Date: 2015/08/03 08:09:01
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>
|
Date: 2015/08/04 08:09:18
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
gestern in der SZ:
Geheimnisse nicht preisgegebenKampfmittel-Experte auf Spurensuche im Umfeld des Türkismühler BahnhofesSchlummern noch Kampfmittel im Untergrund des Türkismühler Bahnhofsumfeldes? Das hat ein Experte jetzt vor Beginn des ersten Bauabschnittes zur Neugestaltung des Bahnhofsgeländes untersucht. Bomben hat er direkt keine gefunden, aber viele Hinweise auf Störungen im Boden. So werden die Munitions-Experten die Ausschachtarbeiten weiter begleiten.Von SZ-Mitarbeiter Frank FaberTürkismühle. Peter Schmeier hat einen außergewöhnlichen Job. Er ist Feuerwerker beim Unternehmen Terrasond Kampfmittelräumung aus Günzburg. Diese Woche war er in Türkismühle unterwegs. Im Umfeld des Bahnhofes. Dieses Gelände wird mit Millionenaufwand neu gestaltet (wie berichtet). Allerdings können noch Gefahren im Untergrund lauern. Überreste aus dem Zweiten Weltkrieg. Akribisch suchte deshalb Schmeier mit einem Magnetometer eine Fläche links des Bahnhofsgebäudes in Türkismühle nach Kampfmitteln ab. Im Zweiten Weltkrieg war Türkismühle 52 Mal das Ziel von Luftangriffen. Schmeiers Hightech-Arbeitsgerät, ein Magnetometer mit vier Sondenstäben, misst das Magnetfeld der Erde. Magnetische oder eisenhaltige Objekte sorgen für eine Störung im Messfeld. Je nach Größe der Unebenheit kann der Experte dann abschätzen, ob es sich bei dem Fund um einen Blindgänger handeln könnte. Schmeier bekam bei seiner Arbeit Besuch und Unterstützung. Horst Porschen und Rolf Auriga von den örtlichen Heimatfreunden hatten alte Luftbildaufnahmen mitgebracht, die sie von dem Regionalhistoriker Roland Geiger aus St. Wendel erhalten hatten, und zeigten dem Experten darauf, wo im Weltkrieg die Bomben eingeschlagen sind. „An dieser Stelle war früher die Drehscheibe, hier liegen sicher viele Eisenteile im Boden“, erklärte Auriga, dessen Vater Hugo einst Bahnmeister in Türkismühle war. Zu diesem Zeitpunkt hat Schmeiers computergestützte Flächenaufzeichnung schon ergeben: „So wie es aussieht, ist die ganze Fläche belastet, ob nun ein Blindgänger im Boden liegt, lässt sich nicht bestimmen“, so sein Zwischenfazit. Ab einer Tiefe von 2,5 Metern würden sich Form und Objekt nicht mehr ableiten lassen. Die beiden Heimatforscher teilten ihm mit, dass der größte Bombenteppich seinerzeit direkt neben dem Bahnhofsgebäude eingeschlagen war. „Nach der Landung der amerikanischen Streitkräfte gab es tägliche Angriffe mit Bordwaffen“, ergänzte Auriga. Die endgültige Stellungnahme von Feuerwerker Schmeier nach Sondierung der Fläche deckt sich mit seinem Zwischenfazit: Die Gesamtfläche ist belastet. Was bedeutet die Bodenanalyse für den Bau des Parkplatzes am Türkismühler Bahnhof? Andreas Rink von der Gemeinde Nohfelden sagt dazu: „Am Dienstag beginnen wir mit dem ersten Bauabschnitt, dann wird die Decke abgefräst, was problemlos geht“. Für die dann folgenden Ausschachtarbeiten wird es eine Baubegleitung durch die Experten zur Sicherstellung der Kampfmittelfreiheit geben.
HintergrundAus der Türkismühler Dorfchronik: Die Ortschronik des Heimatvereins bemerkt, Türkismühle sei wegen der „strategisch wichtigen Bedeutung der Bahn“ ein bevorzugtes Ziel bei 52 alliierten Luftangriffen gewesen. Nach der Literatur der Heimatkundler fielen die Bomben auf Türkismühle, weil man beim Angriff auf Saarbrücker Ziele einige verfehlt hatte, und die Bomben loswerden musste. Da kam der Bahnknoten gerade recht. Die alliierte Frühjahrsoffensive 1945 verschonte Türkismühle nicht. Der Ort hatte über 52 Luftangriffe zu verzeichnen und erlebte am 22. Februar 1945 seinen schwärzesten Tag. Über 40 Menschen fielen den Luftangriffen zum Opfer. Etwa 75 Prozent der Häuser wurden völlig zerstört, darunter das Hotel zur Post und das Gasthaus Schulze. Der Bahnhof samt dem Empfangsgebäude wurde ebenfalls getroffen. Quelle: Heimatfreunde Türkismühle, Ausgabe 1/2011. frf |
Date: 2015/08/04 08:11:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ:
Jubiläumsausgabe von „Jim Knopf“:Der „Neger“ bleibt drin Stuttgart. Das heute als rassistisch geltende Wort „Neger“ bleibt in der Jubiläumsausgabe von Michael Endes „Jim Knopf“ erhalten. Zum einen, weil sich der Autor Ende (1929-1995) nicht mehr äußern könne; zum anderen, da das Wort „Neger“ nur in einer Szene vorkomme, die vor allem dazu diene, den Fotografen Herrn Ärmel als Besserwisser darzustellen, teilte der Stuttgarter Verlag Thienemann-Esslinger mit. Man habe sich deshalb entschieden, den Begriff in der colorierten Ausgabe von „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ zum 55. Geburtstag stehen zu lassen. Das Wort wird verwendet, als die Bewohner von Lummerland das fehlgeleitete Postpaket mit dem schwarzen Baby Jim finden und Herr Ärmel sagt: „Das dürfte vermutlich ein kleiner Neger sein.“ Thienemann-Verlegerin Bärbel Dorweiler zitierte gestern Endes Scheinriesen Tur Tur aus „Jim Knopf“ zum Thema: „Eine Menge Menschen haben doch irgendwelche besonderen Eigenschaften. Herr Knopf, zum Beispiel, hat eine schwarze Haut. So ist er von Natur aus und dabei ist weiter nichts Seltsames, nicht wahr? Warum soll man nicht schwarz sein? Aber so denken leider die meisten Leute nicht. Wenn sie selber zum Beispiel weiß sind, dann sind sie überzeugt, nur ihre Farbe wäre richtig und haben etwas dagegen, wenn jemand schwarz ist. So unvernünftig sind die Menschen bedauerlicherweise oft.“ Autor Otfried Preußler (1923-2013) hatte kurz vor seinem Tod zugestimmt, dass in seinem berühmten Kinderbuch „Die kleine Hexe“ das Wort „Negerlein“ politisch korrekt ersetzt wurde. dpa
|
Date: 2015/08/04 08:16:46
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ: Alt-Bürgermeister ist tot: St. Wendeler Jakob Feller wird heute beerdigtSt. Wendel. Am 30. Juli ist Jakob Feller im Alter von 97 Jahren gestorben. Der 1917 in St. Wendel geborene Kommunalpolitiker war von 1974 bis zu seiner Pensionierung 1982 Bürgermeister der Stadt St. Wendel und somit der Vorgänger von Klaus Bouillon. Mit Politik ist der St. Wendeler quasi aufgewachsen. Sein Vater Jakob Feller war Mitbegründer der örtlichen SPD. Von ihm lernte er auch, gegen den Strom zu schwimmen. Denn am Tag der Saar-Abstimmung 1935, an dem sich die Mehrheit der Saargebietler dazu entschloss, sich wieder dem Deutschen Reich anzuschließen, war an Fellers Haus Wendel zu lesen: „Hier wohnt ein Judenfreund.“ 1952 zog Feller Junior für die Christliche Volkspartei (CVP) in den Landtag. 1955 wechselte Feller zur CDU, für die er bis 1975 im Landtag blieb, und über viele Jahre auch die Rolle des Fraktionsführers bekleidete. Ehe Feller 1974 Bürgermeister der Stadt St. Wendel wurde, war er Vorsteher des Amtes St. Wendel-Land. Später fungierte er auch als Präsident des Städte- und Gemeindetages im Saarland. Neben seiner politischen Karriere engagierte sich Feller in Vereinen. Das Sterbeamt für den Politiker ist am heutigen Dienstag, 14 Uhr, in der Basilika. red |
Date: 2015/08/04 08:18:56
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ:
Von Amazonen bis ZuberTausende haben das große Mittelalterlager in Freisen besuchtUntreuen Weibern wurde im Mittelalter die Schandgeige angelegt. Diese und weitere Szenen präsentierten Dienstmannen, Garden und edle Rittersleute beim 15. Mittelaltermarkt zu Freisen. Kein Wunder, dass das Spektakel Tausende Besucher erfreut hat.Von SZ-MitarbeiterFrank Faber Freisen. Die letzten Minuten in der Gegenwart sind unheimlich lang. Von der Hauptstraße in Freisen bis auf die Höhe zum Mittelaltermarkt hat sich eine nicht enden wollende Blechkarawane gebildet. Durchgeschwitzt und endlich nach einem 45-minütigem Stoßstangengekuschel in der Vergangenheit angekommen, gibt Herold Lordi von Donnersack den Ton an. „Hier sind 2000 Akteure, 120 Stände, 130 Gruppen und Lager. Damit sind wir das größte Lager in Deutschland“, verkündet er. Der erste Tag sei überaus harmonisch verlaufen, ergänzte er. Harmonisch? Eine Fechtschwertgruppe haut wie wild mit den Waffen aufeinander ein. Der Herold erklärt. „Eine Gemeinsamkeit zu heute. Oft können die Parteien sich nicht einigen, wenn es um Frauen oder das Reich geht.“ Das Gaukler-Duo Forzarello unterhält das Volk, Met und Odin löschen die durstigen Kehlen der Besucher in der Mittagshitze. Menschen marschieren durch die Marktgasse. Streuendes Gesindel wird von der Garde Metz und den Glanländern aufgelesen und entfernt. „Wir sind die Marktwache, hochgerüstet und präsent“, sagt Robert von Valmont, der frühmittelalterliche Chef der Securitytruppe. Die Wikingersippe Vädur Volk hat mit dem Drachenschiff aus Dänemark bis nach Freisen übergesetzt, um hier Geschäfte zu machen. „Wenn es uns aber zu teuer ist, wird gebrandschatzt“, kündigt Wikinger Sven an. Nebenan zeigen die Dienstmannen von Weinheim, die ansonsten am Kloster Lorsch bestellt sind, wie der Nachwuchs mit dem Schwert und der Lanze umgehen kann. Lehmbauerin Nicole Wolkensieger aus Frankreich fertigt naturbelassene Gnome. „Viele Leute haben das noch nicht gesehen“, meint die Künstlerin. Söldner und Geschäftemacher kühlen sich zwischendurch zum Preise von acht Talern im Zuber (Badehaus) ab. Plötzlich erhitzen sich dann im Lager die Gemüter. Die holde Ilwy wird des Ehebruchs bezichtigt. Da kennt das Freyvolk zu Hohenstaufen keine Gnade. Der untreuen Blondine wird die Schandgeige um den Hals gelegt und sie wird vom Büttel (Handlanger der Obrigkeit) an einer Kette über den Markt geschleift. Zur Strafe wird Ilwy ausgepeitscht und vom tobenden Pöbel angespuckt. Von der Liebe und dem Sterben erzählen auch die Spielleute Dhalias Lane in ihren Liedern. Dazu tanzt das Publikum im Kreis. So ähnlich ergeht es dem völlig betrunkenen Kai von Coburg, der von seiner Teilnahme im Reiterturnier der Badischen Ritterschaft nix mitkriegt. Die Amazonen Selena und Romina mischen im Turney die edlen Rittersleute gehörig auf. Bis zum Sonntagabend haben sich die zu Tausenden gekommenen Besucher am mittelalterlichen Spektakel in Freisen erfreut, das Lager hat sich nun wieder aufgelöst und die Akteure sind weitergezogen.
Auf einen BlickUm das Jahr 1300 kümmerte sich der Johanniter-Orden um die medizinische und soziale Betreuung der Pilger. Beim 15. Mittelaltermarkt in Freisen hat das der Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) aus Freisen übernommen. Und die DRKler hatten alle Hände voll zu tun. DRK-Leiter Arndt Eisenhut berichtete. „Von Freitag bis Sonntag um 16 Uhr hatten wir 76 Einsätze, in acht Fällen musste der Rettungswagen eine Person mitnehmen“, so Eisenhut. Alles sei noch glimpflich abgelaufen, die häufigste Ursache bei den Einsätzen seien Wespenstiche gewesen. frf |
Date: 2015/08/06 00:26:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Overy, Richard: Der Bombenkrieg. Europa 1939-1945. Berlin:
Rowohlt Verlag 2014. ISBN 978-3-87134-782-5; Hardcover, gebunden mit Schutzumschlag; 1051 S.; EUR 39,95. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Jörg Arnold, University of Nottingham E-Mail: <joerg.arnold(a)nottingham.ac.uk> Vor etwa zehn Jahren wurde in der deutschen Öffentlichkeit heftig über den strategischen Luftkrieg der Westalliierten gegen das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg gestritten. In der so genannten "Bombenkriegsdebatte" ging es um den militärischen Nutzen und die moralische Legitimation einer Kriegführung, in deren Verlauf über hundert Städte zerstört wurden, Millionen von Menschen obdachlos wurden und etwa 500.000 Nichtkombattanten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches und des von Deutschland besetzten Europas ihr Leben verloren. Der britische Militärhistoriker Richard Overy hat in dieser Debatte eine wichtige Rolle gespielt. In Fernsehdokumentationen und in Zeitungsbeiträgen nahm er so etwas wie eine Gegenposition zu Jörg Friedrich ein, dessen kontroverser Bestseller "Der Brand"[1] die Diskussion angestoßen hatte. "Barbarisch, aber sinnvoll" lautete etwa der Titel eines Aufsatzes im "Stern", der auf dem Höhepunkt der Kontroverse erschienen war. Darin argumentierte Overy, dass der Bombenkrieg einen wichtigen Beitrag zum Sieg der Alliierten über das Deutsche Reich geleistet habe. Zwar hätten die Bomben "die deutsche Wirtschaft nicht zerstört, aber Deutschland daran gehindert, zu einer unbezwingbaren Supermacht zu werden". Wenn auch die Kriegsmoral nicht gebrochen wurde, so seien doch der "Mobilisierung im Lande selbst Grenzen gesetzt" worden. Niemals hätten die Alliierten dabei "den Zweck der Bombardements aus dem Blick verloren", das Deutsche Reich militärisch niederzuringen.[2] Overy ist einer der prominentesten Zeit- und Militärhistoriker der Gegenwart. In einer inzwischen fast vierzigjährigen wissenschaftlichen Laufbahn hat sich der an der University of Exeter lehrende Professor immer wieder mit dem Luftkrieg beschäftigt. Bereits seine 1977 an der University of Cambridge vorgelegte Doktorarbeit widmete sich der deutschen Luftrüstung im Zweiten Weltkrieg. Es folgten eine Gesamtdarstellung des Bombenkrieges aus wirtschaftshistorischer Sicht, eine Biographie über Hermann Göring, den Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, und eine Monographie über die "Luftschlacht um England" 1940.[3] Bei dem hier zu besprechenden Buch handelt es sich freilich um weit mehr als um eine Zusammenfassung von Befunden, die bereits lange erarbeitet wurden. Die in der deutschen Übersetzung rund 900 Textseiten umfassende Arbeit stützt sich auf eine erneute, mehrjährige intensive Beschäftigung mit dem Thema, die im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes zu westeuropäischen Gesellschaften im Luftkrieg durchgeführt wurde.[4] Für das Buch hat Overy eine beeindruckende Fülle an englisch-, deutsch-, französisch- und italienischsprachiger Forschungsliteratur verarbeitet. Darüber hinaus hat er veröffentlichte und vor allem archivalische Quellen aus 32 Archiven in sieben Ländern neu gelesen und zum Teil erstmals ausgewertet. Das Ergebnis ist ein Meilenstein der Militär- und Sozialgeschichte, der den Bombenkrieg der Jahre 1940 bis 1945 erstmals in seiner gesamteuropäischen Dimension beschreibt, in den Zusammenhang des Zweiten Weltkrieges einordnet und in seinen Rückwirkungen auf die kriegführenden Gesellschaften analysiert. Overys Studie gliedert sich in drei Teile, die, obgleich thematisch gegliedert, einer losen Chronologie folgen. Teil eins ist mit "Deutschlands Bombenkrieg" überschrieben und behandelt vor allem die Jahre 1940 bis 1941. Im Mittelpunkt stehen der deutsche Luftkrieg gegen die britischen Inseln und dessen Auswirkungen auf die britische Gesellschaft. Ein eigenes Kapitel ist der Bombardierung sowjetischer Städte durch die deutsche Luftwaffe im Rahmen der Operation "Barbarossa" gewidmet. Teil zwei macht den Hauptteil des Buches aus. Auf 500 Seiten wird die strategische Luftoffensive der Westalliierten gegen das Deutsche Reich und seine Verbündeten geschildert, wobei der Schwerpunkt auf den Jahren 1942 bis 1945 liegt. Im Zentrum stehen die alliierte Strategie und Praxis sowie die deutsche Gesellschaft "unter Bomben". Gesonderte Kapitel behandeln die Bombardierung Italiens und die des besetzten Westeuropas. Der knapp gehaltene dritte Teil schließlich widmet sich der Bilanzierung des Geschehens unmittelbar nach Kriegsende und fragt in einem Epilog nach "beherzigte[n] und nicht beherzigte[n] Lehren" aus dem strategischen Luftkrieg (S. 901). Das Buch breitet eine gewaltige Materialfülle vor dem Leser aus. Es ist eine empirische Fundgrube, die neben Bekanntem viel Neues oder doch zumindest bisher kaum Beachtetes bereithält. Im besetzen Frankreich etwa kamen durch alliierte Bomben 50.000 Menschen ums Leben, was der Größenordnung der britischen Opfer während der deutschen Angriffe 1940/41 entsprach (S. 832). Auch in Italien starben durch Bomben beider kriegführender Parteien mindestens 60.000 Menschen (S. 783). Viele weitere aufschlussreiche Einzelbefunde können im Rahmen dieser Rezension nicht hinreichend gewürdigt werden. Vielmehr soll danach gefragt werden, welches Gesamtbild des strategischen Luftkrieges gezeichnet wird. Auffällig ist, dass Overy deutlich kritischer urteilt als noch vor zehn Jahren. "Es lässt sich festhalten, dass der strategische Luftkrieg allein seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllen konnte und moralisch kompromittiert war, weil er die Angriffe gegen die Zivilbevölkerung vorsätzlich verschärfte", wie das abschließende Kapitel bilanziert. Die "bedeutsamsten Folgen" seien "die unbeabsichtigten militärischen Auswirkungen" gewesen (S. 900). Der Bombenkrieg band auf beiden Seiten beträchtliche materielle und personelle Ressourcen - Ressourcen, die von den Deutschen mittelfristig nicht kompensiert werden konnten, die aber auch auf alliierter Seite "hätten auf andere Weise genutzt werden können" (ebd.). Die direkten Folgen der Bombardements für die deutsche Kriegswirtschaft seien indes für die längste Zeit des Krieges nur von nachrangiger Bedeutung gewesen. Selbst das Argument, dass die alliierten Angriffe die Expansion der deutschen Rüstungsindustrie gedeckelt hätten, lässt Overy nicht mehr gelten. Denn: "Der Expansion der deutschen Kriegswirtschaft [waren] Grenzen gesetzt, auch ohne dass es der Wirkung der Bombenangriffe bedurft hätte". (S. 674) War der Luftkrieg als Wirtschaftskrieg weitgehend wirkungslos, so war er Overys Urteil zufolge auch moralisch nicht zu rechtfertigen. Zwar definierte das britische Luftfahrtministerium die "Kriegsmoral" des Gegners vor allem wehrwirtschaftlich (S. 372; S. 400). Von den Flächenbombardements erhoffte man sich weniger einen politischen Umsturz als einen Zusammenbruch des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland. Freilich führte eine so definierte "Kriegsmoral" nicht dazu, gezielt Fabriken anzugreifen. Im Gegenteil: "Der Begriff des Kollateralschadens wurde auf den Kopf gestellt. Der Tod von Arbeitern und die Zerstörungen ihrer Behausungen waren nicht lediglich eine Nebenwirkung der Bombardierung von Fabriken, sondern die Zerstörung von Fabriken galt als Kollateralschaden der Vernichtung von Arbeitervierteln". (S. 374) Dabei unterscheidet Overy zwischen dem britischen Bomber Command auf der einen Seite und den amerikanischen und deutschen Luftstreitkräften auf der anderen: Die Royal Air Force habe als "einzige der großen Luftwaffen vorsätzlich Zivilisten [angegriffen]", auch wenn man das öffentlich während der Dauer des Krieges niemals eingestand (S. 894). Im Falle der deutschen Luftangriffe gegen Großbritannien 1940-1941, aber auch gegen Warschau und Rotterdam verhielten sich die Dinge eher umgekehrt: Hier brüstete man sich mit der großen Zerstörungskraft der deutschen Luftwaffe und setzte das Leid von Nichtkombattanten propagandistisch in Szene, obwohl die Luftangriffe gar nicht als unterschiedslose Flächenbombardements geplant gewesen waren (S. 99ff.). Wenn es ein Leitmotiv gibt, das die Darstellung durchzieht und als Erklärungsschlüssel dienen kann, dann ist es der Begriff der "Fehlkalkulation" (S. 865). Auf allen Seiten bestand eine tiefe Kluft zwischen den großen Erwartungen, mit denen die Bomberwaffe bedacht wurde, auf der einen Seite, und den tatsächlichen Möglichkeiten auf der anderen. Verstärkt wurde diese Haltung durch Fehlwahrnehmungen der Stärken und Schwächen des Gegners. Mit Ausnahme Italiens war keine der kriegführenden Industriegesellschaften so anfällig für Luftangriffe wie von den militärischen und zivilen Entscheidungsträgern angenommen, und zwar unabhängig davon, ob diese Gesellschaften demokratisch verfasst waren oder nicht. Rückschläge führten dabei nur selten zu einem grundsätzlichen Umdenken, sondern vielmehr dazu, die Angriffe weiter zu intensivieren und noch größere Zerstörungen zu verursachen. Am Ende waren es weniger die Bomben selber als die militärischen Begleitmaßnahmen, die den Bombern zum Durchbruch verhelfen sollten, welche den eigentlichen Beitrag des strategischen Luftkrieges zum Sieg über das Deutsche Reich und seine Verbündeten ausmachten. Mit der "Der Bombenkrieg" hat Richard Overy neue Maßstäbe in der Luftkriegsforschung gesetzt. Zusammen mit Dietmar Süß' gesellschaftsgeschichtlicher Arbeit "Tod aus der Luft" wird es auf Jahre hinaus die internationale Diskussion bestimmen.[5] Anmerkungen: [1] Jörg Friedrich, Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945, Berlin 2002. [2] Richard Overy, Barbarisch, aber sinnvoll, in: Stern, 18.12.2002. Wieder abgedruckt in: Lothar Kettenacker (Hrsg.), Ein Volk von Opfern? Die neue Debatte um den Bombenkrieg 1940-1945, Berlin 2003, S. 183-187. Ähnlich die Argumentation in: Richard Overy, Why the Allies Won, 2. Aufl., London 2006 (1. Aufl. 1995), S. 123-163. [3] Richard J. Overy, German Aircraft Production 1939-1942: A Study in the German War Economy, Doctoral thesis, University of Cambridge 1977; ders., The Air War 1939-1945, Wahsington D.C. 2005 (1. Aufl. 1980); ders., Goering: Hitler's Iron Knight, London 2012 (1. Aufl. 1984 unter dem Titel: Goering: the 'iron man'); ders., The Battle of Britain: Myth and Reality, London 2010 (1. Aufl. 2000 unter dem Titel: The battle). [4] Zu den anderen Beiträgern des Forschungsverbundes vgl. den Sammelband: Richard Overy / Claudia Baldoli / Andrew Knapp (Hrsg.), Bombing, States and Peoples in Western Europe, 1940-1945, London 2011. [5] Dietmar Süß, Tod aus der Luft. Kriegsgesellschaft und Luftkrieg in Deutschland und Großbritannien, München 2011. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Marc Buggeln <mbuggeln(a)gmx.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2015-3-088 |
Date: 2015/08/06 00:26:58
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Kraus, Eva: Das Deutsche Jugendherbergswerk 1909-1933. Programm
- Personen - Gleichschaltung. Berlin: Pro Business 2013. ISBN 978-3-86386-488-0; 450 S.; EUR 19,95. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Ulrich Linse, Fakultät 13, Hochschule für angewandte Wissenschaften München E-Mail: <linse(a)fhm.edu> Eine nachträgliche Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Deutschen Jugenherbergswerk ist diese 2011 bei der Universität Paderborn unter etwas anderem Titel eingereichte Dissertation von Eva Kraus wohl nicht[1], denn zum Feiern bot ihre Themenstellung auch wenig Anlass.[2] In der Einleitung setzt die Verfasserin nämlich bereits einen deutlich kritischen Akzent ihres Untersuchungsziels: Im Zentrum stehe die Frage nach den Ursachen von Selbstgleichschaltung und nachfolgender Fremdgleichschaltung des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) im Jahre 1933. Daraus möchte die Verfasserin ableiten, "ob dem DJH und seinen führenden Funktionären aus ihrem Verhalten während des Jahres 1933 [...] eine Mitverantwortung für die Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur anzulasten ist" (S. 308). Aus dieser Fragestellung erklärt sich auch die Tatsache, dass sich das letzte Drittel des klar und übersichtlich gegliederten Textes ausführlich mit dem Prozess der Gleichschaltung des DJH befasst. Die jeweils ebenso umfangreichen beiden vorausgehenden Abschnitte beschäftigen sich einmal mit der Entwicklung der Jugendherbergsidee bei dessen Gründer Richard Schirrmann und seinen Ideengebern (u.a. waren das der "Rembrandt-Deutsche" Julius Langbehn, der Bodenreformer Adolf Damaschke oder der deutsch-religiöse "Volkserzieher" Wilhelm Schwaner), der folgende Teil dann mit der Geschichte des Jugendherbergsverband von 1909 bis 1933 mit besonderer Berücksichtigung der Wirkung des Übergangs vom Kaiserreich zur Weimarer Demokratie auf den Verband, seine Zielsetzungen ebenso wie seine konkrete Arbeit betreffend. Eva Kraus sieht die Wurzeln von Schirrmanns Jugendherbergsidee in den um 1900 virulenten Bestrebungen von Lebensreform einschließlich Reformpädagogik und Jugendbewegung.[3] Dem Volksschullehrer Schirrmann ging es aber nicht um die praktische Erleichterung des Heimatwanderns der bereits in der bürgerlichen Jugendbewegung organisierten Gymnasiasten, sondern um die Öffnung des Jugendwanderns für die bisher vom Wandervogel noch nicht erfassten Volksschüler durch Bereitstellung geeigneter Herbergen ("Volksschülerherbergen"), da sich behelfsmäßige Strohlager in Schulräumen oder beim Bauern als unzureichende Lösung der Übernachtungsfrage während der Wanderungen erwiesen hatten. 1912 (offizielle Einweihung 1914) entstand in den Räumen der wiederhergestellten Burg Altena im Sauerland die erste ständige Jugendherberge ("Jugendburg") mit Schirrmann als "Herbergsvater". Zurecht schreibt Kraus, dass trotz Schirrmanns Rückgriff auf das Wander-Ideal des Wandervogels das Jugendherbergswerk keine autonom-jugendbewegte, sondern eine von (meist männlichen) Erwachsenen geleitete jugendpflegerische Einrichtung war. Die politische Ausrichtung Schirrmanns sei zunächst liberal gewesen, verbunden mit der Einsicht in die Notwendigkeit sozialer Reformen als Voraussetzung völkischer Wiedergeburt. Denn der ostpreußische Dorfschullehrersohn Schirrmann kannte als Volksschullehrer nicht nur die Probleme seiner gutsherrlich geprägten Heimat, sondern bald auch das proletarische Kinderelend in den Industriestädten des Ruhrgebiets aus eigener Erfahrung. In den ersten Jahren der Weimarer Zeit habe er sich als Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) für das demokratisch-republikanische System eingesetzt (DDP-Stadtverordneter 1919-1924), aber mit der Krise der Weimarer Republik habe sich seit Mitte der 1920er-Jahre sein "liberaler Nationalismus" zu einem "völkischen Nationalismus" radikalisiert. Dem Gründer und Vorsitzenden des DJH Schirrmann stand sein Freund Wilhelm Münker seit 1912 als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Verbandes zur Seite (als Fabrikant war Münker finanziell unabhängig). Er war ausgebildet als Industriekaufmann und eine Zeit lang Unternehmensleiter, und auch er Anhänger der DDP. "Zusammengebracht hatte die beiden Männer ein gemeinsames Ziel, der Aufbau des Jugendherbergswerks zur Förderung von Heimatliebe, Volks- und Wehrkraft" (S. 218). Eine gesellschaftliche oder politische Alternativ-Organisation sei also der DJH weder in der wilhelminischen noch in der Weimarer Zeit gewesen. Vielmehr konnte der Verband aufgrund seiner Übereinstimmung mit den jeweils vorherrschenden nationalen Strömungen die Unterstützung von Staat und Gesellschaft gewinnen und dadurch als Verband gedeihen und seinen Mitgliedern ein reichsweit ausgespanntes und wachsendes Jugendherbergsnetz zur Verfügung stellen, darüber hinaus auch auslandsdeutsche Jugendherbergsverbände und Herbergsgäste unterstützen. Der Verband betonte dabei seine politische und konfessionelle Neutralität, um so gerade in der zerrissenen Weimarer Republik die Unterstützung aller weltanschaulicher Lager zu erhalten und die mehrfach angedrohte Konkurrenz-Gründung eines Gegenherbergsverbandes zu verhindern. In Wirklichkeit sei eine Einseitigkeit der weltanschaulichen Ausrichtung freilich "sowohl durch die mit dem Jugendherbergsgedanken verknüpften nationalistischen Motive als auch durch die nationalistische Anschauung des Verbandsgründers und seiner Mitstreiter faktisch gegeben" (S. 138) gewesen (nur die Kommunistische Jugend sei ab 1932 tatsächlich dem Verband fern geblieben). Den neuen Gegebenheiten der Weimarer Republik habe man 1919 dadurch Rechnung getragen, dass in den Vorstand des Verbands ein Vertreter der Sozialdemokratie (Heinrich Schulz, u.a. Mitglied des zentralen Parteivorstandes der SPD, Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiterjugend und der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer) und eine Frau (Dr. Hertha Siemering, mit wichtigen Funktionen im Bereich der Volkswohlfahrt, insbesondere die Jugendpflege und Jugendfürsorge betreffend) aufgenommen wurden. Beide Personen waren auch als Vertreter einflussreicher Behörden Verbindungsbrücken zum Weimarer Staat und seinen finanziellen Ressourcen (Schulz als Staatssekretär im Reichsinnenministerium, Abteilung Schule und Bildung, Siemering als wissenschaftliche Hilfsreferentin im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt, dann im dortigen Arbeitsministerium). Trotz der "Alibi-Sozialdemokraten" in den diversen Vorständen und der Betonung der politischen Neutralität des Jugendherbergswerks meint Kraus: "Auffällig bleibt aber das starke Gewicht der bürgerlich-nationalistischen 'Fraktion' im DJH-Vorstand während der gesamten Weimarer Republik" (S. 142f.). Schirrmanns Ziel sei es dabei immer gewesen "ein einheitliches Jugendherbergswerk für alle Jugendlichen ,ohne Unterschied' als Beitrag zur ,Volksgemeinschaft und Volksbefriedigung'"(S. 137) zu schaffen. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung interessiert sich Kraus insbesondere für die Haltung des DJH zum Judentum und die Rolle jüdischer DJH-Funktionäre (S. 150-156). Es gab einige wenige Juden im DJH, offener oder grundsätzlicher Antisemitismus sei nicht festzustellen. "Wenn die Verbandsspitze auf antisemitische Bedenken Rücksicht nahm, geschah dies eher aus opportunistischen Beweggründen denn aus eigener judenfeindlicher Einstellung" (S. 155). Auch im Umgang mit jüdischen Funktionären oder Geldgebern zeige sich, "dass die Verbandsführung des Jugendherbergswerks darum bemüht war, den Verband programmatisch nicht zu eindeutig zu positionieren und sich nach vielen Seiten anzupassen, um auf diese Weise eine möglichst breite Unterstützung für das eigene Anliegen zu gewinnen" (S. 156). Die Führungspersonen des DJH gingen zunächst davon aus, dass sich auch die Zielsetzungen der Nationalsozialisten mit ihren eigenen "nationalen" deckten und suchten deshalb 1933 Kooperationsbereitschaft gegenüber dem NS-Regime zu signalisieren. Tatsächlich habe dies nichts anderes als Selbstgleichschaltung bedeutet, u.a. durch Entfernen der seit 1919 aufgenommenen sozialdemokratischen und wenigen jüdischen Funktionäre aus ihren Ämtern im Verband, um dadurch die Verbandsführung in den bisherigen Händen behalten zu können. Dieses Ziel verfolgte der DJH auch noch, als im April 1933 der Reichsjugendführer Baldur von Schirach im "Kössener Abkommen" (S. 9) Erster Vorsitzender des Verbands wurde und Schirrmann - inzwischen HJ-Mitglied geworden - auf den Ehrenvorsitz verdrängte. Des weiteren bestimmte dieses "Abkommen": "Die Marxisten scheiden aus Vorstand und Verwaltungsausschuss sowie aus den Gauleitungen usw. aus. Weiter sind Herbergseltern, die sich gegen die neue Staatsform wandten, zu ersetzen." Die Zusammenarbeit der alten DJH-Funktionäre mit den neuen Führern der Hitler-Jugend wurde von Seiten des DJH nicht in Frage gestellt; der DJH konnte auf diese Weise trotz Gleichschaltung wenigstens bis in den Zweiten Weltkrieg seine eigene organisatorische (nicht politische) Existenz erhalten, wenn auch die HJ bald das alleinige Sagen im Verband hatte. Das Fazit von Eva Kraus ist eine politisch-moralische Verurteilung[4] der DJH-Funktionäre: "Als Gegner des Nationalsozialismus kann der Deutsche Jugendherbergsverband [...] nicht gelten" (S. 310). Schirmann und Münker - seit Anfang der 1930er-Jahre war ihre Handlungsfähigkeit auch durch ein persönliches Zerwürfnis geschwächt - sei es nur um die optimale Förderung des Jugendwanderns und Ausbau des Herbergswesens gegangen, und ihre Kritik an von Schirach und anderen HJ-Führern habe allein dem Umstand gegolten, dass diese keine lebensreformerischen Ideale verkörperten, dem Wandergedanken ablehnend gegenüber standen und die Liebe zur Natur nicht förderten: "Kritik an den politischen Zielen der Nationalsozialisten, an der Ausgrenzung und Verfolgung und am Mord politisch Andersdenkender und Juden, die auch im Frühjahr 1933 schon offenkundig waren, übten Münker und Schirrmann weder 1933 noch nach 1945" (S. 301). Zwar sei ab 1933 der Konflikt zwischen den alten Funktionären der DJH - der "Frontkämpfergeneration" - und den jungen HJ-Führern mit ihrer militärisch-harten Haltung - der "Kriegskindergeneration" - unübersehbar, aber, so Kraus: "Dies enthebt diese nationalistisch denkenden Deutschen, zu denen auch die Mehrheit der führenden Funktionäre des Deutschen Jugendherbergsverbandes zählte, aber nicht der Verantwortung, durch ihre aus unterschiedlichen ideologischen wie opportunistischen Motiven gespeiste Bereitschaft, mit den Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten, deren Terror-Regime in seinen Anfängen mit ermöglicht und gefestigt zu haben. Die Tatsache, dass viele DJH-Funktionäre ihre Posten verloren und von der HJ aus dem Verband gejagt wurden, macht sie zwar vielleicht zu Opfern, aber nicht automatisch zu Gegnern des Regimes. Die Kritik der DJH-Führungsriege an den HJ-Führern war nicht Ausdruck ihres ethischen Empfindens, sondern zeugte von ihrer Frustration, im neuen, auch von ihnen ersehnten Staat nicht nur keinen Platz mehr zu haben, sondern diesen überdies an junge Männer abgeben zu müssen, die sie selbst für unfähig und unwürdig hielten" (S. 306f.). Freilich bieten die Einzelausführungen von Kraus selbst doch ein differenzierteres Bild: Der seit 1933 im deutschen DJH von den Nationalsozialisten kalt gestellte Schirrmann, seit 1932 bis 1937 Vorsitzender der Internationalen Gemeinschaft für Jugendherbergen, verlegte ab 1934/35 seine Aktivitäten auf diese internationale Ebene und kooperierte u.a. mit dem amerikanischen Herbergswerk (Vortragsreisen ins Ausland, u.a. 1936 nach den USA; Organisation mehrwöchiger Radtouren für jungen Amerikaner durch Deutschland und Nachbarstaaten), bis ihm 1937 die Gestapo den Reisepass entzog und er sich gezwungen sah, sich ganz aus dem Jugendherbergswerk zurückzuziehen. Die Tatsache, dass er daraufhin zwischen 1938 und 1945 mehrere Beitrittsgesuche an die NSDAP richtete, welche diese jedoch ablehnte, kann man ebenso zu Ungunsten wie zu Gunsten Schirrmanns werten.[5] Der bisherige Geschäftsführer Münker, neben Schirrmann der zweitwichtigste Mann des Verbands, wurde im "Kössener Abkommen" "dringend gebeten", seine Tätigkeit beizubehalten, "behält sich aber Handlungsfreiheit vor" (so der dortige Wortlaut). Auch das kann man, wie Eva Kraus, gegen ihn wenden, habe er doch damit die Möglichkeit einer Fortführung seines Amtes auch unter der neuen nationalsozialistischen Führung nicht ausgeschlossen. Fakt ist aber, dass er im Sommer/Herbst 1937 seinen Abschied vom DJH nahm, sich nun ehrenamtlich im Heimatschutz engagierte, sich aber in kritischen Denkschriften zu Fehlentwicklungen im DJH an Schirach wandte. Schirrmann und Münkler waren jedenfalls durch die nationalsozialistische Gleichschaltung des DJH, ganz gegen ihren Willen, aus der aktiven Verbandsarbeit hinausgedrängt worden und mussten sich so auf eine - nicht unkritische - Beobachterrolle zurückziehen. Nach dem Ende des Krieges und des Nationalsozialismus standen die beiden über Siebzigjährigen wieder für einen "Neu-Anfang" zur Verfügung: Schirrmann wurde von 1945-1949 Präsident des DJH-Hauptverbandes, Münker von 1945-1948 ehrenamtlicher Hauptgeschäftsführer des DJH-Hauptverbandes. Anmerkungen: [1] Eva Kraus, Das Deutsche Jugendherbergswerk und seine Gleichschaltung durch die Hitlerjugend (1909-1933), Paderborn 2011. Identische Online-Ausgabe auf <http://digital.ub.uni-paderborn.de/urn/urn:nbn:de:hbz:466:2-10294> (29.07.2015). [2] Kraus dankt im Vorwort "allen voran Otto Wirthensohn, dem früheren Präsidenten des bayerischen, deutschen und internationalen Jugendherbergswerks, der mich auf das Thema gebracht hat, die Arbeit Korrektur gelesen und mir stets den Rücken gestärkt hat" (S. 7). Sie rühmt auch die zum 100. Gründungsjubiläum zu Tage getretene "erfreuliche Entwicklung, da der DJH-Hauptverband auf Veranlassung des früheren DJH-Präsidenten Otto Wirthensohn einen Wissenschaftlichen Beirat unter Vorsitz von Professor Jürgen Reulecke initiierte, der neben dem erwähnten Sammelband auch eine international besetzte Tagung zur Geschichte des Jugendherbergswesens veranstaltete" (S. 14f., Anm. 14). Bei dem genannten Sammelband handelt es sich um die von Jürgen Reulecke / Barbara Stambolis hrsg. Festschrift: 100 Jahre Jugendherbergen 1909-2009. Anfänge - Wandlungen - Rück- und Ausblicke, Essen 2009. Eva Kraus hat darin zwei Abschnitte verfasst: Jugendherbergswerk und Nationalsozialismus (S.175-185); Der Werdegang führender DJH-Funktionäre in der NS-Zeit (S. 187-193). Das letztere Thema hat sie dann in der hier besprochenen Studie erweitert in einem umfangreicheren Anhang "Kurzbiographien DJH-Funktionäre und -Mitarbeiter" (S. 351-394). [3] Nach Hinrich Jantzen, Namen und Werke. Biographien und Beiträge zur Soziologie der Jugendbewegung, Bd. 1, Frankfurt am Main 1972, S. 255, war Schirrmann Mitglied des Altwandervogels und des Wandervogels E.V., nach Kraus gehörte er nach der Kriegsteilnahme dem Kronacher Bund der alten Wandervögel e.V. an. Der Kronacher Bund wurde 1920 im fränkischen Kronach als Sammelorganisation der Wandervogelsoldaten gegründet und erstrebte die Umsetzung der Wandervogelideale ins praktische berufliche und soziale Leben. [4] Man kann diese Strenge einer Nachgeborenen vielleicht verstehen, wenn man etwa in den Schirrmann gewidmeten Seiten in Jantzen, Namen, S. 256, liest: "Widerstandstätigkeit: Verweigerung der Übergabe seiner Jugendburgen an die Partei des Nationalsozialismus." Kraus führt den Eintrag über Schirrmann in Jantzen, Namen, nicht im Literaturverzeichnis auf. [5] Ein Grund für Schirrmanns entsprechende Bemühungen mag in dem bei Jantzen, Namen, S. 256, angegebenen Sachverhalt gelegen haben: "[...] da nicht Mitglied der NSDAP Vertreibung durch die Partei von Burg Altena, 1937". Allerdings liest man bei Jantzen, Namen, S. 259, auch: "1944, 15. Mai: Die Burg Altena erlebte nach langer Schmach einen Ehrentag. Zum siebzigsten Geburtstag von R. Schirrmann fand inmitten namhafter Herbergsfreunde eine denkwürdige Feier statt, auf der vor aller Öffentlichkeit in Rede und Presse seine Ehre wiederhergestellt wurde." Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jürgen Dinkel <juergen.dinkel(a)gcsc.uni-giessen.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2015-3-090> |
Date: 2015/08/07 23:38:07
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
From: Martin Munke
<martin.munke(a)phil.tu-chemnitz.de> Date: 06.08.2015 Subject: Konf: Der Wiener Kongress und seine Folgen. Großbritannien, Europa und der Friede im 19. und 20. Jahrhundert / The Congress of Vienna and its Aftermath. Great Britain, Europe and Peace in the 19th and 20th Century - Coburg 09/15 ------------------------------------------------------------------------ Prinz-Albert-Gesellschaft e.V. in Verbindung mit der Landesbibliothek Coburg 03.09.2015-05.09.2015, Coburg, Andromeda-Saal der Landesbibliothek, Schloss Ehrenburg, Schlossplatz 1, D-96450 Coburg Deadline: 28.08.2015 2015 jährt sich die Wiederkehr des Wiener Kongresses zum 200. Mal. Auf diesem Kongress wurde die Grundlage für eine europäische Friedensordnung gelegt, die, mit geringfügigen Unterbrechungen, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 Bestand haben sollte. Niemals zuvor, und bisher niemals wieder danach, war den Staaten und Nationen Europas eine vergleichbar lange Friedenszeit vergönnt. Doch nicht nur das. Der Wiener Kongress verzichtete ausdrücklich darauf, die Kriegsschuldfrage zu stellen und den besiegten Gegner - Frankreich und die Franzosen - mit dem Stigma des moralischen Makels zu belegen, welche Versuchung nach den ungeheuerlichen Verwerfungen der Französischen Revolution und des Napoleonischen Zeitalters wohl nahegelegen hätte. Mit dieser bewusst auf Ausgleich und Versöhnung angelegten Haltung gaben die Architekten des Kongresses ein Vorbild ab, dessen Prägekraft bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Gültigkeit hatte. Erst die Bestimmungen des Versailler Friedens und der Pariser Vorortverträge von 1919 setzten das Prinzip der Nichtvergeltung für angebliche Kriegstreibereien außer Kraft; an dessen Stelle trat die Frage nach Schuld und Sühne, die bis heute die meisten Pazifizierungswerke bestimmt. Die Jahrestagung 2015 der Prinz-Albert-Gesellschaft e.V. reiht sich ein in eine Folge von Gedenk- und Memorialveranstaltungen in Deutschland und Österreich, die alle auf die grundlegende Bedeutung des Wiener Friedenswerkes verweisen. Ihnen gegenüber zeichnet sie sich die Tagung durch drei besondere Schwerpunktsetzungen aus: 1. Gemäß der Satzung der Prinz-Albert-Gesellschaft wird der Beitrag Englands zur Errichtung der Wiener Friedensordnung eigens gewichtet. Welche Rolle spielte Großbritanniens bewährtes diplomatisches Verhandlungsgeschick in Wien? Welche friedenssichernden, über den aktuellen Anlass hinausgehenden Ziele verfolgten die leitenden britischen Staatsmänner, zumal Castlereagh und Wellington, gegenüber ihren europäischen Mitstreitern? Inwieweit bestimmten die maritimen und kolonialen Interessen des Inselreiches dessen konkrete Verhandlungsführung mit? 2. Friedensstiftung und Friedenswahrung zählt auch heute, einmal mehr, zu den zentralen Anliegen einer europäisch verantworteten Politik. Dies galt auch schon für das 19. Jahrhundert und wurde gerade von englischen Staatsmännern und Diplomaten immer wieder ins politische Kalkül eingespeist. Die Tagung verfolgt in diesem Sinne - über das konkrete Geschehen in Wien 1813/15 hinaus - die Bemühungen der englischen und europäischen Politik, lokale oder regionale Antagonismen nicht in einen großen europäischen Krieg einmünden zu lassen, sondern, bis zur Katastrophe von 1914, alle auftretenden Schwierigkeiten konsensual zu regeln. Beispiele dafür bieten, unter anderem die Beendigung des Konfliktes um Schleswig und Holstein 1848, der Abschluss Krimkrieges durch den Pariser Frieden von 1856 sowie die mehrfach erfolgten Konfliktregulierungen im Rahmen der Balkankrisen von 1878, 1912 und 1913. Alles dieses geschah auf Grundlage der bis 1914 im wesentlichen funktionierenden Wiener Ordnung - und wird in Folge dessen einen eigenen, speziellen Aspekt des Tagungsgeschehens bilden. 3. Reminiszenzen und Reflexe an die Bestimmungen der Wiener Ordnung von 1815 sind auch der internationalen Diplomatie des 20. Jahrhunderts nicht fremd. Ein prominentes Beispiel dafür bietet die Politik der Vereinigten Staaten unter der Ägide ihres aus Franken stammenden langjährigen Außenministers Henry Kissinger. Und nicht zufällig erfuhr gerade in jenen Jahren die Idee einer systemübergreifenden, blöckeumspannenden europäischen Friedensordnung im Rahmen der KSZE-Verhandlungen eine partielle Neubelebung. Sie gipfelte in der Schlussakte von Helsinki 1975 und besaß weitreichende Folgen im Blick auf die Veränderung der politischen Gemengelage in Ost- und Ostmitteleuropa. Aktuelle Konfliktbereinigungsstrategien zehren noch immer von den damit verbundenen Instrumentarien. So wirkt das Wiener Friedenswerk von 1815 in fernen Ausläufern bis in unsere eigene Gegenwart von 2015 hinein. Die Tagung ist öffentlich, die Teilnahme daran kostenfrei. Um eine Anmeldung wird aus Planungsgründen bis zum 28. August 2015 gebeten. Vorbereitung und Konzeption: Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Martin Munke M. A., Dr Glyn Redworth ------------------------------------------------------------------------ Donnerstag / Thursday, 3. September 2015 17:00 Uhr: Vorstands- und Beiratssitzung der Prinz-Albert-Gesellschaft / Board Meeting of the Prince-Albert-Society 18:30 Uhr: Dr. habil. Eberhard Straub (Berlin): Der Wiener Kongress, England und die Neuordnung Europas / The Congress of Vienna, England and the Reshaping of Europe 20:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen / Dinner Freitag / Friday, 4. September 2015 9:00 Uhr: Begrüßung und Eröffnung / Introduction (Dr. Silvia Pfister, Coburg / Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Chemnitz) Sektion I: Militär und Politik / Politics and the Military Diskussionsleitung / Chair: Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll (Chemnitz) 9:30 Uhr: Dr. Dirk Reitz (Dresden): Wellingtons Sieg? Der Sommerfeldzug in Belgien 1815 als Prüfstein der britisch-preußischen Koalitionskriegsführung / Wellington's Victory? The Belgian Summer Campaign of 1815 as a Touchstone of the British-Prussian Coalition Leadership 10:15 Uhr: Prof. Dr. Lothar Höbelt (Wien): Der englisch-amerikanische Krieg von 1812 und seine Rückwirkungen auf das europäische Mächtesystem / The Anglo-American War of 1812 and its Effects on the European Power-System 11:00 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak 11:30 Uhr: Prof. Dr. Stefan Schieren (Eichstätt-Ingolstadt): Intervention und Völkerrecht im 19. und 20. Jahrhundert / Intervention and International Law in the 19th and 20th Centuries Sektion II: Der Wiener Kongress: Voraussetzungen, Inhalte und Zielsetzungen / The Congress of Vienna - Requirements, Issues, and Objectives Diskussionsleitung / Chair: Prof Robin Blackburn (Essex) 12:15 Uhr: Prof Michael Broers (Oxford) - The World We Have Lost: A geography of Napoleonic Europe; what Vienna had to unravel / Die Welt, die wir verloren haben. Eine Geographie des napoleonischen Europa - was Wien zu entwirren hatte 13:00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen / Lunch 14:30 Uhr: Führung durch die Herzogliche Hof- und Staatsbibliothek / Guided Tour of the Ducal Court- and State Library 15:00 Uhr: Prof John Davis (London) - Economic Dimensions of the Peace of 1815 / Wirtschaftliche Dimensionen des Friedens von 1815 15:45 Uhr: Mark Edward Hay (London) - Great Britain, "Germany" and the Dichotomy of Dutch Historical Agency, 1812-15 / Großbritannien, "Deutschland" und die Dichotomie des historischen Wirkens der Niederlande, 1812-1815 16:30 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak Diskussionsleitung / Chair: Dr. Carl-Christian Dressel (Erfurt) 17:00 Uhr: PD Dr. Georg Eckert (Wuppertal): Wien in der Kritik. Britische Gegner der neuen Ordnung / Criticizing Vienna: British Opponents of the New Order 17:45 Uhr: Prof Munro Price (Bradford) - France and the Vienna Settlement, 1814-30 / Frankreich und das Abkommen von Wien (1814-1830) 18:30 Uhr: Mitgliederversammlung der Prinz-Albert-Gesellschaft / General Meeting of the Prince Albert Society 20:00 Uhr: Festliches Dinner / Conference Dinner Samstag / Saturday, 5. September 2015 Sektion III: Folgen und Nachwirkungen im 19. und 20. Jahrhundert / Consequences and After-Effects during the 19th and 20th centuries Diskussionsleitung / Chair: Dr Glyn Redworth (Oxford) 9:00 Uhr: Prof. Dr. Volker Sellin (Heidelberg): Restauration und europäische Friedensordnung / Restoration and the European Order of Peace 9:45 Uhr: Dr. Carl-Christian Dressel (Erfurt): Kleinstaaten in Mitteldeutschland. Sachsen-Coburg im Deutschen Bund (1815-1850) / Small States in Central Germany: Saxe-Coburg and the German Confederation, 1815-50 10:30 Uhr: Kaffeepause / Coffeebreak 11:00 Uhr: Prof. Dr. Hans-Christof Kraus (Passau): Zwischen Frankreich und Russland. England und der Krimkrieg / Between France and Russia: England and the Crimean War 11:45 Uhr: Colin A. Munro CMG (Wien): From Versailles to OSCE. The United Kingdom and Peacemaking in Europe / Von Versailles zur OSZE. Das Vereinigte Königreich und die Friedenssicherung in Europa 12:30 Uhr: Abschlussdiskussion / Final Discussion ------------------------------------------------------------------------ Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll Prinz-Albert-Gesellschaft e.V., c/o Technische Universität Chemnitz Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, D-09107 Chemnitz prinz-albert-gesellschaft(a)tu-chemnitz.de Homepage <http://www.prinz-albert-gesellschaft.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=28593> |
Date: 2015/08/10 23:05:37
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Buruma, Ian: '45. Die Welt am Wendepunkt [Übersetzt aus dem
Englischen von Barbara Schaden]. München: Carl Hanser Verlag 2014. ISBN 978-3-446-24734-5; 412 S., 27 SW-Abb.; EUR 26,00. Rezensiert für H-Soz-Kult von: Claudia Kemper, Hamburger Institut für Sozialforschung E-Mail: <claudia.kemper(a)his-online.de> Es verwundert, wie wenig der 70. Jahrestag des Kriegsendes von 1945 im Jahr 2015 geschichtspolitische Debatten über die Bedeutung Europas ausgelöst hat. Die Ingredienzen für eine kontroverse Auseinandersetzung über Sinn und Gehalt der europäischen Einheit wurden schon im ersten Halbjahr von politischer Seite ausreichend geliefert. Mit Ian Burumas Buch "'45. Die Welt am Wendepunkt" (englischer Originaltitel: "Year Zero. A History of 1945") liegt eine historiographische Flanke vor, die kritische Zeitgenossen in dieser Debatte ausgiebig konsultieren könnten. Angesichts der mentalen und physischen Trümmerlandschaften am Ende des Krieges waren Gewalt und Angst verbreitet, aber eben auch Träume über eine friedlichere Zukunft, sei es mit Hilfe einer Weltregierung, der Vereinten Nationen oder eines vereinten Europas - Träume, die schon länger verflogen und einem starken Pragmatismus gewichen sind. Buruma führt seine Leserinnen und Leser an Schauplätze unterschiedlicher Weltregionen (mit Schwerpunkt auf Westeuropa, den USA und Südostasien), um Zäsuren, Zusammenbrüche und Aufbrüche des Jahres 1945 in einem fulminanten Panorama zusammenzuführen. Gespickt mit zeitgenössischen Zitaten der Enttäuschten und Hoffnungsvollen verdeutlicht seine Geschichte vom Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder dessen Verbindungen mit der Gegenwart, so etwa in den Ideen der "Paneuropäer" (wie Buruma etwas undifferenziert zusammenfasst) oder anderer europäischer Visionäre, die mehr als aktuell klingen: "Wenn Europa wirtschaftlichen Nationalismus nicht gegen internationalen Regionalismus eintauschen kann, wird es zugrunde gehen, wie die griechischen Stadtstaaten zugrunde gingen: in fruchtlosem gegenseitigen Hass und Misstrauen unter der Knute des Angreifers." (S. 293) Buruma zitiert hier den britischen Schriftsteller und Kritiker Cyril Connolly vom Dezember 1944, der mit der Kapitulation des Deutschen Reiches wenige Monate später seine Hoffnung auf eine Befriedung Deutschlands und auf Frankreich als kulturelles Herz Europas setzte. Schon 1945 begann jedoch auch der Streit etwa zwischen Linken in Großbritannien und Nationalisten in Frankreich, mit welchen Planungstechniken sich Frieden und Stabilität erreichen ließen. Es ist bekannt, aber in dieser erzählerischen Dichte nochmals beeindruckend: Letztlich konnten sich viele Linke, die teils im Widerstand gegen den Nationalsozialismus gekämpft hatten, nur für kurze Zeit behaupten, bis sich das Primat der Stabilität durchsetzte. Freilich bewegen sich die Leser an diesem Punkt der Lektüre schon im dritten Teil ("Nie wieder") von Burumas detailreicher, gleichzeitig in mutigen großen Schwüngen erzählten Geschichte, in der nicht nur Europa um seinen inneren Zusammenhalt ringt, sondern immer wieder auch Südostasien und vor allem Japan. In den beiden Teilen zuvor lässt der Autor unter den Überschriften "Befreiungskomplex" und "Trümmerbeseitigung" ein Panorama der Gewalt, der teils ungezügelten, teils verrechtlichten Rache und Vergeltung am Leser vorbeiziehen, das einen - wohl auch beabsichtigt - schaudern lässt. Buruma ist ein Könner der populären Geschichtserzählung, in der nonchalant Teile des aktuellen Forschungsstandes eingeflochten werden, wenn auch oft ohne detaillierte Belege, oder Ambivalenzen zeitgenössischer Handlungsoptionen zum Ausdruck kommen. Persönliche Erinnerungen, Tagebucheinträge, Biographien, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel gehören zu den Hauptquellen, aus denen Buruma schöpft und mit denen er sowohl die Befreiung der Konzentrationslager in Europa oder den beginnenden Bürgerkrieg in Griechenland als auch das Vorrücken sowjetischer Truppen in der von Japan besetzten Mandschurei erzählt. Verstörend ist der "Befreiungskomplex", in dem der Jubel über die Befreier und der Genuss wiedergewonnener körperlicher Unversehrtheit neben dem Hunger und neben den Gewaltausbrüchen gegen alle stehen, die tatsächlich oder vermeintlich zur falschen Seite gehört hatten. In den Niederlanden, wohin Burumas Vater nach seiner Zeit als Zwangsarbeiter in Berlin zurückkehrte, oder in den ehemals deutsch besetzten Gebieten in Polen spielen sich ähnliche grausame Szenen ab, werden Kollaborateure erschlagen, Frauen vergewaltigt, wird sich dem eigenen Leben scheinbar nur durch die Gewalt am Anderen versichert. Buruma lässt den Königsberger Krankenhausleiter Hans Graf von Lehndorff fassungslos sprechen angesichts der Vergewaltigungen von Schwestern wie Patientinnen durch russische Soldaten: "Hat das noch etwas mit natürlicher Wildheit zu tun oder mit Rache? Mit Rache vielleicht, aber in einem anderen Sinn... Welch ein Bemühen, das Chaos zur Schau zu tragen!" (S. 98) Buruma greift dieses und andere Zitate auf, um seine Interpretation der basalen Gefühls- und Handlungsdimensionen in dieser im wahrsten Sinne des Wortes entgrenzten Welt einzufügen. Aus den zahlreichen individuell motivierten Beweggründen ragte die Rache weit heraus, die "selten frei im Raum" steht (S. 98), sondern angestachelt oder antrainiert wird, die eskaliert oder einfach nur geschieht, weil sie keine Konsequenzen fürchten muss. Wenn auch eingängig, neigt Buruma allzu sehr dazu, menschliches Verhalten als triebgesteuert zu deuten. Hierin liegt auch der argumentative Übergang zum zweiten Teil des Buches ("Trümmerbeseitigung"), denn was sich einige Wochen, vielleicht Monate unkontrolliert Bahn brach, habe unter Kontrolle gebracht werden müssen. Ein Hauptmotiv für Militärtribunale und Kriegsverbrecherprozesse sieht Buruma deshalb in der Notwendigkeit, das emotionale Bedürfnis nach Vergeltung in demonstrativen, fassbaren Verfahren zu befriedigen. In den Teilkapiteln "Entgiftung" und "Rechtsstaatlichkeit" widmet sich der Verfasser den teils planlosen, aber nichtsdestotrotz effektiven Methoden sowohl sowjetischer wie westlicher Besatzungsbehörden, der in der Vergangenheit geschehenen Gewalt ein eigenes, die Gegenwart legitimierendes Gewaltmonopol entgegenzusetzen. Der Situation geschuldete Planlosigkeit stellt Buruma auch fest im Umgang westlicher Besatzer mit vertriebenen Kroaten, Serben, Slowenen oder Ukrainern, die in Kärnten anlandeten und nach einigem Abwägen ohne Bedenken, aber durchaus in Kenntnis der dortigen Situation in den Machtbereich der Sowjetunion rückgeführt wurden. Liest man die Abschnitte zu den in erster Linie nach logistischen und diplomatischen Gesichtspunkten angeordneten Entscheidungen, als deren Folge Menschenmassen auf dem europäischen Kontinent bewegt wurden, wundert einen der Anspruch, mit dem fast zur selben Zeit in San Francisco die Gründungsversammlung der Vereinten Nationen (UN) abgehalten wurde. Buruma löst den Widerspruch, der keiner war, nur implizit auf: Er verweist auf die langen Linien der UN-Idee seit der Atlantik-Charta 1941 ebenso wie auf die zahlreichen regionalen Konflikte, die im und nach dem Krieg ihre Konstellation veränderten, aber in der Regel nicht aufhörten. Die "Welt am Wendepunkt" zeigt sich in Burumas episodischer Erzählung als eine Welt, in der Gesellschaften zertrümmert waren und in der für die so genannte zivilisierte Welt nicht vorstellbare Grausamkeiten geschehen waren. Die Menschen dieser Welt waren rasend vor Wut und Rachelust, aber auch voller Hoffnung, die womöglich wegen des vorangegangenen Grauens so überzeugt und groß ausfiel. Es wundert nicht, dass die Originalausgabe den Titel "Year Zero" trägt, denn aus Sicht vieler Zeitgenossen musste es einen klaren Neuanfang geben. Es ist Burumas erzählerischer Strategie zu verdanken, dass Kontinuitäten im Personal, in den Institutionen und in der nicht abgetragenen Schuld dennoch so deutlich werden. Verständlicherweise erfahren die Leser vom Japan-China-Kenner Buruma mehr über diese Zonen der Nachkriegszeit als etwa über Nordafrika oder Skandinavien. Während Deutschland als vom Weg abgekommene Zivilisation galt, die nur ordentlich mit Kulturgut und Demokratielehrstunden eingedeckt werden müsse, bis das Gute wieder zum Vorschein komme, standen Japaner weiterhin im Ruf, mit partizipatorischer Demokratie wenig anfangen zu können, weshalb sie von den Amerikanern eher missioniert als "re-educated" wurden. Japans bis dato schwieriges Verhältnis zur Vergangenheit oder seine komplizierten Beziehungen zu anderen asiatischen Staaten versucht Buruma nicht das erste Mal zu erklären. Auch in dieser Variante japanischer Geschichte, eingebettet in eine globale Erzählung mit offenem Ausgang, bleiben weiterhin Fragen offen. Ian Buruma ist kein Historiker im akademischen Sinne. Es fehlt an repräsentativer Auswahl der Quellen und an analytischer Tiefenschärfe, wie an anderer Stelle schon zu Recht bemerkt wurde.[1] Auch der separate Bildteil des Buches bleibt mit dem Text unverbunden und wird nicht als Quelle genutzt. Ein Hauptziel des Autors (geb. 1951) ist es, "die Welt meines Vaters und seiner Generation zu verstehen" (S. 20); dafür baut er mitunter sehr persönliche Bezüge zur eigenen Familie ein. Wer sich darauf einstellt und weder eine Lehrstunde zum deutschen Kriegsende noch eine Bestandsaufnahme aller Neuanfänge von 1945 erwartet, kann das Buch mit viel Gewinn lesen. Denn Buruma erzählt eine subjektiv komponierte Geschichte von Rache und Hoffnung in chaotischer Zeit, und genau darin liegt ihre Kraft. Anmerkung: [1] Jürgen Osterhammel, Meist siegte das Bedürfnis nach Rache, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2015, S. 10, <http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/meist-siegte-das-beduerfnis-nach-rache-ian-burumas-45-die-welt-am-wendepunkt-13445446.html> (22.07.2015); Gregor Schöllgen, Als Onkel Emil gegen Hitler kämpfte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2015, S. 6, <http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/autor-ian-buruma-zeigt-das-kriegsende-in-europa-und-asien-13501600.html> (22.07.2015). Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jan-Holger Kirsch <kirsch(a)zzf-pdm.de> |
Date: 2015/08/12 08:53:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die Perseiden kommen.
Nein, das sind keine Flüchtlinge
aus dem alten Persien, die zu uns kommen, um hier zu leben, weil es ihnen hier
besser geht als dort, wo sie herkommen. Nein, das sind kleine Fels- und
Eisbrocken aus dem Weltraum, und sie kommen, um hier zu sterben, weil sie der
Erde im Weg stehen. Das alles interessiert uns aber
nicht, als wir unsere Liegestühle aufstellen und uns angesichts der kühler
werdenden Abendluft etwas wärmer angezogen darin niederlassen. Eine Decke über
den Füßen liege ich in der Hängematte und schaue in den Abendhimmel, wo sich das
Blau langsam in eine Art Schwarz verwandelt. Keine Wolke ist zu sehen, ein
bießchen diesig ist es, aber das verschwindet nach und nach. Ein richtig schöner
Sommerabend. Dort erscheint matt ein Lichtpunkt,
dort drüben auch. Mehr und mehr werden es. Der erste dort oben im Norden ist
tatsächlich der Nordstern, seine Position läßt sich anhand des Großen Wagens und
der Cassiopeia, dem Himmels-W, gut definieren. Die beiden haben sich links und
rechts des Blickfeldes in der Eiche und der Platane verheddert und sind nicht
wirklich ganz zu sehen. Es wird noch eine Ecke dunkler, die Lampen am Haus
verlöschen, als ihre Zeit abgelaufen ist. Und der Sternenhimmel öffnet sich in
aller Pracht. Seltsam, unter dem Polarstern liegt
ein breites, knapp dreieckiges Feld ganz ohne Sterne. Wolken sind es nicht. Muß
ich mal auf der Karte anschauen. Ich packe meine Flöte aus (die aus Kunststoff)
und versuche mich an einigen Weisen, die ich als Lied kenne. Im großen und
ganzen lassen sich die Melodien erkennen, wenn’s auch mit den Vorzeichen hapert.
Fis und b kommen nicht immer beim ersten Mal, und so schütteln sich die hohen
Tannen ein paar Mal aus purer Verzweiflung. Lichter bewegen sich am Himmel,
Ufos allesamt, denn außer, daß die Dinger fliegen, weiß ich nichts über sie.
Ihre Bauart, ihre Besatzung, ihr Ziel bleibt unbekannt. Unbekannte fliegende
Objekte. Ein paar brummen, aber das ein oder andere zieht einfach nur seine
schnurgerade Bahn von links unten nach rechts oben und verschwindet wieder aus
meinem Blick. Meine Frau im Stuhl nebenan beschwert sich, weil sie keine
Sternschnuppe zu sehen bekommt. Ich schaue hinüber und rate ihr, das bescheuerte
Handy zur Seite und den Kopf in den Nacken zu legen, dann stünden die Chancen
besser. Da - ein heller Blitz zur rechten,
schon verschwunden, ehe sich mein Blick darauf heften kann - wie eine Kugel aus
Feuer, die aufflammt und wieder verlischt. Sternschnuppen sind kurzlebig. Die
Steine donnern in die Atmosphäre, und dort, wo die Luft zu dicht und die Reibung
zu groß wird, flammen sie auf, und - haste nicht gesehen - sind sie auch schon
weg. Aber schon seltsam, daß heute abend
so wenig los ist da oben. In der Zeitung stand doch, die höchste Konzentration
sei am Mittwoch auf Donnerstag - in der Nacht vom 12ten auf den 13ten. Deshalb
haben wir das Eis-Essen-Gehen heute abend auf morgen verschoben und jedem, der
es nicht wissen wollte, gesagt, was wir hoit abend machen. Und ihn eingeladen,
es genauso zu tun. Ein vager Verdacht macht sich
breit. Anne geht ins Haus und schaut in der Zeitung nach. Das Datum stimmt,
Mittwoch auf Donnerstag. Und mir fällt Reinhard May ein und
die Single, die noch irgendwo in einem Plattenalbum steckt, denn heute ist erst
Dienstag. Also fällt das Eis heute abend auch
aus. Alsfassen am Tag des
Sternschnuppeneinfalls im August 2015. Roland
Geiger |
Date: 2015/08/17 23:34:49
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Gepflegte Konversation am
Dom ein Gedächtnisprotokoll von Roland
Geiger Wissen Sie, was ein
scheißbehinderter Wichser ist? Nein? Nun, das ist ganz einfach, das ist jemand,
der einem sagt, man dürfe nicht gegen die Wand der Kirche pinkeln. Bis
vergangenen Freitag wußte ich das auch nicht - also zum einen, was das ist, und
zum anderen, daß ich so jemand bin. Bis mich am Freitagabend so gegen elf Uhr
vor dem Gasthaus „El Corazon“ ein junger Mann eines besseren belehrte. Man lernt
nie aus. Ich hatte meinen
Stadtrundgang als Nachtwächter mit zwei Gästen aus Oberlinxweiler beendet (der
andere Nachtwächter Ortwin Englert stand auch wieder da; er war zwar laut
unserem 14-tägigen Turnus nicht an der Reihe, aber wenn ich da stehe, steht er
auch immer da und nimmt mir alle Leute weg, die vage aus Richtung Angel’s
kommen. Dieses Mal grabschte er mir nur sechs Leute weg, die vor dem Angel’s zu
ihm gestoßen waren; die 36 Euro, die damit er und nicht ich kriege, sind das
eine, das andere sind die dummen Blicke der Leute, die plötzlich zwei
Nachtwächter sehen und meinen, sie wären besoffen; das führt immer wieder zu
peinlichen Momenten und unangenehmen Rückfragen, aber soll ich dann rübergehen
und sagen, he, alle, die nicht in Angel’s wohnen, dürfen nicht bei ihm mit-,
sondern müssen mit mir mitgehen?), und war mit recht trockener Kehle beim
Barbara und Franz eingekehrt, um selbige - die Kehle - mit einem kalten
bleifreien Weizenbier zu befeuchten. Ich hatte an dem großen Tisch vor dem
Eingang platzgenommen - es hatte zwar gegenüber dem Vortag abgekühlt, aber es
war immer noch angenehm warm - und saß mit dem Rücken zur Balduinstraße und
genoß mein Bier. Plötzlich sagte der Gast rechts von mir mit einem Ton von
Entrüstung in der Stimme: „Na, der wird doch nicht … oh, dieses Schwein.“ Ich
drehte mich zu ihm hin, folgte seinem Blick und gewahrte oben schon kurz
vorgestellten jungen Mann, der schnurstracks aus dem Spinnrad kommend in die
Nische rechts des Südturms der Basilika maschiert war und schon im Gehen an
seinem Latz herumgefummelt hatte. Jetzt stand er breitbeinig in der Ecke
zwischen Turm und Mauer und wollte gerade loslegen, als mir der Kragen platzte.
Nun muß man wissen, daß ich
normalerweise eher zweimal nachdenke, statt mich auf solch ein Abenteuer
ungewissen Ausgangs festzulegen, will sagen, an sich bin ich ein ausgemachter
Feigling, der seit über 40 Jahren jeder Schlägerei aus dem Weg gegangen ist.
Aber es gibt Grenzen. Für den Typen mag das große Gebäude nur eine Mauer gewesen
sein, die praktischerweise dort stand, wo er den Druck auf seiner Blase
loswerden wollte. Für mich war es ein bißchen mehr. Ich bin nicht der übermäßig
große Kirchgänger, das ist es nicht. Gleichwohl ist die Kirche ein Gebäude, an
dem ich sehr hänge, vor allem, da ich in den letzten Jahren viele Stunden darin
verbracht habe und lange Zeit darauf verbracht habe, ihre Geschichte zu
erforschen. Sie steht dort seit über 500 Jahren und hat schon einiges gesehen
und einiges erlebt. Es hätte ihr sicher nichts ausgemacht, wenn gegen ihren
unteren Rand gepinkelt worden wäre. Aber mir machte es etwas aus. Wie gesagt -
es gibt Grenzen. Ich bin oft am Freitagabend in dieser Gegend, vor, während und
nach dem Nachtwächterrundgang. Ich habe mir dort schon einiges anhören müssen -
von gutmütigen Frotzeleien bis zu höhnischen und verletztenden Äußerungen. Und
im letzten Winter habe ich schon mal einen jungen Mann angesprochen, der aus dem
Spinnrad kam und schnurstracks auf die Mauer zulief, damals auf der anderen
Seite des Turms. Der hatte mich verdutzt angeschaut, als ich fragte, was das
soll. Und dann verschämt den Kopf gesenkt, seinen Schwanz wieder eingepackt und
war wieder ins Spinnrad verschwunden, mit einem gemurmelten „Entschuldigung“ auf
den Lippen, als er an mir vorbeischlich. Der junge Herr am
Freitagabend war anderen Kalibers. Vielleicht lag es daran, daß er
sternhagelgranatenvoll war. Als ich aus dem Stuhl auf- und herumfuhr, ihn
anbrüllte, was der Scheiß denn bitte soll, und dann ein paar Schritte auf ihn
zumachte, schnellte er herum, sprang auf mich los und begann sofort mit wüsten
Beschimpfungen. Er begann mit dem üblichen „Arschloch“, was in gewissen Kreisen
noch zum guten Ton gehört, und obwohl wir uns uns nicht kannten und sicher nicht
auf gleicher gesellschaftlicher Ebene verkehrten, fiel er sofort ins eher
kleingeschriebene „Du“ und fragte lautstark, was denn los sei, was ich denn
wolle, ich solle nur herkommen. Da wurde mir klar, auf was ich mich eingelassen
hatte, aber zum Zittern hatte ich keine Zeit, das kam erst später. Ich weiß
nicht mehr, was ich ihm entgegnete, aber klein beigeben wollte ich auch nicht.
Er kam bis auf Armeslänge auf mich zu und schlug mir mit der flachen Hand auf
die Brust, als er plötzlich von einem Begleiter weggerissen und fortgezerrt
wurde. Jetzt endlich erfuhr ich, daß ich ein scheißbehinderter Wichser sei. Ich
hätte gern mehr gehört, aber er verbiß sich an dieser Bezeichnung und
wiederholte sie ein ums andere Mal. Ich wartete noch einen Moment, drehte mich
um und ging zum Tisch zurück, wo ich mich niederließ und so tat, als wenn nichts
gewesen sei. Meine Hände verbarg ich unterm Tisch und in meinem Umhang. Ich
hätte gern etwas getrunken, aber das ging nicht. Aus dem Lokal kam ein junger
Mann und fragte die anderen an meinem Tisch, warum sie nicht mal auf die Idee
gekommen seien, aufzu- und mir beizustehen. Ich konnte sie nicht dafür tadeln,
da ich nicht weiß, wie ich an ihrer Stelle reagiert hätte.
Die anderen Gäste hatten
währenddessen den Abgang des verhinderten Mauerbefeuchters beobachtet, den ich
im Hintergrund immer noch schreien hörte. Und plötzlich rief jemand: „Der kommt
zurück!“ Seine Stimme wurde lauter, er war immer noch bei seinem Lieblingsspruch
vom scheißbehinderten Wichser und kam inhaltlich mit diesem Text nicht voran.
Kurz darauf stand er dicht hinter mir, und ich drehte mich nicht um. Jemand vom
Tisch sprach ihn an und fragte, was er wollte. Keine Ahnung, was er als Antwort
gab. Plötzlich kam die Wirtin nach vorne und sagte ihm in halbwegs ruhigem Ton,
er solle verschwinden und ihre Gäste nicht belästigen. Ich fand das sehr mutig
von ihr, aber sagte, „Barbara, laß ihn, er ist es nicht wert.“ Was er zu ihr
sagte, kriege ich nicht mehr zusammen, aber es war so tiefste Schublade, daß ich
fast froh war, daß Franz, der Wirt, es nicht mitbekam, denn der hätte wohl nicht
viel Federlesens mit jemanden gemacht, der seine Frau so widerwärtig beleidigte.
Wieder zog ihn sein Bekannter weg, und wieder hatten sie den Dom passiert, als
er schon wieder zurückkam. Wieder stellte sich ihm jemand von unserem Tisch in
den Weg, redete auf ihn ein, obwohl das ziemlich fruchtlos war, denn ich nehme
an, daß er gar nichts mehr mitbekam. Er hatte jetzt sein Repertoire gewechselt
und erging sich in Spekulationen über die Mutter seines Kontrahenten. Der blieb
erstaunlich ruhig, und als den anderen der Bekannte und jetzt auch eine junge
Frau wegzerrten, da atmete das ganze Lokal auf. Er kam nicht wieder. Aber als
ich eine halbe Stunde später aufbrach und mich mit Hellebarde und Lampe
bewaffnete, riet man mir, „unten rum“ zu meinem Auto zu gehen, der Weg durch die
Oberstadt sei momentan nicht ratsam. Das war wirklich ein
interessanter Abend gewesen. Zwei Gäste, die Ortwin Englert mir nicht
weggeschnappt hatte (er bekam nur sechs Zuhörer), eine nette Konversation vor
dem Corazon und einen neuen Begriff gelernt. Aus dem Sommer kann noch
etwas werden. ©
Alsfassen, 17ter August
2015 |
Date: 2015/08/21 06:54:24
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ:
30 Jahre Heimat- und KulturvereinOstertaler feiern runden Geburtstag im Kulturzentrum NiederkirchenSie arrangierten ein Treffen ehemaliger Kriegsgegner, veröffentlichen Chroniken und sichern historische Fotos: Die Mitglieder des Heimat- und Kulturvereins Ostertal haben allen Grund, ihr Jubiläum gebührend zu feiern.Niederkirchen. 21 Männer und Frauen trafen sich am 6. Juli 1985 im Gasthaus Weyrich in Marth und gründeten einen Verein, dem sie den Namen Heimat- und Kulturverein Ostertal gaben. Sein Wirkungsbereich sollte die Ortschaften Bubach, Hoof, Marth, Niederkirchen, Osterbrücken, Saal und Selchenbach umfassen. Mittlerweile ist dieser Verein 30 Jahre alt und hat 86 Mitglieder; eine Unterkunft hat er im Jahr 1998 in Niederkirchen im Haus „Ammejobs“ gefunden. Gefeiert wird das 30-jährige Bestehen am 26. September in Niederkirchen. Ein Schwerpunkt der Arbeit des Vereins liegt im historischen Bereich. Drei Bände der „Chronik des mittleren Ostertals“ sind bereits erschienen und reichen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Voraussichtlich 2017 erscheint der vierte Band, der sich mit der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reichs beschäftigt. Einen Sonderband hat der Verein vorgezogen, in dem Ostertaler Männer und Frauen über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg und in der Gefangenschaft berichten. Ein Anliegen des Vereins ist es, alte Fotografien, die sich in Privatbesitz befinden, zu sichern. So sammelten Mitglieder in allen Orten Fotos ein, reproduzierten sie und zeigten sie in Ausstellungen. Ein Höhepunkt der Vereinstätigkeit war das „Versöhnungstreffen“ ehemaliger Kriegsgegner im Jahr 1996 auf dem Buberg. Im Kriegsjahr 1944 war ein US-Bomber auf dem Buberg notgelandet. Der Verein konnte die beteiligten Flieger ermitteln und lud die noch Lebenden – zwei Amerikaner, ein Deutscher – ins Ostertal ein. Das Treffen der einstigen Kriegsgegner erweckte in der Öffentlichkeit großes Interesse, selbst in Amerika wurde darüber berichtet. Von Anfang an pflegte der Verein eine Freundschaft mit Nachkommen von Ostertälern, die im Jahr 1724 nach Ungarn ausgewandert waren. Nach ihrer Ausweisung im Jahr 1946 kehrten die Nachfahren nach Westdeutschland zurück, wo einige von ihnen in den 1980-er Jahren Kontakt mit den Menschen im Ostertal aufnahmen. Seitdem findet ein reger Austausch statt. Zwei Arbeitskreise haben sich im Heimatverein herausgebildet: der eine arbeitet Familiengeschichten des mittleren Ostertals auf, um einmal eine Familienchronik herauszugeben; der zweite befasst sich mit historischen Grenzsteinen. Letzterer hat über drei Jahre hinweg an mehreren Grenzabschnitten des mittleren Ostertals rund zwei Drittel der früheren herrschaftlichen Grenzsteine aufgespürt und dokumentiert. Die Ergebnisse sind in ein Buch eingearbeitet, das der Landesverband der historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt jüngst herausgegeben hat. Ebenfalls über Jahre hinweg hat der Heimatverein nach den Überresten einer Villa rustica am „Heidenbösch“ bei Bubach geforscht. Die Ergebnisse mehrerer geophysikalischer Prospektionen bestätigten Fundamente eines römischen Gutshofes. Laut Universität Saarbrücken handelt es sich um eine Villa rustica des Baustils „Bollendorf“. Ein Modell der Villa stellte der Verein der Grundschule Niederkirchen zur Verfügung. Zusammen mit dem Bund Naturschutz Ostertal hat der Heimat- und Kulturverein Ostertal im Herbst 2011 auf der höchsten Stelle des Bubergs eine Aussichts- und Orientierungskanzel aus Holz errichtet. Anlässlich des „Tages des offenen Denkmals“ am Sonntag, 13. September, zeigt der Verein Besuchern das historische Grenzstein-Ensemble oberhalb des Wendelinushofs bei St. Wendel mit seinen Grenzsteinen von 1600, 1710 und 1921. Das 30-jährige Bestehen feiert der Heimatverein am Samstag, 26. September, im Kulturzentrum Niederkirchen. Das Programm gestalten zwei Mainzer Künstler. Der Eintritt ist frei. red |
Date: 2015/08/21 06:55:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
gestern in der SZ:
Zurück in der alten HeimatMia-Münster-Ölgemälde „Wendelinus in Verehrung“ bereichert Mia-Münster-HausDie Bonner Kunstsammlerin Luitgard Schmitz-Elsen hatte einen Wunsch: Ihr Gemälde „Wendelinus in der Verehrung“ von Mia Münster sollte zurück nach St. Wendel und dort der Öffentlichkeit gezeigt werden. Vor vier Monaten stellte die Saarbrücker Zeitung den Kontakt zum Mia-Münster-Haus her. Inzwischen hat die 79-Jährige dem Museum das Bild geschenkt.Von SZ-RedakteurinEvelyn Schneider St. Wendel. Im Wohnzimmer von Ehepaar Schmitz-Elsen in Bonn klafft an der Wand eine Lücke. Lange hing hier das Gemälde „Wendelinus in der Verehrung“ von Mia Münster. Doch nach mehr als 30 Jahren ist das Werk zurückgekehrt in die Stadt, in der es einst entstanden ist. „Es überwiegt die Freude darüber, dass das Bild gut untergebracht ist“, sagt Luitgard Schmitz-Elsen und nimmt in einem der Ledersessel in Angel's Hotel in St. Wendel Platz. Die 79-Jährige hat es sich nicht nehmen lassen, vor einigen Wochen persönlich in St. Wendel und im Mia-Münster-Haus vorbeizuschauen. Dort wird ihr Gemälde demnächst ausgestellt. Für die in St. Wendel aufgewachsene Frau war das Gemälde von Mia Münster immer ein Stück Heimat. 1984 von ihren Eltern in St. Wendel gekauft, zog das Bild mit Schmitz-Elsen nach Bonn. Dort hing es zunächst im Sprechzimmer der ehemaligen Ärztin, später im Wohnzimmer. Jeder Blick darauf rief Erinnerungen wach. Aber die 79-Jährige fing auch an, sich Sorgen um die Zukunft des Gemäldes zu machen. Daher wandte sie sich mit ihrem Wunsch, Mia Münsters Wendelin-Verehrung nach Hause zu bringen, an die Saarbrücker Zeitung. Der passionierten Kunstsammlerin ging es dabei nicht um Profit. Nein, sie wollte das Gemälde schenken. Einzige Bedingung: Es sollte der Öffentlichkeit gezeigt werden. Erster Gedanke: Das Mia-Münster-Haus wäre perfekt dafür. Und die Leiterin des St. Wendeler Museums, Cornelieke Lagerwaard, reagierte auch sofort begeistert: „Uns werden viele Bilder angeboten. Aber das ist ein Highlight.“ Einige Zeit nach dem ersten Kontakt ist die Schenkung dann perfekt. Mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtet Cornelieke Lagerwaard das 79 Zentimeter mal 64 Zentimeter große Gemälde. Es zeigt Pfarrer und Gläubige am gläsernen Sarg mit den Gebeinen des Stadtheiligen Wendelin. „Es ist in tadellosem Zustand“, lobt die Expertin. Sie wolle es lediglich von Restauratoren ein wenig säubern lassen. Es hing in der Nähe eines Kamins, daher könnten sich leichte Rußpartikel auf die auf Hartfaser aufgetragene Ölfarbe gesetzt haben. Diese sollen entfernt werden. „Eine Art Knetmasse wird auf die Oberfläche gelegt und vorsichtig wieder abgezogen“, erklärt Lagerwaard das Prozedere. Danach werde die Farbe noch strahlender, prophezeit sie. Das Werk ordnet die Kunstexpertin in eine „starke Phase“ der Künstlerin ein. Der Malstil sei typisch für die 1930er Jahre. Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich ein Aufkleber mit Mia Münsters Name und ihrer damaligen Adresse in der Gymnasialstraße in St. Wendel. Außerdem ist das Jahr 1938 vermerkt. Doch bei näherem Betrachten scheint auch unter der Unterschrift der Künstlerin in der rechten Eckes des Bildes eine Zahl vermerkt. 1936? Lagerwaard will das noch genauer unter die Lupe nehmen. 80 Bilder von Mia Münster sind im Besitz der Stadt St. Wendel und der Stiftung Dr. Walter Bruch. Außerdem wurde der Nachlass der Künstlerin dem Museum als Dauerleihgabe überlassen. Demnächst soll noch eine private Sammlung als Dauerleihgabe hinzukommen. Wäre es denn möglich, dass irgendwo noch unentdeckte Schätze der St. Wendeler Malerin lagern? Lagerwaard schließt das nicht aus. Denn Mia Münster war längere Zeit in Berlin. „Wer weiß, ob sie neben den Illustrationen für Zeitschriften nicht auch in Öl gemalt hat?“ Vielleicht hänge irgendwo in der deutschen Hauptstadt ein unerkanntes Stück der St. Wendeler Künstlerin. Für den Neuzugang aus Bonn hat die Museumsleiterin schon ein besonderes Plätzchen auserkoren. Wo jetzt noch zum Teil die Geschichte der Ritter die Wände zieren, wird eine Wendelinus-Abteilung eingerichtet. „Das Bild ist ein gemaltes Dokument von St. Wendel“, findet auch Luitgard Schmitz-Elsen. Das passt also. Lagerwaard lässt Info-Tafeln zu dem Stadtheiligen anfertigen, will die Wendelskapelle von Mia Münster aufhängen und dazu auch „Wendelinus in der Verehrung“. Einen großen Auftritt hat das Gemälde auch im Januar oder Februar kommenden Jahres. Dann plant Lagerwaard eine Ausstellung mit allen Mia-Münster-Bildern, die dem Museum geschenkt oder angekauft wurden. Werke, die zuvor noch nicht zu sehen waren. Diese Schau verbindet die Kunstexpertin mit der Restaurierung der Gemälde im Vorfeld. Und was wird aus der nun kahlen Wand im Wohnzimmer von Ehepaar Schmitz-Elsen? Es kommt ein neues Bild aus deren Sammlung an die Wand. Aber eines von speziellem Rang müsse es schon sein. Und wenn die Sehnsucht nach dem geliebten Mia-Münster-Bild zu groß wird, kommen die beiden einfach nach St. Wendel ins Museum.
Zur PersonMia Münster wurde 1894 in St. Wendel geboren. Sie war an der Leipziger Akademie und studierte von 1921 bis 1923 an der Staatlichen Kunstgewerbeschule in München. Anschließend unterrichtete sie für ein Jahr an der Staatlichen Kunst- und Kunstgewerbeschule des Saargebietes. Daran schloss sich ein erneutes Studium an – dieses Mal in Berlin. Zwischen 1926 und 1928 lebte Mia Münster wieder in St. Wendel und illustierte unter anderem Artikel der Saarbrücker Zeitung. Es folgten Jahre in Berlin. Ab 1934 blieb sie schließlich dauerhaft in St. Wendel. Hier starb sie 1970. evy |
Date: 2015/08/21 06:56:59
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
gestern in der SZ
Expertenvortrag über Hildegard von Bingen Zu einem weiteren Gespräch im Pfarrgarten lädt die katholische Kirchengemeinde St. Wendelin St. Wendel für kommenden Montag, 24. August, 19 Uhr, in den Garten vor dem Pfarrhaus neben der Basilika ein. Referent des Abends ist Georg Hoster der zu dem Thema: „Hildegard von Bingen. Eine Heilige aus der Nachbarschaft. Mögliche Einflüsse auf die Basilika“ spricht. Der Eintritt ist frei. Bei schlechtem Wetter findet die Veranstaltung im Cusanushaus statt. Nach dem Vortrag gibt's Gelegenheit zur Diskussion. hjl |
Date: 2015/08/21 15:31:40
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die
Gemeinde Tholey lädt herzlich ein zu einem Vortrag
von Dr.
Manfred Peter Hochwald
- Keltenland Hunnenring
und Schaumberg Gemeinsamkeiten
und Unterschiede Donnerstag,
3. September, 19.30 Uhr, Rathaussaal
Tholey Dr.
Manfred Peter erarbeitet in seinem Vortrag anhand eines Vergleichs
der beiden historischen Orte - Hunnenring und Schaumberg - unter dem Gesichtspunkt die
geschichtliche Stellung der beiden
Plätze heraus. Während
der Hunnenring als Wahrzeichen für die keltische Epoche,
also eine relativ geschlossene geschichtliche Periode,
gelten kann, ist der Schaumberg ein Ort, der von einer großen historischen Kontinuität geprägt
ist. Über einen sehr langen Zeitraum
hat der Schaumberg sowohl wirtschaftlich als auch militärisch wie auch
politisch eine eminente Rolle
gespielt. So in der vorkeltischen Epoche (Handelswege), in der römischen Epoche
(militärisch gesicherte Römerstraßen) und während des gesamten Mittelalters bis in die Neuzeit (Kloster Tholey
und Schauenburg). Dr.
Manfred Peter, Jg. 1943, war Direktor für Personal und soziale
Angelegenheiten im Generalsekretariat, des Europäischen
Parlaments. Er ist Verfasser mehrerer Bücher sowie
zahlreicher Artikel zu historischen, politischen und juristischen
Themen. 1985 erschien das vielbeachtete Buch „Das
vergessene Erbe", 2009 folgte „Indutiomarus, Herr des Ringwalls
Otzenhausen" . 2015 erschien das Buch „Hochwald Keltenland"
, in dem er die Bedeutung der Hochwaldregion in der etwa 500 Jahre dauernden
keltischen Epoche untersucht. Im
September wird sein Theaterstück über „Den letzten Herren
vom Ringwall Otzenhausen" uraufgeführt. Eintritt
frei |
Date: 2015/08/21 15:35:05
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Heimat- und Kulturverein Ostertal e. V. Wir laden ein zum Tag
des offenen
Denkmals 13. September 2015 10 - 17 Uhr am Grenzstein-Ensemble beim Wendelinushof St.
Wendel Was erwartet Sie
bei uns? ·
Eine herrliche Aussicht auf das St. Wendeler
Land ·
Alphornklänge zur Eröffnung ·
Mündliche
Erläuterungen zum Grenzstein-Ensemble: Ländergrenzen Grenzmarkierungen von 1600 bis heute ·
Schautafeln mit Texten und
Darstellungen ·
Erfrischungen im nahen Restaurant des
Wendelinushofs Wie finden Sie
uns? —St.
Wendel - Ostertalstraße Folgen
Sie der Plakatierung —Niederkirchen
- Wendelinushof Folgen
Sie der Plakatierung Wir freuen uns auf Sie! |
Date: 2015/08/24 23:23:01
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Bei einem Vortrag über Hildegard von Bingen hob der Referent
das Motto eines Buches der Heiligen hervor: Causa et Cura.
„Causa“ erklärte er mit „Grund“ oder „Ursache“, bei „Cura“ versuchte er, die Zuhörer über verwandte Wörter auf die richtige Fährte zu bringen. „Cura“ heißt „Heilen“, sagte er, „so wie in „kurieren“ oder „Kurklinik“ oder … Er schaute hilfesuchend ins Rund.
Die Hilfe kam aus den hinteren Reihen: „Kurfürst“ |
Date: 2015/08/27 22:30:21
From: Geiger, Roland via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Universidade do Estado de Santa Catarina, Departamento de
Música, PPGMUS; Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft, Abteilung Musikwissenschaft 04.05.2016-06.05.2016, Florianópolis, Universidade do Estado de Santa Catarina Deadline: 30.09.2015 Die Musik deutscher Emigranten außerhalb Europas im 18. und 19. Jahrhundert Internationale Konferenz Universidade do Estado de Santa Catarina (UDESC), Centro de Artes (CEART), PPGMUS Florianópolis, Brasilien 4.-6. Mai 2016 Call for Papers Die Musik deutscher Emigranten außerhalb Europas im 18. und 19. Jahrhundert hat von der Musikwissenschaft bislang bereits einige Beachtung gefunden - wenn auch kaum in Deutschland selbst. Die Musikpraxis etwa der Moravians und Pennsylvania Dutch ist gut dokumentiert, rekonstruiert und kontextualisiert; das Musikleben in den deutschen Siedlungsgebieten im Südbrasilien des späten 19. Jahrhunderts (etwa in Blumenau und Pomerode) ist Gegenstand zahlreicher Abschlussarbeiten an dortigen Universitäten. Auch die koloniale Vergangenheit des Deutschen Kaiserreichs in Afrika wurde bereits unter missionshistorischen Gesichtspunkten beleuchtet und hinsichtlich ihrer musikalischen Implikationen untersucht. All diese Einzelfallbeispiele haben allerdings zwei Dinge gemeinsam: Sie sind erstens bis heute nicht komparativ gegenübergestellt worden, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Ausprägung musikalischer Praktiken deutscher Auswanderer in der neuen, teils kulturell divergenten Umgebung zu erkennen und zu diskutieren, ungeachtet temporärer Verschiedenheiten. Zweitens fehlt eine Rückbindung an musikalische Praktiken und Entwicklungen 'daheim' mit einer Kontextualisierung emigrierter Musik und ihrer Akteure als Teil deutscher Musikgeschichte. Die internationale Konferenz »Die Musik deutscher Emigranten außerhalb Europas im 18. und 19. Jahrhundert« will diesen Problemen begegnen und Forscher/innen erstmals zum interdisziplinären Austausch über das gestellte Tagungsthema einladen. Folgende Themenschwerpunkte stehen dabei im Vordergrund: . Deutsche Siedlungskolonien als Orte emigrierter Musikpraxis: Grundlagen (mit Bezug auf die Siedlungen in den USA, in Brasilien, Argentinien, Chile, Australien, China sowie den Deutschen Kolonien) . Musikpraxis deutscher Emigranten im 18. und 19. Jahrhundert: Akteure und Netzwerke . Werke, Stile, Gattungen, Instrumente: Transfer und Transformation . Musikkultur als Faktor zu Integration und Akkulturation: Prozesse und Ereignisse . Musikkultur zwischen Segregation und Pangermanismus . Deutsche Kolonien und Schutzgebiete: Sonderformen politisch gesteuerter Immigration und Musikpraxis? . Kirchenmusik zwischen Gemeindedienst und Evangelisierungsauftrag Wir erbitten ein Abstract von ca. 250 Wörtern und eine Kurzbiografie bis zum 30. September 2015 an folgende E-Mail-Adressen: christian.storch [at] udesc.br und marcosholler [at] gmail.com. Eine Entscheidung über die Annahme des Referats erfolgt bis zum 15. Oktober 2015. Die Tagungssprache ist Englisch. Eine Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten wird angestrebt, kann aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht in Aussicht gestellt werden. Eine Veröffentlichung ausgewählter Tagungsbeiträge (auf Englisch, Deutsch oder Portugiesisch) ist vorgesehen. Organisation: Dr. Christian Storch (UDESC Florianópolis / Johannes Gutenberg-Universität Mainz) Prof. Dr. Marcos Holler (UDESC Florianópolis) Bei Fragen stehen wir unter den angegebenen E-Mail-Adressen gerne zur Verfügung. ------------------------------------------------------------------------ Dr. Christian Storch Universidade do Estado de Santa Catarina, Centro de Artes, Av. Madre Benvenuta, 2007 CEP: 88.035-001, Itacorubi, Florianópolis, SC, Brasilien christian.storch(a)udesc.br |
Date: 2015/08/28 09:07:44
From: Geiger, Roland via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der SZ:
Ein Löwenköpfchen, viele ScherbenBilanz des Grabungscamps in Nonnweiler: Mauerreste eines Gutshofes gefundenKein Schwert, kein Schmuck, keine Amphore: Dafür Nägel, Scherben, Ziegel und viele Steine: Die Funde der Ausgrabung auf dem Spillert in Nonnweiler erzählen Geschichte.Von SZ-RedakteurVolker Fuchs Nonnweiler. Die Mauer aus unbehauenen Lavasteinen verläuft ganz gerade durch den Graben inmitten einer Wiese auf Spillert in Nonnweiler. Im rechten Winkel geht eine weitere Mauer ab. Diesen Blick bietet die Hauptgrabungsfläche nach Abschluss des internationalen Grabungscamps. Das längere Mauerstück ist die Außenmauer eines Gebäudes aus der Römerzeit, die kürzere ein Teil der Innenmauer, die zwei Räume voneinander getrennt hat. Ausgegraben haben die Archäologen Michael Koch, Thomas Fritsch und ihre Helfer allerdings nur das Fundament der Mauern. Deshalb die unbehauenen Steine. Die eigentlichen Mauern sind verschwunden. Auf der Grabungsfläche haben die Ausgräber auch viele bearbeitete Sandsteine gefunden, Nägel, Ziegelstücke, Fragmente der Fußbodenplatten: alles Hinweise, dass das Gebäude zerstört wurde. Und das, was übrig blieb, nutzten die Menschen in den folgenden Jahrhunderten wie einen Steinbruch für den Bau anderer Häuser. Insgesamt ist bei der Ausgrabung auf dem Hochplateau im Tal der Prims an mehreren weiteren Stellen die oberste Erdschicht abgetragen worden, sind so genannte Schnitte und Sondagen angelegt worden. „Damit wollten wir in etwa die Ausmaße des Gebäudes erfassen“, erklärt Thomas Fritsch, Terrex-Projektleiter am Hunnenring. Diese Sondagen lieferten jedoch nicht die erhoffte Antwort. Die Größe des Gebäudes oder der Gebäude auf Spillert bleibt noch offen. Fritsch geht davon aus, dass hier in der Zeit zwischen der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts nach Christus bis ins vierte Jahrhundert ein römischer Gutshof stand. Dafür sprechen für ihn die bisherigen Funde, vor allem die Gebrauchskeramik und das Vorratsgeschirr. Um die 150 Nägel habe man gefunden, sie waren als Baumaterial im Einsatz. Bemerkenswert ist für Fritsch noch etwas, das nicht ausgegraben wurde: Münzen. „Wir haben keine einzige Münze gefunden“, sagt er. Das sei ungewöhnlich. Warum nicht, darauf hat der Archäologe keine Antwort. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Fritsch könnte sich vorstellen, auf Spillert eine weitere Ausgrabung vorzunehmen. Oder etwa 250 Meter weiter. Denn dort gibt es eine weitere Fundstelle aus der Römerzeit. Vielleicht gehören beide zusammen, waren Teil eines Bauernhofes. „Wenn das so wäre, dann hätten wir hier einen richtig großen Gutshof gehabt“, so der Wissenschaftler. Übrigens: Der schönste Fund ist ein kleines Löwenköpfchen aus Ton. Dieser zierte den Ausguss einer Reibeschale. Denn auch schon die alten Römer rieben Äpfel zu Mus. Sie nutzten dafür eine speziell gefertigte Keramikschale. Deren Innenfläche wurde mit Quarzkörnchen bestrichen, die mit der Keramik gebrannt wurden. Ausgüsse gab es an den Außenseiten, oftmals verziert. Wie das entdeckte Löwenköpfchen. 20 freiwillige Helfer haben sich am ersten Grabungscamp beteiligt. Manche waren vierzehn Tage dabei. Sie zelteten auf dem Gelände des Tennisclubs Hochwald Nonnweiler. „Die Grabung ist sehr gut gelaufen“, zieht Fritsch Bilanz: „Die Teilnehmer waren hochmotiviert und begeistert. Viele wollen wiederkommen.“ Noch ist die Wiese auf Spillert an mehreren Stellen aufgerissen, sieht man die Gräben. Die aber werden in den kommenden Tagen wieder aufgefüllt. „Wir schließen die Grabung ab“, sagt Fritsch. Dabei helfen ihm Mitarbeiter der Terrex, die als Ein-Euro-Jobber beschäftigt sind. In den kommenden Monaten müssen dann die Funde dokumentiert und gezeichnet werden, muss der Grabungsbericht geschrieben werden. Fritsch zu seinem Schwerpunkt in der nächsten Zeit: „80 Prozent der Arbeit kommt noch.“ Veranstalter des internationalen Grabungscamps Archäologie am Nationalpark Hunsrück-Hochwald waren die Europäische Akademie Otzenhausen und die gemeinnützige Grabungsgesellschaft Terrex. 14 Tage lang konnten Laien und Fachleute mitarbeiten und auf Spurensuche gehen. |
Date: 2015/08/30 11:35:04
From: Geiger, Roland via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
ein Amerikaner hat mir den Tip gegeben, daß die Brigham Young University
deutsche Grundkarten aus der Zeit vor dem 2ten Weltkrieg im Maßstab 1:25.000
online gestellt hat, die man sich auch herunterladen kann.
Allerdings muß man entweder den Titel der Karte, z.B. "Ottweiler" oder "St.
Wendel", oder das Kartenblatt, z.B. "6508", wissen. Beim Titel muß es der
wirkliche Titel der Karte sein; auch wenn "Tholey" auf dem Blatt "Ottweiler"
drauf ist, nutzt es nichts, nach "Tholey" zu suchen.
Der download ist unkompliziert.
Ich habe mir die Karte von St. Wendel, Blatt 6509, in höchster Auflösung
heruntergeladen. Sie hatte als jpg gut 17 mb, ist coloriert und gut eingescannt.
Hier ist der Link für das Blatt von St. Wendel, Blatt 6509
und die Beschreibung
Mit
freundlichem Gruß Roland Geiger |
Date: 2015/08/30 17:57:27
From: lothar bauer <lothar(a)sternenportal.org>
Danke für die tolle Info!
MfG lothar Bauer -- Saargau Blog http://www.saargau-blog.de Phantastisches, grafisches Blog http://www.saargau-arts.de Science Fiction Club Deutschland http://sfcd.eu/blog/ Facebook https://www.facebook.com/lothar.bauer01 Pinterist Galerie http://pinterest.com/lotharbauer/
|