Date: 2014/05/05 18:57:39
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
An diesem Donnerstag, dem 8. Mai, bringt der SR im Dritten Programm
des Fernsehens um 20:15 Uhr in der Sendung mag's (Magazin Saar)
einen Beitrag über das Buch "Die Nazis aus der Nähe", für den vor ein paar
Wochen Aufnahmen gemacht wurden. Es ist gedacht als Beitrag zum 8. Mai als
Jahrestag des Kriegsendes. |
Date: 2014/05/05 20:09:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Guten Abend, morgen abend wir in Tholey das Buch
„Die Nazis aus der Nähe“ vorgestellt. Bernhard Planz führt in das Thema ein,
dann hält Eva Tigmann einen Vortrag; Alfons Klein liest ein paar seiner
Erzählungen vor, am Schluß zeige ich den Film über den Einmarsch der Amerikaner
im Kreis St. Wendel. Beginn wird um 19 Uhr
sein. Austragungsort im Saal im oberen Stock des Rathauses. Mit
freundlichem Gruß
Roland Geiger |
Date: 2014/05/11 10:56:25
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. in Zusammenarbeit mit der Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung Einladung zum Vortrag "Jüdisches Leben an der Saar von der Industralisierung bis zum Holocaust" von Dr. Hans-Christian Herrmann Leiter des Stadtarchivs Saarbrücken Der Vortrag beschreibt die Entwicklung jüdischen Lebens an der Saar von der Industrialisierung im 19. Jahrhundert bis zum Holocaust und geht dabei ausführlich auf die gesellschaftliche Stellung der Juden ein. Ihre Verankerung im wirtschaftlichen Leben an der Saar war stärker als bisher angenommen. Gefragt wird nach den Ursachen des wachsenden Antisemitismus und dem vorauseilenden Gehorsam der Saarländer, mit dem sie schon vor der Rückgliederung an Hitler-Deutschland dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte folgten und versuchten, Juden aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen. Es werden die Stationen auf dem Weg der weiteren Verfolgung analysiert bis zur Deportation ins französische Gurs. Der Vortrag geht auch auf die Arisierung und Entschädigung nach dem Krieg ein und geht auch der Frage nach, wie der Opfer wirksam gedacht werden kann. Am Mittwoch 14.05.2014, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus (1569) Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern wird 5 Euro Eintritt erbeten
Date: 2014/05/14 00:10:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Sieben Orte gegen das Vergessen:
schon eingeweiht wurden:
Eugen-Berl-Platz - St.Wendel: nördlich
der evangelischen Kirche - Eugen Berl
wurde 1870 geboren und war in den zwanziger Jahren einer der führenden
Sozialdemokraten in St. Wendel. Er hat das kommunalpolitische Geschehen in Stadt
und Kreis über 15 Jahre maßgeblich mitbestimmt. 1936 ergeht
ein Urteil des Amtsgerichtes St. Wendel wegen Vergehen gegen das Gesetz zum
Schutze des Deutschen Blutes und der Deutschen Ehre. Das Ehepaar ist angeklagt,
weil sie weibliche Angehörige deutschen Blutes in ihrem Haushalt beschäftigt
hatten. Eugen Berl verstarb bereits während der Hauptverhandlung, seine Frau
Erna wurde verurteilt. Eugen Berl war der letzte Jude, der in St. Wendel
beerdigt wurde. Seine Frau
Erna Berl wurde 1940 nach Gurs deportiert und 1942 nach Auschwitz überführt.
Seitdem gilt sie als verschollen. Ihr Todestag wurde amtlich auf den 8. Mai 1945
festgesetzt. Der Sohn von Erna und Eugen Berl mit dem Namen Fritz konnte noch 1939 emigrieren. Er lebt heute in Israel. -------------------- Änne-Meier-Platz
Donnerstag, 15. Mai
2014, 17.00 Uhr Harry-Schu-Platz in
Oberthal am Radweg, Ecke Kirchstraße anschließend 18.00 Uhr im Rathaus Oberthal: Gesprächsrunde „Erinnerung an Johann, Helene und Harry Schuh aus Oberthal“ --------------------- Montag, 19. Mai 2014,
19.00 Uhr Walter-Sender-Platz in
Tholey vor dem jüdischen Friedhof in Tholey anschließend 20.00 Uhr im Rathaus Tholey: Gesprächsrunde „Erinnerung an ehemaliges jüdisches Leben in Tholey“ Dr. Walter
Sender gehörte in der schwierigen Zeit von 1920 - 1955 zu den zeitweilig
führendsten politischen Persönlichkeiten der Saargegend. --------------------- Dienstag, 20. Mai 2014,
11.00 Uhr Lotte-Koschelnik-Platz
in Sötern auf dem Dorfplatz anschließend 12.00 Uhr in der Gemeinschaftsschule Türkismühle Projekt „Erinnerung an Lotte Koschelnik“ 1942/43 war
das Jahr des grausamen Schicksals der Familie Koschelnik. Kurz bevor man sie
abführte, gab sie ihrer Freundin eine Puppe. Sie meinte, sie solle sie
aufbewahren, bis sie wieder zurückkommen würde, denn den Kindern wurde
verheimlicht, dass sie ins KZ kamen. Sie wussten in diesem Moment nicht, was
ihnen geschieht. --------------------- demnächst:
Raimund-Hirsch-Platz - Gonnesweiler: Rundweg Bostalsee (Ecke Seestraße)
- Ludwig und Flora Hirsch wurden mit ihrem 8-jährigen Sohn Raimund im April 1942 verschleppt und sind in Lublin verschollen. Die Großeltern Josef und Charlotte Kahn wurden noch im gleichen Jahr im KZ Theresienstadt ermordet. --------------------- - St.Wendel: Panoramaweg
- Dieser Platz soll stellvertretend an die lange Geschichte des jüdischen Lebens im Landkreis St. Wendel, sowie seine Kultur und Religion erinnern und sie im Bewusstsein der Bewohner und in der Region verankern. |
Date: 2014/05/14 09:58:12
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
gestern erhielt ich eine Email aus der Eifel. Ralph Schmitz von der VG Bitburger-Land recherchiert für eine Pfarrchronik seiner Heimatgemeinde Seffern und stieß dabei auf den Lehrer Johann Blum, der 1824 in St. Wendel geboren wurde. Mir war der Name gar nicht bewußt, ich bin allerdings ein paar Mal im St. Wendeler Notariat auf ihn gestoßen, als er Hiesigen Geld geliehen hat. Johann Blum * 24.05.1824 zu St. Wendel Sohn von Nikolaus Blum und Helene Enkrich 02.09.1848 Priesterweihe anschl. Kaplan und Religionslehrer in Saarbrücken 14.10.1851 Pfarrer in Seffern St. Laurentius 05.11.1855 Pfarrer in Hermeskeil 22.03.1870 Pfarrer in Oberwesel 06.08.1870 Definitor zu St. Goar 08.01.1889 Dechant zu St. Goar 29.04.1890 Pfarrer zu Karden 30.09.1891 verstorben In Seffern baute er die Kirche neu und wurde kurz darauf nach Hermeskeil versetzt. Zum Abschied hielt er eine starke Rede. Wirken in der Pfarrei Seffern Es muß eine sehr innige und von gegenseitiger Hochachtung geprägte Zeit gewesen sein, die Pfarrer Johann Blum in der Pfarrei verbrachte. Es waren auch die Jahre des Neubaus unserer Pfarrkirche. Am 15. September 1851 fand der letzte Gottesdienst im in der alten Laurentiuskirche statt. Dann wurde sie ausgeräumt und abgetragen. Am 26. Mai 1852 war die Grundsteinlegung für die neue Laurentiuskirche und 29 Monate später, im Oktober 1854, konnte Pastor Blum den ersten Gottesdienst in der heutigen Kirche zelebrieren. Aber schon ein gutes Jahr später, im Dezember 1855, wurde er nach Hermeskeil berufen, wo noch heute eine Straße im Ortszentrum seinen Namen trägt. Doch scheint in der Zeit des Kirchenbaus und der Improvisation ein sehr enges, vertrautes und freundschaftliches Verhältnis zwischen Pfarrer und Gemeinde gewachsen zu sein. Am ersten Adventssonntag, dem 2. Dez. 1855, verabschiedete sich Pfr. Blum nach der Sonntagspredigt von der Pfarrei Seffern: „Zum letzten Male, meine Lieben, habe ich als euer Seelsorger von dieser Stätte aus euch das Evangelium verkündet, denn, wie euch allen schon bekannt ist, hat der Hochwürdigste Herr Bischof mir einen anderen, größeren Wirkungskreis angewiesen und ich muß euch daher verlassen, um in Zukunft einer anderen Herde das Wort des Evangeliums zu verkünden und das Brot des Lebens zu brechen. Ich muß gestehen, der Abschied von dieser Gemeinde fällt mir schwer. Zwar habe ich nur 4 Jahre und einen Monat unter euch als Seelsorger gelebt, allein diese kurze Zeit war für euch, wie für mich eine sehr wichtige Zeit. Es waren Tage vielen Kummers und vieler Mühseligkeiten durch den Kirchenbau, aber auch Tage vieler geistiger Freude durch die hl. Mission. Durch den Kirchenbau hattet ihr mit mir viel zu leiden, aber gerade dieses gemeinsame Ringen und Kämpfen und Dulden während des Kirchenbaues war es, was unsere Herzen innig aneinander kettete und mir die Trennung von euch auch erschwert, doch der Wille des Herrn geschehe in allem, so auch hierin. Ich habe ja meine neue Steile nicht gesucht. Der Hochwürdigste Herr Bischof hat sie mir übertragen, und so muß ich in seinem Willen den Willen Gottes verehren, denn meinem Bischof unbedingt zu gehorchen, habe ich ja bei meiner Priesterweihe geschworen. Der Augenblick der Trennung ist nun gekommen, und so sage ich denn euch allen ein herzliches Lebewohl! Grüßet mir auch freundlich alle eure Angehörigen, welche jetzt nicht hier zugegen sind. Behaltet mich stets in eurem Andenken. Wenn auch örtlich voneinander getrennt, wollen wir doch stets im Geiste vereint bleiben, namentlich durch Gebet. Ja, Geliebte, schließt mich allezeit in euer Gebet ein, gleichwie auch ich eurer im Gebete und beim Hl. Messopfer eingedenk sein werde. Und nun noch ein Wort insbesondere an euch, ihr Kinder, ihr Jünglinge und Jungfrauen! Ich habe mir viel Mühe gegeben, um euch durch tüchtigen Unterricht zu guten Christen zu machen. Oh, meine Lieben, vergesset doch die Lehren nie, die ich euch gegeben habe. Es waren ja nicht meine Worte, sondern die Worte dessen, der mich zu euch gesandt hat, die Worte unseres Heilandes Jesu Christi. Ja, bewahret diese Lehren stets in eurem Herzen und lebet auch danach, damit ich einst frohen Herzens vor den Richterstuhl Gottes treten kann und sprechen: „Siehe, da sind sie alle, o Herr, die du meiner Obhut anvertraut hast. Keines derselben ist verloren gegangen." Ja, wie würde ich mich freuen, wie glücklich würde ich sein, wenn alle Glieder dieser Pfarrgemeinde die Lehren befolgten, die ich euch täglich gepredigt, wenn ihr als gute Christen leben und sterben würdet. Wie glücklich, wenn ich euch alle im Himmel dereinst wiedersäh! Oh, das wäre der allerschönste Dank für alle meine Mühen und Arbeiten, der schönste Dank für alle Opfer, die ich für diese Pfarrgemeinde gebracht.! Unserer Hl. Mission würde dadurch die Krone aufgesetzt. Und nun noch eins: Ich weiß nicht, wieviele Jahre der liebe Gott in seiner Barmherzigkeit mich noch auf dieser Erde zu leben gestattet. Vielleicht ruft er mich bald ab, um Rechenschaft über mein Wirken abzulegen, vielleicht läßt er mich auch noch viele Jahre in seinem Weinberge arbeiten. Sei dem nun, wie ihm wolle, wenn ihr einstens über kurz oder lang die Kunde aus der Ferne vernehmt: „Pastor Blum ist gestorben, dann, Geliebte, dann betet noch ein Vaterunser für die Ruhe meiner armen Seele!" Mit freundlichem Gruß Roland Geiger |
Date: 2014/05/19 08:14:44
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Christoph Haack
<derlustigestudent(a)yahoo.de> Date: 13.05.2014 Subject: Konf: Namen und Geschichte in der Zeit der Einnamigkeit (ca. 400-1100) - Tübingen 05/14 ------------------------------------------------------------------------ Seminar für mittelalterliche Geschichte Universität Tübingen, Zentrum Vormodernes Europa Universität Tübingen, Deutsche Gesellschaft für Namenforschung 30.05.2014-31.05.2014, Tübingen, Alte Frauenklinik, Schleichstr. 4, 72076 Tübingen, Raum 4231 Namen sind für Mittelalterhistoriker eine wichtige Quelle: für Arbeiten über den Zusammenhang zwischen (ethnischen) Identitäten, Namengebung und (Zweit)Namenwahl genau so wie für die Prospopgraphie und Geneaologie von Führungsgruppen. Drei Felder sind hier insbesondere zu nennen: 1) Zweitnamen im frühen und hohen Mittelalter (Kosenamen, Beinamen verschiedenster Art, Spitznamen, Pseudonyme etc.), das üblicherweise als Zeit der Einnamigkeit begriffen wird. 2) Ethnizität im Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter, ausgehend vom Zusammenhang zwischen ethnischer Identität und der Wahl eines Personennamens. 3) Der Zusammenhang von Namen und Verwandtschaft. ------------------------------------------------------------------------ Freitag, 30. Mai 2014 Namen, Gruppenbindungen, Identitäten 9.00-11.15 Uhr Christa Jochum-Godglück, Saarbrücken Seltene germanische Personennamen im Frühmittelalter Sören Kaschke, London Von Adalbert bis Trasimund. Die Verbreitung ausgewählter Namen im Reich Karls des Großen gemäß urkundlicher Überlieferung Daniela Fruscione, Frankfurt am Main "Wo waren die Langobarden in den italienischen Urkunden?". Identität, Verwandtschaft und Namengebung 11.30-13.00 Uhr Hans-Werner Goetz / Wolfgang Haubrichs, Hamburg / Saarbrücken Namen und Namengebung in Ober- und Unterschichten des frühen 9. Jahrhunderts in der Île-de France a. Wolfgang Haubrichs: Sprachliche Assimilation und Hybridisierung der Personennamen in einem Raum sprachlich vollzogener Romanisierung b. Hans-Werner Goetz: Motivationen der Namengebung im sozialen und inhaltlichen Vergleich 14.30-16.00 Uhr Jens Lieven, Bochum Bischofsnamen und Verwandtschaft in den frühmittelalterlichen Libri memoriales Lidia Becker / Steffen Patzold, Hannover / Tübingen Zu den Namen der Bischofslisten aus der Bretagne im Frühmittelalter 16.15-17.45 Uhr Matthias Becher, Bonn Zur Exklusivität von Herrschernamen (Merowinger und Karolinger) Gerhard Lubich, Bochum Der Namenbestand der Karolingergenealogien im Kontext - historische Fiktionen, gerettetes Wissen oder Modeerscheinung? Zweit- und Beinamen 18.00-19.30 Uhr Wolfgang Eric Wagner, Münster Herrscherbeiname und Geschichtsschreibung. Zur Motivik der Beinamengebung für Herrscher des Mittelalters Jürgen Strothmann, Siegen Das Augustus-Nomen Karls des Großen Samstag, 31. Mai 2014 9.00-11.15 Uhr Dieter Geuenich, Duisburg / Freiburg Sedulius sive Ilarleh. Zu den Beinamen der Mönche in der frühmittelalterlichen Gedenküberlieferung Annette Grabowsky, Tübingen Zwischen historischer Erinnerung und politischem Programm? Papstnamen im 10. und 11. Jahrhundert Thomas Kohl, Tübingen Beinamen und frühe Zweinamigkeit im westlichen Frankreich 11.30 Uhr Conclusio Dieter Kremer, Trier Schlussdiskussion Moderation Jörg Jarnut, Paderborn ------------------------------------------------------------------------ Christoph Haack Seminar für mittelalterliche Geschichte, Universität Tübingen, Wilhelmstraße 36, 72074 Tübingen 0707129729990 neg(a)uni-tuebingen.de Homepage <www.neg.uni-tuebingen.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=24991> ------------------------------------------------------------------------ H-Soz-u-Kult übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der von unseren Nutzern beigetragenen Inhalte. Bitte beachten Sie unsere AGB: <http://www.clio-online.de/agb>. _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ -- |
Date: 2014/05/20 08:40:22
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Drei Familien im Mittelpunkt der St. Wendeler StadtgeschichteMorgen startet Vortragsreihe der KuLaniSt. Wendel. Die Kultur-Landschafts-Initiative St. Wendeler Land (KuLanI) hat im vergangenen Jahr in einer vierteiligen Vortragsreihe die letzten fünf Jahrhunderte Stadtgeschichte unter dem Aspekt „Frankreich und St. Wendel“ beleuchtet. In diesem Jahr nun werden die letzten 500 Jahre der Stadt St. Wendel im Spiegel von drei Familiengeschichten dargestellt. Los geht die dreiteilige Vortragsreihe am morgigen Mittwoch, 21. Mai. Gerd Schmitt spricht über die „Familie D'Hame im St. Wendel des 16. bis 18. Jahrhunderts“. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr im Mia-Münster-Haus in St. Wendel. An gleicher Stelle geht es am Mittwoch, 4. Juni, 19 Uhr um „Die Familie Cetto im St. Wendel des 18. und 19. Jahrhunderts“. Referent ist Roland Geiger. Der dritte und letzte Vortrag ist am Mittwoch, 18. Juni, 19 Uhr im Casino Thomas Bruch in St. Wendel geplant. Dann spricht Bernhard Planz über „Die Familie Bruch im St. Wendel des 19. und 20. Jahrhunderts“. Mit der Reihe wird das seit 2010 laufende Leitprojekt des Kulturprogramms „St. Wendeler Land steinreich“ abgeschlossen. Anliegen und Ziel des Projekts ist es, bei der Bevölkerung Interesse für die kulturhistorischen Besonderheiten des St. Wendeler Landes zu wecken. red
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Date: 2014/05/20 23:43:59
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Paul, Ina Ulrike; Faber, Richard (Hrsg.): Der historische Roman
zwischen Kunst, Ideologie und Wissenschaft. Würzburg: Königshausen & Neumann 2013. ISBN 978-3-8260-5021-3; 536 S., mit Abb.; EUR 49,80. Inhaltsverzeichnis: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_20674.pdf> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Christoph Deupmann, Institut für Germanistik, Karlsruher Institut für Technologie E-Mail: <christoph.deupmann(a)kit.edu> "Der historische Roman ist erstens ein Roman und zweitens keine Historie."[1] Nähme man Alfred Döblins Diktum beim Wort, würden historische Romane kaum in den Fokus des gemeinsamen Interesses von Literatur- und Geschichtswissenschaft geraten. Tatsächlich wirft Döblins Satz jedoch mehr Fragen auf, als er im Gestus der Klarstellung beantwortet: Wie ist die Beziehung zwischen Literatur und Geschichte, Fiktion und historischem Wissen, ästhetischer und historiografischer Form in Hinsicht auf den historischen Roman zu denken? Literarizität storniert jedenfalls nicht einfach Historizität, sondern gehört womöglich zu deren Darstellungsbedingungen. Die 27 aus Geschichts-, Literatur-, Medien- und Kulturwissenschaften kommenden Beiträger/innen des Bandes, der in Teilen auf eine Ringvorlesung von 2009 zurückgeht, arbeiten sich an solchen Fragen in theoretisch unterschiedlich ambitionierten Anläufen ab. Die Herausgeber, die Historikerin Ina Ulrike Paul und der Literatur- und Religionssoziologe Richard Faber (beide Freie Universität Berlin), haben die Texte in drei Sektionen gegliedert: In der ersten geht es um das Nähe- und Konfliktverhältnis von "Geschichtsschreibung und Literatur", in der zweiten um exemplarische "Fallstudien", in der dritten, kürzesten, um "[k]ontrafaktische Zeitgeschichte" in Romanen seit 1945. Gattungsbezogen gibt sich der Band eher großzügig: Tatsächlich untersuchen die Aufsätze nicht nur historische Romane, sondern auch Erzählungen, Dramen und Filme. Dem Gewinn an Einsichten und Anregungen schadet diese Inkonsequenz freilich nicht. Dass Darstellungen von Geschichte erzählende Verfahren in Anspruch nehmen, ist keine neue Erkenntnis, wie der wiederholte Rekurs der ersten Sektion auf Überlegungen bei Droysen, Carlyle und White verdeutlicht. Den Anfang macht Burkhard Gladigows historisch weit ausholender Beitrag, der anhand von Fiktionen außerirdischer Beobachter von der Antike bis zur modernen Science Fiction das menschliche Zeit- und Geschichtsverständnis beleuchtet. Im nachfolgenden Interview unternimmt Jörn Rüsen einen pointierten Klärungsversuch der 'metahistorischen' Probleme von "Wahrheit, Sinn und Konstruktion", indem er (gegen Hayden White) die "Tatsachenrichtigkeit" (S. 47) zum unabdingbaren Kriterium historischer Wissenschaft erklärt - und damit auch zum Korrektiv aller journalistischen und literarischen Repräsentation von Vergangenheit. Das wird an einer 'false memory' wie Binjamins Wilkomirskis pseudo-autobiografischen "Bruchstücken. Aus einer Kindheit 1939-1948" von 1995 besonders flagrant; Katja Stopka nimmt dieses Buch zum Anlass ihres Plädoyers für eine "engere Kooperation zwischen Geschichtswissenschaft und Literaturwissenschaft" (S. 79). Rüsens Aussagen bringen jedoch eine zentrale Einsicht des Bandes auf den Punkt: Literatur trägt zur Selbstreflexion der historischen Wissenschaften, ihrer Erkenntnisbedingungen und Darstellungsformen bei. Glauben Historiker, sie seien "Herren des Verfahrens", geraten ihre Darstellungen zu "schlechte[r] Literatur" (S. 53). Otto Gerhard Oexles Aufsatz spitzt diese Überlegung zu, indem er in Claude Simons Romanen über Ereignisse im Zweiten Weltkrieg die "Destruktion jeglichen Anspruchs" ausmacht, "zu wissen oder gar sagen zu können, 'wie es eigentlich gewesen'" (S. 65). Die wechselvollen Annäherungen und Entfernungen zwischen Geschichte und Literatur vom Historismus bis zur Gegenwart rekonstruiert Wolfgang E. J. Weber unter dem Gesichtspunkt der historiografischen Methodologie. Einen ungewöhnlichen Beitrag zur Sektion liefert Jürgen Link mit "Prolegomena" zu seinem eigenen "aktualhistorischen Roman" "Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee" (2008), einem literarischen Versuch, "Struktur- wie Ereignisgeschichte, [...] Kultur-, Diskurs-, Intelligenz- und Subjektivitätsgeschichte" zusammenzuführen (S. 116). In der Doppelrolle als Literaturwissenschaftler und Schriftsteller skizziert Link darin im Blick auf die '1968er' eine Autorpoetik, die die spezifische Leistung literarischer Darstellung exponiert: Ihre Geschichte lässt sich womöglich nur in der "Mehrstimmigkeit" eines Textes darstellen, dessen 'Ich', wie sein Romanauszug veranschaulicht, durch ein "'zerbröckelnde[s]' Wir" (S. 118) ersetzt wird. Die zweite, umfangreichste Sektion zu literarischen "Fallstudien"[2] setzt mit Margarete Zimmermanns Deutung von Annie Ernaux' "hybride[n]", gattungsmäßig kaum einzuordnenden "Les Années" als historischer 'Soziographie' in der Nachfolge Marcel Prousts und Virginia Woolfs ein, die sich auf das Partikulare als Erinnerungsträger berufen. Damit ist eine - quer durch den Band führende - Reihe eröffnet, die die ('kritische') Referenz von Literatur auf geschichtliche Wirklichkeit unterstreicht. Das wird zumal am Beitrag des Mitherausgebers Richard Faber über Fontanes "Effi Briest" deutlich: Er weist mit Carlo Ginzburg alle "modischen Theorien" zurück, welche Geschichte in Fiktion auflösen (S. 393), und sieht in Fontanes Romanfiktion ein Produkt 'teilnehmender' Beobachtung. Diesem Interesse am Autor als "Historiograph[en] der zeitgenössischen Verhältnisse" folgen auch Perdita Ladwigs Aufsatz über "Die Vizekönige" des italienischen Journalisten und literarischen 'Veristen' Federico De Roberto, Brunhilde Wehingers gendertheoretische Überlegungen zu George Sands "Nanon" sowie die Beiträge von Christine de Gemeaux über Marguerite Yourcenars "Die Schwarze Flamme" und von Helmut Hanko über Leo Perutz' "Nachts unter der Steinernen Brücke". Jens Flemmings (leider mit falschem Kolumnentitel versehener) Aufsatz versteht Arnold Zweigs autobiografisches "Schreiben über den Krieg" ("Der Große Krieg der weißen Männer") als Form einer Therapie, "um das Trauma des Kriegserlebnisses zu bannen" (S. 291). Ricarda Huchs quellentreues Roman-Panorama "Der große Krieg in Deutschland" inszeniert nach Gerhard Bauer wie bei Tolstoi oder Stendhal die "Unübersichtlichkeit" der Gemengelage im Dreißigjährigen Krieg. In die Reihe gehört auch der Beitrag der Medienwissenschaftlerin Karin Bruns über Uli Edels "Der Baader-Meinhof-Komplex", den sie überraschenderweise als "Romanverfilmung" vorstellt.[3] Ihre Analyse intermedialer Authentifizierungsverfahren wirft allerdings überlegenswerte Anschlussfragen auf: Sind "Polizeidokumente, Pressefotografien und Tonbandaufnahmen", Fernsehbilder etc. tatsächlich "Zeichen erster Ordnung" (S. 156) oder nicht bereits darstellende Formen, die die Referenz auf historische Ereignisse 'aufschieben'? Eine andere Reihe von Beiträgen stellt den Rekurs literarischer Texte auf Erinnerung und Überlieferung ins Zentrum: Andreas Pfersmann untersucht Augusto Roa Bastos und Patrick Chamoiseaus Romane anhand ihrer Anmerkungspraxis als Medien einer Gegengeschichte, die sich gegenüber 'offiziellen' Darstellungen dissident verhält. Gegengeschichte akzentuiert eine 'Geschichte von unten', also die apokryphe Geschichte kollektiver Akteure oder ihrer Repräsentanten, die im öffentlichen Diskurs zum Schweigen gebracht worden sind. Diese "benjaminartige Idee" (S. 184)[4] bestimmt für Heribert Tommek auch Peter Weiß' Dokumentardrama "Viet Nam Diskurs", das er als Vorstufe zum Roman "Die Ästhetik des Widerstands" interpretiert. Eine andere Art von Gegengeschichte, die das verdrängende Schweigen über die NS-Vergangenheit bricht und damit "das Beschriebene [selbst] auszulöschen" versucht (S. 231), findet sich Josef P. Mautner zufolge in Thomas Bernhards "Auslöschung". Dass der historische Roman auch die Bibelkritik zu seiner Sache machen kann, beleuchtet Martin Leutzsch anhand der 'Mutter' aller Jesusromane, Carl Heinrich Venturinis "Natürliche Geschichte des großen Propheten von Nazareth". Indem er die Evangelien dem poetologischen Maßstab der 'Wahrscheinlichkeit' unterstellt, behält der reich mit Quellenbelegen ausgestattete Roman das Jesusbild eines unpolitischen Reformators übrig. Eine dritte Perspektive richtet sich auf die Adaption historischer Darstellungsverfahren, Stoffe und Gestalten. Ludwig Stockinger und Ulrike Weymann machen dabei Romanbiografien zum Gegenstand: Stockinger bezieht Friedrich von Hardenbergs romantische Bestimmung des Romans als einheitsstiftende "Mythologie der Geschichte" auf Penelope Fitzgeralds "The Blue Flower"; Weymann interpretiert Heinrich Manns "Henri Quatre" mit Michail Bachtin als grotesk-karnevalistische Außerkraftsetzung etablierter Ordnungen. Die Savonarola-Erzählungen, die Ralf Georg Czapla untersucht, demonstrieren dagegen die Adaptionsfähigkeit einer historischer Gestalt: Von Thomas Manns Erzählung "Gladius Dei" über Fritz Steins "Savonarola der Zweite" bis zu Friedrich Norfolks faschistischem Roman "Der Kondottiere" werden fiktive oder an zeitgenössischen Personen orientierte Figuren in die historische Kontur eingetragen; die Reihe kommt bei der Überblendung Joseph Goebbels' mit dem "Glaubenseiferer" aus (S. 369). Eine spielerische Adaption historiografischer 'Quellen' führt die Mitherausgeberin Ina Ulrike Paul an Daniel Kehlmanns Erfolgsroman "Die Vermessung der Welt" vor: Die für manche 'Experten' anstößigen Inkongruenzen zwischen Figur und Person (Alexander von Humboldt, Carl Friedrich Gauß) demonstrieren letztlich die Konstruktivität jeglicher Geschichte (S. 176f.). Solch spielerischer Umgang mit historischen Stoffen bleibt im vorliegenden Band leider die Ausnahme. Virtuos potenziert wird das Verhältnis von Geschichte und (dramatischem) Spiel freilich in Arthur (nicht Alfred, S. 371!) Schnitzlers Einakter "Der grüne Kakadu" (Erhard Stölting), wo die Geschichte als Spiel vom Ernst der Geschichte (der Französischen Revolution) eingeholt wird. Die letzte Sektion erweitert den Fokus auf die 'Uchronie', die auch in der Geschichtswissenschaft die Probe auf die "Schlüssigkeit von Materialanordnungen, Narrationen und Konklusionen" anstellt (S. 470). Kontrafaktische Fiktionen wirken Erhard Schütz zufolge als "parabolische" Spiegel, indem sie apokryphe Versionen der Geschichte darbieten und zugleich von der eigenen Gegenwart Zeugnis ablegen (S. 476). Den "kindlichen Wunsch", die Grauen des Nationalsozialismus ungeschehen zu machen - ein Motor der politischen Geschichte nach 1945 -, bewahrt indes nur die Fiktion (S. 485). Alfred Anderschs "Winterspelt", analysiert von Barbara Picht, entspricht als Erzählung einer potenziellen Devianz der Geschichte freilich nur fast dem Typus des allohistorischen (alternativgeschichtlichen) Romans: Zwar scheitert der Plan der kampflosen Übergabe eines Bataillons bei der Ardennen-Offensive, aber der Roman führt vor, dass Geschichte aus dem entsteht, was man für möglich hält (S. 502f.). Dass die 'faits accomplis' der Geschichte die Denkmöglichkeiten nicht begrenzen sollten, macht Philip K. Dicks Alternativweltroman "The Man in the High Castle" geltend, wie Reinhard Brenneke abschließend argumentiert: Selbst wenn die erdachte Welt alternativlos erscheint, so erinnert die kontrafaktische Konstruktion doch daran "that we have to take responsibility for the whole of history" (S. 520). Angesichts der zahlreichen vorkommenden Autoren und Titel vermisst man ein Personen- und Werkregister. Eine sorgfältige Schlussredaktion hätte dem Buch ebenfalls gut getan. Dass literatur- und geschichtswissenschaftliche Forschungen jedoch in einen ertragreichen Dialog treten können, lässt sich bei der Lektüre des umfangreichen Bandes erleben. Anmerkungen: [1] Alfred Döblin, Der historische Roman und wir [1936], in: ders., Aufsätze zur Literatur, hrsg. von Walter Muschg, Olten 1963, S. 169; in der Einleitung des rezensierten Bandes zit. auf S. 15. [2] Die Entstehungszeit der untersuchten Werke ist im Inhaltsverzeichnis jeweils genannt; die Auswahl stammt aus dem Zeitraum 1800-2008. [3] Stefan Aust bezeichnet seinen "Baader-Meinhof-Komplex" (zuerst 1985) dagegen als "Protokoll" oder "Chronik" - was allerdings den Anteil der 'Tatsachenphantasie' (um noch einmal einen Ausdruck Döblins zu gebrauchen) überspielt. [4] Vgl. Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte [1940], in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. I.2, hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1974, S. 693-704. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jan-Holger Kirsch <kirsch(a)zzf-pdm.de> |
Date: 2014/05/20 23:45:30
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Duchhardt, Heinz: Der Wiener Kongress. Die Neugestaltung Europas 1814/15 (= Beck'sche Reihe 2778). München: C.H. Beck Verlag 2013. ISBN 978-3-406-65381-0; 128 S.; EUR 8,95. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Oliver Mohr, Nussloch E-Mail: <o.a.mohr(a)gmail.com> Der Wiener Kongress, dessen Beginn sich im Jahre 2014 zweihundertmal jährt, stellt eine der großen Weichenstellungen der neueren europäischen Geschichte dar. Nach einem Vierteljahrhundert Instabilität und Krieg leitete er eine europäische Friedensperiode ein, die immerhin 40 Jahre andauerte. Momente des Theatralischen hat Heinz Duchhardt als Leitmotive seiner knappen Darstellung des Wiener Kongresses gewählt, die in der "Beck'schen Reihe" erschienen ist. Das erste Kapitel behandelt das "Vorspiel und das Nachspiel" des Kongresses. Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels stehen die "Akteure und Aktricen", die "Gesellschaftsspiele" sind Gegenstand von Kapitel drei, mit den "Spielregeln" beschäftigt sich das folgende Kapitel. Die Konflikte, die vor allem um die Zukunft Sachsens und Polens entbrannten, fasst der Autor unter dem Titel "Spiele mit dem Feuer" zusammen. Das sechste, abschließende Kapitel - "Finale furioso" - steht im Zeichen der Rückkehr Napoleons. In seinen einleitenden Bemerkungen bietet Duchhardt einen kurzen Überblick über die sprudelnden Quellen zu dem politisch-diplomatischen Großereignis von 1814/15, auf dessen europäische Dimension er zu Recht nicht müde wird, hinzuweisen. Er erinnert zudem, aus Platzgründen skizzenhaft, an die Parallelen zu den Pariser Friedenskonferenzen von 1919 und erwähnt - er nimmt diesen Faden am Ende des Buches wieder auf - die (relative) Stabilität der Wiener und die Brüchigkeit der späteren Pariser Friedensordnung. Die in historischen Darstellungen wie selbstverständlich erscheinende Verbindung der Stadt Wien mit dem Kongress als Wegmarke des 19. Jahrhunderts trägt den Zug des Kontingenten. Voraus gingen die Pariser Friedensverhandlungen, bei denen es wohl geblieben wäre, hätte sich nicht die - von Talleyrand zuerst aufgebrachte - Idee eines europäischen Staatenkongresses durchgesetzt. Es gibt nach Duchhardt keinen besonderen Grund, warum die Wahl auf Wien als Kongressstadt fiel - Sankt Petersburg sei zu entlegen und klimatisch zu kühl gewesen, die Öffentlichkeit in London zu unberechenbar und Berlin nicht mondän genug. Der Wiener Kongress stellte eine Zäsur in der europäischen Staatengeschichte dar: die Etablierung eines europäischen Sicherheitssystems, das von den Großmächten garantiert wurde. Nicht unwesentlich zum Zustandekommen dieser neuen Ordnung trug bei, dass Paris und London ihre Rivalitäten begruben und sich zu einer "begrenzten Partnerschaft" bereitfanden. So zukunftsweisend dieser Ansatz war, so anachronistisch mutet andererseits die Diktion des Vertragstextes der Heiligen Allianz an, "eins der merkwürdigsten Dokumente des gesamten 19. Jahrhunderts" (S. 31). Das mit Abstand ausführlichste Kapitel ist den Personen gewidmet, die während des Kongresses eine Rolle spielten - die Souveräne, in erster Linie Kaiser Franz I., Zar Alexander I., König Friedrich Wilhelm III., die Minister und Delegierten wie Metternich, Castlereagh und Wellington, Talleyrand, Hardenberg und Humboldt, Nesselrode sowie Gentz, der Publizist und die "rechte Hand Metternichs". Porträtiert werden auch einige Frauen, deren tatsächlicher Einfluss auf die Ergebnisse des Kongresses aber unbestimmt bleibt. Erwähnung finden die Fürstin Bagration, die Herzogin von Sagan und ihre Schwestern, die Gräfinnen Julie und Sophie Zichy, Auersperg, Saurai-Hunyday und Széchenyi-Guilford. Duchhardt weist darauf hin, dass die den Kongress begleitenden Festivitäten ("Le Congrès danse et ne marche pas", S. 62) eine politische Funktion besaßen. So boten sie den Rahmen für informelle Gespräche und Agreements, die am Verhandlungstisch weit schwieriger hätten erzielt werden können. Darüber hinaus war der Kongress ein kulturgeschichtliches Ereignis, weil er politische, militärische, künstlerische und intellektuelle Eliten aus ganz Europa auf einzigartige Weise zusammenführte. Der Autor erwähnt die zahllosen und mannigfaltigen Theater- und Opernaufführungen, die Feuerwerke und sonstigen Festivitäten. Das Panorama, das er zeichnet, ist beeindruckend, hätte aber zugunsten einer Analyse der sozio-kulturellen Funktionszusammenhänge knapper ausfallen können. Das Wort "Kongress" kann insofern in die Irre führen, wie außer zur Unterzeichnung der Schlussakte im Juni 1815 niemals ein Plenum der Kongressteilnehmer zusammentrat. Die Arbeit wurde in den zahlreichen Komitees und Kommissionen geleistet, an deren Spitze ein "Leitkomitee" stand, dem die vier Alliierten und Frankreich angehörten. Von geringerem Gewicht war das Achterkomitee, in dem auch Schweden, Portugal und Spanien vertreten waren. Zahlreiche Repräsentanten, etwa der kleineren deutschen Staaten, der Reichsritterschaft und von Kommunen, von Standes- und Interessengruppen waren nach Wien gereist und versuchten, auf die Gremien Einfluss zu nehmen (S. 74). Konflikte taten sich auf dem Wiener Kongress vor allem wegen der "Sachsen-Polen-Frage" auf. Weder Russland noch Preußen konnten ihre ambitionierten Pläne für Polen respektive Sachsen durchsetzen und mussten sich auf Druck der anderen Großmächte mit Kompromissen zufrieden geben. Duchhardt erwähnt auch den britisch-amerikanischen Konflikt am Rande des Kongresses, der von London wohlweislich aus den Wiener Verhandlungen herausgehalten wurde. Einzelfragen wurden in verschiedenen Komitees verhandelt wie die Zukunft der Eidgenossenschaft, deren Neutralität und Unabhängigkeit schließlich bestätigt wurde, das Verbot des Sklavenhandels, die Freiheit der Rheinschifffahrt und Regeln des diplomatischen Verkehrs. Inwieweit die Bevölkerung das Objekt von Machtspielen war, zeigt die Arbeit der "Statistischen Kommission", die an Hand von Bevölkerungsstatistiken den Wert von Territorien bezifferte und damit einen Maßstab für den politischen Handel von Gebieten und ihren Bewohnern schuf. Von herausragender Bedeutung war die im "Deutschen Komitee" behandelte Frage, wie nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation die Mitte Europas politisch verfasst werden würde. Hinter den Erwartungen der jungen deutschen Nationalbewegung blieb die Konföderation souveräner Staaten unter dem Dach eines "Deutschen Bundes" natürlich weit zurück, doch wurde für Mitteleuropa immerhin eine politische Ordnungsstruktur gefunden, die für ein halbes Jahrhundert stabil blieb. Duchhardt weist darauf hin, dass der Wiener Kongress viele Fragen - von denen die "deutsche Frage" nur eine war - offen ließ. So konsequent Duchhardt plakative Zuschreibungen wie etwa das Schlagwort von der "Restauration" vermeidet, kommt er nicht umhin, den konservativen Charakter der Wiener Ordnung zu betonen. Zugleich waren die Beteiligten bemüht, diese als "alternativlos" (S. 120) erscheinen zu lassen. Damit ist ein Bogen skizziert zu den Rettungsbemühungen des europäischen Währungsraumes, gut 200 Jahre nach dem Wiener Ereignis. Vielleicht hätten die Schilderungen der zahlreichen Festivitäten etwas knapper ausfallen und dafür die politischen Verflechtungen der beteiligten Mächte ausführlicher zu Wort kommen können. Dem Autor ist es dennoch gelungen, durch eine insgesamt nachvollziehbare Schwerpunktsetzung eine konzise Darstellung des Wiener Kongresses auf engem Raum zu geben, die überdies gut lesbar ist und daher einen Einstieg in die Thematik und einen ersten Überblick bietet. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Daniel Menning <daniel.menning(a)uni-tuebingen.de> |
Date: 2014/05/25 22:42:19
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Irmgard Männlein-Robert / Mischa Meier / Laura Carrara / Jonas Borsch, SFB 923 Bedrohte Ordnungen, Teilprojekt B01 Erdbeben 28.03.2014-29.03.2014, Tübingen Bericht von: Philipp Deeg, Historisches Institut, Universität Stuttgart E-Mail: <PhilippDeeg(a)gmx.de> Der Mittelmeerraum, der in geographischer Hinsicht im Mittelpunkt altertumswissenschaftlicher Forschung steht, ist eine seismisch hochaktive Region. Dass sich auch in der Antike Erdbeben in hoher Frequenz ereigneten, ist nicht nur eine plausible Annahme, sondern über eine Vielzahl von Quellen belegt.[1] Seit 2011 widmet sich das im SFB 923 "Bedrohte Ordnungen" angesiedelte Teilprojekt B01 der Erforschung antiker Erdbeben als Phänomen an der Grenze zwischen Natur und Kultur. Der Fokus der international besetzten Tagung, die im Rahmen dieses Projekts veranstaltet wurde, lag auf den Auswirkungen von Erdbeben auf antike Gesellschaften, den Möglichkeiten der Rekonstruktion seismischer Ereignisse sowie dem Verhältnis zwischen Ereignis und literarischem Niederschlag. Diese Fragen verkürzten die Veranstalter auf die pointierten Schlagworte Deutungen, Folgen und Repräsentationen, mit denen die Sektionen der Konferenz bezeichnet wurden. ULRIKE EHMIG (Wien/Paris) setzte sich mit dem Problem auseinander, dass Poseidon zwar als griechischer 'Erdbebengott' fassbar ist, eine vergleichbare Zuständigkeit Neptuns in Rom trotz sonstiger Parallelen aber unbekannt ist. Vielmehr wird im Anschluss an die grundlegende Studie Gerhard Waldherrs meist angenommen, die Römer hätten unbestimmte Gottheiten ('si deo si deae') für Beben verantwortlich gemacht.[2] Anhand von Weihinschriften für Neptun arbeitete Ehmig zunächst heraus, dass sich tatsächlich keine Bebenzuständigkeit, sondern eine umfassend zu verstehende Schutzfunktion Neptuns ('periculorum absolutor') belegen lässt. Allerdings hätten die Weihungen sicher konkrete Anlässe gehabt, die sich nur nicht mehr rekonstruieren ließen. In einem zweiten Schritt analysierte Ehmig die Votivinschriften für die unbestimmten Gottheiten. Auf diesen Inschriften ließen sich staatstragende Interessen wie das Wohl des Kaisers als Weihanlass finden, aber auch hier sei kein Hinweis auf Zuständigkeit bei Naturkatastrophen im Allgemeinen oder Erdbeben im Speziellen feststellbar. Ein spezifischer Anlass der Weihungen sei auf diesen Steinen überhaupt kaum ersichtlich. Indem Ehmig in ihrer Untersuchung die Möglichkeit negativer Resultate bewusst in Kauf nahm, konnte sie zeigen, welchen Wert solche Arbeiten haben können. Vermeintliche Gewissheiten können dadurch herausgefordert werden, neue Fragen sind zu klären. Muss die 'si deo si deae'-These differenzierter als bisher vorgetragen werden? Warum spielten Erdbeben keine große Rolle als Votivgründe? STEFANO CONTI (Siena/Urbino) ging der Verbindung von Herrschertod und Katastrophe nach. An einer Vielzahl von Beispielen von Caesar bis in die Spätantike konnte er die Instrumentalisierung von Erdbeben als (Vor-)Zeichen aufzeigen. Besonders interessant stellte sich das Aufeinanderprallen von christlichen und heidnischen Autoren im Falle Iulians dar: Heidnische Autoren zeichneten ihn als eine Art tragischen Helden, der allen Vorzeichen zum Trotz seine Pflicht erfüllt habe und dessen Tod ein Unglück darstellte, weil er allein weitere Beben hätte verhindern können. Christen hingegen deuteten das Handeln Iulians als Ursache für den Zorn Gottes, der sich in Beben niederschlug, und seismische Aktivität nach dem Tod des Kaisers als Aufbäumen der Erde, die damit die Aufnahme des Leichnams abgelehnt habe. Insgesamt habe das Interesse der antiken Autoren zumeist darin bestanden, statt der natürlichen die 'tatsächlichen' Ursachen von Erdbeben, also den göttlichen Zorn, herauszustellen. Während Beben vor dem Tod des Herrschers als Vorankündigung gegolten hätten, hätte eines nach dem Herrschertod sowohl als negative Bewertung der Herrschaft des Verstorbenen als auch als ein Akt der Trauer der Natur interpretiert werden können. Durch den spätantiken Schwerpunkt Contis entstanden einige - durchaus fruchtbare - Parallelen zum folgenden Vortrag GERHARD WALDHERRs (Regensburg). Der "Vater der altertumswissenschaftlichen Erdbebenforschung", wie Waldherr von Mischa Meier nicht zu Unrecht angekündigt wurde, akzentuierte die Erdbebenverwendung bei christlichen Autoren noch etwas schärfer. So habe die Erwähnung von Erdbeben auch einen Aspekt der Angstbewältigung enthalten: Wenn Gottes Zorn dafür verantwortlich war, konnte dieser Zorn durch Gebete beschwichtigt werden. Überdies seien Erdbeben auch als Heilmittel gegen die Sündigkeit der Menschen gedeutet worden, als kathartische Ereignisse also, denen gleichsam durch Läuterung entgegengewirkt werden konnte. Mithin sei den Christen der Spätantike, anders als früheren bzw. heidnischen Autoren, durch eine alttestamentarisch geprägte Perspektive eine positive Darstellung von Erdbeben möglich gewesen. Da der Beitrag von Dora Katsonopoulou (Athen) leider entfallen musste, folgten die Vorträge von WOLFRAM MARTINI (Gießen) und RICHARD POSAMENTIR (Tübingen) unmittelbar aufeinander. Martini beklagte das weitgehende Fehlen systematischer archäologischer Analysen zu antiken Erdbeben. Denn obwohl er zugab, dass Schäden durch Erdbeben von Schäden etwa durch Erosion, Krieg oder Fehlkonstruktionen nicht immer klar zu unterscheiden seien und auch eine einigermaßen klare Datierung nur manchmal gelinge, sah er großes Potential solcher Forschungen für die historische Katastrophenforschung, aber auch die Urbanistik und die sozioökonomische Forschung. Mit vielen Einzelbeispielen, vor allem aus Perge, konnte Martini nicht nur Schäden, sondern auch, was ihn mehr interessierte, Restaurationsmaßnahmen nach Beben zeigen. Abschließend formulierte er seinen "Traum" einer interdisziplinär betriebenen und nutzbaren Erdbebendatenbank, die möglichst umfassend seismische Ereignisse und damit möglicherweise zusammenhängende Schäden enthalten sollte. Posamentir stellte sich eingangs, anders als sein Vorredner, auf eine dezidiert skeptische Position, die den Nutzen archäologischer Befunde für die Erdbebenforschung für begrenzt hält.[3] Schwere Verwerfungen und Merkmale der Bauornamentik könnten zwar auf Bebenschäden hindeuten. Eine Datierung der Beben und etwaiger Baumaßnahmen, ein Zusammenhang gar zu anderweitig belegten seismischen Ereignissen sei, wenn überhaupt, nicht hinreichend sicher zu leisten. Dies zeige sich etwa in Ephesos, das vom sogenannten Zwölf-Städte-Beben im Jahre 17 n. Chr. betroffen war[4]: Dass Wiederaufbaumaßnahmen eingeleitet worden sein sollen, ist zwar überliefert. Archäologisch ließe sich aber kein klarer Zusammenhang herstellen, zumal bauliche Veränderungen des Stadtbildes wohl bereits vor 17 n. Chr. begonnen hätten und selbst der Bauboom unter Nero nicht als Spätfolge des Unglücks auszuweisen sei. Besonders am Beispiel von Anazarbos legte Posamentir seine Position dar. Da eine spätantike Bebenserie überliefert ist, ließe sich ein Zusammenhang zwischen Bebenschäden und einem späten Mauersystem um die Stadt, in dem spätantike Trümmer verwendet wurden, annehmen. Belegbar sei dieser Zusammenhang aber nicht: Weder sei das Mauerwerk klar datierbar noch sei gesichert, dass die verbauten Trümmerstücke von seismischen Zerstörungen herrührten. Insgesamt seien Erdbeben allenfalls als Katalysatoren bereits eingeschlagener Entwicklungsrichtungen, nicht als Anlass von Veränderungen oder Umbrüchen plausibel zu machen. In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass Martini und Posamentir in ihren Einschätzungen nicht so weit auseinanderlagen, wie ihre pointierten Vorträge hätten erwarten lassen. Während Martini eine einzelfallorientierte Mikroperspektive einnahm, richtete Posamentir den Blick auf Makrozusammenhänge der Stadtentwicklung. Obwohl CLAUDIA WIENER (München) sich mit einem Thema befasste, das bereits häufiger untersucht wurde[5], konnte Wiener mit ihrer detaillierten Analyse einige wichtige Akzentuierungen und Ergänzungen erreichen. So zeigte sie Senecas rhetorischen Kniff auf, mit dem er den Leser von der von ihm selbst präferierten Theorie über die Entstehung von Erdbeben zu überzeugen suchte. Einerseits listete er die Theorien in der Reihenfolge von der 'primitivsten' zur 'modernsten' - also der von ihm favorisierten - auf, andererseits bezeichnete er keinen der konkurrierenden Ansätze rundheraus als falsch. Auch eine völlige Entsakralisierung von Erdbeben sei nicht Senecas Absicht gewesen. Vielmehr bestehe der Trost seiner Darlegungen darin, dass die Welt eine göttliche Schöpfung sei und also seismische Ereignisse keine Störung, sondern einen Bestandteil der göttlichen Ordnung darstellten. Nicht zuletzt habe Seneca - anders als andere antike Autoren, wie Conti und Waldherr in ihren Beiträgen zuvor herausgearbeitet hatten - gerade keine politische Instrumentalisierung betrieben, sondern das Naturereignis von der Politik abgekoppelt. Damit enthielten die 'Naturales quaestiones' ein affirmatives Element. Mit Blick auf die häufig diskutierte stoische Opposition der frühen Kaiserzeit wird damit nochmals klar hervorgehoben, dass diese 'oppositionellen' Senatoren allenfalls einzelne Kaiser, nicht aber den Prinzipat als solchen in Frage stellten. GIUSTO TRAINA (Paris) hatte seinen Beitrag als Kommentar zu Dios ausführlicher, über bloße Topik hinausgehende Darstellung des Antiochia-Bebens von 115 n. Chr. konzipiert.[6] Unter Heranziehung diverser ergänzender Quellen beleuchtete er das Ereignis vielseitig und detailliert. Besonders die politische Dimension - Traian befand sich zur Zeit des Bebens in Antiochia - interessierte Traina. Leicht hätte das Ereignis sich zu Ungunsten des Kaisers auswirken können, immerhin plante er zu dieser Zeit einen Feldzug gegen die Parther. Überdies befanden sich Tausende Gesandte, Schaulustige und sonstige seinetwegen in der Stadt und waren vom Erdbeben betroffen. Die Umstände hätten sich aber doch als günstig erwiesen. Das spektakuläre Entkommen des Kaisers aus einem Gebäude wie auch die Unversehrtheit seiner außerhalb der Stadt lagernden Truppen konnten als positives Vorzeichen des Feldzuges gewertet werden. Die Deutungshoheit über das Ereignis habe offensichtlich beim Herrscher gelegen und sei von diesem erfolgreich genutzt worden. Dass Traians Entschlossenheit und demonstrative Großzügigkeit beim Wiederaufbau der Stadt ebenfalls eine große Rolle bei der politischen Stabilisierung der Lage gespielt haben dürfte[7], stand in Trainas Vortrag nicht im Fokus. Die Monodie des Libanios auf das 358 n. Chr. zerstörte Nikomedia stand laut CARLO FRANCO (Venedig) zwar in der rhetorischen Tradition des Aelius Aristides, sei jedoch nicht an dessen Reden für Smyrna orientiert gewesen, wie meist vermutet wird[8], sondern an der rhodischen Rede, die Aristides in der Forschung oft abgesprochen worden ist. Entgegen der herrschenden Meinung scheine die Monodie zudem nach dem Briefwechsel mit Iulian entstanden zu sein, ja mehr noch: Libanios sei von Iulian erst zu seiner Trauerrede überredet worden. Wie sonst lasse sich angesichts der engen Verbindung nicht nur des Rhetors, sondern auch des nachmaligen Kaisers mit Nikomedia erklären, dass die Monodie im Briefwechsel unerwähnt blieb? Schließlich sei der amtierende Kaiser Constantius in den Quellen in keiner Weise mit dem Beben in Verbindung gebracht worden, weder als Schuldiger noch als Helfer. Angemessenes kaiserliches Verhalten einschließlich Hilfsmaßnahmen sei nur von Iulian überliefert. Franco konnte aber auch an die Beiträge von Conti und Waldherr anknüpfen und deren Ergebnisse bestätigen. Denn während Libanios die Zerstörungen in Nikomedia beklagte und Poseidon vorwarf, seinen Zorn über einer unschuldigen Stadt ausgeschüttet zu haben, zeigen die christlichen Quellen eine etwas andere Deutung. Sie interessieren sich vorrangig für christliche Opfer, zerstörte christliche Bauwerke und eine wegen des Bebens entfallene Bischofssynode, beklagen den Zorn Gottes aber nicht, sondern betrachten ihn als gerecht. Abschließend fasste KLAUS GEUS (Berlin) unterhaltsam, souverän und pointiert einige wichtige Ergebnisse zusammen, benannte aber auch offene Fragen. Ungelöst müsse bis auf weiteres bleiben, woher die Unterschiede zwischen Poseidon und Neptun bezüglich Erdbeben rührten. Der Umgang heidnischer und christlicher Autoren mit Beben sei insgesamt recht ähnlich. Zwar trete bei spätantiken Christen das kathartische Element hinzu, ansonsten unterschieden sich die Interpretationen aber kaum. Handelt es sich um eine Art anthropologischer Konstante oder um einen Wissenstransfer? Wer waren gegebenenfalls dessen Träger? Den Wunsch nach einer interdisziplinären Erdbebendatenbank unterstützte Geus ausdrücklich. Bedenkenswert ist schließlich seine Überlegung, ob Senecas Beschränkung auf Trost unter bewusster Ausblendung von Hilfen eine subtile Kritik an Nero darstellte.[9] Die Tagung, die in sehr angenehmer Atmosphäre stattfand, zeigte den Facettenreichtum der Erdbebenthematik für die Antike auf. Insbesondere die fachliche Zusammensetzung der Referenten, die ein Ausgreifen über literarische Quellen hinaus ermöglichte, trug zum Gelingen dieses Vorhabens bei. Dass der zeitliche Schwerpunkt klar auf Kaiserzeit und Spätantike lag, war dabei kein Nachteil. Vielmehr wurden Bezugnahmen und Querverweise ermöglicht, sodass ein nuanciertes Bild entstand. Konferenzübersicht: Mischa Meier / Irmgard Männlein-Robert (Tübingen), Begrüßung Laura Carrara / Jonas Borsch (Tübingen), Thematische Einführung Sektion 1: Deutungen Moderation: Mischa Meier Ulrike Ehmig (Wien/Paris), Der "Erdbebengott Neptun" und die "unbestimmte Erdbebengötter" in lateinischen Inschriften Stefano Conti (Siena/Urbino), Ende des Herrschers - Ende der Welt? Naturkatastrophen und der Tod des Kaisers Gerhard Waldherr (Regensburg), Erdbebenkatastrophen bei christlichen Autoren der Spätantike Sektion 2: Folgen Moderation: Jonas Borsch Wolfram Martini (Gießen), Schadensbilder. Archäologische Dokumentation von Erdbeben im Mittelmeerraum Richard Posamentir (Tübingen), Erdbeben als Ende und Anfang: Auflösungsprozesse im römischen Osten Sektion 3: Repräsentationen Moderation: Laura Carrara Claudia Wiener (München), ratio terrorem prudentibus excudit - die Evaluierung von Erdbebentheorien in Senecas Naturales quaestiones Giusto Traina (Paris), Trajan and the Earthquake of Antioch (115 AD) Carlo Franco (Venedig), Ein Erdbeben, ein Rhetor, eine Tradition: Libanios und Nikomedia Kommentar und Schlussdiskussion Moderation: Irmgard Männlein-Robert Klaus Geus (Berlin), Kommentar Anmerkungen: [1] Siehe Emanuela Guidoboni / Alberto Comastri / Giusto Traina, Catalogue of ancient earthquakes in the Mediterranean area up to the 10th century, Rom 1994. [2] Gerhard Waldherr, Erdbeben. Das außergewöhnlich Normale, Stuttgart 1997, S. 231-239. [3] Vgl. dazu Gerhard Waldherr, Antike Quellen zu Erdbeben und ihre Problematik, in: Gerhard Waldherr / Anselm Smolka (Hrsg.), Antike Erdbeben im alpinen und zirkumalpinen Raum, Stuttgart 2007, S. 15-22, hier S. 18, 21. [4] Zu diesem Beben: Tac. ann. 2,47, der aber Ephesos nicht nennt. [5] Insbesondere, dass Senecas Erdbebendarstellung darauf abzielte, die Sicht auf seismische Ereignisse zu rationalisieren und damit Trost zu spenden, wurde dabei bereits früher herausgearbeitet; vgl. etwa Holger Sonnabend, Wahrnehmung von Naturkatastrophen in der Antike: Das Kampanien-Beben von 62 n. Chr. und der Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr., in: Dieter Groh / Michael Kempe / Franz Mauelshagen (Hrsg.), Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Tübingen 2003, S. 37-44; Gareth Williams, Greco-Roman Seismology and Seneca on Earthquakes in "Natural Questions 6", in: Journal of Roman Studies 96 (2006), S. 124-146. [6] Cass. Dio 68,24-25. [7] Siehe dazu jüngst Jörn Kobes, Trajan und Antiochia - Kaiserliche Hilfen und Mirakel, in: Babett Edelmann-Singer / Heinrich Konen (Hrsg.), Salutationes - Beiträge zur Alten Geschichte und ihrer Diskussion, Berlin 2013, S. 73-88. [8] Vgl. etwa Guidoboni / Comastri / Traina, Catalogue, S. 258. [9] Man beachte beispielsweise die von Tacitus überlieferte Information, Laodikeia habe sich im Jahre 60 n. Chr. nach einem Erdbeben selbst helfen müssen, ohne kaiserliche Unterstützung; Tac. ann. 14,27,1. URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5388> |
Date: 2014/05/30 16:20:02
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die „Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis
Saarlouis e.V.“ lädt am 13.06.2014 zu einem Vortrag von Hans Peter Klauck ein.
Thema wird sein: Nazi-Terror im Westen, Ausgrenzung – Verfolgung –
Vernichtung Das Lagersystem der
Nationalsozialisten Der Vortrag von Hans Peter Klauck beginnt um 19.00 Uhr im
Landsratsamt Saarlouis, Großer Sitzungssaal (Neubau). Der Eintritt ist
frei. Unmittelbar nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten im Januar 1933 begann der offene Terror gegen die politische
Opposition. Die juristische Grundlage bildete hierfür die
"Reichstagsbrandverordnung" vom 28. Februar 1933, mit der zum "Schutz von Volk
und Staat" politische Gegnerinnen und Gegner des Regimes "präventiv" verhaftet
und ohne Justizurteil festgehalten werden konnten. Allein im März und April 1933
wurden rund 35.000 Personen von Polizei, Sturmabteilung (SA) und Schutzstaffel
(SS) in "Schutzhaft" genommen und waren damit staatlicher Willkür ohne jeden
Rechtsbeistand ausgeliefert. Nach der weitgehenden Ausschaltung der politischen
Opposition und der Grundsatzentscheidung Adolf Hitlers für ein Fortbestehen des
SS-Konzentrationslagersystems wurden die Konzentrationslager zunehmend auch zu
einem Instrument der radikalisierten NS-Rassenpolitik, die im Vernichtungskrieg
gegen die Sowjetunion, in gezielten Tötungen an kranken und behinderten Menschen
sowie im systematischen Massenmord an der jüdischen sowie der Roma- und
Sinti-Bevölkerung ihren Ausdruck fand. Mord und Gewalt nahmen auch in den Lagern
mit gezielten Massentötungsaktionen eine neue Dimension
an. Hans Peter Klauck zeigt an vielen Beispielen und
historischen Fotos das Lagersystem westlich des Rheins. Vorgestellt werden u.a.
die Lager Osthofen, Hinzert, Neue Bremm in Deutschland, Natzweiler,
Ban-St.-Jean, Thil, Woippy in Frankreich, Herzogenbuch und Westerbork in
Holland, Fünfbrunnen in Luxemburg, Mechelen, Huy und Breendonk in Belgien.
Außerdem werden die
Zwangsarbeiterlager im Kreis Saarlouis dargestellt. |
Date: 2014/05/31 01:00:05
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die „Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis
Saarlouis e.V.“ lädt am 13.06.2014 zu einem Vortrag von Hans Peter Klauck ein.
Thema wird sein: Nazi-Terror im Westen, Ausgrenzung – Verfolgung –
Vernichtung Das Lagersystem der
Nationalsozialisten Der Vortrag von Hans Peter Klauck beginnt um 19.00 Uhr im
Landsratsamt Saarlouis, Großer Sitzungssaal (Neubau). Der Eintritt ist
frei. Unmittelbar nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten im Januar 1933 begann der offene Terror gegen die politische
Opposition. Die juristische Grundlage bildete hierfür die
"Reichstagsbrandverordnung" vom 28. Februar 1933, mit der zum "Schutz von Volk
und Staat" politische Gegnerinnen und Gegner des Regimes "präventiv" verhaftet
und ohne Justizurteil festgehalten werden konnten. Allein im März und April 1933
wurden rund 35.000 Personen von Polizei, Sturmabteilung (SA) und Schutzstaffel
(SS) in "Schutzhaft" genommen und waren damit staatlicher Willkür ohne jeden
Rechtsbeistand ausgeliefert. Nach der weitgehenden Ausschaltung der politischen
Opposition und der Grundsatzentscheidung Adolf Hitlers für ein Fortbestehen des
SS-Konzentrationslagersystems wurden die Konzentrationslager zunehmend auch zu
einem Instrument der radikalisierten NS-Rassenpolitik, die im Vernichtungskrieg
gegen die Sowjetunion, in gezielten Tötungen an kranken und behinderten Menschen
sowie im systematischen Massenmord an der jüdischen sowie der Roma- und
Sinti-Bevölkerung ihren Ausdruck fand. Mord und Gewalt nahmen auch in den Lagern
mit gezielten Massentötungsaktionen eine neue Dimension
an. Hans Peter Klauck zeigt an vielen Beispielen und
historischen Fotos das Lagersystem westlich des Rheins. Vorgestellt werden u.a.
die Lager Osthofen, Hinzert, Neue Bremm in Deutschland, Natzweiler,
Ban-St.-Jean, Thil, Woippy in Frankreich, Herzogenbuch und Westerbork in
Holland, Fünfbrunnen in Luxemburg, Mechelen, Huy und Breendonk in Belgien.
Außerdem werden die
Zwangsarbeiterlager im Kreis Saarlouis dargestellt. |