Date: 2017/04/02 23:22:16
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Der Tag des Heiligen. Letztens fragte mich jemand, an welchem Tag das Fest des Heiligen eigentlich gefeiert wird. Nun, am 20ten Oktober, sagte ich im Brustton der Überzeugung. So habe ich’s gelernt, und so hören wir es gerne. Und feiern ihn auch. Aber dann habe ich im Gerber über die alten Heiligenkalender gelesen, und dort steht samt und sonders der 21te Oktober drin: „4 Codex Buxelles 1814-1816. 'Kalendarium von Stablo'. Am 21.10. wird das Fest des hl. Bekenners Uuldelinus in Basenvillare gefeiert. Der Name Waldelinus erweist sich als ein kopialer Fehler und ist deshalb mit Wandelinus zu verbessern. Der Ortsname Basenvillare wird bereits im 10. Jahrhundert als Kultort des heiligen Wendelinus im Kloster Stablo (im heutigen Belgien) bezeichnet. 5 Cod. Rom. Vat. lat. 3806. 'Kalendarium von Fulda'. In Basenvillare wird am 21.10. der Geburtstag des heiligen Bekenners Wendelinus gefeiert. Erst durch den Vergleich beider Kalendarien von Fulda und von Stablo ist der Name des Heiligen festzustellen und im Kalendarium von Stablo als kopialer Fehler aufgedeckt worden. Auch beim Kalender von Fulda handelt es sich um einen Kalender aus dem 10. Jahrhundert wie beim Kalender von Stablo. 6. Cod. Verdun 7. var. Martyrologium aus St. Vanne in Verdun. An diesem Tag, dem 21.10. ist der Sterbetag des heiligen Bekenners Wandelinus, dessen Verdienste oft durch Wunder bestätigt werden. Im Kloster St. Airy in Verdun wurde im elften Jahrhundert das Martyrologium des Ado von Vienne ergänzt, darunter auch der Name des heiligen Bekenners Wandelinus. Diese Rezension ist in fünf Exemplaren aus Verdun, Metz und St. Avold erhalten. Schon im zehnten Jahrhundert lautet der Name des Kultortes von Wandelinus Bassonevillare.“ (Quelle: Einwohnerbuch St. Wendel, von Rudolf Gerber, Bernkastel-Kues, 1994) Also hab ich in meiner Verzweiflung im Selzer nachgeschaut und wurde natürlich nicht enttäuscht. Alois Selzer schreibt in seinem Buch „Sankt Wendelin - Leben und Verehrung eines alemanisch-fränkischen Volksheiligen“, erschienen in Mödling bei Wien erst 1935 und in zweiter Auflage 1962 (aus welcher Ausgabe ich unter Weglassung der Fußnoten zitiere) auf Seite 198ff über den „Hauptfesttag“ „1. Der Hauptfesttag Das Datum des Wendelins-Festtages variiert auffallend im liturgischen Festheiligenkalender und verrät schon dadurch auf den ersten Blick, daß St. Wendelin nicht einheitlich in die Liturgie der Kirche aufgenommen und fest gefeiert worden ist. Als St. Wendelin-Gedächtnistag wird zunächst der 21. Oktober angegeben, aber schon früh wurden auch andere Tage genannt, so der 20., 22., 23. Oktober, der 3. und 7. Februar, der 24. April, der 4. Mai, der 5. und 7. Juli und der 8. (9.) September. Suchen wir im einzelnen Zahl, Ort Grad, Alter und Herkunft der Wendelin-Festtage in den einzelnen Diözesen näher zu untersuchen. a) Der 21. Oktober ist der erste und eigentliche liturgische Feiertag (festum primarium), der angebliche Sterbetag des hl. Wendelin (dies natalis, obitus, transitus). Bereits die ersten liturgischen Kalendarien erwähnten St. Wendelin an diesem Tage, das Calendarium Stabulense (XI. Jh.) und das Psalterium St. Maximini (XII. Jh.). Im Erzbistum Trier behält auch später der Festkalender, wo er St. Wendelin aufführt, dieses Datum im 14., 15., 16. Jh. bei. Auch in den Diözesen Köln, Konstanz, Mainz und anscheinend auch Chalons sur Marne wurde gelegentlich der Festtag am 21. Oktober angeführt. Auch als Gedächtnistag des Begräbnisses des hl. Wendelin (dies depositionis) wird vereinzelt der 21. Oktober gefeiert". Aber später — die genaue Zeit ließ sich nicht ermitteln — wurde der Gedächtnistag des hl. Wendelin (21. Oktober) durch St. Ursula, deren Fest vielfach höher und allgemeiner gefeiert wurde, auf den vorhergehenden (20. Oktober) oder nachfolgenden Tag verdrängt (22., 23. Oktober), selbst in St. Wendel, Kloster Tholey und im Trierer Gebiet. Heute wird in St. Wendel und fast im ganzen Kultraum des hl. Wendelin sein Fest kirchlich oder doch wenigstens von den Gläubigen am 20. Oktober begangen (oder auch am folgenden Sonntag). So in den Bistümern (bzw. Erzbistümern): Aachen, Augsburg, Bamberg, Basel, Chur, Eichstätt, Freiburg, Fulda, Köln, Limburg, Lüttich, Luxemburg, Mainz, Metz, München-Freising, Passau, Regensburg, Rottenburg, Speyer, Sitten, Straßburg, Würzburg, ferner durchwegs in den Gemeinden, die St. Wendelin verehren in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien, Nordamerika. Wann der 20. Oktober als Festtag des hl. Wendelin sich durchsetzte, ist in den einzelnen Diözesen schwer ersichtlich, man findet ihn am 20. bereits um 1600 in einzelnen Martyrologien. Bistum Trier feierte das Fest des hl. Wendelin später am 22. Oktober, jetzt am 23. Oktober; auch Bistum Limburg, Luxemburg und Metz in den Teilen, die früher zu Trier gehörten. Am 21. Oktober begehen noch einzelne Gemeinden in Mainz (z. B. Budenheim) und Trebetitz im Bistum Olmütz das Fest des Heiligen. Oft wird das Fest, besonders in Süddeutschland, auf den nächsten Sonntag nach dem 20. Oktober verlegt oder auf den Montag oder Dienstag nach Kirchweihfest, so in Hinschingen. In Colpach (Luxemburg) auf den Sonntag nach dem 17. Oktober (…).“ Bei uns in St. Wendel heutzutage ist es der 20te Oktober. Dieses Jahr auch. Eine schöne Woche. Roland Geiger |
Date: 2017/04/03 08:15:51
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil :
Ein steiniger Weg – fast mühelos zu gehenJahrhunderte alte Wegekreuze, überwucherte Steinbrüche und historische Grenz- steine, der Steinhauer- weg bei Britten führt an vielen interes- santen Details der saarländischen Geschichte entlang.Von Robby LorenzAm besten startet der Ausflügler am Wanderparkplatz Waldfestplatz in Britten. Wie auf vielen Premiumwanderwegen im Saarland passiert man auch bei diesem anfangs ein Tor aus Holzbohlen. Nach wenigen Schritten im Wald trifft man auf das erste Wegekreuz. Es zeugt von der Düdisch Fra – der toten Frau – eine Geschichte, die der Volksmund erzählt: Im Dreißigjährigen Krieg flieht eine Mutter mit ihrem Säugling im Arm vor den plündernden Horden aus Britten. Die Nacht haben sie im schützenden Dickicht verbracht. Da wimmert das Kind vor Hunger. Die Mutter hat keine Nahrung. In ihrer Not nährt sie es mit ihrem Herzblut. Zwei Tage später finden Heimkehrer die tote Mutter, im Arm ihr totes Kind. Im 17. bis 19. Jahrhundert gab es rund um Britten bis zu 20 Steinbrüche. Viele der dort arbeitenden Steinhauer wohnten im Ort. Die Wegekreuze fertigten sie als Gesellen- oder Meisterstücke. Vier davon finden sich am Wegesrand. Nach dem genannten folgen das Pelcer Kreuz, das Kreuz an der Mettlacher Straße und das an der Heisborner Höhe. Auf dem Weg entdeckt man noch mehr interessante Steine. Der Pfad folgt auf zwei Kilometern der früheren Grenze zwischen dem Saargebiet und Deutschland. In regelmäßigen Abständen stehen historische Grenzsteine. Ab 1920 war das Saargebiet dem Völkerbund unterstellt. Britten entschied sich für Deutschland und gehört seitdem zu Losheim. Ein „S“ an der einen Seite der Grenzsteine steht für Saarhölzbach und das Saargebiet und das „D“ auf der gegenüberliegende Seite für Deutschland und Britten. Der frühere Grenzverlauf wird noch heute mit einer gemeißelten Kerbe auf der Stein-Oberseite zentimetergenau angezeigt. Bevor man zu den Grenzsteinen kommt, hat man einige Kilometer durch das Tal des Saarhölzbaches zurückgelegt. Im Hochsommer ist es hier bestimmt schön kühl. Jetzt lässt es sich auch angenehm ausschreiten. Auf schmalen Pfaden geht es auf und ab. Es ist nicht anstrengend, aber auch kein Spaziergang am Sonntagnachmittag. Wer rasten möchte, findet häufig ein oder zwei Sitzbänke, oft in weniger als 800 Metern Entfernung. Unweit murmelt, gurgelt und plätschert der Bach. Den ganzen Premiumweg wandert man durch Wald. Die Waldbilder wechseln sich ab, die Landschaftsbilder nicht, weil man den Wald nicht verlässt. Einmal sieht man dann doch ein wenig Landschaft in der Ferne. Fast am Ende des Weges kommt der Wanderer zum Aussichtspunkt Schönertskopf. In der Ferne erkennt man in südöstlicher Richtung Hausbach mit seiner weißen Kirche. Das sieht wenig spektakulär aus. Zwei Sinnenbänke werten die Verweilgelegenheit auf. Sie bieten genug Platz für eine Familie. Spätestens ab ersten April kann man sie wieder benutzen. Dann sind die aufgearbeiteten Holzlatten angebracht, versichert Petra Görgen von der Tourist-Info Losheim. Zu Beginn auf dem Waldfestplatz in Britten findet man schnell den Einstieg in den Steinhauerweg. Auf der Traumschleife unterwegs kann man dank der guten Ausschilderung auf Kartenmaterial verzichten. Eine Vorstellung vom Weg vermittelt die Karte auf www.outdoor-active.com |
Date: 2017/04/03 08:17:08
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil St. Wendel Am Ende der Uraufführung ergibt sich ein
komplexes Bild über das Leben und Wirken des Heiligen
Wendelin. Seine Ideen, Aussagen und Lebenseinstellung waren
eigentlich immer populär und sind es wohl heutzutage mehr denn
je. 70 Minuten zuvor haben am Samstag 200 Besucher gespannt
auf die Premiere von „Wunder“, der musikalischen Geschichte
über das Leben des St. Wendeler Stadtheiligen in der Aula des
Gymnasiums Wendalinum gewartet. Keltisch-irisch angehauchte Folkloreklänge lassen zur
„Ouvertüre im Grünen“ die Grashalme in Wendelins
iro-schottischer Heimat im Winde wehen. Das junge Ensemble der
Musikschule im Landkreis St. Wendel (bestehend aus Mitgliedern
der Formationen Teenie-Tus und Mini-Big-Band) blökt wie eine
große Schafherde: „määäh“. Zwei Erzählebenen füllen dazu die
Legende Wendelins mit Leben. Der Dialog zwischen dem Schafhirten (Clemens Brill) und
seiner Tochter Wendy (Emma Kneiffel) transportiert seinen
Lebensweg in die Gegenwart. Ein zackiger Bläsersatz malt ein
Bild von einem Prinzen, der automatisch von Beruf König werden
könnte. Doch im goldenen Käfig will er nicht sitzen. „Ich bin
kein Prinz, ich werde Wandermönch. Punkt“, entscheidet sich
Wendelin (Jacob Brill). Arrangeur Jürgen Brill, aus dessen Feder Text und Musik
stammt, drückt die Tasten des Keyboards und Marla Klemms
Flötentöne beschreiben bittere Tränen von Mutter Königin. Eingängige Streichermelodien dominieren auf Wendelins
Pilgerreise und tragen den jugendlichen Wandermönch nach Rom
und fast wieder zurück nach Irland. Aber er zweifelt noch:
„Was soll ich tun, wo soll ich hin, was ist mein Sinn?“, singt
Louise Zimmermann über einen jungen und noch wankelmütigen
Wendelin. Im St. Wendeler Land nimmt er den Job eines
Schafhirten an. „Dort hab ich das Gefühl, dass ich hier
bleiben muss, das ist es, was man eine Heimat nennt“, lautet
der Refrain des Liedes „Das ist es“. Und plötzlich erhebt sich eine Musikerin und verkündet durch
ein Megafon: „Freiheit“ und ein weißer Luftballon steigt wie
ein Vogel bis zur Saaldecke auf. „Das Thema Freiheit war beim Schreiben und Komponieren das
Wichtigste für mich“, erklärt der Marpinger Musikerzieher
Brill hinterher. Auch den Aufstieg des Hirten zum dritten Abt
von Tholey hat er jugendsprachlich passend in Szene gesetzt.
„Ziemlich steile Karriere“, kommentiert Wendy. Dass Wendelin ohne Papst einfach vom Volk zum Volksheiligen
erhoben wird, huldigt das Duett, Louise Zimmermann und Jacob
Brill, im Titelsong „Wunder ist, wenn jemand aufsteht und sich
selbst beim Namen nennt“. Nach dem „Finale in St. Wendel“ hält es das begeisterte
Publikum nicht mehr auf seinen Sitzplätzen – es honoriert die
Darbietung des Orchesters mit tosendem Applaus. „Die
Darstellung Wendelins ist den jungen Menschen fantastisch
gelungen“, lobt der verzückte St. Wendeler Pastor Klaus Leist.
Wendalinum-Schulleiter Heribert Ohlmann ergänzt begeistert:
„Es ist eine gute Idee, die Geschichte der Legende Wendelins
auch in der Gegenwart aufzustellen, es macht sie für Kinder
und Jugendliche lebendig“. Auch der musikalische Leiter Brill
hat sich selbst auf dem langen Weg bis zur Fertigstellung des
Musikprojekts, wie seinerzeit Wendelin als Sinnsuchender und
schließlich Findender gefühlt. „Das Thema Freiheit war
beim Schreiben und Komponieren das Wichtigste für mich.“ Jürgen Brill, Arrangeur
Die musikalische Geschichte „Wunder“ war Programmpunkt
der 14. Kulturwoche der Musikschule im Landkreis St. Wendel.
Die Veranstaltungsreihe läuft noch bis zum 8. April. Weitere
Aufführungstermine für „Wunder – Musikalische Geschichte über
das Leben des Heiligen Wendelin: 5. Juni, Marpingen,
Marienverehrungsstätte, Härtelwald und am 21. Oktober während
der Wendelinus-Wallfahrtswochen in der St. Wendeler Basilika.
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Date: 2017/04/03 08:18:40
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ, St. Wendeler Teil Persönlichkeiten aus dem St. Wendeler Landautor Tag mit Dummy-Text (???)Nohfelden (red) In der Galerie Rathaus Nohfelden werden vom 3. bis 28. April Persönlichkeiten aus dem St. Wendeler Land zu sehen sein. Die Ausstellung wurde nach dem dritten Tag des St. Wendeler Landes zusammengestellt. In jedem Ort, in jeder Gemeinde des St. Wendeler Landes gibt es Persönlichkeiten, die ihre Heimat geprägt haben oder weiterhin prägen. Persönlichkeiten, die vielleicht nur in den jeweiligen Orten und Gemeinden bekannt, deren Namen vielleicht nur noch einigen wenigen geläufig sind, die sich aber in die Geschichtsbücher des St. Wendeler Landes, seiner Dörfer, eingetragen haben. Daher hatte der Landkreis dem Tag des St. Wendeler Landes das Motto ,,Persönlichkeiten aus dem St. Wendeler Land“ verliehen. Zu diesen Persönlichkeiten haben die Heimatkundevereine recherchiert, Leistungen und Verdienste zusammengestellt. Ausstellung: während der Rathaus-Öffnungszeiten montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr, jeden zweiten und vierten Donnerstag bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr.
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Date: 2017/04/03 08:20:28
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ lesen, was morgen geschehen
wird: Vortrag über Nikolaus Cusanus im CusanushausSt. Wendel (red) „Nikolaus Cusanus und die Reform der mittelalterlichen Kirche“: Zu diesem Thema lädt die St. Wendeler Kolpingfamilie zu einer Vortragsveranstaltung mit Marco Brösch aus Kues für Dienstag, 4. April, um 20 Uhr ins Cusanushaus. Auch wenn Nikolaus von Kues heute vor allem als Philosoph und Theologe bekannt ist, so war er doch in erster Linie Kirchenpolitiker, zu dessen bedeutendsten Anliegen die Reform der Kirche gehörte. Im Vortrag soll am Beispiel des Nikolaus von Kues ein Blick auf die Situation der spätmittelalterlichen Kirche am Vorabend der Reformation geworfen werden. Gleichzeitig wird Cusanus als Reformer vorgestellt, der für die Erneuerung der Kirche eintrat und schließlich an diesem zentralen Anliegen scheiterte. Der Eintritt ist frei.
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Date: 2017/04/03 22:39:38
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Eine Ergänzung zu meinem Artikel von gestern
abend, die mir unser Pfarrer, Pastor Klaus Leist, zugesandt hat:
Selzer
ist 1962 erschienen, also noch vor dem 2. Vatikanum. |
Date: 2017/04/04 09:06:44
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ: Ein Stück Biografie unserer HeimatDie Reformation im St. Wendeler Land war jetzt Thema eines Vortrags in der Europäischen Akademie Otzenhausen. Der Historiker Bernhard W. Planz nahm dabei den Einfluss von Martin Luther auf die Region unter die Lupe.Von Lukas KowolOtzenhausen (red) Geschichte ist die Biografie der Menschheit. Diese Worte des deutschen Journalisten Ludwig Börne (1786-1837) zitierend, ergänzte Landrat Udo Recktenwald in der Europäischen Akademie Otzenhausen (EAO): „Regionalgeschichte ist somit die Biografie unserer Heimat, unserer Menschen.“ Etwas, was das Projekt „Lokale Erzählungen St. Wendeler Land 5x100“ erreichen möchte: einen ersten, verständlichen Zugang zu dem, was in der Region in der Neuzeit, also den vergangenen 500 Jahren, geschehen ist, bieten, wie Werner Feldkamp von der Kulturlandschafts-Initiative erläuterte. Dazu werden Flyer in allen Kreisgemeinden erstellt, dazu gibt es eine Vortragsreihe. Schließlich haben insbesondere die komplexen neuzeitlichen Entwicklungen, Umbrüche, Revolutionen bis heute spürbare Auswirkungen. Etwa die Reformation. Diese und ihre Folgen für das St. Wendeler Land standen im Fokus der Auftaktveranstaltung der Vortragsreihe. „Das reformatorische Gedankengut ist in unserm Raum wohl schon zu Beginn der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts bekannt geworden“, eröffnete der Historiker Bernhard W. Planz seinen Vortrag. Dieses Gedankengut ist vor allem mit einem Namen verbunden: Martin Luther. Er, der Mönch und Rebell, wetterte vor 500 Jahren gegen Fehlentwicklungen innerhalb der Kirche und was schließlich – ungewollt – zu einer weiteren Spaltung der europäischen Christenheit führte; nachdem es bereits im Hochmittelalter zur Trennung von West- und Ostkirche gekommen war. Katholisch oder protestantisch – dies war nun nicht nur eine Glaubensfrage, sondern auch eine politische. Denn es kam zu militärischen Auseinandersetzungen. Um den Glauben, um die Macht. So durch Franz von Sickingen, der gegen das katholische Trier zog, um es sich einzuverleiben, auf seinem Wege dorthin 1522 die Stadt St. Wendel besetzte. Der Augsburger Religions- und Landesfrieden von 1555 sollte dem blutigen Treiben ein Ende setzen. Römisch-katholisch und evangelisch-lutherisch waren nun gleichberechtigt. Doch welcher Konfession der „einfache Mann“ angehörte, das entschieden die Machthaber. Planz: „Häufig wird diese Regelung in der später geprägten Wendung ,Cuius regio, eius religio' – der Landesherr bestimmt die Konfession seiner Untertanen – zusammengefasst, ohne dass dies jemals reichsrechtlich so festgelegt worden wäre.“ Das Gebiet des heutigen Landkreises St. Wendel teilten sich damals vier Landesherren: der Erzbischof und Kurfürst von Trier, die Herzöge von Lothringen und Pfalz-Zweibrücken sowie der Graf von Nassau-Saarbrücken. Entschieden gegen reformatorische Bestrebungen waren Trier und Lothringen. Sie blieben katholisch und somit auch das Amt St. Wendel, das Schaumberg-Gebiet und Ortschaften im Norden des heutigen Landkreises. Anders sah es bei Pfalz-Zweibrücken und Nassau-Saarbrücken aus. Hier wurde die Reformation eingeführt. Und somit auch im Amt Nohfelden, im mittleren Ostertal, in Berschweiler, Urexweiler, Remmesweiler, in Ober- und Niederlinxweiler, Werschweiler, Dörrenbach. Doch es wurde noch komplizierter, schließlich gab es noch die reformierte Konfession, die auf den Gedanken der Reformatoren Ulrich Zwingli und Johannes Calvin beruhte und in einzelnen theologischen Aspekten weiterging als Luther. Um 1600 die pfalz-zweibrückischen Kirchengemeinden Niederkirchen und Wolfersweiler dieser Konfession an. Verwirrend, vor allem für die einfache Bevölkerung. Ein Johannes Schmidt aus Marth gab damals etwa an, er sei in seinem Leben bereits katholisch, lutherisch und reformiert gewesen – nun würde er gerne wissen wollen, welche Glaubensrichtung die wahre sei. Auch lebten alte, also katholische Traditionen in lutherischen und reformierten Gebieten der Region weiter. „500 Jahre trennen uns vom Beginn der Reformationszeit. Betrachten wir diese Zeit unter regionaler Perspektive, dann kann nicht überraschen, dass sich deutliche Spuren der herrschaftlichen Vorgaben von damals noch in der Gegenwart finden lassen“, schloss Planz seinen Vortrag. Orte wie Dörrenbach und Werschweiler seien weiterhin eher protestantisch, Winterbach oder Alsweiler stärker katholisch geprägt. Weil die Landesherren sich damals entweder für das eine oder das andere entschieden haben. Und eigentlich begann alles mit Martin Luther. Vor genau 500
Jahren. Daran erinnert die evangelische Kirche 2017. Daher
sprach auch Gerhard Koepke, Superintendent des Kirchenkreises
Saar-Ost, vor den 50 Gästen der Auftaktveranstaltung. Er verwies
auf die schwierige Persönlichkeit Luthers, auf das, was mit ihm
anfing, wie es weiterging, was bis heute fortwirkt. Die
Reformation – ein komplexer Vorgang. Koepke: „Aber auch spannend
und chaotisch – eben evangelisch.“ -------------------------- Meine Meinung:
Bernhard Planz gebührt meine Hochachtung. Er hat das ganze Chaos der Reformation in unseren Breiten in einem Vortrag untergebracht. Daß ich wegen des ganzen hin und her den Überblick verloren habe, lag u.a. daran, daß ich katholisch erzogen wurde und den Unterschied zwischen lutherisch (ohne Betonung auf dem „e“) und reformiert nicht kannte. Die sind halt alle evangelisch. Was mir auffiel, ist, daß das Durcheinander im 16ten Jahrhundert grad in unserer Region als Folge der Reformation auch dadurch entstand, daß ganz oben an der Spitze der Religonspyramide niemand saß, der das ganze lenkte. Luther war das nicht, seine Ideen gaben die Initialzündung, und er lieferte der ersten Bewegung ihren Namen. Ansonsten war die Reformation ein reines Politikum. Fürsten, die vorher unter der „Knute“ des Papstes standen, sahen die Gelegenheit, sich davon loszusagen, in dem sie die bisherige Religion durch eine geringfügig andere ersetzten, über der halt nicht der Papst thronte. Ein bißchen hat mich Bernhards Erzählung - so trug er das komplexe Geschehen in seiner ihm ganz eigenen, typischen, ruhigen Art vor - an das Geschehen ein paar Jahre später in England erinnert, als sich Heinrich 8 vom Papst lossagte. Seine Gründe waren auch nicht religiöser Art, gut, bei ihm waren sie eher hormonell bedingt. Und die Bevölkerung, die eh nichts zu melden
hatte,
mußte-durfte mitziehen - ich frage mich, wie die breite Masse
das ganze
aufgefaßt hat. Ein paar Einzelstimmen haben wir ja; aber die
breite Masse wird -
wie immer und 400 Jahre später auch - ohne viel Aufhebens
mitgezogen haben.
Darin waren wir schon immer gut.
Roland Geiger |
Date: 2017/04/06 08:04:27
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
From: Inge Hülpes <huelpes(a)uni-trier.de> Date: 04.04.2017 Subject: CFP: "Die Stadt des Mittelalters an der Schwelle zur Frühen Neuzeit" - Zweiter interdisziplinärer (Post-)DoktorandInnenworkshop des Trierer Zentrums für Mediävistik (TZM) - Trier 11/17 ------------------------------------------------------------------------ Trierer Zentrum für Mediävistik (TZM) 09.11.2017-10.11.2017, Trier, Universität Trier und Stadtbibliothek Trier Deadline: 15.05.2017 Die Erforschung der (spätmittelalterlichen) Stadt ist als ein genuin nur im Austausch der Disziplinen zu erforschender Gegenstand zu betrachten. Die ohnehin problematische Epochengrenze um 1500 zwischen Mittelalter und Neuzeit gilt für die Geschichte der (europäischen) Stadt aus Sicht einschlägiger Darstellungen nicht als Einschnitt. In diesem Sinne soll im Rahmen des Workshops danach gefragt werden, wie die Stadt und die in ihrem "Lebenskosmos" (Isenmann) involvierten Akteure auf die vielfältigen Faktoren des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit (z. B. Aufkommen des Buchdrucks, Auseinandersetzung mit der Reformation) reagieren und welche Kräfte und Entwicklungstendenzen sie in diesem Kontext entfalten. Gewünscht sind Beiträge, die sich gezielt mit Paradigmenwechsel, Beharrungs-vermögen, Brüchen und Kontinuitäten in der mittelalterlichen Stadt aus unterschiedlichsten (kultur-)historischen Perspektiven auseinandersetzen und gewollt Brücken in andere geistes-wissenschaftliche Disziplinen schlagen. Denkbar sind etwa Fragen des Medialitätswandels, der Alteritätserfahrung, der Konstruktion und Dekonstruktion von städtischem Wissen, der Gefühls¬geschichte sowie urbaner Interkulturalitäts- und Kommunika¬tions¬szenarien. Vorgestellt werden können sowohl exemplarische, auf einzelne Städte und Themen fokussierende Projekte als auch theoretisch orientierte, übergreifende Untersuchungen. Der Workshop wendet sich dezidiert an NachwuchswissenschaftlerInnen (Doktorandinnen und Postdocs) verschiedenster Disziplinen. Es ist geplant, die Vorträge und Diskussionen auf einem eigens eingerichteten Blog (auf http://hypotheses.org) zu dokumentieren. Die Mitgestaltung dieser Plattform durch eigene Beiträge ist Voraussetzung für die Vortragenden; eine Einführung in das wissenschaftliche Bloggen ist Teil des Workshops. Reise- und Übernachtungskosten werden für die eingeladenen Vortragenden vom TZM übernommen. Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Interessenten werden um die Einreichung von Abstracts (ca. 300 Wörter) bis zum 15. Mai 2017 per E-Mail an klaes(a)uni-trier.de gebeten. Organisation und Ansprechpartner: Prof. Dr. Claudine Moulin (Universität Trier, Ältere deutsche Philologie/Historische Linguistik): moulin(a)uni-trier.de Dr. Falko Klaes (Universität Trier, Ältere deutsche Philologie/Historische Linguistik): klaes(a)uni-trier.de Prof. Dr. Michael Embach (Leitender Direktor der Stadtbibliothek Trier; Universität Trier, Ältere deutsche Philologie/Literaturwissenschaft): michael.embach(a)trier.de ------------------------------------------------------------------------ Falko Klaes Universität Trier klaes(a)uni-trier.de Homepage des TZM <https://www.uni-trier.de/index.php?id=21411> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=33772> ------------------------------------------------------------------------ H-Soz-Kult übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der von unseren Nutzern beigetragenen Inhalte. Bitte beachten Sie unsere AGB: <http://www.clio-online.de/agb>. ________________________________________________________________________ H-Soz-Kult: Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de <http://www.hsozkult.de> -- |
Date: 2017/04/09 23:17:22
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
From: Oliver Schipp <schipp(a)uni-mainz.de> Date: 10.04.2017 Subject: Rez. AG: J. Budei: Gallorömische Heiligtümer ------------------------------------------------------------------------ Budei, Julia: Gallorömische Heiligtümer. Neue Studien zur Lage und den räumlichen Bezügen (= Studia Archaeologica Palatina 2). Ruhpolding: Franz Philipp Rutzen Verlag 2016. ISBN 978-3-447-10625-2; 137 S.; EUR 24,00. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Oliver Schipp, Historisches Seminar, Johannes Gutenberg-Universität Mainz E-Mail: <schipp(a)uni-mainz.de> Auf dem an sich gut bestellten Feld der Forschungen zur keltischen Religion fehlt es an einer zuverlässigen Darstellung der keltisch-römischen Heiligtümer. Sowohl eine Übersicht über die heiligen Orte als auch eine Untersuchung ihrer räumlichen Bezüge sucht man vergebens. Dieser ambitionierten Aufgabe hat sich nun Julia Budei in ihrer Heidelberger Dissertation zugewandt. Dabei möchte sie die genaue Lage der Heiligtümer untersuchen und explizit neben der vorherrschenden Forschungsmeinung auch neuere Ansätze der Raumforschung berücksichtigen. Eine notwendige Eingrenzung erfolgt zunächst anhand der publizierten und bereits erforschten Heiligtümer. Nicht ergrabene Tempelanlagen werden bis auf wenige Ausnahmen nicht in die Untersuchung aufgenommen. In der Studie wird somit eine Vielzahl von Heiligtümern in den nordwestlichen Provinzen behandelt, ohne jedoch eine vollständige Aufnahme der bekannten Kultorte anzustreben. Neben Zielsetzung und Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes gibt Budei im einleitenden Kapitel noch einen äußerst knappen Überblick zur Forschungsgeschichte (S. 6). Einführende methodische oder terminologische Überlegungen fehlen. Begriffe wie Akkulturation und Assimilation werden im Verlauf der Arbeit dann auch nicht einheitlich oder systematisch verwandt. Und wären grundlegende Termini wie "Romanisierung" oder "gallo-römisch" reflektiert worden, dann wäre es nicht zu der Aussage gekommen, dass Götter wie Sucellus, Vesunna, die Matronen und Epona "unter ihren ursprünglichen Namen - das heißt ohne interpretatio Romana - zum Teil bis in das 3. Jh. n. Chr." verehrt worden seien (S. 126). Diese Götternamen sind latinisiert, und wir erfahren diese überhaupt erst dadurch, dass sie in lateinischen Inschriften erwähnt werden. Die Übernahme römischer Kultpraktiken muss aber als ein Aspekt der Romanisierung angesehen werden, zumal die Dedikanten oft auch Römer waren. Dies ist besonders schade, da die vielfältigen Beobachtungen zu den einzelnen Kultorten im dritten Kapitel (S. 26-89) so ohne eine theoretische Klammer bleiben und begrifflich nicht klar gefasst sind. Da hilft es auch wenig, dass im abschließenden sechsten Kapitel Betrachtungen zu den gallo-römischen Tempeln und zur Romanisierung nachgeschoben werden (S. 125-127). Die in diesem Zusammenhang diskutierten Ausführungen zur Romanisierung von Greg Woolf aus den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts sind gewiss noch immer grundlegend und nach wie vor zu beachten, aber nicht mehr State of the Art.[1] Auch die im zweiten Kapitel (S. 9-26) zuvor behandelten allgemeinen Überlegungen zur Orientierung gallo-römischer Tempel in der Landschaft, der inneren Ausrichtung derselben innerhalb des heiligen Bezirks sowie der Trennung von profanem und sakralem Raum können eine theoretische Grundlegung nicht ersetzen, dienen sie doch allenfalls als Analysewerkzeuge. Die hervorzuhebenden Ergebnisse der Untersuchung verbergen sich dann auch in den einzelnen Abschnitten des dritten Kapitels, das in die Kategorien Bergheiligtümer, Wasserheiligtümer, Heiligtümer und Villen, städtische Heiligtümer sowie Heiligtümer und Straßen gegliedert ist. Vor allem Raum- und Sichtbezüge werden hierbei untersucht. Eine anschließende Darstellung der Vorgängerbauten (S. 89-106) und der Folgebauten (S. 107-123) runden die Analyse der Befunde ab. In Auseinandersetzung mit der Forschung, den literarischen Quellen und dem archäologischen Befund behandelt Budei Lage, Gottheiten und Besonderheiten des jeweiligen Heiligtums. Ein Erkenntnisfortschritt ist aber nur schwer zu erkennen, da die eigene wissenschaftliche Leistung hinter der bloßen Aufzählung von Beispielen und der Literaturdiskussion zurücktritt. Kaum ist ein Heiligtum besprochen und ansatzweise analysiert worden, wird der nächste Tempel in die Untersuchung eingeführt. Da auch kein Zwischenfazit gezogen wird, muss sich der Leser bis zu den abschließenden Betrachtungen im sechsten Kapitel durcharbeiten (S. 124-128), um die Ergebnisse der Untersuchung zu erfahren. Budei unterstützt ihre Argumentation mit zahlreichen Abbildungen der Topographie oder des archäologischen Befundes. Zudem veranschaulicht sie ihre Ergebnisse zu den Sichtbezügen der Bergheiligtümer durch eigene Fotos. Inwieweit allerdings populärwissenschaftliche Rekonstruktionen von Heiligtümern als Argumente in eine wissenschaftliche Diskussion einfließen sollten, mag jeder selbst entscheiden. Das Buch ist weitgehend gut zu lesen, bisweilen verursachen jedoch unglückliche Formulierungen unfreiwillig ein Schmunzeln: So kann ein gallo-römischer Umgangstempel nicht in irgendeiner Form behilflich sein (S. 126), auch sind die gallischen Provinzen nicht von den Römern eingenommen worden, sondern die Römer eroberten Gallien und richteten dann Provinzen ein (S. 5). Ärgerlich sind hingegen Literaturverweise auf Arbeiten, die im Literaturverzeichnis nicht genannt werden, etwa ein mehrfach zitierter Band von Ralph Häussler aus dem Jahre 1992 (S. 89) oder ein Werk von Michael Zelle aus dem Jahr 2000 (S. 79-82), da nicht nachvollzogen werden kann, auf welches Werk der genannten Autoren sich Budei bezieht. Weniger schwer wiegen kleinere Unstimmigkeiten, wie etwa Irrtümer in der Schreibweise von Autorennamen, falsche Erscheinungsorte oder Zahlendreher.[2] Der Band bietet einen guten Überblick über die gallo-römischen Heiligtümer in den nordwestlichen Provinzen des Imperium Romanum. Die Beobachtungen zu den Sichtbezügen und der räumlichen Einbettung der Heiligtümer dürften der weiteren Forschung von Nutzen sein. Hier zahlt es sich aus, dass Budei viele Heiligtümer in Augenschein genommen hat und ihre Beobachtungen unter Berücksichtigung der neueren Forschung zu Raumbezügen einfließen lässt. Die Veränderung der Religion jedoch, sofern sie sich in der Bauform des gallo-römischen Umgangstempels äußert, wird leider nicht erläutert. Was daran ist keltisch, was römisch? Wurden hier keltische Götter im römischen Gewand verehrt oder wurden keltische Vorstellungen auf römische Götter übertragen? Die Antworten auf diese Frage bleibt Budei schuldig. So ist man auch nicht verblüfft, wenn zum Schluss konstatiert wird, dass eine Untersuchung des gallo-römischen Pantheons in Bezug auf die Entwicklung der Charaktere der Götter ein wichtiges Forschungsdesiderat sei (S. 128). Ein Blick auf die jüngere Forschung zu diesem Thema hätte es ermöglicht, die Untersuchung auch in dieser Hinsicht zu vervollständigen.[3] Ebenso erscheint die Aufforderung, den Untersuchungsraum auf weitere Provinzen auszudehnen (S. 128), verfehlt, da eine systematische und theoretisch fundierte Untersuchung der von Budei vorgestellten Heiligtümer sicherlich die Forschung vorangebracht hätte. Gallo-römische Tempel dürften sich überdies außerhalb der nordöstlichen Provinzen kaum finden lassen. So bleibt es der religionshistorischen Forschung vorbehalten, auf der Grundlage der Materialsammlung und der Beobachtungen von Budei die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Anmerkungen: [1] Hier wäre unbedingt die neuere Forschung zur Romanisierung heranzuziehen gewesen: Leonard A. Curchin, The Romanization of Central Spain. Complexity, Diversity and Change in a Provincial Hinterland, London 2004; Günther Schörner (Hrsg.), Romanisierung - Romanisation. Theoretische Modelle und praktische Fallbeispiele, Oxford 2005; Richard Hingley, Globalizing Roman Culture. Unity, Diversity and Empire, London 2005; Géza Alföldy, Romanisation - Grundbegriff oder Fehlgriff? Überlegungen zum gegenwärtigen Stand der Erforschung von Intergrationsprozessen im römischen Weltreich, in: Visy Zsolt (Hrsg.), Limes XIX. Proceedings of the XIXth International Congress of Roman Frontier Studies, Pécs 2005, S. 25-56. [2] So z.B. Ankersdorfer nicht Ankersdorf (S. 130). Die Dissertation von Elena Köstner, Tod im Trevererland. Interkulturelle Beziehungen zwischen Römern und Kelten. Eine historisch-archäologische Gräberanalyse in der civitas Treverorum zwischen 150 v. und 100/120 n. Chr. (Pietas 3), 2011, erschien in Gutenberg und nicht in Regensburg (S. 133). Das Buch von Fernand Benoit, Mars et Mercure, Nouvelles recherches sur l'interprétation gauloise des divinités romaines, Aix-en-Provence, erschien 1959 und nicht 1595 (S. 130). [3] Hier hätte vielleicht ein Verweis auf die Forschungen von Ton Derks und Wolfgang Spickermann ausgereicht; auch wären die Forschungsergebnisse des Projektes Fontes Epigraphici Religionis Celticae Antiquae (F.E.R.C.AN.) heranzuziehen gewesen, wie etwa Wolfgang Spickermann / Rainer Wiegels (Hrsg.), Keltische Götter im Römischen Reich. Akten des 4. internationalen F.E.R.C.AN.-Workshops vom 4.-6.10.2002 an der Universität Osnabrück, Möhnesee 2005 oder Manfred Hainzmann (Hrsg.), Auf den Spuren keltischer Götterverehrung. Akten des 5. F.E.R.C.AN.-Workshop, Graz 9.-12. Oktober 2003, Wien 2007. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2017-2-018> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2017 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU. Falls Sie Fragen oder Anmerkungen zu Rezensionen haben, dann schreiben Sie bitte an die Redaktion von H-Soz-Kult: <hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de> ________________________________________________________________________ H-Soz-Kult: Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de <http://www.hsozkult.de> -- |
Date: 2017/04/12 08:24:55
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ: „Ich hatte schon immer Lust auf Literatur“Autorin Christine Guigui, gebürtig aus Braunshausen, hat ihre Jugenderinnerungen auf Papier gebannt.Von Evelyn SchneiderSt. Wendel Lange ist die Erzählung „Wie eine Lilie“ in der Autorin Christine Guigui gereift. Pünktlich zur Leipziger Buchmesse Ende März ist das Buch der heute 90-Jährigen erschienen. Es trägt autobiografische Züge und spielt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges im nördlichen Saarland. „In der Ich-Form konnte ich die Geschichte nicht schreiben. Das war zu emotional. Deshalb entschied ich mich für die dritte Person“, berichtet die in München lebende Verfasserin. Anna ist der Name der Hauptfigur. „Auch die Namen der anderen Leute und die der Dörfer wollte ich nicht nennen“, verrät Christine Guigui und lacht: „Und doch sagt jeder, der es liest: Das ist Braunshausen.“ In dem Ort der Gemeinde Nonnweiler wurde Christine Guigui geboren. Direkt nach dem Staatsexamen, 1954, ging sie als Ärztin in die USA. „Wenn man in einem solch kleinen Dorf geboren ist, dann hat man diese Lust, in die weite Welt zu gehen.“ Die weite Welt bedeutete für sie New York, wo sie in einem Krankenhaus arbeitete. Zunächst hatte sie ein auf zwei Jahre befristetes Visum. Doch sie lernte ihren Mann in dieser Zeit kennen und blieb – für mehr als 50 Jahre. „Ich hatte schon immer Lust auf Literatur. Schon in der Schule habe ich gerne Aufsätze geschrieben“, erinnert sich die 90-Jährige. In den USA nahm sie an einem Kurs der Famous Writer's School in Westport teil. Per Post bekam sie über zwei bis drei Jahre Aufgaben zugesandt, die anschließend bewertet wurden. Später nahm sie an einem Seminar der Universität Fairfield in Connecticut teil. Darin ging es um Kurzgeschichten. „Man muss auch das Schreiben lernen“, ist die Akademikerin überzeugt. In englischer Sprache begann sie schließlich ihre Erzählung über ihre Jugend in der Gemeinde Nonnweiler. Vollendete das Manuskript. Aber zufrieden war sie damit nach eigener Aussage nicht. „Ich hatte den Eindruck, dass es nicht gut genug war.“ Außerdem zweifelte sie, ob es die rechte Zeit für ein solches Buch war. „Alle zehn Jahr schienen Geschichten aus der Kriegszeit interessant und dann wieder nicht“ – so ihr Eindruck. Hinzu kam, dass Englisch nicht ihre Muttersprache war, doch hatte sie ihr Deutsch beinahe vergessen. „Ich ging in Bibliotheken und habe deutsche Bücher gesucht“, erinnert sie sich. Noch heute hält sie ihr Englisch für besser als ihre Muttersprache. Nach dem Tod ihres Mannes kam sie 2006 zurück nach Deutschland. In München hat sie Verschiedenes veröffentlicht, auch Krimis. Dann sei ihr die Geschichte wieder in den Kopf gekommen. Dieses Mal schrieb sie die Erlebnisse in ihrer Muttersprache nieder. Hauptfigur Anna nimmt die Leser mit in die 1930er- und 1940er-Jahre im damaligen Saargebiet. Das Besondere an der Geschichte ist nach Aussage der Autorin der Einfluss einer Lehrerin auf das heranwachsende Mädchen. „Sie hat mich in eine religiöse Gemeinschaft gebracht – über Jahre“, erinnert sich Christine Guigui. Ihre Mutter sei gegen diesen Kontakt gewesen, doch sie ging immer wieder zu den Gebets- und Meditationsstunden. Es sei wie ein Zwang gewesen. Heute weiß die Autorin: „Es hat mir geschadet. Ich war nicht mehr natürlich.“ Ein junger Flakhelfer brachte schließlich die Wende. Die beiden verliebten sich, es gelang der Absprung von der Gruppe. Doch zu einem Happy-End zwischen den beiden jungen Menschen kommt es nicht. Es folgen Jahre des Grübelns und das Ende des Krieges. Das Buch ist dreigeteilt und endet mit einem Wiedersehen zwischen der Hauptfigur und ihrem Flakhelfer. „Ich fand, das war ein nettes Ende“, sagt Christine Guigui. Die Auswanderin hat nie den Kontakt zur Heimat verloren. Wieder zurück in Deutschland hat sie die Mentalität der Amerikaner, deren freundschaftliche Art und die nachbarschaftliche Hilfe, zunächst sehr vermisst. Mit der zweiten Fassung ihres Buches „Wie eine Lilie“ ist sie sehr zufrieden. „Jetzt müssen die Leser sagen, wie sie es finden.“ „Wie eine Lilie“ von Christine Guigui ist im Verlag
Edition Schaumberg erschienen. Es umfasst 280 Seiten. Preis:
19,90 Euro. ISBN: 978-3-941095-37-3. https://www.edition-schaumberg.de/
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Date: 2017/04/12 08:29:12
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ: Kolumne NostalgischDie ideologische Allzweckwaffe am HalsFrüher war vermeintlich alles besser. Oder doch nicht? Beim Rückblick auf die 70er, 80er und 90er werden SZ-Redakteure „nostalgisch“. Heute geht es um den PLO-Schal, ohne den man in den 80ern quasi nackt war - gesinnungsmäßig.von Oliver Schwambach Wir damals waren noch eine politische Generation“, sagt eine
Freundin immer mal wieder. Und mit „damals“ meint sie so die
End-70er, Anfang-80er. Immer noch ist sie wirklich sehr, sehr
engagiert. Wenn sie etwa beim Einsammeln der Kröten hilft, die
es alleine nicht über die Straße schaffen. Manchmal kämpft sie
auch noch für Menschenrechte – zwischen dem Sommerurlaub in der
Toskana und den Osterferien in Südfrankreich. Sie wie ich trugen
„damals“ jedenfalls PLO-Schals. Ständig. Auch wenn sie
irgendwann müffelten. Selbst nachts legte ich das Tuch nicht ab.
Es bestand die Gefahr, dass meine Mutter – eben weil der Feudel
zum olfaktorischen Problem wurde – den Bekenntnisfetzen in die
Waschmaschine gesteckt hätte. Wie aber hätte man dann da
gestanden? Wenn das Symbol unverbrüchlicher Solidarität mit
Arafat plötzlich dank Persil „weißer als weiß“ geleuchtet hätte?
Und dank Vernel monopolkapitalistisch weichgespült wäre:
„Lavendel, Oleander, Jasmin“ statt „Free Palestine“. Dann lieber
stinken. Obwohl: Arafat. Klar, wir kannten ihn aus dem
Fernsehen, fanden ihn und seine Kalaschnikow schwenkenden
Kämpfer irgendwie cool. Aber für was genau – oder gegen wen er
war, war vielen von uns so klar dann noch nicht. Wie man später
mit einem gewissen Erschrecken über sich feststellen musste.
Insofern war das PLO-Tuch für uns auch eher eine ideologische
Allzweckwaffe am Hals. Damit war man gegen den
Nato-Doppelbeschluss. Und gegen die Lehrer. Gegen
Pershing-Raketen. Und irgendwie gegen die Eltern. Später dann
natürlich auch gegen Helmut Kohl. Und gegen AKWs sowieso. Für
„Peace“ und Anti-Atomkraft gab es auch noch Buttons, die man
sich an den selbst gestrickten Pullover oder gerne auch den
Bundeswehr-Parka pinnen konnte; die Diskrepanz zwischen
Friedens-Zeichen und Militärjoppe störte nicht. Für den ganzen
Rest aber, gegen den man natürlich mit voller Überzeugung
opponierte, brauchte man den PLO-Schal. Erstaunlich nur, dass
man das gute Stück, von dem man sich lange nicht trennen wollte,
irgendwann einfach nicht mehr umlegte. Manche und mancher von
„damals“ legte damit auch seine Gesinnung ab wie ein altes Tuch.
Ich habe meinen PLO-Schal noch – und manchmal ist es gut, sich
an ihn zu erinnern.
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Date: 2017/04/15 09:48:01
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ: Glanz und Elend einer PlanspracheVor 100 Jahren starb Esperanto-Erfinder Ludwik Zamenhof, seine Kunstsprache hat sich nie durchgesetzt.Von Martin HalterFreiburg Freunde und Patienten beschrieben den Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof (1854-1917) als schüchternen, angenehmen Idealisten. Aufgewachsen in einer Zeit des aggressiven Nationalismus und der antisemitischen Pogrome, hatte sich Zamenhof anfangs der zionistischen Bewegung angeschlossen, aber als vielsprachiger Humanist verfiel er bald auf eine andere Idee: Eine politisch, religiös und kulturell neutrale Universalsprache sollte unmittelbare Völkerverständigung garantieren. Kunst- oder „Plansprachen“ lagen im späten 19. Jhr. gleichsam in der Luft. Überall im Bahn- und Postwesen, im Handels- und Kommunikationssektor wurden in dieser ersten Phase der Globalisierung weltweit gültige Maßeinheiten, Standards und Industrienormen eingeführt. Warum also nicht auch eine Weltsprache, universell gültig wie Meter oder Weltzeit? Der Prototyp Volapük war gerade an inneren Widersprüchen gescheitert. Esperanto hatte gegenüber allen Vorläufern und historisch gewachsenen Sprachen einen unschätzbaren Vorteil: Es war relativ leicht zu erlernen. Verglichen mit dem Deutschen sind Konjugation und Deklination kinderleicht, es gilt die konsequente Kleinschreibung und eine phonematische Aussprache. Weltweit durchgesetzt hat sich Esperanto freilich nie. Die Lingvo de paco (Friedenssprache) ist und bleibt eine sympathische Idee, eine schöne Utopie. Aber leblos, weltfremd, oft auch ein wenig skurril. Viele Gruppen (Hobbyfunker, Taizé-Christen, Philatelisten und Brieffreunde) fühlten sich ja einmal als Speerspitzen der internationalen Verständigung und wurden dann durch gesellschaftliche Umbrüche und technische Innovationen als Sonderlinge an den Rand gedrängt, dieses Schicksal droht heute auch Esperanto. Es wurde von Anfang an belächelt und, schlimmer noch, als Verrat an Muttersprache und Vaterland denunziert. Für die Nazis war es ein jüdisch-internationalistischer Kauderwelsch; unter Stalin wurden Esperantisten gar verfolgt. Aber es gab auch begründete Kritik. 1930 wies der abtrünnige Esperantist Edgar von Wahl auf Ungereimtheiten in Morphologie und Grammatik hin: „Wo Esperanto international ist, ist es nicht regelmäßig, wo es regelmäßig ist, ist es nicht international, sondern groteske Willkür.“ Tatsächlich ist es alles andere als eine neutrale Weltsprache: Alphabet, Schrift und die meisten Wörter haben lateinisch-romanische oder germanische Wurzeln; Rechtschreibung und Phonetik sind slawisch geprägt. Im Kalten Krieg war Esperanto für Russen und Chinesen oft ein Tor zur Welt, gleichwohl fand es außerhalb des indogermanischen Sprachraums kaum Anhänger. Andere Kritiker wie etwa Wolf Schneider attestieren Esperanto einen eklatanten Mangel an „Aura“, Tiefe und Gefühl: Es gebe keine Flüche, Witze, Kinderlieder, Redensarten, kaum Gedichte. Das stimmt so nicht ganz. Es gibt eine muntere Esperanto-Kultur mit Musik und Literatur, Radiosendern, Akademien und sogar einer eigenen Währung (speso). Dennoch: Wie alle rational konstruierten Plansprachen wirkt auch Esperanto kühl und abweisend. Es sind die Ausnahmen und Abweichungen von der Regel, die Narben und Wunden, die eine Sprache beweglich und lebendig erhalten, nicht ihre systematische Ordnung und quasimechanische Logik. Zudem gibt es bereits eine Weltsprache: Englisch. Nicht zufällig fiel der Niedergang der Esperanto-Idee mit dem Aufstieg der USA zur politischen und kulturellen Weltmacht zusammen. Hollywood-Filme und Popkultur waren immer anglophon-universal, heute spricht auch das Internet Englisch. US-dominierte Medien und Kommunikationstechniken haben die Idee einer neutralen Extra-Universalsprache obsolet gemacht; daran ändern auch über 200 000 Texte in der Esperanto-„Vikipedio“ nichts. Der 94. Kongress der deutschen Esperantisten an Pfingsten in Freiburg steht unter dem Motto „Wir sind die Guten. Krieg und Frieden und die Medien“. Tatsächlich hat Esperanto sich eine Art Unschuld bewahrt. Nach unterschiedlichen Schätzungen gibt es weltweit heute zwischen 100 000 und zwei Millionen Sprecher, darunter knapp 1000 Muttersprachler. Der Esperanto-Weltbund mit Sitz in Rotterdam hat 18 000 Mitglieder. Wenn Sie schon mal anfangen wollen zu lernen: „Könnten Sie bitte deutlicher sprechen?“ heißt auf Esperanto: „Cu vi povus paroli pli klare?“ > |
Date: 2017/04/20 20:02:29
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Dienstag, 25. April Das 18. Jahrhundert markiert den Übergang von
absoluten Herrschern wie dem französischen König Ludwig XIV. („Der
Staat bin ich“) über aufgeklärte Herrscher bis zur Ablösung der
alten Ordnung durch die Französische Revolution. Entwicklungen, die auch im St. Wendeler Land großen Einfluss hatten. |
Date: 2017/04/21 10:21:42
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
heute in der SZ: Verheerende Folgen für die RegionHistoriker Hans-Joachim Kühn informierte über die Zeit und die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges im St. Wendeler Land.Nohfelden (red) Das Land verwüstet und entvölkert. Seuchen und Hungersnöte, Tod und Leid allenthalben. Umherziehende Soldatenhorden, zerstörte Städte und Dörfer. „Wir sind doch nunmehr gantz, ja mehr denn gantz verheeret!“, klagt Andreas Gryphius (1616 bis 1664) in seinem Gedicht „Tränen des Vaterlandes“ von 1636. Darin verarbeitet der schlesische Dichter seine Eindrücke einer Reihe von militärischen Auseinandersetzungen, die später zusammenfassend als Dreißigjähriger Krieg bezeichnet werden sollten. Dieser Konflikt dauerte bis 1648, hatte verschiedene Phasen, zog im 17. Jahrhundert zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Regionen in Mitleidenschaft – auch das St. Wendeler Land. Darüber referierte der Historiker Hans-Joachim Kühn im Nohfelder Rathaus. Sein Vortrag ist Teil einer Reihe, die die Neuzeit im St. Wendeler Land näher betrachtet. „Galt der Dreißigjährige Krieg lange als Religionskrieg, so wird er heute in erster Linie als Kampf um die Vormachtstellung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa gesehen“, erläuterte Kühn den 50 Gästen. So standen sich der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und ihm treu ergebene Fürsten, die katholische Liga, auf der einen, die evangelische Union auf der anderen Seite gegenüber. Dabei ging es um mehr als nur um den rechten Glauben: katholisch oder evangelisch. Es ging um Macht, es ging um Herrschaft. Und in den blutigen Reigen gesellten sich schon bald ausländische Mächte. Die mächtige Walze des Krieges überzog das Land, hinterließ Verwüstung und Elend. Das St. Wendeler Land wurde vor allem ab 1635 von dieser Walze erfasst. Kühn: „Die Feldzüge des Jahres 1635 führten zu einem bis zu 90-prozentigen Bevölkerungsverlusten und zu katastrophalen Lebensbedingungen, vor allem in der Westpfalz, an der mittleren Saar und in Deutsch-Lothringen, und stellen somit ein entscheidendes Moment für die lange zurückreichenden Entwicklungsdefizite dieser Region dar.“ Denn ab 1635 beteiligte sich Frankreich verstärkt am Kriegsgeschehen, eine Chance witternd, das eigene Einflussgebiet auszuweiten. Die Saargegend wurde Kampfgebiet. Mit bitteren Konsequenzen für die hiesige Bevölkerung, die den Historiker allerdings vor ein Problem stellen: „Erst ab etwa 1680 sind in der Region wieder Quellen und Dokumente verfügbar.“ Jene davor wurden zerstört – oder nie geschrieben. Schließlich wüteten die Heere in der Region, zerstörten Haus und Hof. Ein Zeugnis dieser verheerenden Zeit findet sich in der St. Wendeler Basilika. Ein Grabstein für einen kaiserlichen Offizier, der am 10. Oktober 1635, so die Inschrift, in St. Wendel starb, offenbar verletzt oder krank in der Stadt zurückgelassen. „Anno 1635 verstorben, (...) dessen Seel Gott bewahren möge“, verkündet das Epitaph. Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 endete der Dreißigjährige Krieg. Bilanz: mehrere Millionen Tote, 33 Prozent der Städte des Heiligen Römischen Reiches zerstört, um die 40 Prozent der Dörfer. Doch Ruhe und Frieden kehrten nach 1648 im Saar-Lor-Lux-Raum nicht ein. Weitere kriegerische Auseinandersetzungen folgten im 17., dem Katastrophen-Jahrhundert. Kühn: „Vor dem Hintergrund dieser blutigen Auseinandersetzungen unter Beteiligung mehrerer europäischer Mächte muss der Historiker die Mahnung aussprechen, heute die europäische Zusammenarbeit nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzten.“ Das 18. Jahrhundert mit Absolutismus, Aufklärung und Französischer Revolution nimmt der Historiker Bernhard W. Planz am Dienstag, 25. April, 19 Uhr, im Tholeyer Rathaus unter die Lupe. Der Eintritt ist frei. |
Date: 2017/04/21 10:23:07
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ:
Hasborn (red) Der Historische Verein Hasborn.
hat ein neues Sonderheft herausgegeben. Der Titel: „Die fremde
Welt unserer Vorfahren – eine Reise ins 18. Jahrhundert“.
Hasborn-Dautweiler blickt nach Angaben des Vereines auf eine
lange Geschichte zurück, die zu erforschen es sich der Verein
zur Aufgabe gemacht hat. Mit der Einsicht und Auswertung der
Hochgerichtsprotokolle des Hochgerichts Hasborn und vieler
anderer Archivalien aus dem 18. Jahrhundert wurde dem
Autorenteam Anne Lermen und Herbert Jäckel ein Einblick in das
Leben der Ahnen gewährt und ermöglichte es so, ein 62-seitiges
Sonderheft zu veröffentlichen, das ein authentisches Bild des
Dorfes Hasborn-Dautweiler und des dörflichen Lebens in der
Zeit vor der Französischen Revolution zeichnet. Die damalige
Bebauung konnte rekonstruiert und somit konnten Pläne und
Illustrationen des Dorfes erstellt werden. Schmieden wurden
unter die Lupe genommen und beschrieben. Auch der Verlauf
eines Grenzstreits mit Dörsdorf, der für Hasborn ohne
Happy-End ausging, wird nachvollzogen. Die Autoren stellen das
Dorf und die damaligen Strukturen vor; einige Fälle des
Hochgerichtes wurden ausgewählt.Das Autorenteam wurde bei
seiner Arbeit unterstützt von Gerda Scholl mit ihren familien-
und ortsgeschichtlichen Kenntnissen, dem Hasborner Künstler
Hermann Backes, der das alte Pfarrhaus mit den Häusern in der
Umgebung nach Informationen aus dem 18. Jahrhundert und
eigenen Recherchen und Studien zeichnete, sowie von Mila
Kacperski, die die alte Kirche von 1770 zeichnete. Das neue Sonderheft kann zum Preis von neun Euro bei
Anne Lermen, Tel. (0 68 53) 67 72, und Herbert Jäckel, Tel.
(0 68 53) 72 50, erworben werden. |
Date: 2017/04/23 23:23:21
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Tagber: Cash-Flow im späten Mittelalter. Kirchliche und kommunale Bauvorhaben zwischen Konflikt und Konsens ------------------------------------------------------------------------ Gerald Schwedler, Universität Zürich; Richard Nemec, Universität Bern 23.03.2017-24.03.2017, Bern Bericht von: Marco Veronesi, Seminar für Mittelalterliche Geschichte, Universität Tübingen E-Mail: <marco.veronesi(a)uni-tuebingen.de> Gelegentlich lassen sich moderne und modernste Begriffe aus Politik und Wirtschaft durchaus erfolgreich auch auf die älteren Epochen der Geschichte anwenden - man denke nur an die 'Globalisierung'. Ob dies auch für den betriebswirtschaftlichen Begriff des 'Cash-Flow' gilt, stellten in Bern die beiden Organisatoren Gerald Schwedler (Zürich) und Richard Nemec (Bern) zur Diskussion. Gegenstand der Untersuchungen war die Baufinanzierung spätmittelalterlicher kommunaler bauten, also insbesondere Kirchen-, Stadtmauer- und Rathausbau und die Frage von Konsens und Konflikt bei der Finanzierung der Bauarbeiten. Die Tagung war interdisziplinär angelegt und vereinte Sozial- und Wirtschaftshistoriker, Architekturhistoriker, Denkmalpfleger, Architekten und Praktiker, die an den Baustellen tätig sind. Nachdem zunächst BERND NICOLAI und JÜRG SCHWEIZER (beide Bern) durch das Berner Münster, ein illustres Beispiel für eines der spätmittelalterlichen Kirchengroßbauprojekte, führten und dessen Baugeschichte erläuterten, skizzierte GERALD SCHWEDLER (Zürich) in seinen einleitenden Worten nochmals die Grundidee der Tagung. Vor dem Hintergrund der meist sehr gemischten Finanzierung der Kirchenbauten bzw. der 'Kirchenfabrik' als ,Finanzierungspool', in die Gelder kirchlicher wie auch kommunaler Herkunft flossen, stellte sich die Frage, inwieweit Konflikt und Konsens zwischen den Geldgebern die Liquidität der Kirchenfabriken beeinflussten. Der Begriff des Cash-Flow eigne sich deshalb zur Untersuchung dieser Zusammenhänge, weil er den Blick auf die unregelmäßig zu- und abfließenden Mittel der Kirchenfabriken lenke, damit auf die Verfasstheit der Kirchenfabriken schließen und schließlich den Prozess und stetigen Wandel der Baufinanzierung erkennen lasse. In einem zweiten Schritt sei zu fragen, inwieweit dies die Architektur der Bauten selbst betroffen habe. Wie RICHARD NEMEC (Bern) darlegte, wird zum einen eine maximale Unschärfe in Bezug auf den Geldfluss übermittelt. Zum anderen wird damit eine zeitgenössische Realität an einer Baustelle nachvollziehbar, die zugleich eine Polarität zwischen der angestrebten Norm und der alltäglichen Form zeigt. In seinem Abendvortrag 'Cash-Flow im späten Mittelalter' zog CHRISTIAN FREIGANG (Berlin) zunächst Parallelen zu modernen Großbauvorhaben wie dem Eiffelturm oder dem derzeit im Bau befindlichen Jeddah-Tower in Saudi-Arabien. Solche Projekte zielten allein auf eine Zurschaustellung von finanzieller Leistungsfähigkeit und orientierten sich in keiner Weise am Kriterium einer effizienten Flächennutzung. Sie folgten, so Freigang mit Bezug auf Georg Franck, einer 'Ökonomie der Aufmerksamkeit' als zentralem kapitalistischen Prinzip und zielten deshalb auf die Herstellung symbolischen Mehrwerts. Damit lag die Parallele zu den großen Kirchenbauten des Mittelalters auf der Hand, die schließlich zweifelsfrei auf eine "Steigerung der spirituellen Rendite" zielten. Der konzertierte, konsensuale und vor allem kontinuierliche Einsatz finanzieller Mittel durch Kirche und Kommune war unabdingbar, wollte man mit dem Kirchenbau einen "Resonanzraum städtischer Identität" herstellen. Die entsprechenden Aushandlungsprozesse zwischen den oft hochadlig geprägten Domkapiteln und einer immer stärker durch Stiftungen hervortretenden Bürgerschaft, und die dementsprechend unterschiedlich fließenden Geldströme, zeichnete Freigang unter anderen am Beispiel der Frankfurter Bartholomäuskirche und der Nürnberger St. Sebaldkirche quellenkundig und im Detail nach. Dem Vortrag folgte eine von KATHRIN CHLENCH-PRIEBER (Bern) organisierte Postersession mit der Vorstellung aktueller Berner und Zürcher Projekte zum spätmittelalterlichen Kirchenbau, in denen der Begriff des Cash-Flow bereits Anwendung findet. Nach Grußworten von Dekanin Virginia Richter und Matthias Hirt vom Vizerektorat Forschung eröffnete tags darauf MICHAEL ROTHMANN (Hannover) die Reihe der Beiträge mit einem Referat über den Turmbau der Frankfurter Bartholomäuskirche. Rothmann hob zunächst die ausgesprochen gute finanzielle Situation der Kommune zu Beginn des 15. Jahrhunderts hervor, was vor dem Hintergrund ihrer Niederlage in der Kronberger Fehde 1389 bemerkenswert sei. Dazu beigetragen habe auch, dass sich inzwischen auch der Frankfurter Klerus an den Stadtfinanzen beteiligen musste, wogegen sich dieser lange Zeit gewehrt hatte. 1407 wurde für den Fall des Bartholomäusstifts vertraglich festgelegt, dass die 'bede' zu entrichten sei. Die in den folgenden Jahren von Stift und Kommune gemeinsam und konsensual vorangetriebenen Pläne des Turmbaus für St. Bartholomäus seien vor diesem Hintergrund zu verstehen. Denn während sich die Kommune mit den Planungen für ein neues Rathaus um die eigene Repräsentation kümmerte, musste sie sich im Gegenzug finanziell am Repräsentationsbedürfnis des Klerus beteiligen und stellte für den Turmbau das alte Rathaus zur Verfügung. Rothmann wies allerdings mehrfach darauf hin, dass die Herkunft der Gelder gerade der Kirchenfabrik nicht völlig nachvollzogen werden kann. Ähnlich argumentierte auch GERHARD FOUQUET (Kiel), der sich eingehend mit den pergamentenen, singulären Koblenzer Mauerbaurechungen der Jahre 1276 bis 1289 befasste. Fouquet legte zunächst dar, wie sich in dieser Zeit ein städtischer Haushalt in den Auseinandersetzungen zwischen den Trierer Erzbischöfen und den Koblenzer Bürgern - nicht mehr als einige wenige einflussreiche Familien - erst bildete. Die Erzbischöfe erlaubten den Koblenzern zwar die Erhebung von Rheinzöllen zur Deckung der Kosten für ihre Befestigungsbauten und zunehmend auch die Kontrolle über die Finanzen, doch bewirkten sie andererseits noch 1278, dass das zuvor bewilligte Ungeld für den Mauerbau nun zur Hälfte für die erzbischöfliche Burg verwendet wurde. Auch andere Konfliktfelder spiegelten sich in den Rechnungen. Grundsätzlich sei, so Fouquet, von einer "strukturellen Unterdeckung" zu sprechen; auch wenn der Umsatz hoher Summen zu belegen ist, seien die genauen Geldströme zwischen Stadtkasse, Ungeldkasse und auch der Kirchenfabrik in Koblenz, wie vermutlich grundsätzlich nördlich der Alpen, nicht mehr bilanzierbar. HANS W. HUBERT (Freiburg im Breisgau) erläuterte zunächst die Planungen zur Ersetzung der konstantinischen Basilika in Rom unter Papst Julius II. Dieser neigte dabei zunächst zu eher weniger kostenintensiven Vorhaben, die zumindest Teile der alten Basilika inkorporiert hätten - anders als der von Bramante geplante Zentralbau. Hubert erläuterte daraufhin die verschiedenen Geldquellen, welche die Finanzierung sichern sollten. Im Mittelpunkt stand dabei der Ablasshandel. So hatte Albrecht von Brandenburg wegen seiner beiden Episkopate in Halberstadt und Magdeburg eine beachtliche Dispenszahlung zu leisten, die er selbst wiederum zur Hälfte durch Ablassbriefe decken durfte. Allein diese von Albrecht von Brandenburg aufzubringenden Summen dürften die Weiterführung der Bauarbeiten in Rom für weitere drei Jahre gesichert haben, errechnete Hubert. Die zunehmende Kritik an den Ablassbriefen führten in der Folgezeit aber zu Problemen bei der Finanzierung des Kirchenbaus in Rom. BARBARA SCHEDL (Wien) erläuterte anhand der für die Jahre 1404, 1407 und 1408 erhaltenen Kirchmeisterrechnungen die Aushandlungsprozesse der verschiedenen, am Bau des Wiener Stephansdoms beteiligten Gruppen. Den bestimmenden politischen Hintergrund bildeten dabei die Auseinandersetzungen um die Vormundschaft Albrechts V.: Während die städtische Elite zu Herzog Ernst hielt, standen die Handwerker auf Seiten Leopolds IV. Dies führte mehrfach zu der Situation, dass sich trotz vorhandener finanzieller Mittel keine Werkmeister und Steinmetzen fanden, die bereit gewesen wären, den Bau voranzubringen. Schedl sprach von einem Vertrauensverlust der einfachen Bürger in das "identitätsstiftende Großprojekt". Sie bot darüber hinaus auch einen detaillierten Einblick in die Ausgabenstruktur des Kirchenbaus. Mit bemerkenswerter Kenntnis der Quellen referierte ANNE-CHRISTINE BREHM (Karlsruhe) über die Ausbildung und Qualifikation der Werkmeister sowie über die Auswahlverfahren der städtischen Entscheider. Die Ausbildung der führenden Bauleute dauerte in der Regel vier, manchmal auch sechs Jahre; wer Meister werden wollte, musste weitere zwei Jahre anhängen. In den Städten informierte man sich aber nicht nur über das Können der Werkmeister, sondern holte auch Informationen über die vertraglichen Gestaltungen bei der Verpflichtung eines neuen Wermeister sein. Diese wiederum bewarben sich bei den Städten oft ,initiativ' und legten Empfehlungsschreiben und Entwürfe bei. Entscheidend sei aber letztlich der Ruf des einzelnen Meisters und sein Netzwerk gewesen: So stellte man in Bern Matthäus von Ensingen als Werkmeister ein, um sich damit das Wissen und das Netzwerk von dessen berühmtem Vater Ulrich anzueignen. Umso schwerer wog es, wenn etwa andere Baumeister negativ über die Arbeit ihres Kollegen gutachteten, wie dies beim Kirchenbau in Nördlingen geschehen ist. Den Straßburger Fall erörterte SABINE BENGEL (Straßburg). Auch in Straßburg vollzog sich die Finanzierungsgeschichte der Kirchenfabrik - des dort so genannten ,Frauenwerks' - zunächst in der Konkurrenz zwischen dem hochadligen und wohlhabenden Domkapitel und der städtischen Führungsschicht. Dazu kam im Straßburger Fall aber die Konkurrenz des Predigerordens, der einen Großteil der zuvor dem Frauenwerk zugewandten Mittel auf sich zog, was schließlich zur Schließung des Konvents durch den Rat führte. Vor allem am Beispiel der Westfassade des Münsters ließe sich ablesen, dass die Übernahme des Frauenwerks durch die Kommune zu einer Abwendung von französischen, noch vom Domkapitel bevorzugten Bauformen und zur Entwicklung eigenständiger Bauformen führte. Immer wieder ließen die Quellen auch ein bemerkenswertes Konkurrenzdenken durchscheinen, vor allem gegenüber anderen Großbauprojekten wie dem Ulmer Münster. Schließlich stellte DOMINIK LENGYEL (Berlin / Cottbus) neue, computergestützte Verfahren in der Rekonstruktion von nur archäologisch nachweisbaren Bauten vor. Unter Einbeziehung einer Vielzahl von Parametern und unter Anwendung verschiedener Reduktionen sei es möglich, hypothetische architektonische Ideen in Plastik zu überführen und somit zu einer Art Idealtyp der Bauwerke vorzudringen. Solche Idealtypen dienten einerseits der didaktischen Visualisierung, ließen andererseits aber auch die unscharfen Bereiche erkennen, für die keine Aussagen getroffen werden können. Fraglich bleibt, inwieweit solche Modelle auch die Prozessualität der Baugeschichte einzelner Gebäude abbilden können. Damit ließe sich schließlich - dies durfte als Würdigung des Tagungsthemas verstanden werden - auch der Cash-Flow fassbar machen. In seinen Konklusionen forderte HANS-JÖRG GILOMEN (Zürich), der Frage nach den Konjunkturen verschiedener Finanzierungsinstrumente, die in den einzelnen Beiträge regelmäßig zur Sprache gekommen waren, unter ihnen Kredite, Leibgedinge, Seelgeräte und Spenden, umfassend und systematisch nachzugehen. Skepsis äußerte er gegenüber der Anwendung des seines Erachtens allzu technisch-buchhalterischen Begriffs ,Cash-Flow' - besser spräche man von Finanzierungsmodellen. Der gezielte Blick auf das Finanzvolumen und die Finanzierungsstrategien eröffne indes einen neuen Zugang zu einem bedeutenden historischen Thema, zu dem noch zahlreiche Untersuchungen möglich - und nötig - seien. Konferenzübersicht: Begrüssung Richard Nemec (Bern) / Gerald Schwedler (Zürich) Christian Freigang (Berlin): Cash-Flow im späten Mittelalter Postersession ,Junges Forum' (organisiert durch Kathrin Chlench-Priber, Bern) Begrüssung Virginia Richter / Matthias Hirt (Universität Bern) Sektion 1: Konflikt und Konsens: Finanzierungspraktiken Moderation: Sebastian Scholz, Zürich Michael Rothmann (Hannover): Steuerfreiheit und Finanzbedarf: Der Dombau zu Frankfurt Gerhard Fouquet (Kiel): Stadtfinanz und Gemeindebildung in einer Residenzstadt - die Koblenzer Mauerbaurechnung von 1276 bis 1289 Responsio: Christian Hesse (Bern) Sektion 2: Konflikt und Konsens: Gestaltungsprozess und Handlungsrahmen Moderation: Sebastian Scholz (Zürich) Hans W. Hubert (Freiburg/Br.): Ablasshandel und Baufinanzierung. Vom Konsens im Spätmittelalter und vom Eklat der Peterskirche in Rom Barbara Schedl (Wien): St. Stephan in Wien. Politische Konflikte und städtische Baukontrolle Responsio: Bruno Klein (Dresden) Sektion 3: Konflikt und Konsens: Erfassen und Visualisierung Moderation: Christian Rohr (Bern) Anne-Christine Brehm (Karlsruhe): Architektur und Wettbewerb. Auswahl und Absetzung der Werkmeister Sabine Bengel (Strasbourg): Der Bau der Westfassade des Straßburger Münsters. Kommunale Selbstdarstellung, bautechnische Innovation und Hüttenanspruch Dominik Lengyel (Berlin): Darstellung von Unschärfe - auch von Prozessualität? Responsio: Marc Carel Schurr (Strassbourg) Hans-Jörg Gilomen (Zürich): Konklusionen: Cash-Flow im Spannungsfeld zwischen Geschichte und Kunstgeschichte Diskussion |
Date: 2017/04/24 20:26:49
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
ez. FNZ: P. Schuster: Verbrecher, Opfer, Heilige. Eine Geschichte des Tötens ------------------------------------------------------------------------ Schuster, Peter: Verbrecher, Opfer, Heilige. Eine Geschichte des Tötens. Stuttgart: Klett-Cotta 2016. ISBN 978-3608948455; 416 S.; EUR 26,95. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Wolfgang Schild, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Bielefeld E-Mail: <wschild(a)uni-bielefeld.de> Das Buch des Bielefelder Professors für Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit trägt einen seltsamen Titel. Es geht um "Verbrecher", wobei der Verfasser offensichtlich nur die Täter meint, die Leib und Leben bedroht (besser und eigentlich: verletzt) haben, weshalb die deutliche Mehrzahl der Hingerichteten für ihn keine solchen Verbrecher waren (S. 9, 358), sondern (junge) Diebe, Hexen und sexuell deviante Personen.[1] Diese waren daher eher harmlose "Opfer" einer gnadenlosen Blutjustiz - und einer offenbar überforderten Obrigkeit in einer "martialischen, aber im Kern ratlosen Gesellschaft" (S. 9, 358). Ausdrücklich soll dieses Buch einen kleinen Beitrag zu ihrer Rehabilitierung leisten (S. 358). Sie konnten aber auch zu "Heiligen" aufsteigen, wenn sie den Anleitungen ihrer Seelsorger folgten, ihr Schicksal willig annahmen und Gott für das gerechte Urteil dankten (S. 9). So wird der Titel verständlich. Zu kurz gerät der Untertitel, denn es geht um "staatliches Töten" (S. 9)[2], also um die Geschichte der Todesstrafen von 1200 bis 1700. Die These vom Hingerichteten als heiligem Opfer ist nicht neu. Schuster grenzt sich vor allem von der Charakterisierung der Hinrichtung als "Theater des Schreckens" ab, die der Historiker Richard van Dülmen aufgestellt hat (S. 47, 49, 293); ihr stellt er seine Sicht - Hinrichtung als "Fest der Trauer und der religiösen Erbauung" (so S. 49) - gegenüber. Leider geht der Verfasser auf meine These vom "Theater des Rechts" nicht ein.[3] Er sieht eine historische Entwicklung: Im Mittelalter sei die Hinrichtung "Fürstenrache und Siegerjustiz" gewesen (S. 60ff.), dann habe die Kirche das Hinrichtungsritual "erobert" (S. 74 ff.), die nun in der Rettung des Seelenheils des Missetäters durch intensive seelsorgerliche Betreuung eine wesentliche Aufgabe der christlichen Obrigkeit sah. Dies ist zu einfach gedacht. Schuster berücksichtigt leider die rechtshistorischen Arbeiten nicht in dem erforderlichen Maße, weshalb die Bedeutung der Friedensbewegung - Gottes-, Land-, Stadtfrieden, auf die der Verfasser nur (viel zu) kurz hinweist (S. 62, 70) - und des Verfahrensrechts - Ablösung des Klage- durch das Inquisitionsverfahren - zu kurz kommt, vor allem aber die Rezeption des antiken römischen Rechts, die auch zur Herausbildung eines Juristenstands und eigentlichen Rechtsgesetzen führte, nicht berücksichtigt wird. Die bedeutendste These des Verfassers liegt in einer Differenzierung der christlichen Sicht auf Obrigkeit, Bestrafung und Hinrichtung, indem er die Reformation in den Mittelpunkt stellt. Zwar hätten die Reformatoren nicht "das wirklich Neue" geschaffen, aber einem bereits vor 1500 einsetzenden Wandlungsprozess "Richtung und Legitimation" (S. 227) gegeben: nämlich der Befreiung aus den "Fesseln der überkommenen Regeln und Rituale" (S. 228), also der grausamen Hinrichtung. Einige Strafarten vor allem für Frauen (wie das Ertränken oder Lebendigbegraben) seien ab 1480 allmählich von den Trägern der Hochgerichtsbarkeit (vor allem den Reichsstädten) abgeschafft worden, weil sie zur "Verzweiflung" geführt hätten (S. 228ff.) (und damit die Gefahr begründet hätten, dass die Betroffenen die ihnen das ewige Leben ermöglichende ars moriendi nicht bewältigen könnten). Schuster sieht eine Veränderung, zumindest Verstärkung dieser Tendenz durch die Reformation, weil diese beiden Strafarten offen für das Eingreifen des barmherzigen Gottes gedacht worden seien, vergleichbar den immer wieder legendenhaft erzählten "Galgenwundern" (S. 56ff., 244ff.), für die die Reformatoren wenig Verständnis aufgebracht hätten. Das entscheidend Neue in der reformatorischen "Theologie der Strafe" sei das Zurückweisen der (katholischen) Sinngebung der Martern gewesen. Denn nun habe körperliches Leiden die Seele nicht mehr retten können, da dem Bußgedanken die "spirituelle Kraft" genommen worden sei. Nur die göttliche Gnade und - vom Menschen aus - das gläubige bedingungslose Hingeben an Jesus Christus könnten ewige Rettung ermöglichen (S. 241). Damit habe das "Fest der Martern" seine theologische Legitimation verloren (S. 354). Ersatz konnte nur eine Theologie der Obrigkeit bieten, die vor allem Martin Luther - auch hier durchaus aus früheren Ansätzen - radikalisierte. Schuster bringt die maßgebenden Stellen (S. 217ff.), aus denen sich ergibt, dass der Pöbel ("Herr Omnes [das ist Herr Jedermann]") wegen der anzutreffenden Missachtung des Evangeliums "durch Gesetze [vor allem 'Moses mit seinem Gesetz'] und das Schwert [und Ruten, Feuer, Galgen] gezwungen werden" müsse, weil dies Gottes Wille sei. So verstand sich die Obrigkeit als "Gottesdiener", die Richter säßen "an Gottes statt", die tötende Hand des Henkers - der nun Nach- oder Scharfrichter' genannt wurde - sei "Gottes Hand". Es wurden neue Straftatbestände geschaffen, vor allem unmittelbar aus dem als geltendes Recht angesehenen Alten Testament (speziell: den Zehn Geboten) abgeleitet (S. 220ff.), die sich in der Praxis zunehmend gegen Frauen richteten (Kindsmord, Unzucht, Ehebruch). Auf der anderen Seite wurde vor allem von calvinistischer Seite die Todesstrafe für Diebe mangels Grundlage in den Mosaischen Gesetzen in Frage gestellt (S. 248); leider geht Schuster auf die darüber intensiv geführte juristische Diskussion nicht ein. Diese Theologie brachte nicht nur die Legitimation des obrigkeitlichen Tötens (wie des Strafens überhaupt), sondern wurde mit dem für die Seelenrettung erforderlichen gläubigen Akt der Hingabe an den göttlichen Willen verbunden; und damit zum Gegenstand der seelsorgerlichen Betreuung des Hinzurichtenden gemacht. Der Verfasser spricht von einigen den Leser deprimierenden Texten (S. 259), die die Pfarrer - die auf diese Weise zu "Agenten der Obrigkeit und Mitgliedern des Tötungskommandos" wurden (S. 258) - darüber unterrichteten, wie sie die Todeskandidaten zu einer freudigen Hinnahme des tödlichen Schlages bei der nun immer wichtiger werdenden Enthauptung (S. 231, 235, 240) im Wege einer an "Gehirnwäsche" (S. 257) erinnernden Belehrung bringen sollten; selbst für den Fall ihrer Unschuld. Denn auf diese Weise würden sie dem irdischen und sündhaften Jammertal entgehen und zugleich den "bösen Gottlosen" zeigen können, dass sie sich vor dieser schrecklichen Bestrafung und damit vor der Sünde zu fürchten hätten, und sie damit bessern (vom Bösen abhalten) können. Offensichtlich verlangte die völlige Hingabe an den göttlichen Willen auch die Hingabe an den in seinem Namen (von seiner Hand) vollzogenen Tötungsakt. Dadurch erhielt die Hinrichtung einen neuen religiös-theologischen Sinn (für den Betroffenen, für die Obrigkeit und zugleich für den "Herrn Omnes"), nämlich als Mittel des gottgefälligen Erschreckens (der Abschreckung) vor der augenfällig verdeutlichten Macht des Verderbens. Die Bestrafung war nicht mehr als Vergeltung zu denken, sondern als Mittel der (negativen) Generalprävention; sie war damit dem "modernen" rationalen (auch leicht zu säkularisierenden) Zweckdenken geöffnet, das nach dem Nutzen einer solchen Tötung und weiter nach nützlicheren Alternativen (wie Arbeits-, Galeeren-, Heeresdienststrafe) fragte, was zu einer immer weiteren Zurückdrängung der Todesstrafe führte. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass auf diese Weise die Blutgerichtsbarkeit als Herrschaftsfunktion in den Vordergrund trat und das neue reformatorische Denken auch die katholischen Herrschaften (und schließlich auch die katholischen Seelsorger) überzeugte (S. 252ff., 285ff.). Es ist verständlich, dass diese Ambivalenz bei den Zuschauern unterschiedliche Stimmungen herbeiführen konnte, ja musste. Schuster erwähnt "Stille, Mitleid, Rührung und Trauer" (S. 296), die aber auch umschlagen konnte in Wut und damit in Aggression gegen den Scharfrichter oder die Obrigkeit als solche (S. 293ff.). Offensichtlich dachte die Bevölkerung nicht im Sinne der reformatorischen Obrigkeitslehre (S. 256, 306ff.); fraglich bleibt, ob sie auch die reformatorische Sicht der Hinrichtung wirklich teilte und in ihr den "religiösen Akt" sah, an dem sie teilnehmen sollte und konnte (S. 298). Letzteres ist die These des Verfassers: die Hinrichtung als Ereignis, bei dem der Hinzurichtende "im wahrsten Wortsinn einen Gottesdienst [leistete]". Dies ist zwar nicht unrichtig, unterschlägt aber doch die Ambivalenz und Spannung zwischen dessen reuevoller und gläubiger Hingabe an die Gnadenmächtigkeit des Herrn Jesus Christus einerseits und der Hinnahme der Instrumentalisierung zu einem Mittel der Abschreckung andererseits. Für letzteres galt das "Theater des Schreckens" (nämlich: dieser Abschreckung), allerdings immer verbunden mit der religiösen Dimension des Sichopferns und -aufgebens für das obrigkeitlich geordnete Gemeinwesen. Für erstere ging es nur um das gläubige bekennende Sterben eines Christenmenschen, darin (wegen der Öffentlichkeit) ebenfalls ein Vorbild für die Umstehenden, aber nicht um ein Opfer. Schuster meint, dass der Hinzurichtende deshalb von einer "Aura des Heiligen" umgeben gewesen (S. 205, 298), ja selbst als "rein und heilig" aufgefasst worden sei (S. 242).[4] Für die Katholiken lag dieser Gedanke nach dem Vorbild des geretteten Schächers nahe; für die reformatorischen Christen scheint mir eine solche Vorstellung von "Heiligkeit" nicht vertretbar. Aber dazu müsste man theologische Studien betreiben. Anzumerken ist, dass das Buch darüber hinaus eine Reihe von Themen darstellt, die mit dieser staatlichen Tötung nicht unmittelbar zu tun haben, aber sehr anschaulich berichtet und mit vielen Beispielen entfaltet werden (wobei dieser gut lesbare, teilweise durchaus fesselnde Schreibstil für das gesamte Buch zu loben ist). Ich nenne nur die Ausführungen zu den zeitgenössischen Gefängnissen (inklusive Wachpersonal, Haftzeiten, Suizidgefahr) (S. 111-131, 138-150), zur Geschichte des Zuchthauses (S. 311-325), zu den Scheinhinrichtungen (S. 328-333) und zur Folter (S. 132-138), wobei bezüglich letzterer anzumerken ist, dass Schuster hier nur sehr kurz referiert, einen möglichen religiösen Hintergrund nicht thematisiert.[5] Das in der Einarbeitung zahlreicher konkreter Beispiele faszinierend geschriebene Buch enthält auch einen kleinen, dreizehn Bilder umfassenden Teil (nach S. 224). Leider fehlt ein Sachverzeichnis. Doch bietet das Inhaltsverzeichnis einen guten Leitfaden. Anmerkungen: [1] Schuster stellt hier auf die moderne Einschätzung dieser Verhaltensweisen ab, ohne zu fragen, welchen Stellenwert z.B. der Diebstahl in vormodernen Gesellschaften hatte. Auf die zeitgenössische Sicht weist er allerdings im Zusammenhang mit der Ketzerei hin: "Das Delikt wog so schwer, dass das Geschlecht des Täters von unerheblicher Bedeutung war" (S. 174). Zudem berücksichtigt er leider die juristische Diskussion um den Diebstahlsparagraphen nicht; mit dem Tode bestraft wurde überdies nur der schwere Diebstahl. [2] Vgl. Wolfgang Schild, Töten als Rechtsakt. Zur Geschichte der Hinrichtung, in: Paragrana 20 (2011), S. 32-50. [3] Vgl. Wolfgang Schild, Folter, Pranger, Scheiterhaufen. Rechtsprechung im Mittelalter, München 2010, S. 157ff. [4] Zitiert wird das "Pastorale Lutheri" (gedruckt 1842). Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, ob dieses "heil" nicht in einem eher magischen Sinn einer Heilskraft aufgefasst wurde; so jedenfalls im zauberischen Umgang mit dem Galgenstrick usw. (vgl. S. 205). [5] Vgl. dazu Wolfgang Schild, Folter: Vom Rechtsinstitut zum Unrechtsakt, in: Volker C. Dörr u.a. (Hrsg.), Marter - Martyrium. Ethische und ästhetische Dimensionen der Folter, Bonn 2009, S. 53-84. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Stefan Gorißen <stefan.gorissen(a)uni-bielefeld.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2017-2-052> |
Date: 2017/04/27 23:05:53
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>
Letztens kam die Frage auf, seit wann es in der Pfarrei St. Wendel die Pferdeprozession zur Wendelskapelle mit anschließender Segnung gibt. Die Beantwortung dieser Frage hat sich als recht schwierig entpuppt. Der Küster Hans-Werner Luther wies mich darauf hin, daß sie in den 1930ern auf Initiative von Dechant Heibges enstand. Die alten Gottesdienstordnungen werden in verschiedenen Räumen aufbewahrt, zum einen im Pfarrarchiv unter dem Cusanushaus und zum anderen in einem Raum unter dem Pfarrhaus. Dort suchte ich zuerst, fand aber dort keine Erwähnung Prozession. Dort heißt es stets am Pfingstmontag, die Gottesdienste seien analog denen vom Pfingstsonntag. Das gilt für die Gottesdienstordnungen ab etwa 1933. In den Jahren davor war mir aufgefallen, daß am Mittwoch nach Pfingsten etwas stattfindet. Z.B. 1930 (St. Wendeler Volksblatt): „Mi.:
Gedenktag der
Heiligtumsfahrt mit den Reliquien des hl. Wendalinus nach
Tholey. 6.30 Seelenamt für Margaretha Schmitt geb. Wiß von Alsfassen 7.30 Seelenamt für Michael Haßdenteufel 9 feierliches Hochamt mit Predigt z.E. des hl. Wendalinus für die Pfarrei, abends 8.30 Andacht z.E. des hl. Wendalinus 7.30 Uhr Messe in der Wendalinuskapelle.“ Gestern schaute ich im Stadtarchiv St. Wendel das St. Wendeler Volksblatt durch, das dort in digitaler Form vorliegt: Am Pfingstmontag, 5. Juni 1922, findet sich nichts über die Prozession: „6 Uhr 1. Frühmesse 6.45 Uhr 2. Frühmesse 7.45 Uhr 3. Frühmesse 8.45 Uhr Schulmesse 9.45 Uhr Hochamt 11 Uhr letzte hl. Messe 2 Uhr Pfingst-Andacht“ In Rudolf Kretschmers „Geschichte der Stadt St. Wendel 1914-1986“, 2. Band, fand ich auf Seite 526: „Zum Wendelsfest 1936 wurde der alte Brauch der Viehsegnung wiederbelebt, und man verband damit eine Reiterprozession zur Wendelskapelle.“ Für 1936 habe ich weder in der Gottesdienstordnung unter dem Pfarrhaus noch im St. Wendeler Volksblatt dazu etwas gelesen. Das St. Wendeler Volksblatt wurde 1940 eingestellt und erst 1958 im Sommer wieder aufgelegt. In einer Ausgabe vom Mai 1959 fand ich einen großen Artikel zur Wallfahrt: „Nach altem Brauch findet am Pfingstmontag die Pferdeprozession durch die Straßen der Stadt zur Wendelskapelle statt, wo im Verlaufe eines festlichen Gottesdienstes die Pferde gesegnet werden. Von weit her kommen alljährlich viele zu Pferde und mit dem Leiterwagen, …“ Also schaute ich vorsichtshalber im Pfarrarchiv unter dem Cusanushaus nach und fand dort die Gottesdienstordnung von 1937. Dort steht: „Pfingstmontag, 17. Mai, gebotener Feiertag, 6 Uhr I. Frühmesse 7 II. Frühmesse 8.15 Kindermesse (bei
günstiger
Witterung: 9 Uhr Prozession zur Wendelskapelle und Hochamt
daselbst mit Segnund
der Pferde und Haustiere), sonst 9.30 Hochamt in der Pfarrkirche 11 Uhr letzte hl. Messe 13.30 Kinderandacht 18 Uhr Andacht zum hl. Geist und Maiandacht“ Interessant: Auch hier fand am Mittwoch nach Pfingsten, 19. Mai, wieder der „Gedenktag der alten Heiligtumsfahrt mit den Reliquien des hl. Wendalin nach Tholey“ statt: „7.15 Jahrgedächtnis für die Brüder Michael und Peter Schlemmer 8 Uhr Seelenamt für Elisabeth Eisenhut geb. Noss 9 Uhr Hochamt mit Predigt zu Ehren des hl. Wendalin 19.15 Uhr Andacht zum hl. Wendalin und Mai-Andacht.“ Also wird Kretschmers Angabe vermutlich stimmen. Als Quelle gibt er die St. Wendeler Volkszeitung an, die noch nicht digitalisiert ist und ich deshalb in der Kürze der Zeit keinen Zugriff hatte. Ergebenst Roland Geiger PS: In der Gottesdienstordnung von 1937 findet sich bei den „NB" ein Satz, den ich nicht verstehe: „ 5. Gläubige Katholiken, die amtlich nach ihrer Religion gefragt werden, sind unter schwerer Sünde verpflichtet, sich „römisch-katholisch“ zu nennen.“ Wieso ist das eine „schwere Sünde“? |