Monatsdigest

Re: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766

Date: 2022/09/01 05:18:41
From: Bernd Brill <bernd.brill(a)brill-architektur.de>

Hallo Roland
Das müsste Kanada sein
Grüße 
Bernd

Von meinem iPhone gesendet

Am 31.08.2022 um 23:23 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:



Guten Abend,
in einer Akte der Waisenschreiberei Ottweiler im Landesarchiv Saarbrücken stieß ich auf diesen Eintrag:

„Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden.“

Das Schreiben ist leider nicht datiert, muß aber in der Zeit zwischen 1764 und 1770 geschrieben worden sein. Kann sich jemand etwas unter diesem „französischen neuen Land“ vorstellen?

--
Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger




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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Roland Geiger
Historische Forschung
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Re: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766

Date: 2022/09/01 11:28:10
From: Horst Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo Roland
dies hätte ich Dir leicht beantworten können
lG
Papa

Am 31.08.2022 um 23:23 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar:

Guten Abend,
in einer Akte der Waisenschreiberei Ottweiler im Landesarchiv Saarbrücken stieß ich auf diesen Eintrag:

„Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden.“

Das Schreiben ist leider nicht datiert, muß aber in der Zeit zwischen 1764 und 1770 geschrieben worden sein. Kann sich jemand etwas unter diesem „französischen neuen Land“ vorstellen?

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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger




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Re: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766

Date: 2022/09/01 12:02:41
From: Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>

Völlig unmaßgeblich und laienhaft kommen mir leichte Zweifel bei „Kanada“. Französisches „neues“ Land gab es um 1763 (Pariser Frieden zw. England, Spanien und Frankreich) auch noch in der Karibik und im Golf von Mexiko (z.B. La NOUVELLE Orléans!) Da wär die Reise wohl über Bordeaux gegangen, das gute Beziehungen nach „St. Domingue“ hatte …

Michael Franz (Schiffweiler)

 

Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Gesendet: Mittwoch, 31. August 2022 23:23
An: saarland-l(a)genealogy.net; Pfalz-L; regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766

 

Guten Abend,
in einer Akte der Waisenschreiberei Ottweiler im Landesarchiv Saarbrücken stieß ich auf diesen Eintrag:

„Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden.“

Das Schreiben ist leider nicht datiert, muß aber in der Zeit zwischen 1764 und 1770 geschrieben worden sein. Kann sich jemand etwas unter diesem „französischen neuen Land“ vorstellen?

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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger





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Roland Geiger

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[Regionalforum-Saar] Das französische neue Land 17 66 - Kontext.

Date: 2022/09/07 09:19:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Salve,

zunächst will ich mich bedanken bei allen, die ihre Ideen zu meiner Anfrage kundgetan haben.

Um diese Familie geht es:

Johann Nikolaus Scherer
S.v. Johann Georg Scherer und Anna Katharina Groß
* 16.04.1685 Ottweiler + 20.02.1764 Oberbexbach

oo 29.09.1712 Waldmohr
Maria Katharina Moll
T.v. Lucas Moll und Susanna Russy
* ca. 1690 Kirkel Limbach + 15.11.1763 Oberbexbach.

Kinder von Johann Scherer und Maria Moll sind:

1. Susanna Margaretha * 29.09.1712 - 1721 unbekannter Ort
oo 26.02.1744 Matthias Clemens

2. Georg Theobald * 01.09.1722 Oberbexbach

         oo (1) 13.04.1751 Reformierte Kirche Homburg
         Maria Elisabeth Catharina Bach
         * ca. 20.12.1729 Altstadt + 16.10.1757 Oberbexbach

         Kinder von Georg Scherer und Maria Bach sind:
         i. Anna Christina * 13.11.1751 Oberbexbach + 14.11.1751 dort.
         ii. Catharina Charlotta * 17.07.1753 Oberbexbach + 07.03.1755 dort.
         iii. Maria Elisabetha * 04.04.1755 Oberbexbach.
         iv. Catharina Salome * 15.09.1757 Oberbexbach.

         oo (2) Anna Angelina Müller

3. Jakob Daniel * 11.11.1726 Oberbexbach.
1752 ausgewandert nach Pennsylvania


Der Begriff „das französische neue Land“ taucht im Konzept eines Schreibens zweier Männer auf, die 1766 an die Obrigkeit schreiben.

In Oberbexbach sind ein paar Jahre nach dem Tod der Eltern (1763 und 1764) die Tochter mit Ehemann und ihr jüngerer Bruder mit zweiter Ehefrau und zwei Töchtern aus erster Ehe ohne Genehmigung ausgewandert, worauf ihr Vermögen konfisziert wurde. Andreas Zwalla und Jacob Bach aus Oberbexbach bezeichnen sich in diesem Entwurf als Vormünder der beiden Töchter und bitten darum, das anteilige Vermögen der Mädchen vor allem am Erbe ihrer vorverstorbenen Mutter von der Konfiszierung auszunehmen. Der Entwurf ist nicht datiert.

„Andreas Zwalla und Jacob Bach, beide von Oberbexbach, Vormündern über das vor zwei Jahren ins französische Land entwichenen Theobald Scherers von da Kinder 1. Ehe zwei Töchter von zehn und sieben Jahren, erzeugt mit Maria Elisabeth Bachin aus der Altstadt bitten um Aufhebung der Confiscation des mütterlichen Erbtheils, solches im Fall, sie wiederkommen sollten denen selben auf zu behalten.

Durchlauchtigster Fürst, gnädiger Herr.
Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden. Die aus der ersten Ehe vorhandenen Kinder Maria Elisabetha und Catharina Salome (zu deren Vormündern wir Endes unterschriebenen unterthänigst gehorsamste Knechten constituieret sind)  sind dem Vatter ihrem zarten Alter von etwa Zehn und sieben Jahren gefolget, und ist dann das Vatters ganzes Vermögen nach hoher Verordnung confiscirt worden. Auch dieser Kinder ihres mit darunter begriffen, da aber diese unschuldige Kinder nicht als entwichen, sondern als entführt zu betrachten und desfalls nicht mit ihrem Vatter gleich strafbar sind, so haben wir unsere Pflichten genug zu tun.

Ewh. Hochfürstl. Durchlaucht unterthänigst gehorsamst imploriren [ein Gesuch stellen], sollen die Confiscation, so viel das mütterliche Erbtheil dieser unschuldigen Kinder erträgt gnädigst wieder auf zu heben und dasselbe unserer Admininstration zu überlassen, biß diese Kinder mehr erwachsen ihr Vatterland wieder zu sehen und zu ihrem rechtmäßigen Erbtheil gelangen im Stande seyn werden. Die angeführte Unschuld dieser Entführten unterstützet unser unterthänigst gehörsamstes Bitten genügsam. Daß wir uns Gnädigster Erhörung getrösten können. Die wir in tiefster Submission beharren.“

Fragt sich, ob die beiden Vormünder ins „Blaue“ schreiben oder ob tatsächlich in Kontakt mit der ausgewanderten Familie steht.

Um 1772 wendet sich der Bruder an seinen jüngeren Bruder Jakob Daniel, der 1751 nach Pennsylvania offiziell ausgewandert ist. Dieser Brief ist in einer amerikanischen genealogischen Zeitschrift abgedruckt worden. Ich weiß von ihm aber erst seit vergangener Woche, als zwei Amerikaner hier waren, deren Vorfahr besagter Daniel Scherer war. Sie werden in vier Wochen wieder zuhause sein, dann werden wir versuchen, den Ursprung des Briefes zu ermitteln. Und vielleicht erfahren, von wo aus er weggeschickt wurde.

Spannend.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] AW: das "französi sche neue Land" 1766

Date: 2022/09/15 21:38:28
From: alphonse wagner via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>


hallo Roland,

Könnte es sich um Lothringen handeln ?


Gruss
Alphonse


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Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net <regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net> im Auftrag von Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>
Gesendet: Donnerstag, 1. September 2022 12:02
An: 'Roland Geiger via Regionalforum-Saar' <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766
 

Völlig unmaßgeblich und laienhaft kommen mir leichte Zweifel bei „Kanada“. Französisches „neues“ Land gab es um 1763 (Pariser Frieden zw. England, Spanien und Frankreich) auch noch in der Karibik und im Golf von Mexiko (z.B. La NOUVELLE Orléans!) Da wär die Reise wohl über Bordeaux gegangen, das gute Beziehungen nach „St. Domingue“ hatte …

Michael Franz (Schiffweiler)

 

Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar

Gesendet: Mittwoch, 31. August 2022 23:23
An: saarland-l(a)genealogy.net; Pfalz-L; regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766

 

Guten Abend,
in einer Akte der Waisenschreiberei Ottweiler im Landesarchiv Saarbrücken stieß ich auf diesen Eintrag:

„Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden.“

Das Schreiben ist leider nicht datiert, muß aber in der Zeit zwischen 1764 und 1770 geschrieben worden sein. Kann sich jemand etwas unter diesem „französischen neuen Land“ vorstellen?

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Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger





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Roland Geiger

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Roland Geiger
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[Regionalforum-Saar] Kirchenrechnungen, Barbiere und der Arzneischatz

Date: 2022/09/19 17:07:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Heuer sind unter dem o.a. Titel fünf Vorträge des Seminars „Vertiefende Familienforschung“ am 23. und 24. Oktober 2021 auf der Ebernburg zum Nachlesen erschienen.

Das sind die Artikel:

Markus Detemple
Die Nassau Saarbrückischer Chirurgen- und Barbierzunft

Dr. Helmut Priewer
Der Arzneischatz von damals aus heutiger Sicht

Dr. Wolfgang Hoppe
Genealogie jüdischer Familien im mittleren Selztal

Dominikus Heckmann
Beispiele und Erklärungen zum Genealogischen Ordnungssystem „HID“

Roland Geiger
Die katholischen Kirchenrechnungen von St. Wendel

Das Büchlein hat 140 Seiten und erscheint broschiert vollfarbig in DinA5.

Bestellt werden kann es direkt bei mir für 15 Euro pro Exemplar plus 1,60 Euro für den Versand innerhalb Deutschlands.
Erste Auflage: 20 Stück.

Roland Geiger
Schreiben: alsfassen(a)web.de

[Regionalforum-Saar] Rezension: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung

Date: 2022/09/19 20:36:13
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Autoren Florian Grotz; Wolfgang Schroeder
Erschienen Wiesbaden 2021: Springer
Anzahl Seiten VIII, 472 S.
Preis € 24,99
ISBN 978-3-658-08637-4

Inhalt siehe meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-75302.pdf

Rezensiert für H-Soz-Kult von Michael Ruck, Seminar für Politikwissenschaft und Politikdidaktik, Europa-Universität Flensburg

Das vor der Jahrtausendwende viel beschworene „Ende der Geschichte“ hat sich nicht ereignet. Stattdessen ist allenthalben spürbar, dass wir in einer Epoche tiefgreifend beschleunigten Wandels leben. Der Begriff „Zeitenwende“ wird mittlerweile inflationär verwendet. Wahlweise richtet sich der besorgte Blick dabei auf den globalen Klimawandel, innerstaatliche und transnationale Migrationsströme, pandemische Bedrohungen von Leben und Gesundheit, die Rückkehr des großflächigen Angriffskrieges als Instrument zwischenstaatlicher Machtpolitik nach Europa, die Krise erdumspannender Wirtschafts- und Finanzbeziehungen oder die Schwächung der europäischen und globalen Governance im Zuge einer tendenziellen Desintegration internationaler und supranationaler Institutionen.

Auch im binnenstaatlichen Kontext vollzieht sich hierzulande eine beschleunigte Transformation von gesellschaftlich-kulturellen Werten, Einstellungen und Konventionen wie von politisch-ökonomischen Regeln, Prozeduren und Institutionen. Durchgängig ist dabei eine Renaissance des Staates im Allgemeinen und der Exekutive als dominanter Agent einer umfassend definierten Daseinsvorsorge im Besonderen zu beobachten.

Eine Begleiterscheinung des multiplen Wandels in „dynamischen Zeiten“ ist die progressive Entwertung überkommenen Wissens und bisheriger Gewissheiten. Als Thesaurus gesicherter Wissensbestände sind wissenschaftliche Lehrbücher und Nachschlagewerke ein probater Indikator für diesen beschleunigten Verlust kulturellen Kapitals. Insbesondere gilt das für sozialwissenschaftliche Disziplinen. Deren Erkenntnisgegenstand „Gesellschaft“ transformiert sich gleichsam fortlaufend vor ihren Augen. Hier ist mithin das Risiko am größten, mit synthetischen Bestandsaufnahmen auf den Markt zu kommen, deren Halbwertszeit schmerzlich gegen Null tendiert. Diese bittere Erfahrung haben etwa vor gut drei Jahrzehnten jene Autoren machen müssen, welche zum 40-jährigen Gründungsjubiläum der weiland DDR Gesamtdarstellungen publiziert haben, deren Gegenstand dann binnen weniger Monate aus der realen Welt verschwand.

Eingedenk dessen liegt es nahe, das mitten in der Corona-Krise und kurz vor dem Ukraine-Krieg erschienene Hand- und Lehrbuch zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland vor allem auch unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob das Werk neben gültigem Gegenwartswissen einen tendenziell wachsenden Anteil nurmehr zeithistorisch beachtlicher Erkenntnisse vermittelt.

Beide Autoren verfügen über ein besonderes Sensorium für diese Problematik. Florian Grotz, Professor für Politikwissenschaft, insbesondere Vergleichende Regierungslehre an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg, und Wolfgang Schroeder, Professor für das Politische System der BRD – Staatlichkeit im Wandel an der Universität Kassel, sind nicht nur als profunde Kenner des deutschen Regierungssystems im europäischen Kontext hervorgetreten. Ihre Werdegänge und ihr ebenso umfang- wie facettenreiches Œuvre weisen sie als Protagonisten einer historisch-genetischen Erkenntnisperspektive innerhalb der Politikwissenschaft aus.

Generell liefert das umfangreiche, übersichtlich gegliederte und gut lesbare Handbuch zuverlässig den versprochenen „theoretisch und empirisch fundierten Überblick über die politischen Institutionen und Prozesse“ – also „polity“ und „politics“ – der zweiten deutschen Republik unter den Auspizien von nationaler Wiedervereinigung und supranationaler Europäisierung. Berechtigterweise wird der Blick dabei immer wieder auf die spezifischen Funktionsweisen des deutschen wie des Mehrebenensystems der EU gelenkt. Denn die „doppelte Politikverflechtung“ (Fritz W. Scharpf) prägt nun schon seit Jahrzehnten maßgeblich das Regieren in Deutschland.

Nach einer konzisen Einführung in die konzeptionellen Grundlagen „zwischen Mehrheits- und Konsensdemokratie“ sowie einem gerafften Überblick über die historische Entwicklung der Bonn-Berliner Republik behandeln die beiden Autoren in jeweils gesonderten Kapiteln kenntnisreich und stringent das deutsche Grundgesetz, Deutschland im Prozess der europäischen Integration, das föderalstaatliche System, die Grundregeln der repräsentativen Demokratie, den intermediären Raum mit Parteien, Verbänden und Medien, die Organe des gewaltenteiligen Staates Bundestag, Bundesregierung, Bundespräsident, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht sowie in ihren Grundzügen die Regierungssysteme der deutschen Länder und die kommunale Selbstverwaltung. Abschließend ziehen Grotz und Schroeder unter der Fragestellung „Resiliente Demokratie?“ ein nachdenkliches Fazit der „Performanz des politischen Systems der Bundesrepublik“, das in prononcierte Vorschläge zur „Stärkung demokratischer Resilienz“ mündet.

Alle genannten Abschnitte sind in instruktive Sachbeiträge und ein problemorientiertes Fazit gegliedert, dessen aussagekräftige Überschrift die jeweilige Hauptspannungslinie in Frageform prägnant verdeutlicht – beispielweise: „Flexibler oder rigider Verfassungsrahmen?“; „Funktionale Arbeitsteilung oder immobile Staatsorganisation?“; „Leistungsfähiges Parlament oder marginalisierte Instanz?“; „Balance von exekutiver Gestaltungsmacht und Integrationsfähigkeit?“; „Neutraler Verfassungshüter oder politischer Gestalter?“; „Keimzelle der Demokratie oder Krise der Selbstverwaltung?“.

Hervorzuheben ist das durchgängig erkennbare Bemühen der beiden Autoren, den auf Carl Schmitt zurückgehenden Dualismus von „Verfassung und Verfassungswirklichkeit“ in ihre Darlegungen einzubeziehen. Denn die unauflösbare Spannung von konstitutionellen Normvorgaben, justizieller Normenauslegung und Normenzurichtung im Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des laufenden Politikbetriebs erzeugt jene konfliktträchtige Dynamik, welche gegenwärtig einen neuen Veränderungsschub des Gesamtsystems voranzutreiben scheint.

Ein hervorstehendes Merkmal dieser Gegenwartsentwicklung unter den Auspizien einander überlagernder Großkrisen ist das hyperpragmatische Krisenreaktionshandeln staatlicher Akteure während der sich jagenden „Stunden der Exekutive“. Dieser tiefgreifende Strukturwandel der politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse („politics“) hat ersichtlich seinen Preis. Generell wird eingespielte Gewaltenteilung fortlaufend auf harte Proben gestellt. Und im tagespolitischen Geschäft der inhaltlichen „Policy“-Produktion lassen hektische Kurswechsel die Profile nicht nur der (ehemaligen) „Volksparteien“, sondern auch der aufstrebenden Konkurrenz aus dem Umfeld der Neuen Sozialen Bewegungen mehr und mehr verschwimmen. Dazu vermittelt eine gleich klingende Begleitrhetorik („Framing“) den irritierenden Eindruck programmatischer Konvergenz. Das erschwert es den Parteistrategen einerseits, gegen die grassierende Apathie der Anhänger- und Wählerschaft zu mobilisieren. Andererseits sind sie ständig in Versuchung, sich unvermittelt von aktivistischen Minderheiten und deren medialen Unterstützern kampagnenhaft zu situativem und proaktivem Handeln treiben zu lassen.

Das rezente „Corona-Notstandsregime“ könnte eine neue Qualität dieser Entwicklung markieren. Im „Krieg gegen das Virus“ haben politische und administrative „Durchgreifer“ und „Macher“ im Frühjahr 2020 mit Unterstützung mehr oder minder gouvernementaler Medien und größerer Teile des verunsicherten Publikums in der „Stunde der Exekutive“ mit maßnahmestaatlicher Entschlossenheit und Härte eine maximalistische Ad-hoc-„Strategie“ verfolgt. Im laufenden „Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe“ werden zwar längerfristige Etappenziele auf dem Weg zur klimaneutralen Transformation propagiert. Deren planmäßige und schrittweise Ansteuerung wird jedoch durch „klimaalarmistische“ Forderungen überlagert und teils auch konterkariert, ohne Rücksicht auf anderweitige Verluste drastische Sofortmaßnahmen zu ergreifen.

Die kumulativen Wirkungen dieser Krisen werden seit dem Frühjahr 2022 noch potenziert durch die aktuellen und noch gar nicht absehbaren Implikationen des Krieges in der Ukraine. Was die derzeitige Rhetorik des multiplen Ausnahmezustands, dessen Gebieter nach einer bekannten Sentenz Carl Schmitts wahrhaft souverän ist, für die planende Gestaltung künftiger Politik und für das Verhältnis von politischer Verwaltung und wissenschaftlicher Expertise längerfristig bedeuten, muss sich erst noch erweisen.

Grotz und Schroeder zeigen sich in ihren „Zehn Thesen zur Performanz des politischen Systems der Bundesrepublik“ verhalten zuversichtlich, dass hierzulande auch die dramatischen Herausforderungen der Gegenwart und näheren Zukunft erfolgreich bewältigt werden können. Grundlage dieser günstigen „Resilienz“-Prognose ist ihr Befund, dass das „bundesdeutsche Regierungssystem unter Druck“ zwar ersichtlich unter „abnehmende[r] Performanz“ leide, seine vitalen Aufgaben indessen bei „fortdauernder institutioneller Stabilität“ weiterhin zureichend erfülle (S. 407). Das gelte auch für die gebeutelten Hauptakteure im intermediären Raum. Sowohl die etablierten Parteien als auch die klassischen Verbände seien nach wie vor in der Lage, ihren unabdingbaren Beitrag zum Funktionieren der „grundlegenden Willensbildungs- und Entscheidungsmechanismen des deutschen Regierungssystems“ mit hinreichender Stabilität und Zuverlässigkeit zu leisten (S. 415) – allen angesprochenen Performanzproblemen im deutschen und europäischen Mehrebenensystem (Kommunen – Länder – Bund – EU) zum Trotz.

Gleichwohl konstatieren die beiden Autoren abschließend „konkrete(n) Handlungs- und Reformbedarf, um die Resilienz der handelnden Individuen, Organisationen und Institutionen zu erhöhen“ (S. 423). Dazu formulieren sie drei dezidierte Hauptforderungen (S. 424): „Erstens muss die breite Mehrheit der Gesellschaft positiv zum politischen System eingestellt sein. […] Zweitens müssen die Institutionen der systemnotwendigen Leistungserbringung die an sie gerichteten Anforderungen erfüllen. […] Drittens bedarf es eines breit aufgestellten, demokratiefreundlichen Mediensystems und seiner aufgeklärten Nutzung durch die Bürgerinnen.“

Die praktisch-politischen Konsequenzen dieses ambitionierten Programms können auch in einer umfangreichen Einführung nicht im Einzelnen diskutiert werden. Das ebenso profunde wie meinungsstarke Werk liefert jedoch auf der Höhe der Zeit eine solide Grundlage für intensive Seminardiskussionen.

Zitation
Michael Ruck: Rezension zu: Grotz, Florian; Schroeder, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. Wiesbaden 2021: ISBN 978-3-658-08637-4, , In: H-Soz-Kult, 19.09.2022, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-114382>.

[Regionalforum-Saar] Die Kriegsereignisse vor Saarbr ücken im Herbst 1793 nach den Berichten dreier Augenzeugen

Date: 2022/09/22 20:57:03
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Salve,

am nächsten Dienstag , 27. September 2022, ab 16.30 Uhr findet das allmonatliche Treffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde (ASF) im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken statt.

Gegen halb sechs wird der Vorsitzende einige Mitteilungen an die versammelte Gemeinde richten, dann hält Markus Detemple den folgenden Vortrag:

"Die Kriegsereignisse vor Saarbrücken im Herbst 1793 nach den Berichten dreier Augenzeugen."

Im Herbst 1793 verlagerten sich die Kämpfe zwischen den deutschen Koalitionstruppen und der französischen Armee für mehrere Wochen vor die Tore von St. Johanns bei Saarbrücken. Auf deutscher Seite befehligte der spätere Feldmarschal von Blücher als Oberst ein Bataillon des preußischen Ulanenregiments von Goltz. In seinen zwei Jahre später niedergeschriebenen Erinnerungen zu seinen Erlebnissen in den Kriegsjahren 1793/94 berichtet er auch von seiner Zeit vor St. Johann. Ergänzt werden die Erinnerungen Blüchers durch die Aufzeichnungen des St. Johanner Gastwirts Georg Ludwig Firmont und des Schuljungen Christian Friedrich Handel aus St. Arnual, die als Bürger einer belagerten Stadt bzw. als Einwohner eines zwischen den Fronten liegenden Dorfes einen anderen Blick auf die Ereignisse hatten als der Offizier.

Dazu ist der Eintritt frei, und jederman (ob im Verein oder nicht) ist zur Teilnahme eingeladen.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Gabs in Püttlingen ein Gastha us "Zum Pflug" oder so ähnlich?

Date: 2022/09/23 11:53:10
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Hallo,

ich übersetze gerade einen englischsprachigen Artikel über Glasbläser im Warndt, der im November im SFK der ASF erscheinen soll.


Die Autorin hat in den Taufeinträgen der Evangelischen Pfarrei Malstadt recherchiert:

„Neben Paten oder Paten finden sich in zahlreichen Einträgen weitere Personen, darunter ein Schreiber, ein Schmiede, ein Apotheker, ein Wundarzt, der „Hofwildhüter“ und „ein königlicher Hofmusiker im Haus des Prinzen (Fürsten?) von Saarbrücken" und ein Förster "für Seine Gnaden Graf von Wied-Runkel von Püttlingen" sowie ein Bäcker, ein Metzger und der Besitzer von "The Plough Tavern".“

Mit geht es um die Gastwirtschaft „Zum Pflug“ oder so ähnlich, die im 18. Jahrhundert in oder bei Püttlingen gelegen haben muß.

Weiß jemand etwas darüber?

--
Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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[Regionalforum-Saar] Krieg oder Frieden?

Date: 2022/09/26 10:47:30
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Morgen,

wir leben in einer Zeit, in der mit statistischen Auswertungen und darauf basierenden Mutmaßungen (gerne „Prognosen“ genannt) hantiert wird, auf deren Basis wir dann unser Leben gestalten. Aber was wissen wir eigentlich genau?

Im Moment lese ich zum zweiten Mal Yuval Noah Hararis Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“. Darin stieß ich im Teil 1 „Die kognitive Revolution“ im Kapitel 3 „Ein Tag im Leben von Adam und Eva“ in Unterkapitel „Krieg oder Frieden?“ auf eine interessante Zahl, die durch den Kontext noch interessanter wird. Also habe ich mir erlaubt, dieses Unterkapitel zu scannen und durch OCR (Texterkennung) hier einzustellen.

Im ganzen 1. Teil geht es um den Homo Sapiens, den der Autor nur „Sapiens“ nennt, vor gut 9.000 Jahren. Er hat sich in der Regel noch nicht niedergelassen, noch keine Orte oder gar Städte gebildet und lebt noch nicht von der Landwirtschaft, sondern schlägt sich als Jäger und Sammler durchs Leben. Harari nennt ihn deshalb „Wildbeuter“.

„Und dann ist da noch die heikle Frage nach dem Krieg. Einige Wissenschaftler beschreiben die Welt der Jäger und Sammler als Paradies und behaupten, Krieg und Frieden begannen erst mit der landwirtschaftlichen Revolution, als die Menschen anfingen, Privatbesitz anzuhäufen. Andere Wissenschaftler beschreiben die steinzeitliche Welt dagegen als ausgesprochen grausam und blutig. Beide Theorien sind Luftschlösser, die auf mageren archäologischen Funden und der Beobachtung moderner Jäger und Sammler errichtet werden.

So verlockend die Erkenntnisse moderner Anthropologen sind, sie sind mit Vorsicht zu genießen. Die heutigen Wildbeuter leben vor allem in entlegenen und unwirtlichen Regionen wie der Arktis oder der Kalahari, wo die Bevölkerungsdichte gering und die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit Feinden entsprechend klein ist. Vor allem unterstehen die Jäger und Sammler in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend der staatlichen Aufsicht, die den Ausbruch großer Konflikte unterbindet.

Nur zweimal hatten Anthropologen die Möglichkeit, große und relativ dichte Populationen von unabhängigen Jägern und Sammlern zu beobachten: Im 19. Jahrhundert im Nordwesten Nordamerikas und im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Nordaustralien. Auf beiden Kontinenten berichteten die Anthropologen von zahlreichen bewaffneten Konflikten zwischen Gruppen von Wildbeutern.

Auch die archäologischen Funde sind rar und nur bedingt aussagekräftig. Welche Hinweise gibt es, dass vor 30 000 Jahren irgendwo ein Krieg stattgefunden haben könnte? Damals gab es keine Festungen und Mauern, keine Granaten und Schwerter. Aus heutiger Sicht lässt sich nicht mehr sagen, ob ein Speer zur Jagd oder im Krieg verwendet wurde. Fossile Knochenfunde sind genauso schwer zu deuten. Ein Knochenbruch könnte genauso gut von einem Unfall herrühren wie von menschlicher Gewalt. Umgekehrt ist das Fehlen von Knochenverletzungen noch kein Beweis für einen friedlichen Tod:

Der Betroffene könnte aber auch an Fleischwunden gestorben sein, die keine Spuren am Skelett hinterlassen haben. Dazu kommt, dass vor der Industrialisierung rund 90 Prozent aller Kriegsopfer nicht durch Waffeneinwirkung, sondern durch Hunger, Kälte und Krankheit ums Leben kamen. Stellen wir uns vor, dass vor 30 000 Jahren eine Gruppe eine andere besiegte und aus den begehrten Jagdgründen vertrieb. Im entscheidenden Kampf werden zehn Angehörige des unterlegenen Stamms getötet. Im folgenden Jahr sterben weitere Hundert an Hunger, Kälte und Krankheiten. Wenn Archäologen diese no Skelette finden, kommen sie vermutlich zu dem Schluss, dass die meisten von einer Naturkatastrophe dahingerafft wurden. Wer käme schon auf den Gedanken, dass sie Opfer eines erbarmungslosen Krieges geworden sein könnten?

Nach dieser Warnung können wir uns nun den archäologischen Funden zuwenden. In Portugal wurden vierhundert Skelette aus der Zeit unmittelbar vor der landwirtschaftlichen Revolution untersucht. Nur zwei davon zeigten eindeutige Spuren der Gewalteinwirkung. In Israel wurde bei einer Untersuchung von ebenfalls vierhundert Skeletten nur ein einziger Schädelbruch entdeckt, der sich auf menschliche Gewalt zurückführen ließ.

Bei einer Untersuchung von vierhundert Skeletten aus dem Donautal fanden Wissenschaftler die Fälle von Gewalteinwirkung. Auch das mag noch überschaubar klingen, in Wirklichkeit ist es jedoch eine ganze Menge. Wenn tatsächlich alle die eines gewaltsamen Todes gestorben sind, dann würde das hochgerechnet bedeuten, dass rund 4,5 Prozent aller Menschen im Donautal von ihren Mitmenschen ins Jenseits befördert wurden. Heute liegt der Durchschnitt weltweit bei 1,5 Prozent, Kriege und Verbrechen zusammengenommen.

Im gesamten 20. Jahrhundert starben nur rund 5 Prozent aller Menschen eines gewaltsamen Todes - und das trotz zweier Weltkriege, eines chinesischen Bürgerkriegs, des Holocausts, des Völkermords an den Armeniern und Dutzender anderer Kriege und Völkermorde von Kambodscha bis zum Kongo, von Vietnam bis Ruanda. Das Donautal der Steinzeit war offenbar genauso blutig wie das 20. Jahrhundert. [Dem könnte man entgegenhalten, dass die die Bewohner des Donautals möglicherweise nicht an den Auswirkungen der Gewalt starben, deren Spuren sich an ihren Skeletten fanden. Einige wurden vielleicht nur verletzt. Diese Zahl wiegt jedoch vermutlich die Zahl derjenigen auf, die an Fleischwunden und sonstigen unsichtbaren Kriegsfolgen starben.]

Die schaurigen Funde aus dem Donautal werden durch eine Reihe ähnlich deprimierender Entdeckungen in anderen Regionen gestützt. Im sudanesischen Jebel Sahaba wurde ein 12 000 Jahre alter Friedhof mit 59 Skeletten gefunden. In 24 Fällen (oder 40 Prozent der Toten) wurden Pfeil- und Speerspitzen in oder neben den Knochen gefunden. Das Skelett einer Frau wies zwölf Verletzungen auf.

In den Ofnethöhlen am Kraterrand des Nördlinger Ries fanden Archäologen 33 Schädel, vor allem von Frauen und Kindern, die in zwei Gruben geworfen worden waren. Die Hälfte der Schädel, auch die der Kinder und Säuglinge, wiesen eindeutige Hieb- und Stichspuren auf. Die wenigen Schädel der älteren Männer waren am schlimmsten zugerichtet. Mit großer Wahrscheinlichkeit war hier eine ganze Gruppe von Wildbeutern massakriert worden. Aber was entspricht denn nun der Welt der steinzeitlichen Jäger und Sammler: die friedlichen Skelette aus Israel und Portugal oder die Schlachthöfe von Jebel Sahaba und der Ofnethöhlen?

Die Antwort lautet: Weder das eine noch das andere. Genau wie sich die Jäger und Sammler hinsichtlich ihrer Religionen und gesellschaftlichen Strukturen erheblich unterschieden, gab es offenbar auch große Differenzen bei der Gewalt. Einige Regionen scheinen in Frieden und Harmonie gelebt zu haben, andere scheinen von blutigen Konflikten heimgesucht worden zu sein.“

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Das neue französische Land, Nachtrag.

Date: 2022/09/27 22:31:06
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Guten Abend,

letztens hatte ich von den beiden Familien Scherer und Clemens geschrieben, die in den 1760ern ins neue französische Land ausgewandert sind.

Mittlerweile habe ich die Akte ganz abgeschrieben. Darin fand sich dieses Papier:

„die genüßliche Güther= Versteigerung derer heimlich außer Landes entwichenen Matthias Clemens und Georg Theobald Scherer von Oberbexbach, wie auch nun im wie auch Johannes Kölsch und Johann Nickel Harig jun: von Wiebelskirchen betreffend“, datierend 25. Juni 1766.

Heute im Landesarchiv fand ich nichts über Johannes Kölsch, aber eine Akte über den jungen Johann Nickel Harig, ebenfalls in der Waisenschreiberei Ottweiler:

[Wais.OTW 3529-3434]

„Weilen auf den Heiligen Tag Nach Stehentes Ver Mögen
Von der Maria Catharina schleyin Ver heiratet an Johannickel
Harig, Welcher in aMerica gezogen, worüber der Philipp
Harig Vor Mund ist, diese Ver Steigung …“

An anderer Stelle in gleicher Akte erfahren wir sogar das ungefähre Datum:

„Da sich inzwischen von der heimlichen Emigrirung
des Johann Nickel Harigs und dessen Ehefrau
Maria Catharina gebohr. Schleyin acta
Judicala de anno 1768 vorgefunden
und beyde Eheleute nach des Mayers An=
zeuge vom 16n May 1766
damalen heimlich
emigrit sind, …“

Also sind sie nach Amerika ausgewandert.
Aber - und da kommt das neue französische Land hinzu - nicht in die USA, denn die gab es 1766 noch gar nicht, denn deren späteres Territorium war 1766 noch britische Kronkolonie (bzw. Kolonien).

Wenn das Schriftstück 1766 also von „America“ spricht, kann nur der Kontinent gemeint sein. Und wenn es vom „neuen französischen Land“ spricht, kann nur „Neufrankreich“ gemeint sein, womit die ehemaligen Besitzungen Frankreichs in Nordamerika bezeichnet wurden. Aber nicht mehr 1766. Denn schon 1763 wurde der letzte Rest des heutigen Kanada von den Briten erobert und besetzt.

Ein Teil dort oben aber weigerte sich - und weigert sich bis heute -, die Autorität der Engländer anzuerkennen. Das ist die Provinz Quebec mit der Hauptstadt Montreal, deren Amtssprache heute noch das Französische ist.

Dort müßte man die Familien Harig, Kölsch, Scherer und Clemens suchen.

Ergebenst

Roland Geiger

PS: Den Brief Georg Theobald Scherers an seinen Bruder Jacob Daniel Scherer in Pennsylvania von Anfang der 1770er Jahre habe ich noch immer nicht. Eine gewisse Restunschärfe bleibt also.

[Regionalforum-Saar] http://gk.historic.place/

Date: 2022/09/28 15:41:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Salve,

bestimmt renne ich damit offene Türen bei manchen von Euch ein. Das Risiko nehme ich in Kauf.

Eben weist mich Stefan Handfest auf diese Website hin:

=> http://gk.historic.place/

Wenn Ihr sie anklickt, öffnet sich eine Weltkarte (erstmal in English).
Über den Punkt „Here is the map“ (obere Mitte direkt unter dem RI von „Historic“) könnt Ihr Eure Sprache auswählen.

Oder Ihr bleibt im Englischen und klickt einfach auf den kleinen Globus.
Ein neues Fenster öffnet sich und zeigt einen Ausschnitt der Erde mit Blick auf Europa. Keine Panik, die anderen Gegenden der Erde sind auch da - die lassen sich mit der Maus herbeiziehen.

Zoomen geht mir dem Rädchen an Eurer Maus, also zoomt bitte mal in die Karte hinein. Und schon seht Ihr, um was es bei diesem System geht. Auf der Karte sind überall dort, wo jemand meinte, etwas eintragen zu müssen, Stellen markiert, an denen Geschichte in irgendeiner Form stattgefunden hat.

Tiefer eingestiegen bin ich noch nicht, aber hier gibt es viel zu entdecken.

In den USA gibt es lange nicht so viele Einträge (es muß halt jemand machen), aber dafür sind dort die politischen Grenzen super zu erkennen. Vom Staat zum County und zur Township mit ihren Grenzen, darunter die Orte etc. und die Häuser mit ihren Hausnummern.

Hab mir natürlich gleich das Steuben County, New York, und das Village of Wayland angeschaut, weil dort viele „meiner“ Auswanderer auf dem Friedhof liegen und zahlreiche unserer Freunde wohnen. Toll.

Schaut’s Euch mal an.

Roland Geiger