Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Führung Jüdischer Friedh of Ottweiler

Date: 2018/10/03 12:07:16
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Letzte Führung über den Jüdischen Friedhof 2018

 

Gräber sind Wege in die Vergangenheit.“ Mit dieser Feststellung eröffnet Leena Ruuskanen ihre Dokumentation über den Heidelberger Bergfriedhof („Der Heidelberger Bergfriedhof. Kulturgeschichte und Grabkultur. Ausgewählte Grabstätten“, Heidelberg 1992). Um diesen Weg in die historische Vergangenheit Ottweilers, insbesondere in die wortwörtliche Vergangenheit der jüdischen Gemeinde Ottweiler, mitzugehen, bieten Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann interessierten Besuchern eine Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler an und freuten sich über ein vergleichbar reges Interesse wie bei der Führung im September, als mehr als 50 Besucher den Weg zum Jüdischen Friedhof Ottweiler fanden.

Prof. Dr. Michael Brocke, der Leiter des Steinheim-Instituts Duisburg, sieht in den jüdischen Friedhöfen ein steinernes Archiv, das zu lesen unser Bemühen sein sollte. Denn wenn man „einen Friedhof als geschichtlich gewolltes und gewordenes Ganzes zu studieren und alle einzelnen Elemente seiner Schrift- und Zeichensprache zu entziffern (sucht), [...] so wird man der versteinerten Lebensgeschichte einer Gemeinde gerecht.

Einzelne Elemente der Schrift- und Zeichensprache stellen die Referenten bei dieser Führung in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen:

Textfeld: Grabmal Abraham Kahn –
          Foto: Margarete SingerDas Grabmal Abraham Kahn nehmen sie zum Ausgangspunkt ihrer Erläuterungen. Denn auf ihm findet sich ein Symbol, dessen Bedeutung wahrscheinlich vielen unbekannt sein wird: die segnenden Hände. Zu diesem Symbol verfasste die Ottweiler Bürgerin Claude Meissner anlässlich eines früheren Besuches mit einer jüdischen Bekannten auf dem jüdischen Friedhof Ottweilers einen Dialog, den Hans-Joachim Hoffmann in seine Broschüre „Der Jüdische Friedhof Ottweiler“ übernahm. In Wechselrede werden Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann diesen Dialog auszugsweise vortragen, um die Bedeutung dieses Grabsymbols den Besuchern nahe zu bringen.

Auf dem Foto Margarete Singers erkennt man links im Hintergrund den Grabstein für Lisette Albert mit dem Ehrenkranz und der aufgesetzten stilisierten Krone. Die Schrift- und Zeichensprache dieses Grabmal wertet Hans-Joachim Hoffmann als eine äußerst gelungene Kombination, um der verstorbenen Lisette Albert einen ehrenden, dauerhaften Nachruf zu widmen.

Abgerundet wird die Führung durch Hinweise auf die Entwicklung der jüdischen Gemeinde, verbunden mit Hinweisen zu einzelnen jüdischen Familien Ottweilers und ihren Grabmalen. Am Ende können die Besucher ungezwungen den jüdischen Friedhof begehen; die Referenten stehen bereit, sich daraus ergebende Fragen zu beantworten.

 

 

 






 

Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden bei:

Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey

Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)

Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler

Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn, Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.

Henn’sche Buchhandlung Köhler, Enggass, 66564 Ottweiler

 

Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler erfolgt in Kooperation mit der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen bittet die KVHS um vorherige Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne Anmeldung bei der KVHS möglich.

Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die KVHS und die Synagogengemeinde Saar freuen sich auf Ihren Besuch.

Termin: Sonntag, 07.10.2018       

Uhrzeit: 17.00 Uhr

Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße Maria-Juchacz-Ring (aus Richtung Schwimmbad kommend: Kreuzung Karl-Marx-Straße/Maria-Juchacz-Ring: rechts abbiegen - nach ca. 80 m linker Hand Aufgang zum Friedhof) Dauer: ca. 1 ½ Stunde

 

 


Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] »Asoziale« und »Beruf sverbrecher« in den Konzentrationslagern 1933 bis 1938.

Date: 2018/10/09 08:55:41
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

»Asoziale« und »Berufsverbrecher« in den Konzentrationslagern 1933 bis 1938.

 

 

Autor Hörath, Julia

Erschienen Göttingen 2017: Vandenhoeck & Ruprecht

Umfang 387 S., 9 SW-Abb.

Preis € 65,00

ISBN 978-3-647-37042-2


Inhalt http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_28886.pdf

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von

Oliver von Wrochem, - Leitung Studienzentrum -, KZ-Gedenkstätte Neuengamme

 

Julia Hörath widmet sich in ihrer Studie der nationalsozialistischen Verfolgung von Angehörigen gesellschaftlicher Randgruppen, die führende Rassetheoretiker und Kriminologen jener Zeit wahlweise als „asozial“ und/oder „verbrecherisch“ ansahen. In den ersten Jahren der NS-Herrschaft wurden viele Menschen aus diesen Gruppen in ein KZ eingewiesen. In Anlehnung an das Dreiphasenmodell der Politikfeldanalyse werden im ersten Kapitel die soziopolitischen Entwicklungslinien zwischen 1880 und 1933 als Phase des konzeptionellen Experimentierens skizziert, in der „Devianz“ und „Delinquenz“ als von der gesellschaftlichen Norm abweichendes Verhalten bestimmt, kontrolliert und unterdrückt wurden. Die folgenden fünf Kapitel sind der Phase des praktischen Experimentierens von 1933 bis 1937/38 gewidmet, in der Konzepte und Methoden zur „Bekämpfung und endgültigen Überwindung unerwünschter sozialer Verhaltensweisen“ erprobt wurden. Die Phase der Zentralisierung, Systematisierung und quantitativen Ausweitung der sozialrassistischen Verfolgung ab 1938 ist Gegenstand des letzten Kapitels. Als Anhang finden sich knappe biographische Skizzen ausgewählter Akteure sowie ein Orts-, Personen- und Sachregister.

 

Grundlage der KZ-Internierung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ ab Sommer 1933 bildeten die zuvor schon entwickelten rassenhygienischen und kriminalbiologischen Konzepte. Weit verbreitet waren die Idee einer präventiven Verwahrung zum Schutz der Gesellschaft sowie die befristete Einweisung sozialer Randgruppen u.a. in Arbeitshäuser sowie in Lager des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD). Allerdings ermöglichte erst die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 neben politischen Gegner*innen auch als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ geltende Personen gänzlich außerhalb des für „Volksgenossen“ geltenden Rechts zu stellen. Hörath zeigt eindrücklich, wie sozialrassistische Konzepte der Kriminalprävention im Kontext der Schwächung des Normen- zugunsten des Maßnahmenstaates erprobt und radikalisiert wurden. Die beteiligten Akteure dynamisierten die Instrumente der Verfolgung, in regionalen Erlassen und örtlichen Haftpraktiken verschmolzen „Asozialen“- und „Berufsverbrecherbekämpfung“ miteinander. So wurden soziale Randgruppen mit Instrumenten wie „Schutzhaft“, „Vorbeugungshaft“, unter dem „Heimtücke“-Vorwurf, auf Basis der „Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht“ (RFV) von 1924 oder auf Basis des „Zigeuner- und Arbeitsscheuengesetzes“ von 1926 in die frühen KZ eingewiesen. Lokale Akteure, „inspiriert von ihren jeweils persönlichen Visionen einer ‚Volksgemeinschaft‘“ (S. 14), wirkten dabei stark auf die Handhabung der KZ-Einweisung ein, während Zentralinstanzen punktuell als Impulsgeber fungierten.

 

Am Beispiel der ersten großen sozialrassistisch motivierten Verfolgungsaktion, der „Bettlerrazzia“ vom September 1933, legt Hörath überzeugend dar, wie polizeiliche Stellen, Reichsinnenministerium, Landesregierungen, staatliche und private Wohlfahrtspflege und Dienststellen der NSDAP (SA, SS und NSV) bei der Trennung in „aufbauende Wohlfahrtspflege“ und negativ-eugenische Behandlung der „Minderwertigen“ und „Asozialen“ zusammenarbeiteten. Die Razzia löste einen Radikalisierungsschub aus: Im verschärften Klima sozialer Ausgrenzung kam es verstärkt zu Denunziationen und einer „Verstetigung der ‚Schutzhaftverhängungen‘ aufgrund missliebiger sozialer Verhaltensweisen“ (S. 175). Die Wohlfahrtsverbände schwenkten auf eine völkische Interpretation der Fürsorge ein, die eine maßnahmenstaatliche Unterdrückung komplexer sozialer Probleme beinhaltete. Formen der Sozialdisziplinierung nahmen zu, verstärkt wurden Alkoholiker oder Spielsüchtige, Homosexuelle und Zuhälter in Konzentrationslager eingewiesen, so in Hamburg in die KZ Wittmoor und Fuhlsbüttel. Im KZ Eutin/Ahrensbök-Holstendorf stellte die Gruppe der „Asozialen“ und „Berufsverbrecher“ zeitweise sogar die Mehrheit der Häftlinge.

 

Die frühen KZ unterstanden vielfältigen Akteuren und Institutionen und bildeten „Übungsplatz“ und „Probebühne“ (S. 72) für die Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“. Hörath weist ein hohes Maß an Eigeninitiative der lokalen Akteure nach. Viele frühe KZ wurden in das System der wohlfahrtspflegerischen und strafrechtlichen Anstaltsunterbringung integriert, darunter das dem Provinzialverband Hannover unterstellte Frauen-KZ Moringen und das KZ Kislau, für welches das Badische Innenministerium sowie der Generalstaatsanwalt in Karlsruhe verantwortlich zeichnete. Beide KZ waren räumlich an bestehende Arbeitshäuser angebunden. Lokale Akteure sorgten u.a. dafür, dass die Grenzen zwischen den beiden Lagerformen verschwammen. In Bayern wiederum wurden auf Initiative des Landesverbands für Wanderdienst (LVW) KZ-Häftlinge aus Dachau zur Arbeitsvermittlung in den Wanderhof Herzogsägmühle überstellt, für als „unerziehbar“ geltende Wanderer schlug der Verband die Einweisung ins KZ vor. Auch situative Momente, wie die Überbelegung des Arbeitshauses Rebdorf in Eichstätt, hatten die Überstellung ins KZ zur Folge, so dass z.B. in Dachau seit Mitte 1934 die Anzahl der als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ Verfolgten kontinuierlich zwischen 20 und 30 Prozent lag.
Bedauerlich ist, dass ausgerechnet das Kapitel, in dem Schicksale von Betroffenen auf Grundlage von Personendossiers und Insassenakten dargestellt werden, für die Drucklegung gekürzt wurde. Das Wechselverhältnis von Inklusion und Exklusion bei der Herstellung der „Volksgemeinschaft“ durch das Zusammenwirken zahlreicher Dienststellen im lokalen Raum und die gravierenden Folgen der ineinandergreifenden Maßnahmen für die Betroffenen werden leider nur für wenige Einzelfälle rekonstruiert. Hörath gelingt es jedoch mit den Fallbeispielen zu verdeutlichen, wie sehr es von lokalen Akteuren abhing, unter welchem Vorwand Personen eingewiesen wurden. Sie zeigt auf, dass die Einweisungen als „gewaltsame Lösung sozialer Konflikte verstanden werden“ können (258), deren Ursprünge oft in der Zeit vor 1933 angesiedelt waren. Beteiligt waren u.a. Fürsorgerinnen der Wohlfahrtspflege, Ortspolizisten, lokale Parteiaktivisten, Gesundheits- und Arbeitsämter und klinische Anstalten, aber auch Personen aus dem direkten Umfeld der Betroffenen.

 

Hörath beendet ihre Studie mit einem Ausblick auf die Verfolgungspraxis ab 1937/38. Überzeugend arbeitet sie heraus, dass die sozialrassistisch und kriminalpräventiv motivierten Massenverhaftungen, darunter die „Aktion Arbeitsscheu Reich“, einerseits institutionell, organisatorisch und programmatisch auf der Praxis der ersten Hälfte der 1930er-Jahre beruhten, sich andererseits Rahmenbedingungen und Zielsetzungen veränderten. So setzte der „Grunderlass Vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ vom 14. Dezember 1937 als reichseinheitliches Instrument zur Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ die kriminalbiologischen Theorien konsequenter als zuvor in exekutive Praxis um. Die Einweisung von „Vorbeugungshäftlingen“ in die KZ war spätestens ab Juni 1938 auch wirtschaftlich motiviert, zugleich waren in größerem Maße Sinti und Roma sowie Juden betroffen. Der Ausblick auf die weiteren Entwicklungslinien bis 1945, die eine Ausweitung der Verfolgung im Kontext des Krieges und neue Einweisungsgründe beinhaltete, endet mit dem berechtigten Hinweis, dass die quantitativen und qualitativen Dimensionen der Verbrechen der Kripo zwischen 1933 und 1945 „bislang nur in Ausschnitten aufgearbeitet“ sind (S. 321).

 

Höraths Dissertation wurde bereits 2013 eingereicht und im gleichen Jahr mit dem Herbert-Steiner-Preis ausgezeichnet, aber erst 2017 publiziert. Sie reiht sich ein in Studien über Aspekte der Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ im Nationalsozialismus und in den Konzentrationslagern.[1] Diese Forschung bereichert Hörath insbesondere durch ihre Detailanalysen zu den frühen Konzentrationslagern sowie ihren akteurszentrierten Ansatz. Die Studie erhellt damit eine wichtige Dimension der sozialen Praxis in der Frühzeit des Nationalsozialismus. Die Selbstermächtigung und Handlungsmacht der an der Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ Beteiligten auf der unteren und mittleren Ebene bedeuteten für diese Akteure Inklusion durch Partizipation und förderten damit die Gestaltung der „Volksgemeinschaft“ von unten. Kehrseite bildeten sozialer Ausschluss und Gewalterfahrung für die als „Asoziale“ und Berufsverbrecher“ Verfolgten. Auch revidiert die Studie die in der KZ-Forschung dominante Meinung, nach der die frühen Lager auf die terroristische Zerschlagung der Opposition zielten, während erst die der 1934 gegründeten Inspektion der Konzentrationslager unterstellten Lager der „rassischen Generalprävention“ (Ulrich Herbert) dienten. Höraths Studie belegt, dass die sozialrassistische und kriminalpräventive Funktion des späteren KZ-Systems im Kern bereits in allen frühen extra-legalen Haftstätten, in denen der Freiheitsentzug einer rechtstaatlichen Grundlage entbehrte, vorhanden war. Ihre Studie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur differenzierten Betrachtung der Funktionsgeschichte der Konzentrationslager und zur Verfolgung von „Asozialen“ und „Berufsverbrechern“ im Nationalsozialismus.

 

Anmerkung:
[1] Wolfgang Ayaß, „Asoziale“ im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995; Patrick Wagner, Volksgemeinschaft ohne Verbrecher. Konzeption und Praxis der Kriminalpolizei in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, Hamburg 1996; Thomas Roth, „Verbrechensbekämpfung“ und soziale Ausgrenzung im nationalsozialistischen Köln. Kriminalpolizei, Strafjustiz und abweichendes Verhalten zwischen Machtübernahme und Kriegsende, Köln 2010; Dagmar Lieske, Unbequeme Opfer? „Berufsverbrecher“ als Häftlinge im KZ Sachsenhausen, Berlin 2016

 

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Kriegstrennungen im Zweiten Weltkr ieg – Familienzerstörung zwischen „Kollate ralschaden“ und Biopolitik

Date: 2018/10/09 08:59:25
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Kriegstrennungen im Zweiten Weltkrieg – Familienzerstörung zwischen „Kollateralschaden“ und Biopolitik

 

Veranstalter

Dr. Wiebke Lisner, Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizinischen Hochschule Hannover; Prof. Dr. Cornelia Rauh, Historisches Seminar der Leibniz Universität Hannover; PD Dr. Lu Seegers, Historisches Seminar, Universität Hamburg

 

12.07.2019 - 13.07.2019

Hanns-Lilje-Haus Hannover

 

Von Dr. Wiebke Lisner; Prof. Dr. Cornelia Rauh; PD Dr. Lu Seegers

 

Familienleben — als Zusammenleben der Kernfamilie von Vater, Mutter und Kindern — im Bürgertum seit dem 19. Jahrhundert idealisiert und nach dem Ersten Weltkrieg zur gesellschaftlichen Norm erhoben, wurde in Kriegszeiten gleichwohl zur Ausnahme. Temporäre Trennungen bis hin zur endgültigen Zerstörung von Familien waren im Europa des 20. Jahrhunderts die unvermeidliche Folge der immer „totaler“ geführten Kriege, — Begleiterscheinungen des Kriegsdienstes der Männer und „Kollateralschäden“ von Gewalteinsatz, Krankenmorden, Flucht, Vertreibung, Umsiedlung und Tod. Familientrennungen wurden insofern zu einer kollektiven Kriegserfahrung. Trennungsbedingungen und Handlungsoptionen gestalteten sich hierbei für Familien jedoch nicht gleich. Vielmehr generierten gesellschaftliche Kategorien von Differenz, wie „rassische“ Zuordnung, medizinische Kategorisierung und soziale Schichtzugehörigkeit unterschiedliche Bedingungen und Deutungen der Trennungen bis hin zu unterschiedlichen Überlebenschancen.

 

Der Zweite Weltkrieg wurde von deutscher Seite als rassischer Vernichtungskrieg geführt mit dem Ziel der Gewinnung neuen „Lebensraums“, ja einer „ethnischen Neuordnung“ Europas. Unter diesen Kriegsbedingungen wurden Familien zu einem zentralen Feld nationalsozialistischer Rassen-, Volkstums-, Gesundheits- und Biopolitik. Sie bildeten eine wichtige Ressource für den Zusammenhalt und die Mobilisierung der „Volksgemeinschaft“ für den totalen Krieg – von der Produktion und Organisation bis hin zur Reproduktion. Umgekehrt zielte das NS-Regime durch rassistisch motivierte Ausgrenzung, durch Verfolgung und Vernichtung auf die Zerstörung von Familien, die als „rassisch minderwertig“ oder „erbkrank“ galten. Heiratsverbote zielten auf die Verhinderung von Familiengründungen, eine antinatalistische Biopolitik wollte „unerwünschten“ Nachwuchs verhindern. Rassenpolitische wie eugenische resp. rassenhygienische Eingriffe führten zur gewaltsamen Trennung von Familien. Wer als „erbkrank“ oder „rassisch minderwertig“ galt, wurde sterilisiert, separiert und vernichtet. Die Zerstörung bzw. Trennung von Familien während des Zweiten Weltkriegs war insofern nicht nur ein in Kauf genommener „Kollateralschaden“, sondern auch integraler Bestandteil von Unrechtsmaßnahmen des NS-Regimes.

 

„Rasse“ wurde im Nationalsozialismus zur zentralen Differenzkategorie, die Zugehörigkeiten von Familien zur „Volksgemeinschaft“ sowie Exklusion von dieser definierte und Handlungsmöglichkeiten und Überlebenschancen bestimmte. NS-Rassenpolitik war hierbei – wie in der Forschung herausgearbeitet – nicht geschlechtsneutral und wirkte entsprechend unterschiedlich auf Familienmitglieder. Welche Bedeutung aber kam sozialer Schichtzugehörigkeit hinsichtlich sozialer Praxen und Handlungsoptionen von Familien(mitgliedern) in Trennungssituationen zu?

 

Der Workshop will — schichtspezifisch differenziert — Familientrennungen als „Kollateralschaden“ von Kriegshandlungen, als Konsequenz gesundheits- und biopolitischer Maßnahmen sowie nationalsozialistischer Unrechtsmaßnahmen sowohl derjenigen beleuchten, die zur nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ zählten, wie jener, die aus dieser ausgeschlossen waren. „Soziale Schichtzugehörigkeit“ als zentrale gesellschaftliche Kategorie von Differenz neben „Rasse“ und „Geschlecht“ wird hierbei verstanden als durch soziale Merkmale, wie materielle Absicherung, Beruf, Bildungshintergrund und Religion begründeter sozialer Unterschied. Territorial sollen sowohl das Gebiet des „Altreiches“ (Deutschland in den Grenzen von 1937) betrachtet werden, wie die annektierten (z.B. Westpolen) und die besetzten Gebiete (z.B. Frankreich und Dänemark), um Deutungen, soziale Praxen und Handlungsoptionen unterschiedlicher Familien zu analysieren. Der Begriff „Familie“ umfasst hierbei nicht ausschließlich die Kernfamilie, sondern schließt darüber hinaus gehende verwandtschaftliche bzw. wahlverwandtschaftliche Beziehungen mit ein.

 

Mögliche Fragen und Themen:

 

- Konnten Familien als Netzwerk und als Ressource zur Kompensation oder gar Zurückweisung von Zumutungen des NS-Regimes und als Hilfsstruktur bei Trennungen mobilisiert werden? Inwiefern spielte hier die soziale Schichtzugehörigkeit eine Rolle?

 

- Trennung und Vernichtung als „Erlösung“? Rolle von Familienangehörigen im Kontext der Euthanasiemorde während des Krieges

 

- Welche Praxen und Strategien entwickelten Familien bzw. einzelne Familienmitglieder, z.B. in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, sozialer Schichtzugehörigkeit (so z.B. Bildung und Religion) im Umgang mit Trennungen?

 

- Welchen Familien wurde unter welchen Bedingungen ein Zusammenleben im Krieg zumindest temporär z.B. als Privileg, gestattet?

 

- Wie wurden Familientrennungen bzw. auch spätere Familienzusammenführungen – sofern diese intendiert waren – geplant, verhandelt und legitimiert?

 

- Wie wurden Trennungen von Familien in Öffentlichkeit und Medien z.B. in Zeitschriften und Radio jeweils thematisiert?

 

- Änderten sich durch Trennungen Strukturen und soziale Ordnungen von Familien? Kam es z.B. neben der in der Forschung herausgearbeiteten Verschiebung von Geschlechterrollen durch die Abwesenheit von Männern unter den Bedingungen kriegsbedingter Familientrennungen während des Krieges zu weiteren Veränderungen sozialer Ordnungen (z.B. zu Ehescheidungen oder Veränderungen zwischen den Generationen) innerhalb von Familien?

 

Vorschläge für einen Beitrag bitte in Form eines Abstracts (ca. 1 Seite) bis zum 10. Januar 2019 per e-mail einreichen an: lisner.wiebke(a)mh-hannover.de

 

Reise- und Unterbringungskosten der ReferentInnen werden übernommen.

 

Kontakt

 

Dr. Wiebke Lisner

Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1

30625 Hannover

Tel. 0511-532-3506

e-mail: lisner.wiebke(a)mh-hannover.de

 

[Regionalforum-Saar] Vom Druidenstein zum Hunnenring. 80 keltische Befestigungen zwischen Rhein, Mosel, Saar und Vogesen

Date: 2018/10/09 09:03:13
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Uwe Anhäuser: Vom Druidenstein zum Hunnenring. 80 keltische Befestigungen zwischen Rhein, Mosel, Saar und Vogesen, ISBN 978-3-945782-36-1, 300 Seiten, über 200 Farbfotos, Leinpfad Verlag, 20 Euro.

 

 

Saarbrücker Zeitung, 07. Oktober 2018

 

Spurensuche: Wo einst die Kelten bauten

 

St. Wendel/Neunkirchen. Vom Druidenstein zum Hunnenring: Das Buch von Uwe Anhäuser beschreibt 80 keltische Befestigungen. Von Volker Fuchs

 

Die Kelten begeistern ihn seit Jahrzehnten. Immer wieder begibt er sich auf die Suche nach Spuren aus ihrer Zeit vor mehr als 2000 Jahren. Die Rede ist von dem Buchautor Uwe Anhäuser aus dem Hunsrück.

 

Anhäuser hat 80 keltische Bergbefestigungen zwischen Rhein, Mosel, Saar und Vogesen besucht, fotografiert und beschrieben. Davon liegen ein Dutzend im Saarland. Und wie es sich für einen Autor gehört, hat er darüber ein 300 Seiten starkes Buch geschrieben. Der Titel: „Vom Druidenstein zum Hunnenring.“ Erschienen ist das mit mehr als 200 Fotos schön bebilderte Buch im Leinpfad-Verlag. Es kostet 20 Euro.

 

In einer Einführung befasst sich Anhäuser mit einigen historischen Daten und Fakten. So geht er auf Fliehburgen, Wehrsiedlungen und Herrschaftssitze ein, beschreibt die Hunsrück-Eifel-Kultur und erzählt einiges über die Keltenstämme der Treverer und Mediomatiker.

 

Die 80 Keltenwälle, die er anschließend beschreibt, können alle bei Spaziergängen erwandert werden. Anhäuser informiert jedes Mal über den Startpunkt, den Weg und dessen Länge. Aufgehängt an den Ortsnamen berichtet der Autor in  alphabetischer Reihenfolge über die 80 vor- und frühgeschichtlichen Wallenanlagen. Beginnend mit „Allenbach – Eine keltische Anderswelt“ auf dem Ringkopf bis „Zell – Alteburg, Beinter Kopf und Barl“.

 

Dabei geht er auch auf Spurensuche im Saarland, so in Namborn, Wellesweiler, Nohfelden, Oberkirchen, Oberthal, St. Ingbert, St. Wendel, Limbach, Tholey und Wallerfangen. Natürlich darf der sogenannte Hunnenring in Otzenhausen nicht fehlen. Auch beschreibt er den langen Wall im Grafenwald bei Hermeskeil, wo einst zu Zeiten des Gallischen  Krieges römische Legionen lagerten.

 

„Uwe Anhäuser hat sich die Mühe gemacht, sämtlichen archäologischen, heimatgeschichtlichen und oft nur ungefähren ortskundlichen Beschreibungen keltischer Ring- und Abschnittswälle nachzugehen“,  heißt es in der Buchbeschreibung des Verlages. Und weiter: „Viele waren einfach aufzufinden, manchen musste beharrlich nachgespürt werden und einige wurden sogar unverhofft wiederentdeckt.“

 

So sei das Buch ein Standardwerk: „Eine so vollständige Übersicht der keltischen Fortifikationen wurde noch nie erreicht“, so der Verlag. Dargestellt würden die 80 hier präsentierten Bergbefestigungen in ihrem Zusammenhang mit den wesentlichen und teils epochal stilprägenden Funden aus der Region am Mittelrhein, Mosel, Saar und Nahe.

 

Darüber hinaus sei das Buch aber auch ein Wanderführer mit genauen Angaben zum Ausgangspunkt und zur Wegstrecke: „Denn alle Bergbefestigungen lagen natürlich hoch oben und bieten auch heute noch, wenn nicht gerade Bäume im Weg stehen, eine atemberaubende Aussicht.

 

„Vom Druidenstein zum Hunnering“ ist das erste Buch von Uwe Anhäuser, das im Leinpfad-Verlag Ingelheim erschienen ist. Inzwischen arbeitet er laut Verlag bereits an seinem nächsten Werk. Das trägt den Titel „Vom Teufelskreis zum Ketzerstein“ und wird ein Führer zu 120 vorchristlichen Kultstätten und keltisch-römischen Tempelrelikten von der Nordeifel bis zur Südpfalz sowie von der Wetterau bis in den Saargau.

 

Uwe Anhäuser, Jahrgang 1943, lebt im Hunsrück und ist seit 1980 freiberuflicher Schriftsteller, Redakteur und Reisejournalist. Seit 1971 lassen ihn die Kelten nicht mehr los.  Damals habe er eine erste kleine Grabung durchgeführt und nachgewiesen, dass eine vermeintlich verwitterte Felsrippe zu einer frühzeitlichen Bergbefestigung gehörte.

 

[Regionalforum-Saar] Heimatforscher in einem Buch verewigt

Date: 2018/10/09 09:24:53
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Heimatforscher in einem Buch verewigt

 

Oberlinxweiler. Diesen Sonntag, 7. Oktober, wäre Heinrich Schwingel 100 Jahre alt geworden. Daran erinnert Autor Stefan Blasius, der ein Buch über den Oberlinxweiler Heimatforscher geschrieben hat. 2010 starb Schwingel.

 

Dessen Dokumentation „Vom Flachs zum Leinen“ hatte ihn überregional bekannt gemacht. Geschätzt wurde der Oberlinxweiler beispielsweise für seine zahlreichen Zeichnungen, mit denen er die alten Ortsbilder seiner Heimat festhielt. Anfang der 70er-Jahre entwarf er das Oberlinxweiler Dorfwappen. Kurz vor seinem 90. Geburtstag wurde er in einem Festakt vom Chef der Staatskanzlei, Karl Rauber, für sein Lebenswerk geehrt.

 

Heinrich Schwingel kam als jüngstes von acht Kindern kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges zur Welt. Im Zweiten Weltkrieg leistete er selbst  Militärdienst. Schwingel verbrachte, vom Kriegsdienst abgesehen, sein ganzes Leben in Oberlinxweiler. Ein Jahr nach seinem Tod wurde der Platz vor seinem Wohnsitz, „Trappe Haus“, auf Bestreben des damaligen Ortsvorstehers Jürgen Zimmer in Heinrich-Schwingel-Platz umbenannt. Im gleichen Jahr wurde ihm posthum das Bundesverdienstkreuz verliehen.

 

Vieles mehr über Heinrich Schwingel und seine Heimat ist in dem Buch „Heinrich Schwingel – zum 100. Geburtstag des Oberlinxweiler Heimatforschers“ nachzulesen. Die erste Auflage ist schon vergriffen, aber ab Mitte Oktober ist die zweite Auflage erhältlich in der Postfiliale Oberlinxweiler oder beim Autor.

 

Vorbestellungen: E-Mail: blasius66(a)aol.com oder Tel. (0176) 41 89 88 52.

 

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Ich erinnere mich gut an Heinrich Schwingel. Auf bestimmten Gebieten war er   d i e   Koryphäe. Und er hatte fast immer eine Antwort auf Fragen, die sonst niemand beantworten konnte.

 

Aber ich erinnere mich auch, wie problematisch es oft war, mit ihm zu arbeiten. Etwa bei der Publikation der "Gemeinderechnungen der Heimmeier", zweier alter Manuale, in der die Oberlinxweiler Heimmeier (auf ein Jahr gewählte Ortsvorsteher) die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde notierten. Heinrich Schwingel hatte die Handschriften vor dem Zweiten Weltkrieg vor der Vernichtung gerettet und die schwer lesbaren Eintragungen in mühevoller Kleinarbeit "entziffert" und übertragen. Am 6. Oktober 2008 hatte Heinrich Schwingel die Originale an das Landesarchiv übergeben. Die Transkription wurde unter dem Titel "Die Bilanzen der Heimmeier" vom Stadtmuseum St. Wendel als Buch herausgegeben und im Mia-Münster-Haus verkauft.  Im Rahmen der Arbeiten um das Buch war ich gebeten worden, kurz die Geschichte der Oberlinxweiler Mühlen zu schreiben. In den fertigen Artikel wurden durch die Redaktion Zeichnungen von Schwingel gesetzt, die die faden Worte bunt untermalten. Ob er gefragt worden war oder nicht, ob die Bilder dort eingesetzt werden sollten, weiß ich nicht; ich wußte nichts davon. Was ihn nicht davon abhielt, mich lautstark in der Stadt als Betrüger hinzustellen, weil ich ohne ihn zu fragen die Bilder verwendet hatte. Er drohte der Stadt, damit vor den Kadi zu ziehen, wovon er nur schwer abgehalten werden konnte.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Andreas Büttner: König sherrschaft im Mittelalter

Date: 2018/10/10 23:49:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Andreas Büttner: Königsherrschaft im Mittelalter

 

Berlin 2018: De Gruyter Oldenbourg

 259 S.

Preis € 24,95

ISBN 978-3-11-044264-9


Inhalt


http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_29189.pdf

Rezensiert für H-Soz-Kult von

Julia Exarchos, Historisches Institut, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

Das hier zu besprechende Buch von Andreas Büttner gehört der Reihe „Seminar Geschichte“ an, die vom De Gruyter Oldenbourg-Verlag herausgegeben wird, und behandelt die nicht unkomplizierte Thematik der Königsherrschaft im Mittelalter. Ziel des Bandes ist nach eigenen Angaben nicht eine gefestigte Forschungsmeinung zu dem Thema zu vertreten, sondern einen konzisen Überblick über die Thematik zu geben und eine Vielzahl möglicher Ansätze und Deutungsmuster zu mittelalterlicher Königsherrschaft in enger Anlehnung an die Quellen aufzuzeigen. Das Buch, so der Autor, „möchte einerseits Halt geben und ein festes Wissensgerüst liefern, aber andererseits auch vermitteln, woher dieser Halt kommt und was seine Bauteile sind“ (S. 13).

In der Tat setzt sich der Band, wie die Reihe „Seminar Geschichte“ auch vorgibt, intensiv mit Quellen auseinander, ohne seine Form als Einführungswerk in die Thematik zu verlieren. Jedes Kapitel ist unterteilt in Unterkapitel und wird mit der Rubrik „Quellen und Vertiefung“ abgerundet, in der eine oder mehrere Quellenauszüge, abgestimmt auf das jeweilige Kapitelthema, in Übersetzung aufgeführt sind. Die Quellenpassagen werden zusätzlich durch weiterführende Fragen und Anregungen ergänzt, die gegebenenfalls von den Leserinnen und Lesern erörtert werden können und sich gut für den Unterricht eignen. Abgeschlossen wird jedes Kapitel durch knappe Lektüreempfehlungen, die am Ende des Buches durch ein Literaturverzeichnis ergänzt werden.

Das Buch deckt das gesamte Mittelalter ab (500–1500), setzt aber einen klaren Schwerpunkt auf das Karolingische und Römisch-Deutsche Reich. Büttner begründet diese Wahl mit dem derzeitigen Fokus der universitären Lehre in Deutschland, für die das Buch hauptsächlich konzipiert ist. Ergänzend werden in dem Buch weitere Königreiche und ihre spezifischen Herrschaftsformen behandelt, wobei Büttner vor allem Frankreich und England als Beispiele herausstellt.

Die thematische Gliederung der Arbeit orientiert sich an den verschiedenen Bereichen und Aspekten mittelalterlicher Königsherrschaft. Das Buch beginnt thematisch mit den Quellen zur Königsherrschaft. Büttner betont die Vielzahl von Quellen, die für die Erforschung der mittelalterlichen Königsherrschaft zur Verfügung stehen. Viele Aussagen dieses Kapitels über Quellenkritik, Überlieferungsdichte und Überlieferungsverluste sowie über die Repräsentativität der Quellen und ihre Interpretation (vor allem am Fallbeispiel Urkunden) treffen auf die meisten Felder der mittelalterlichen Geschichte zu und sind nicht spezifisch für mittelalterliche Königsherrschaft. Dennoch bietet das Kapitel eine gute Einführung in die Quellen, die gerade für Studierende der mittelalterlichen Geschichte generell hilfreich sein könnte.

Der darauffolgende Teil beschäftigt sich mit der Etablierung des mittelalterlichen Königtums und seinen Voraussetzungen. Kurz geht Büttner auf die römischen, germanischen und christlichen Elemente ein, die auf das merowingische Königtum wirkten. Vor allem die mythischen Komponenten (wie die reges criniti, die langen Haare der Merowingerherrscher), die christlichen Bezüge (Taufe Chlodwigs Ende des 5./Anfang des 6. Jahrhunderts und das Gottesgnadentum) sowie Herrschersakralität erhalten in dem Kapitel besondere Aufmerksamkeit. Sehr gelungen herausgearbeitet ist der Vergleich zwischen den französischen und englischen Königen auf der einen und den römisch-deutschen auf der anderen Seite. Während die englischen und französischen Monarchen eine besonders ausgeprägte Form der Herrschersakralität (Thaumaturgentum) entwickelten, wirkte der Investiturstreit als ein Einschnitt in die Sakralität der römisch-deutschen Könige.

Anknüpfend an solche ideologischen Aspekte mittelalterlicher Königsherrschaft wendet sich das darauffolgende Kapitel dem Herrschaftsideal zu. Büttner betont, dass das Idealbild eines mittelalterlichen Königs von vielen Faktoren und Einflüssen bestimmt war (von antiken Autoren, biblischen Bildern und den Kirchenvätern) und zieht für die Darstellung dieses Themenabschnittes vor allem Urkunden (insbesondere die Arengen), Wahlanzeigen, Chroniken und Fürstenspiegel heran. Obwohl die vier Haupttugenden eines Königs (fortitudo, temperantia, prudentia/sapientia und iustitia) eine erstaunliche Konstanz bewiesen, variierte das Herrscherideal nach Epoche, Königreich, Quellengattung und Autor.

Dass die königliche Macht und Herrschaft im Mittelalter von vielen Faktoren und Mitspielern abhängig war, zeigen besonders deutlich die Kapitel zu Herrschaft als Aushandlungsprozess und zu den Mit- und Gegenspielern des Königs (Kapitel 5 und 6). Als Beispiele für den Aushandlungsprozess königlicher Herrschaft fokussiert sich Büttner auf die Krönungseide während der Weihe, die Herrschaftsverträge mit besonderem Schwerpunkt auf Ungarn und England und die verschiedenen Möglichkeiten der Entmachtung von Königen. Als Mit- und Gegenspieler königlicher Herrschaft wirkte allen voran die königliche Familie selbst, die unterstützende Funktionen übernehmen wie auch Konkurrenz zu der königlichen Macht darstellen konnte. Adel und Städte und gegebenenfalls andere Könige waren weitere potenzielle Mit- und Gegenspieler des Königs genauso wie die Geistlichkeit. Büttner arbeitet speziell das starke Spannungsverhältnis zwischen Papsttum und königlicher Herrschaft heraus, das sich vor allem aus dem eingeforderten Recht des Papstes ergab, Herrschaft zu legitimieren.

Das anschließende Kapitel zur Königserhebung präsentiert eine schöne Bandbreite von Schrift- und Bildquellen. Das Unterkapitel „Vertiefung“ ist exklusiv den Krönungsordines gewidmet mit einem speziellen Akzent auf den Wandel der Ordines. Die Kontextualisierung und auch die Interpretation der Ordines hätten etwas ausgeprägter sein können, vor allem auch die Entwicklung in Frankreich. Man vermisst in den weiterführenden Lektüreempfehlungen und auch in der Literatur die ältere deutsche Forschung (vor allem die vielfältigen Studien von Schramm[1]), die, trotz des postulierten Schwerpunktes auf der aktuellen Forschung, als weiterführende Literatur nützlich gewesen wären. Zudem fällt auf, dass auch maßgebliche, jüngere Studien zu den Krönungsordines z.B. in Frankreich weder als weiterführende Literatur noch im Literaturverzeichnis aufgeführt werden (z.B. Jackson[2]).

Das darauffolgende Kapitel zu Präsenz und Performanz des Herrschers führt noch einmal vor Augen, wie wichtig die Person des Königs für die Herrschaftsausübung war. Gleich wichtig waren die ökonomischen Grundlagen, die Büttner sehr ausführlich darstellt und sowohl auf die Quellenproblematik wie auch auf aktuelle Forschungskontroversen (z.B. die Umdeutung des Tafelgüterverzeichnisses durch Caroline Göldel[3] (S. 131)) ausführlich eingeht.

Kapitel 10 und 11 behandeln dann die Personen im Dienste des Königs bzw. seine Stellvertretung. Anhand von Karl dem Großen, Friedrich I. und Heinrich II. von England werden in Kapitel 10 die Funktion der königlichen Ehefrauen, die Hofämter, Räte, Hofkapelle/Kanzlei, Legaten, Boten und Verwalter vorgestellt. Anknüpfend an die Verwalter wendet sich Büttner in Kapitel 11 den Stellvertretern königlicher Herrschaft zu. Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen die Stellvertreter von minderjährigen Königen und die Vikariate während Thronvakanzen und in Abwesenheit des Königs. Die regional unterschiedlich ausgeformte Rolle der Königinnen als Stellvertreterinnen des Königs und Regentinnen wird besonders hervorgehoben.

Dem Ende einzelner Königsherrschaften, nämlich dem Tod des Königs und seinem Weiterleben in der Nachwelt, widmet Büttner zwei Kapitel. Das erste über Tod und Memoria des Herrschers geht auf die unterschiedlichen Darstellungen des königlichen Todes und ihre Interpretationen in den Quellen ein. Auffallend scheint, dass die Darstellung des königlichen Todes von der Einstellung des jeweiligen Autors zu dem sterbenden König geprägt war. Könige, die von Quellenautoren geschätzt wurden, erleben meist einen guten Tod, während Könige, die sich geringerer Beliebtheit erfreuten, meist schlecht sterben. Bei Friedrich II. und den variierenden Darstellungen seines Todes in den Quellen wird dies allzu deutlich.

Die Grablegen werden von Büttner besonders hervorgehoben. Gerade die Herausbildung von zentralen, dynastischen Grablegen, wie in St. Denis in Frankreich, wurden zu einem Modell, dem andere Könige folgten. Es ist Büttner anzurechnen, dass er, trotz der Kürze der Kapitel, explizit auf Kantorowicz’ Studie „The King’s Two Bodies“[4] und auf die Kritik daran hinweist. Die Analyse bleibt jedoch zu oberflächlich, um den Gehalt von Kantorowicz’ Werk gänzlich zu verstehen und damit auch die Kritik daran.

Das letzte thematische Kapitel, die Heiligkeit von Herrschern, zeigt die verschiedenen Möglichkeiten auf, warum ein König heilig wurde und beleuchtet die politischen Komponenten, die eine Heiligsprechung begünstigten. Den Wandel, den einige heilige Könige in ihrer Darstellung und Verehrung durch die Jahrhunderte erlebten, stellt Büttner anschaulich und verständlich dar, zieht jedoch manchmal als Beispiele auch Königinnen heran, was unglücklich ist, da Königinnen andere Tugenden, Aufgaben und Funktionen erfüllten als Könige (z.B. Radegunde, S. 187–88). Daher ist diese Vermischung zwischen heiligen Königen und Königinnen problematisch.

Das letzte Kapitel des Buches behandelt die Rezeption und die Forschungsgeschichte mittelalterlicher Königsherrschaft. Büttner betont die Abhängigkeit der Forschung zum mittelalterlichen Königtum von aktuellen Sichtweisen, Deutungen und Debatten und hebt die Wichtigkeit von Quellen und neuen Methoden hervor. So richtig alles ist, was Büttner in diesem Kapitel anführt, so sind viele seiner Argumente allgemein gültig für nahezu alle mittelalterlichen Thematiken. Man möchte sich hier ein stärker auf die Thematik Königtum zugeschnittenes Kapitel wünschen, das explizit die königliche Herrschaft in den Blick nimmt.

Büttner hat ein informatives, ansprechend geschriebenes Studienbuch über mittelalterliches Königtum vorgelegt. Einige wichtige Studien fehlen in der Bibliographie (siehe oben) und auch einige Quellenbesprechungen scheinen sehr allgemein. Diese kleineren Kritikpunkte sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Büttner ein exzellentes Werk über Königtum im Mittelalter gelungen ist, das gerade auch wegen seines didaktischen Aufbaus Studierenden, interessierten Leserinnen und Lesern und auch Dozentinnen und Dozenten wichtige Anregungen geben wird.

Anmerkungen:
[1] Z.B. Percy Ernst Schramm, Die Ordines der mittelalterlichen Kaiserkrönung. Ein Beitrag zur Geschichte des Kaisertums, in: Archiv für Urkundenforschung 11 (1930), S. 285–391; ders., Die Krönung bei den Westfranken und Angelsachsen vor 878 bis um 1000, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Kanonistische Abteilung 23 (1934), S. 117–242; ders., Die Krönung in Deutschland bis zum Beginn des Salischen Hauses, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Kanonistische Abteilung 24 (1935), S. 184–332; ders., Ordines-Studien 2. Die Krönungen bei den Westfranken und den Franzosen, in: Archiv für Urkundenforschung 15 (1938), S. 3–55.
[2] Richard A. Jackson, Ordines coronationis Franciae. Texts and Ordines for the Coronation of Frankish and French Kings and Queens in the Middle Ages, 2 Bde., Philadelphia 1995–2000.
[3] Caroline Göldel, Servitium regis und Tafelgüterverzeichnis. Untersuchung zur Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte des deutschen Königtums im 12. Jahrhundert, Studien zur Rechts-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte 16, Sigmaringen 1997.
[4] Ernst H. Kantorowicz, The King’s Two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology, Princeton 1957.

 

[Regionalforum-Saar] Seminar "Vertiefende Familienforschung" am 27. und 28. Oktober 2017

Date: 2018/10/11 10:37:36
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

in knapp 2,5 Wochen findet auf Schloß Dhaun bei Kirn das diesjährige Seminar "Vertiefende Familienforschung" statt.

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger

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Vertiefende Familienforschung auf Schloss Dhaun am 27./28. Oktober 2018

 

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Unser Programm

 

Samstag, 27. Oktober 2017

 

09.00  Begrüßung

 

10-12 Helmut Priewer

Mutterkornvergiftungen im Westerwald in den 1730er Jahren, ausgewertet auf Basis von Kirchenbüchern

 

12.00  Mittagessen

 

13.30-15.30 Eva Gernand

Drehscheibe Frankfurt 1500-1800

Wallonen, Flamen und Hugenotten

 

15.30  Kaffee

 

16.00 Roland Paul

Die Auswanderung nach Brasilien

 

17.00 Klaus Gietinger

Helena9 Demuth, die Haushälterin von Karl Marx

Filmvorführung und Erläuterungen

 

18.00 Renate Busch Schirm

Amtsblätter als genealogische Quelle

 

19.00 Abendessen

 

 

Sonntag, 28. Oktober 2017

 

10.00 Markus Detemple

"Ein Vaterschaftstest nach 300 Jahren"

 

11.00 Bernd Brill

Aspekte regionaler Baukultur

(wie unsere Vorfahren lebten und was daraus wurde)

 

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Teilnehmerbeitrag

 

inkl. Übernachtung im EZ/Frühstück:        150,- €

 

Inkl. Mittagessen und Abendessen am Samstag   165,- €

 

Inkl. Mittagessen am Samstag & Sonntag, Abendessen am Samstag

 

Teilnehmerbeitrag ohne Übernachtung: 120,- €

Inkl. Mittagessen am Samstag & Sonntag, Abendessen am Samstag

 

Zusatznacht inkl. Frühstück, im Einzelzimmer 45,- €

 

Bitte unbedingt bei Anreise angeben, ob Sie am Sonntag noch das Mittagessen möchten!

 

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Anmeldung:

 

Schlossakademie Schloß Dhaun

55606 Hochstetten-Dhaun

Tel. 06752/93840

Email: info(a)schlossdhaun.de

www.schlossdhaun.de

 

oder

 

Roland Geiger

Alsfassener Straße 17

66606 St. Wendel

Email: alsfassen(a)web.de

 

[Regionalforum-Saar] Der hl. Wendelin - Mensch und Reliquie

Date: 2018/10/18 14:16:47
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Tag,

 

am 7. Oktober 2017 veranstaltete der Förderverein Ramsberg-St. Wendelin e. V. in Großschönach nicht weit vom Bodensee eine Tagung, die das Wissen um die Person St. Wendelins und seine Verehrung unter den Gläubigen der Kirche, insbesondere der ländlichen Bevölkerung thematisieren, verdeutlichen und festigen sollte.

 

Bei dieser Tagung habe ich einen Vortrag bei mit dem sperrigen Titel „Ein Überblick über die aktuelle Forschungslage zur Vita des hl. Wendelin“ gehalten. Darin ging es ebenfalls um den hl. Wendelin - aber differenziert nach den mir bekannten geschichtlichen Quellen und den überlieferten Geschichten (sprich: Legenden). Und - obwohl sie sich nicht gegenseitig stützen - ich trotzdem mit ihnen „arbeiten“ kann.

 

Diesen Vortrag habe ich in einem kleinen Büchlein zusammengefaßt, das bei mir erworben werden kann:

 

Der hl. Wendelin - Mensch und Reliquie

A5, 32 Seiten, zahlreiche Abbildungen, broschiert

Preis 5 Euro plus Versand 1,45 Euro.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Geschichtstourismus

Date: 2018/10/23 08:43:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Geschichtstourismus


Groebner, Valentin: Retroland. Geschichtstourismus und die Sehnsucht nach dem Authentischen. Frankfurt am Main : S. Fischer  2018 ISBN 978-3-10-397366-2, 218 S. € 20,00.

 

Ceisel, Christina M.: Globalized Nostalgia. Tourism, Heritage, and the Politics of Place. London : Routledge  2018 ISBN 978-1-138-59353-4, XII, 152 S. £ 32.99.

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von

Tobias Becker, German Historical Institute London

 

Wo auch immer Sie diesen Sommer in Urlaub waren, vermutlich haben auch Sie Kirchen und Museen besichtigt, sind auf Türme und Burgen gestiegen, haben an Stadtführungen teilgenommen, sind durch Freilichtmuseen spaziert und haben vielleicht sogar ein Reenactment besucht. Wenn Sie mindestens einer dieser Tätigkeiten nachgegangen sind, dann waren Sie in „Retroland“. So nennt der Luzerner Mediävist Valentin Groebner in seinem neuen Buch den Geschichtstourismus, und dieser dürfte – abgesehen vielleicht von reinen Natur- oder Strandaufenthalten – Teil so ziemlich jeder Urlaubsreise sein. In dasselbe Land führt die amerikanische Kommunikationswissenschaftlerin Christina M. Ceisel die Leserinnen und Leser mit ihrem Buch „Globalized Nostalgia“. Ceisel und Groebner teilen den ethnographischen Zugang und die eher unkonventionelle Darstellungsweise in der ersten Person. Statt akademischer Monographien haben wir es im einen Fall mit „einer Art Reisebericht“ zu tun (S. 13), im anderen mit einer „autoethnography“ (S. 10). Allerdings funktioniert dies bei Groebner wesentlich besser als bei Ceisel.

Der Titel „Retroland“ lässt vielleicht vermuten, Groebner rechne damit ab, wie der Geschichtstourismus die Vergangenheit ausbeutet und verzerrt. Das wäre nicht weiter überraschend, denn wie er selbst anmerkt: Den „meisten Historikern ist diese touristische Nutzung der Vergangenheit eher unangenehm oder gar peinlich, weil sie ihnen die begrenzten Möglichkeiten ernsthafter Wissenschaft vor Augen führt“ (S. 11). Anders jedoch als Simon Reynolds’ Buch „Retromania“, das Groebner en passant erwähnt, und Zygmunt Baumans Essay „Retrotopia“, mit dem es in der Presse in Verbindung gesetzt wurde, ist „Retroland“ erfreulicherweise kein kulturpessimistisches Manifest.[1] Groebner kennt natürlich die kulturkritischen Analysen des Tourismus, aber: „originell ist das nicht“ (S. 32). Nein, Groebner ist sich nicht zu fein für die Niederungen seines Gegenstandes, er möchte das „Banale am Tourismus nicht abtun, sondern anschauen“ (S. 14). Diesem Anspruch wird er gerecht. Er macht keinen Hehl daraus, dass er auch selbst gelegentlich Tourist ist und als solcher Geschichte konsumiert, sich dem Histourismus also nicht nur im Interesse der Wissenschaft und seiner Leser/innen ausliefert. Seine Fragen stammen nicht aus Büchern, sondern aus der eigenen Anschauung.

Doch um welche Fragen geht es? Um die zentralen des Geschichtstourismus: Warum suchen wir auf Reisen so gern Orte mit Vergangenheit auf, und was genau suchen wir dort? Groebner nähert sich diesem Thema auf unterhaltsame Weise, indem er immer wieder eigene Erlebnisse einfließen lässt: von Reisen durch die Schweiz, nach Italien, Spanien, Griechenland, Sri Lanka. Mehr noch als mit Orten beschäftigt sich Groebner mit der Zeit, insbesondere jener Zeit, die sich an touristischen Orten konkretisiert. Er sieht den Tourismus als „Zeitwiederbeschaffungsmaschine“ (S. 16) und ordnet sein Buch ganz klassisch chronologisch. Auf eine konzeptionelle Einleitung folgen vier Kapitel, von denen das erste in Mittelalter und Frühe Neuzeit zurückführt, als die Pilger heutigen Touristen in manchen Dingen gar nicht so unähnlich waren. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem 19. Jahrhundert, in dem der moderne Tourismus und seine Infrastruktur – Eisenbahn und Reiseführer, Postkarte und Grand Hotel – erfunden wurden. Das dritte Kapitel deutet das 20. Jahrhundert als Zeitalter der „Postproduktion von Geschichte“ (S. 12), während das letzte Kapitel der für Geschichte ebenso wie für den Tourismus zentralen Kategorie der Authentizität nachgeht.

Es versteht sich, dass ein derart weitgespanntes Panorama zu Unschärfen im Detail führen muss. Die longue durée ermöglicht es, langfristige Entwicklungen, Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Blick zu bekommen, doch wer sich vor allem für Geschichtskultur und -tourismus im Heute interessiert, müsste das 20. und 21. Jahrhundert stärker akzentuieren. Was Groebner auf die Zeit um 2000 datiert, hat sich bereits seit den 1960er- und 1970er-Jahren ausgeprägt, als der Massentourismus im heutigen Sinne entstand und parallel dazu neue Formen von Aneignung und Kommerzialisierung des Historischen aufkamen.[2]

Zudem ist die Kernfrage – gemessen an der Vielfalt der Phänomene und Praktiken und der Masse derjenigen, die an ihnen teilnehmen – zu groß, als dass sie letztlich beantwortet werden könnte. Warum lockt uns die Vergangenheit so? Weil sie „die einzige Zone [ist], in der wir uns halbwegs ausgekannt haben, und deswegen wollen so viele Leute wieder dorthin zurück“, wie Groebner schreibt (S. 126)? Gewiss, die Vergangenheit kann vertraut wirken, weil wir, anders als bei der ständig im Fluss befindlichen Gegenwart, wissen, „wie es ausging“. Aber ist sie nicht ebenso oft, wie in im vielzitierten Bonmot des britischen Schriftstellers L.P. Hartley (aus dem Roman „The Go-Between“, 1953), ein fremdes Land, dessen Sprache wir nicht beherrschen, dessen Gepflogenheiten und Rituale uns oft erstaunen und manchmal abstoßen? Der kanadische Schriftsteller Douglas Coupland bezeichnete den Geschichtstourismus als „historical slumming“. Ihm zufolge besuchen wir historische Orte vor allem, um „die anschließende Erleichterung“ zu genießen, „in ‚die Gegenwart‘ zurückkehren zu können“.[3] Derartige Kritik verfängt allerdings nur bedingt, da Groebners Buch nicht auf ein akademisches, sondern auf ein breites Publikum abzielt. Und so ist es schade, dass es nicht schon früher erschienen ist als Mitte August. Kurzweilig geschrieben, taugt es zur Urlaubslektüre. Wer es reisend liest, kann Groebners Beobachtungen und Befunde direkt mit der eigenen Praxis verknüpfen und vergleichen.

Obwohl Groebner immer wieder Gefühle und deren Bedeutung für den Geschichtstourismus hervorhebt, erwähnt er die Nostalgie, die die Zeitdiagnostik à la Reynolds und Bauman gerade wieder einmal umtreibt, nur ein einziges Mal. Bei Christina Ceisel dagegen taucht sie bereits im Titel auf. Allerdings ist auch nach der Lektüre ihres Buches schwer zu sagen, was damit eigentlich gemeint ist, wer wonach nostalgisch ist und warum. Die Autorin scheint unter Nostalgie jedenfalls weniger die Sehnsucht nach der Vergangenheit zu verstehen als das Verlangen nach und die Vermarktung von Authentizität – im vorliegenden Fall von „authentischen“ galizischen Speisen, Wein und Kultur.

Auch Ceisel erkundet das Phänomen des Tourismus also anhand von konkreten Destinationen, vier in ihrem Fall, die alle im Umkreis von Santiago de Compostela liegen, woher ihre Familie stammt und wo sie ein Jahr als Austauschstudentin verbrachte. Dieser Ansatz ist ebenso legitim wie derjenige Groebners – da die globale Tourismusindustrie überall ähnliche Mechanismen anwendet, muss sie nicht unbedingt global untersucht werden. Ob die Kathedrale von Santiago oder die Kapellbrücke von Luzern: Hauptsache, es gibt sie als Kühlschrankmagnet und Schneekugel.

Zunächst wirkt es auch durchaus charmant, dass Ceisel keine konventionelle Dissertation vorgelegt hat, sondern in der Darstellung experimentiert. Schon beim Durchblättern sieht man, dass das Buch weniger aus Kapiteln als aus Passagen besteht: Reiseführer-Auszüge, Flyer touristischer Attraktionen, Protokolle von Führungen, Beschreibungen von Besuchen in Museen und auf Festivals, persönliche Eindrücke, sogar erfundene Dialoge. Beim Lesen führt dies jedoch zu wachsender Frustration, da diese Schnipsel mehr präsentiert als analysiert werden, sodass das Buch nicht wie eine Monographie, sondern wie ein ins Reine geschriebenes Feldtagebuch wirkt.

Schwingt sich die Darstellung doch einmal zur kommentierenden Analyse auf, kippt diese schnell in Jargon oder Klischees (Beispiel: „libraries are sites where knowledge is collected and collated“, S. 18). Wenn Groebner schreibt, dass das, was „im Namen der Identität aufgerufen wird [...], trotz anderslautender Bekundungen […] nicht der Stolz auf die eigene Herkunft, sondern die Angst vor Verlust“ sei, ist das originell, weil es einen Gemeinplatz in Frage stellt. Nichtssagend ist es hingegen, wenn Ceisel schreibt, „the cultural construction of identity is manifested through experience“ (S. 71). Wo Ceisel Konzepte wie „Identität“ und „Authentizität“ als selbstverständlich hinnimmt und damit essentialisiert, hinterfragt Groebner sie. Und während Groebner seine eigenen touristischen Erfahrungen einbringt, um etwas über den Tourismus herauszufinden, hat man bei Ceisel den Eindruck, dass sie ihr Thema benutzt, um über sich selbst zu sprechen. Und so hilft das Buch nicht dabei, die Nostalgie oder den Tourismus wirklich besser zu verstehen.

Wer von hier aus weitergehen will, muss vielleicht das Phänomen des Geschichtstourismus noch einmal genauer im Lichte seiner beiden Teile betrachten: dem der Geschichte und dem des Tourismus. Denn natürlich ist das Retroland größer als der Tourismus – man muss nicht in den Flieger steigen, um in die Vergangenheit zu reisen; es reicht schon, den Fernseher anzuschalten oder im eigenen Lebensumfeld den (unterschiedlich aufbereiteten) Spuren des Historischen nachzugehen. Umgekehrt zieht keines der beiden Bücher in Erwägung, dass die vielen vorgeblichen Geschichtstouristen möglicherweise gar nicht nach Geschichte suchen. Manche, die nicht ohne Arbeit sein können, machen aus dem Urlaub eine kulturelle Arbeit. Andere besuchen Museen, weil es regnet, weil sie die Zeit vor dem Abendessen überbrücken müssen oder weil es dort Angebote für Kinder gibt. Wieder andere folgen vielleicht nur den Anweisungen im Reiseführer, der ihnen nahelegt, welche Sehenswürdigkeiten sie abzuklappern haben. Was auf den ersten Blick also banal erscheinen mag, ist ebenso komplex wie schwer zu erklären – das zeigen beide Bücher. Umso wichtiger sind wissenschaftliche Expeditionen ins Retroland. Wer nach einem Reiseführer zum Einstieg sucht, wird bei Valentin Groebner fündig.

Anmerkungen:
[1] Simon Reynolds, Retromania. Pop Culture’s Addiction to Its Own Past, London 2011; Zygmunt Bauman, Retrotopia, Cambridge 2017, dt.: Retrotopia. Aus dem Englischen von Frank Jakubzik, Berlin 2017; Nils Markwardt, Sehnsucht nach Retrotopia: Nostalgie, in: ZEIT, 30.08.2018, https://www.zeit.de/kultur/2018-08/nostalgie-vergangenheit-politisierung-trend/komplettansicht (23.09.2018).
[2] Małgorzata J. Rymsza-Pawlowska, History Comes Alive. Public History and Popular Culture in the 1970s, Chapel Hill 2017; Tobias Becker, Rückkehr der Geschichte? Die „Nostalgie-Welle“ in den 1970er und 1980er Jahren, in: Fernando Esposito (Hrsg.), Zeitenwandel. Transformationen geschichtlicher Zeitlichkeit nach dem Boom, Göttingen 2017, S. 93-117, https://zeithistorische-forschungen.de/sites/default/files/medien/material/2009-3/Becker_2017.pdf (23.09.2018).
[3] Douglas Coupland, Generation X. Geschichten für eine immer schneller werdende Kultur. Roman. Aus dem Englischen von Harald Riemann, Berlin 1994, S. 21.

 

[Regionalforum-Saar] Söldner ohne Sold

Date: 2018/10/23 09:17:14
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Söldner ohne Sold.

Die deutschen Freikorps 1918 - 1923.

Broschiert – 1978

von Dominique Venner (Autor)

 

Letztens war ich auf einem runden Geburtstag in illustrer Runde und erzählte von einem Buchprojekt über einen ehemaligen St. Wendeler Landrat, der das Ende des Ersten Weltkriegs in St. Wendel erlebte, da empfahl mir einer der anwesenden Herren - ich vermute, daß er Historiker ist und an der Universität des Saarlandes lehrt, aber ich weiß leider seinen Namen nicht - das Buch „Söldner ohne Sold“, in dem es um die Geschichte der sog. „deutschen Freikorps“ ging, die sich 1918 aus Einheiten bildeten, die frustriert aus dem Ersten Weltkrieg nach hause kamen und sich dort nicht mehr zurechtfanden. Sie hatten gelernt, auf vielfältige Art Menschen umzubringen, und wollten oder konnten nicht mehr ins „normale“ Leben zurück, wobei ihnen die Umstände zuhause oft keine Alternative ließ.

 

Ich muß ehrlich schreiben, daß ich mir um die Situation in Deutschland am Ende des Ersten Weltkriegs nie groß Gedanken gemacht und ich mich auch nicht darüber informiert hatte. Ich wußte vage etwas vom deutschen Kaiser, der abdankte, von den Soldaten, die an der Front erfuhren, daß der Krieg aus war, obwohl sie noch am Kämpfen waren. Aber ich hatte immer das Ende des Zweiten Weltkriegs im Kopf, der u.a. dadurch zu Ende ging, daß die Alliierten einmarschierten und den deutschen Soldaten vor Ort nicht viele Möglichkeiten ließen - Tod oder Gefangenschaft.

 

Hier war das völlig anders. Die Alliierten waren nicht einmarschiert, sie standen an der Grenze, diktierten ihren Vertrag und drohten mit dem Einmarsch, sollte er nicht erfüllt werden. So habe ich mir während des Lesens versucht, ein Bild des Chaos in Deutschland zu machen. Draußen die Alliierten, drinnen die Regierung, die von Kaiserreich auf Demokratie umschaltet, sich erst mal finden, dann rechtfertigen und organisieren muß und - ehe sie Zeit für einen Gedanken an das Volk und sein Schicksal hat - erst die Bedingungen des Versailler Vertrags erfüllen muß. Dann die Kommunisten, die versuchen, die Revolution in Russland auch in Deutschland durchzuführen. Und dann die Soldaten, die in die Heimat zurückkommen, wo sie nicht willkommen sind.

 

Der Autor beschreibt das Geschehen in Deutschland und vor allem in Berlin übersichtlich und dennoch en detail. Am Anfang habe ich den berechtigten Eindruck, daß er weiß, wovon er schreibt, aber ich nicht. Er kennt die Hintergründe, legt sie auch oft genug dar, aber ich merke dann, wieviel mir fehlt. Gott sei dank gibt es wikipedia und andere Hilfsmittel, die mal gerade schnell zur Hand sind.

 

Letztens hat Klaus Gietinger in Saarbrücken bei der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF) einen Vortrag eigentlich zum gleichen Thema gehalten, und ich wünschte mir nachträglich, ich hätte erst Venners Buch gelesen und dann seinen Vortrag gehört. Da wäre mir manches klarer gewesen - ich mache niemandem einen Vorwurf, mein Minderwissen geht allein auf meine Kappe.

 

Der Erste Weltkrieg hat mich nie wirklich interessiert - mein Uropa fiel in den ersten vier Wochen, damit war mein Interesse daran gleich wieder vorbei.

 

Aber ich habe kurz vor Venners Buch Robert Heinleins „Starship Troopers“ gelesen, der nach einem beendeten Krieg, der die USA und die ganze Welt ins Chaos stürzte und alle Regierungen auflöste, von Veteranen eine Weltregierung etabliert, in der nur der wählen und öffentliche Ämter bekleiden darf, der eine gewisse Zeit als Soldat dem Staat gedient hat, um zu zeigen, daß ihm oder ihr auch etwas an diesem Gemeinwesen liegt. Im Nachhinein ist mir klar geworden, wo Heinlein ein paar seiner Ideen her hat.

 

Ich empfehle Ihnen dieses Buch, das nur noch antiquarisch zu bekommen ist, wenn Sie sich über die Verhältnisse in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg informieren und wissen wollen, woher Hitlers Schergen stammen.

 

 

[Regionalforum-Saar] Jahreskalender für 2019

Date: 2018/10/23 20:54:09
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Abend,

 

für alle, die in St. Wendel wohnen oder in der Nähe oder sich für seine Geschichte interessieren.

 

Nachdem ich im letzten Jahr einen Fotokalender mit Motiven zum hl. Wendelin versucht habe und ziemlich damit auf die Nase gefallen sind (was dazu führte, daß fast jeder Amerikaner, den wir kennen, letzte Weihnachten ein Exemplar bekommen hat J), habe ich mich dieses Jahr für nächstes Jahr wieder der Stadt zugewandt, die nach dem Heiligen benannt ist.

 

Das Ergebnis heißt "Vorgestern in St. Wendel“. Die 13 Ansichten zeigen Bilder aus St. Wendel aus den letzten 170 Jahren.

 

Nahezu zeitlos wirkt das Deckblatt, das den Schloßplatz und die schmucken Gebäude an seinen Rändern anfangs der 1950er Jahre zeigt.

 

Doch gleich der Januar führt uns weiter zurück. Wo ist bloß die Tür an der Seite des alten Rathauses am Fruchtmarkt hingekommen? Das Schild „Rauchen-Verboten“ räumt mit dem Argument auf, das man früher qualmen konnte, wo man wollte.

 

Im Februar geht es noch weiter zurück ins 19te Jahrhundert. Aber interessanter als das Restaurant Riotte mit seinem opulenten Speisesaal sind die Details: die beiden Herrn im feinen Zwirn, die über die Mommstraße schlendern, und das seltsame Dreirad zur Rechten.

 

Im April schauen wir aus der Luft auf zwei Häuser in der Balduinstraße, die einem schnöden Parkplatz weichen mußten.

 

Im Juli erkennen wir linkerhand die Sommerresidenz der Herzogin Luise, die gerade zum Bahnhof umfunktioniert wurde.

 

Das Oktoberbild hat ein junger Mann 1944 vom RAD-Lager aus gezeichnet; kein halbes Jahr später ist er im Krieg gefallen.

 

Und im Dezember ist ganz schwer nur vorstellbar, daß der Laden mit den 14 Karnickeln im Schaufenster heute eine Eisdiele beherbergt.

 

Alle Ansichten sind auf einer zusätzlichen Seite kommentiert.

 

Der Kalender, Format: DinA 4 quer,  mit diesen schönen Ansichten aus der Vergangenheit unserer Stadt kann für 20 Euro in den hiesigen Buchhandlungen oder direkt mir erworben werden.

 

Bei Versand kommt 1,20 Euro für Porto dazu.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Jahreskalender 2019 Wellesweiler

Date: 2018/10/23 21:07:24
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

Kalender 2019
Nach der großen Nachfrage der letzten Jahre ist der Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. wieder dem Wunsch vieler Bürger nach einer neuen Auflage seines Kalenders gefolgt. Was ursprünglich mit einer Auflage zum 25 –jährigen Bestehen des Vereins gedacht war, hat sich zu einem Selbstläufer entwickelt.
Das diesjährige Titelbild zeigt die Rückseite des Bauernhauses Hollinger in der „Kehr“ der Homburger Straße. Ein mächtiger Kastanienbaum thront auf der Stützmauer aus Sandsteinen. Wie so vieles verschwand auch diese rustikale Ansicht aus dem Ortsbild von Wellesweiler.
Erhältlich ist der Kalender wieder für 10 EURO bei der Sparkasse, Filiale Wellesweiler, der Bäckerei Gebr. Borsdorff und bei Bücher König in Neunkirchen. Auch direkt bei dem Verein, Tel. 06821/41633, Hans Günther Sachs, und jeden Donnerstag von 15.00 – 18.00 Uhr im Hause Hoppstädter, Rettenstr. 2.
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Diese Nachricht wurde von meinem Android Mobiltelefon mit GMX Mail gesendet.

[Regionalforum-Saar] Dr. Johannes Schmitt ist gestorben

Date: 2018/10/24 09:49:21
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Neues Licht auf die „Franzosenzeit“

Der Historiker Dr. Johannes Schmitt ist tot – Er erforschte die Auswirkungen der Französischen Revolution an der Saar und schlug Brücken zwischen Wissenschaft und Heimatforschung.

Die Trauerfeier findet am Samstag, 27. Oktober 2018, um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche von Hüttersdorf statt, anschließend ist die Urnenbeisetzung auf dem Friedhof in Hüttersdorf.

 

 Als „einen Pionier der saarländischen Geschichtsforschung“ und „einen Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Heimatforschung“ haben die beiden großen Geschichtsverbände des Saarlandes ihren langjährigen Vorsitzenden Dr. Johannes Schmitt gewürdigt. Der Historiker aus Schmelz, der durch zahlreiche Bücher und Aufsätze bekannt wurde, war am vergangenen Donnerstag (11. Oktober) im Alter von 75 Jahren verstorben. „Wir trauern um einen Experten, der durch die Erschließung neuer Dokumente die so genannte Franzosenzeit an der Saar, insbesondere die Epoche der Französischen Revolution und deren Auswirkungen auf unsere Region, in ein völlig neues Licht gestellt hat“, heißt es in einer Erklärung des Historischen Vereins für die Saargegend (HV) und des Landesverbandes der historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes (LHV). „In den vergangenen Jahrzehnten ist ein neues, detailliertes, von nationalistischen Vorurteilen gereinigtes Bild der Saargeschichte erarbeitet worden, und an diesen Bemühungen hatte Dr. Johannes Schmitt als Autor und Herausgeber einen wichtigen Anteil.“ Außerdem habe der Verstorbene in langfristigem Zusammenwirken mit anderen auch der Arbeit der Geschichtsvereine im Saarland wichtige Impulse gegeben, heißt es weiter in der Erklärung der beiden Verbände.

 

 Dr. Johannes Schmitt war von 2004 bis 2009 Vorsitzender des traditionsreichen Historischen Vereins für die Saargegend. Als solcher war er im November 2004 an der Gründung des Landesverbandes der historisch-kulturellen Vereine (LHV) beteiligt und führte auch diese Organisation, der heute 55 Geschichts- und Heimatkundevereine aus allen Teilen des Saarlandes angehören, knapp zehn Jahre lang. Im Jahr 2005 war der Historiker auch eine der treibenden Kräfte hinter der Gründung der von beiden Verbänden herausgegebenen historischen Zeitschrift „saargeschichte/n“, die er als „Flaggschiff der saarländischen Geschichtskultur“ bezeichnete.

 

 Dr. Johannes Schmitt stammte aus Hüttersdorf (Gemeinde Schmelz) und war als Gymnasiallehrer in Lebach tätig. Außerdem nahm er Lehraufträge an der Universität des Saarlandes wahr. Seine besondere Verbundenheit zur Ortsgeschichte kam auch darin zum Ausdruck, dass er 25 Jahre lang, von der Gründung 1987 bis zum Jahr 2012, den Historischen Verein Schmelz als Vorsitzender leitete und auch auf dieser Ebene durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen hervortrat. Außerdem betreute er über etliche Jahre als Redakteur die Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend.

 

 Sein weiteres Schaffen, insbesondere seine Forschungen über die Auswirkungen der Französischen Revolution auf die Saar-Region, fand weithin Beachtung. Erst durch seine Veröffentlichungen erfuhr ein breiteres Publikum bestimmte Einzelheiten über jenes turbulente Jahrzehnt zwischen 1789 und 1799, in dem nicht nur Saarlouis, sondern auch das Schaumberger Land zum revolutionären Frankreich gehörte. Auf Antrag von Bewohnern wurde im Februar 1793 die Gegend um Tholey, Schmelz eingeschlossen, vom Konvent in Paris eingegliedert. Auch in Saar-Dörfern wurden damals Freiheitsbäume gepflanzt.

 

 Eine wichtige Publikation aus der Werkstatt von Dr. Johannes Schmitt war auch der Band „Das Saarland – Geschichte einer Region“, den er 2012 gemeinsam mit Dr. Hans-Christian Herrmann, dem Leiter des Stadtarchivs Saarbrücken, im Auftrag des Historischen Vereins für die Saargegend herausgab. Zu den Themen, mit denen er sich kontinuierlich beschäftigte, gehörten auch die Zeit des Nationalsozialismus und die Entwicklung der katholischen Kirche. Johannes Schmitt war unter anderem seit 1989 Mitherausgeber der für das Bistum Trier konzipierten kritischen Zeitschrift „imprimatur“.

 

Quelle des Textes: https://www.hvsaargegend.de/ sowie SZ vom 24.10.2018

 

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In der Sterbeanzeige in der SZ von heute steht als Sinnspruch:

 

„Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist.“

                                                              (Franz Kafka)

 

Dr. Johannes Schmitt, geb. 22.06.1944, + 10.10.2018

 

Traueranschrift: 22844 Norderstedt, Weg am Denkmal 34

 

 

[Regionalforum-Saar] Vortrag über starke Frauen in der Reformationszeit

Date: 2018/10/24 18:18:00
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Abend,

 

wer die Beiträge und Diskussionen zum Reformationsjubiläum im letzten Jahr verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, die Glaubensrevolution vor 500 Jahren hätten allein Männer geprägt. Dass dem nicht so ist und es einige interessante und sehr unterschiedliche Frauen in der Reformationszeit gab, darüber wird Pfarrerin Christine Unrath aus St. Wendel am nächsten Dienstag aufklären. Die Rede wird sein von mutigen adligen Streiterinnen für Mitsprache in der neuen Kirche, die zu Beginn der Neuzeit ihre Glaubensüberzeugungen selbstverantwortlich und öffentlich vertraten. Aber auch Frauen aus dem Bürgertum gehörten dazu wie die Theologin Katharina Zell, die sich selbst als Kirchenmutter bezeichnete. Sie lebte vor, wie eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern im Dienst der Kirche schon vor einem halben Jahrtausend hätte gestaltet werden können.

 

Veranstalter: Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF)

im Saarbrücken-Scheidt, Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken.

 

am Dienstag, 30ter Oktober 2018, um 17.30 Uhr

 

Der Eintritt ist frei.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Vortrag über die Dorfschmiede in der Volkskunde

Date: 2018/10/24 22:40:55
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Vortrag über die Dorfschmiede in der Volkskunde


Hoof. Zu seiner traditionellen Herbstveranstaltung lädt der Heimat- und Kulturverein Ostertal ein für Donnerstag, den 1. November 2018 (Allerheiligen) ins protestantische Gemeindehaus Hoof. Beginn ist um 17 Uhr. Das Thema lautet diesmal „Die Dorfschmiede in der Volkskunde“. Referent ist der überregional bekannte Volkskundler Gunter Altenkirch aus Gersheim-Rubenheim im Bliesgau. Altenkirch betreibt in seinem Wohnort ein Museum für dörfliche Alltagskultur und ein Museum des „Saarländischen Aberglaubens“, außerdem gehört Altenkirch dem Wissenschaftlichen Beirat für Volkskunde im Institut für Landeskunde des Saarlandes an. In seinem Vortrag werden die volkskundlichen Hintergründe der dörflichen Schmiede aufgezeigt, sowohl nach dem dörflichen sozialen Charakter wie nach den Volksbräuchen. Die frühere Dorfschmiede war nicht nur ein kleiner Handwerksbetrieb, sie war ein wesentlicher Mittelpunkt des Dorfgeschehens – und sogar der Volksheilkunde.


Nach dem Vortrag zeigt der Heimat- und Kulturverein noch einige Bilder von der Hoofer Dorfschmiede: von den früheren Betreibern, vom Inneren der Schmiede, von der Einrichtung, den Werkzeugen und von Schmiedeprodukten. Auch der fünfminütige SR-Fernsehbericht über die Hoofer Schmiede vom 20. Juni 2018 wird noch einmal gezeigt. Ferner wird über das Verfahren der Unterschutzstellung der Schmiede durch das Landesdenkmalamt und über die weitere Entwicklung berichtet.

[Regionalforum-Saar] Abteikirchen- und Klosterführ ungen weiter möglich

Date: 2018/10/25 08:32:18
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

auf eine immer wieder mal gestellte Frage kam heute morgen ein kurzer Artikel in der SZ gerade recht.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

 

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Abteikirchen- und Klosterführungen weiter möglich

Tholey. Auch während der sanierungsbedingten Schließung der Abteikirche sind weiterhin Klosterführungen möglich. Einer Führung durch den Klostergarten schließt sich ein Besuch des Museum Theulegium, Rathausplatz 6, an. Von red

 

[Regionalforum-Saar] Artikel mit starkem Satz!

Date: 2018/10/25 08:37:11
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

heute in der SZ:

Die „Sklavenarbeit“ in der Völklinger Hütte

 

Kommende Woche wird im Weltkulturerbe Völklinger Hütte ein neuer Gedenkort für NS-Zwangsarbeiter eingeweiht. Auf dem Völklinger Waldfriedhof gibt es bereits eine Erinnerungsstätte: Die Historikerin Inge Plettenberg hat sich jetzt intensiv mit der Situation der Zwangsarbeiter befasst. FOTO: Iris Maria Maurer

 

Saarbrücken/Völklingen. Die Historikerin Inge Plettenberg hat die Lage der NS-Zwangsarbeiter in der Völklinger Hütte genauer erforscht. Über 12 000 Menschen mussten während des Krieges dort schuften.

Von Cathrin Elss-Seringhaus

. Tatjana W. war 91, als sie 2017 auf der Karolinger Brücke in Völklingen durch einen Unfall starb. 75 Jahre hat sie in der Stadt verbracht, mit einem deutschen Mann, der sich nach dem Krieg scheiden ließ. Wegen ihr, einem Zwangsarbeitermädchen aus der Ukraine, das er in der Völklinger Hütte kennen gelernt hatte. 1987 konnte die Saarbrücker Historikerin Inge Plettenberg Tatjana interviewen. Sie erfuhr von ihr damals das, was ähnlich auch in schriftlichen Dokumenten stand: „Die Deutschen waren gut zu uns.“ Das ist wahrlich nicht die ganze, aber es ist eine von diversen irritierenden Wahrheiten der NS-Zwangsarbeiterforschung für die Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke (RESW).

 

2014 gab es dazu im Weltkulturerbe Völklinger Hütte eine Ringvorlesung. Plettenberg komplettiert alle gewonnenen Erkenntnisse nun durch eine noch umfassendere Publikation. Sie wird am 31. Oktober zeitgleich mit dem Zwangsarbeiter-Mahnmal in der Sinteranlage von Christian Boltanski vorgestellt. Neue Sensationen? Keine. Aber erstmals korrekte Zahlen. Laut Plettenberg stellten 1944 ausländische Kräfte (5711) mehr als ein Drittel der Röchlingschen Belegschaft (15 058). Die ersten waren 1942 gekommen, bis Kriegsende waren es 12 332, davon rund 4600 Frauen. 234 dieser Menschen überlebten ihre Völklinger Zeit nicht, das sind rund 1,9 Prozent.

 Zahlen, Statistiken, aber welche Schicksale stehen dahinter? Das kollektive Gedächtnis hält dafür standardisierte Begriffe und Bilder bereit: ausgebeutet, geschunden und geschlagen, eben: „Vernichtung durch Arbeit“, wie für die Konzentrationslager angeordnet. Doch die 16 Millionen Fremdarbeiter, die der NS-Industrie die an der Front verheizten deutschen Arbeiter ersetzten, hatten eine eigene Leidensgeschichte. „Sie war nicht weniger schrecklich, aber anders, als die meisten von uns sie sich vorstellen“, so Plettenberg. Denn unter anderem hatte der Generalbevollmächtigte für Fremdarbeit, Fritz Sauckel, unter dem Motto „Auch eine Maschine braucht Wartung“ Misshandlungen untersagt, auch Disziplinierung durch Nahrungsentzug. Damals schon war Papier wohl geduldig. Plettenberg fand heraus, dass 14 Männer vom Werksschutz wegen Prügelns aktenkundig wurden. Und Plettenberg hält fest: „Auch die Zwangsarbeiter wurden einem rassistischen Diskriminierungssystem unterworfen“. Polen und Russen standen am Ende der Entrechtungs-Kette.

 

Plettenberg berichtet, dass sie den Todesursachen auf den Sterbeurkunden mit „Skepsis“ und viel detektivischem Spürsinn begegnet sei. „Zu Tode geprügelt oder verhungert steht da schließlich nirgends“. Doch wenn ein 58-Jähriger an „Altersschwäche“ sterbe und junge Männer an „Herzinsuffizienz“, dann dürfe man wohl die „Sklavenarbeit“ dafür verantwortlich machen. Sechs Menschen wählten zudem den Freitod. Doch wie genau sahen die Lebensumstände aus? „Ein authentisches Bild gibt das uns zugängliche Material nicht her“, so Plettenberg. Fest steht, dass sowohl für Deutsche wie für Zwangsarbeiter im „Totalen Krieg“ die Kontingentierung und Verknappung alles Lebensnotwendigen und die 60-Stunden-Woche galten. Gearbeitet wurde gemeinsam. In den Kantinen und in den Massenunterkünften blieben die Fremden unter sich. Rund 180 waren laut Plettenberg, meist in einer Baracke untergebracht. Dort sollte es für jeden Arbeiter sieben Kubikmeter „Raum zum Atmen“ geben, und die Betten mussten „eine Stuhlbreite“ voneinander entfernt stehen. Die Zivilarbeiter-Lager wurden von der Deutschen Arbeitsfront mit Gestapo-Führung regiert, die Kriegsgefangenen wiederum unterstanden der Wehrmacht, zusätzlich gab es noch einen von Röchling organisierten Werksschutz. Laut Plettenberg herrschte zwischen all diesen Stellen ein Kompetenz-Krieg, in dem beispielsweise Hermann Röchling (1872-1955) nicht annähernd so viel Gestaltungsmacht hatte wie man ihm gemeinhin andichtet. Der später als Kriegsverbrecher verurteilte Unternehmenschef sei vor Ort weit weniger präsent gewesen als dessen Schwiegersohn Hans-Lothar von Gemmingen. „Meine Forschungen erlauben, die Verantwortlichkeiten klarer zu fassen“, so Plettenberg.

 Das besitzt Sprengkraft. Wer in dem seit Jahren andauernden Streit um den vermeintlich Hauptschuldigen Hermann Röchling Differenzierungen liefert, steht schnell unter Entlastungs-Verdacht im Dienste der Familie Röchling. Plettenberg hat Verständnis für das heiße Herz, das viele bei diesem Thema mitbringen. Ihr selbst sei jedoch „im Laufe der Jahrzehnte die Empörung abhanden gekommen“. Die Wissbegier nicht. Selbst nach ihrer jüngsten Fleißarbeit blieben unausgeleuchtete Flecken. Beispielsweise wäre nach Einschätzung Plettenbergs das Thema Profit durch Zwangsarbeiter eine eigene Forschungsarbeit wert. Wobei auch sie schon Modellrechnungen angestellt hat. Grob gesprochen arbeiteten für den Lohn eines deutschen Arbeiters in der Hütte zwei bis vier Fremdarbeiter. Hätten die RESW für die Ostarbeiter deutsche Löhne zahlen müssen, wären allein für den Juni 1944 über 320 000 Reichsmark mehr fällig gewesen. War das viel oder wenig? Irgendwann lande man bei Erbsenzählerei, so Plettenberg, oder, was schlimmer sei, „im Zynismus“.

 

[Regionalforum-Saar] Vortag

Date: 2018/10/26 08:29:48
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Die Binger Linie der jüdischen Familie Coblenz aus Ottweiler

Aufstieg und Niedergang: Ein Mosaikstein aus der Familiengeschichte Coblenz

 

Textfeld: Carolin Vogel, Leiterin des
          Dehmelhauses in Hamburg-Blankenese, mit dem Portrait der
          Delphine CoblenzAnfang Juni 2017 übergab Rita Van Menxel aus Rennes der Dehmelhaus-Stiftung Hamburg ein Portrait. Es stellt die in Ottweiler am 30. Juni 1819 als achtes Kind der Eheleute Jakob  (*26.12.1774 in Bliesbruck) und Hebele (*20.05.1784 in Ottweiler) Coblenz geborene Theile/Delphine Coblenz dar, die am 08. November 1837 den Binger Winzer Joseph Philipp Meyer (*17.12.1799) heiratete. Mit dieser Heirat setzte der soziale Aufstieg der Binger Linie der aus Ottweiler stammenden jüdischen Familie Coblenz ein. Ihn prägte der in Ottweiler am 20.05.1836 geborene Simon Zacharias Coblenz entscheidend mit.

Gemeinsam mit Herrn Dr. Franҫois Van Menxel (Münster), einem entfernten Nachfahren der Familie Coblenz, erforschte der Referent den Weg dieses Portraits und weiterer Familienbildnisse, der zugleich den Aufstieg einer jüdischen Familie aus dem Landjudentum in die bürgerliche Gesellschaft Deutschlands und Frankreichs nachzeichnet. Denn der Weg der Familie Coblenz führte von Bliesbruck über Ottweiler nach Bingen, Mannheim und Hamburg. In Hamburg entwickelte sich das Dehmelhaus unter der Führung von Ida Dehmel-Coblenz zu einem Treffpunkt der KünstlerInnen aller Sparten. Ida Dehmel-Coblenz: Dieser Name erinnert zugleich an den Schriftsteller Richard Dehmel, der 1884 kurzzeitig als Redakteur der „Saar- und Blieszeitung“ in Neunkirchen arbeitete und lebte. Ida Dehmel-Coblenz gründete 1926 die GEDOK, die Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen. Seit November 2012 liegt 

der Vorsitz der Bundes GEDOK bei Prof. Ulrike Rosenbach. Sie leitete als Rektorin von 1991–1993 die HBK Saar, von 1989 - 2007 Saar hatte sie die Professur für Neue künstlerische Medien an der HBK Saar inne.

Mit diesem Vortrag möchte die KVHS einen Beitrag dazu leisten, dass die Geschichte des Judentums nicht auf den Holocaust reduziert wird, sondern darauf aufmerksam machen, dass das Judentum einen Beitrag leistete zum wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben in Deutschland.

Montag, 29.10.2018, 19 Uhr

Eintritt: Frei

Referent: Hans-Joachim Hoffmann

Ort: Landratsamt Historischer Sitzungssaal, Wilhelm-Heinrich-Straße 36, 66564 Ottweiler


Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Vortrag

Date: 2018/10/28 08:34:43
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Vortrag im Historischen Sitzungssaal des Landratsamtes

Die Binger Linie der jüdischen Familie Coblenz aus Ottweiler

Aufstieg und Niedergang: Ein Mosaikstein aus der Familiengeschichte Coblenz

 

Bedeutend und einflussreich – aber nicht nur in Ottweiler vergessen: Die jüdische Familie Coblenz. Zu dieser Erkenntnis gelangte Hans-Joachim Hoffmann im Zusammenhang mit der Erforschung der Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler. Glückliche Zufälle brachten ihn in Kontakt mit Dr. Franꞔois Van Menxel in Münster, einem entfernten Nachfahren dieser jüdischen Familie, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Ottweiler niederließ und bedeutende Persönlichkeiten jüdischen Lebens hervorbrachte. Gemeinsam verfolgten die beiden Forscher u.a. den Lebensweg des Binger Zweiges dieser Familie, der einen starken Bezug zu Ottweiler hat, und legten im letzten Jahr die Forschungsergebnisse in Buchform vor: „Die jüdische Familie Simon Zacharias Coblenz (1836-1910) aus Bingen“. Diese Publikation fand in einschlägigen Kreisen eine beachtliche Wertschätzung: Thomas Karlauf, der Biograph des mit Ida Dehmel-Coblenz in der Jugendzeit befreundeten Lyrikers Stefan George (1868 -1933), teilte den Autoren u.a. mit:

„Als ich Anfang der 2000er Jahre an meiner George-Biographie arbeitete, habe ich es immer wieder bedauert, dass es über die Familie Coblenz kaum etwas Brauchbares gab. Ich habe viele Abschnitte gelesen und feststellen können, dass es sich um eine sehr gründliche Arbeit handelt, die für jede weitere Beschäftigung mit dem Thema Maßstäbe setzt. Auch in dieser Hinsicht gilt Ihnen deshalb mein Dank.

Ich wünsche der Publikation reges Interesse und weite Verbreitung. Den George-Biographen jedenfalls dürfen Sie bereits zu Ihren dankbaren Lesern zählen.“

Der Berliner Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann gab folgende Rezension ab:

„Es ist eine umfassende und gründliche Arbeit von 200 Seiten, die nicht nur die Familiengeschichte aufzeigt, sondern auch die kulturellen, sozialen und ökonomischen Einflüsse dieser Familie und damit wird eine Geschichte auch unserer Landschaft gegeben von Ottweiler bis Bingen am Rhein [...]. Dass die Erinnerung an diese Familie, die nicht zuletzt durch Ida Coblenz auch in der Literatur- und Kulturgeschichte berühmt geworden ist, aufbewahrt wird, die Bilder der Ahnen, und von Nachkommen dieser Schrift gewürdigt wird, das ist höchst erfreulich und bewundernswert. Ida Coblenz war ja wohl die einzige Frau, die Stefan George nahe gekommen ist, zwei Binger, die sich da trafen, und die dann durch ihre Heirat mit dem damals berühmten Dichter Richard Dehmel weiterhin wirkte, auch in Fragen der Frauen- Emanzipation. Ich danke ihnen sehr für diese aufschlussreiche Schrift [...].“

Maik Bozza, der Leiter des Stefan George-Archivs in Stuttgart, reagierte mit folgenden Worten:

„Lassen Sie mich den Dank gleich voranstellen: gestern kam Ihre Sendung mit beiliegendem Brief und wir haben uns im StGA ausgesprochen darüber gefreut! [...) Gerade im Falle der Ida Coblenz sind wir aber dankbar um jede und schnelle Ergänzung unseres Bestandes. [...] Bitte lassen Sie mich bitte wissen, wenn wir Ihnen mit Material aus dem StGA einmal behilflich sein können.“

Carolin Vogel, die Leiterin des Dehmelhauses in Hamburg-Blankenese, merkte an:

„[...] Zunächst ein äußerer Eindruck: Das Format ist in Größe und Gewicht sehr angenehm, das wirkt sich positiv auf die Nutzung der Lektüre aus. Die unterschiedlichen Fotos, die nicht nur Personen und Orte, sondern auch Dokumente und Objekte zeigen, machen das Thema anschaulich. [...] In Bezug auf die Quellen ist besonders reizvoll, dass auf Dokumente aus Familienbesitz zurückgegriffen wird. Hervorzuheben ist der erhebliche Rechercheaufwand in Personenregistern, Nachlassakten und Archiven, den die Autoren auf sich genommen haben, um sie in mühsamer Arbeit zu einem Bild der Familie Coblenz zusammenzufügen. Dass das tiefere Wissen um diese einst bedeutende Binger Familie nicht im Strudel der fortschreitenden Zeiten unterging, ist nun ganz wesentlich Hans-Joachim Hoffmann und Dr. Franꞔois Van Menxel zu verdanken. [...]

Mit beeindruckender Detailgenauigkeit wurden genealogische Daten und Informationen zu Personen, Orten und Ereignissen zusammengetragen. [...] Der gut lesbare Beitrag über die Ahnenbilder im Dehmelhaus rundet das Buch sehr schön ab, da er sich zum einen auf real existierende Kunstwerke bezieht und zum anderen den Leser wie zu Anfang [...] noch einmal auf eine persönliche Entdeckungsreise mitnimmt. [...]

Vor dem Schließen des Buches erinnert der Brückenschlag zu Fragestellungen der Gegenwart den Leser daran, dass der soeben gelesene Stoff nicht nur Geschichte war, sondern Relevanz für die Gegenwart besitzt. Für das Dehmelhaus ist die Existenz dieses Buches sehr zu begrüßen, denn es gibt diesem noch vor kurzem verlassenen Ort ein Stück Geschichte zurück.“

Die KVHS Neunkirchen lädt Sie „auf eine persönliche Entdeckungsreise“ zu dem Vortrag von Hans-Joachim Hoffmann herzlich ein.

Termin: Montag, 29.10.2018 – 19.00 Uhr

Ort: Historischer Sitzungssaal des Landratsamtes, Ottweiler, Wilhelm-Heinrich-Straße 36

Eintritt: frei

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Audiovisionsabend in Selbach

Date: 2018/10/28 18:34:56
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Pfarreiengemeinschaft Bostalsee & Heimat- und Verkehrsverein Selbach e.V. laden ein zum 6. Audiovisionsabend ins Dorfgemeinschaftshaus Selbach

am Sonntag, dem 04. November 2018, 18:00 Uhr

 

Die Fotofreunde Schaumberg-Nahe zeigen:

 

Imposante Architektur (ca. 6 Minuten)

So lautete der Titel einer Ausstellung der Fotofreunde Schaumberg-Nahe im Foyer des Landratsamtes in St. Wendel. Die Fotos zeigen die unterschiedlichen Aspekte und Herangehensweisen der Fotografen und bieten einen abwechslungsreichen Überblick über die Arbeit der Mitglieder. Da wir es zu schade fanden, die Fotos nach dieser Ausstellung in Mappen, Archiven, Dachböden uvm verschwin-den zu lassen, hat Lothar Klein aus St. Wendel eine multimediale Fotoschau erstellt, damit auch Per-sonen, die die Ausstellung nicht gesehen hatten, in den Genuss dieser eindrucksvollen Fotos kommen können. Die Fotografen waren Conny Ames, Paul Ames, Dominik Fritz, Peter Gregorius, Lothar Klein, Thomas Lief, Jürgen Mai, Raimund Meisberger, Willi Rausch, Jürgen Schneider, Manfred Schröder und Helmut Stock.

 

St. Nikolai zu Leipzig – Friede sei mit Euch (ca. 5 Minuten)

St. Nikolai zu Leipzig gehört zu den berühmtesten Kirchen Deutschlands. Der Name „Nikolaikirche“ wird mit den Friedensgebeten der 1980er Jahre und mit der friedlichen Revolution von 1989/90 für alle Zeiten verbunden bleiben.

 

Begeben Sie sich mit Manfred Schröder auf einen fotografischen Streifzug durch die beeindruckende Architektur der spätgotische Hallenkirche.

Untermalt wird die Bildkomposition vom Elektronic-Music-Project "Fung-Chen" aus dem St. Wende-ler Land. Die Musiker LONG (Ralph Metz) und FUNZ (Uwe Büttner) komponierten zu den Aufnahmen einen stimmungsvollen Soundtrack.

 

Irland - Der Südwesten aus der Vogelperspektive (ca. 25 Minuten)

Das County Kerry im Südwesten von Irland bietet eine sagenhafte und abwechslungsreiche Land-schaft. An den Küsten finden sich teilweise lange Sandstrände, aber auch schroffe, felsige Klippen. Im Hinterland begeistern Hügel und Täler, Seen und Wälder. Verfallende Burgruinen werden von der Vegetation zurückerobert. Ausgewählte Sequenzen, mit dem Multikopter aufgenommen von dem Berufsfotografen Thomas Lief aus Saarbrücken, präsentieren Ihnen diese atemberaubende Region in ihrer Vielfalt und laden zum Träumen und Genießen ein.

 

Süd-Frankreich - Ardèche, Gorges du Tarn, Dordogne (ca. 35 Minuten)

Die beiden Reisefotografen Helga Bernhard und Jürgen Mai aus Theley entführen uns diesmal nach Südfrankreich an die Täler der Ardèche, des Tarn und die Dordogne. Seit der Schaffung mehrerer Nationalparks, die den Schutz dieser außergewöhnlichen Landschaft garantieren, hat sich hier ein sanfter Tourismus entwickelt, der besonders für Gäste interessant ist, die die intakte Natur und die traditionelle Lebensweise der Bewohner schätzen. So erwarten den Besucher hier großartige mäand-rierende wilde Flüsse. Tiefe Canyons, die Gorges, zerschneiden das Land und bilden bizarre Felsfor-mationen. Die Landstraßen werden gesäumt von trutzigen Burgen, einsamen pittoresken Dörfern und Städtchen. Im porösen Kalk versickern seit Jahrhunderten die Niederschläge, sammeln sich zu unterirdischen Flüssen und höhlen das Gestein aus. Riesige Grotten boten seit Urzeiten unseren Vor-fahren Unterschlupf. Viele davon sind für Besucher zugänglich. Allen voran die Höhlen von Lascaux und Chauvez, mit bis zu 35000 Jahren alten Felsmalereien. Der Reisebericht zeigt ihnen viele Facet-ten und Eindrücke einer faszinierenden Landschaft.

 

Mehr über die Fotofreunde Schaumberg-Nahe unter www.ff-sn.de und den Heimat- und Verkehrs-verein Selbach e.V. unter www.hvs-selbach.de .

 

Der Eintritt ist frei, über eine freiwillige Spende freut sich die Entwicklungsförderung Benin e.V www.efb-benin.de