Date: 2022/09/01 05:18:41
From: Bernd Brill <bernd.brill(a)brill-architektur.de>
Hallo Roland Das müsste Kanada sein Grüße Bernd Von meinem iPhone gesendet Am 31.08.2022 um 23:23 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:
|
Date: 2022/09/01 11:28:10
From: Horst Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
in einer Akte der Waisenschreiberei Ottweiler im Landesarchiv Saarbrücken stieß ich auf diesen Eintrag:
„Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit seiner zweiten Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten französischen neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt erklärt worden.“
Das Schreiben ist leider nicht datiert, muß aber in der Zeit zwischen 1764 und 1770 geschrieben worden sein. Kann sich jemand etwas unter diesem „französischen neuen Land“ vorstellen?
--
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
--
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
--------------------
Roland Geiger
Historische Forschung
Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Tel. 06851-3166
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_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2022/09/01 12:02:41
From: Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>
Völlig unmaßgeblich und laienhaft kommen mir leichte Zweifel bei „Kanada“. Französisches „neues“ Land gab es um 1763 (Pariser Frieden zw. England, Spanien und Frankreich) auch noch in der Karibik und im Golf von Mexiko (z.B. La NOUVELLE Orléans!) Da wär die Reise wohl über Bordeaux gegangen, das gute Beziehungen nach „St. Domingue“ hatte … Michael Franz (Schiffweiler) Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar Guten Abend, -- |
Date: 2022/09/07 09:19:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
zunächst will ich mich bedanken bei allen, die ihre Ideen zu
meiner Anfrage
kundgetan haben.
Um diese Familie geht es:
Johann Nikolaus Scherer
S.v. Johann Georg Scherer und Anna Katharina Groß
* 16.04.1685 Ottweiler + 20.02.1764 Oberbexbach
oo 29.09.1712 Waldmohr
Maria Katharina Moll
T.v. Lucas Moll und Susanna Russy
* ca. 1690 Kirkel Limbach + 15.11.1763 Oberbexbach.
Kinder von Johann Scherer und Maria Moll sind:
1. Susanna Margaretha *
29.09.1712 -
1721 unbekannter Ort
oo 26.02.1744 Matthias Clemens
2. Georg Theobald * 01.09.1722 Oberbexbach
oo (1) 13.04.1751
Reformierte
Kirche Homburg
Maria Elisabeth
Catharina Bach
* ca. 20.12.1729
Altstadt +
16.10.1757 Oberbexbach
Kinder von Georg
Scherer und
Maria Bach sind:
i. Anna Christina
* 13.11.1751
Oberbexbach + 14.11.1751 dort.
ii. Catharina
Charlotta *
17.07.1753 Oberbexbach + 07.03.1755 dort.
iii. Maria
Elisabetha *
04.04.1755 Oberbexbach.
iv. Catharina
Salome * 15.09.1757
Oberbexbach.
oo (2) Anna
Angelina Müller
3. Jakob Daniel * 11.11.1726 Oberbexbach.
1752 ausgewandert nach Pennsylvania
Der Begriff „das französische neue Land“ taucht im Konzept eines
Schreibens
zweier Männer auf, die 1766 an die Obrigkeit schreiben.
In Oberbexbach sind ein paar Jahre nach dem Tod der Eltern (1763
und 1764) die
Tochter mit Ehemann und ihr jüngerer Bruder mit zweiter Ehefrau
und zwei
Töchtern aus erster Ehe ohne Genehmigung ausgewandert, worauf ihr
Vermögen
konfisziert wurde. Andreas Zwalla und Jacob Bach aus Oberbexbach
bezeichnen
sich in diesem Entwurf als Vormünder der beiden Töchter und bitten
darum, das
anteilige Vermögen der Mädchen vor allem am Erbe ihrer
vorverstorbenen Mutter
von der Konfiszierung auszunehmen. Der Entwurf ist nicht datiert.
„Andreas Zwalla und Jacob Bach, beide von Oberbexbach, Vormündern
über das vor
zwei Jahren ins französische Land entwichenen Theobald Scherers
von da Kinder
1. Ehe zwei Töchter von zehn und sieben Jahren, erzeugt mit Maria
Elisabeth
Bachin aus der Altstadt bitten um Aufhebung der Confiscation des
mütterlichen
Erbtheils, solches im Fall, sie wiederkommen sollten denen selben
auf zu
behalten.
Durchlauchtigster Fürst, gnädiger Herr.
Es ist vor einigen Jahren Theobald Scherer von Oberbexbach mit
seiner zweiten
Frau und Kindern heimlich entwischen und nach dem sogenannten
französischen
neuen Land gezogen; deßwegen dann auch sein Vermögen confiscirt
erklärt worden.
Die aus der ersten Ehe vorhandenen Kinder Maria Elisabetha und
Catharina Salome
(zu deren Vormündern wir Endes unterschriebenen unterthänigst
gehorsamste
Knechten constituieret sind) sind
dem
Vatter ihrem zarten Alter von etwa Zehn und sieben Jahren
gefolget, und ist
dann das Vatters ganzes Vermögen nach hoher Verordnung confiscirt
worden. Auch
dieser Kinder ihres mit darunter begriffen, da aber diese
unschuldige Kinder
nicht als entwichen, sondern als entführt zu betrachten und
desfalls nicht mit
ihrem Vatter gleich strafbar sind, so haben wir unsere Pflichten
genug zu tun.
Ewh. Hochfürstl. Durchlaucht unterthänigst gehorsamst imploriren
[ein Gesuch
stellen], sollen die Confiscation, so viel das mütterliche
Erbtheil dieser
unschuldigen Kinder erträgt gnädigst wieder auf zu heben und
dasselbe unserer
Admininstration zu überlassen, biß diese Kinder mehr erwachsen ihr
Vatterland
wieder zu sehen und zu ihrem rechtmäßigen Erbtheil gelangen im
Stande seyn
werden. Die angeführte Unschuld dieser Entführten unterstützet
unser
unterthänigst gehörsamstes Bitten genügsam. Daß wir uns Gnädigster
Erhörung
getrösten können. Die wir in tiefster Submission beharren.“
Fragt sich, ob die beiden Vormünder ins „Blaue“ schreiben oder ob
tatsächlich
in Kontakt mit der ausgewanderten Familie steht.
Um 1772 wendet sich der Bruder an seinen jüngeren Bruder Jakob Daniel, der 1751 nach Pennsylvania
offiziell
ausgewandert ist. Dieser Brief ist in einer amerikanischen
genealogischen
Zeitschrift abgedruckt worden. Ich weiß von ihm aber erst seit
vergangener
Woche, als zwei Amerikaner hier waren, deren Vorfahr besagter
Daniel Scherer
war. Sie werden in vier Wochen wieder zuhause sein, dann werden
wir versuchen,
den Ursprung des Briefes zu ermitteln. Und vielleicht erfahren,
von wo aus er
weggeschickt wurde.
Spannend.
Roland Geiger
Date: 2022/09/15 21:38:28
From: alphonse wagner via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
hallo Roland,
Könnte es sich um Lothringen handeln ?
Gruss
Alphonse
----------------------------------
Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net <regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net> im Auftrag von Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>
Gesendet: Donnerstag, 1. September 2022 12:02 An: 'Roland Geiger via Regionalforum-Saar' <regionalforum-saar(a)genealogy.net> Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] das "französische neue Land" 1766 Völlig unmaßgeblich und laienhaft kommen mir leichte Zweifel bei „Kanada“. Französisches „neues“ Land gab es um 1763 (Pariser Frieden zw. England, Spanien und Frankreich) auch noch in der Karibik und im Golf von Mexiko (z.B. La NOUVELLE Orléans!) Da wär die Reise wohl über Bordeaux gegangen, das gute Beziehungen nach „St. Domingue“ hatte … Michael Franz (Schiffweiler)
Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net]
Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar
Gesendet: Mittwoch, 31. August 2022 23:23
Guten Abend,
-- |
Date: 2022/09/19 17:07:14
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Heuer sind unter dem o.a. Titel fünf Vorträge
des Seminars „Vertiefende
Familienforschung“ am 23. und 24. Oktober 2021 auf der Ebernburg
zum Nachlesen
erschienen. |
Date: 2022/09/19 20:36:13
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Autoren Florian Grotz; Wolfgang Schroeder
Erschienen Wiesbaden 2021: Springer
Anzahl Seiten VIII, 472 S.
Preis € 24,99
ISBN 978-3-658-08637-4
Inhalt siehe meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-75302.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Michael Ruck, Seminar für
Politikwissenschaft und
Politikdidaktik, Europa-Universität Flensburg
Das vor der Jahrtausendwende viel beschworene „Ende der
Geschichte“ hat sich
nicht ereignet. Stattdessen ist allenthalben spürbar, dass wir in
einer Epoche
tiefgreifend beschleunigten Wandels leben. Der Begriff
„Zeitenwende“ wird
mittlerweile inflationär verwendet. Wahlweise richtet sich der
besorgte Blick
dabei auf den globalen Klimawandel, innerstaatliche und
transnationale
Migrationsströme, pandemische Bedrohungen von Leben und
Gesundheit, die Rückkehr
des großflächigen Angriffskrieges als Instrument
zwischenstaatlicher
Machtpolitik nach Europa, die Krise erdumspannender Wirtschafts-
und
Finanzbeziehungen oder die Schwächung der europäischen und
globalen Governance
im Zuge einer tendenziellen Desintegration internationaler und
supranationaler
Institutionen.
Auch im binnenstaatlichen Kontext vollzieht sich hierzulande eine
beschleunigte
Transformation von gesellschaftlich-kulturellen Werten,
Einstellungen und
Konventionen wie von politisch-ökonomischen Regeln, Prozeduren und
Institutionen. Durchgängig ist dabei eine Renaissance des Staates
im
Allgemeinen und der Exekutive als dominanter Agent einer umfassend
definierten
Daseinsvorsorge im Besonderen zu beobachten.
Eine Begleiterscheinung des multiplen Wandels in „dynamischen
Zeiten“ ist die
progressive Entwertung überkommenen Wissens und bisheriger
Gewissheiten. Als
Thesaurus gesicherter Wissensbestände sind wissenschaftliche
Lehrbücher und
Nachschlagewerke ein probater Indikator für diesen beschleunigten
Verlust
kulturellen Kapitals. Insbesondere gilt das für
sozialwissenschaftliche
Disziplinen. Deren Erkenntnisgegenstand „Gesellschaft“
transformiert sich
gleichsam fortlaufend vor ihren Augen. Hier ist mithin das Risiko
am größten,
mit synthetischen Bestandsaufnahmen auf den Markt zu kommen, deren
Halbwertszeit schmerzlich gegen Null tendiert. Diese bittere
Erfahrung haben
etwa vor gut drei Jahrzehnten jene Autoren machen müssen, welche
zum
40-jährigen Gründungsjubiläum der weiland DDR Gesamtdarstellungen
publiziert
haben, deren Gegenstand dann binnen weniger Monate aus der realen
Welt
verschwand.
Eingedenk dessen liegt es nahe, das mitten in der Corona-Krise und
kurz vor dem
Ukraine-Krieg erschienene Hand- und Lehrbuch zum politischen
System der
Bundesrepublik Deutschland vor allem auch unter dem Gesichtspunkt
zu
betrachten, ob das Werk neben gültigem Gegenwartswissen einen
tendenziell
wachsenden Anteil nurmehr zeithistorisch beachtlicher Erkenntnisse
vermittelt.
Beide Autoren verfügen über ein besonderes Sensorium für diese
Problematik.
Florian Grotz, Professor für Politikwissenschaft, insbesondere
Vergleichende
Regierungslehre an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr
Hamburg, und
Wolfgang Schroeder, Professor für das Politische System der BRD –
Staatlichkeit
im Wandel an der Universität Kassel, sind nicht nur als profunde
Kenner des
deutschen Regierungssystems im europäischen Kontext
hervorgetreten. Ihre
Werdegänge und ihr ebenso umfang- wie facettenreiches Œuvre weisen
sie als
Protagonisten einer historisch-genetischen Erkenntnisperspektive
innerhalb der
Politikwissenschaft aus.
Generell liefert das umfangreiche, übersichtlich gegliederte und
gut lesbare
Handbuch zuverlässig den versprochenen „theoretisch und empirisch
fundierten
Überblick über die politischen Institutionen und Prozesse“ – also
„polity“ und
„politics“ – der zweiten deutschen Republik unter den Auspizien
von nationaler
Wiedervereinigung und supranationaler Europäisierung.
Berechtigterweise wird
der Blick dabei immer wieder auf die spezifischen Funktionsweisen
des deutschen
wie des Mehrebenensystems der EU gelenkt. Denn die „doppelte
Politikverflechtung“ (Fritz W. Scharpf) prägt nun schon seit
Jahrzehnten
maßgeblich das Regieren in Deutschland.
Nach einer konzisen Einführung in die konzeptionellen Grundlagen
„zwischen
Mehrheits- und Konsensdemokratie“ sowie einem gerafften Überblick
über die
historische Entwicklung der Bonn-Berliner Republik behandeln die
beiden Autoren
in jeweils gesonderten Kapiteln kenntnisreich und stringent das
deutsche
Grundgesetz, Deutschland im Prozess der europäischen Integration,
das
föderalstaatliche System, die Grundregeln der repräsentativen
Demokratie, den
intermediären Raum mit Parteien, Verbänden und Medien, die Organe
des
gewaltenteiligen Staates Bundestag, Bundesregierung,
Bundespräsident, Bundesrat
und Bundesverfassungsgericht sowie in ihren Grundzügen die
Regierungssysteme
der deutschen Länder und die kommunale Selbstverwaltung.
Abschließend ziehen
Grotz und Schroeder unter der Fragestellung „Resiliente
Demokratie?“ ein
nachdenkliches Fazit der „Performanz des politischen Systems der
Bundesrepublik“, das in prononcierte Vorschläge zur „Stärkung
demokratischer
Resilienz“ mündet.
Alle genannten Abschnitte sind in instruktive Sachbeiträge und ein
problemorientiertes
Fazit gegliedert, dessen aussagekräftige Überschrift die jeweilige
Hauptspannungslinie in Frageform prägnant verdeutlicht –
beispielweise:
„Flexibler oder rigider Verfassungsrahmen?“; „Funktionale
Arbeitsteilung oder
immobile Staatsorganisation?“; „Leistungsfähiges Parlament oder
marginalisierte
Instanz?“; „Balance von exekutiver Gestaltungsmacht und
Integrationsfähigkeit?“; „Neutraler Verfassungshüter oder
politischer
Gestalter?“; „Keimzelle der Demokratie oder Krise der
Selbstverwaltung?“.
Hervorzuheben ist das durchgängig erkennbare Bemühen der beiden
Autoren, den
auf Carl Schmitt zurückgehenden Dualismus von „Verfassung und
Verfassungswirklichkeit“ in ihre Darlegungen einzubeziehen. Denn
die
unauflösbare Spannung von konstitutionellen Normvorgaben,
justizieller
Normenauslegung und Normenzurichtung im Willensbildungs- und
Entscheidungsprozess des laufenden Politikbetriebs erzeugt jene
konfliktträchtige Dynamik, welche gegenwärtig einen neuen
Veränderungsschub des
Gesamtsystems voranzutreiben scheint.
Ein hervorstehendes Merkmal dieser Gegenwartsentwicklung unter den
Auspizien
einander überlagernder Großkrisen ist das hyperpragmatische
Krisenreaktionshandeln staatlicher Akteure während der sich
jagenden „Stunden
der Exekutive“. Dieser tiefgreifende Strukturwandel der
politischen
Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse („politics“) hat
ersichtlich seinen
Preis. Generell wird eingespielte Gewaltenteilung fortlaufend auf
harte Proben
gestellt. Und im tagespolitischen Geschäft der inhaltlichen
„Policy“-Produktion
lassen hektische Kurswechsel die Profile nicht nur der
(ehemaligen)
„Volksparteien“, sondern auch der aufstrebenden Konkurrenz aus dem
Umfeld der
Neuen Sozialen Bewegungen mehr und mehr verschwimmen. Dazu
vermittelt eine
gleich klingende Begleitrhetorik („Framing“) den irritierenden
Eindruck
programmatischer Konvergenz. Das erschwert es den Parteistrategen
einerseits,
gegen die grassierende Apathie der Anhänger- und Wählerschaft zu
mobilisieren.
Andererseits sind sie ständig in Versuchung, sich unvermittelt von
aktivistischen Minderheiten und deren medialen Unterstützern
kampagnenhaft zu
situativem und proaktivem Handeln treiben zu lassen.
Das rezente „Corona-Notstandsregime“ könnte eine neue Qualität
dieser
Entwicklung markieren. Im „Krieg gegen das Virus“ haben politische
und
administrative „Durchgreifer“ und „Macher“ im Frühjahr 2020 mit
Unterstützung
mehr oder minder gouvernementaler Medien und größerer Teile des
verunsicherten
Publikums in der „Stunde der Exekutive“ mit maßnahmestaatlicher
Entschlossenheit
und Härte eine maximalistische Ad-hoc-„Strategie“ verfolgt. Im
laufenden „Kampf
gegen die drohende Klimakatastrophe“ werden zwar längerfristige
Etappenziele
auf dem Weg zur klimaneutralen Transformation propagiert. Deren
planmäßige und
schrittweise Ansteuerung wird jedoch durch „klimaalarmistische“
Forderungen
überlagert und teils auch konterkariert, ohne Rücksicht auf
anderweitige
Verluste drastische Sofortmaßnahmen zu ergreifen.
Die kumulativen Wirkungen dieser Krisen werden seit dem Frühjahr
2022 noch
potenziert durch die aktuellen und noch gar nicht absehbaren
Implikationen des
Krieges in der Ukraine. Was die derzeitige Rhetorik des multiplen
Ausnahmezustands, dessen Gebieter nach einer bekannten Sentenz
Carl Schmitts
wahrhaft souverän ist, für die planende Gestaltung künftiger
Politik und für
das Verhältnis von politischer Verwaltung und wissenschaftlicher
Expertise
längerfristig bedeuten, muss sich erst noch erweisen.
Grotz und Schroeder zeigen sich in ihren „Zehn Thesen zur
Performanz des
politischen Systems der Bundesrepublik“ verhalten zuversichtlich,
dass
hierzulande auch die dramatischen Herausforderungen der Gegenwart
und näheren
Zukunft erfolgreich bewältigt werden können. Grundlage dieser
günstigen „Resilienz“-Prognose
ist ihr Befund, dass das „bundesdeutsche Regierungssystem unter
Druck“ zwar
ersichtlich unter „abnehmende[r] Performanz“ leide, seine vitalen
Aufgaben
indessen bei „fortdauernder institutioneller Stabilität“ weiterhin
zureichend
erfülle (S. 407). Das gelte auch für die gebeutelten Hauptakteure
im
intermediären Raum. Sowohl die etablierten Parteien als auch die
klassischen
Verbände seien nach wie vor in der Lage, ihren unabdingbaren
Beitrag zum
Funktionieren der „grundlegenden Willensbildungs- und
Entscheidungsmechanismen
des deutschen Regierungssystems“ mit hinreichender Stabilität und
Zuverlässigkeit zu leisten (S. 415) – allen angesprochenen
Performanzproblemen
im deutschen und europäischen Mehrebenensystem (Kommunen – Länder
– Bund – EU)
zum Trotz.
Gleichwohl konstatieren die beiden Autoren abschließend
„konkrete(n) Handlungs-
und Reformbedarf, um die Resilienz der handelnden Individuen,
Organisationen
und Institutionen zu erhöhen“ (S. 423). Dazu formulieren sie drei
dezidierte
Hauptforderungen (S. 424): „Erstens muss die breite Mehrheit der
Gesellschaft
positiv zum politischen System eingestellt sein. […] Zweitens
müssen die
Institutionen der systemnotwendigen Leistungserbringung die an sie
gerichteten
Anforderungen erfüllen. […] Drittens bedarf es eines breit
aufgestellten,
demokratiefreundlichen Mediensystems und seiner aufgeklärten
Nutzung durch die
Bürgerinnen.“
Die praktisch-politischen Konsequenzen dieses ambitionierten
Programms können
auch in einer umfangreichen Einführung nicht im Einzelnen
diskutiert werden.
Das ebenso profunde wie meinungsstarke Werk liefert jedoch auf der
Höhe der
Zeit eine solide Grundlage für intensive Seminardiskussionen.
Zitation
Michael Ruck: Rezension zu: Grotz, Florian; Schroeder, Wolfgang:
Das politische
System der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. Wiesbaden
2021: ISBN 978-3-658-08637-4, , In: H-Soz-Kult,
19.09.2022, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-114382>.
Date: 2022/09/22 20:57:03
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
am nächsten Dienstag , 27. September 2022, ab 16.30 Uhr findet das
allmonatliche Treffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische
Familienkunde
(ASF) im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken statt.
Gegen halb sechs wird der Vorsitzende einige Mitteilungen an die
versammelte
Gemeinde richten, dann hält Markus Detemple den folgenden Vortrag:
"Die Kriegsereignisse vor Saarbrücken im Herbst 1793 nach den
Berichten dreier
Augenzeugen."
Im Herbst 1793 verlagerten sich die Kämpfe zwischen den deutschen
Koalitionstruppen und der französischen Armee für mehrere Wochen
vor die Tore
von St. Johanns bei Saarbrücken. Auf deutscher Seite befehligte
der spätere
Feldmarschal von Blücher als Oberst ein Bataillon des preußischen
Ulanenregiments von Goltz. In seinen zwei Jahre später
niedergeschriebenen
Erinnerungen zu seinen Erlebnissen in den Kriegsjahren 1793/94
berichtet er
auch von seiner Zeit vor St. Johann. Ergänzt werden die
Erinnerungen Blüchers
durch die Aufzeichnungen des St. Johanner Gastwirts Georg Ludwig
Firmont und
des Schuljungen Christian Friedrich Handel aus St. Arnual, die als
Bürger einer
belagerten Stadt bzw. als Einwohner eines zwischen den Fronten
liegenden Dorfes
einen anderen Blick auf die Ereignisse hatten als der Offizier.
Dazu ist der Eintritt frei, und jederman (ob im Verein oder nicht)
ist zur
Teilnahme eingeladen.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2022/09/23 11:53:10
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo,
ich übersetze gerade einen englischsprachigen Artikel über
Glasbläser im
Warndt, der im November im SFK der ASF erscheinen soll.
Die Autorin hat in den Taufeinträgen der Evangelischen Pfarrei
Malstadt recherchiert:
„Neben Paten oder Paten finden sich in zahlreichen Einträgen
weitere Personen,
darunter ein Schreiber, ein Schmiede, ein Apotheker, ein
Wundarzt, der
„Hofwildhüter“ und „ein königlicher Hofmusiker im Haus des
Prinzen (Fürsten?)
von Saarbrücken" und ein Förster "für Seine Gnaden Graf von
Wied-Runkel
von Püttlingen" sowie ein Bäcker, ein Metzger und der Besitzer
von
"The Plough Tavern".“
Mit geht es um die Gastwirtschaft „Zum Pflug“ oder so ähnlich,
die im 18.
Jahrhundert in oder bei Püttlingen gelegen haben muß.
Weiß jemand etwas darüber?
--
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
--------------------
Roland Geiger
Historische Forschung
Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Tel. 06851-3166
email alsfassen(a)web.de
www.hfrg.de
Date: 2022/09/26 10:47:30
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
wir leben in einer Zeit, in der mit
statistischen Auswertungen
und darauf basierenden Mutmaßungen (gerne „Prognosen“ genannt)
hantiert wird,
auf deren Basis wir dann unser Leben gestalten. Aber was wissen
wir eigentlich
genau?
Im Moment lese ich zum zweiten Mal Yuval Noah Hararis Buch „Eine
kurze
Geschichte der Menschheit“. Darin stieß ich im Teil 1 „Die
kognitive Revolution“
im Kapitel 3 „Ein Tag im Leben von Adam und Eva“ in Unterkapitel
„Krieg oder
Frieden?“ auf eine interessante Zahl, die durch den Kontext noch
interessanter
wird. Also habe ich mir erlaubt, dieses Unterkapitel zu scannen
und durch OCR
(Texterkennung) hier einzustellen.
Im ganzen 1. Teil geht es um den Homo Sapiens, den der Autor nur
„Sapiens“
nennt, vor gut 9.000 Jahren. Er hat sich in der Regel noch nicht
niedergelassen,
noch keine Orte oder gar Städte gebildet und lebt noch nicht von
der Landwirtschaft,
sondern schlägt sich als Jäger und Sammler durchs Leben. Harari
nennt ihn
deshalb „Wildbeuter“.
„Und dann ist da noch die heikle Frage nach dem Krieg. Einige
Wissenschaftler
beschreiben die Welt der Jäger und Sammler als Paradies und
behaupten, Krieg
und Frieden begannen erst mit der landwirtschaftlichen Revolution,
als die
Menschen anfingen, Privatbesitz anzuhäufen. Andere Wissenschaftler
beschreiben
die steinzeitliche Welt dagegen als ausgesprochen grausam und
blutig. Beide
Theorien sind Luftschlösser, die auf mageren archäologischen
Funden und der
Beobachtung moderner Jäger und Sammler errichtet werden.
So verlockend die Erkenntnisse moderner Anthropologen sind, sie
sind mit
Vorsicht zu genießen. Die heutigen Wildbeuter leben vor allem in
entlegenen und
unwirtlichen Regionen wie der Arktis oder der Kalahari, wo die
Bevölkerungsdichte gering und die Wahrscheinlichkeit einer
Begegnung mit
Feinden entsprechend klein ist. Vor allem unterstehen die Jäger
und Sammler in
den vergangenen Jahrzehnten zunehmend der staatlichen Aufsicht,
die den
Ausbruch großer Konflikte unterbindet.
Nur zweimal hatten Anthropologen die Möglichkeit, große und
relativ dichte
Populationen von unabhängigen Jägern und Sammlern zu beobachten:
Im 19.
Jahrhundert im Nordwesten Nordamerikas und im 19. und frühen 20.
Jahrhundert in
Nordaustralien. Auf beiden Kontinenten berichteten die
Anthropologen von
zahlreichen bewaffneten Konflikten zwischen Gruppen von
Wildbeutern.
Auch die archäologischen Funde sind rar und nur bedingt
aussagekräftig. Welche
Hinweise gibt es, dass vor 30 000 Jahren irgendwo ein Krieg
stattgefunden haben
könnte? Damals gab es keine Festungen und Mauern, keine Granaten
und Schwerter.
Aus heutiger Sicht lässt sich nicht mehr sagen, ob ein Speer zur
Jagd oder im
Krieg verwendet wurde. Fossile Knochenfunde sind genauso schwer zu
deuten. Ein
Knochenbruch könnte genauso gut von einem Unfall herrühren wie von
menschlicher
Gewalt. Umgekehrt ist das Fehlen von Knochenverletzungen noch kein
Beweis für
einen friedlichen Tod:
Der Betroffene könnte aber auch an Fleischwunden gestorben sein,
die keine
Spuren am Skelett hinterlassen haben. Dazu kommt, dass vor der
Industrialisierung rund 90 Prozent aller Kriegsopfer nicht durch
Waffeneinwirkung, sondern durch Hunger, Kälte und Krankheit ums
Leben kamen.
Stellen wir uns vor, dass vor 30 000 Jahren eine Gruppe eine
andere besiegte
und aus den begehrten Jagdgründen vertrieb. Im entscheidenden
Kampf werden zehn
Angehörige des unterlegenen Stamms getötet. Im folgenden Jahr
sterben weitere
Hundert an Hunger, Kälte und Krankheiten. Wenn Archäologen diese
no Skelette
finden, kommen sie vermutlich zu dem Schluss, dass die meisten von
einer
Naturkatastrophe dahingerafft wurden. Wer käme schon auf den
Gedanken, dass sie
Opfer eines erbarmungslosen Krieges geworden sein könnten?
Nach dieser Warnung können wir uns nun den archäologischen Funden
zuwenden. In
Portugal wurden vierhundert Skelette aus der Zeit unmittelbar vor
der
landwirtschaftlichen Revolution untersucht. Nur zwei davon zeigten
eindeutige
Spuren der Gewalteinwirkung. In Israel wurde bei einer
Untersuchung von ebenfalls
vierhundert Skeletten nur ein einziger Schädelbruch entdeckt, der
sich auf
menschliche Gewalt zurückführen ließ.
Bei einer Untersuchung von vierhundert Skeletten aus dem Donautal
fanden
Wissenschaftler die Fälle von Gewalteinwirkung. Auch das mag noch
überschaubar
klingen, in Wirklichkeit ist es jedoch eine ganze Menge. Wenn
tatsächlich alle
die eines gewaltsamen Todes gestorben sind, dann würde das
hochgerechnet bedeuten,
dass rund 4,5 Prozent aller Menschen im Donautal von ihren
Mitmenschen ins
Jenseits befördert wurden. Heute liegt der Durchschnitt weltweit
bei 1,5
Prozent, Kriege und Verbrechen zusammengenommen.
Im gesamten 20. Jahrhundert starben nur rund 5 Prozent aller
Menschen eines
gewaltsamen Todes - und das trotz zweier Weltkriege, eines
chinesischen
Bürgerkriegs, des Holocausts, des Völkermords an den Armeniern und
Dutzender
anderer Kriege und Völkermorde von Kambodscha bis zum Kongo, von
Vietnam bis
Ruanda. Das Donautal der Steinzeit war offenbar genauso blutig wie
das 20. Jahrhundert.
[Dem könnte man entgegenhalten, dass die die Bewohner des
Donautals möglicherweise
nicht an den Auswirkungen der Gewalt starben, deren Spuren sich an
ihren
Skeletten fanden. Einige wurden vielleicht nur verletzt. Diese
Zahl wiegt
jedoch vermutlich die Zahl derjenigen auf, die an Fleischwunden
und sonstigen
unsichtbaren Kriegsfolgen starben.]
Die schaurigen Funde aus dem Donautal werden durch eine Reihe
ähnlich
deprimierender Entdeckungen in anderen Regionen gestützt. Im
sudanesischen
Jebel Sahaba wurde ein 12 000 Jahre alter Friedhof mit 59
Skeletten gefunden. In
24 Fällen (oder 40 Prozent der Toten) wurden Pfeil- und
Speerspitzen in oder
neben den Knochen gefunden. Das Skelett einer Frau wies zwölf
Verletzungen auf.
In den Ofnethöhlen am Kraterrand des Nördlinger Ries fanden
Archäologen 33 Schädel,
vor allem von Frauen und Kindern, die in zwei Gruben geworfen
worden waren. Die
Hälfte der Schädel, auch die der Kinder und Säuglinge, wiesen
eindeutige Hieb-
und Stichspuren auf. Die wenigen Schädel der älteren Männer waren
am
schlimmsten zugerichtet. Mit großer Wahrscheinlichkeit war hier
eine ganze
Gruppe von Wildbeutern massakriert worden. Aber was entspricht
denn nun der
Welt der steinzeitlichen Jäger und Sammler: die friedlichen
Skelette aus Israel
und Portugal oder die Schlachthöfe von Jebel Sahaba und der
Ofnethöhlen?
Die Antwort lautet: Weder das eine noch das andere. Genau wie sich
die Jäger
und Sammler hinsichtlich ihrer Religionen und gesellschaftlichen
Strukturen erheblich
unterschieden, gab es offenbar auch große Differenzen bei der
Gewalt. Einige
Regionen scheinen in Frieden und Harmonie gelebt zu haben, andere
scheinen von
blutigen Konflikten heimgesucht worden zu sein.“
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2022/09/27 22:31:06
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Date: 2022/09/28 15:41:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
bestimmt renne ich damit offene Türen bei manchen von Euch ein.
Das Risiko
nehme ich in Kauf.
Eben weist mich Stefan Handfest auf diese Website hin:
=> http://gk.historic.place/
Wenn Ihr sie anklickt, öffnet sich eine Weltkarte (erstmal in
English).
Über den Punkt „Here is the map“ (obere Mitte direkt unter dem RI
von „Historic“)
könnt Ihr Eure Sprache auswählen.
Oder Ihr bleibt im Englischen und klickt einfach auf den kleinen
Globus.
Ein neues Fenster öffnet sich und zeigt einen Ausschnitt der Erde
mit Blick auf
Europa. Keine Panik, die anderen Gegenden der Erde sind auch da -
die lassen
sich mit der Maus herbeiziehen.
Zoomen geht mir dem Rädchen an Eurer Maus, also zoomt bitte mal in
die Karte
hinein. Und schon seht Ihr, um was es bei diesem System geht. Auf
der Karte
sind überall dort, wo jemand meinte, etwas eintragen zu müssen,
Stellen
markiert, an denen Geschichte in irgendeiner Form stattgefunden
hat.
Tiefer eingestiegen bin ich noch nicht, aber hier gibt es viel zu
entdecken.
In den USA gibt es lange nicht so viele Einträge (es muß halt
jemand machen),
aber dafür sind dort die politischen Grenzen super zu erkennen.
Vom Staat zum
County und zur Township mit ihren Grenzen, darunter die Orte etc.
und die
Häuser mit ihren Hausnummern.
Hab mir natürlich gleich das Steuben County, New York, und das
Village of
Wayland angeschaut, weil dort viele „meiner“ Auswanderer auf dem
Friedhof
liegen und zahlreiche unserer Freunde wohnen. Toll.
Schaut’s Euch mal an.
Roland Geiger