Date: 2017/10/02 15:37:44
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Steinacher, Roland: Rom und die Barbaren. Völker im Alpen- und Donauraum (300-600) (= Urban-Taschenbücher 777). Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2016. ISBN 978-3-17-025168-7; 252 S.; EUR 29,00. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Stefan Krautschick, Berlin E-Mail: <dr.krautschick(a)gmx.de> "Dieses Buch beleuchtet die Geschichte der Gepiden, Heruler und Rugier" (S. 13). Roland Steinacher gliedert es (S. 15) in zwei einleitende Kapitel zum historischen Rahmen für ihre Geschichte, zwei weitere über Heruler und Gepiden in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts am Schwarzen Meer und Heruler in den Armeen des Westreichs in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts, zwei über Heruler, Rugier und Gepiden "im Schatten der Goten" (S. 80 u. 85f.) und dann unter hunnischer Herrschaft bis in die Mitte des 5. Jahrhunderts, zwei über das Ende der hunnischen Vormachtstellung und ihre Verhältnisse nach der hunnischen Niederlage am Nedao 454/55, zwei über ihre Beziehungen zu Ostrom und Italien unter Odoaker bzw. Theoderich bis Anfang des 6. Jahrhunderts, zwei über die Geschicke von Rugiern in Italien, Herulern auf dem Balkan und in den Armeen Justinians und Gepiden in ihren Auseinandersetzungen mit Langobarden und Awaren bis zu ihrem Aufgehen unter anderen im Laufe des 6. Jahrhunderts sowie ein letztes Kapitel zu den "Barbarenstereotypen" in den Quellen am Beispiel der Heruler. Diese chronologische Grobgliederung verfeinert er durch Unterkapitel und viele Zwischenüberschriften, wobei häufiger Überschneidungen auftreten. Das umfangreiche Literaturverzeichnis enthält weitgehend neueres Schrifttum.[1] Nur insgesamt etwa 90 Seiten des Texts, nicht einmal die Hälfte des ganzen Buches handeln von Gepiden, Herulern und Rugiern. Das ist selbstredend den sporadischen Erwähnungen in den Quellen bis in die Mitte des 5. Jahrhunderts, ja dem zeitweisen völligen "Schweigen der Quellen" (S. 75) geschuldet. Steinacher füllt Lücken sinnvoll durch Parallelberichte und bezieht sich verändernde Gegebenheiten im Römischen Reich und bei anderen Barbaren ein. Zuweilen vermutet er Gepiden (S. 102) oder Heruler (S. 113), auch wenn nichts von ihnen in den Quellen steht. Meist wägt Steinacher die verfügbaren archäologischen und schriftlichen Quellen sowie Mutmaßungen, Möglichkeiten und Hypothesen sorgsam gegeneinander ab und sagt, welcher er zuneigt, vermeidet aber apodiktische Feststellungen. Die Gepiden, erst ab Mitte des 3. Jahrhunderts in den Quellen erwähnt und "zahlenmäßig kleiner als andere Verbände" (S. 85f.), sieht Steinacher als die "stets am Rande des Geschehens gebliebenen" (S. 131), die im "Gegensatz zu den anderen gentilen Verbänden an der Donaugrenze [...] weit weniger versuchten, sich im Reich zu etablieren", was "mit einer anderen sozialen Struktur erklärbar sein" mag, weil weit mehr Gepiden bereit gewesen seien, "selbst Landwirtschaft zu betreiben" (S. 106). Heruler, die in den Quellen im 4. Jahrhundert "meist als gute und verlässliche Soldaten in den römischen Armeen entgegentreten, erscheinen [...] wenige Jahrzehnte später als gefährliche Räuber und Piraten" (S. 72), werden "als Seeräuber beschrieben" oder sind "als auf eigene Rechnung agierende (ehemalige) Angehörige der römischen Auxiliareinheiten zu sehen" (S. 74). Rugier, zuerst für das 1. Jahrhundert bei Plinius und Tacitus erwähnt, bildeten erst nach der Auflösung des Hunnenreichs im Donauraum ein Regnum. Erst ab hier wird Steinacher aufgrund der Quellenlage (vor allem Eugipps Vita Severini zu den Rugiern, Jordanes' Goten- und Prokops Kriegsgeschichte) ausführlicher, wobei auch Skiren, deren Name schon im 3./2. Jahrhundert v.Chr. auf der Protogenes-Inschrift (CIG 2058) erscheint, Donausueben und Sarmaten ins Spiel kommen (S. 106-113): "Alle gegen die Goten". Steinacher durchforstet die Zeugnisse eingehend nach einzelnen Stammesvertretern und Gruppen der "letzten" Heruler, Gepiden und Rugier ab dem Ende ihrer Herrschaftsbildungen. Es entsteht gerade für diese "kleineren Völker" das Bild von barbarischen "Räubern" und gens d'armes in römischen Diensten mit fließendem Wechsel, auch wenn zusammenfassende Bemerkungen dazu an etwas abgelegener Stelle zu finden sind: "Die Völker an den Reichsgrenzen waren Spezialisten für den Kriegsdienst und die Grenzgebiete deshalb attraktiv, weil man dort gut bezahlte römische Aufträge annehmen und gleichzeitig von der Produktion landwirtschaftlicher und anderer Güter der Provinzen besser leben konnte." Für Steinacher sind Rugier, Gepiden und Heruler "außen vor" geblieben. "Diese kleineren Völker, die sich keinem der Großverbände angeschlossen hatten und an den Grenzen des Reichs verblieben, hatten schlicht weniger Erfolg im Spiel um ein besseres Leben als Krieger. Während Westgoten, Burgunder, Franken und Vandalen römische Zentralräume übernehmen konnten, bekriegten sich die kleineren Verbände gegenseitig und mussten sich in Pannonien zudem der übermächtigen Goten erwehren" (S. 103). "Krieger, die ihre Karriere in einer römischen Einheit begonnen hatten, konnten schnell Freibeuter werden, Piraten vielleicht, dann wieder Soldaten, je nachdem wo es mehr zu gewinnen gab" (S. 72). Hinsichtlich der Identifikation von Personen legt Steinacher jedoch eine merkwürdige Inkonsequenz an den Tag: Beispielsweise hält er sich an PLRE II und sieht in Thraustila, Leibwächter, Schwiegersohn und Rächer des Aëtius an Valentinian III., sowie in dem 480 an einer Verschwörung gegen den Ostkaiser Zeno beteiligten und daraufhin hingerichteten gleichnamigen Magister militum wohl zu Recht zwei Gepiden, ignoriert aber die noch heute erwogene Identität der beiden Barbaren (S. 104f.).[2] Die Gleichsetzung des Sueben Hunimund bei Jordanes und des Alemannen gleichen Namens bei Eugipp stellt dagegen für ihn kein Problem dar (S. 113), jedoch die vor allem von Lotter vertretene Identität des Heiligen Severin mit einem Senator dieses Namens (S. 115). Auch sieht Steinacher Mundus/Mundo, den Gepidenprinzen, Enkel Attilas, "Räuberhauptmann" und späteren Magister militum Justinians, trotz Zweifeln in PLRE II/III (S. 96, 132 mit 229, Anm. 65 nach Pohl), Attilas Sekretär Orestes bei Priskos und den gleichnamigen Vater des Romulus Augustulus sowie Edekon bei Priskos und Odoakers Vater Edica (S. 121/123 mit 222, Anm. 14) trotz Leppins und Maenchen-Helfens Einwänden jeweils wiederum als die gleiche Person. Die seit Buat-Nançay und Gibbon vorgenommene Gleichsetzung von Odoaker mit dem Sachsenanführer Adovacrius bei Gregor von Tours (so etwa in der PLRE II) weist Steinacher dagegen (mit Wolfram) als "prosopographischen Beziehungswahn" zurück (S. 122 mit 227, Anm. 7).[3] Austrigusa, seit etwa 515 zweite Ehefrau des Langobardenkönigs Wacho (gestorben um 540) und Tochter eines Gepidenkönigs, dürfte - nach ihrem Namen - wohl eher Tochter Elemunds (fehlt im Register) als Thurisinds gewesen sein (S. 163); ihr Bruder hieß ähnlich, nämlich Ostrogotha, und wurde von Thurisind als Nachfolger seines Vaters erst 548/49 verdrängt. Zwei Personen macht Steinacher gar aus dem "gotischen General Ildibad" und dem "Westgoten Hildebald" (sic!), "Neffen des spanischen Gotenkönigs Theudis" (531-548) und vormaligen Statthalter Theoderichs bei den Westgoten, obwohl Prokop offensichtlich vom gleichen Ostgotenkönig (540/41) spricht (S. 135, 156 u. 244). Jedenfalls liegt nun doch einmal ein umfassender Überblick aus der Wiener Schule über Geschehen und Verhältnisse im österreichisch-ungarischen Raum in der Spätantike und über die ihn an der Peripherie des Römischen Reiches nach der "hunnischen Alternative" (Wolfram) für anderthalb Jahrhunderte prägenden Kriegergesellschaften vor, der auch dem Fachhistoriker einen inhaltsreichen Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen bietet. Anmerkungen: [1] Nicht verzeichnet sind Joseph von Aschbach, Geschichte der Heruler und Gepiden, Frankfurt 1835; Constantin C. Diculescu, Die Gepiden. Forschungen zur Geschichte Daziens im frühen Mittelalter und zur Vorgeschichte des rumänischen Volkes, Halle 1922; Heinrich Sevin, Die Gebiden, München 1955; hier nur von Steinacher nicht gegebene Verweise. [2] Alexander Demandt, Der spätrömische Militäradel (ND), in: ders., Zeitenwende. Aufsätze zur Spätantike, Berlin 2013, S. 52-84, hier S. 67 mit Anm. 59, nach Mommsen und L. Schmidt, aber gegen Enßlin. Dass Thraustila "an der Ermordung des Aëtius beteiligt war," ist eine Verwechslung mit Valentinian oder eine sehr weitgehende Vermutung. [3] Überhaupt unterlaufen Steinacher im Umkreis Odoakers einige unglückliche Formulierungen: Odoakers "Vater Edika war in der Schlacht an der Bolia 469 gefallen" (S. 121), aber "Orestes stand gegen Edika, Odoaker und Onoulph" in Italien (S. 123). Beim Heiligen Severin sei Odoaker "noch in Felle gekleidet" gewesen (S. 122 nach von Rummel); vilissimo habitu steht bei Eugipp. Im Bürgerkrieg zwischen Kaiser Anthemius und dem Heermeister Rikimer "blieb Odoaker seinem Herrn treu und auf der Seite der Sieger" (S. 121f.); Sieger war Rikimer, Odoaker wohl kaiserlicher protector domesticus! Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de> |
Date: 2017/10/02 19:31:56
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Am 19. September 2017 starb in St. Wendel Ortwin Keßler im Alter von 80 Jahren. Keßler hat sich zeitlebens mit der Waldgehöferschaft von Urweiler und ihrer Geschichte befaßt. In den letzten Jahren galt einer seiner Schwerpunkte der Zwangsarbeit unter den Nationalsozialisten.
Franz Josef Marx, Vorsitzender der Heimatfreunde Urweiler e.V, hat ihm beim Sterbeamt in der Wendalinusbasilika in St. Wendel in seiner Trauerrede gedacht, die hier mit Zustimmung des Verfassers und der Familie „abgedruckt“ wird.
Sehr geehrte Trauergemeinde!
Die Nachricht vom Tode Ortwin Keßlers hat Sie alle zu dieser Stunde an diesen Ort zusammengeführt: frühere Schulkameraden, Kollegen, einstmaligen Schüler, Vereinskameraden, Verwandte, Nachbarn, Freunde und Bekannte und in besonderer Weise Sie, die Schwester und den Bruder, die Ehefrau, den Sohn und die Tochter mit ihren Ehepartnern und Kindern.
In der kurzen Zeit zwischen der Kunde von Ortwins Tode und der Notwendigkeit, jetzt von ihm Abschied zu nehmen, ist uns allen der Verstorbene als höchst lebendig gegenwärtig. Die letzte Begegnung mit ihm - verabredet oder zufällig, seine Gestalt, sein Gang, sein Gesicht, das Gespräch – lässt ihn noch einmal deutlich aus der Erinnerung hervortreten. - Da wird er fassbar.
Paul Ortwin Josef Keßler wurde am 05.08.1937 in Saarbrücken geboren. Er war nach seiner 3 Jahre älteren Schwester Christel das zweite Kind von Paul Keßler und Elisabeth Keßler, geb. Andres. Der Start ins Leben gestaltete sich schwierig: Die Mutter verstarb im März 1939 im Alter von 28 Jahren an Lungen - Tuberkulose. Der Vater wurde im Krieg schwer verletzt. So musste sich Ortwin gemeinsam mit seiner Schwester Christel in Anpassung üben.
Als Kleinkind wohnte er abwechselnd bei den Großeltern mütterlicherseits in Saarbrücken und bei den Großeltern in Hofeld. 1941 heiratete sein Vater Margarete Hau aus Urweiler. Kurze Zeit lebten beide Kinder in der neuen Familie in Saarbrücken.
Mit 6 Jahren wohnte Ortwin bei einer Tante in St. Wendel und wurde in der Nikolaus-Obertreisschule in St. Wendel eingeschult. Durch die Kriegswirren bedingt, kam es zum Wechsel an die Volksschule in Urweiler.
1944 wurde sein Bruder Klaus geboren.
1948 wechselte Ortwin an das Gymnasium Wendalinum. Ab 1950 wohnte er bei seiner Familie in St. Wendel im Haus der Tante in der Gartenstrasse. Durch seine Mithilfe bei Familie Hau „In der Metz“ erwarb er sich viele praktische Erfahrungen und Fähigkeiten mit landwirtschaftlichen Geräten, Maschinen, Ackerbau, Holzwirtschaft und Tierhaltung.
1953 wechselte er ins Internat nach Niederlahnstein und machte 1958 dort sein Abitur. Es folgten 4 Semester Studium an der Pädagogischen Hochschule in Saarbrücken. Während dieser Zeit wohnte er noch in der Gartenstrasse in St. Wendel.
Während der Studienzeit in Saarbrücken führte seine intensive sportliche Betätigung in der Leichtathletik bis zu Erfolgen auch auf Landesebene, was ihm den Spitznamen „SpOrtwin“ einbrachte. Diese Erfolge vermittelten ihm Anerkennung und Selbstbestätigung. Nach der ersten und zweiten Lehrerprüfung folgten Heirat und Hausbau mit sehr viel Eigenleistung auf dem Urweiler - Berg. 1966 kam Sohn Christoph, 1969 Tochter Birgit zur Welt.
Dienstlich begann Ortwins Lehrertätigkeit in Gonnesweiler. Neben dem Engagement für den Schulsport gründete er dort einen Sportverein und zwei Versehrtensportgruppen. Im Blasorchester in Gonnesweiler spielte er die Tuba.
Seine nächste Dienststelle war Walhausen. Dort übte er die Schulleitertätigkeit in der einklassigen Volksschule aus. Parallel studierte er Deutsch, Sport und Geschichte für Lehramt an Realschulen.
Inzwischen unterrichtete er an der Nikolaus-Obertreisschule und an der Sonderschule in St. Wendel. Schließlich erfolgte die Versetzung an die Kreisrealschule in St. Wendel. Dort war er Fachleiter für Deutsch und Mitglied in der Lehrplankommission Deutsch und ab 1975 Konrektor.
Nebenamtlich unterrichtete er an der Abendschule der Fachoberschule in St. Wendel von 1973-1977. Nachmittags und abends engagierte er sich im TV St. Wendel als Übungsleiter im orthopädischen Kinderturnen und Schwimmen in der Nikolaus-Obertreisschule.
Für seine Kinder Christoph und Birgit begann er 1978 auf der Pferdekoppel in Urweiler im Wendelsgrund mit der Haltung von Islandpferden, wo er seine „In der Metz“ erworbenen landwirtschaftlichen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie seine Liebe zu Pferden einbrachte.
Diese Art der Freizeitgestaltung erfüllte ihn mit großer Freude und er gab seine Begeisterung für Natur, Wald, Garten und Islandpferde an seine Kinder und seine Enkeltochter Katharina weiter.
Nach seiner Pensionierung 2002 widmete er sich vollzeitig seinen Hobbies. Er gewann zusätzliche Zeit für sein Engagement bei der Jagdgenossenschaft und Waldgehöferschaft Urweiler.
Das erlernte Fach Geschichte führte ihn dann auch zu den Heimatfreunden Urweiler, zum Historischen Stammtisch St. Wendel sowie zu den Freunden der Antike, mit denen er viele Exkursionen unternahm.
Die gemeinsamen Treffen mit seinen ehemaligen Klassenkameraden aus der Urweiler Volksschule, des Internates in Lahnstein und mit ehemaligen Lehrer-Kollegen und Sportfreunden hat er meist selbst angestoßen und diese immer sehr genossen.
Nach Beginn seiner Tumorerkrankung 2014 konnte Ortwin noch einige Reisen unternehmen. Er pflegte gute und enge Freundschaften. Daneben befasste er sich tiefgehend mit geschichtlichen Aspekten seiner Urweiler Heimat und gab dieses Wissen in Vorträgen weiter.
Doch all diese Daten besagen letztlich wenig. Zu dem Biographischen gehört vor allem Ortwins Lebensgefühl. Sein tiefes Empfinden von Natur und Musik, sein Sinn für das Ästhetische und die Freude am intellektuellen Diskurs hat sein ganzes Leben geprägt. Sein Beruf – wie Ortwin einmal bemerkte - sei sein Leben gewesen. Dies können alle, die ihn als Lehrer, Schüler und im Verein erlebt haben, bestätigen.
Ab Frühjahr 2017 zehrte die Erkrankung so sehr an ihm, dass er sich von liebgewordenen Funktionen und Aufgaben verabschieden musste. Er, der Bewegung und Freiheit so sehr liebte, wurde ein Gefangener seines Körpers und zog sich schrittweise aus dem öffentlichen Leben zurück.
Die letzten beiden Monate seines Lebens verbrachte er unter verständnisvoller Zuwendung und Pflege im Hospiz Emmaus in St. Wendel, wo er nur mit Mühe und Hilfe von Medikamenten seine innere Unruhe beherrschen konnte. Außer seiner engsten Familie konnte er in dieser schweren Lebensphase keinen Besuch ertragen.
Am 19.09.2017 verstarb Ortwin KEßLER im Beisein seiner Ehefrau und Tochter. Wir wünschen ihm den inneren Frieden und die bedingungslose Liebe, die er sein Leben lang gesucht hat. Der Familie spreche ich die herzliche Anteilnahme aller Anwesenden aus. Wir alle hoffen und wünschen, dass Sie Trost finden in der Trauer und bald wieder die Freude überwiegt in der Erinnerung an viele gemeinsame Erlebnisse, Gespräche und viele schöne Stunden mit dem Verstorbenen.
Ortwin Keßler hat sich selbst im Wissen um den bevorstehenden Tod folgenden Spruch von August Lämmle für seine Todesanzeige ausgesucht:
„Der Mensch geht, aber er lässt uns seine Liebe, seine Heiterkeit, seinen Ernst, seine Weisheit, er lässt uns seinen Geist zurück. Mit diesem lebt er unter den Seinigen weiter, helfend und tröstend.“ |
Date: 2017/10/06 16:08:49
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>
Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler |
Date: 2017/10/12 08:41:51
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde Kaiserslautern; Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg; Stadt Bad Dürkheim 03.11.2017-04.11.2017, Bad Dürkheim, Kulturzentrum Haus Catoir, Römerstraße 20/22, 67098 Bad Dürkheim Seit dem frühen Mittelalter, vor allem aber vom 12. bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts, galt der Raum der heutigen Pfalz als ein Kernland des alten Reiches. Dementsprechend ist hier die Anzahl der Klöster so groß, dass unsere Heimat zu den ausgesprochenen "Klosterlandschaften" gehört, welche sich in jenem Zeitraum entwickelten. Mehr als 150 Klöster, Stifte und Kommenden prägten als Orte christlichen Lebens die pfälzische Kulturlandschaft, sei es in den Städten oder im ländlichen Raum. Zahlreiche jener Anlagen, zu ihrer Blütezeit durchaus einflussreich, sind bereits "abgegangen" und leben nur noch in der Überlieferung weiter. Seit 2009 veranstalten das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde und das Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg zusammen mit wechselnden lokalen Institutionen ein interdisziplinäres Klostersymposion. In diesem Jahr konnte die Stadt Bad Dürkheim als Mitveranstalterin gewonnen werden. Ziel der Tagung ist es, den Blick eines interessierten Publikums auf ein bisher wenig beachtetes, aber sehr vielfältiges Thema der pfälzischen Geschichte zu lenken. Beim Symposion 2017 erfahren Sie: NEUE ARBEITSERGEBNISSE AUS ARCHITEKTUR, ARCHÄOLOGIE, BAUFORSCHUNG, DENKMALPFLEGE UND GESCHICHTE Die Organisatoren erhoffen sich, der Öffentlichkeit die Bedeutung von Klöstern aus der Perspektive der genannten Disziplinen näher zu bringen. ANMELDUNG Um Anmeldung zur Exkursion und zur Tagung wird gebeten beim: INSTITUT FÜR PFÄLZISCHE GESCHICHTE UND VOLKSKUNDE Benzinoring 6, 67657 Kaiserslautern Telefon 0631/3647303 Telefax 0631/3647324 info(a)institut.bv-pfalz.de http://www.pfalzgeschichte.de TAGUNGSKOSTEN entstehen keine; Mittagessen ist in nahe gelegenen Restaurants in Bad Dürkheim möglich PARKMÖGLICHKEIT Parkhaus im Dürkheimer Haus - Ecke Gaustraße/Kaiserslauterer Straße ------------------------------------------------------------------------ FREITAG, 3. NOVEMBER 2017 15 -16 Uhr Prof. Dr. Matthias Untermann, Heidelberg Exkursion zur Klosterruine Limburg Treffpunkt: Parkplatz vor der Klosterruine 19.00 Uhr Eröffnung der Tagung Begrüßung Theo Wieder Bezirkstagsvorsitzender Heidi Langensiepen Kulturdezernentin der Stadt Bad Dürkheim Dr. Sabine Klapp Direktorin des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde Kaiserslautern 19.30 Uhr Festvortrag Prof. Dr. Sigrid Hirbodian, Tübingen Die Ehre der geistlichen Frauen. Ein Skandal im Straßburger Klarissenkloster 1411 und dessen Bewältigung Anschließend Umtrunk SAMSTAG, 4. NOVEMBER 2017 09.30 Uhr Jürgen Keddigkeit M.A., Kaiserslautern Eröffnung, Begrüßung und Moderation 09.40 Uhr Dr. Sabine Klapp, Kaiserslautern Fromme Frauen, Krankenpflegerinnen, Handwerkerinnen? - Beginen in Worms 10.15 Uhr PD Dr. Christine Kleinjung, Heidelberg Die Wormser Frauenklöster und ihre Beziehungen zur Stadt 10.50 Uhr Kaffeepause 11.30 Uhr Ulrich Burkhart M.A., Kaiserslautern/ Dr. Hans-Joachim Kühn, Düppenweiler Aspekte zur Geschichte des Zisterzienserklosters Wörschweiler 12.30 Uhr Mittagspause 14.30 Uhr Charlotte Lagemann M.A., Heidelberg Einführung und Moderation 14.40 Uhr Dr. Heribert Feldhaus, Trier Zur Baugeschichte des Zisterzienserklosters Wörschweiler 15.15 Uhr Aquilante De Filippo M.A., Heidelberg Die Baugeschichte des ehemaligen Stiftes St. Andreas in Worms 15.50 Uhr Kaffeepause 16.20 Uhr Dipl. Ing. Uwe Welz, Kaiserslautern Beobachtungen zur Baugeschichte der Klosterkirche Seebach 17.00 Uhr Charlotte Lagemann M.A., Heidelberg/ Jürgen Keddigkeit M.A., Kaiserslautern Resümee 17.15 Uhr Tagungsende ------------------------------------------------------------------------ Dr. Christian Decker Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, Benzinoring 6, 67657 Kaiserslautern 0631/3647-330 0631/3647-324 c.decker(a)institut.bv-pfalz.de Homepage des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde Kaiserslautern, einer Einrichtung des Bezirksverbands Pfalz <http://www.pfalzgeschichte.de/> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=35326> |
Date: 2017/10/13 17:49:12
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. in Zusammenarbeit mit der Aleksandra-Stiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung lädt ein Vortrag von Dr. Wolfgang Hans Stein Revolutionskultur ohne Revolution Die französischen Nationalfeste im Saardepartement, insbesondere in den Kantonen des heutigen Saarlandes Noch aktuell ist die politische Kultur der Französischen Revolution lebendig in der mitreißenden Musik der Marseillaise und dem jährlichen Gedenken an den Sturm auf die Bastille am 14. Juli. Mit Nationalhymne und Nationalfeiertag bekennt sich die heutige Französische Republik zur Revolution und bezieht sich auf die breite revolutionäre Festkultur. Auch im Rheinland ist diese politische Kultur in der Zeit der Zugehörigkeit zu Frankreich eingeführt worden. In der Zeit des Revolutionskrieges wurden die ersten Revolutionsfeste oft als etwas noch nie Dagewesenes bestaunt. In den Jahren 1798-1799 wurden die französischen Nationalfeste dann offiziell eingeführt, was zu einer Serie von 24 Festen in noch nicht einmal zwei Jahren führte, die mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten auf die politischen und gesellschaftlichen Strukturen der Bevölkerung einwirken wollten. Mit dem Staatsstreich von Bonaparte wurde die Feste allerdings zu einfachen Volksfesten entpolitisiert und liefen schließlich mit der Errichtung des Empire in Frankreich wie im französischen Rheinland aus. Die Feste waren nicht nur auf die Hauptstadt Paris und die jeweiligen Departementshauptstädte beschränkt, sondern sie wurden auch in allen Kantonshauptorten gefeiert, also im Gebiet des heutigen Saarlandes in Blieskastel, Merzig, Ottweiler, Saarbrücken, St. Arnual, St. Wendel, Wadern und Waldmohr. Darüber hinaus wurden bei bestimmten Anlässen sogar alle Einzelgemeinden mit eingebunden. Diese breite geographische Steuerung, verbunden mit einer starken Reglementierung der Feste erlaubt es, die unterschiedliche Rezeption der Feste vor Ort als ein Raster der politischen Haltung der Bevölkerung zu der französischen Annexion zu lesen. Das Spektrum reicht von engagierter Aufnahme über geschäftsmäßige Abwicklung bis hin zu Verweigerung und Protest. Der Referent, pensionierter Archivdirektor am Landeshauptarchiv in Koblenz, hat dazu umfang-reiche Text- und Bildquellen ermitteln können, die es ermöglichen, ein anschauliches Bild der damaligen Festkultur und der mit ihr verbundenen politischen Motive zu zeichnen. Am Mittwoch, 18.10.2017, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus (1569) Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern werden 5 EURO Eintritt erbeten
Date: 2017/10/19 17:27:13
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Brückner, Florian: In der Literatur unbesiegt. Werner Beumelburg (1899-1963) - Kriegsdichter in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus (= Zeit und Text 23). Münster: LIT Verlag 2017. ISBN 978-3-643-13546-9; 534 S.; EUR 49,90. Rezensiert für H-Soz-Kult von: André Postert, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V., Technische Universität Dresden E-Mail: <andre.postert(a)mailbox.tu-dresden.de> Der Kriegsliterat und Publizist Werner Beumelburg gilt als weitgehend vergessene Schriftstellergestalt der Zwischenkriegszeit. Erstaunlich, denn dem Einfluss von Autoren wie Ernst Jünger, Ernst von Salomon oder Franz Schauwecker stand Beumelburg am Ende der 1920er-Jahre nicht nach. Als ehemaliger Kriegsfreiwilliger war es Beumelburg mit seinen Bestsellern gelungen, den politischen Mythos und die Kultur des Frontsoldatentums nach 1918 maßgeblich mitzugestalten. Anders als im Falle von Jünger und Salomon konnte später allerdings kein Zweifel aufkommen, wie er sich in der NS-Diktatur positioniert hatte - einer der Gründe dafür, dass sein Werk in Vergessenheit geriet. Florian Brückner hat es sich in seiner Dissertation zur Aufgabe gemacht, den vergessenen Kriegsdichter ins wissenschaftliche Scheinwerferlicht zu rücken. Er hat es allerdings nicht bei einer reinen Biographie belassen. Es ist nicht zuletzt ein Buch über ein literarisches Genre der Zwischenkriegszeit geworden. Brückner geht darin den Fragen nach, was den typischen Kriegsroman dieser Zeit ausmachte, welche politischen Botschaften mithilfe von Literatur transportiert wurden und wodurch Beumelburgs Publikumserfolg begründet lag, und nicht zuletzt wie solche Schriften rezipiert wurden. Ergiebig wird die Studie insbesondere dort, wo sie die Verschränkung zwischen Literatur und Politik erkundet und wo der Frage nachgegangen wird, wie sich Literatur in politische Macht transformierte. Schließlich handelt es sich bei Werner Beumelburg nicht nur um einen der produktivsten Kriegsliteraten des nationalistischen Spektrums, sondern auch um einen politisch vernetzten Akteur. Brückners Untersuchung beginnt klassisch mit biographischen Kapiteln über die jungen Jahre, beginnend mit der Geburt Beumelburgs in Traben-Trarbach an der Mosel 1899, dem bürgerlich-familiären Umfeld und seiner politischen Sozialisation im Ersten Weltkrieg. Brückner zeigt die Kontinuität zwischen früher Feldkorrespondenz eines Soldaten während des Kriegs und späterer Kriegsliteratur des Protagonisten eindrücklich auf - dessen "realistisch-gewaltverherrlichende Erzählweise", wie Brückner betont, habe nicht etwa "Friedenserziehung" bezweckt, sondern die "Bewältigung dieser ästhetisierten Hölle [...] als Charakterschule männlicher Tugendhaftigkeit" beschworen (S. 67). In dieser Hinsicht unterschied er sich wenig von diversen anderen rechten Schriftstellern nach 1918. Sodann folgt Brückner überzeugend Beumelburgs Weg vom Nachkriegsjournalisten zum gefeierten Literaten, wobei er erhellend frühe Netzwerkbildungen beispielsweise im jungkonservativen Juniklub bis hin zum Reichsarchiv in Potsdam thematisiert, in dessen Auftrag Beumelburg einige propagandistische Bücher über den Weltkrieg publizierte. Brückner nimmt sich an diesen Stellen viel Raum, um die Genese eines bestimmten Autorentyps nachzuzeichnen, den er als "Kriegsdichter" (S. 95f.) charakterisiert - Namen wie Ernst Jünger oder Franz Schauwecker fallen folglich immer wieder. Das Werk dieser Kriegsdichter habe sich durch "die Kombination faktualer und fiktionaler Komponenten" ausgezeichnet. Die literarische "Veredelung" des Krieges hätten Autoren dieser Zeit "einfach in neuer Form, literaturgeschichtlich wohl singulär" zum Teil als Lebensaufgabe betrieben (ebd.). Den Beumelburg-Bestsellern "Sperrfeuer um Deutschland" von 1929 und "Gruppe Bosemüller" von 1930 werden zwei eigenständige Kapitel gewidmet, die inhaltliche Analyse und Rezeptionsgeschichte miteinander verbinden. Das mündet in sehr interessanten Schlussfolgerungen. Zu Brückners wichtigsten Ergebnissen zählt, wie er selbst betont, dass erfolgreiche Kriegsromane aus dem nationalistischen Spektrum oft derart angelegt waren, dass sie "in rivalisierenden Lagern nach Belieben deutbar" wurden (S. 459). Bisweilen horrende Gewaltbeschreibungen bei gleichzeitiger Aussparung des Ursachenkontexts ermöglichte es, selbst "nationalistisch gearbeitete Werke pazifistisch" zu lesen (S. 23), was eine "breite rezeptionsästhetische Anschlussfähigkeit [...] ermöglichte" (S. 459). Beumelburgs Schriften seien damals durchaus nicht unähnlich wie der viel bekanntere Antikriegsroman von Erich Maria Remarque rezipiert worden. Der Umstand, dass selbst ein Revanchist als vermeintlich pazifistischer Autor gedeutet werden konnte, erklärt Brückner mit der Durchlässigkeit von Milieukulturen und der Verflüssigung ideologischer Grenzen (S. 227). Der Kriegsroman insgesamt habe eine "gesamtgesellschaftliche Leistungsgeschichte" des Krieges etabliert, welche lagerübergreifend anschlussfähig wurde und "soldatische Tugenden in die Mitte der Gesellschaft" rückte (S. 234). Völlig neu ist die Entdeckung nicht, dass selbst nationalistische Autoren in linken Organen positiv rezipiert werden konnten. Sie ist hier anhand zahlreicher Quellen und am Beispiel Beumelburgs empirisch jedoch überzeugend dargelegt. Aus dem Kriegsdichter selbst wird dadurch freilich kein Pazifist oder ein Anhänger der republikanischen Ordnung. Brückner widmet sich der politischen Verortung seines Protagonisten in den folgenden Kapiteln mit biografischem Schwerpunkt, die seine Laufbahn in den 1930er-Jahren umfassend nachzeichnen. Die Biografik wird mit Literatur- und Rezeptionsanalyse überwiegend gelungen verwoben. Früh habe der Kriegsdichter, wie Brückner meint, seine "geistige Heimat im deutschen Militarismus und Nationalismus" gefunden, einen "autoritär organisierten Staat" angestrebt sowie auf Remilitarisierung und Reannexionen gedrungen (S. 460). Nicht mehr der "prekäre Intellektuelle" von einst, wie Brücker ihn für die 1920er-Jahre charakterisiert, sondern nun als ein "öffentlicher Intellektueller" (S. 297ff.) und in Funktion eines Kulturbeauftragten hatte er sich 1932 für das Präsidialkabinett Franz von Papens sowie für die Idee eines autoritären "Staatsumbaus" aktiv einsetzen können. Im "Dritten Reich" rückte er persönlich und institutionell an höchste Repräsentanten des NS-Regimes noch näher heran; ungeachtet dessen, dass er die NS-Bewegung zunächst abfällig beurteilt hatte. Nach 1933 stellte Beumelburg sein Schaffen "ganz unter das nationalsozialistische Banner des Hakenkreuzes" (S. 368). Politische Kriegsbücher wie "Der Kampf um Spanien" 1934 und "Die Geschichte der Legion Condor" 1939 bescherten ihm neue Erfolge sowie die Wertschätzung zahlreicher Nationalsozialisten. Seine zunehmend geschichtsklitternden Texte auch als Beigaben in den Feldtornistern hätten, wie Brückner erläutert, gewirkt "bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges hinein, den sie mit ihrem kämpferischen Pathos mental vorbereiten halfen" (S. 336). Detailliert durchleuchtet Brücker nicht zuletzt das Engagement sowie die institutionellen Verflechtungen und persönlichen Verbindungen seines Protagonisten - zunächst als Mitglied der Dichtersektion der Preußischen Akademie der Künste, dann im Luftwaffenstab Generalfeldmarschall Milchs, zuletzt auch beim SS-Ahnenerbe. Mit der kolportierten Mär, Beumelburg habe sich in der Folge der verlorenen Schlacht um Stalingrad 1943 zum Widerständler gewandelt, wird am Ende aufgeräumt. In Wahrheit sei seine Haltung durchgehend eine "ziemlich passive, das unvermeidliche Ende abwartende" gewesen (S. 420). Brückner hat Archivdokumente und Privatnachlässe, Korrespondenzen und publizierte Schriften in einem beeindruckenden Maße gesichert und verwertet. Zum ersten Mal ist Werner Beumelburg damit als Kriegsliterat und politischer Akteur gleichermaßen durchleuchtet worden. Brückner stützt sich in seiner Studie wesentlich auf Bourdieus Feldtheorie, um zu zeigen, dass Literatur und Macht "miteinander verbundene Orte [sind], an denen Intellektuelle und politische Entscheidungsträger unterschiedliche Positionen besetzen, verteidigen, räumen müssen oder es ihnen sogar gelingt, ihre Position in andere Felder auszudehnen" (S. 29). Die Studie greift an verschiedenen Stellen immer wieder auf diese Vorüberlegungen zurück. Das "Macht-Feld", so heißt es beispielsweise über die Zeit des Präsidialkabinetts Papen 1932 etwas ominös, sei auf den jungen Schriftsteller aufmerksam geworden, nachdem dieser "im Feld der Literatur" "genügend symbolisches Kapitel" angesammelt hatte (S. 297 u. 461). Über den Aufstieg Beumelburgs im Nationalsozialismus schreibt Brückner, jener habe sich "in den institutionalisierten, feldverschränkten Bahnen von Kultur und Macht" vollzogen (S. 339). Sein allmählicher Abstieg in die Bedeutungslosigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum sieht Brückner "wesentlich aus dem sodann erlittenen Ausschluss vom Macht-Feld" (S. 461) begründet. Ergänzen ließe sich, dass Beumelburg - eben anders als Autoren wie Jünger oder Salomon, dem einer der größten Bestseller der unmittelbaren Nachkriegszeit gelang - weder über die schriftstellerische Wandlungsfähigkeit noch Strahlkraft verfügte. Aus Sicht des Rezensenten fällt der Erkenntniswert der Feldtheorie, die zu Beginn umfassend erläutert und auf die so häufig zurückgegriffen wird, für die Studie insgesamt eher schmal aus. Zur Substanz von Argumentation und Ergebnissen trägt sie erstaunlich wenig bei. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass auf ein umfassenderes Fazit, welches die wesentlichen Argumentationslinien zusammenführen und weitergehende Überlegungen zur Verschränkung von Literatur und Politik in der Zwischenkriegszeit vorlegen würde, komplett verzichtet wurde. Dafür ist eine lediglich fünfseitige Zusammenfassung eher mit dem Charakter einer Studienskizze in den Anhang gelangt. Brückners Buch weist einen ausgeprägten akademischen Stil auf; nicht alle Formulierungen mag man als klar, flüssig lesbar und pointiert befinden. Brückners Dissertation erweist sich gleichwohl als überaus material- und kenntnisreiche Fundgrube. Für alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wird sie von großem Wert sein, die sich in den Themenfeldern Kriegsliteratur, Mentalitätsgeschichte, Konservative Revolution oder Kulturpolitik und Propaganda in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus forschend bewegen. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jürgen Dinkel <juergen_dinkel(a)web.de> |
Date: 2017/10/20 22:22:06
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Beat Näf, Historisches Seminar, Universität Zürich / Fondation des archives historiques de l'Abbaye de Saint-Maurice; Silvan Freddi, Staatsarchiv Solothurn; Erich Weber, Historisches Museum Blumenstein, Solothurn 07.09.2017-08.09.2017, Solothurn / St-Maurice Bericht von: Nikolas Hächler, Historisches Seminar, Universität Zürich E-Mail: <nikolas.haechler(a)hist.uzh.ch> Mit dem Ziel einer interdisziplinären Annäherung an die Ursprünge der kultischen Verehrung der Thebäerheiligen im langen 6. Jahrhundert einerseits und der Rezeption des Märtyrerkults im 14. Jahrhundert unter Karl IV. andererseits lud die Fondation des Archives historiques de l'Abbaye de Saint-Maurice zu einer Tagung in Solothurn und St-Maurice ein. Organisiert und durchgeführt wurde das Symposium von BEAT NÄF (Zürich) in Zusammenarbeit mit SILVAN FREDDI (Solothurn) und ERICH WEBER (Solothurn). Im Zentrum stand die Frage nach der Etablierung, Einbettung und Ausbreitung der Heiligenverehrung im zweiten Burgunderreich (438-532). In Auseinandersetzung mit literarischen, numismatischen, epigraphischen und archäologischen Quellen ging es damit um die Rekonstruktion eines Stücks historischer Topographie. Denn obwohl sich die Grenzen Burgunds bis heute nicht präzise definieren lassen, bildet die Verehrung der thebäischen Heiligen in einzelnen Ortschaften gleichsam eine kulturelle Klammer, durch welche die räumliche Ausdehnung des Einflusses der Burgunder- und Merowingerkönige greifbar wird. Gleichzeitig stand damit auch ein Stück Herrschafts- und Kulturgeschichte im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn wie sich an der Tagung mehrfach herausstellte, verweist der Kult der Militärheiligen von St-Maurice d'Agaune vielfach auf das Wirken der Könige Sigismund (516-523/524), Guntram (561-592) und Theuderich (596-613), welche die Verehrung der Märtyrer von Acaunus im gesamten Burgunderreich massgeblich förderten und damit ihren eigenen Herrschaftsanspruch als christliche Könige wirkungsvoll unterstrichen. Schliesslich spielte der Heiligenkult spätrömischer und frühmittelalterlicher Zeit eine entscheidende Rolle in der religiös-politischen Kommunikation innerhalb des Frankenreiches sowie in der Auseinandersetzung mit Byzanz. Die Tagung begann mit einem Besuch im Staatsarchiv Solothurn, wo ANDREAS FRANKHAUSER (Solothurn) die Tagungsteilnehmenden begrüsste. SILVAN FREDDI (Solothurn) bot im Rahmen einer Führung durch die Archivbestände Einblicke in die Geschichte der Stadt und die dortige Verehrung der thebäischen Märtyrer. Hierbei unterstrich er die Folgen der exponierten Lage Solothurns an den Grenzen des Burgunderreiches. Während Grabbeigaben auf der nördlichen Aareseite das Weiterbestehen einer mehrheitlich romanischen Bevölkerung anzeigen, lassen die Befunde am südlichen Flussufer auf die Existenz von Alemannen schliessen. Die Verehrung der Heiligen Urs und Victor lässt sich dank archäologischer Befunde bis ins 5. Jahrhundert zurückverfolgen. So fanden sich bei Ausgrabungen unter der Solothurner Peterskapelle Reste einer cella memoriae, die dem Kult des heiligen Victor gedient haben dürfte. Es erscheint plausibel, dass ein zweiter Memorialbau für den heiligen Urs unter der heutigen St. Ursenkirche existierte. Die Stadtbewohner waren von der Macht der Heiligen überzeugt und baten häufig um Beistand bei alltäglichen Nöten, wie Freddi anhand von Passionsbeschreibungen des 7. und 9. Jahrhunderts sowie einem Mirakelbuch von 1642 verdeutlichte. Zwischen dem Stadtrat und dem im 8. Jahrhundert begründeten Chorherrenstift entstanden im Laufe der Zeit allerdings Konflikte, die erst im 15. Jahrhundert zugunsten der Stadt beigelegt werden konnten. 1486 wurde auf Geheiss des Stadtrats ein silbernes Kopfreliquiar für die Gebeine des heiligen Ursus erstellt (heute im Domschatz der St. Ursenkirche). Der Schädel des Heiligen wurde allerdings erst 1519 im Kirchenbau entdeckt, wobei die dort ebenfalls gefundene Lamina gemäss SEBASTIAN SCHOLZ (Zürich) tatsächlich wohl ins 13. Jahrhundert gehört. Ab dem 16. Jahrhundert fanden ausserdem vermehrt Mysterienspiele zu Ehren des heiligen Urs statt. Ähnliche Schauspiele fanden im selben Zeitraum auch in Zürich statt, wie CHRISTIAN SCHEIDEGGER (Zürich) ergänzt. ERICH WEBER (Solothurn) hiess die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung im Anschluss im 1952 eröffneten Museum Blumenstein willkommen. Er wies auf die Geschichte und Bedeutung des im 17. Jahrhundert als Landsitz für Angehörige des Solothurner Patriziats errichteten Gebäudes hin. In diesem befindet sich heute das historische Museum der Stadt Solothurn, wo sich Lokal-, Regional- und Weltgeschichte eng miteinander verknüpft zeigen. BEAT NÄF (Zürich) konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die Etablierung und Ausbreitung des Kultes der Thebäischen Legion im zweiten Burgunderreich. Besonderes Gewicht kam dabei dem Burgunderkönig, magister militum und patricius Sigismund zu. 515 schuf er den zentralen Ort der Thebäerverehrung in St-Maurice d'Agaune. Beim Kult der Soldatenheiligen kam der in spätrömischer Zeit allgegenwärtigen Militarisierung eine wichtige Rolle zu, da sich dieser militia-Gedanke auch auf das frühe Mönchtum erstreckte. So wurde Sigismunds memoria nach seinem Tod durch militärisch geordnete Mönchschöre in Form der laus perennis gedacht. 534 wurde Burgund dem Merowingerreich angegliedert und fungierte dort einerseits als Pufferzone zwischen Ostgoten, Franken und Westgoten und übte andererseits die Schirmherrschaft über Rätien und die über den Rhein kommenden Alemannen aus. Militärische Aspekte blieben relevant; der Kult um die Heiligen der Thebäischen Legion behielt seine Anziehungskraft. Sigismunds Vorgehen fand Nachahmung bei Guntram, der sich um ein gutes Verhältnis zum Kloster St-Maurice bemühte. Im Bruderstreit zwischen Theuderich II. und Theudebert spielte die Auffindung der Gebeine des heiligen Victor durch Bischof Hiconius im Jahr 602 in Genf eine Rolle. Theuderich II. liess die dortige Kirche des Heiligen in der Folge reichlich beschenken. Der Kult der thebäischen Legion bot den Merowingern ausserdem die Möglichkeit, sich selbst als Nachfolger der römischen Herrscher, als wehrhafte Krieger und als rechtschaffene Christen auch in Abgrenzung zu Byzanz zu inszenieren, wie in Übereinstimmung mit NÄF (Zürich) auch SEBASTIAN SCHOLZ (Zürich), STEFAN ESDERS (Berlin) und MARIA WITTMER-BUTSCH (Zürich) in der Diskussion betonten. Im Hinblick auf die Überlieferung der beiden Märtyrerberichte der Thebäischen Legion informierte OTTO WERMELINGER (Fribourg) über die textkritischen und inhaltlichen Zusammenhänge zwischen der Passio anonyma und der Passio Eucherii.[1] STEFAN ESDERS (Berlin) untersuchte die Rolle, welche der Kult des Soldatenheiligen Polyeuctos, den Gregor von Tours als strafende Instanz für Meineidige inszenierte, für die merowingischen Herrscher nach Chariberts Tod spielte. Tatsächlich dürfte der Grund für die kurzzeitige Etablierung dieses primär in Byzanz verehrten Heiligen in politischen Vereinbarungen und der damit verbundenen Kommunikation zwischen dem Merowingerkönig Sigibert und Justin II. (565-578) im Jahr 568 liegen. Nach dem frühen Dahinscheiden Chariberts (561-567) sollte dessen Reich ursprünglich in friedlicher Weise unter den verbliebenen Herrschern aufgeteilt werden, wobei für Paris eine gemeinsame Verwaltung vorgesehen war. Offenbar versuchte Sigibert (561-575) die für ihn vorteilhafte Reichsteilung im Einverständnis mit Byzanz mittels der Einfuhr heiliger Reliquien aus dem Osten offiziell abzusichern. So könnten die Gebeine des Polyeuctos vielleicht zusammen mit Reliquien des heiligen Kreuzes durch Königin Radegunde zwischen 566-568 nach Metz überführt worden sein. Dass dem Vorhaben letztlich kein Erfolg beschieden war, zeigt sich am Ausbruch des merowingischen Bruderkrieges. Charibert verstiess öffentlich gegen die zuvor geschlossene Vereinbarung und zog in Paris ein, ohne sich mit seinen Brüdern zuvor abgesprochen zu haben. Dieses Vorgehen veranlasste Guntram dazu, sich weitere Gebiete des ehemaligen Charibertreiches gewaltsam zu sichern. In der Folge verlor der Kult des heiligen Polyeuctos im europäischen Westen rasch an Bedeutung. SUZANNE FREY-KUPPER (Warwick) präsentierte einen Überblick über die auf dem Gebiet der heutigen Schweiz gefundenen Münzen aus merowingischer Zeit und beschloss damit den ersten Tag des Symposiums. Vergleichsweise viele Zeugnisse finden sich unter Dagobert I. (629-639), was auf die unter seiner Herrschaft bezeugte wirtschaftliche und politische Prosperität des Merowingerreiches zurückzuführen ist. Als Prägestätten sind Genf, Lausanne, St-Maurice, Sitten, Avenches, Basel und Windisch bezeugt, wobei sich aus den drei zuletzt genannten Orten nur sehr wenige Emissionen erhalten haben. Auf Prägungen der Abtei von St-Maurice findet sich auch der Name des heiligen Mauritius verzeichnet, dessen Bedeutung unter dem Nachfolger Sigismunds im Reich der Merowinger offenbar ungebrochen war. Staatliche Bemühungen, die Kaufkraft des Münzgeldes aufrecht zu erhalten, zeigen sich daran, dass minderwertige Münzen eingeschmolzen und zu Barren verarbeitet wurden, die im Anschluss mit königlichem Siegelstempel geprägt und so mit neuem Wert versehen wurden. Den zweiten Konferenztag in St-Maurice eröffnete OLIVIER RODUIT (St-Maurice) mit einer Begrüssung der Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer vor der Abtei von St-Maurice d'Agaune. Im Anschluss gewährte MARIE-PAULE GUEX (Sion) Einblicke in die komplexe archäologische Situation der Abtei, deren Wurzeln bis ins 4. Jahrhundert zurückreichen. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein erster geosteter Kirchenbau an der Stelle eines spätrömischen Mausoleums errichtet. Mit der Gründung und Errichtung des Klosters 515 fand ein Ausbau der Kirchenstrukturen statt; dazu zählen Erweiterungen des Chors. Weitere Arbeiten am Kirchengebäude fanden zwischen dem 7.-9. Jahrhundert statt, worin sich die wachsende Bedeutung des Ortes als frühmittelalterlicher Wallfahrtsort zeigt. Mit der Reform des Klosters 1128, durch welche die im 9. Jahrhundert eingesetzten weltlichen Kanoniker durch Augustiner Chorherren ersetzt wurden, errichtete man eine neue Kirche, die 1148 geweiht werden konnte. Die Fundamente des heutigen Kirchenbaus, welcher von Norden nach Süden ausgerichtet ist, wurden 1627 gelegt, da sich am alten Standort Felsstürze ereignet hatten. Oliver Roduit führte danach durch den Klosterschatz. Er erläuterte dabei nicht nur die Geschichte einzelner Exponate, sondern durch diese auch die Geschicke der Abtei, die durch Fürsten und Könige im Laufe der Jahrhunderte durchgehend reichlich beschenkt wurde. Im Besonderen wurde hierbei der Schrein des heiligen Sigismund und seiner Söhne, der Mauritiusschrein, der Theoderich-Schrein, das Kopfreliquiar des Heiligen Candidus und die Wasserkanne Karls des Grossen in Augenschein genommen. BENJAMIN HARTMANN (Zürich) widmete sich der inschriftlichen Überlieferung von St-Maurice d'Agaune. Besonderes Augenmerk schenkte er der wirtschaftlichen Bedeutung des antiken Acaunus als Zollstation sowie ausgewählten Vertretern der lokalen Nobilität, denen es im Laufe der Kaiserzeit offenbar gelang, in den ordo senatorius aufgenommen zu werden. Die Anzahl der Inschriften nahm im Laufe des 3. Jahrhunderts aufgrund krisenhafter Veränderung allerdings drastisch ab, womit über das Studium epigraphischer Zeugnisse alleine nur noch wenig über Acaunus in spätrömischer Zeit in Erfahrung zu bringen ist. DANUTA SHANZER (Wien) wandte sich unterschiedlichen Darstellungsformen des Burgunderkönigs Sigismund in frühmittelalterlichen Quellen zu. Je nach Intention der Autoren und Interpretationsabsichten heutiger Exegeten scheint der Herrscher dabei gegensätzliche Rollen einzunehmen. So charakterisiert Sidonius Apollinaris Burgunder in stereotypisierender Weise zumeist als zwar tüchtige Kämpfer, gleichzeitig aber auch als unzivilisierte Barbaren. Sigismund zählte ebenfalls zu diesen kriegsversierten Burgundern, schlug er 507 doch die Westgoten auf dem Schlachtfeld. Durch den Einfluss des Avitus von Vienne trat der König dann aber vom Arianismus seiner Vorväter zum Katholizismus über, was seine politische Position im Frankenreich stark beeinflusste. Dank seiner Tätigkeiten in Acaunus wurde er dort nach seinem Tod als Heiliger verehrt. In der tendenziösen Darstellung Gregors von Tours erscheint Sigismund wiederum als Verbrecher und Mörder, der den eigenen Sohn auf Anraten seiner zweiten Gemahlin erschlagen liess. Gottes gerechte Strafe für diese frevelhafte Tat liess gemäss Gregor nicht lange auf sich warten, so dass der Burgunderkönig durch Chlodomer (511-524) sein Ende fand. MARTIN BAUCH (Rom) ging auf die Rezeption und Etablierung des Sigismundkultes in Böhmen unter Kaiser Karl IV. (1316-1378) ein. Dieser eignete sich nach einem Besuch in St-Maurice Reliquien des heiligen Königs an, die er sodann nach Prag überführen liess. Sigismund erschien in der Folge häufig an der Seite des böhmischen Landespatrons Wenzel, dem er sich auch im Erscheinungsbild anglich. Von der Popularität des Kultes zeugen zahlreiche Mirakelberichte des 14. Jahrhunderts Im Hinblick auf die Motivation des Kaisers, einen Heiligen einzuführen, der eigentlich keinen direkten Bezug zu Böhmen aufwies, gab BAUCH zu bedenken, dass Karl IV. im Burgunderkönig vielleicht ein spirituelles und politisches Vorbild gesehen haben könnte. Sigismund sei es der Überlieferung zufolge gelungen, seine menschlichen Schwächen kraft seines Glaubens zu überwinden. Diesem Ideal eines erfolgreichen christlichen Königs könnte auch Karl IV. nachgeeifert haben. Dabei spielte die ursprüngliche Verbindung Sigismunds zum Burgunderreich letztlich so gut wie keine Rolle mehr, wie sich in den anschliessenden Diskussionen mit ROMAN HANKELN (Trondheim) und PETR KUBÍN (Prag) herausstellte. HANKELN gab dabei Einblicke in seine laufenden Arbeiten an der Edition des Mauritius-Offiziums. Ein gemeinsamer Besuch der Kirche des heiligen Sigismund, die auf das 6. Jahrhundert zurückgeht, bildete den Abschluss der Tagung. Die Konferenz brachte Einsichten in die politischen und religiösen Herrschaftsprogramme der Könige Burgunds sowie in deren Selbstverständnis. Hinsichtlich der tatsächlichen Ausdehnung des Burgunderreiches ist zu konstatieren, dass dessen Grenzen nicht allein durch geographische, militärische oder wirtschaftliche Umstände bestimmt waren. Auch kulturell-religiöse Faktoren spielen hierbei eine fundamentale Rolle; so blieb die kultische Verehrung von Märtyrern der Thebäischen Legion für die Identität des Burgunderreiches und seiner Bewohner lange Zeit wichtig. Konferenzübersicht: Heiligenkult in Solothurn. Eine Stadt an der Grenze zweier Kulturräume Silvan Freddi (Solothurn): Solothurn und der Kult der Thebäerheiligen Urs und Victor Beat Näf (Zürich) / Erich Weber (Solothurn): Heiligenkulte aus der Sicht zweier Historiker Stefan Esders (Berlin): Der Soldatenheilige Polyeuctos und die Geschichte des Frühmittelalters Suzanne Frey-Kupper (Warwick): Numismatische Zeugnisse Sigismund - der erste heilige König Europas und sein Kult Olivier Roduit (St-Maurice) / Marie-Paule Guex (Sion): Besuch der Site culturel et patrimonial de l'Abbaye de Saint Maurice Danuta Shanzer (Wien): Sigismund - Soldier, Sinner, Saint Martin Bauch (Rom): Kaiser Karl IV. und die Auffindung der Sigismundreliquien Anmerkung: [1] Die Duo Passiones Acaunensium martyrium werden aktuell von BEAT NÄF (Zürich), WERNER STEINEMANN (Zürich), BRUNO SUDAN (Fribourg) und OTTO WERMELINGER (Fribourg) ediert. Weiterführende Informationen zum Projekt sowie Transkriptionen finden sich unter: http://passiones.textandbytes.com/ (15.10.2017). URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=7368> |
Date: 2017/10/22 21:57:32
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Häußer, Detlef: Der Brief des Paulus an die Philipper (= Historisch-Theologische Auslegung). Witten: R. Brockhaus Verlag 2016. ISBN 978-3-7655-9732-9; 392 S.; EUR 39,90. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Andreas Gerstacker, Alte Geschichte, Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg E-Mail: <andreas.gerstacker(a)hsu-hh.de> Die hier zu besprechende Kommentierung des Philipperbriefs gehört zur Reihe "Historisch-Theologische Auslegung" (HTA), die zum besseren Verständnis des Bandes zumindest kurz vorgestellt werden soll. Das Ziel der Reihe ist es, ausgehend von einer offenbarungstheologisch und heilsgeschichtlich orientierten Grundhaltung, anspruchsvolle wissenschaftliche Exegese mit einem bewussten Brückenschlag hin zur kirchlichen Praxis zu verbinden. Dazu wird jeder Textabschnitt in vier Schritten bearbeitet: (I) eine Übersetzung des Textes aus dem Griechischen; (II) Anmerkungen zu Textkritik sowie (je nach Bedarf) Form, Hintergrund, Kontext, Aufbau und Struktur; (III) eine Vers-für-Vers-Exegese des Textes; (IV) Zusammenfassung und Brückenschlag in die (kirchliche) Gegenwart. Detlef Häußer, der Autor des vorliegenden Bandes, ist studierter Theologe und Gräzist, wurde in Dortmund mit einer Arbeit zu Christusbekenntnis und Jesusüberlieferung bei Paulus[1] promoviert und ist seit 2010 Professor für Neues Testament an der Evangelischen Hochschule Tabor. Seine Doppelqualifikation als Theologe und Philologe sowie seine Expertise zu Fragen der Jesusüberlieferung bei Paulus scheinen bei der Interpretation des Philipperbriefes immer wieder durch und gehören zu den unbestreitbaren Stärken dieser Kommentierung. Häußer macht außerdem von der vorgegebenen Struktur exzellenten Gebrauch und legt eine sehr übersichtliche Auslegung vor. Der Kommentar beginnt mit einer ausführlichen Einleitung in den Brief (S. 7-46). Darin informiert Häußer über Philippi (Colonia Iulia Augusta Philippensis) im 1. Jahrhundert n.Chr. (S. 7-13), die Beziehung des Paulus zur dortigen Gemeinde (S. 13-19), Anlass, Abfassungszeit und -ort des Briefes (S. 20-31), die Diskussion über die Frage der literarischen Integrität (S. 31-38), Charakter und Aufbau (S. 38-42), theologische Anliegen (S. 43-45) und die Textüberlieferung (S. 45-46). Er entscheidet sich unter anderem für a) die Annahme einer grundsätzlichen Verlässlichkeit des Berichts in Apg 16 über die Gemeindegründung und damit die Verwendbarkeit dieses Berichts für das Verständnis des Briefes; b) (mit etlichen neueren Arbeiten[2]) die Abfassung während einer angenommenen Gefangenschaft des Paulus in Ephesus circa 54/55 n.Chr.; c) die literarische Einheitlichkeit des Briefes gegenüber Theorien einer Zwei- oder Dreiteilung.[3] Diese und weitere Positionen werden angemessen diskutiert und begründet und mit einer Ausnahme dürfte Häußer im Wesentlichen zuzustimmen sein. Bei der Bestimmung von Abfassungsort und -zeit tendiert der Rezensent zur traditionellen Verortung in Rom und einer damit verbundenen etwas späteren Ansetzung.[4] Die Interpretation der einzelnen Textabschnitte zeichnet sich durch hohe philologische Genauigkeit, eine sehr ausgewogene und sachliche Diskussion unterschiedlicher Forschungspositionen, großes Fingerspitzengefühl bei der Herausarbeitung der Argumentationsstruktur des Paulus sowie durch gute begründete Entscheidungen in historischen und theologischen Fragen aus. Positiv herauszuheben ist, dass Häußer keine Scheu hat, eigene, nicht immer der Mehrheitsmeinung entsprechende Positionierungen einzunehmen, wo es ihm sachlich begründet erscheint. Bei seiner Auslegung bindet er außerdem die theologischen Überlegungen des Paulus traditionsgeschichtlich immer wieder an die Jesusüberlieferung sowie darüber hinausgehend an alttestamentliche-frühjüdische Traditionen zurück. Es gelingt ihm insgesamt sehr schlüssig zu zeigen, wie sehr das Denken des Heidenapostels in den Schriften des Alten Testaments und den frühchristlichen Traditionen über Leben und Lehre Jesu von Nazareth verwurzelt ist. Die Kommentierung ist von sechs größeren und zahlreichen kleineren Exkursen durchzogen, die, im Layout abgesetzt, philologische, historische und theologische Detailfragen behandeln und die Argumentation an den betreffenden Stellen untermauern. Bei den größeren Exkursen diskutiert Häußer a) "Abfassung und historische Zuverlässigkeit des lukanischen Berichts" über die Gründung der Gemeinde in Philippi in Apg 16 (S. 14-16); b) die Bedeutung von "Evangelium im Philipperbrief" (S. 65); c) "Das Sein bei/mit Christus" (S. 106-108); im Herrn und in Christus im Philipperbrief (S. 214-216); "Phil 3,2-11 und die New Perspective on Paul" (S. 239-245); "Freude bei Paulus und im Philipperbrief" (S. 287-290). In kleineren Exkursen behandelt er Detailfragen unterschiedlichster Art, so zum Beispiel Vorschläge für die Deutung von Neid (pthónos) und Streit (éris) in 1,15 (S. 91); die Verwendung von politeúesthai in 1,27 (S. 117-118); das Verhältnis von antik-paganer "Religiosität" zum Leiden bei 1,29 (S. 124); die grammatikalische Bestimmung des hína-Satzes in 2,2 (S. 135-136); die Bewertung der Demut im griechisch-römischen und im jüdischen Denken der Zeit (S. 138); Deutungsansätze für den Hintergrund des Traditionstextes in 2,6-11 (S. 146-147); und viele mehr. Exemplarisch seien hier einige exegetische Einzelentscheidungen in Auswahl angeführt: In 1,1 (S. 51ff.) ist sùn episkópois kaì diakónois (mit den Bischöfen und den Diakonen) nicht additiv, sondern inklusiv zu verstehen, beide von einander zu unterscheidende Gruppen gehören zu den zuvor genannten Heiligen. Die Verwendung von epískopoi stellt weder einen Anachronismus noch eine Glosse dar, sondern bezeichnet wohl die "Vorsitzenden der dortigen Hausgemeinden" (S. 55). Hier wäre noch auf die Dortmunder Dissertation Jochen Wagners[5] hinzuweisen, der dieses Verständnis teilt und ausführlich begründet. Der vieldiskutierten "Philipperhymnus" 2,6-11 (S. 142ff.) wird von Häußer gegen neuere, vor allem englischsprachige Beiträge[6] als von Paulus aufgegriffenes und zu eigen gemachtes Traditionsstück gelesen. Allerdings handele es sich gegen einem großen Teil der Forschung[7] nicht um einen Hymnus, sondern um eine "katechetische Formel" (S. 144). Nach einer Diskussion verschiedener Theorien zum Hintergrund des Textes plädiert Häußer für eine judenchristliche Herkunft der Tradition und hier vor allem für eine Aufnahme von Gedanken aus Jes 53 und aus der synoptischen Jesusüberlieferung. Damit wendet er sich gegen die Annahme einer Adam-Christologie in Phil 2. Die crux interpretum in 2,5 entscheidet er zugunsten eines ethischen Verständnisses, ohne dabei paulinische Ethik auf eine reine imitatio Christi verkürzen zu wollen. Bei der Interpretation von 3,1-11 (S. 211-246) argumentiert Häußer mit guten Gründen dafür, die Wendung pístis Christoû als genitivus obiectivus zu verstehen (Glaube an Christus), nicht als genitivus subiectivus (S. 233-235). In einem längeren Exkurs setzt er sich außerdem kenntnisreich und kritisch mit der sogenannten New Perspective on Paul auseinander (S. 239-245). Zusammenfasend hält Häußer dabei fest: "So bleibt denn auch die traditionelle Sicht der Rechtfertigung vollkommen berechtigt, auch wenn sie zu ergänzen ist durch die Bundesdimension, die seitens der New Perspective betont wird." (S. 245) In 4,2-3 werden zwei Frauen, Euodia und Syntyche, ermahnt, einen Streit beizulegen und ein ungenannter súzugos (Gefährte) wird ihnen als Vermittler zur Seite gestellt. Häußer sieht in der namentlichen Nennung einen Hinweis, dass beide "angesehene und führende Personen in der Gemeinde gewesen sind, möglicherweise Leiterinnen von Hausgemeinden" (S. 282). Außerdem sieht er im Konflikt zwischen ihnen den Hintergrund für die bereits in 2,2ff. thematisierten Spannungen innerhalb der Gemeinde. Mit der Erklärung der unnötigen Wiederholung des parakalô (ich ermahne) in 4,2 mittels der Performanzkritik bescherte Häußer dem Rezensenten ein kleines und erheiterndes Aha-Erlebnis. Er schreibt: "Paulus hat schon bei der Abfassung des Briefes im Blick, dass sich der Vorleser einmal Euodia und einmal Syntyche zuwendet und diese beiden vermutlich nicht nebeneinander sitzen." (S. 281) Für den viel diskutierten Hintergrund zu 4,10-20 wägt Häußer in einem Exkurs ausführlich die vorliegenden Alternativen ab (S. 308-311) und entscheidet sich gegen eine Herleitung aus den Konventionen des Patronats- bzw. Klientelwesens[8] oder aus denen des Wirtschaftslebens[9]. Vielmehr ist der Text mit Gerald W. Peterman[10] vor dem Hintergrund "der antiken Vorstellungen von Freundschaft und dem Benefizialwesen" (S. 321) zu verstehen. Die Philipper sind durch das Teilhaben an dem lógon dóseos kaì lémpseos (der Sache des Gebens und Nehmens) (1,15) zu "Partnern am Evangelium" (S. 329) geworden. Insgesamt bindet Häußer den Abschnitt zurück an 1,3-11 und versteht beide Texte zusammen als eine den Brief rahmende inclusio. Den Kommentar runden ein Abkürzungsverzeichnis, Quellenverzeichnis und eine sehr ausführliche Bibliographie sowie Indices zu modernen Autoren, Stichwörtern und wichtigen griechischen Begriffen ab. Insgesamt hat Detlef Häußer eine Interpretation vorgelegt, die historisch-philologisch Gründlichkeit und präzise Argumentation mit theologischem Fingerspitzengefühl sowie einem Blick für das Wesentliche verbindet und zugleich erfrischend zu lesen ist. Dem Band ist eine weite Rezeption und intensive Diskussion in Wissenschaft und Kirche zu wünschen. Anmerkungen: [1] Detlef Häußer, Christusbekenntnis und Jesusüberlieferung bei Paulus, Tübingen 2006. [2] Vergleiche zum Beispiel Ulrich B. Müller, Der Brief des Paulus an die Philipper, 2. Aufl., Leipzig 2011, S. 16-23; Petr Pokorný / Ulrich Heckel, Einleitung in das Neue Testament, Tübingen 2007, S. 285-286; Donald A. Carson / Douglas J. Moo, Einleitung in das Neue Testament, Gießen 2010, S. 610-614. [3] Auch hier ordnet sich Häußers Kommentar in eine wachsende Zahl neuerer Arbeiten ein, die zunehmend von Teilungshypothesen Abstand nehmen. Vergleiche zum Beispiel Markus Bockmuehl, The Epistle to the Philippians, London 1998, S. 20-25; Müller, Philipper, S. 5-16; Pokorný/Heckel, Einleitung, 275-276; Carson/Moo, Einleitung, 617-619; Udo Schnelle, Einleitung in das Neue Testament, 8., durchgesehene und neubearbeitete Aufl., Göttingen 2013, S. 165-168. [4] Vergleiche unter anderem Bockmuehl, Philippians, S. 25-32; Schnelle, Einleitung, S. 159-163. [5] Jochen Wagner, Die Anfänge des Amtes in der Kirche. Presbyter und Episkopen in der frühchristlichen Literatur, Tübingen 2011, hier vor allem S. 104-105, der allerdings sún additiv versteht (ebd., S. 105, Anm. 168). [6] So zum Beispiel Bockmuehl, Philippians, S. 116-120; vergleiche die Diskussion bei Carson/Moo, Einleitung, S. 605-610, die letztlich ebenfalls skeptisch gegenüber der Annahme einer vorpaulinischen Tradition sind, s. ebd., S. 606. [7] So zum Beispiel Müller, Philipper, S. 91-95; Schnelle, Einleitung, S. 168-189; Pokorný/Heckel, Einleitung, S. 281-285, hier vor allem S. 281. [8] Vgl. Lukas Bormann, Philippi. Stadt und Christengemeinde zur Zeit des Paulus, Leiden 1995. [9] Vgl. Julien M. Ogereau, Pauls's Koinonia with the Philippians. A Socio-Historical Investigation of a Pauline Economic Partnership, Tübingen 2014. [10] Gerald W. Peterman, Paul's Gift from Philippi. Conventions of Gift Exchange and Christian Giving, Cambridge 1997. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Lennart Gilhaus <lgilhaus(a)uni-bonn.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2017-4-048> |
Date: 2017/10/22 21:58:38
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Vitale, Marco: Das Imperium in Wort und Bild. Römische Darstellungsformen beherrschter Gebiete in Inschriftenmonumenten, Münzprägungen und Literatur (= Historia - Einzelschriften 246). Suttgart: Franz Steiner Verlag 2017. ISBN 978-3-515-11554-4; Hardcover, gebunden; 374 S.; EUR 68,00. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Kresimir Matijevic, Seminar für Geschichte und Geschichtsdidaktik, Universität Flensburg E-Mail: <kresimir.matijevic(a)uni-flensburg.de> Bei dem angezeigten Buch handelt es sich um die Habilitationsschrift von Marco Vitale. Ziel ist die Untersuchung der bildlichen und textlichen Darstellungsformen der von Rom beherrschten Gebiete zwischen dem 3./2. Jahrhundert v.Chr. und dem 4. Jahrhundert n.Chr. Dabei geht es insbesondere um das Einbetten der 'Bilder' in ihren historischen Kontext. Das Einleitungskapitel (S. 13-48) widmet sich zuerst der Quellenlage. Neben den Hinweisen auf die verschiedenen relevanten Quellengattungen, stellt Vitale heraus, dass seine Arbeit keine vollständige Berücksichtigung des Materials anstrebe, sondern exemplarisch vorgehe. Verschiedenen allzu generellen Feststellungen der Forschung hinsichtlich der von den diversen Medien anvisierten Zielgruppen (Personifikationen beherrschter Gebiete haben insbesondere Analphabeten ansprechen sollen, wertvollere Münzprägungen ausschließlich privilegierte Bevölkerungsgruppen etc.) erteilt Vitale in diesem Abschnitt zurecht eine Absage. Anschließend wird detailliert der Forschungsstand dargestellt,[1] wobei Vitale verschiedentlich auf Desiderate in den bisherigen Detailanalysen hinweist, so auf die bisher unbeantwortete Frage, ob der politische Status eines Gebietes über die Darstellung seiner Personifikation entschied (S. 27). Im Rahmen des Forschungsstandes findet sich zudem ein Exkurs zu dem bekannten Umstand, dass die Gebiete in aller Regel als weibliche Personen abgebildet wurden. Hier wurden im Rahmen der Geschlechterforschung verschiedene Spekulationen geäußert, die auf wenigen Seiten (S. 32-34) widerlegt werden: Das Phänomen ist grammatikalisch bedingt. Zuletzt äußert sich Vitale zu "Plan, Aufbau und Methode" seiner Studie. Er möchte die verschiedenen Zeugnisse vor allem historisch-chronologisch analysieren, das heißt er möchte nicht nur jede Darstellung für sich anhand von Bild und Beischrift analysieren, sondern den gesamten Repräsentationskontext berücksichtigen. Hierfür definiert er verschiedene nützliche Kontextebenen (bildszenisch, historisch-politisch, historisch-intermedial, topisch-diachron), mit denen die Form, das Medium und die Logik der Darstellung eng verknüpft sind. Das zweite Kapitel "Quellen römischer Reichsdarstellungen: Darstellungslogik" (S. 49-181) behandelt die Darstellungen beherrschter Gebiete in den verschiedenen Quellengattungen, und zwar wie angekündigt in exemplarischer Form, wobei die Beispiele chronologisch sortiert sind und die jeweilige Darstellungslogik herausgearbeitet wird. Dabei geht es nicht nur um geographische Räume, sondern um Völker innerhalb wie außerhalb des römischen Reiches sowie um die Provinzen desselben. Auch die Siegerbeinamen der Kaiser spielen hierbei eine Rolle. Zahlreiche nützliche Beobachtungen werden hier gemacht wie diejenige, dass bei Triumphzügen offensichtlich unter den mitgeführten bildlichen Darstellungen nicht zwischen Besiegten innerhalb und außerhalb des römischen Reiches unterschieden wurde (S. 55, S. 96), oder diejenige, dass symbolische Darstellungen und Personifikationen nicht nur für Provinzen, sondern auch für Siegesorte und besiegte Herrscher in Gebrauch waren (S. 59). Die Ausführungen (S. 85f.) zu der beschrifteten Schale aus Puteoli (CIL X 8056,3) hätten noch berücksichtigen sollen, dass die Aufschrift nicht nur zu [Ge]rman[ia], sondern ebenso gut und vielleicht passender zu [Ge]rman[i] ergänzt werden kann und dass die Existenz einer unter Augustus eingerichteten Provinz Germania bislang nicht bewiesen ist. Nicht verständlich ist die Argumentation, dass Cassius Dio den Begriff ethnos zwar für "Völkerschaften" benutze, "mit ethnos in den meisten anderen Fällen [aber] provincia" meine (S. 134). Denn wenige Seiten weiter (S. 154) wird dann festgestellt, dass Cassius Dio diesen Terminus nur ein einziges Mal für die römischen Provinzen verwende. Dennoch ist das Kapitel 2.9 zur juristisch-administrativen Darstellung territorialer Erweiterungen (S. 148-181) mit großem Gewinn zu lesen, auch wenn man in den Details zum Teil andere Ansichten vertreten mag. Der dritte große Abschnitt "Genese und Entwicklung von Provinzpersonifikationen" (S. 183-324) betrachtet dann noch einmal en Detail die Verbildlichung der Provinzen des römischen Reiches in Form von Personen. Betrachtet wird zum einen die Entwicklung dieser Darstellungsform, doch findet auch der Vergleich mit Tieren und Objekten statt, die Provinzen repräsentieren sollten. Unter den Personendarstellungen werden sowohl die Abbildungen von Kriegsgefangenen, weiblichen Personifikationen wie auch diejenigen von besiegten Herrschern analysiert. Die Darstellung juristisch-administrative Sonderfälle, wie diejenige Italias oder diejenige der Heimatprovinzen der Kaiser, finden ebenfalls Beachtung. Auch die spätrömischen Sonderformen, die von Personifikationen einzelner Völker und Gebiete abrücken und stattdessen auf Siege über Barbaren im Allgemeinen verweisen, werden kurz behandelt. Zuletzt berücksichtigt werden die verhältnismäßig seltenen Selbstdarstellungen der Provinzialen und auswärtigen Völker/Gebiete. Auch in diesem Abschnitt finden sich wieder viele gewinnbringende Erörterungen. So ist Vitales Deutung des von Elephanten zertrampelten Objektes auf den Prägungen Caesars (RRC 443) als keltische Carnyx nach Ansicht des Rezensenten durchaus möglich (S. 215-218). Vitales chronologische Verortung der Prägung in die Zeit des Gallischen Krieges statt in den folgenden Bürgerkrieg ist dementsprechend ebenso in Erwägung zu ziehen.[2] In der Diskussion um die Italia-Prägungen der Bundesgenossen im bellum civile (S. 231-245) hätte man vielleicht noch berücksichtigen müssen, dass unter Umständen mit Italia nicht durchgängig die ganze Halbinsel, sondern lediglich das zur Hauptstadt Italia ausgerufene Corfinium gemeint ist.[3] Angehängt an die Untersuchung sind eine Zusammenfassung (S. 324-334), ein Abbildungsnachweis (S. 335-341), ein Literaturverzeichnis (S. 343-370) und ein kurzer Sachindex, der Personen, Gottheiten, Personifikationen und Symbole umfasst (S. 371-374). Zu bedauern ist, dass kein Quellenindex angefügt wurde. Ein Anlegen eines derartigen Verzeichnisses hätte nicht nur die Benutzbarkeit der Studie erhöht, sondern sicherlich ebenfalls dazu beigetragen, die zahlreichen unterschiedlichen Zitationsformen der antiken Zeugnisse zu vereinheitlichen. Sehr nützlich und lobend hervorzuheben sind wiederum die kurzen Abschnitte innerhalb der langen Kapitel, die unter dem Titel "Zwischenbefund" immer wieder wichtige Erkenntnisse noch einmal in zusammenfassender Form festhalten (wenngleich nicht für alle Unterabschnitte). Vitale hat sein eingangs formuliertes Ziel, die bildlichen und textlichen Darstellungen der von den Römern eingerichteten Provinzen und der von ihnen eroberten bzw. besiegten Gebiete, Völker und Potentaten zu untersuchen, zweifellos erreicht. Auch die Einbettung in den historischen Kontext ist durchweg gelungen. Zwar liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf der Analyse der numismatischen Quellen und der literarischen Zeugnisse, doch kommen auch die weiteren archäologischen und epigraphischen Nachweise zu Wort. Beeindruckend ist die Aufarbeitung der zahlreichen Forschungskontroversen, die Vitale mit seiner Studie in verschiedenen Fällen sicherlich fruchtbar beeinflussen wird. Alle zukünftigen Studien über die Personifikation von Provinzen und Gebiete in der römischen Kaiserzeit werden von Vitales Buch auszugehen haben. Anmerkungen: [1] Etwas verwunderlich ist der Hinweis auf eine Studie von Mommsen, die dem Jahr 1905 zugewiesen wird (S. 23), als der große Gelehrte bereits verstorben war. Die Publikation findet sich zudem nicht im Literaturverzeichnis des Buches. [2] Zu einem anderen Ergebnis kommt die von Vitale nicht benutzte hervorragende Studie Bernhard Woytek, Arma et Nummi. Forschungen zur römischen Finanzgeschichte und Münzprägung der Jahre 49 bis 42 v. Chr., Wien 2003, hier: S. 119-133. [3] Die vorgeblich früheste nachweisbare Personifikation Italias wird auf S. 244f. in die Zeit des Bundesgenossenkrieges selbst datiert, auf S. 237 dagegen in die Jahre 71/70 v.Chr. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Lennart Gilhaus <lgilhaus(a)uni-bonn.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2017-4-049> |
Date: 2017/10/24 09:16:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil:
Merkmale und Eigenheiten der Kleidung
Nohfelden. Ein neues Buch der Autorin Heidi Meier wird am 10. November in Nohfelden vorgestellt. In ihrem Werk „Trachten im Saarland“ geht es um regionaltypische Kleider.
() Das Museum für Mode und Tracht und die Gemeinde Nohfelden laden gemeinsam zu einer Buchvorstellung am Freitag, 10. November, um 18 Uhr in den Nohfelder Ratssaal. „Trachten im Saarland“ titelt das Werk von Heidi Meier. Umgangssprachlich und in der älteren volkskundlichen Forschung steht Tracht als das äußere Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Sie ist eine regionaltypische Bekleidungsform. Unter Tracht verstehen wir heute die Bekleidung der ländlich-bäuerlichen Bevölkerung. Deren Blütezeit lässt sich laut Veranstalter zwischen den Jahren 1750 und 1850 festmachen. Schon ab 1850 war die Tracht im Saarland fast gänzlich verschwunden.
Im Saarländischen Volkstanz- und Trachtenverband gibt es ein „Referat für Tracht und Museum“, in dem Andrea Mark-Fuchs und Heidi Meier als Referentinnen tätig waren. Auf Bundestagungen konnten sie die umfangreichen Dokumentationen und Präsentationen der Trachten in den übrigen Bundesländern bewundern. Im März 2000 wurde die Idee geboren, ein Trachtenmuseum für das Saarland zu schaffen. So entstand das Museum für Mode und Tracht in Nohfelden.
Die Suche nach entsprechenden Kleidungsstücken aus dem 19. Jahrhundert führte Heidi Meier zur Sammlung von Hermann Keuth, der vor 1939 das Heimatmuseum in Saarbrücken leitete (die Sammlung gehört heute der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und wird vom Saarland Museum Saarbrücken verwaltet); zur Sammlung von Pelser-Berensberg, der von Trier aus im Saargau und Hochwald gesammelt hatte (die Sammlung gehört zum Städtischen Museum Simeonstift Trier) und zu einer kleinen Sammlung im Städtischen Museum in Saarlouis.
Das Institut für Landeskunde im Saarland – früher Sitz Uni Saarbrücken heute in Landsweiler-Reden – verwaltet Zeichnungen und Notizen von Hermann Keuth. In diesen werden Merkmale und regionale Eigenheiten der Kleidung beschrieben. Bücher und volkskundliche Schriften zur Tracht im Saarland konnte Heidi Meier zum größten Teil in Antiquariaten in ganz Deutschland erwerben. Ein Buch aus dem Jahre 1867 besorgte ihr die Stadtbücherei in St. Wendel als Fernausleihe in München. Unter Aufsicht konnte sie die Buchseiten über Tracht kopieren.
Weitere Informationen gibt es beim Kulturamt Nohfelden, Tel. (0 68 52) 88 51 15.
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Date: 2017/10/24 09:20:10
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
letzten Freitag in der SZ, St. Wendeler Teil:
„Der Heilige Wendelin – Namensgeber der Stadt St. Wendel“ ist der Titel der Schau, die noch bis zum Sonntag, 29. Oktober, im St. Wendeler Museum läuft. Die Stadt St. Wendel würde heute wohl immer noch Bosenweiler heißen, wenn es den Einsiedler Wendelin nicht gegeben hätte und die Menschen nach seinem Tod nicht zu seinem Grab gepilgert wären. Anlässlich der Feierlichkeiten zu den diesjährigen Wendelswochen zeigt das Museum St. Wendel eine Wendelin-Ausstellung.
Bei der Betrachtung des heiligen Wendelin ist zwischen der historischen Person und dem legendären Wendelin zu unterscheiden. Wendelin lebte zu Zeiten des Bischofs Magnerich von Trier (nach 587) als Mönch und Einsiedler im Waldgebiet zwischen Saartal und Hunsrück. Er wird mit der iro-schottischen Mission in Verbindung gebracht, bei der Wandermönche die Britischen Inseln verließen, um auf dem Festland zu missionieren. Historisch belegt ist sein Name, der trotz mancherlei Schreibvarianten als fränkisch einzuordnen ist. Die Legende macht ihn aber zu einem schottischen Königssohn (Irland wurde damals als Scotia bezeichnet) und sogar zum Gründungsabt der Abtei Tholey.
Bald nach Wendelins Tod (gegen 617) setzte seine Verehrung ein und es pilgerten viele Gläubige zu seinem Grabheiligtum. Die historische Überlieferung nennt erstmals 1180 zwei Geistliche zu St. Wendel – die Namensänderung des Ortes war hier bereits vollzogen.
Im Hoch- und Spätmittelalter blühte die Wallfahrt auf. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde diese durch die Reformation und durch Kriege sehr beeinträchtigt, um dann im 18. Jahrhundert nochmals einen großen Aufschwung zu erleben. Auswanderer brachten die Verehrung des heiligen Wendelin im 18. Jahrhundert nach Südosteuropa und im 19. Jahrhundert nach Amerika.
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Die Ausstellung Im St. Wendeler Museum dauert noch bis einschließlich Sonntag, 29. Oktober. Verschiedene Publikationen zum heiligen Wendelin, darunter auch ein bebildertes Kinderbuch, sind während der Ausstellung zu ermäßigten Preisen im Museum erhältlich. Öffnungszeiten des Museums St. Wendel sind: Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag 10 bis 16.30 Uhr; Donnerstag 10 bis 18 Uhr; Samstag 14 bis 16.30 Uhr; Sonntag (und an Feiertagen) 14 bis 18 Uhr. |
Date: 2017/10/24 09:30:27
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Unter dem Gewölbe des Himmels
Menschen, Tiere und andere Fabelwesen an der Decke des Hauptschiffs der Wendalinusbasilika in St. Wendel aus den Jahren 1463 - 1464
Während einer Renovierung der katholischen Pfarrkirche in St. Wendel, die damals noch keine Basilika war, aber aufgrund ihre Größe schon seit mehr als 100 Jahren „Wendelsdom“ genannt wurde, stieß man 1923 unter der Decke des Hauptschiffs unter etlichen Lagen Farbe auf Gemälde von Wappen und anderem. Gottlob versuchte man sich nicht an einer Restaurierung, sondern deckte die Bilder wieder mit Farbe ab und zeichnete phantasievoll ein paar Ranken und Vögel, den Kaiser und Cusanus auf der Decke nach.
Im Jahre 1960 wurde die Deckenmalerei unter Betreuung von Prof. Walter Hannig über das gesamte Mittelschiff entlang freiglegt. Professor Hannig entwikkelte seine Theorie einer Prozession der hohen Würdenträger zum Grab des hl. Wendelin vorn im Chor der Kirche. Diese Idee wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr in Frage gestellt und wird heute als nichtzutreffend verworfen.
Bei der Renovierung von 1980/81 wurden alle Malereien freigelegt, gesäubert und restauriert.
Doch außer den Wappen gibt es da noch noch viele andere Figuren, deren Hintergrund ziemlich unbekannt ist. Anläßlich des Tages des Offenen Denkmals im September habe ich die einzelnen Figuren fotografiert und in einem A4 großen Band zusammengestellt. Es geht darin nicht darum, die unbekannten Hintergründe darzustellen, sondern die Bilder an sich aus der Höhe herunter in die Hand des Betrachters zu bringen.
Eine wissenschaftliche Arbeit über die Bilder an der Decke der Kirche ist meines Wissens in Arbeit.
Unter dem Gewölbe des Himmels A4, 52 Seiten, vollfarbig erschienen im Eigenverlag für 15 Euro (plus Porto 1,20 Euro) bei mir beziehbar.
Roland Geiger |
Date: 2017/10/24 09:36:28
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Beschreibung Deß Tugendtreichen Leben deß Heiligen WENDELINI Abbts und Einsidlers, Gebohrnen Königs Sohn in Schottland.
nebst einiger Stundenandachten, zur Prim, zur Terz, zur Sext, zur Non, zur Vesper und zum Complet zu lesen, einer Litaney und einer Neundienstätigen Andacht sowie allerley Meß-, Morgen-, Beicht- und Commonion-Gebether mit allerley Bildern versehen
verfaßt in der zweyten Hälfte des 18ten Jahrhunderts von einem unbekannten Geistlichen
vor dem Vergessen bewahrt von Elmar Landwehr abgeschrieben und ins Licht gebracht von Roland Geiger
Die Vorlage ist eine Handschrift aus dem späten 18. Jahrhundert, frühestens aus der Zeit nach dem 22. November 1758. An dem Tag wurde die im Text genannte Wendelskapelle eingeweiht. Ihr Eigentümer ist Elmar Landwehr, der freundlicherweise die Genehmigung zum Einscannen bzw. zur Abschrift und Veröffentlichung erteilt hat. Sie besteht aus 270 nicht paginierten Seiten im Format 160 mm x 94 mm, deren Blätter am Rücken verleimt sind, womit das Büchlein 2,5 cm dick wird.
Die vorliegende Ausgabe zeigt jeweils links eine Abbildung der Originalseite, rechts den abgeschriebenen Text.
Die Herkunft der Vorlage oder ihr Verfasser sind unbekannt. Letztere hat den ersten Teil, die Lebensbeschreibung des Heiligen Wendelini, Wort für Wort von dem Druck der am 11. Oktober 1704 von Pastor Nikolaus Keller aus St. Wendel veröffentlichten Wendalinuslegende abgeschrieben. Deren Einleitung, die bischöfliche Druckerlaubnis und die ersten Seiten der Legende Kellers standen wohl auf den fehlenden Seiten, weshalb sie dieser Ausgabe ebenfalls vorangestellt werden.
Die Schreibweise des Originaltextes wird beibehalten, auch die Kommata und „Schreibfehler“; Ergänzungen erfolgen in eckigen Klammern [ ] oder in Form von Fußnoten.
Frau Dr. Margarete Stitz aus St. Wendel hat dankenswerterweise die Abschrift kritisch gegengelesen. Alle noch vorhandenen Fehler gehen auf die Kappe des Herausgebers.
--------------------------- Beschreibung Deß Tugendtreichen Leben deß Heiligen WENDELINI Abbts und Einsidlers, Gebohrnen Königs Sohn in Schottland.
A4, 144 Seiten, gebunden, vollfarbig Auflage 20 Exemplare
für 29,99 Euro plus 1,85 Euro Porto bei mir beziehbar.
Roland Geiger |
Date: 2017/10/27 09:19:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil
Wallfahrt in St. Wendel Adenauer und die Tholeyer Sängerknaben
Vor 50 Jahren starb Konrad Adenauer (1876 bis 1967), der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Am Mittwoch gastierte sein Enkel Konrad (72) als Festredner während der Wendelinus-Wallfahrtswoche in der Basilika. Nur 70 Zuhörer interessierten sich für seinen Vortrag „Bundeskanzler Adenauer und die Religion“. Eine Stunde vor seinem Auftritt hatte Konrad Adenauer seine Unterlagen auf dem Pflaster vor dem St. Wendeler Rathaus abgelegt, um noch ein Erinnerungsfoto von der Basilika zu schießen, kurz darauf läuteten die Glocken. Dass der „dicke Pitter“ (Petrusglocke) für den Kölner Dom geschafft werden konnte, daran war der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer in den frühen 1920er-Jahren maßgeblich beteiligt. Zuvor war er Messdiener, hatte ein katholisches Gymnasium besucht und ist Mitglied im katholischen Studentenverein Saxonia gewesen. „Er hat diese Verbindung gehalten, was ihm später Türen öffnete, wodurch er aus einfachem Hause kommend später in Köln in bestimmte Kreise reinschauen konnte“, berichtete Adenauer über seinen Opa.
Die Lektüren des Schweizer Staatsrechtlers und Laientheologen Carl Hilty (1883 bis 1909) und dessen Lektüren hätte ihn über den Tod eines Freundes hinweggeholfen. Die Nationalsozialisten (NS) setzten Adenauer 1933 als Oberbürgermeister von Köln ab, sodass er ins Kloster Maria Laach ausweichen musste. „Wenn er nicht so gläubig gewesen wäre, hätte er sich wohl das Leben genommen“, meinte sein Enkel. Dem Widerstand gegen das NS-Regime habe er sich nicht angeschlossen. Ein gutes Verhältnis habe sein Großvater mit dem späteren Kardinal Josef Frings (1887 bis 1978) gepflegt. Ohne dessen Pfarrei anzugehören, besuchte er in seiner Oberbürgermeisterzeit mit der Familie den Sonntagsgottesdienst beim damaligen Pfarrer Frings. Den warb er später für den Eintritt in die CDU an, was allerdings der Papst in Rom untersagte. „Einen Bischofsring hätte er nie geküsst, so etwas lag ihm nicht“, erklärte der 72-jährige Enkel Adenauers.
1962 habe sein Großvater als Bundeskanzler gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle einen Gottesdienst in der Kathedrale von Rennes besucht. „Es war in Frankreich nicht üblich, dass ein Staatspräsident in Frankreich wegen der Trennung von Kirche und Staat eine Messe besucht“, meinte Adenauer. In Rennes habe der Bundeskanzler auch schon 1950 gebetet und machte sich von dort nach Moskau auf, um die letzten deutschen Kriegsgefangenen zu befreien. Religiöse Bilder habe sein Opa gesammelt, die Weihnachtsansprache gehalten.
Durch seine Zeit im Kloster Maria Laach war Adenauer auch mit dem Tholeyer Pater Maurus Sabel (1912 bis 2012) befreundet, der 1952 den Chor der Tholeyer Sängerknaben gegründet hat. Auf einer Rheinlandfahrt besuchte der Chor den Bundeskanzler. „Ich freue mich über alle, die Menschen zu Gott führen“, sagte er im Sommer 1963, während er den US-amerikanischen Baptistenpastor und Erweckungsprediger Billy Graham, der dem Evangelikalismus zuzurechnen war, zur Tür begleitete. „Wissen sie, als Katholik muss man nicht so sicher sein; da genügt es, wenn man den aufrichtigen Wunsch hat, glauben zu können. Glaube ist eine Gnade, die man nicht erzwingen kann“, soll Adenauer ergänzt haben. 50 Minuten fasste der Jurist aus dem Leben des Opas zusammen. „Allzu viel handgeschriebene Aufzeichnungen darüber gibt es nicht“, so Adenauer. Er ist Vorstandsmitglied der öffentlich-rechtlichen Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Bad Honnef-Rhöndorf, die sich um das Haus und den Nachlass seines Großvaters kümmert.
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Date: 2017/10/27 09:21:35
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil
Retrospektive macht Geschichte greifbar
Türkismühle. Im Foyer der Türkismühler Gemeinschaftsschule wird am Sonntag das 25-jährige Bestehen der Heimatfreunde begangen. Seit 25 Jahren erforschen die Heimatfreunde die Geschichte von Türkismühle. Das wird an diesem Sonntag ab 15 Uhr mit einer Retrospektive und musikalischen wie sportlichen Programm im Foyer der Gemeinschaftsschule Nohfelden-Türkismühle gefeiert. 1992 hat sich der Verein zur Aufgabe gemacht, durch die Sammlung und Erforschung schriftlicher und mündlicher Überlieferungen und Quellen, die Geschichte von Türkismühle zu untersuchen, zu dokumentieren und für die Nachwelt zu erhalten. Den Verein, der damals 28 Mitglieder gezählt hat, führte Walter Roth an, Vater des jetzigen Vereinschefs Volker Roth. Im Gründungsjahr haben die Heimatfreunde eine erste Bilderausstellung und eine Auswahl von Antiquitäten von Leo Herrmann präsentiert. „Türkismühle hat viel zu bieten, und es gibt noch sehr viel zu entdecken“, sagt Volker Roth, seit 2015 Vorsitzender der Heimatfreunde.
Ihr Vorläufer war ein Heimat- und Verkehrsverein, der sich bis zum Anfang der 1970er-Jahre weniger der Heimatforschung, sondern mehr der Dorfverschönerung gewidmet hat. „Danach war 20 Jahre nichts, dadurch ist ein Vakuum entstanden“, bedauert Roth. Ein Besuch in Dienstweiler bei Birkenfeld habe ihn seinerzeit auf eine Idee gebracht. „Ich habe da ein Heimatbuch gesehen und mir gedacht, so etwas könnte man auch in Türkismühle machen. Es gab dann zaghafte Überlegungen mit dem Ziel, einen Bildband zu konzipieren“, blickt Roth zurück. 1995 haben die Heimatfreunde unter dem Titel „Türkismühle damals und heute“ eine Dorfchronik erstellt, die in einer Auflage von mehr als 700 Exemplaren verkauft wurde. Seit 1998 bringen die Heimatfreunde ihren jährlich erscheinenden nostalgischen Türkismühler-Wegweiser „Hallo Nachbar“ heraus. „Entstanden ist alles aus der Idee, ein Begrüßungsblättchen für die neu in unserem Ort ansässigen Bürger anzubieten. Wir wollten aber ein Heft herausgeben, das den Lesern auch Interessantes aus der Geschichte unseres Dorfes vermittelt“, erinnert sich Roth. Die erste Broschüre „Hallo Nachbar“ erschien 1998 zum Thema „50 Jahre Kirmes in Türkismühle“. Das Heft ist kostenlos und wird von den Mitgliedern an alle Haushalte in Türkismühle verteilt. Dessen Finanzierung erfolgt ausschließlich aus den Einnahmen der Anzeigen, die Geschäfte und Unternehmen in der Broschüre platzieren. Die aktuelle Ausgabe 2017 beschäftigt sich unter anderem mit dem Wirken des ehemaligen Türkismühler Heimat- und Verkehrsvereins. „Mittlerweile umfasst die Ausgabe im Schnitt 44 Seiten und ist farbig gestaltet. Bis zur endgültigen Fassung und zur Druckreife, sind etwa zwei bis drei Monate an Arbeit nötig“, berichtet Roth. Vor sechs Jahren sind die „Türkismühler Hefte“ hinzugekommen, mittlerweile ist das fünfte Geschichtsheft über die Jahre zwischen 1900 und 1930 in der Planung. „Wir können aus dieser Zeit auch Bilder zeigen“, sagt der Vorsitzende. Im Jahresrhythmus beleuchten die Heimatfreunde zudem mit einer thematisch aufbereiteten Bilderausstellung die Ortsgeschichte. 2016 wurde wegen der Jubiläumsvorbereitungen auf eine Fotoschau verzichtet.
Das Programm der Heimatfreunde Die Heimatfreunde Türkismühle feiern am Sonntag, 29 Oktober, ab 15 Uhr ihr 25-jähriges Bestehen im Foyer der Gesamtschule Nohfelden-Türkismühle. Mit einer Retrospektive schaut der Jubiläumsverein zurück. Musikalische Gäste sind Sängerin Josephine Rohrschneider, die Melodien aus bekannten Musicals vorträgt und der Chor Singtonic Frauenpower aus Thallichtenberg. Dazu wird es mit dem Volti-Team aus Dambach sportlich zugehen. |
Date: 2017/10/27 09:24:08
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil
Herbstliche Führung entlang der Waldgrenzsteine
Neipel. Die Interessengemeinschaft Ortsgeschichte Neipel sowie der historische Verein Bohnental laden zur herbstlichen Wanderung zur Fritschenheck. Am Sonntag, 29. Oktober, wird um die Gemeindewälder von Neipel gewandert. Treffpunkt ist 14 Uhr vor dem Neipeler Heimatmuseum. Es geht um die Wälder Blumenheck, Fritschenheck und wieder zurück zum Steinwald. Die Führung übernimmt Thomas Besse, der Vorsitzende des Thalexweiler Heimatvereins. Neben historischen Erläuterungen werden die im Jahr 1754 gesetzten Waldgrenzsteine besichtigt, die in der aktuellen Broschüre zu den Schaumburger Wäldern untersucht wurden. Die Broschüre kostet 10 Euro. Festes Schuhwerk ist für die fünf Kilometer lange Tour notwendig. Die Veranstaltung ist kostenlos. Die Bundeswehr hat die Erlaubnis zum Betreten der Truppenübungsplatzes erteilt.
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Frage:
Weiß jemand, wo in oder bei Neipel ein Truppenübungsplatz liegt?
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Date: 2017/10/27 10:55:00
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Guten Morgen,
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