Date: 2023/01/04 23:15:26
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Forscherfreundinnen und -freunde, hiermit möchte die Genealogisch-heraldische Arbeitsgemeinschaft Roland zu Dortmund e. V. euch sehr herzlich zur folgenden Online-Veranstaltung auf Zoom einladen: Roland-Online-Vortrag WIE MAN EINTRÄGE ÜBER AUSWANDERER BEI DEUTSCHEN KONSULATEN FINDEN KANN mit Orestes Mallmann, Curitiba, Brasilien, am Dienstag, dem 10. Januar 2023 um 19.00 Uhr auf Zoom! Einladung mit Teilnahmemöglichkeit: https://roland-zu-dortmund.weebly.com/aktuelles/online-vortrag-wie-man-eintrage-uber-auswanderer-bei-deutschen-konsulaten-finden-kann-am-10012023 Wir würden uns sehr darüber freuen, euch zahlreich zu dieser Roland-Online-Veranstaltung auf Zoom begrüßen zu dürfen. Liebe Grüße Georg (Palmüller)
Date: 2023/01/12 16:53:35
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
=> https://www.youtube.com/watch?v=ubvvp0U7rtc
Date: 2023/01/12 23:52:20
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Virtual Lecture
Christopher J. Wickham
and
Daniel J. Gelo
Thursday, February 9, 2023, at 6:00 pm Central Time
Free and open to the public, but registration is required.
Email Antje Petty to receive a Zoom link: apetty(a)wisc.edu
Links will be emailed the day before the event.
Christopher J. Wickham received his Ph.D. in the UW–Madison German Department. After 25 years of teaching at the University of Texas at San Antonio, he retired in 2017.
Daniel J. Gelo, is Dean and Professor of Anthropology Emeritus at the University of Texas at San Antonio, where he taught for 31 years.
The two presenters co-authored Comanches and Germans on the Texas Frontier: The Ethnology of Heinrich Berghaus, (Texas A&M University Press, 2018) which has been reviewed in the Max Kade Institute Newsletter, Fall 2022 issue.
Antje Petty, Associate Director
Max Kade Institute for German-American Studies
University of Wisconsin
432 East Campus Mall
Madison, WI 53706
608-262-7546
http://mki.wisc.edu
Date: 2023/01/20 16:42:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo, am Dienstag, den 31. Januar 2023 findet in Saarbrücken-Scheidt im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken im Rahmen der Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) eine Präsenzveranstaltung statt. „Heiratsverträge,
Grundstücksverkäufe und Testamente - Was man in
notariellen Verträgen alles finden kann.“ Datum + Zeit: Dienstag,
31. Januar 2023 von 17:30 bis 19:00 Uhr Wie immer treffen sich die Mitglieder bereits um etwa 16:00 Uhr. Der Vortrag beginnt um etwa 17:30 Uhr. Jens Schneider |
Date: 2023/01/24 23:11:33
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Organisatoren Forschungszentrum Gotha der
Universität Erfurt
29.08.2022 - 02.09.2022
Von Albert Feierabend, Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte,
Universität
Göttingen; Teresa Göltl, Historisches Seminar, Universität
Heidelberg
Wie rassistisch war die Frühe Neuzeit? Welche Handlungsspielräume
besaßen
People of Colour (PoC) an deutschen Residenzen? Dies sind Fragen,
die im Rahmen
der Sommerschule „‚Hofmohren‘. Repräsentation und soziale Realität
von
Afrikanern in deutschen Residenzen 1600–1800“ des
Forschungszentrums Gotha
diskutiert wurden. Die Teilnehmenden setzten sich aus
Doktorand:innen und
Postdoktorand:innen verschiedener Disziplinen (Geschichte,
Literaturwissenschaft, Ethnologie, Museologie), Professor:innen
sowie
Museumskurator:innen aus Deutschland, den USA, Togo und Nigeria
zusammen. Mit
der Organisation der Sommerschule, gefördert durch die Alfried
Krupp von Bohlen
und Halbach-Stiftung, griff MARTIN MULSOW (Erfurt/Gotha) eine
Thematik auf, die
Teil intensiv geführter Debatten ist, beispielsweise die
Umbenennung der
Berliner „Mohrenstraße“ in „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“. Der Ort der
Sommerschule
war ebenfalls passend gewählt, da auch in Gotha „Hofmohren“
lebten, wie die
Fourierbücher belegen. Während des Workshops gab es nicht nur die
Möglichkeit
zur gemeinsamen Diskussion von Texten, sondern es rückten auch
künstlerische
Darstellungen wie Gemälde und figürliche Objekte in den Fokus.
Verschiedene
thematische Seminareinheiten und Vorträge ermöglichten den
Teilnehmenden einen
Einblick in die aktuelle Forschung.
In seinem Eröffnungsvortrag führte Martin Mulsow in die Thematik
ein und
betonte bereits die Ambivalenz, mit der PoC in der Frühen Neuzeit
betrachtet
wurden. Einerseits waren sie mit kulturellen Herausforderungen,
einer oft geringen
Lebenserwartung und einer stets prekären Stellung konfrontiert,
andererseits
hatten sie als prestigeträchtige Diener an den Höfen eine große
Nähe zum Adel
und konnten mitunter in verhältnismäßig privilegierte Positionen
aufsteigen.
Die Frage nach Freiräumen und Grenzen selbstbestimmten Handelns
schwarzer
Bediensteter an deutschen Adelshöfen wurde insbesondere in dem
Beitrag von ANNE
KUHLMANN-SMIRNOV (Berlin) thematisiert, die mit ihrer Dissertation
„Schwarze
Europäer im Alten Reich. Handel, Migration, Hof“ (2013) bereits
einen
entscheidenden Beitrag geleistet hat. Ihren Vortrag umrahmten zwei
Einzelschicksale, zum einen das von Christian Ferdinand Mohr
(1650–1702),
dessen Präsenz am Bayreuther Hof aufgrund seiner Tätigkeit als
Pauker sehr gut
belegt ist. Zum anderen nannte sie Samuel Ramsey, der am Hof in
Dresden
angestellt war und der in einem kürzlich erschienenen
Ausstellungskatalog von
Matthias Donath und André Thieme Berücksichtigung findet.[1] Kuhlmann-Smirnov legte
anschaulich dar,
dass es unterschiedliche Formen einer Integration am Hof gab,
beispielsweise
von „oben“ mithilfe der Taufe, die obligatorisch war.
Am zweiten Tag setzte PETER BURSCHEL (Wolfenbüttel) einen anderen
inhaltlichen
Schwerpunkt, indem er den Begriff des „(Hof-)Mohren“ anhand einer
weiteren
Perspektive betrachtete, nämlich die der Hautfarbe. Er stellte die
These auf,
dass diese erst im Verlauf der Frühen Neuzeit zu einem
Unterscheidungsmerkmal
wurde, das es erlaubte, interkulturelle Begegnungen „chromatisch
zu
strukturieren, zu klassifizieren und nicht zuletzt auch zu
hierarchisieren“. Er
sieht es dabei als entscheidend an, dass Hautfarbe zu einem
Kriterium für
kulturelle „Reinheit“ wurde. Mitte des 17. Jahrhunderts kam jedoch
die
Problematik der Abstufung von „Rassen“ hinzu. Fundiert wurden die
Ausführungen
anhand der Gemälde ethnographischer Typenporträts (unter anderem
Eckhout), in
denen nichteuropäische Menschen exotisiert werden. Insbesondere
die Frage,
inwiefern dies als kolonialer Gegendiskurs gedeutet werden kann,
wurde
anschließend rege diskutiert.
Zahlreiche Quellen zur Thematik der Sommerschule gibt es in der
Forschungsbibliothek
Gotha. MONIKA MÜLLER (Stiftung Schloss Friedenstein) gab den
Teilnehmenden in
einer Führung einen Einblick in die umfangreichen Bestände der
Einrichtung, die
neben seltenen Drucken auch verschiedene Handschriften, unter
anderem Reiseberichte,
seit dem Mittelalter beherbergt. Die historischen Räumlichkeiten
der
Bibliothek, die sich im Schloss Friedenstein befinden, gaben
gleichzeitig einen
Einblick in die höfische Repräsentation der Frühen Neuzeit.
Während der
gesamten Woche bestand die Möglichkeit, die hier verfügbaren
Quellen für
Recherchen zum Thema der Summerschool oder für eigene
Forschungsprojekte zu
nutzen.
MESSAN TOSSA (Lomé) wandte sich in seinem Vortrag dem
philosophischen Diskurs
in der Frühen Neuzeit zu, indem er in seinem Vortrag europäische
Vorstellungen
von Afrika und Afrikaner:innen im Zeitalter der Aufklärung in den
Blick nahm.
Seiner Meinung nach tendiert die moderne Historiographie dazu, die
Existenz
multiethnischer Akteur:innen zu übersehen, weshalb die Schriften
der Philosophen
noch einmal neu gelesen werden sollten, um die zeitgenössischen
Vorstellungen
nachzuvollziehen. Sein Vortrag regte die Teilnehmenden zu einer
Debatte an, die
vor allem mit Blick auf Kant geführt wird: Wie geht man mit
Personen um, die
als bedeutende Gestalten der Aufklärung kanonisiert sind, aber
mitunter auch
rassistische Texte veröffentlicht haben?
KERSTIN VOLKER-SAAD (Berlin) leistete gleich zwei Beiträge zur
Sommerschule.
Zum einen weitete sie in ihrem Impulsvortrag den Blick auf die
afrikanischen
Herkunftsregionen der Versklavten an deutschen Höfen aus, indem
sie eine
Sklavenroute durch Äthiopien, den Sudan und Ägypten vorstellte.
Anschließend
ermöglichte sie den Teilnehmenden in ihrer Rolle als Ethnologin,
die an der
exemplarischen Erschließung der Bestände der Sammlung Schloss
Friedenstein
arbeitet, die Auseinandersetzung mit konkreten Objekten im Gothaer
Perthes-Forum. So konnten unter anderem zwei Gemälde betrachtet
werden, auf
denen „Hofmohren“ abgebildet sind.
ADRIAN MASTERS (Tübingen) stellte in seinem Vortrag die Frage, ob
es im
frühneuzeitlichen Madrid trotz der Expansion des spanischen
Kolonialreiches
wirklich so wenige kulturelle Konflikte gab wie die bisherige
Historiographie
nahelegt. Stattdessen stellte er die These auf, dass die Stadt
eine stark
multiethnisch geprägte Kontaktzone war. So sprechen die Quellen
dafür, dass bis
zu zehn Prozent der Einwohner schwarz waren, wobei es sich
keineswegs
ausschließlich um Unfreie handelte. Vielmehr habe es einen
„Afro-Kosmopolitismus“ gegeben, also eine Schicht weltläufiger,
zumindest
teilweise freier Afrikaner:innen oder deren Nachkommen, die sich
unter anderem
auf rechtlichen Wegen gegen Diskriminierung zur Wehr setzten.
Damit hätten sie
Einfluss auf die Entwicklung der Stadt genommen und einen Beitrag
zu deren
tatsächlich multikultureller Prägung geleistet.
CORINNA DZIUDZIA (Erfurt/Gotha) griff die bereits zu Beginn der
Summerschool
aufgekommene Problematik des Begriffs „Mohr“ auf, indem sie
verschiedene
(Online-)Wörterbücher und Datenbanken vorstellte. Sie machte sich
für eine
digitale Begriffsgeschichte anhand von digitalen Textkorpora und
Sammlungen
stark. Diese erweitern einerseits die Möglichkeiten qualitativer
Untersuchungen, indem Quellenbelege beispielsweise über Tools wie
die Suchmaschine
Wörterbuchnetz auffindbar und vergleichbar gemacht werden.
Andererseits können
auch quantitative Untersuchungen profitieren, indem zum Beispiel
die
Entwicklung der Häufigkeit von Begriffsverwendungen nachvollzogen
werden kann.
Dass es auch in Gotha in der Frühen Neuzeit Menschen schwarzer
Hautfarbe
gegeben hat und inwiefern diese interkulturellen Begegnungen nicht
immer von
eindeutigen Hierarchien bestimmt waren, zeigte MARTIN MULSOW in
seinem Vortrag
über Abba Gorgoryos. Dieser war ein abessinischer Reisender und
Theologe, der
in Rom Bekanntschaft mit dem Gothaer Gelehrten Hiob Ludolf gemacht
hatte und
diesen später in Thüringen besuchte, um ihn bei der Erstellung
eines Buches
über die äthiopische Sprache und Kultur zu unterstützen. Als
Diskussionsgrundlage
diente ein transkribierter Brief, der einen Einblick in die
Organisation und
Vorgeschichte der Ankunft von Gorgoryos in Gotha gibt. Hiob Ludolf
ist noch
heute als Begründer der Äthiopistik bekannt. Die Ausführungen
haben gezeigt,
dass Gorgoryos ebenfalls stark an diesem Projekt beteiligt war und
es zu kurz
greift, ihn lediglich als „Informanten“ zu bezeichnen.
MARKUS MEUMANN (Erfurt/Gotha) stellte den Bezug zu den Debatten
der Gegenwart
her, indem er versuchte, die Geschichte und Herkunft einer
„Mohrenfigur“ zu
rekonstruieren, die bis zu dessen Abriss am Gothaer Gasthof „Zum
Mohren“
angebracht war und seit dem Frühjahr 2020 im Forschungszentrum
aufgestellt ist.
Während es in der lokalen Presse und im Internet unterschiedliche
Theorien zur
Herkunft der Figur sowie einer Verbindung nach Äthiopien gibt,
machte der
Vortrag deutlich, dass weder die Provenienz noch die Hinzufügung
des meist als
koptisches Kreuz gedeuteten Symbols in der Hand der Statuette
bislang
abschließend geklärt werden konnten. Es ist wahrscheinlich, dass
sie nicht in
ihrem ursprünglichen Zustand erhalten ist, sondern nachträglich
modifiziert
wurde.
REBEKKA VON MALLINCKRODT (Bremen) gelang es anhand ihres
Abschlussvortrages
über Schwarze am Dresdner Hof, die während der Woche aufgekommenen
Fragen und
Diskussionen zu bündeln und anhand ihrer Forschung zu untermauern.
Während
Deutschland lange Zeit als „slavery hinterland“ dargestellt wurde,
konnte von
Mallinckrodt in ihrer Forschung zeigen, dass diese Sichtweise zu
kurz greift. Auch
im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gab es Menschen in
Sklaverei sowie
erhebliche Verbindungen zum Sklavenhandel – beispielsweise am Hof
Augusts des
Starken.
Am letzten Tag hatten die Teilnehmenden zudem die Möglichkeit,
ihre aktuellen
Forschungsprojekte oder Recherchen, die sie während ihres
Aufenthaltes in den
Archiven von Gotha durchgeführt hatten, vorzustellen. Außerdem war
im Verlauf
der Sommerschule die Idee entstanden, gesammelte Informationen
über „Hofmohren“
zusammenzutragen und online frei zur Verfügung zu stellen. Als
technisches Tool
kann hierbei die offene Datenbank „FactGrid. A database for
historians“
fungieren, eine Wikibase-Instanz, die von Olaf Simons
(Erfurt/Gotha) am
Forschungszentrum Gotha betreut wird. Während der Sommerschule
wurden bereits
einige Einträge zu der Thematik erstellt und die Plattform steht
allen
Interessierten zur Verfügung, die sich entsprechend einbringen
möchten. Somit
entsteht über die Sommerschule hinaus ein nützliches Tool, welches
in Zukunft
nicht nur die interdisziplinäre Zusammenarbeit, sondern auch ganz
allgemein die
Forschung zu der Thematik stärkt und vereinfacht.
Konferenzübersicht:
Martin Mulsow (Erfurt/Gotha): Einführung
Olaf Simons (Erfurt/Gotha): Präsentation der Datenbank „FactGrid.
A database
for historians“
Anne Kuhlmann-Smirnov (Berlin): Inklusion exklusiv? Freiräume und
Grenzen
selbstbestimmten Handelns schwarzer Bediensteter an deutschen
Adelshöfen
Peter Burschel (Göttingen/Wolfenbüttel): Hautfarbe in der Frühen
Neuzeit
Monika Müller (Erfurt/Gotha): Führung durch die
Forschungsbibliothek Gotha
Messan Tossa (Lomé): Deutsche Vorstellungen von Afrika und
Afrikanern im
Zeitalter der Aufklärung
Präsentation entstehender Arbeiten von Teilnehmern/-innen
Kerstin Volker-Saad (Berlin): Die afrikanische Heimat:
Sklavenrouten in
Äthiopien, dem Sudan und Ägypten
Kerstin Volker-Saad (Berlin): Objekte aus der Fremde von den
Anfängen der
Kunstkammer bis 1822. Außereuropäische Artefakte als Botschafter
außereuropäischer Kulturen
Adrian Masters (Tübingen): Afro-Cosmopolitan Madrid, 1561–1600:
Slavery,
Sovereignity, and Subjecthood in the Spanish Court of Habsburgs
Corinna Dziudzia (Erfurt/Gotha): (Digitale) Begriffsgeschichte am
Beispiel des
„Hofmohren“
Martin Mulsow (Erfurt/Gotha): Der Äthiopier Abba Gorgoryos in
Gotha – eine
Begegnung auf Augenhöhe
Markus Meumann (Erfurt/Gotha): Der „Mohr“ im Forschungszentrum
Präsentation und Diskussion von Ergebnissen
Rebekka von Mallinckrodt (Bremen): Sklaven und „Mohren“ am
Dresdener Hof
Anmerkung:
[1] André Thieme / Matthias
Donath (Hrsg.),
Augusts Afrika. Afrika in Sachsen, Sachsen in Afrika im 18.
Jahrhundert,
Königsbrück 2022.
Zitation
Tagungsbericht: „Hofmohren“. Repräsentation und soziale Realität
von Afrikanern
in deutschen Residenzen 1600–1800, In: H-Soz-Kult, 25.01.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-133337>.
Date: 2023/01/30 11:13:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil, über die
Veranstaltung
am letzten Freitag.
Hinweis: Wenn Sie den Artikel im Original lesen wollen, müssen Sie
sich
entweder dort einloggen oder sich eine Zeitung kaufen, hier gibt
es nur die in
eckigen Klammern kommentierte Version.
Gedenkveranstaltung am Gymnasium Wendalinum in St. Wendel für die
Opfer des
Nationalsozialismus.
Von Jennifer Fell
Das Thema Euthanasie stand im Mittelpunkt, als der Landkreis St.
Wendel am
Freitagabend in der Aula des Gymnasiums Wendalinum den
internationalen Tag des
Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus beging. Nach zwei
Jahren, in
denen die Veranstaltung pandemiebedingt lediglich digital
stattfinden konnte,
traf man sich nun auf Einladung von Landrat Udo Recktenwald (CDU)
wieder in
Präsenz. Pianistin Nataliya Malkova, die als Lehrerin an der
Kreismusikschule
St. Wendel tätig ist, eröffnete den Abend musikalisch und erfreute
die Zuhörer
auch im weiteren Verlauf immer wieder mit ihrem Können. [toll
gespielt.]
Alexander Besch, Leiter der gastgebenden Schule, des Gymnasiums
Wendalinum,
unterstrich in seinem Vorwort die Wichtigkeit der Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit und verschwieg dabei auch nicht, dass seine
Schule in dieser
Hinsicht ebenfalls keine weiße Weste habe, habe man doch mit Fritz
Berl damals
einen jüdischen Schüler der Schule verwiesen [war das nicht so,
dass Direktor
Arend Berl damals nach hause geschickt hatte, um ihn vor seinen
Mitschülern und
vor allem dem Lehrer Schulz zu beschützen, der - weil Nazi -
mächtiger war als
Arend?]. Mit jüdischen Opfern der NS-Diktatur hätten sich auch die
„Spurensucher“ der Gemeinschaftsschule Theley beschäftigt, die
einen Teil
ihrer Arbeit vorstellten.
Zuvor aber beschäftige man sich mit dem Thema Euthanasie, jenem
furchtbaren
Euphemismus, den die Nationalsozialisten als Synonym für die
Ermordung
zahlreicher Menschen mit Behinderung verwendet hätten [und den wir
heute immer
noch für das Gleiche verwenden -
mal
mit, mal ohne Anführungszeichen]. Am Ende seines Vortrages
begrüßte der
Schulleiter neben den Gästen aus der Politik, zu denen unter
anderem die Landtagsabgeordneten
Hermann Scharf [dessen Handy sein ganzer Stolz ist] und Jonas
Reiter zählten [das
geht wohl nicht anders, die müssen alle explizit mit Namen genannt
werden],
explizit auch die Schüler [aber die ohne Namen].
Gastgeber Recktenwald [grüßte alle nochmal mit Namen und noch ein
paar dazu]
und äußerte in seiner Rede, dass er stolz sei, dass sich mit den
„Spurensuchern“ auch Schüler dieses Themas angenommen hätten:
„Dies ist umso
wichtiger in einer Zeit, in der die Zeitzeugen immer weniger
werden. Dieser Tag
ist ein unverzichtbarer Mosaikstein der Erinnerungskultur“, sagte
er und
betonte, dass der Landkreis St. Wendel sich in vielfältiger Weise
für diese [die
Erinnerungskultur] einsetze. Nicht nur habe man Stolpersteine
verlegt und
Stelen errichtet, man unterstütze auch Vereine, Projekte und
Initiativen, wie
das Adolf-Bender-Zentrum oder den Verein „Wider das Vergessen und
gegen
Rassismus“, und sei zudem Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft
(LAG)
Erinnerungsarbeit.
Gerade der persönliche Bezug sei wichtig, so geschehen am
Gymnasium Wendalinum,
wo man zum Schicksal der Familie Berl recherchiert und die
Nachfahren
kontaktiert habe. „Was damals geschah, darf nie vergessen werden“,
konstatierte
der Landrat und bezeichnete das Wachhalten der Erinnerung als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der man sich, vor allem auch vor
dem
Hintergrund, dass Europa derzeit mit einem von einem Aggressor vom
Zaun
gebrochenen Krieg konfrontiert sei und es weltweit mehr
autokratische als
demokratische Staaten gebe, umso stärker widmen müsse.
Dr. Gisela Taschers Vortrag „Euthanasie und Zwangssterilisation im
Saarland von
1935 bis 1945 im politischen Kontext“ beschäftigte sich vorrangig
mit der
Beteiligung der Ärzteschaft an den Medizinverbrechen, denen auch
im Saarland
viele Menschen zum Opfer gefallen seien. Genaue Zahlen konnte die
Zahnärztin
und Autorin in diesem Zusammenhang nicht nennen, da das Saarland
damals Teil
des Gaues Westmark gewesen sei, es also keine aufgeschlüsselten
Zahlen gebe.
Tascher legte eindrücklich dar, wie sich die Mediziner als Wächter
der
sogenannten Rassenreinheit zu Erfüllungsgehilfen der
Nationalsozialisten machten
und nicht nur etwa 360 000
Menschen
zwangssterilisierten, sondern auch 200 000
psychisch kranke Menschen töteten.
[Der Vortrag begann mit einer Einleitung, in der zahllose Namen
von
Historikern, Ärzten und Professoren genannt wurden, die in keinem
erkennbaren
Zusammenhang mit dem Thema stehen-stannten. Dann erklärte sie, wie
die Ärzte organisiert
wurden oder sich organisiert haben in den verschiedensten
medizinischen
Organisationen. Das ging gut 10 min so, und nicht nur ich hatte
den Eindruck „Thema
verfehlt“. Aber das änderte sich mit der nächsten Folie. Da wurde
es still im
Saal, und manchem wurde übel. Mir auch.]
Der sogenannte Gnadentod sei auf grausame Weise durch
Kohlenmonoxid,
Injektionen, Medikamente oder Nahrungsentzug herbeigeführt worden.
All diese
Verbrechen seien Ausgangspunkt für den Nürnberger Kodex gewesen,
der 1947
festgelegt habe, dass das Wohl des einzelnen Menschen und sein
menschenrechtlicher Schutz im Mittelpunkt der Medizin stünden,
nicht der
Fortschritt oder das Wohl der Gesellschaft. Die Referentin schloss
ihre
Ausführungen mit dem Wortlaut der Nürnberger Erklärung des
Ärztetages 2012, in
dem die Mediziner die wesentliche Mitverantwortung von Ärzten an
den Verbrechen
der NS-Medizin anerkannten und das Geschehene als Mahnung für
Gegenwart und
Zukunft betrachteten. [Der Vortrag fing langatmig an und hörte
etwas abrupt
auf, aber der Mittelteil, puh, der hatte es in sich.]
[Ohne Pause ging es mit einem Intermezzo von Herrn Bäsch weiter,
wo fünf
Minuten gut gewesen wären, das Schreckliche, was Frau Dr. Tascher
uns um die
Ohren gehauen hatte, ansatzweise zu verdauen. Aber es gab keine
Pause bis ganz
zum Ende]
Bernhard Müller, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Saarland,
[der mit
seinem Lesezettel kämpfte, den er doppelt gefaltet und wohl nicht
durchnummeriert hatte, weshalb er beim Auseinanderfalten die
Seiten
durcheinander brachte und immer wieder etwas hilflos nach seinem
roten Faden
suchte. Sein Vortrag war nicht so gut strukturiert wie der erste,
aber er kam
sehr sympathisch rüber] spannte in seinem Vortrag „Menschen mit
Behinderung.
Opfer des Systems“ den Bogen in Richtung Jetzt-Zeit. Er führte
aus, dass
Menschen mit Behinderung heute in Freiheit lebten und durch gute
gesetzliche
Regelungen Hilfestellung erhielten. Dennoch sei es wichtig, sie in
der Mitte
der Gesellschaft zu halten: „Das Thema darf nicht beim Betroffenen
bleiben, das
Gemeinwesen ist verantwortlich. Menschen mit Behinderung brauchen
unsere Stütze
und unsere Hilfe, dabei sind alle gefordert“, endete er.
Die „Spurensucher“-AG der Gemeinschaftsschule Theley skizzierte
den Leidensweg
der Tholeyer Jüdin Camilla Fleck, einer Mutter von fünf Kindern,
die am 8. März
1945 verhaftet und nach Theresienstadt deportiert wurde, wo sie
nur knapp
überlebte. Nach der Befreiung durch die russische Armee erlebte
sie eine wahre
Odyssee, ehe sie am 16. Juli 1945, stark abgemagert, wieder in
Tholey ankam. In
dem von den Schülern dargestellten Gespräch mit Michael Landau
berichtete
Fleck, dass sie als Folge ihrer Zeit im Konzentrationslager 20
Operationen
benötigt habe.
[Die textlich eindrucksvolle Darstellung krankte an dem oft
beobachtbaren
Problem, daß die Vortragenden ihre Rolle nur ablasen und sich
nicht
hineingedacht hatten. Ich kenne Michael Landau und seine
Leidenschaft, die er
in seine Fragen und seine Arbeit steckt. Dem wurde sein Gegenpart
nicht
gerecht, der die Fragen ohne Tonfall herunterleierte und höchstens
am Schluß
des Satzes ein Fragezeichen andeutete. In der Mitte der
Feuerzangenbowle läßt
ein Lehrer zwei Rabauken ein Zwiegespräch aus einem Roman
vorlesen. Die lesen
es so runter - ohne Emotionen, ohne ein Grad Empathie. Nicht
schön. Die
Fleck-Darstellerin antwortete etwas emotionaler, aber die Worte
kamen viel zu
schnell, so daß es sehr schwierig wurde, überhaupt etwas zu
verstehen und zu
folgen. Ich kenne Lampenfieber und weiß, wie das ist, als junger
Mensch vor
einem Publikum zu stehen. Es ist ein schwieriger, ein sehr
emotionaler Text und
vor allem sehr eindrucksvoller Text, der dargeboten wurde, und
vielleicht
deshalb nicht das richtige für ein junges Mädchen; hier wäre eine
Schauspielerin erforderlich gewesen, die weiß, wie man Emotionen
umsetzt. Oder
eine Lehrerin, die ihren Schülern das beibringt. So mündet das in
vertane
Gelegenheiten.]
Im Anschluss an den von Fremdsprachenassistent Sebastian Roberts
[wow, was für
eine Stimme!] mit hebräischen Liedern umrahmten Beitrag forderten
die Schüler
die Anwesenden in der Aula auf, mit einer Unterschrift auf einem
vorbereiteten
Plakat ihr Mitgefühl mit den ermordeten Juden auszudrücken. Eine
Aufforderung,
der das Gros der 80 Gäste am Ende der gut zweistündigen
Veranstaltung nachkam.
[Ich wußte nicht, daß das Lied „Dona, Dona“ aus dem Hebräischen
kommt, aber dem
ist so Schade, daß die zweite Strophe wegblieb und den meisten
Zuhörern der
Sinn des Liedes und sein Zusammenhang verborgen blieb:
Auf einem Wagen auf dem Weg zum Markt
steht ein Kalb und blickt kläglich (wörtlich: mit einem traurigen
Auge).
Hoch über ihm fliegt eine Schwalbe schnell durch den Himmel.
Refrain:
Wie die Winde lachen, sie lachen aus vollem Halse
Lachen und lachen den ganzen Tag hindurch
Und die halbe Sommernacht.
„Hör auf dich zu beschweren“, sagte der Bauer,
„Wer hat dir gesagt, dass du ein Kalb sein sollst?
Warum hast du keine Flügel, um wegzufliegen?
Wie die Schwalbe so stolz und frei?“
Kälber lassen sich leicht anbinden und schlachten
ohne jemals den Grund dafür zu kennen.
Aber wer die Freiheit schätzt,
hat fliegen gelernt wie die Schwalben.
siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Dona,_Dona]