Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Maximilian I

Date: 2019/08/19 22:01:57
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Forcher, Michael; Haidacher, Christoph (Hrsg.):
Kaiser Maximilian I..
Tirol, Österreich, Europa, 1459–1519.
Innsbruck  2018.
ISBN 978-3-7099-3444-9

Weiss, Sabine:
Maximilian I.. Habsburgs faszinierender Kaiser.
Innsbruck  2018. ISBN 978-3-7022-3709-7


Rezensiert für H-Soz-Kult von Maximilian Krüger, Historisches Institut, Universität Mannheim

Kaiser Maximilian I. aus dem Hause Habsburg (1459–1519) gehört zu den faszinierendsten Herrschern des Alten Reiches. Der Sohn Kaiser Friedrichs III. (1415–1493) und der portugiesischen Königstochter Eleonore (1434–1467) lebte in einer Epoche des Umbruchs, am Scheideweg zwischen Mittelalter und Neuzeit. Der auf vielen Ebenen sichtbare und spürbare Epochenumbruch spiegelt sich dabei nicht nur in seinem Leben, sondern auch in seiner facettenreichen Persönlichkeit. Altes und Neues mischte sich auf seltsame Weise in diesem widersprüchlichen Menschen. Zeitlebens blieb er, der das alte höfische Rittertum in Ehren hielt und um Frauenlob turnierte, mittelalterlichen Traditionen verhaftet. In gleichem Maße zeigte sich Maximilian, als humanistisch gebildeter Renaissancefürst, aufgeschlossen gegenüber den Vorboten der Moderne. Wie kaum ein anderer erfasste der Habsburger das Potential des gerade erfundenen Buchdrucks. Mit geradezu visionärem Blick bediente er sich des neuen Massenmediums, um die Gegenwart und Zukunft in seinem Sinne zu beeinflussen. Maximilian war ein Meister der Selbstinszenierung und des Storytelling und ließ sein Leben in literarischen und künstlerischen Projekten verewigen, auf dass seine papierenen Herolde der Nachwelt von der Größe des maximilianischen Ruhmes künden sollten.

Wohl niemals zuvor hat ein Herrscher sein Leben autobiographisch als illustriertes Heldenepos darstellen lassen. Und episch war das Leben des Kaisers allemal. Sein, von Karl dem Kühnen (1433–1477) entlehnter, Wahlspruch lautete „Ich hab’s gewagt“. Und tatsächlich begann die Geschichte Maximilians mit einer ritterlichen Aventüre, als der achtzehnjährige Erzherzog 1477 in die Niederlande zog, um die Länder seiner burgundischen Braut Maria (1457–1482) gegen die französische Krone zu verteidigen. Burgund öffnete ihm das Tor zur Welt, es führte Maximilian und das Haus Habsburg aber auch auf die Bahn der großen europäischen Politik. Als römisch-deutscher König und später als Kaiser agierte Maximilian auf dem europäischen und globalen Spielfeld von der Schweiz bis auf den Balkan, von den Niederlanden bis nach Italien. Kreuz und quer reiste er durch halb Europa, zumeist im Sattel von Streitrössern, da der Krieg sein Leben bestimmte. Die großen Erfolge seiner Jugend hatten ihn dazu verführt, das Wagnis zu steigern und, zuweilen getrieben von Hass und Rachsucht, immer maßlosere Ziele ins Auge zu fassen. Nur mit Mühe fand er, am Ende seines Lebens, aus dem Labyrinth der aussichtslos gewordenen Kriege heraus.

Maximilian, der erste Medienkaiser und letzte Ritter, war ein phantastischer Realist. Mal jagte er einem imaginären Königreich Österreich-Burgund nach; dann wieder träumte er von einer Wiederherstellung des karolingischen, ottonischen und staufischen Reichs und der Aufrichtung der Reichsrechte in Italien, um mit der Kaiserkrönung einen gesamtchristlichen Kreuzzug gegen die Türken einzuleiten. Zeitweise spielte er mit dem kühnen Gedanken, sich selbst zum Papst krönen zu lassen. Dabei hat Maximilian, der augenscheinlich mit vielen seiner Unternehmungen gescheitert und dem sogar die Kaiserkrönung versagt geblieben war – worauf er sich kurzerhand selbst zum erwählten römischen Kaiser ausrufen ließ –, Bleibendes geschaffen. Maximilians geschickte Hausmacht- und Heiratspolitik begründete mit den spanischen und ungarischen Hochzeiten den Universaldominat und das Fundament der Donaumonarchie. Die erfolgreiche Königswahl von 1519, welche die Kaiserkrone und den Rechtstitel auf das christliche Weltreich für Jahrhunderte bei den Habsburgern festhielt, krönte schließlich sein politisches Lebenswerk.

Kaiser Maximilian hat mit seiner folgenreichen Universalpolitik die europäische Geschichte nachhaltig geprägt. Und doch ist dieser Habsburger, in dem sich das Erbe so vieler europäischer Identitäten mischte und der einem internationalen Familienunternehmen vorstand, in Europa und Deutschland weitgehend vergessen worden. In der deutschen Erinnerungskultur ist er kaum präsent. Die biographische Kenntnis des Reichsoberhaupts erschöpft sich in der Turnierbegeisterung des letzten Ritters, die allenfalls durch den 2014 erschienenen Roman Ich, Maximilian, Kaiser der Welt[1] oder den 2017 ausgestrahlten dreiteiligen Fernsehfilm Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe[2], flankiert von der Dokumentation Maximilian – Brautzug zur Macht[3], aufgefrischt wurde. In den einstigen habsburgischen Stamm- und Erblanden und im süddeutschen Raum hingegen ist die Erinnerung an ihn – gerade dort, wo durch seinen Geldsegen Holzstädte in Steinstädte transformiert wurden – ungleich lebendiger geblieben. Und so wird das fünfhundertste Todesjahr des Kaisers auch vornehmlich in diesen Regionen begangen, wobei nicht nur Österreich, sondern auch Städte in Bayern 2019 zum Maximilianjahr ausgerufen haben und es mit Gedenk- und Festveranstaltungen (Gottesdienste, Theaterstücke, Musicals, Konzerte, historische Stadtfeste etc.) begehen. Österreich, Italien (Südtirol) und die Schweiz widmen ihm mehrere kleinere und größere Ausstellungen, die von Katalogen und einem entsprechenden Rahmenprogramm begleitet werden. Daneben wird es noch zwei außereuropäische Expositionen in New York[4] und in Tokio[5] geben; in Deutschland richtet allein Augsburg[6] eine eigene Schau aus.

Das Land Tirol würdigt den Kaiser mit einem umfassenden Kultur- und Veranstaltungsprogramm und betont unter dem Motto „Tiroler im Herzen – Europäer im Geiste“ sowohl die wechselseitige Verbundenheit, als auch die Übernationalität des Habsburgers. Diese Perspektive nimmt auch der von der Landesregierung geförderte dreisprachige (deutsch, englisch, italienisch) und von Haymon verlegte Band Kaiser Maximilian I.: Tirol. Österreich. Europa ein. Vier Aufsätze zeichnen unter dem Paradigma des Dreigestirns Tirol, Österreich und Europa die Grundzüge seines Lebens nach. Zunächst würdigt Christoph Haidacher die maximilianische Universalpolitik und, vor dem Hintergrund des Epochenumbruchs, die Persönlichkeit des Kaisers. Anschließend zeigt Michael Forcher die vielfältigen Beziehungen zwischen Landesfürst und Land sowie die geografische Stellung Tirols als Brücke zwischen Österreich und Europa auf. Ferner stellt er die hohe Bedeutung heraus, die Tirol für Maximilian als Wirtschafts- und Rüstungsstandort und bevorzugtes Jagdgebiet einnahm. Mit Innsbruck als Residenz bildete es faktisch das Zentrum seiner Regierung als römisch-deutscher König und Kaiser. Stärker auf Österreich bezieht sich der dritte Beitrag von Christian Lackner, der den Haus Österreich-Begriff und die Inszenierung des Erzherzogtums, als Bezeichnung für das bunte Konglomerat der habsburgischen Erbländer, thematisiert. Aufmerksam gemacht wird auch auf die Auseinandersetzungen zwischen dem Landesherrn und den auf politische Partizipation drängenden Ständen, die sich, da sie „fast ausschließlich in den Dimensionen ihrer jeweiligen Länder dachten“ (S. 133), mitnichten als Glieder eines Körpers verstanden. Mark Mersiowsky und Ellen Widder schließlich skizzieren die Grundzüge der maximilianischen Ambitionen im europäischen und globalen Rahmen.

Die Ausführungen bleiben gerade im ereignisgeschichtlichen Kontext auf das Wesentliche konzentriert, wie auch viele Themen in Anbetracht dieses außergewöhnlichen Lebens nur gestreift werden (können). Dennoch gelingt es den Autoren und Autorinnen, die zuweilen höchst komplexen Zusammenhänge in wenigen Sätzen verständlich darzulegen. Zudem zeichnen sich alle Beiträge durch einen angenehmen Sprachstil aus. Freilich finden sich, bei aller fachlichen Kompetenz, hin und wieder Auffassungen, die bereits als überholt gelten müssen. Dies betrifft vor allem die Fortschreibung des starren Schwarz-Weiß-Bildes von Maximilians Gemahlinnen und die von älteren Erzähltraditionen abgeleiteten Wertungen. Da sich der von Michael Forcher und Christoph Haidacher herausgegebene Band explizit an eine breite Leserschaft richtet, wird auf einen wissenschaftlichen Apparat verzichtet. Nicht nachvollziehbar ist gleichwohl, dass die weiterführende Literatur lediglich sieben Titel umfasst. Unberührt davon bleibt freilich das Vermittlungsziel, Kaiser Maximilian den Leser und Leserinnen näherzubringen, so dass dieses Buch ein lebendiges Bild von einem der faszinierendsten Habsburger entwirft.

Maximilian I.: Habsburgs faszinierender Kaiser lautet der Titel einer weiteren von der Tiroler Landesregierung geförderten Publikation. Vorweg sei angemerkt, dass das Attribut „faszinierend“ der facettenreichen Persönlichkeit des Protagonisten durchaus gerecht wird. Was für ein außergewöhnliches Leben Maximilian gelebt hat, wird hier detailreich dokumentiert. Die Autorin Sabine Weiss hat 2010 einen Band über Bianca Maria Sforza (1472–1510) veröffentlicht[7], der ebenso durch Sachkenntnis und sprachliche Klarheit überzeugt und sich an die vorliegende Biografie vorzüglich anfügt.

Der Inhalt gliedert sich sowohl in themenbezogene als auch in chronologisch-biografische Kapitel, wie man sie ähnlich in vergleichbaren Darstellungen findet. Dabei hat die emeritierte Professorin den bestehenden Biografien keineswegs nur eine weitere hinzugefügt. Als Standardwerk, an dem man bei der Beschäftigung mit dem Habsburger nicht vorbeikommt, gilt nach wie vor die fünfbändige Arbeit von Hermann Wiesflecker.[8] Gerne greift man für einen schnellen Überblick auch zu der bei Kohlhammer verlegten Biografie seines Schülers Manfred Hollegger.[9] Doch hiervon unterscheidet sich die strukturelle Aufbereitung bei Weiss essentiell darin, dass sich die 15 Kapitel aus zahlreichen kleineren Einheiten zusammensetzen, die hinsichtlich ihrer Länge teilweise erheblich variieren. Das Kapitel Die Mailänder Heirat. Eine Mesalliance zur Finanzierung der Kaiserkrönung (S. 79–108) etwa umfasst nahezu 50 Texte: unter anderem zu den Verbindungen zwischen Habsburgern, Visconti und Sforza, Kurzbiografien der Vorfahren und Verwandten von Bianca Maria Sforza, Anmerkungen zu ihrer Ausbildung, ihrer Hochzeit mit Maximilian, ihrer Brautausstattung (Schmuck, Silbergerät für Tafel und Zimmer, Ausstattung für Kapelle und Altar, Kleidung, Bettzubehör, Zimmerausstattung, Gegenstände für die Toilette, Freizeitbeschäftigung), zur Bedeutung Italiens für die kaiserliche Politik wie auch zum weiteren Schicksal des Herzogtum Mailands als Zankapfel der europäischen Mächte. Der Band erscheint damit nicht als klassische Biografie, was seitens der Autorin auch keineswegs intendiert ist. Indem er sich nicht auf ereignisgeschichtliche Aspekte beschränkt, sondern auch kultur-, kunst- und gesellschaftsgeschichtliche Themen aufnimmt, wird er vielmehr um die Eigenschaften eines anschaulich illustrierten Nachschlagewerks erweitert.

Das Buch spiegelt den gegenwärtigen Stand der Forschung, was nicht ausschließt, dass manche der von Weiss vertretenden Positionen – zum Beispiel im Kapitel Maximilian und die Frauen. Von der Mutter bis zu den Konkubinen (S. 271–302) – kontrovers diskutiert werden.[10] Unabhängig davon hat die Autorin nicht nur ein Buch für ein interessiertes Laienpublikum geschrieben; sie hat gleichermaßen allen, die sich mit dem Leben und der Zeit Kaiser Maximilians beschäftigen, ein nützliches Rüstzeug an die Hand gegeben.

Anmerkungen:
[1] Peter Prange, Ich, Maximilian, Kaiser der Welt, Frankfurt am Main 2014.
[2] Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe. Regie: Andreas Prochaska; Drehbuch: Martin Ambrosch, Österreich/Deutschland: MR Film, 2017.
[3] Maximilian – Brautzug zur Macht (ORF) / Liebe, Geld und Macht – Maximilian I. (ZDF) / Maximilien d’Autriche – Amour et pouvoir à la Renaissance (ARTE). Regie: Manfred Corinne; Drehbuch: Michaela Ronzoni, Österreich: MR Film, 2017.
[4] The Last Knight: The Art, Armor, and Ambition of Maximilian I. Ausstellung im Metropolitan Museum of Art New York vom 7. Oktober 2019 bis 5. Januar 2020.
[5] The Habsburg Dynasty: 600 Years of Imperial Collections. Ausstellung im Nationalmuseum für westliche Kunst Tokio vom 19. Oktober 2019 bis 26. Januar 2020.
[6] Maximilian I. (1459–1519). Kaiser. Ritter. Bürger zu Augsburg. Ausstellung im Maximilianmuseum Augsburg vom 15. Juni bis 15. September 2019.
[7] Sabine Weiss, Die vergessene Kaiserin. Bianca Maria Sforza, Kaiser Maximilians zweite Gemahlin, Innsbruck 2010.
[8] Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, 5 Bde., Wien 1971–1986; Ders. Maximilian I. Die Fundamente des habsburgischen Weltreiches, Wien 1991.
[9] Manfred Hollegger, Maximilian I. (1459–1519). Herrscher und Mensch einer Zeitenwende, Stuttgart 2005.
[10] Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf den Beitrag von Christina Antenhofer im Rahmen der von der österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Innsbruck, der Universität Wien und der Stadtmuseen Wels ausgerichteten internationalen Tagung Maximilian I. (1459–1519). Person, Brüche und Umbrüche einer Brückenzeit in Innsbruck, Wels und Wien vom 18. bis 23. März 2019.

[Regionalforum-Saar] Wer kann das entziffern? Alte Handschriften finden, lesen und verstehen

Date: 2019/08/22 21:04:58
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Saarländischer Museumsverband e.V.,
Wilhelm-Heinrich-Str. 39,
D-66564 Ottweiler f

Wer kann das entziffern? Alte Handschriften finden, lesen und verstehen
Montag, 23. September 2019, 10:00 bis 16:30 Uhr
Deutsches Zeitungsmuseum
Am Abteihof 1, 66787 Wadgassen

Wer sich mit historischen Themen befasst, kennt das: eine gestochen scharfe Schrift, die dennoch schwer zu entziffern ist. Unser nächstes Seminar will Abhilfe schaffen. Frau Dr. Erika Dittrich gibt eine Einführung mit Leseübungen in deutsche Schreibweisen des 18. bis 20. Jahrhunderts. Dabei wird mit Originalen aus dem Archiv gearbeitet. Die Teilnehmer erhalten wertvolle Tipps, wie und wo man handschriftliche Quellen findet und für die museale Präsentation aufbereitet. Dann stellt selbst der frühere Sprachgebrauch mit etwas Übung kein Problem mehr dar.

Bei Bedarf können schwer zu entziffernde Texte aus den eigenen Archiven mitgebracht werden. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Für eigene Schreibübungen wird empfohlen, geeignete Schreibgeräte mitzubringen, Papier wird vom Veranstalter gestellt.

Referentin ist Frau Dr. Erika Dittrich, Museumsleiterin des Philipp-Reis-Hauses in Friedrichsdorf und Vorstandsmitglied des Hessischen Museumsverbandes e.V.

Anmeldungen zur Fortbildungsveranstaltung bitte bis spätestens 13. September 2019 mit beiliegendem Formular per Fax, per Post, telefonisch oder per Mail in der Geschäftsstelle des Verbandes. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen begrenzt, die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben.

Bitte bis spätestens 13.09.2019 per E-Mail an:
info(a)museumsverband-saarland.de

[Regionalforum-Saar] Unsere liebe Frau mit den Pfeilen

Date: 2019/08/26 11:54:07
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Morgen abend hät im Lesesaal des Landesarchivs ab 17.30 Uhr Steffen Ruth einen Vortrag mit dem Titel : „Mutter Gottes hilf!“ – Die Wallfahrt zu „Unserer Lieben Frau mit den Pfeilen“. Herr Ruth studiert an der hiesigen Universität im Studiengang „Historisch orientierte Kulturwissenschaften“.

Die Wallfahrt zur „Madonna mit den Pfeilen“ besitzt eine Jahrhunderte währende Tradition. Die Wunder dieses besonderen Gnadenbildes sind eng mit der Gründungslegende des Klosters Gräfinthal verknüpft und ziehen bis heute Wallfahrer*innen aus nah und fern zur „Pfeilenmadonna“ ins Kloster Blieskastel.

Der Vortrag beschäftigt sich zunächst mit der Historie der Pietà und ihrer Aufstellungsorte, geht dann vor allem aber auf die Funktion der Wallfahrt in Vergangenheit und Gegenwart ein. Welche Motive veranlassten vormoderne und moderne Wallfahrer*innen „Unsere Liebe Frau mit den Pfeilen“ aufzusuchen?

Gerade für die Gegenwart stellen die Anliegenbücher der Heilig-Kreuz-Kapelle eine fruchtbare Quelle dar. Durch ihre Analyse lassen sich ganz konkrete Motive der Wallfahrer*innen aufzeigen, die auf die Funktion von Wallfahrt allgemein schließen lassen. Dabei treten sowohl Divergenzen als auch Kontinuitäten zwischen vormodernen und modernen Wallfahrer*innen zutage.

Der Vortrag hat nur im weitesten Sinne mit Genealogie zu tun (nun ja, er berührt sie kaum), findet aber im Rahmen der Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF) statt.

Der Eintritt ist wie immer frei, und Gäste sind wie immer willkommen.
Einlaß in den Lesesaal ist wie immer an diesen letzten monatlichen Dienstagen ab 16 Uhr. Der Vortrag beginnt um kurz nach halb sechs und wird etwa 45 min

[Regionalforum-Saar] Besatzungsherrschaft und Alltag im Rheinland – Die belgische, britische und amerikanisc he Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg

Date: 2019/08/27 10:07:52
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Besatzungsherrschaft und Alltag im Rheinland – Die belgische, britische und amerikanische Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg

Ort    Köln

Veranstalter       Abteilung für Landesgeschichte der Rhein-Maas-Region, Institut für niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung, Universität Duisburg-Essen; Niederrhein-Akademie / Academie Nederrijn e.V.; LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn

Datum       27.06.2019

Von Gregor M. Weiermüller, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen

Im Horion-Haus der LVR-Zentralverwaltung in Köln haben sich neun Historikerinnen und Historiker ausführlich mit der alliierten Rheinlandbesetzung nach dem Ersten Weltkrieg befasst. Da die französische Besetzung des Rheinlands in der Forschung bereits ausführlich diskutiert wurde, standen die bislang weniger beachteten Besatzungszonen der Briten, Belgier, US-Amerikaner im Fokus der Tagung. Ziel war dabei, neue Erkenntnisse über die Herrschaftsstrategien der Besatzer vor Ort, das Beziehungsgeflecht zwischen Besatzern und Besetzten sowie die Erfahrung des Besatzungsalltags zu gewinnen. In diesem Zusammenhang sollte auch das Narrativ von der Besatzung als verlängertem Kriegszustand hinterfragt werden. Darüber hinaus sollten aufgrund von bisher unbearbeitetem Archivmaterial neue Forschungsimpulse gesetzt werden, zum Beispiel über die Besatzungswechsel oder Zonenverschiebungen.

Das Tagungsprogramm wurde von einer Key-Note-Lecture zur Erinnerungskultur des Ersten Weltkriegs im Rheinland eröffnet. Es folgten Vorträge, die u. a. die Aushandlung von politischen Konflikten, Gewalterfahrungen und die Regulierung von Prostitution in der belgischen, britischen und amerikanischen Besatzungszone thematisierten. Anschließend wurden in einer Expertenrunde zentrale Aspekte der Tagung noch einmal diskutiert. Ein öffentlicher Abendvortrag über die deutsche Propagandakampagne gegen die alliierte Rheinlandbesatzung bildete den Schlusspunkt der Tagung.

In ihrem Plenarvortrag stimmte SUSANNE BRANDT (Düsseldorf) das Publikum auf die Tagung ein. Ihre Hauptthese, dass eine Vielfalt von Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg nebeneinander existierte, trotz der Bestrebung ihrer Verdrängung, stützte sie nicht nur auf die Funktionen von Erinnerung, wie individuelle Trauer oder politische Mobilisierung, sondern insbesondere auf den Streit um die Deutungshoheit des Krieges. Brandt sprach von einem „Stellungskrieg der Denkmäler“, um eine Koexistenz unterschiedlicher Erinnerungsformen durch Reisen auf Schlachtfeldern, Feiertagskultur, Errichtung von Denkmälern darzustellen. Die Denkmäler auf dem deutschen Territorium fungierten als eine Art von Ersatzfriedhof, weil die Leichname der gefallenen Soldaten entweder in Frankreich oder Belgien verblieben, wie auf dem deutschen Soldatenfriedhof Langemark in Belgien, über den Brandt als Beispiel für ein Denkmal nahe des ehemaligen Schlachtfeldes in Flandern von 1914 referierte. In ihrem Durchgang der Denkmäler wies sie diesen verschiedene Attribute zu („erschöpft“, „aggressiv“), die von Zeitgenossen sowohl akzeptiert als auch abgelehnt wurden. Die Konflikte über die Darstellung von deutschen Soldaten entbrannte in den Städten und weniger auf dem Land – zum Beispiel an den Orten, die von den Alliierten besetzt wurden.

Die erste Sektion über die britische Besatzung eröffnete HORST BOTHIEN (Bonn) mit seinem Vortrag zur britischen Rheinarmee in der Garnisonsstadt Bonn, die zunächst aus kanadischen und anschließend aus schottischen Truppen bestand, bevor die Stadt Anfang 1920 in die französische Besatzungszone eingegliedert wurde. Bothien betonte die Bandbreite an Begegnungsorten zwischen der Stadtbevölkerung und den Besatzern. Die Begegnungen fanden aufgrund von zahlreichen Einquartierungen einerseits in privaten Räumen statt. Andererseits wurden öffentliche und halböffentliche Räume, wie z. B. die Straße oder Cafés, zu Kontaktzonen zwischen Besatzern und Besetzten. Angesichts der traumatischen Kriegserfahrungen der Soldaten stellte sich die Frage, inwiefern die alltäglichen Interaktionen von Feindseligkeiten oder gar Rachegedanken geprägt waren. Bothien kam zu dem Ergebnis, dass das Verhältnis zwischen Stadtbevölkerung und Besatzern trotz der zunächst strengen Verordnungen, belastender Einquartierungen und einzelner Übergriffe britischer Soldaten insgesamt friedlich blieb. Die meisten Einwohner arrangierten sich mit der Anwesenheit britischer Truppen. Die Eingliederung Bonns in die französische Besatzungszone wurde dagegen mit Skepsis betrachtet.
BENEDIKT NEUWÖHNER (Duisburg-Essen) untersuchte anhand von Akten der britischen Besatzungsverwaltung und deutschen Landes- und Kommunalbehörden die Aushandlung von politischen und sozialen Konflikten in der Kölner Besatzungszone. Hierbei standen die Herrschaftsstrategien der Besatzer vor Ort und deren Auswirkungen auf das sozio-politische Binnengefüge des besetzten Rheinlands im Fokus des Interesses. Die Herrschaftspraxis der Besatzungsoffiziere, die meist über koloniale Diensterfahrung verfügten, war von den Prämissen der „indirect rule“ geprägt. Widerstand gegen die Besatzung sollte durch eine enge Kooperation mit den politischen Eliten des Rheinlands und die Herstellung von öffentlicher Sicherheit minimiert werden. Nicht zuletzt aufgrund des von Gewalt überschatteten Beginns der Weimarer Republik stießen die Briten auf ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft in der rheinischen Bevölkerung. Unter dem Deckmantel der Okkupation, die als Schutzschild gegen die revisionistische Besatzungspolitik Frankreichs wahrgenommen wurde, eröffneten sich den deutschen Behörden Handlungsspielräume gegen kommunistische und separatistische Kräfte. Auf Seiten der revolutionären Linken generierte die blutige Niederschlagung der Sozialisierungsbewegung durch deutsche Regierungstruppen Anreize zur Kooperation mit den moderat agierenden Briten. Angesichts dieser Befunde stellte Neuwöhner das Narrativ von der Rheinlandbesatzung als verlängertem Kriegszustand in Frage.

Den Einstieg in die Sektion zur belgischen Besatzungszone machte MAREEN HEYING (Düsseldorf) und untersuchte aus einer geschlechtergeschichtlichen Perspektive die Prostitution als Interventionsfeld von Besatzungsherrschaft anhand der Bestimmungen der belgischen Besatzer in Düsseldorf-Oberkassel. Durch Schriftwechsel der Armee, der Politik und der Polizei sowie basierend auf Berichten des örtlichen Gesundheitsamtes zeigte sie auf, wie sich die Vorschriften auf den Alltag der Prostituierten und Polizisten auswirkten. Die größte Sorge der Belgier galt der Übertragung von Geschlechtskrankheiten auf die belgischen Soldaten. Prostitution wurde von den Besatzungsbehörden als Bedrohung für die Sicherheit ihrer Truppen wahrgenommen. Für sexuell übertragbare Infektionen wurden deutsche Frauen als Hauptverantwortliche angesehen. Belgische Verordnungen führten zu einer massiven Reglementierung des Alltags für Prostituierte, welche sich in Zwangsuntersuchungen und der Einführung einer speziellen Ausweispflicht widerspiegelte. Frauen waren also nicht nur in ihren Handlungsspielräumen eingeschränkt, sondern konnten auch kriminalisiert werden, weil sie auch als Prostituierte diffamiert worden seien, obwohl sie tatsächlich eine Liebesbeziehung mit einem Soldaten hatten. Heying wies auch darauf hin, dass die Regulierung der Prostitution von den Besatzern unterschiedlich gehandhabt wurde. So existierten in der französischen Zone eigens Bordelle für die Soldaten.

Im Zentrum der Forschungsinteressen von CHARLOTTE VEKEMANS (Gent) stand die Rekonstruktion der politischen Entscheidungsfindung in der Besatzungspolitik der Belgier. Ihr Anspruch war hierbei, anhand von Akten des belgischen Verteidigungs- und Außenministeriums sowie deutscher Zeitungsartikel und Flugblätter, den repressiven Charakter der belgischen Besatzung offen zu legen. Die Referentin untersuchte anhand diverser Beispiele, inwieweit Belgiens Wunsch nach Revanche für die bis 1918 anhaltende deutsche Besatzung in Belgien die Politik in der eigenen Zone im Rheinland beeinflusste. Durch die Analyse dieser Quellen sollten auch Aufschlüsse über das alltägliche Zusammenleben von belgischen Soldaten und deutschen Zivilisten erlangt werden. Inhaltlich bildeten Machtdemonstrationen auf beiden Seiten, gegenseitige enttäuschte Erwartungsansprüche und verletzte Normen den Schwerpunkt ihres Vortrags. Während die französischen Besatzungsbehörden im Rahmen der pénétration pacifique darum bemüht waren, kulturelle Gemeinsamkeiten zwischen Frankreich und der rheinischen Bevölkerung zu konstruieren, und die Briten als Ordnungsmacht im besetzten Rheinland auftraten, hatte die belgische Administration wenig Interesse, sich als wohlwollende Besatzungsmacht gegenüber den Rheinländern darzustellen. Die Sanktionen der belgischen Militärbehörden, getrieben vom Ruf „Le Boche paiera tout!“, provozierten mitunter gewaltsamen Widerstand von Seiten der Zivilbevölkerung. Insbesondere aufgrund von Übergriffen auf die belgischen Besatzungssoldaten sei der Alltag der deutschen Bevölkerung oft von Gewalt dominiert worden. Vekemans wertete die belgische Besatzungszeit daher als einen verlängerten Kriegszustand.

Die dritte Sektion zur Ruhrbesetzung und amerikanischen Besatzungszone eröffnete STEFAN GOCH (Düsseldorf), der über die Realität und Deutung der Ruhrbesetzung (1923 bis 1925) am Beispiel von Gelsenkirchen referierte, das von französischen und belgischen Truppen okkupiert war. Goch wies in seinem Vortrag intensiv auf die Diskrepanz zwischen der propagandistischen Deutung der Ruhrbesetzung im öffentlichen Diskurs und der sozialhistorischen Realität der Besatzung hin. Die politischen Entscheidungsträger versuchten früh die Besatzung in Misskredit zu bringen, indem sie propagandistische Darstellungen über Gräueltaten der Besatzer erstellen ließen. Vor Ort sei die Ruhrbesetzung jedoch weitaus weniger dramatisch abgelaufen, so Gochs These. Der Referent bezeichnete den gegenseitigen Umgang von Besatzern (Kommandeur) und Besetzten (Bürgermeister) in Führungspositionen als „Prozess unter Ehrenmännern“ und verwies auf die relativ geringe Anzahl von Toten angesichts des bevölkerungsreichen besetzten Gebietes und der über 100.000 Mann starken Besatzungstruppen. Die von der Propaganda beschworene „Einheitsfront des deutschen Volkes“ gegen die Ruhrbesetzung wurde als äußerst brüchig eingeschätzt. Die Arbeiter im Ruhrgebiet hegten ein tiefes Misstrauen gegenüber den Institutionen des Staates. Daher, so Goch, sei die Arbeiterschaft gegenüber dem franko-belgischen Besatzungsregime weitgehend indifferent gewesen.

KAI-MICHAEL SPRENGER (Mainz) beschäftigte sich mit den USA als der vierten Besatzungsmacht nach dem Ersten Weltkrieg von 1918 bis 1923 an Rhein und Mosel. Dafür nahm er die alltäglichen Begegnungen und den kulturellen Austausch zwischen deutschen Zivilisten und amerikanischen Soldaten in das Blickfeld seines Vortrags. Sprenger kam zu dem Ergebnis, dass das Verhältnis zwischen Besatzern und Besetzten in der amerikanischen Zone nicht von Gewalt geprägt gewesen sei. Vielmehr hätten sich recht zügig Räume für interkulturelle Kontakte eröffnet, da sich zwischen der Bevölkerung und den Soldaten überwiegend freundschaftliche Beziehungen anbahnten. So wurde beispielsweise das Arbeiten für die Besatzungsmacht nicht als Kollaboration stigmatisiert. Stattdessen bewarben deutsche Bäckereien öffentlich ihre Tätigkeit für die Amerikaner. Darüber hinaus bekundete die Bevölkerung reges Interesse an der amerikanischen Kultur. So wurden z. B. Baseballspiele, welche zur Freizeitgestaltung der amerikanischen Besatzungstruppen veranstaltet wurden, von zahlreichen deutschen Zivilisten besucht. Angesichts dieser Befunde resümierte Sprenger, dass die Dichotomie zwischen Besatzern und Besetzten im amerikanischen Sektor aufgebrochen worden sei, während diese in der französischen Zone fortbestanden habe.

Die abschließende Expertenrunde, an der Susanne Brandt, Stefan Goch, Benedikt Neuwöhner und Kai-Michael Sprenger teilnahmen, wurde von MARTIN SCHLEMMER (Duisburg) moderiert. Schlemmer plädierte für eine engere Zusammenarbeit zwischen Archivaren und Historikern sowie die Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten zur weiteren Erforschung der Rheinlandbesatzung. Außerdem könnte die Digitalisierung von Quellenbeständen mit Bezug zur Besatzungszeit die Vernetzung der Forschung weiter vorantreiben. Während der Diskussion über die Einordnung der Ruhrbesetzung wurde Goch widersprochen. Neuwöhner betonte die zahlreichen Sanktionen der Franzosen, welche die alltäglichen Handlungsoptionen der Bevölkerung zum Teil drastisch einschränkten. Ferner führte er die destabilisierenden Eingriffe in die Strukturen des besetzten Gebietes an, wie z. B. die Kommunalisierung der staatlichen Polizei. Brandt eröffnete im Zuge der Diskussion den Blick für neue Zugänge zur Geschichte der Rheinlandbesatzung. Mithilfe eines biographischen Ansatzes könne das Handeln von Akteuren aus der zweiten Reihe der Besatzungsverwaltung wie Beamte, Militärs, und Lokalpolitiker genauer erforscht und somit ein vollständigeres Bild der Besatzung gezeichnet werden.

Der öffentliche Abendvortrag von MARK HAARFELDT (Bochum) über die deutsche Propaganda gegen die alliierte Rheinlandbesatzung rundete die Tagung ab. Haarfeldt unterschied zunächst die deutsche Propaganda im Ersten Weltkrieg, die trotz Werbeplakaten oder Postkarten nicht institutionalisiert war, von derjenigen während der Rheinlandbesatzung, welche in der Reichszentrale für Heimatdienst zentral organisiert wurde. Als Hauptgegner der deutschen Propaganda wurde Frankreich identifiziert. Die Verwendung von französischen Kolonialsoldaten als Besatzungstruppen und die wohlwollend-neutrale Haltung der französischen Besatzungsbehörden zur separatistischen Rheinstaatbewegung waren u. a. die Zielscheiben der Propagandakampagnen, welche die Feindschaft zu Frankreich, den drohenden Zerfall des Reiches beschworen und sich durch einen zunehmend völkisch konnotierten Nationalismus auszeichneten. Der französischen pénétration pacifique des Rheinlands wurde das Bild einer scheinbar überlegenen deutschen Kulturgemeinschaft entgegengesetzt.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Tagung neue Perspektiven zur Erforschung der Rheinlandbesatzung anregte. Die Deutung der Rheinlandbesatzung als verlängerter Kriegszustand, die vor allem auf der Erforschung der französischen Besatzung beruht, bedarf einer differenzierteren Beurteilung, welche die Geschichte der belgischen, britischen und amerikanischen Besatzungszonen stärker mit einbezieht. Darüber hinaus erwuchs aus lebendiger Debatte der Ausblick auf die Weiterführung der Forschung. Künftige Forschungen müssten sich einer Vielzahl von alltags- und kulturgeschichtlichen, politik- und diplomatiegeschichtlichen sowie konkret regionalhistorischen Fragen annehmen. Die Aussicht für eine landeshistorische Auswertung der vorhandenen Quellen ist gestiegen, weil, wie im Falle der belgischen Besatzer, die Akten aus den Moskauer Archiven zwar zurück kamen, aber noch weitgehend unbearbeitet sind. Dieser Rückstand in der Bearbeitung der Bestände betrifft auch die britische, insbesondere aber die US-amerikanische Besatzungszone. Begleitet wurde der Tag vom Wissenschaftsportal L.I.S.A. der Gerda-Henkel-Stiftung. Ein Großteil der Vorträge und der Podiumsdiskussion kann somit langfristig auf diesem Portal rezipiert werden.

Konferenzübersicht:

Ralf-Peter Fuchs (Duisburg-Essen) und Georg Mölich (Bonn): Begrüßung und Einführung

Key-Note-Lecture

Susanne Brandt (Düsseldorf): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg im Westen

Sektion 1, Britische Besatzung

Horst Bothien (Bonn): Die britische Besatzung Bonns

Benedikt Neuwöhner (Duisburg-Essen): Indirect Rule am Rhein? Die Aushandlung von
Konflikten in der britischen Besatzungszone

Sektion 2, Belgische Besatzung

Mareen Heying (Düsseldorf): Sicherheit der Besatzungsarmeen. Fraternisierung, Prostitutionsverdacht und Geschlechtskrankheiten im belgisch besetzten Düsseldorf-Oberkassel, 1918–1926

Charlotte Vekemans (Gent): The Belgian Occupation of the Rhineland. Political decision-making and its effects on the daily interactions between occupiers and the occupied, 1918–1923

Sektion 3, Ruhrbesetzung und amerikanische Besatzungszone

Stefan Goch (Düsseldorf): Realität und Deutung der Ruhrbesetzung

Kai-Michael Sprenger (Mainz): Die Amerikaner am Rhein

Abschlussdiskussion mit Susanne Brandt, Stefan Goch, Benedikt Neuwöhner, Kai-Michael
Sprenger; Moderation: Martin Schlemmer (Duisburg)

Öffentlicher Abendvortrag

Mark Haarfeldt (Bochum): Die Rheinlandbesatzung als Propagandawaffe




[Regionalforum-Saar] Zeitgeschichte sehen.. Die Aneignung von Vergangenheit durch Filme und ihre Zuschauer

Date: 2019/08/28 19:13:05
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Zeitgeschichte sehen.. Die Aneignung von Vergangenheit durch Filme und ihre Zuschauer

 

 

Autor Moller, Sabine

Reihe Deep Focus 27

Erschienen Berlin 2018: Bertz + Fischer Verlag

Anzahl Seiten 223 S., 171 Abb.

Preis € 25,00

ISBN 978-3-86505-330-5

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von  Julian Genten, Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte, Friedrich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin

Wie rezipieren Zuschauer/innen historische Spielfilme? Und wie wirkt sich die jeweilige Rezeptionsweise auf die Ausprägung von Geschichtsbewusstsein aus? Mit „Zeitgeschichte sehen“ hat Sabine Moller eine Arbeit vorgelegt, die diese Fragen anhand ausgewählter Filme empirisch untersucht. Anhand von Gruppendiskussionen und leitfadengestützten Interviews zu einzelnen Filmsequenzen zeigt Moller im ersten Teil des Buches zum einen, wie Zuschauer/innen als aktiv handelnde Akteur/innen „dem Gesehenen mit einer eigenen Agenda“ begegnen und es dementsprechend deuten (S. 197). Zum anderen veranschaulicht sie Filmrezeption aber auch als einen kommunikativen Vorgang, der gesellschaftlichen Konventionen unterliegt, welche die Kreativität der Zuschauer/innen rahmen und ihre Aneignung an soziale Kontexte rückbinden. Im zweiten Teil von „Zeitgeschichte sehen“ wechselt Moller die Perspektive von den Zuschauer/innen hin zu Filmemacher/innen und fragt danach, „wie Regisseure die Aneignung von Geschichte kunstvoll in Szene setzen und dabei ihre eigene subjektive Betroffenheit von dieser Geschichte explizieren und ausstellen“ (S. 16).

Diesen empirischen Untersuchungen sind im Kapitel „Zugänge“ detaillierte theoretische und methodische Vorüberlegungen vorangestellt, welche die Arbeit an der Schnittstelle von Filmwissenschaften, Geschichtsdidaktik, Gedächtnis- und Rezeptionsforschung verorten und ihr eine theoretische Grundlage von beachtlicher Breite bieten. Dem Trend der neueren kulturwissenschaftlichen Rezeptionsforschung folgend, begreift Moller Filmrezeption als einen Prozess der Aneignung, bei dem die Zuschauer/innen ihre eigene Lebenswelt mit der im Film gezeigten Geschichte verzahnen und dieser Bedeutung zuschreiben.[1] Dieses „interaktionistische Element“ der Filmrezeption spiegelt sich auch in Mollers methodischem Zugriff wider, wenn sie ihre Forschungsinterviews „als von mehreren Sprechern gemeinsam verfertigte Texte“ konzipiert und die soziale Determiniertheit jeder Erzählsituation reflektiert (S. 61–62). Dabei orientiert sie sich an Ansätzen der qualitativen Sozialforschung, insbesondere am Konzept der Grounded Theory, um Theorie und Forschungsgegenstand wechselwirkend aneinander zu entwickeln. Ihre Gesprächspartner/innen sind im Sinne eines theoretischen Samplings ausgewählt, sollen also dem Anspruch nach Aufschluss über ein möglichst breites Spektrum an Aneignungsweisen von Filmen geben (vgl. S. 55–57).

Das Kapitel „Filmaneignungen“ stellt mit der Auswertung von Interviews zu den bekannten Spielfilmen „Forrest Gump“ (Regie: Robert Zemeckis, USA 1994) und „Good Bye, Lenin!“ (Regie: Wolfgang Becker, Deutschland 2003) den Kern der Arbeit dar. Moller, die ihre Untersuchung in Deutschland und den USA durchgeführt hat, begründet diese Auswahl mit der hohen Popularität der Filme in beiden Ländern, die in ihrer Darstellung von Zeitgeschichte beide ikonische Bilder geschaffen hätten, welche die Geschichtsvorstellungen breiter Bevölkerungsteile geprägt hätten. Diesen beiden Tragikomödien wird anschließend mit „Schindlers Liste“ (Regie: Steven Spielberg, USA 1993) ein Drama gegenübergestellt, um zu eruieren, inwiefern den zuvor analysierten Aneignungsweisen von Geschichte im Film genreübergreifende Gültigkeit zukommt.

Die Unterkapitel von „Filmaneignungen“ sind klar strukturiert: Moller gibt zunächst einen kurzen Überblick über den jeweiligen Film und stellt die für die Interviews ausgewählten Filmsequenzen vor, wobei die zahlreichen abgedruckten Filmstills (insgesamt 171) die Orientierung beim Lesen erleichtern. Hiervon ausgehend werden dann jeweils drei Interviews auf Grundlage von Harald Welzers hermeneutischer Dialoganalyse ausführlich besprochen und um die Reaktionen weiterer Gesprächspartner/innen ergänzt.[2] Zudem hat Moller die Analyse eines Filmabends, bei dem eine Gruppe Studierender gemeinsam „Forrest Gump“ schaute, in ihr Buch mit einbezogen. Insbesondere hier gelingt es ihr, anhand einzelner Gesprächssequenzen die lebensweltlichen Rückbezüge und soziale Kontextgebundenheit jeder Filmrezeption zu veranschaulichen – etwa, wenn sie zeigt, wie eine Studentin den Film nicht nur aus ihrer eigenen Perspektive wahrnimmt, sondern sich zugleich in die Rolle ihrer abwesenden Dozentin hineinversetzt, den Film gewissermaßen mit deren Augen sieht und ihre mutmaßlichen Reaktionen kommentiert (vgl. S. 87–92).

Auch die Einzelinterviews werden gut nachvollziehbar interpretiert und bieten interessante Erkenntnisse, beispielsweise über Ien Angs Unterscheidung zwischen empiristischem und emotionalem Realismus (S. 100)[3], welche Moller anhand einer Äußerung einer US-amerikanischen Historikerin diskutiert, die über eine Szene aus „Forrest Gump“ sagt: „What I saw was the reality of the late sixties.“ (S. 97) Bei der Auswahl der Gesprächspartner/innen wäre mehr Diversität allerdings wünschenswert gewesen. Denn einerseits werden die analysierten Interviews zwar gekonnt im Sinne des theoretischen Samplings miteinander kontrastiert, wobei Moller insbesondere gutes Gespür für intersektionale Betrachtungsweisen zeigt und Lesarten vorstellt, die sich – bezogen auf „Forrest Gump“ – wahlweise auf die Themengebiete Race, Class und Gender fokussieren. Andererseits kommen jedoch in den ausführlich besprochenen Interviews ausschließlich Akademiker/innen zu Wort – eine Gruppe Studierender, zwei Historiker/innen, je ein Film- und Kommunikationswissenschaftler, ein Geschichtslehrer, eine pensionierte Englischlehrerin und eine Kulturwissenschaftlerin. Und auch bei den nur kurz angerissenen weiteren Interviewausschnitten zeigt sich ein ähnliches Bild. Das wirft die Frage auf, ob hier nicht eher die Rezeptionsweisen einer kleinen bildungsbürgerlichen Elite untersucht wurden, als die von Zuschauer/innen insgesamt. Bedauerlicherweise erläutert Moller nicht genauer, wie sie ihre Interviewpartner/innen gefunden hat, sondern gibt lediglich an, im „Schneeballverfahren“ Informationen zu ihrem Projekt „weit gestreut“ zu haben (S. 56). Es scheint jedoch so, als hätte die weite Streuung vorrangig in einem universitären Kontext stattgefunden. Diese Blase zu verlassen und nicht-akademische Stimmen stärker mit einzubeziehen, hätte dem Werk sicher gut getan.

Das Kapitel „Aneignungsfilme“ untersucht anhand dreier Beispiele – „The Watermelon Woman“ (Regie: Cheryl Dunye, USA 1996), „Ararat“ (Regie: Atom Egoyan, Kanada/Frankreich 2002) und „Aufschub“ (Regie: Harun Farocki, Deutschland 2007) – wie sich Filmemacher/innen historische Ereignisse und Topoi zu eigen machen und filmisch in Szene setzen. Moller selbst konzediert, dass sich ihr „eigenes Vergnügen an diesen Filmen“ in ihren Analysen widerspiegele, die gleichwohl theoretisch gesättigt sind und ihr Erkenntnisinteresse klar zum Ausdruck bringen. Anhand von Atom Egoyans „Ararat“, einem Film über den Genozid an den Armenier/innen, diskutiert sie beispielsweise die Schwierigkeiten bei der Verfilmung eines historischen Geschehens, für das es noch kaum etablierten Sehgewohnheiten und medial geprägte Bilder gibt, und analysiert den selbstreflexiven Umgang des Films mit seinen Beglaubigungsstrategien (vgl. S. 173–182). Auch Mollers Analysen von „The Watermelon Woman“ und „Ararat“ bieten, jeweils für sich genommen, zahlreiche Denkanstöße. Dabei ist eine das Kapitel zusammenhaltende Argumentation allerdings nur schwer erkennbar. Die Interpretationen der drei Filme stehen eher lose verbunden nebeneinander und werden weder durch ein Zwischenfazit zusammengeführt noch im Schlussteil des Werkes erneut aufgegriffen.

Dieses Fehlen einer übergreifenden Narration betrifft auch den Aufbau des Buches insgesamt. Es ist zwar in der Tat innovativ, „die Aneignung von Vergangenheit“ – wie es im Titel heißt – zugleich „durch Filme[-macher/innen] und ihre Zuschauer“ zu analysieren, doch versäumt es Moller, klare Verbindungen zwischen „Filmaneignungen“ und „Aneignungsfilmen“ herzustellen. Eine stärkere Verflechtung zwischen diesen beiden analytischen Ebenen – etwa durch Interviews mit Zuschauer/innen der untersuchten „Aneignungsfilme“ – hätte möglicherweise weiterführende Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen der filmischen Visualisierung von Geschichte und ihrer Rezeption hervorgebracht.

Von diesen kleineren Kritikpunkten abgesehen, ist „Zeitgeschichte sehen“ jedoch ein theoretisch überaus fundiertes Werk. Sabine Moller gelingt es, Theorie und Empirie immer wieder produktiv aufeinander zu beziehen und aneinander zu schärfen. Ihre interdisziplinäre und methodisch vielseitige Herangehensweise macht „Zeitgeschichte sehen“ zu einem Werk, das von Forscher/innen vieler unterschiedlicher Fachrichtungen mit großem Gewinn gelesen werden kann.




[Regionalforum-Saar] genealogisches Seminar auf Schlo ß Dhaun bei Kirn im Oktober

Date: 2019/08/29 12:08:02
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Tag,

es hat ein bißchen gedauert, aber jetzt ist das Programm für das diesjährige genealogische Seminar auf Schloß Dhaun bei Kirn im Oktober fertig.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

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Vertiefende Familienforschung
Schlossakademie Dhaun bei Kirn (an der Nahe)
am 12ten und 13ten Oktober 2019

Unser Programm sieht derzeitig so aus:

Friedrich Denne
Das genealogische Testament

Markus Detemple
Über das Zunftwesen am Beispiel der Nassau-Saarbrücker Schmiede- und Wagnerzunft

Dr. Helmut Priewer 
Pockenausbrüche im Westerwald im 18. Jahrhundert.

Roland Paul
Italienische Einwanderung in den deutschen Südwesten im 18. und 19. Jhdt.

Florian Kunz
Ursprünge der Pfarrei

Roland Geiger
Von der standesamtlichen Ehe im 19ten Jahrhundert

Ernst-Peter Winter
"Was bietet das GenWiki und wie finde ich mich darin zurecht"

Filmvorführung „Wendelin weltweit“

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Teilnehmerbeitrag inkl. Übernachtung im EZ (inkl. Verpflegung): 150,- €

Teilnehmerbeitrag ohne Übernachtung: 120,- €

Bei Anreise am Freitag plus 45 für Übernachtung und Frühstück
 
 
Anmeldung

Schlossakademie Schloß Dhaun
55606 Hochstetten-Dhaun
Tel. 06752/93840
Email: info(a)schlossdhaun.de
www.schlossdhaun.de
 
oder
 
Roland Geiger
Alsfassener Straße 17
66606 St. Wendel
Tel. 06851-3166
Email: alsfassen(a)web.de
www.hfrg.de

[Regionalforum-Saar] code civil

Date: 2019/08/30 21:09:18
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Abend,

letztens fragte jemand nach einer Ausgabe des Code Civil in Deutsch.


Hier ist eine von 1807 digital bei der Uni Düsseldorf:

=> http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/titleinfo/3588536

Sie läßt sich runterladen.

Download:  Mit einem Anhang und einem vollständigen Sachregister [181,95 mb]


Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger