Date: 2019/01/01 17:52:26
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Guten Abend,
ich wünsche allen Lesern ein schönes Neues Jahr.
Mir ist heute eine Frage gestellt worden, von der ich nicht weiß, wie ich sie beantworten soll:
Gesucht wird Bernhard Planta, geb. 1659 in Graubünden, der im Bereich des heutigen Saarlandes eine Frau namens Anna Welsch geheiratet hat.
In dem Zusammenhang wird auf eine zweite Familie verwiesen:
Johann Planta, verheiratet mit Catharina Sonntag. Johann könnte der Vater oder ein Bruder von Bernhard gewesen sein. Er starb auch hier in unserer Kante.
Hat jemand Informationen zu dieser Familie, die möglicherweise hier bei uns unter einer Variante des Namens lebten?
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
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Date: 2019/01/01 19:26:02
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Danke Roland Geiger |
Date: 2019/01/02 08:53:50
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ:
Ein Gefühl von Rom auf dem Land Merzig. Mehrere Millionen Steinchen fügen sich in der Villa Nennig zu einem Kunstwerk zusammen. Von Nina Drokur Hinter den Häusern von Nennig, eingekesselt zwischen Schrebergärten, versteckt sich eine kleine Sensation. Neben Maulwurfhügeln ragen kleine Säulenfragmente aus dem Boden. Mauerstücke lassen vermuten, was hier in der römischen Antike gestanden haben muss. Eine prächtige Villa Rustica, so zeigt es das kleine Modell im gallo-romanischen Schutzhaus, das den eigentlichen Sensationsfund beherbergt. Noch liegt das Areal im Winterschlaf, ab April können Besucher hier einen der bedeutendsten römischen Mosaikfußböden nördlich der Alpen betrachten. Als Landwirt Peter Reuter im Jahre 1852 eine Rübengrube aushob, staunte er nicht schlecht. Schaute ihm doch plötzlich ein Löwe entgegen. Aus Angst um seinen Boden schaufelte er die antiken Steinchen, die er entdeckte, jedoch zunächst wieder zu. Erst ein Jahr später wandte er sich mit seinem Fund an die „Gesellschaft für nützliche Forschung zu Trier“. Die begann mit den Ausgrabungen und fand den jahrtausendealten Mosaik-Fußboden. So erzählt es Thomas Martin, der seit 1. Dezember die Leitung des Museums für Vor- und Frühgeschichte übernommen hat und damit auch für die Römische Villa Nennig verantwortlich ist. Die steht nämlich unter der Trägerschaft der „Stiftung Saarländischer Kulturbesitz“. „Das hat historische Gründe“, erläutert der 35-Jährige. Die preußische Regierung, der die Region im 19. Jahrhundert unterstand, habe die Bedeutung des Fundes erkannt und das Grundstück 1854 erworben. Um den wertvollen Boden zu schützen, hat König Friedrich Wilhelm IV. sogleich ein Holzdach, und 1854 das noch heute bestehende Schutzgebäude errichten lassen. Es gehört damit zu den ältesten Museumsbauten in Deutschland überhaupt. Der Fußboden lag im Eingangsbereich der repräsentativen Villa. Vermutlich die Sommerresidenz reicher Römer, die den Bewohnern ein „Gefühl von Rom auf dem Land“ vermitteln sollte, wie Martin sagt. Der Villenkomplex zeichnet sich besonders durch seine schiere Größe aus, sagt Martin. Über 6000 Quadratmeter umfasst er. Von der Galerie im Schutzhaus aus haben Besucher freien Blick auf den zehn mal 15 Meter großen Mosaik-Boden. Ringsherum liegen schwarz-weiße Kacheln, „Es soll wie ein Marmorboden mit Teppich aussehen“, sagt Martin. Auf dem „Teppich“ ranken sich grün-gelbe Stränge, florale Motive und geometrische Muster sind zu erkennen, Rauten und Dreiecke. Die meisten Steinchen sind Originale. Nur wenige hat Villeroy & Boch 1874 rekonstruiert. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass sie etwas dunkler sind. Aus dem überladenen Durcheinander stechen acht Bilder hervor: sieben achteckige und ein viereckiges. Typische Szenen aus einem Tag im Amphitheater, sagt Martin, während er entlang der Galerie schreitet. Morgens geht es noch harmlos zu, sagt der Archäologe und zeigt auf das Mosaik, auf dem ein Tiger gegen einen Wildesel kämpft. Blut tropft in einzelnen Steinchen aus der Stelle, wo die Tigertatze das Huftier trifft. In den folgenden Bildern kämpfen Menschen gegen Tiere wie Raubkatzen und Bären. Verschiedene Waffen kommen zum Einsatz, Speere, Peitschen. Die Abwechslung habe eine große Rolle gespielt bei den Kämpfen, sie sollten schließlich unterhalten, weiß Martin. Tödlich sollten sie, entgegen der Darstellung in Hollywood, eigentlich nicht sein, klärt der Museumsleiter auf. Es waren Extrem-Sportler. Sklaven, die ihre Besitzer viel Geld kosteten in der Ausbildung, Ernährung und Unterbringung. Und das Publikum hatte seine Lieblinge. „Die konnte man nicht einfach sterben lassen.“ Trotzdem hat vor allem Wundbrand die meist jungen und übermütigen Gladiatoren das Leben gekostet. Der Fußboden zeigt eine weitere Besonderheit. „Er ist oft in Musikbüchern zu sehen“, sagt Martin und macht auf das letzte Achteck aufmerksam, das dem heutigen Eingang am nächsten ist. Zu sehen sind zwei Musiker, ein Tubenspieler und ein Mann an einer Wasserorgel. „Eine der ältesten Darstellungen einer Orgel“, sagt Martin. Höhepunkt im Amphitheater und Höhepunkt des Kunstwerks ist der Kampf zweier Gladiatoren gegeneinander. Ein Leicht- und ein Schwergewicht, einer mit Speer und leichter Rüstung, einer mit massivem Schild. Wie bei Villae Rusticae üblich, gehörte zu der repräsentativen Villa auch ein entsprechender Gutshof mit Nebengebäuden, der sich im Fall der Villa Nennig bis zur Mosel erstreckte. Eines davon, ein Badehaus etwa 250 Meter entfernt. Ein Gang verband die beiden Gebäude. Ob die Wandelhalle nur dazu diente, trockenen Fußes von A nach B zu gelangen, daran glauben die Forscher nicht. „Es gibt viele Theorien um diesen Gang“, sagt Martin. „Es könnte eine Sportstätte gewesen sein, vielleicht eine Gladiatorenschule.“ Das passe jedenfalls zu den Motiven des Mosaik-Fußbodens. Einige der überirdischen Mauern lassen die einzelnen Räume zwar noch erkennen, genau zuordnen kann man sie heute jedoch nicht mehr. Es gab relativ wenig Funde, bedauert Martin. Der frühe Ausgrabungspunkt ist Fluch und Segen zu gleich. Man wollte damals so schnell wie möglich die Sensation freilegen. Dabei ist sicherlich vieles zu Bruch gegangen, auch gab es damals noch kein Gesetz, das darauf pochte, Funde dem Staat zu überlassen. Einige Entdeckungen bleiben so bis heute verschollen, sagt Martin. Ein Großteil des Komplexes liegt jedoch unter der Erde verboren, reicht sogar bis unter die Dorfkirche, um die historischen Funde vor Verwitterung zu schützen. Wie er den Besuchern die Hintergründe dennoch anschaulich vermittelt, und wie die Zukunft der Villa Nennig aussieht, vor dieser Aufgabe steht der neue Museumsleiter jetzt. Gerade im Außenbereich sieht er Verbesserungspotenzial, weil es dort ohne Führung wenig Informationen für die Besucher gibt. Martin denkt deshalb über Infotafeln nach. Und eine Kooperation mit der Villa Borg schwebt ihm vor. Unlängst kam deshalb Kritik im Landkreis auf. „Eine Zusammenarbeit ist mit Sicherheit sinnvoll“, sagt er dennoch. Gerade weil die unterschiedliche Trägerschaft – Villa Borg unter der „Kulturstiftung für den Landkreis Merzig-Wadern“, Villa Nennig unter der „Stiftung Saarländischer Kulturbesitz“ – für Besucher nur schwer nachvollziehbar sei. Wissenschaftliche und Verwaltungsebene müsse man getrennt betrachten. Aber: „Ich finde Borg und Nennig ergänzen sich wunderbar komplementär.“ Die Stärke der Villa Nennig sieht der Saarbrücker Museumsleiter darin, dass Besucher den Boden an seinem ursprünglichen Ort in seinem ursprünglichen Kontext sehen, er nicht als Ausstellungsstück in irgendeinem Museum hängt. Den Beruf hat er „ganz klar nicht fürs Geld gewählt“, lacht der 35-Jährige. Es gehöre viel Idealismus dazu: „Ich empfinde es als Privileg mit Originalen arbeiten zu dürfen.“
Öffnungszeiten und Eintrittspreise Noch bis April ist die Römische Villa geschlossen. Dann gelten folgende Öffnungszeiten und Preise: April bis September, Dienstag bis Sonntag, 8.30 Uhr bis 12 Uhr und 13 Uhr bis 18 Uhr. März, Oktober, November, Dienstag bis Sonntag, 9 Uhr bis 11.30 Uhr und 13 bis 16:30 Uhr. Eintrittspreise: Erwachsene zahlen 1,50 Euro, Kinder und Schulklassen 0,75 Euro, für Gruppen kostet der Eintritt 1 Euro pro Person.
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Date: 2019/01/02 17:40:03
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Guten Abend,
heute mittag habe ich erfahren, daß Gerhard Schnur, den viele von Ihnen sicher aufgrund seiner Tätigkeit früher in der Stadtbibliothek St. Wendel und seit vielen Jahren im Stadtarchiv St. Wendel kennen, kurz vor Weihnachten gestorben ist. Er ist 65 Jahre alt geworden.
Ich kenne ihn schon seit vielen Jahren - er hat
mir manch wertvollen Tip gegeben, vor allem, wenn ich mal wieder
mit irgendwelchen krusen Ideen oder Fragen im Archiv aufgetaucht
bin. Er wird mir sehr fehlen. Die Beerdigung findet in der kommenden Woche am Dienstag, 08.01.2019, um 14:30 Uhr in der Pfarrkirche Theley statt, anschließend ist die Beisetzung auf dem Friedhof.
Roland Geiger |
Date: 2019/01/09 17:23:22
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Verbotene Liebe, verborgene Kinder. Das Geheime Buch des Göttinger Geburtshospitals 1794–1857
Autor Schlumbohm, Jürgen Erschienen Göttingen 2018: Wallstein Verlag Umfang 192 S. Preis € 20,00 ISBN 978-3-8353-3250-8
Rezensiert für H-Soz-Kult von Christiane Raffaela Bub, Seminar für Neuere Geschichte, Universität Tübingen
Über den Umgang mit unehelichen Schwangerschaften in bürgerlichen und adeligen Familien des 19. Jahrhunderts ist vergleichsweise wenig bekannt. Diese unterlagen strengen Geheimhaltungsstrategien und sollten möglichst vor der Außenwelt verborgen bleiben. Jürgen Schlumbohm hat nun eine Quelle aufgetan, die hier neue Erkenntnisse liefert. In seinem Buch „Verbotene Liebe, verborgene Kinder“ wertet er das sogenannte „Lila oder Geheime Buch“ des Göttinger Geburtshospitals und ein daran angeschlossenes Konvolut von Briefen und Belegen aus.
Das „Geheime Buch“ enthält eine Sammlung von 27 Fallgeschichten heimlich gebärender Frauen, die nicht in den offiziellen ärztlichen Protokollbüchern vermerkt wurden. Diese Geschichten haben drei Direktoren des Entbindungshospitals zwischen 1794 und 1857 dort eingetragen. Bei den Frauen und Männern, die im Zentrum der Fallgeschichten stehen, handelt es sich meist um besser gestellte Personen der mittleren und gehobenen Schichten. Die Studie leistet damit ebenso einen Beitrag zur Krankenhaus- und Geschlechtergeschichte [1] wie auch zur Geschichte der „höheren Stände“ im 18. und 19. Jahrhundert.
Das Buch gliedert sich in fünfzehn Kapitel, von denen das erste die behandelte Quelle vorstellt und das zugrundliegende Erkenntnisinteresse umreißt. Das zweite Kapitel thematisiert das Göttinger Geburtshospital und führt in dessen Umgang mit zahlenden und nichtzahlenden Patientinnen ein. In den darauffolgenden zwölf Kapiteln stellt Schlumbohm die verschiedenen Fallgeschichten, zum Teil separat, zum Teil thematisch zusammengefasst, dar und ordnet sie in den historischen Kontext ein. Abschließend fasst er die gewonnenen Erkenntnisse zusammen und greift die Frage nach Ursachen und Folgen außerehelicher Liebe und Schwangerschaft auf. Es gelingt dem Autor, nahe an den Quellen zu bleiben und gleichzeitig einen Beitrag zu übergreifenden Forschungsfragen zu leisten.
Im ersten Kapitel formuliert der Autor ein doppeltes Erkenntnisinteresse: Zum einen fragt er danach, wie „im 18. und 19. Jahrhundert Frauen, Männer und Familien der mittleren und gehobenen Schichten mit dem heiklen Problem einer Liebe außerhalb der Ehe um[gingen]“ (S. 10); zum anderen gebe die Quelle Antworten auf die Frage nach der Funktion des Geburtshospitals für zahlungsfähiges Klientel. Das „Geheime Buch“ eröffne so die Möglichkeit, eine Gruppe in den Blick zu nehmen, über deren Umgang mit nichtehelichen Verbindungen und illegitimen Geburten bisher wenig bekannt sei. Da Teile der Quellen unleserlich gemacht wurden, um die Anonymität der entsprechenden Personen zu wahren, mussten diese vom Autor mühsam entziffert werden.
Der Autor stellt im Verlauf des zweiten Kapitels die Aufnahmepraxis und den Umgang des Göttinger Geburtshospitals mit zahlenden und nichtzahlenden Patientinnen dar. Das Hospital war keine uneigennützige Einrichtung. Die nichtzahlenden Patientinnen dienten „der praktischen Ausbildung von Medizinstudenten und Hebammen“ (S. 14). Zahlende Patientinnen genossen demgegenüber verschiedene Privilegien. Sie waren separat untergebracht, wurden von den Direktoren selbst entbunden und hatten das Recht, falsche Personalangaben zu machen. Dies ermöglichte es auch, die Unehelichkeit der Kinder im Kirchenbuch zu verschleiern. Die Fallgeschichten dieser Frauen wurden von den Direktoren nicht in das Hospitaltagebuch, sondern in das Geheimbuch eingetragen. Die Privilegien einer anonymen Entbindung unter falschem Namen waren dabei immer an vorhandene Zahlungsmittel geknüpft.
Die folgenden zwölf Kapitel thematisieren die verschiedenen Fallgeschichten des „Geheimen Buchs“. Schlumbohm zeichnet dabei, soweit möglich, die Lebenswege aller beteiligten Personen nach. Auf diese Weise erfährt der Leser nicht nur einiges über die Handlungsspielräume der schwangeren Frauen, sondern auch viel über das Schicksal der unehelich geborenen Kinder sowie der Väter und Pflegeeltern. Auch die Rolle und Funktion des Hospitals und die vielfältigen Geheimhaltungsstrategien der Beteiligten werden deutlich.
Interessant erscheint insbesondere, wie die Anonymität der beteiligten Personen über Mittelsleute und Formen der „indirekten Kommunikation“ (S. 39) gewahrt wurde. So vermittelten Vertrauenspersonen die schwangeren Frauen an das Göttinger Geburtshospital und auch Kostgelder gelangten über Zwischenmänner und die Direktoren des Hospitals an die Pflegeeltern. Da die Frauen dem Hospitaldirektor häufig ihren richtigen Namen nannten, müsse jedoch eher von vertraulichen als von anonymen Geburten gesprochen werden (S. 175). Darüber hinaus bestand der Direktor darauf, zumindest von einem Beteiligten richtige Angaben zu erhalten, um die Bezahlung der Leistungen und Pflegegelder zu gewährleisten. Während die Mütter ihre Namen zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Kirchenbuch zunehmend richtig angaben, galt das für die Väter nicht. Daraus schließt Schlumbohm, „dass die Verheimlichung der illegitimen Geburt oft dem Vater noch wichtiger war als der Mutter“ (S. 176).
Die Lebenswege der Kinder und das Verhalten der leiblichen Eltern differierten erheblich. Während ein angehender Pastor seine vorehelich geborenen Zwillinge nachträglich ins eigene Haus aufnahm (Kapitel sechs) und eine Mutter das Schicksal ihres außerehelichen Sohnes im Hintergrund lenkte (Kapitel drei), beschränkten sich andere Mütter und Väter auf das Zahlen von Kostgeldern oder brachen den Kontakt vollständig ab. Ebenso unterschiedlich gestalteten sich auch die Wege der Kinder – während die einen auf Armenunterstützung angewiesen waren, ergriffen andere geachtete Berufe. Mit einer Ausnahme – in der die Geburt zwar ehelich, aber der Zeugungsakt offensichtlich vorehelich war (Kapitel elf) – handelte es sich bei allen Fällen um außereheliche Geburten. Im Gegensatz zu den nicht-zahlenden Patientinnen profitierten die im „Geheimen Buch“ erfassten Frauen von privat-familiären Beziehungen und finanziellen Mitteln. Durch das Angebot, vertraulich niederzukommen, habe das Göttinger Geburtshospital dazu beigetragen, „Regelverstöße gewissermaßen einzuhegen. Die Norm war zwar durchbrochen, durch Verheimlichung aber zugleich bestätigt“ (S. 179).
Durch „die immer striktere bürokratische Erfassung der Personenstandsdaten“ (S. 173) seien anonyme Geburten ab Mitte des Jahrhunderts zunehmend schwierig geworden. Dazu trugen unter anderem Anweisungen zur Führung der Kirchenbücher, polizeiliche Melderegister, ein Reichsgesetz von 1875 sowie die neuen Standesämter bei. Besonders die Registrierung unehelicher Kinder habe die Aufmerksamkeit der Obrigkeit geweckt – „teils aus Sorge vor einer Überlastung der Armenkassen, teils im Interesse der Durchsetzung moralischer Verhaltensnormen“ (S. 173). Das habe einer zunehmenden Diskriminierung unehelicher Geburten im Laufe des 19. Jahrhunderts Vorschub geleistet, die 1900 in die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs mündete.
Das Buch ist durchweg sehr leserlich geschrieben und empfiehlt sich dadurch einem breiten Publikum. Dazu tragen auch die gut ausgewählten Illustrationen bei, die den Text untermalen. Der Band profitiert sicher auch davon, dass der Autor sich bereits früher intensiv mit dem Göttinger Geburtshospital beschäftig hat und zu den ausgewiesenen Kennern der Materie gehört.[2] Um die Fallgeschichten zu kontextualisieren, greift er auf weitere ungedruckte und gedruckte Quellen sowie neuere wissenschaftliche Studien zurück. Letztere werden aber eher in den Fußnoten als im Text erwähnt. Daher wäre im Schluss eine explizitere Reflexion der gewonnenen Erkenntnisse vor dem Horizont aktueller Forschung wünschenswert gewesen. Auch ergeben sich durch den Aufbau des Werks an manchen Stellen leichte Redundanzen.
Dies tut dem Wert der Studie aber keinen Abbruch. Sie bereichert die wissenschaftliche Forschung mit neuen Erkenntnissen. Ein empfehlenswertes Buch.
Anmerkungen:
[1] Vgl. bspw. Verena Pawlowsky, Mutter ledig – Vater Staat. Das Gebär- und Findelhaus in Wien 1784-1910, Innsbruck 2001; Jürgen Schlumbohm / Claudia Wiesemann (Hrsg.), Die Entstehung der Geburtsklinik in Deutschland 1751–1850. Göttingen u.a. 2004; Marina Hilber, Institutionalisierte Geburt. Eine Mikrogeschichte des Gebärhauses, Bielefeld 2012.
[2] Vgl. neben weiteren Texten Jürgen Schlumbohm, Lebendige Phantome. Ein Entbindungshospital und seine Patientinnen 1751–1830, Göttingen 2012; Ders., Saving Mothers’ and Children’s Lives? The Performance of German Lying-in Hospitals in the Late Eighteenth and Early Nineteenth Centuries, in: Bulletin of the History of Medicine 87 (2013), S. 1–31; Ders., Die Verwandtschaft von unehelichen Kindern im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: Christine Fertig / Margareth Lanzinger (Hrsg.), Beziehungen, Vernetzungen, Konflikte. Perspektiven Historischer Verwandtschaftsforschung, Köln u.a. 2016, S. 167–183. |
Date: 2019/01/10 08:48:10
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ - über ein Kuriosum der Geschichte: Wie der Freistaat Flaschenhals entstand
Kaub/Lorch. Ein Treppenwitz der Weltgeschichte: Durch eine politische Nachlässigkeit konnte vor 100 Jahren in einem kleinen Gebiet am Rhein ein eigener Freistaat gegründet werden. Von Jens Albes/dpa Eigenes Notgeld, eigene Telegrafenverbindung, eigene Fuhrwerkdienste: Vor 100 Jahren im Januar 1919 ist am Rhein eine skurrile Mini-Republik entstanden. Ihre eigentümliche Form mit einer Engstelle von nur 800 Metern nahe dem Rhein gibt ihr den Namen: Freistaat Flaschenhals. Hinzu kommt bei dem Territorium bei Lorch und Kaub an der heutigen Landesgrenze von Hessen und Rheinland-Pfalz ein zweites Jubiläum: Die kleine Initiative Freistaat Flaschenhals, die die Erinnerung an den Treppenwitz der Weltgeschichte wachhält, wird 2019 ein Vierteljahrhundert alt. Ihr Präsident Peter Josef Bahles hat nach eigener Aussage gegen Gebühr schon 3600 Pässe ausgestellt, die wie Dokumente der Bundesrepublik aussehen und etwa Menüs in Gaststätten und Vergünstigungen bei Winzern bieten – aber ausdrücklich nichts mit „Reichsbürgern“ zu tun hätten. „Es gibt auch Weine mit unserem Etikett und Weinproben mit Erklärungen zum Freistaat Flaschenhals“, ergänzt der Winzer im Ruhestand. Am 18. Mai will die siebenköpfige Initiative eine Jubiläums-Bahnfahrt mit einer Dampflok durch das Welterbe Oberes Mittelrheintal anbieten. Ebenfalls voraussichtlich im Mai soll ein wohl 196 Seiten dicker Comic-Roman zur Geschichte des seltsamen Territoriums erscheinen. Gezeichnet wird der Band laut dem Hamburger Carlsen Verlag von dem Beruser Bernd Kissel, geschrieben von Marco Wiersch, der Drehbücher für den ARD-„Tatort“ geliefert hat. Alles hat im Oktober 1918 beim Ausklang des Ersten Weltkrieges mit einer kartographischen Nachlässigkeit begonnen. Der Oberbefehlshaber der Armeen der Alliierten, Ferdinand Foch, zeichnet laut der Mainzer Politologin Stephanie Zibell am grünen Tisch jeweils einen rechtsrheinischen Halbkreis mit einem Radius von 30 Kilometern um die wichtigen Städte Köln, Koblenz und Mainz. Die linksrheinische Besetzung und jene rechtsrheinischen Brückenköpfe sollen nach der deutschen Niederlage im Krieg eine Wiederaufrüstung verhindern. Bei der Grenzziehung zwischen Mainz und Koblenz bleibt ein kleiner Streifen bei Lorch und Koblenz übrig, der in den Taunus bis in den Raum Limburg reicht. „Das war Foch egal, er wollte Weltpolitik machen und sich nicht um dieses Klein-Klein kümmern“, erläutert Zibell, die mit Bahles ein Buch über den Freistaat geschrieben hat. „Foch hat das den Verantwortlichen vor Ort überlassen.“ Am 3. Januar 1919 genehmigt laut Zibell das damalige Oberpräsidium Kassel die Selbstverwaltung des kleinen Gebiets. Mancherorts ist zu lesen, dass am 10. Januar 1919 der Lorcher Bürgermeister Edmund Pnischeck (Zentrumspartei) den Freistaat ausgerufen habe. Einen Beleg für dieses Datum gibt es aber nach Zibells Worten nicht. Rund 17 000 Menschen leben seinerzeit im Freistaat Flaschenhals. Staatsrechtlich bleibt er ein Teil Preußens – faktisch aber ist er von den Alliierten abgeriegelt. Sie blockieren die wenigen überregionalen Straßen wie die heutige Bundesstraße 42, Züge fahren ohne Halt durch die Mini-Republik und auch Rheinschiffe dürfen nicht anlegen. Die Not der Bevölkerung ist groß. Schwarzhandel und Schmuggel blühen auf. Schiffe bringen im Schutz der Nacht Mehl, Zucker und andere Lebensmittel. Im Gegenzug nehmen die Besatzungen Wein und Schnaps aus der Weinregion Mittelrhein mit. Fuhrwerke karren die Ware durch Wald und Flur nach Limburg, den Brückenkopf des Freistaats Flaschenhals zum restlichen Deutschland. Von dort kommen auch andere Vorräte. In Rüdesheim wird einmal ein französischer Zug entführt, in den Freistaat gefahren und seine Ladung verteilt: Kohle zum Heizen für die Bevölkerung. Der mit der Verwaltung beauftragte Lorcher Bürgermeister Pnischeck veranlasst die Herausgabe von eigenem Notgeld – so wie es auch in anderen Teilen Deutschlands geschieht. Scheine ersetzen die für Kriegszwecke eingeschmolzenen Münzen. „Heute sind die Scheine begehrte Sammlerobjekte“, sagt Buchautorin Zibell. Auf den Geldscheinen finden sich nach ihrer Auskunft Sprüche wie „In Lorch am Rhein, da klingt der Becher, denn Lorcher Wein ist Sorgenbrecher“ oder „Nirgends ist es schöner als in dem Freistaat Flaschenhals.“ Die Franzosen würden seinerzeit dem Mini-Territorium mit eigener Telegrafenleitung gerne ein Ende bereiten, aber das wollen die Amerikaner nicht. Der Mini-Freistaat gibt sich aufmüpfig. Eine der von Rathauschef Pnischeck überlieferten Anekdoten: Während die Franzosen nachts das Rheinufer bei Lorch und Kaub mit Scheinwerfern nach Schmugglern ableuchten, zeigen ihnen einheimische Jungen aus Protest ihren blanken Allerwertesten. Die weitere alliierte Rheinland-Besetzung 1923 habe das Ende des Freistaats besiegelt, heißt es vielerorts. Auch heutige Schilder am Rhein tragen die Aufschrift „Historischer Freistaat Flaschenhals 1919-1923“. Die Politologin Zibell sagt: „Das ist Quatsch.“ Bei der Verwaltung des Territoriums sei bereits 1920 wieder deutsche Normalität eingekehrt. „Pro forma gab es den Freistaat Flaschenhals aber bis zum 30. Juni 1930, dem Ende der Rheinland-Besetzung.“
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Date: 2019/01/12 21:07:31
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
siehe:
https://www.bostalsee.de/aktiv/wandern/jakobsweg/detail/adresse/jakobsweg-etappe-von-talbruecke-freisen-oberkirchen-nach-st-wendel/ "St. Wendel wurde erstmals 496 n. Chr. als Basonvillaris erwähnt. Im 6. Jh. lebte hier der heilige Wendelin, der einer irisch-schottischen Mönchsbewegung angehörte. Einer Legende nach war er als Königssohn auf dem Weg nach Rom um die Königskrone zu empfangen, ließ sich aber als Eremit in St. Wendel nieder. Genau an der Stelle, an der er während einer großen Dürrezeit seinen Stab in den Boden stieß, steht heute die ihm geweihte Wendelinuskapelle mit einer Brunnenanlage. An dieser kommen wir auf dem Weg hinunter in die Stadt vorbei.
Der Name „Sankt Wendalino“ wurde im Zuge der frühmittelalterlichen Wendelinusverehrung im 14. Jh. in einer Urkunde von Balduin von Luxemburg, dem Erzbischof von Trier, erstmalig erwähnt. Dieser wollte die Stadt zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum ausbauen und somit erhielt St. Wendel 1332 die Markt- und Stadtrechte. Bald begann man mit dem Bau der Wendelinusbasilika, die aber erst 1460 im spätgotischen Stil fertig gestellt wurde. Mit ihrer hohen Turmhaube des Westturms ist sie ein weit sichtbares Wahrzeichen der Stadt und gilt als eine der schönsten Hallenkirchen Deutschlands.
Die Gebeine des heiligen Wendelin befinden sich
noch heute im Hochgrab am Altar. An der Tumba wird seitlich ein
Abbild von Jakobus mit der Muschel gezeigt. Als bedeutende
Pilgerkirche zieht sie besonders zu den jährlichen
Wallfahrtsveranstaltungen an Pfingsten und zur Wendelinuswoche
zahlreiche Pilger an." --------------- Daß oben im 1. Abschnitt aber auch gar nichts stimmt und im 2ten eher wenig, ach, warum soll man sich darüber aufregen? (weder gibt es eine Erwähnung von 496 noch wollte Wendelin in Rom die Königskrone - im Gegenteil, er hat seinen Vater verlassen, seinem Erbe entsagt, um als Eremit Gott auf die einfachste Art zu dienen; an der Stelle, an der er den Stab in den Boden gestoßen haben soll, steht der Brunnen, nicht die Kapelle. Weder ist "Sankt Wendalino" die erste Erwähnung des Namens noch stammt diese aus dem 14ten Jahrhundert noch hat sie mit Balduin etwas zu tun, und der hat 1332 St. Wendel auch nicht das Stadtrecht verliehen. Und die Basilika wurde damals nicht erbaut, sondern die Wallfahrtskirche. Die Turmhaube stammt aus dem 18ten Jahrhundert und befindet sich am Mittelturm - Westtürme haben wir drei - und St. Wendelin ist keine Hallenkirche, sondern eine Stufenhalle; ich weiß nicht, wer diesen Müll verzapft hat). Das bringt ebensowenig wie Korrekturen diesbezüglich an die
erzeugende Stelle zu senden. Ich habs aufgegeben.
-- Mit freundlichen Grüßen Roland Geiger -------------------- Roland Geiger Historische Forschung Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel Tel. 06851-3166 email alsfassen(a)web.de www.hfrg.de |
Date: 2019/01/23 16:30:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Vorstellung der
„Lokalen
Erzählung Gemeinde Marpingen 5 x 100“ |
Date: 2019/01/24 22:01:48
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil: Mit einer zentralen Veranstaltung begeht der Landkreis St. Wendel den Internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Dieser ist auf den 27. Januar terminiert. Und an jenem Sonntag um 18.30 Uhr beginnt auch die Veranstaltung in der Aula des St. Wendeler Gymnasiums Wendalinum, Schorlemerstraße 28. Am Programm beteiligt sich das Seminarfach „Wendalinum wider das Vergessen“, das seine Arbeit vorstellt. Professor Roland Rixecker, Präsident des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes und soeben gewählter Antisemitismus-Beauftragter, referiert zum Thema „Antisemitismus im Lichte der Verfassung und der Gesetze“. Moderator der Veranstaltung ist der Historiker Bernhard W. Planz. Musik gibt’s von den Schülern des Gymnasiums. Der Eintritt ist frei. Mahnmal einer traurigen Geschichte St. Wendel. Mit einer Veranstaltung gedenkt auch der Kreis St. Wendel den Opfern der Nazi-Zeit. Gastredner ist Saarlands Antisemitismus-Beauftragter. Von Evelyn Schneider Es gibt eine ganze Reihe davon übers Jahr verteilt – Aktions- und Gedenktage zu allen möglichen Themen. Der ein oder andere mag Anlass zum Schmunzeln geben wie der „Tag der Jogginghose“ oder gar Antrieb zum Handeln sein wie der „Tag der Komplimente“. Aber es gibt auch solche mit ernstem Hintergrund. Sie sollen zum Nachdenken anregen. Dies gilt beispielsweise für den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Terminiert ist dieser auf den 27. Januar. Jenen Tag, an dem vor 74 Jahren das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit wurde. „Ich begrüße diesen Gedenktag sehr, auch wenn es ein trauriger Anlass ist“, sagt Professor Roland Rixecker, Präsident des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes. Dabei ginge es nicht nur darum, in der Vergangenheit zu wühlen, sondern um zukunftsgerichtet über die Geschichte nachzudenken, um Gefahren zu erkennen. Bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten sei vieles unter dem Deckmantel der Scheinlegalität gelaufen. Wenn an die Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird, dann geht es auch um das Schicksal von 5,6 bis 6,3 Millionen europäischer Juden, die ermordet wurden. Die Nazis setzen Antisemitismus auf eine neue Ebene. Das Saarland hat jetzt mit Professor Roland Rixecker einen Antisemitismus-Beauftragten. Der 67-Jährige wurde Mitte Januar in das Amt gewählt. Die Probleme im Saarland beschreibt er als nicht so groß wie anderswo. „Antisemitismus ist kein Massenphänomen. Aber hier und da gibt es antisemitische Verletzungen“, erläutert Rixecker und denkt dabei an die Schändung jüdischer Gräber oder Hakenkreuz-Schmierereien. Er begreift sich als Ansprechpartner und Vertrauensperson – als eine Art Frühwarnsystem. Rixeckers Amt hält St. Wendels Landrat Udo Recktenwald (CDU) für „absolut wichtig“. Er könne informieren und für das Thema sensibilisieren. „Es ist eine tolle Sache, dass er seinen ersten offiziellen Auftritt als Antisemitismus-Beauftragter bei uns in St. Wendel hat“, fügt Recktenwald an. Wie es seit 2015 Tradition ist, organisiert der Landkreis St. Wendel auch an diesem 27. Januar eine zentrale Gedenkfeier. Veranstaltungsort ist das Gymnasium Wendalinum, dessen Schüler sich auch am Programm beteiligen. Als Gastredner wurde Roland Rixecker engagiert. Er hatte seine Einladung schon vor seinem neuen Amt. Das allerdings nicht besser zu dem Thema des Tages passen könnte. Der 67-Jährige freut sich auf den Termin und war sofort bereit, einen Gastvortrag zu halten. „Es ist ganz wichtig, dass an Schulen, aber auch an Hochschulen, die geschichtliche Erinnerung wach gehalten wird“, findet der Professor. Zu oft schon habe er erlebt, dass es um das Wissen um das Dritte Reich nicht gut bestellt ist. „Es ist sehr wichtig, Schülern zu vermitteln, dass Menschen nicht diskriminiert werden dürfen und jeder die gleichen Rechte hat.“ Bei den bisherigen Gedenkveranstaltungen war es immer so, dass sich Schüler in Projekten oder Arbeitsgemeinschaften mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt haben. „Schulunterricht ist Schulunterricht. Der eine Schüler interessiert sich, der andere nicht. Es muss vielmehr darum gehen, Betroffenheit zu wecken. Mit bloßem Zuhören kann das nicht erreicht werden“, glaubt Landrat Recktenwald. Umso wichtiger schätzt er das Engagement junger Leute in themenbezogenen Projekten ein. „Das Wendalinum zum Beispiel hat das Schicksal eines ehemaligen jüdischen Schülers aufgearbeitet. Das schafft Betroffenheit, auch deshalb, weil die Schüler realisieren: Das ist hier bei uns passiert.“ Gemeint ist die Geschichte Fritz Berls, der 1938 als einziger jüdischer Schüler das Wendalinum besuchte. Nach einer Hetzrede des Oberstudiendirektors gegen so genannte nichtarische Menschen, musste der Junge die Schule verlassen. Ende 1939 flüchtete der damals 14-Jährige aus Deutschland. Der St. Wendeler Landrat möchte auch in Zukunft an der Gedenkveranstaltung festhalten und daran, dass sie in Verbindung mit jungen Menschen organisiert wird. Es gelte, weiterhin Schulen und Klassen zu animieren, entsprechende Projekte zu starten. Recktenwald kann sich auch vorstellen, Jugendgruppen einzubeziehen. „Antisemitismus im Lichte der Verfassung und der Gesetze“ – so hat Professor Roland Rixecker seinen Vortrag überschrieben. Er spreche als Verfassungsrechtler. „Anhand der Geschichte möchte ich deutlich machen, was passieren kann“, verrät der 67-Jährige. Er möchte den Zusammenhang zwischen Gesetzgebung und Verfassung anschaulich machen. |
Date: 2019/01/24 22:19:13
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Guten
Abend,
Das halte ich für sinnvoll. Die Veranstaltung im vergangenen Jahr mit dem Zeitzeugen Hermann Scheid fand ich klasse, sie war eindrucksvoll und mehr als angemessen.
Nicht, daß nicht genug auf den systematischen Mord von Millionen durch das Dritte Reich aufmerksam gemacht werden sollte, aber eine zweite Veranstaltung - noch dazu am gleichen Tag - zum gleichen Thema - ist meines Erachtens schon fast kontra-produktiv. Denn zum einen können wir Besucher uns nicht teilen, zum anderen ist das Thema so heftig, daß sich die Frage durchaus stellt, wieviel man an einem Tag dazu verkraften kann. Die Veranstaltung ist ein Aufrütteln, ein Nachdenklichmachen, also sollte auch Zeit zum Nachdenken gegeben werden.
Insofern verstehe ich nicht, warum am gleichen
Tag - am
Sonntag - gut zwei Stunden zuvor, aber zeitlich in die
Veranstaltung des
Landkreises hineinstrahlend - noch eine weitere stattfinden muß.
Roland Geiger
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heute in der SZ, St. Wendeler Teil:
Erinnerung an
die Befreiung von
Ausschwitz
1996 hat der verstorbene Bundespräsident Roman Herzog diesen
27. Januar, zum
„Nationalen Gedenktag für die Opfer der Nazi-Verbrechen“
erhoben. Seitdem trage
auch der Verein Wider das Vergessen und gegen Rassismus
Marpingen dazu bei,
dass sich dieser Tag in den Köpfen und Herzen der Bevölkerung
ebenso etabliert
wie im Terminkalender des Landkreises und der Gemeinden. Zum
24. Mal begeht der
Verein in Marpingen am Sonntag, 27. Januar, um 16 Uhr eine
Gedenkstunde.
Zunächst wird an der Gedenkplatte des in Auschwitz ermordeten
Sozialdemokraten
Alois Kunz auf dem Vorplatz des Marpinger Friedhofs ein kranz
niedergelegt.
Alle Teilnehmer sind laut Verein im Anschluss an die
Veranstaltung zum
Gedankenaustausch ins Mariencafé in Marpingen geladen. |
Date: 2019/01/24 22:42:07
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Hrsg. v. Wöhrer, Renate
Diese Frage stellt sich nicht
nur in der
aktuell sich weiter ausdifferenzierenden Debatte über das
Dokumentarische und
seine vielfältigen medialen Formen und Formate, sondern sie hat
historische
Vorläufer, die bereits erstaunlich viel von den heutigen
Diskursen
vorwegnehmen: Der von Renate Wöhrer herausgegebene Sammelband
„Wie Bilder
Dokumente wurden” befasst sich mit der Herausbildung der
Begrifflichkeit des
„Dokumentarischen” im Spannungsfeld zwischen etablierten
Praktiken der
Verwaltung von Papierdokumenten und der Emergenz neuer
technischer Medien der
visuellen Aufzeichnung wie insbesondere das der Fotografie.
Dabei legen die 14
Autor/innen den Fokus ihrer Beiträge auf das 19. und das frühe
20. Jahrhundert.
Es gelingt ihnen, aus ganz unterschiedlichen disziplinären
Perspektiven auf
verschiedene Beispiele den fluiden, sich verändernden Gebrauch
der Begriffe und
damit ein sich weiter entwickelndes Verständnis des
Dokumentarischen
nachzuzeichnen, das zwischen scheinbar objektivierbaren
wissenschaftlichen
Ansprüchen und Erwartungen an künstlerische Gestaltung
changiert. |
Date: 2019/01/25 09:01:50
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
17. Nachwuchstagung des Netzwerks Reichsgerichtsbarkeit vom 19. bis 21. September 2019 in Mühlhausen Feder und Recht. Schriftlichkeit und Gerichtswesen in der Vormoderne Einsendeschluss: 15.03.2019 Seit Jahrzehnten arbeiten Rechtshistoriker, (Kultur-)Historiker und Archivare gleichermaßen intensiv mit schriftlich überlieferten Quellen der vormodernen Gerichte. Es scheint deutlich zu sein: Schriftlichkeit vor Gericht ist vor allem dokumentiert durch gerichtliche Akten, aber auch durch Protokoll- und Urteilsbücher. Nicht alle Verfahrensarten und Verfahrensstadien sind jedoch gleichermaßen durch Aktenüberlieferung verschriftlicht worden, obgleich komplexe Sachverhalte wohl nur im Rahmen eines überwiegend schriftlichen Verfahrens sachgerecht zu durchdringen sind. Vor allem zu Beginn der Frühen Neuzeit traten vermehrt auch in der Niedergerichtsbarkeit Elemente der Schriftlichkeit im Rahmen des Verfahrens in den Vordergrund. Dabei ist das schriftliche Urteil, das im Zivilprozess den Parteien eröffnet oder zugestellt wurde, nur die Spitze des Eisbergs. Abgesehen davon, dass es dem Anspruch des Klägers schon deshalb größeres Gewicht verlieh, weil der Urteilsspruch die Gegenseite ohne weitere Zwischenschritte zur Rechtsbefolgung animieren konnte, wurde dem Kläger auf dieser Grundlage auch ein Titel zur Vollstreckung verliehen. Sofern es sich bei den Kontrahenten um Herrschaftsträger handelte, konnte das Urteil überdies auch im Rahmen späterer Auseinandersetzungen zum Nachweis von festgestellten Rechtspositionen dienen. Neben der Schriftlichkeit des Urteils ist die Schriftlichkeit des dem Urteil vorausgehenden Verfahrens augenfällig. Obwohl die Gerichte im Heiligen Römischen Reich in all ihrer Vielfalt zunehmend von einem überwiegend schriftlichen Gerichtsverfahren geprägt waren, fehlt dennoch bislang eine die Gerichtslandschaften übergreifende Untersuchung von Schriftlichkeit im Gerichtswesen. Ein zentrales Anliegen der Tagung ist es daher, mit Blick auf die Schriftlichkeit im Gerichtswesen der Vormoderne (etwa 1300 bis 1800) interdisziplinäre Vergleichsperspektiven zu eröffnen. Dabei stehen vier Themenschwerpunkte mit möglichen Fragestellungen im Vordergrund: Schwerpunkt 1 – Formen der
Schriftlichkeit Schwerpunkt 2 – Das
Verhältnis von
Mündlichkeit und Schriftlichkeit Schwerpunkt 3 – Nutzung
der
Schriftlichkeit Schwerpunkt 4 – Die
Überlieferung Um sich diesen Schwerpunkten auf aktuelle Weise zu nähern, die verschiedenen Studien und interdisziplinären Ansätze zusammenzuführen und zu einer übergreifenden Perspektive auf Schriftlichkeit im Gerichtswesen beizutragen, sind – neben renommierten Forscher/-innen –Nachwuchswissenschaftler/-innen dazu eingeladen, aus ihren aktuellen Forschungen (Dissertationen, Habilitationen, laufenden Forschungsprojekten) zu berichten und gemeinsam zu diskutieren. Die Konferenz wird am historischen Ort in Mühlhausen stattfinden, einer ehemaligen Reichsstadt von großer Bedeutung, welche die Vielfalt frühneuzeitlicher Gerichtsbarkeit bündelt. Beiträge zu Schriftlichkeit und Gerichtswesen in Thüringen und Mühlhausen sowie zum Mühlhäuser Rechtsbuch sind sehr willkommen und werden bevorzugt berücksichtigt. Ebenso werden Untersuchungen jenseits des römisch-deutschen Reiches ausdrücklich begrüßt. Wir bitten um Vorschläge in Form eines Abstracts (max. 2.000 Zeichen, deutsch- oder englischsprachig) und um Übermittlung eines kurzen CV bis zum 15. März 2019. Die Vortragszeit beträgt 20 bis 25 Minuten. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Reise-, Übernachtungs- und Aufenthaltskosten können weitgehend übernommen werden. Das 1996 gegründete Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit wurde als Forum für Nachwuchswissenschaftler gegründet, die über die beiden obersten Gerichte des römisch-deutschen Reiches (Reichskammergericht/Reichshofrat) arbeiten und/oder deren Gerichtsakten als Quellen nutzen. Ziel ist es, die laufenden Forschungen zu vernetzen und den Austausch über die Fächergrenzen hinweg zu fördern. Weiterführende Informationen zur Arbeit des Netzwerks
Reichsgerichtsbarkeit
finden Sie unter: http:/ Kontakt: Netzwerk Reichsgerichtsbarkeit |
Date: 2019/01/27 22:06:51
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Mitten in Deutschland – mitten im Krieg. Leben und Handeln in einer Ausnahmesituation, 1618-1648 Markus Neumann, Forschungszentrum Gotha; Astrid Ackermann, Friedrich-Schiller-Universität Jena; Julia Schmidt- Funke Forschungszentrum Gotha; Siegrid Westphal, Universität Osnabrück 12.09.2018 - 14.09.2018 Von Saskia Jungmann, Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit, Friedrich-Schiller-Universität Jena Der Fokus der Tagung lag auf einem Dialog über mögliche Neuperspektivierungen des Dreißigjährigen Krieges und deren zeitgenössischen Akteuren. Den Anlass zu einem Dialog über mögliche Neuperspektivierungen des Dreißigjährigen Krieges mit einem besonderen Fokus auf dessen zeitgenössischen Akteuren bot die 400jährige Wiederkehr des Kriegsausbruches 1618 sowie die enorme mediale Dynamik dieses historischen Ereignisses im öffentlichen Diskurs. Im Anschluss an eine kritische Würdigung der medialen Aufmerksamkeitsökonomien und der anlässlich des Datums erschienenen Gesamtdarstellungen verdeutlichte MARKUS MEUMANN (Gotha) in seiner Einführung die Intention der Zusammenkunft, indem er als Kern die Fragen nach den Handlungsoptionen der Menschen im Krieg und sich durch den Krieg verändernde Handlungsmuster und -routinen auswies. Es ging damit um eine mögliche „Normalität" im Krieg und deren Grenzen, um die Reaktionen auf die „Veralltäglichung" des Krieges von Seiten individueller, kollektiver und institutioneller Akteure. Die erste Sektion „Erzählen und Erinnern“ wurde durch ANDREAS BÄHR (Frankfurt an der Oder) eröffnet. Anhand des Winterkometen von 1618 und des Nordlichtes 1630 legte er dar, wie zeitgenössische Beschreibungen des Krieges die Naturerscheinungen als göttliche Zeichen deuteten und zur historischen "Beweisaufnahme" nutzten. In den zeitgenössischen Deutungspraktiken wurde nicht zuletzt das Streben nach Orientierung im Angesicht einer ungewissen Zukunft deutlich. DIRK NIEFANGER (Erlangen) zeigte in seinen Ausführungen zu „Simplicissimus als Söldner", wie der Roman von Grimmelshausen auf drastische Weise die Gewaltspirale des Krieges mit dem Verlust an Würde und Menschlichkeit verbindet. Anhand der Erzählung der Geschichte des Söldners Olivier belegte Niefanger, dass der Krieg als Ausnahmesituation ein neuartiges eindringliches literarisches Darstellungsverfahren notwendig machte. In der Diskussion ging es schließlich nicht zuletzt um die Frage, inwieweit der Roman als Werk eines traumatisierten Autors zu verstehen ist bzw. seine inneren Schichtungen und die Erzählstrategien dieser Deutung entgegenstehen und eine textimmanente Lesart nahelegen. SILKE TÖRPSCH (Berlin) stellte in der zweiten Sektion „Erleben und Empfinden“ Briefe zwischen Angehörigen ligistischer Regimenter und Einwohner hessen-kasselischer Orte aus dem Jahr 1625 in den Mittelpunkt ihres Vortrags. Die Verfasser und Verfasserinnen bildeten einen sozialen Querschnitt durch die Stadtgesellschaft Schmalkaldens beziehungsweise ihre anderen Herkunftsstädte zu Beginn des Krieges ab. Der Fokus lag, neben der frühneuzeitlichen Kommunikationspraxis, auf der Frage nach konkreten Handlungen und Praktiken. Törpsch sprach sich gegen die Annahme getrennter militärischer und ziviler Gesellschaften aus und problematisierte aus dieser Perspektive den Begriff des "Söldners". Das Briefkorpus zeige vielmehr, wie das Militärische und das Zivile in der Lebenswelt der Briefschreiber und ihrer Familien vielfach ineinander gegriffen hätten. CLAUDIA JARZEBOWSKI (Berlin) stellte anschließend ihre Forschungen zur Wahrnehmungsgeschichte des Krieges vor. Sie untersuchte Kirchenbücher aus unterschiedlichen Regionen auf Zeichen des Krieges. Durch den Krieg hätten sich neue Wahrnehmungen des Geschehens etabliert, die sich etwa in einer doppelten Erinnerungspraxis durch die Aufnahme totgeborener und ungetaufter Kinder in Taufbücher oder die Angabe von Hunger als Todesursache zeigten. Ebenso seien aber sprachliche Rationalisierungspraktiken angesichts der Vielzahl an Todesfällen festzustellen. Diese Veränderungen in der Eintragungspraxis können als (individuelle) Vergewisserungsstrategien der betreffenden Pfarrer zum Umgang mit einer Krise der göttlichen Ordnung gedeutet werden. Im Abendvortrag erörterte GEORG SCHMIDT (Jena) die Frage, welchen Einfluss zeitgenössische Deutungsmuster des Dreißigjährigen Krieges auf dessen Verlauf und Dauer hatten und wie schließlich eine Beendigung des Krieges gelingen konnte. Während einzelne Autoren den Obrigkeiten die Schuld am Krieg zuwiesen und sie für den Ruin Deutschlands verantwortlich machten, betrachteten zahlreiche andere Zeitgenossen, nicht zuletzt Theologen, den Krieg als Strafgericht Gottes und apokalyptisches Geschehen. Die verschiedenen Kriegsparteien legitimierten ihr Agieren mit dem göttlichen Willen, was den Weg zum Frieden erschwert habe. „Die Menschen riefen Gott auf das irdische Schlachtfeld und mussten ihn für den Frieden wieder verabschieden“, so Schmidt. Der Sieg über die offenbarte Apokalypse sei schließlich mit dem Westfälischen Frieden als „menschlichem Meisterwerk“ gelungen. Der Wandel von Gottes Willen zu Gottes Beistand habe Europa den Weg in ein aufklärerisches Jahrhundert geebnet. Den zweiten Tagungstag eröffnete MONIKA FROHNAPFEL LEIS (Erfurt) in der Sektion „Glauben und Hoffen“ mit einem Einblick in alternative Form der Krisen- und Kriegsbewältigung im frühneuzeitlichen Herzogtum Sachsen-Gotha. Sie thematisierte zeitgenössische Praktiken des Magischen als alternative Formen des Umgangs mit der Ungewissheit der Zukunft. Dabei ging sie auf entsprechende Verbote in der Gothaischen Landesordnung von 1653 sowie sachsen-gothaische Visitationsakten ein. JULIA SCHMIDT-FUNKE (Gotha) fragte danach, inwiefern sich der Krieg – als angeblich exzeptionelles Ereignis – in frömmigkeitsgeschichtlicher Hinsicht auswirkte. Was also machte der Krieg mit den Gläubigen? Sie betonte die innerprotestantische Pluralität und beleuchtete anhand biographischer Beispiele mitteldeutscher Geistlicher unter anderem die Perspektiven der Schwärmer und Reformer. Visitationsberichten zufolge dominierte bei den Gläubigen die Vorstellung eines schützenden und Trost spendenden, nicht eines strafenden Gottes. Deutlich wurde so die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Richtungen des „Glaubens“, um mögliche Wandelungen des Glaubensspektrums und des Gottesbildes der Bevölkerung durch den Krieg aufzeigen zu können. Mit „Haushalten und Hantieren“ war die folgende Sektion überschrieben, die ALEXANDER ZIRR (Wolfenbüttel) mit einem Einblick in „Handlungs- und Handelsspielräume der Leipziger Bürgerschaft" zur Zeit der schwedischen Besetzung der Stadt eröffnete. Für Händler boten sich neue profitable Verdienstmöglichkeiten, Strategien des „Gebens und Nehmens“ sorgten für die Bewahrung der Wirtschaftskraft der Stadt. Die Bürgerschaft arrangierte sich mit der Besatzung. Dies wurde dadurch erleichtert, dass es eine ungewöhnlich breite Beteiligung der Bürger an den Verhandlungen mit den Schweden gegeben hatte. Zudem wurde diese in konfessioneller wie sprachlicher Hinsicht kaum als fremd wahrgenommen – viele der schwedischen Soldaten waren Deutsche. PHILIP HOFFMANN-REHNITZ (Münster) wählte im Anschluss gleichfalls eine mikropolitische Perspektive und fragte nach den Auswirkungen des Krieges auf die „Reichsfrontierstadt" Lübeck und die Stadtgesellschaft. Lübeck sei zwar kaum vom Krieg betroffen gewesen, jedoch habe die kriegsbedingt stark gestiegene Verschuldung sich maßgeblich auf die politische Situation in der Stadt ausgewirkt. Hoffmann-Rehnitz zeichnete die Entwicklung einer Negativspirale nach, die Lübeck in den 1660er-Jahren nahezu zahlungsunfähig gemacht habe. Trotz rascher Einbringung der Friedensgelder kam es zu einem Anstieg des innerstädtischen Konfliktpotentials. Die Bürger, die im Krieg ihren politischen Einfluss hatten ausbauen können, verlangten eine stärkere Beteiligung der Patrizier an den finanziellen Lasten. Der Krieg sei daher nach Kriegsende weiterhin als Referenzpunkt und Legitimationsressource in der politischen Kommunikation in der Stadt präsent gewesen. In der fünften Tagungssektion „Investieren und Profitieren“ thematisierte ASTRID ACKERMANN (Jena) anhand des komplexen Finanzierungsnetzwerks Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar Geldquellen für und Gewinne durch den Krieg. Dieses variable Netzwerk habe sich durch das Interagieren von Akteuren unterschiedlicher Herkunft sowie ökonomischer und politischer Wirkmöglichkeiten ausgezeichnet. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Rollenüberschneidungen könne vielfach kaum zwischen dem Handeln einer "staatlichen" und einer "privaten" Seite getrennt werden. So wurde auch die Organisation von Waren und Geldern durch Kaufleute zumeist durch politischen Druck begleitet. Das System Bernhards habe es ihm ermöglicht, weitgehend unabhängig zu agieren und sein privates Vermögen entscheidend zu vermehren; unter den weiteren beteiligten Akteuren habe es ebenfalls große Profiteure gegeben, während diese Geschäfte für andere den Ruin bedeutet hätten. STEFANIE FREYER (Osnabrück) fragte in ihrem Beitrag über „erfolgreiches Bauen im Krieg" nach der Rolle des Krieges für den Bau von Schloss Friedenstein in Gotha, mit dem 1643 mitten im Krieg begonnen wurde. Der Bau sei für die herrscherliche Repräsentation benötigt worden, denn Herzog Ernst I. fehlte nach der Neueinrichtung seines Herzogtums Sachsen-Gotha 1640 eine angemessene Residenz. Man habe sich dabei in Gotha bewusst für den Bau eines großen Schlosses entschieden. Das Stilmittel „Größe“ sollte der reklamierten führenden Position des Herzogs innerhalb des Hauses Ausdruck verleihen. Ebenso hätten ökonomische Aspekte eine ausschlaggebende Rolle gespielt: Die Investitionen in den Schlossbau, der Einbezug regionaler Güter und Produkte und die Beschäftigung von Untertanen beim Bau zielten demnach nicht zuletzt darauf, die Wirtschaft des Herzogtums zu beleben. Der Krieg wirkte bei dem Vorhaben als Beschleuniger und, ebenso wie bei Bernhards Kriegsfinanzierung, als Generator neuer fürstlicher Handlungspraktiken. Die Sektion „Dokumentieren und Tradieren“ fand im Schloss Friedenstein statt. ULRIKE EYDINGER (Gotha) und SASCHA SALATOWSKY (Gotha) gaben Einblicke in die umfassenden Bestände der graphischen Sammlungen der Stiftung Schloss Friedenstein und die Sammlungen der Forschungsbibliothek. Die ausgewählten Exponate präsentierten neben bekannten Themen und Motiven ungewöhnliche Fundstücke wie ein Flugblatt aus Piktogrammen und Buchstaben, das dem Betrachter erst bei genauerer Sicht seine Version des Kriegsgeschehens offenbart. Die vorletzte Sektion „Abwägen und Entscheiden“ eröffnete MARCUS STIEBING (Jena) mit seinem Einblick in Ablauf und Inhalt der Politikberatung im Herzogtum Sachsen-Weimar am Vorabend des Krieges. Unter Einbezug der dynastischen Situation dieser Linie des Hauses Wettin wie auch der Stellung des Herzogtums im politischen Geflecht des Reiches schrieb er der sächsisch-brandenburgischen Erbverbrüderung einen bisher nicht beachteten bündischen Charakter zu. Die Beteiligung der älteren Herzöge von Sachsen-Weimar am böhmischen Krieg auf Seiten des Pfälzer Kurfürsten wurde durch Herzog Johann Ernst den Jüngeren lange vorbereitet. Eine entscheidende Rolle kam dabei dessen Berater Friedrich Hortleder zu, der diese Politik in seiner Informatio legitimierte. Hortleders „Lösung“ stellte den Beginn einer Aktionskette dar, welche sich auf die Wünsche des Regenten stützte. SIEGRID WESTPHAL (Osnabrück) betonte in ihrem anschließenden Beitrag die Möglichkeit einer Politik der Neutralität. Unter der Leitfrage „Friedensfürst oder pragmatischer Landesherr?“ nahm sie sich der dynastischen, territorialen und Außenpolitik Herzog Johann Casimirs von Sachsen-Coburg an und arbeitete dessen Abgrenzungs- und Eigenständigkeitsbestrebungen gegenüber den weimarischen Verwandten heraus, seine Bemühungen um eine friedvolle Ausgleichspolitik, vor allem aber seinen Versuch, politisch einen Mittelweg zwischen den Kriegsparteien zu beschreiten. Der Herzog, fester Lutheraner und treuer Kaiseranhänger, sei überzeugt davon gewesen, dass der Frieden am besten durch Recht zu bewahren sei. Erst des Eingreifens der Schweden zwang Johann Casimir zur Positionierung und Aufgabe seiner Neutralität. Westphal plädierte dafür, die unterschätzte und kaum bekannte Rolle der neutralen Reichsstände im Krieg in der Forschung genauer in den Blick zu nehmen. Die abschließende Sektion stand im Kontext von „Verwalten und Verhandeln“. FELIX HENZE (Berlin) ging in seinem Beitrag dem Zusammenhang von Kriegserfahrung und -wahrnehmung schwarzburgischer Beamter und ihrem Verwaltungshandeln nach. Er rückte damit eine bislang wenig beachtete Gruppe „vergessener Vermittler" in den Mittelpunkt. Überlegungen der Selbstzeugnisforschung einbeziehend, zeigte Henze einen verschwiegenen Krieg auf – etwa durch Marginalisierungsstrategien der Beamten – wie einen beschriebenen Krieg. Der Krieg werde zugleich marginalisiert und als Katastrophe dargestellt. Nicht die Kriegserfahrungen des betreffenden Amtsträgers hätten den Referenzpunkt für dessen Schreiben über sein Leben und Handeln gebildet, sondern seine Leistungen im Kontext seines Verwaltungshandelns. Im letzten Beitrag der Konferenz widmete sich CHRISTOPH NONNAST (Jena) der Bedeutung von Unwissenheit, Fehlwahrnehmungen und Dissimulation für die Westfälischen Friedensverhandlungen. Sein Untersuchungsbeispiel stellte das Agieren der Gesandten Sachsen-Altenburgs dar, das zum evangelischen Direktor für die Religionsverhandlungen aufstieg. Trotz ihres Bedarfs an Informationen unterhielten die Sachsen-Altenburger Thumbshirn und Carpzow, wie andere Delegierte auch, nur eingeschränkt Kontakte zu anderen Gesandten. Nichtwissen und Missverständnisse zeigten sich als gängige Kommunikationspraktiken und die Kongressverhandlungen erschwerende Faktoren. Zugleich aber habe Nicht- oder ungenaues Wissen Vereinbarungen auch erleichtern können, wie Nonnast in der Diskussion deutlich machte. Die Praxis der Dissimulation, welche die Friedensverhandlungen gleichfalls prägte, stellte der Referent in erster Linie als verhandlungstechnisch produktive Selbstschutzmethode vor. Die Schlussdebatte griff jene Aspekte auf, die in verschiedenen Beiträgen wiederkehrten, so die Rolle des zeitgenössischen Gottesbildes, die Frage nach der Veränderung der Gemeinwesen durch den Krieg und zeitgenössische Narrativierungsstrategien. Auch hier zeigte sich das Potential akteurszentrierter Perspektiven wie der Verbindung politik- oder wirtschaftsgeschichtlicher Themenfelder mit kulturgeschichtlichen Fragestellungen. Gleichwohl ist eine Akteurszentrierung um strukturgeschichtliche Zugänge zu ergänzen, um übergreifende, insbesondere mittel- und längerfristige Entwicklungslinien einordnen zu können. Deutlich wurde jedoch, wie gewinnbringend der Zugang über die Akteure gerade ist, um versuchte Bewältigungsstrategien und die Bedeutung der Weltbilder wie Handlungspraktiken im Krieg zu fassen. In dieser Perspektive konnten ebenso Dynamiken der Kriegsorganisation und Ökonomie und der Stellenwert des Rechts neu in den Blick genommen werden. Konferenzübersicht: SEKTION 1: ERZÄHLEN UND ERINNERN Andreas Bähr (Frankfurt an der Oder): Den Krieg erzählen. Geschichtsschreibung im Zeichen von Prodigien und Wundern Dirk Niefanger (Erlangen): Simplicissimus als Söldner. Routinen – Praktiken – ästhetische Überformungen SEKTION 2: ERLEBEN UND EMPFINDEN Silke Törpsch (Berlin): Gender, Materialität, Kommunikation und Emotion im Dreißig- jährigen Krieg: Briefe ins Feldlager Claudia Jarzebowski (Berlin): „Schreckenstage der Seele“. Wahrnehmungspraktiken im 17. Jahrhundert ÖFFENTLICHER ABENDVORTRAG Georg Schmidt (Jena): Der Dreißigjährige Krieg – ein Sieg über die Reiter der Apokalypse SEKTION 3: GLAUBEN UND HOFFEN Monika Frohnapfel-Leis (Erfurt): „Heute“ und „morgen“ nicht dem Zufall überlassen. Der Blick in die Zukunft als alternative Form der Krisen- und Kriegsbewältigung in Sachsen-Gotha Julia A. Schmidt-Funke (Gotha): Bleibe fromm und halte dich recht. Glauben im Krieg SEKTION 4: HANTIEREN UND HAUSHALTEN Alexander Zirr (Wolfenbüttel): Leben und Handeln unter fremder Herrschaft. Handlungs- und Handelsspielräume der Leipziger Bürgerschaft während der schwedischen Besetzung 1642- 1650 Philip Hoffmann-Rehnitz (Münster): Schulden und Partizipation. Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf die gesellschaftliche und politische Ordnung der Stadt am Beispiel der „Reichsfrontierstadt“ Lübeck SEKTION 5: INVESTIEREN UND PROFITIEREN Astrid Ackermann (Jena): Den Krieg organisieren. Ernestinische Akteure, Geldquellen und Kriegsgewinne im Dreißigjährigen Krieg Stefanie Freyer (Osnabrück): Erfolgreiches Bauen mitten im Krieg? Motive, Bedingungen und Probleme beim Schlossbau SEKTION 6: DOKUMENTIEREN UND TRADIEREN Ulrike Eydinger (Gotha): Der Dreißigjährige Krieg als Motiv. Einblicke in die Graphische Sammlung der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha Sascha Salatowsky (Gotha): Militaria, Memoria & Casualia. Die Sammlungen der Gothaer Herzoglichen Bibliothek zum Dreißigjährigen Krieg SEKTION 7: ABWÄGEN UND ENTSCHEIDEN Marcus Stiebing (Jena): Die Konstruktion des Verfassungskrieges. Politische Argumentationsstrategien der Gelehrten Sachsen-Weimars am Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1609–1620) Siegrid Westphal (Osnabrück): Johann Casimir von Sachsen-Coburg – Friedensfürst oder pragmatischer Landesherr? SEKTION 8: VERWALTEN UND VERHANDELN Felix Henze (Berlin): Vergessene Vermittler – Kriegserfahrung und Verwaltungshandeln schwarzburgischer Beamter Christoph Nonnast (Jena): Unwissen und Dissimulation als Friedenshemmnisse in Westphalen am Beispiel der herzoglich sächsischen Gesandten
-- Mit freundlichen Grüßen Roland Geiger -------------------- Roland Geiger Historische Forschung Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel Tel. 06851-3166 email alsfassen(a)web.de www.hfrg.de |
Date: 2019/01/29 09:07:20
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der
Saarbrücker
Zeitung, St. Wendeler Teil Eine
Anmerkung: Vergangenes
Jahr unternahm ich mit verschiedenen Lehrern des Wendalinum,
u.a. dem Leiter
der Schüler-Forschungsgruppe, Raphael Groß, eine Stadtführung
durch St. Wendel.
Als wir die Schloßstraße hinuntergingen, stellte ich mich auf
den Stolperstein
der Erna Berl vor dem Haus Schloßstraße 6/8 und erzählte in
ich-Form die
Geschichte von Eugen Berl und seiner Familie, soweit sie bekannt
ist. Ich habe
gemerkt, daß diese Form der Erzählung wesentlich eindrucksvoller
ist als wenn
ich über ihn resp. sie in der dritten Person erzähle. Meine
Klamotte, die ein
Mix aus verschiedenen Kleidungsstücken vom Ende des 18ten bis
ins frühe 19te
ist, paßt zwar nicht unbedingt zum frühen 20ten, aber das nimmt
der Dramatik
nichts. Deshalb kam mir diese Art der Herangehensweise der
Schülergruppe an
Fritz Berl irgendwie bekannt vor. Und ich fand es stark, als
Herr Groß nach der
Veranstaltung an mich herantrat und mir sagte, er hoffe, mir
machte es nichts
aus, daß er mich quasi kopiert hätte, weil ihm die Art der
Erzählung so gut
gefallen hat. Roland
Geiger
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Date: 2019/01/29 09:09:29
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der Saarbrücker Zeitung, St. Wendeler
Teil |