediglich die Zeitgeschichte dargelegt, um sich später doch auch weiteren historischen Zusammenhängen ihrer Gemeinden zuzuwenden. Eine Art methodischer Hilfestellung für die Laienforschung sei in der institutionellen Regionalgeschichte zu suchen gewesen. Dazu brachte Schütz das Beispiel der Burkauer Chronik, deren zuerst niederschwellig dargebotenen Aufzeichnungen nach der politischen Wende zu einem Heimatbuch zusammengefügt wurden.

Den öffentlichen Abendvortrag gestaltete ANDREAS RUTZ (Dresden) durch die Veranschaulichung der gegenwärtigen Instrumentalisierung des Heimatbegriffs durch völkische Strömungen, die über eine bewusste Kolonialisierung kleiner Räume wirke. Heimat sei jedoch das Ergebnis eines aktiven Prozesses, so Rutz, und somit durchaus nicht eine an den Raum gebundene historische Konstante. Ferner warb er in seinem Beitrag für eine wissenschaftliche Entlarvung vermeintlicher Traditionen und verwies stattdessen auf eine neue europäische und globale Landesgeschichte bei einem Bruch mit nationalen Perspektiven. Heimat müsse als historisch dynamisches Konstrukt verstanden werden und auf inkludierende Weise an Legitimität gewinnen.

Zu Beginn des zweiten Tages stellte CHRISTOPH JAHN (Schleswig), auch stellvertretend für seinen Projektpartner MARKUS HARTMANN (Kiel), das Vorhaben zur digitalen Erfassung und musealen Aufbereitung der ostdeutschen Heimatstuben in Schleswig-Holstein vor. Die nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichteten Orte einer heimatlichen Erinnerung und Verbundenheit stünden seit den 1990er Jahren vor dem Verschwinden, dem durch die neue Aufbereitung konservatorisch entgegengewirkt werde. Zudem legte Jahn die Bedeutung der Heimatstuben als Speicher lokalen Wissens über Ausgrabungen in einst ostdeutschen Gebieten dar, was heute von der Archäologie zur neuerlichen Fundplatzauswertung genutzt werden könne.

Den Horizont der Tagung auf Aspekte der geografischen Landeskunde erweiterten HAIK THOMAS PORADA (Leipzig) und PATRICK REITINGER (Leipzig). Porada führte in die Geschichte der außergewöhnlich langlebigen, 1957 begründeten Buchreihe Werte der deutschen Heimat, die seit 2022 Landschaften in Deutschland heißt, ein und erklärte zugleich deren Erfolg unter bürgerlichen Amateurforschern an der Akademie der Wissenschaften, ohne dass die Staatsführung der DDR allzu großen Einfluss hätte gewinnen können. Reitinger lenkte das Augenmerk anschließend auf die verschieden gelagerten Traditionsstränge landeskundlicher Geografie, die in der BRD spätestens seit 1969 als veralteter Ansatz abgelehnt, in der DDR jedoch unter einem anderen, sozialistisch geprägten Heimatbegriff fortgesetzt worden sei. Untersucht werde derzeit, wie die oben genannte Schriftenreihe den Systemwechsel überstehen konnte.

Die Wechselwirkung von Geschichte, Heimat und Politik beleuchtete FERDINAND KRAMER (München) in seinen Ausführungen zur Entwicklung der bayerischen Landesgeschichte im Kontext ihrer Institutionalisierung und Etablierung in der Geschichtswissenschaft, wobei er auch den Blick auf den Kontakt und die Beziehungen zu Heimatbewegungen richtete. Die Rolle des Münchener Bürgertums und historischer Vereine kamen dabei ebenso zur Sprache, wie die Ziele der Heimatbewegung und der Einfluss der Presse auf die Expansion des Heimatgedankens sowie die politischen Erwartungen und Einflussnahmen auf die Landesgeschichte an den Universitäten.

WILFRIED SETZLER (Tübingen) führte das Auditorium mit seinem Vortrag im Anschluss an die Schnittstelle zwischen Heimatvereinen und Landesgeschichte, indem er über den Schwäbischen Heimatbund und dessen Beziehungen zur württembergischen Landesgeschichte referierte. Dafür zeichnete er chronologisch die Entwicklungen des Heimatbundes nach, ordnete anhand der Mitgliederzahlen die gesellschaftliche Bedeutung und den Zuspruch ein, zeigte aber auch interne Spannungen und Paradigmenwechsel im Laufe der Jahrzehnte auf, um in seinem Resümee schließlich auf die gegenwärtige Arbeit des Heimatbundes und die zukünftigen Herausforderungen bei sinkenden Mitgliederzahlen hinzuweisen.

Die zweite Sektion unter dem Titel „Medien der Konstruktion von Heimat und Landesgeschichte“ eröffnete MARTINA STEBER (München) mit ihrem Vortrag über Heimatbücher. Ausgehend von bayerischen Heimatbüchern rief sie dabei zunächst die hohe Verbreitung von Heimatbüchern in nicht-universitären Bevölkerungsschichten in Erinnerung und erläuterte, wie wenige konkrete Forschungsergebnisse zu dieser Gattung trotz des hohen öffentlichen Interesses an diesen Werken vorliegen. Anhand von fünf Punkten zeigte Steber sodann die Besonderheiten der Heimatbücher auf und charakterisierte sie als „Kontinuitätskonstruktionen in einer Welt der Diskontinuität“.

Dem Zusammenhang von Heimatvereinen und dem Denkmalschutz bzw. der Denkmalpflege wandte sich schließlich LIOBA KELLER-DRESCHER (Münster) zu, indem sie am Beispiel Württembergs nachvollzog, wie dort durch Heimatvereine ab dem 19. Jahrhundert erste Listen zur Erfassung von Denkmälern erstellt wurden, ohne jedoch zunächst den Impuls zum Schutz und zur Bewahrung zu enthalten. Erst später habe sich der Gedanke und Wunsch entwickelt, die Sammlungen und Denkmäler zu erhalten, was schließlich zu einer Zentralisierung und Institutionalisierung geführt habe, die in die Gründung des Denkmalschutzamtes als Behörde gemündet habe.

EVA BENDL (Oberschönenfeld) erörterte die Geschichte der Heimatmuseen in Bayerisch-Schwaben, beginnend mit den Sammlungen honoriger Bürger im 19. Jahrhundert, die zu Beginn der 20. Jahrhunderts meist zu agrarromantischen Stuben, oft in Ablösung älterer Museen für Altertumskunde, geworden seien. Ein nationalistischer, bisweilen völkischer Einfluss sei dort bereits seit den späten 1920er Jahren verstärkt spürbar gewesen, um im NS-Staat endgültig eine Politisierung und Erziehung zur Heimatliebe zu erfahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg lasse sich weiterhin eine große Beliebtheit der Heimatmuseen beobachten, jedoch habe es in der zweiten Jahrhunderthälfte etliche Umbenennungen gegeben. Am Konzept des Museums Oberschönenfeld zeigte Bendl einen möglichen Ansatz einer pluralistischen Auseinandersetzung mit Heimat über Schwaben hinaus.

Indem sie sich dafür aussprach, Trachten als Ausdruck von Identität mit zu erforschen, zeigte LENA KRULL (Münster) einen weiteren Weg der interdisziplinären Zusammenarbeit von heimatgeschichtlich ausgerichteter Volkskunde und Landesgeschichte auf. Dazu nahm sie nicht nur die Trachten und Trachtenbücher als solche in den Blick, sondern nutzte die Kartografie als zentrale Methode der Kulturraumforschung und Volkskunde, um das Potential einer derartigen Verknüpfung der Forschungsbereiche zu demonstrieren. Abschließend wandte sie sich dem Stammesgedanken als Konzept zu und erläuterte ebenfalls von Karten ausgehend, wann und auf welche Weise der Rassegedanke im 20. Jahrhundert Einzug in die Trachtenforschung erhielt.

Die Neuprägung des Typus Heimatfest um 1900 vor allem in kleinen industrialisierten Städten präsentierte ANTJE REPPE (Dresden). Im Rahmen der Heimatschutzbewegung entwickelte sich nach Reppe eine Repräsentationsmöglichkeit für die städtischen Gemeinden sowohl in der Verwaltung als auch der gesamten Bevölkerung, die zudem eine Nivellierung der Klassenunterschiede für die Zeit des Festes zugunsten einer vorgestellten Gemeinschaft mitgebracht habe. Zugleich hätten die Heimatfeste durch ihre Begleiterscheinungen wie Gedichte und Festkarten Geschichte reproduziert und gar produziert. Zuletzt betonte Reppe den hohen Nutzen heimatgeschichtlich ausgerichteter Privatsammlungen für die Erforschung dieses Phänomens.

Eine profunde Übersicht über die Geschichte der Sächsischen Heimatblätter lieferte ENNO BÜNZ (Leipzig). Hervorgegangen aus den Heimatkundlichen Blättern für Karl-Marx-Stadt, Dresden und Leipzig in den 1950er Jahren, hätten die Sächsischen Heimatblätter ein weites thematisches Konglomerat aus Landes- und Kulturpflege, Naturschutz, Volkskunde und Landesgeschichte bedienen müssen, das insgesamt einem in der DDR propagierten sozialistischen Heimatgefühl dienen mochte. Zunächst eingeforderte Themen hätten kaum eingelöst werden können, sei das Periodikum doch traditionell geblieben. Bei einst geringerer Zahl eigentlicher Forschungsbeiträge neben Heimatkundlichem seien die Blätter inzwischen ein Organ des Vereins für Sächsische Landesgeschichte.

Im abschließenden Vortrag bot ARND REITEMEIER sodann anhand von vier Phasen einen chronologischen Überblick über den Umgang mit dem Heimatbegriff in den Blättern für Deutsche Landesgeschichte. Beginnend mit der Gründung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine im Jahr 1852 legte er dazu dar, inwiefern der Heimatbegriff ab den 1880er Jahren zunehmend eine Rolle zu spielen begann, wie er vermehrt von außen an den Gesamtverein herangetragen wurde und wie schließlich eine Professionalisierung und Hinwendung zur Landesgeschichte einsetzte. Besonderes Augenmerk legte er auf die Entwicklungen in der vierten Phase nach 1949, indem er die Differenzierung zwischen Heimatgeschichte und professioneller Geschichtswissenschaft charakterisierte, bei welcher der Heimatbegriff jedoch bis heute nicht als Analysekategorie berücksichtigt werde, sich die Blätter für Deutsche Landesgeschichte jedoch zum „Flaggschiff der wissenschaftlichen Publikation innerhalb der Landesgeschichte“ entwickelt hätten.

Insgesamt gelang es den enthusiastischen Veranstaltern, inhaltlich breit gefächerten Vorträgen und angeregten Diskussionen des Symposiums, das Verhältnis von Landesgeschichte und Heimatforschung aus den unterschiedlichsten Perspektiven und im Hinblick auf verschiedene Regionen herauszuarbeiten. Ausgehend von detaillierten Ausführungen über die jeweiligen Entwicklungen und Brüche der letzten rund 200 Jahre wurden dabei die gegenwärtige Beziehung von Heimatforschung und professionalisierter Geschichtswissenschaft auch immer wieder kritisch diskutiert sowie Ansätze und Wünsche für eine gewinnbringende Zusammenarbeit in der Zukunft postuliert. Dennoch bestünde laut Abschlussdiskussion eine besondere Herausforderung in der Erforschung der außerwissenschaftlichen Heimatkonzepte, da der Heimatbegriff selbst kaum offizielle Verwendung erfahre und zugrunde liegende Heimatkonzepte zumeist erst dann zu erkennen wären, wenn der Blick über die Semantik hinaus gewagt werde. Darüber hinaus müssten in Zukunft und über die Tagung hinaus zudem die europäische Perspektive jenseits der deutschen Grenzen berücksichtigt, auf der pädagogischen Ebene Heimatkonzepte im Schulkontext untersucht sowie die ikonografische Perspektive von Heimat(erzählungen) erforscht werden. Das Symposium konnte somit nicht nur inhaltlich eine gelungene Übersicht über das Tagungsthema bieten, sondern förderte nicht zuletzt durch die regen Fachdiskurse im Anschluss an jeden einzelnen Vortrag viele offene Fragen und zahlreiche Ansätze für neue Projekte und Forschungsvorhaben zu Tage, die eine Fortsetzung der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Heimat- und Landesgeschichte unbedingt notwendig erscheinen lassen. Einen Anfang dafür soll der geplante Tagungsband bieten, der sich bereits in Vorbereitung befindet.

Konferenzübersicht:
Karamba Diaby, (Halle): Grußwort
Oliver Auge (Kiel) / Michael Hecht (Halle): Einführung in das Tagungsthema
Sektion I: Heimatdiskurse, Heimatkonzepte und Heimatverbände
Oliver Auge (Kiel): „… vor Borniertheit und Ideologie … bewahren“ – Regionalgeschichte als wichtigste Begleiterin von Heimatgeschichte?
Michael Kißener (Mainz): Regionale Identitätskonstruktionen und die Produktion von Heimatgefühl. Die Historiker und das Land Rheinland-Pfalz in den Neugliederungsdebatten nach 1945
Mathias Beer (Tübingen): Landes- und Heimatgeschichte ohne Land. Spezifische Formen des Zugangs zur Vergangenheit nach Flucht und Vertreibung
Johannes Schütz (Dresden): Landesgeschichte – Regionalgeschichte – Heimatgeschichte. Spannungsfelder laienhistorischer Forschungen in der DDR
Andreas Rutz (Dresden): Heimat-Renaissance und Landesgeschichte. Zur (De-)Kolonialisierung kleiner Räume; öffentlicher Abendvortrag
Christoph Jahn (Schleswig): Online zwischen Elchen, Erbe und Erinnerung. Das digitale Potential der Heimatsammlungen in Schleswig-Holstein
Haik Thomas Porada (Leipzig) / Patrick Reitinger (Leipzig): Von den „Werten der deutschen Heimat“ 1957 zu den „Landschaften in Deutschland“ 2022. Zur Entwicklung des Heimatbegriffs in der geographischen Landeskunde
Ferdinand Kramer (München): Geschichte – Heimat – Politik
Wilfried Setzler (Tübingen): „Die Heimat in ihrer geschichtlich gewordenen Eigenart zu erhalten und gestalten…“ Der Schwäbische Heimatbund und die württembergische Landesgeschichte
Sektion II: Medien der Konstruktion von Heimat und Landesgeschichte
Martina Steber (München): Übersichtlichkeit zwischen zwei Buchdeckeln. Heimatbücher in der frühen Bundesrepublik
Lioba Keller-Drescher (Münster): Vom Vaterländischen Verein zum behördlichen Denkmalschutz. Das Beispiel Württemberg
Eva Bendl (Oberschönenfeld): Heimatliebe in Vitrinen. Das Heimatkonzept und die historischen Museen in Bayerisch-Schwaben
Lena Krull (Münster): „Tracht“ als Thema der Landesgeschichte. Wissenshistorische Erkundungen zwischen 1890 und 1945
Antje Reppe (Dresden): Mit und in Heimatfesten Heimatgeschichte(n) schreiben? – Perspektiven für die Landesgeschichte Sachsen-Anhalts
Enno Bünz (Leipzig): Die Sächsischen Heimatblätter in der DDR
Arnd Reitemeier (Göttingen): „Heimat“ in den Blättern für Deutsche Landesgeschichte – der Gesamtverein und sein Heimatbegriff
Michael Hecht (Halle): Abschlussdiskussion und Tagungsende
Zitation
Tagungsbericht: Jenseits von Ideologie und Borniertheit? Zum Verhältnis von Landesgeschichte und Heimatgeschichte (19. bis 21. Jahrhundert), In: H-Soz-Kult, 27.02.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-134061>.