Date: 2020/08/14 13:19:54
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16920E |
Date: 2020/08/20 23:44:02
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W.
Metternich: Teufel, Geister und Dämonen. Das Unheimliche in
der Kunst des Mittelalters
Autor(en) Metternich, Wolfgang
Erschienen Darmstadt 2011: Primus
Verlag
Anzahl Seiten 144 S.
Preis € 39,90 (gibts selbst bei amazon schon für 9,95 Euro)
ISBN 978-3-89678-725-5
Inhalt => meinclio.clio-online.de/uploads/media/book/toc_book-43694.pdf
Rezensiert für H-Soz-Kult von Cornelia Logemann, Transcultural
Studies Program,
Universität Heidelberg
Kaum ein Dokumentar- oder Historienfilm über das Mittelalter,
kaum ein
historischer Roman kommt ohne jene Prise von Dramatik und
Finsternis aus, die
solange Zeit unsere Vorstellungen von mittelalterlicher
Lebenswirklichkeit
bestimmt haben. Dabei ist es meist eine Inszenierung
düster-grauer Farben und
höchst dramatischer Musik, die offenbar als Fanal vom Ende der
ebenso düsteren
Epoche verstanden werden wollen. Die nebulöse Stimmung und
dumpfe Kälte sind
es, die bis in die letzte Sequenz die Verfilmung von Umberto
Ecos „Name der
Rose“ prägen – und die auch dem Zuschauer die finstere Epoche
mit einfachen
Stilmitteln nahebringen soll. Dämonenglaube und Teufelsfurcht
sind dem modernen
Betrachter nicht glaubwürdig vermittelbar, und so treten
dramaturgisch andere,
nachvollziehbare Bedrohlichkeiten an diese Stelle.
Auch das vorliegende Buch beginnt bezeichnender Weise bei Ecos
Meisterwerk und
daran anknüpfend mit dem Dictum Gregors des Großen (gest.
604), nach dem die
Bilder dem leseunkundigen Laien die Schrift ersetzen würden.
Es stellt die
Frage, wie Bilder auf den mittelalterlichen Betrachter wirkten
und inwiefern
diese eine ‚unheimliche‘ Wirkung zeitigten, die sich dem
modernen Rezipienten
allerdings völlig entzieht. Wovor sich der Mensch des
Mittelalters tatsächlich fürchtete,
ist umso schwerer zu ermitteln, versucht man die didaktisch
motivierten Texte
der Geistlichen und die Monstrositäten, die unter Chorgestühl,
an Kapitellen
und im Portal so vieler Sakralarchitekturen begegnen,
miteinander in Einklang
zu bringen. Eine bunte Welt mit verstörendem bis scheußlichem
Formenrepertoire
erregte nicht zuletzt das Missfallen des Bernhard von
Clairvaux, das dieser für
seine Ordensbrüder artikulierte als „deformis formositas ac
formosa deformitas“.[1] Seine Kritik richtete
sich dabei gegen
die zeitgenössischen Ausgestaltungen von Klosterbauten, da er
in den
unpassenden Bildwerken großes Ablenkungspotential sah.
Seltsame und
absonderliche Dinge begegnen dem Gläubigen in der Kirche, an
halb verborgenen
Orten oder oft auch prominent, den irritierten Blicken der
Betenden
entgegengesetzt. Immer wieder transportieren Buchmalereien die
eine oder andere
Mär von unheimlichen Planetenbewohnern am Ende der Welt, ohne
Kopf oder mit
überdimensioniertem Fuß, nebst menschlichen Körpern an
tierischen Gesichtern,
kurzum: Teufel, Geister und Dämonen und Monstrositäten
scheinen visuell
omnipräsent zu sein in der mittelalterlichen Kunst.
Wolfgang Metternichs Buch über Teufel, Geister und Dämonen ist
an ein breites
Publikum adressiert, es ist eine Reise in ein fernes und
fremdes „Damals“, in
dem die Menschen nach gängiger Vorstellung in einem Zustand
permanenter
religiöser Furcht zu leben schienen. In zwölf Kapiteln wirft
Metternich
verschiedene Schlaglichter auf die Ausprägungen des
Unheimlichen in der
mittelalterlichen Kunst. Zunächst wird die Einflussnahme der
Heiligen Schrift,
die „in langen Passagen nichts für zarte Gemüter“ (S. 9) sei,
auf das Leben im
Mittelalter geschildert und mit dämonischen Darstellungen in
verschiedensten
Medien, Buchmalerei und Portalplastik verglichen. Die Relikte
antiker Kulte und
das Fortleben mancher heidnischer Götterbilder im Mittelalter
werden in einem
zweiten Kapitel kursorisch zusammengefasst. Imaginationen des
Teufels und
seiner Helfer folgen ebenso wie Erörterungen zu wilden
Männern, Fabelwesen und
himmlischen Geschöpfen. Als Allgemeinplatz im Kanon von
Teufeln, Geistern und
Dämonen darf offenbar auch ein Kapitel zur Frau und
verderblicher Sexualität
nicht fehlen, in dem der Autor durchaus auch die
humoristischen Seiten
mittelalterlicher Bildfindungen erläutert, wenngleich sehr
fraglich ist, ob die
eine oder andere Grimasse tatsächlich durch die „unbewusste
Antwort des
Kirchenvolkes auf die Verdrängung der Sexualität“ (S. 102) zu
erklären ist.
Es folgen schließlich Abschnitte zu fremden und wundersamen
Völkern, wie sie
bekanntermaßen in Reisebeschreibungen und Weltkarten
visualisiert wurden,
ebenso wie klassische mittelalterliche Randgruppen von
Jongleurs bis zu den
Juden. Ein letzter Abschnitt über Seuchen, Krankheit und Tod
öffnet dabei ein
weiteres Feld, das auch mit dem Isenheimer Altar zeitlich
einen neuen Rahmen
absteckt. Das Thema des Unheimlichen wurde hierbei
weitestgehend verlassen,
selbst wenn, wie Metternich betont, Unheimlichkeit „immer auch
die Angst vor
dem Fremden ist“ (S. 103). Die Teufel, Geister und Dämonen
wären damit primär
in den ersten acht Kapiteln abgehandelt, während der zweite
Teil des Buchs sich
mehr auf Fremde konzentriert – inwiefern dies die Kategorie
des ‚Unheimlichen‘
wesentlich ergänzt, wäre zu hinterfragen. Statt dieses sehr
großen Parcours
durch verschiedenste Themenbereiche wären vielleicht mehr
Beispiele mit engerem
inhaltlichen Zuschnitt wünschenswert gewesen: Die teils
topographisch und
zeitlich auseinander liegenden Objekte sind oft schwierig zu
verbinden.
Gesamtansichten über mittelalterliche Kunst, die an eine
größere Leserschaft
gerichtet sind, erschienen in den letzten Jahren einige.
Michael Camille hat
sich in seinen Forschungen immer wieder mit jenen
Erscheinungsformen der
mittelalterlichen Bildproduktion auseinandergesetzt, die hier
in opulenter
Farbigkeit zusammengestellt sind. Neben Camilles mehrfach
übersetztem
Standardwerk zur mittelalterlichen Kunst[2], das auch ohne größere
Vorkenntnisse
gewinnbringend zu lesen ist, sei etwa auch Jacques Le Goffs
unterhaltsames und
üppig illustriertes Werk zum Mittelalter in Bildern
hervorgehoben[3], das in sehr
prägnanter Zuspitzung
wesentliche Aspekte mittelalterlicher Kunst nennt. Auch
kleinere Buchformate
wie etwa Bruno Reudenbachs „Kunst des Mittelalters“ gehen auf
diese Präsenz
Furcht einflößender Bilder zweifelsohne ein.[4]
Doch die in „Teufel, Geister & Dämonen“ zusammengestellten
Bilder auf ihre
unheimliche Funktion zu reduzieren, erscheint schwierig,
funktionieren etwa die
das strenge ikonographische Gesamtprogramm eines Portals
konterkarierenden
dämonischen oder monströsen Bilder auch auf anderer Ebene – in
dem Sinne, dass
sie durch Aufzeigen einer chaotischen Gegenwelt die Ordnung
des christlichen
Weltbildes zementieren. Die im Band verwendeten Beispielbilder
wurden von
Metternich dabei größtenteils im sozialgeschichtlichen Kontext
interpretiert:
Verschiedene Medien und Rezipientenschichten spielen bei der
Analyse der Bilder
jedoch durchaus eine wichtige Rolle, und so scheint doch das
Studium fremder
Völker in Jean de Mandevilles Reisebeschreibungen auf einer
ganz anderen Ebene
zu liegen als etwa Fragmente heidnischer Ikonographie in
hochmittelalterlichen
Portalen. Furchterregende Gestalten in der Buchmalerei dienten
nicht selten als
Herausforderung, sich im Akt der Kontemplation gegen die
Geister der Einbildung
zu wehren, während die an das Massenpublikum gerichteten
Dämonen an und in
Kirchen nach Willen der Geistlichen Furcht einflößend wirken
sollten (aber
vielleicht auch in ihrer didaktischen Drohgebärde am
Betrachter vorbeizielten).
Die im Rahmen eines solchen Buchs vielleicht auch notwendigen
Akzentuierungen,
die von Metternich formuliert werden, manifestieren, gewollt
oder ungewollt,
ein Bild des finsteren Mittelalters, das die
Mittelalterforschung eigentlich
überwunden zu haben glaubte. Dabei wird im üppigen
Literaturverzeichnis des
Werkes alles genannt, was eine differenziertere Sicht auf die
Dämonen
mittelalterlicher Kunst erlaubt. Denn letztlich, um nun auch
auf den
vorangehenden Passus in Bernhards eingangs zitierten
Äußerungen einzugehen, in
dem er von lächerlichen Monstrositäten spricht, ist die
ironische Brechung des
Unheimlichen und der Übergang des Dämonischen zur Phantasie
ein wesentliches
Moment, auf das das vorliegende Buch nicht eingeht.
Anmerkungen:
[1] Bernhard von Clairvaux,
Apologia ad
Guillelmum Sancti Theoderici abbatem, in: Jacques Leclercq /
Henri Marie
Rochais (Hrsg.), S. Bernardi Opera, Bd. III, Rom 1963, S. 106:
„Ceterum in
claustris, coram legentibus fratribus, quid facit illa
ridicula monstruositas,
mira quaedam deformis formositas, ac formosa deformitas?“
[2] Michael Camille, Die
Kunst der Gotik. Höfe,
Klöster und Kathedralen, Ostfildern 1999.
[3] Jacques Le Goff, Das
Mittelalter in Bildern,
Stuttgart 2002.
[4] Bruno Reudenbach, Die
Kunst des
Mittelalters, Bd. 1: 800–1200, München 2008. Vgl. auch den
zweiten Teil zur
mittelalterlichen Kunst von Klaus Niehr, Die Kunst des
Mittelalters, Bd. 2:
1200-1500, München 2009.
Date: 2020/08/27 22:04:42
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Einf??hrung in die Public History. Autor(en) L??cke, Martin; Z??ndorf, Irmgard Erschienen G??ttingen 2018: Vandenhoeck & Ruprecht Anzahl Seiten 207 S. Preis ??? 17,99 ISBN 978-3-8252-4909-0 ?? Rezensiert f??r H-Soz-Kult von Falko Bell,
Gymnasium
Nieder-Olm ?? |
Date: 2020/08/31 13:23:30
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>
„...unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.“
Erste Führung 2020 über den jüdischen Friedhof Ottweiler
Die Feststellung, „...unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte“ des deutsch-jüdischen Schriftstellers Heinrich Heine (1797–1856), der Deutschland wegen seiner liberalen politischen Einstellung verlassen und sein Leben im Exil in Paris verbringen musste, bestätigt sich in diesem Jahr doppelt, denn die Jahre 1935 und 1940 müssen als Zäsur in der Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweilers gesehen werden:
1935 fanden die letzten Bestattungen von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde Ottweilers statt: Am 23.1.1935 geleitete die jüdische Trauergemeinde Julius Michels in das „Haus des Lebens“; am 8.5.1935 nahmen Lilly Sender, geb. Salomon und am 25.5.1935 (Maxi-) Milian Salm Wohnung im „Haus der Ewigkeit“. Diese letzten Beisetzungen auf dem jüdischen Friedhof Ottweilers begründen sich in politischen Entwicklungen, die die Welt veränderten. In (fast) ganz Europa gewann der Faschismus immer mehr an Boden, in Deutschland durch die Machtergreifung des Nationalsozialismus 1933 und Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Die Rückgliederung des Saargebietes 1935 bedeutete auch den Anschluss unserer Region an das nationalsozialistische Deutschland. Die im September 1935 erlassenen „Nürnberger Gesetze“ beschnitten die Rechte der jüdischen Bevölkerung entscheidend.
Das Jahr 1935 schrieb Weltgeschichte und bedeutete auch für das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben Ottweilers einen tiefen Einschnitt, da in Ottweiler lebende deutsche StaatsbürgerInnen jüdischen Glaubens, die die Geschichte der Stadt Ottweiler über mehr als ein Jahrhundert mitgestaltet hatten, in ihren Rechten beschnitten und ihr Leben bedroht wurden.
Die Rückgliederung der Saar stellte den ersten großen außenpolitischen Erfolg des Hitler-Regimes dar und leitete über in die Besetzung des Rheinlandes, verbunden mit der Militarisierung, und der Annexion weiterer Territorien (Österreich – Sudetenland). In richtiger Einschätzung der drohenden Gefahr emigrierten einige jüdische BewohnerInnen Ottweiler rechtzeitig. Die erhaltenen Grabmale Michels, Sender und Salm spiegeln auf lokaler Ebene diesen welthistorischen Einschnitt. Die Ausgewanderten entgingen der Verfolgung und Deportation im Zuge der „Aktion Bürckel“ 1940, so dass sie – wie Heinrich Heine – ihr Leben im Exil verbringen mussten.
Bedeutete die Rückgliederung der Saar an das nationalsozialistische Deutschland in Folge der Volksabstimmung am 13.1.1935 für einige jüdische Familien ein unübersehbares Zeichen dafür, dass ihre Existenz und ihr Leben gefährdet sind, so dass sie den Entschluss zur Auswanderung fassten, so mussten die Zurückgebliebenen bitter erfahren, dass sie die politische Entwicklung völlig falsch eingeschätzt hatten. Denn die nationale und internationale Entwicklung führte letztendlich zur Ausrottung auch der jüdischen Gemeinde Ottweilers: im Zuge der Aktion Bürckel am 22.10.1940 erfolgte die Verhaftung der saarländischen, rheinland-pfälzischen und badischen Juden und ihre Verbringung in das Lager Gurs. Von dort führte ihr Weg in die Vernichtungslager des Ostens.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann laden im Namen der Stadt Ottweiler, des Vereins Stadtgeschichtliches Museum und in Kooperation mit der KVHS Ottweiler zur ersten Führung im Jahr 2020 am 6.9.2020, 17.00 Uhr über den Jüdischen Friedhof Ottweiler ein. Sie informieren über die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Gemeinde Ottweiler, sprechen dabei die Leistungen einzelner jüdischer Familien für das politische und kulturelle Leben Ottweilers ebenso an wie Besonderheiten eines jüdischen Friedhofs in Angrenzung zu den konfessionellen. Auch kommen die Zäsuren 1935 – 1940 zur Sprache.
Bedauerlicherweise konnten die im 1. Halbjahr geplanten Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweilers wegen der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden. Um die Führung durchführen zu können, müssen die gesetzlichen Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie beachtet werden. Da die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler in Kooperation mit der KVHS Neunkirchen erfolgt, übernimmt die KVHS die organisatorisch vorgeschriebenen Maßnahmen, z.B. Anmeldung der Führung bei der Ortspolizeibehörde. Deshalb ist für eine Teilnahme eine Anmeldung bei der KVHS notwendig (erwünscht bis Mittwoch, 2.9.2020, 12.00 Uhr). Anmeldungen nehmen die KVHS Geschäftsstelle Ottweiler sowie der Referent Hans-Joachim Hoffmann entgegen:
s.falkenrich(a)landkreis-neunkirchen.de - 06824 906 4121
s.detemple(a)landkreis-neunkirchen.de - 06824 906 41 70
hans-joachim-hoffmann(a)web.de – 06824 – 7990
Name und Telefonnummer werden 4 Wochen lang zur etwaigen Nachverfolgung von Infektionsketten gespeichert; Herr Hoffmann löscht die Daten umgehend nach der Weiterleitung an die KVHS-Geschäftsstelle.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die Stadt Ottweiler, das Stadtgeschichtliche Museum Ottweiler und die KVHS freuen sich auf Ihren Besuch.
Zugleich verweisen wir darauf, dass die Teilnahme auf eigenes Risiko erfolgt. Weder die Synagogengemeinde Saar noch die Stadt Ottweiler/das Stadtgeschichtliche Museum Ottweiler und die KVHS/die Referenten übernehmen irgendwelche Haftungen. Die TeilnehmerInnen akzeptieren mit ihrer Teilnahme jeden Haftungsausschluss der zuvor genannten Institutionen und Personen.
Termin: Sonntag, 6.9.2020
Uhrzeit: 17.00 Uhr
Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße Maria-Juchacz-Ring (aus Richtung Schwimmbad kommend: Kreuzung Karl-Marx-Straße/Maria-Juchacz-Ring: rechts abbiegen - nach ca. 80 m linker Hand Aufgang zum Friedhof) Dauer: ca. 1 ½ Stunde