Date: 2014/04/01 08:07:47
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ
Westwall-Bunker werden DenkmalGesetz soll Voraussetzung schaffen – Anlagen beherbergen seltene Tiere und PflanzenWestwall-Bunker sind Heimat für Wildkatzen und Fledermäuse sowie seltene Flechtenarten. Der BUND wünscht sich, dass die Relikte zum Kulturdenkmal erklärt werden. Das Land will nun einen Plan aufgreifen, der seit Jahren in der Schublade liegt.Von SZ-Redakteurin Ute KlocknerSaarbrücken. Über 600 Kilometer – von der niederländischen bis zur Schweizer Grenze – reicht die Kette der Bunkerruinen und Panzersperren: Über 20 000 Einzelanlagen zählt der Westwall, eine Befestigungsanlage, die die Nationalsozialisten von 1936 bis 1942 bauen ließen. Wie viele Anlagen es exakt sind, ist bislang nicht erfasst. Im heutigen Saarland liegen bis zu 3000 Objekte, schätzt das Landesdenkmalamt (LDA). In Rheinland-Pfalz sollen es etwa 9000 sein. 75 Jahre nach Kriegsausbruch sind nur wenige Anlagen für Bürger geöffnet – etwa das B-Werk in Merzig-Besseringen. Einige Bunker müssen vor dem Einsturz gesichert werden. Für die Sicherheit ist der jeweilige Eigentümer zuständig – im Saarland sind dies etwa Gemeinden, Privatpersonen, Landwirte, der Saarforst Landesbetrieb oder auch die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BIMA). Die BIMA ist im Saarland für 1800 ehemalige Westwall-Bunker verantwortlich – durchschnittlich 15 000 Euro muss sie nach eigener Aussage für die Sicherung pro Jahr berappen. Rheinland-Pfalz möchte die Westwall-Relikte erhalten – als Mahnmal für die verbrecherische Politik der Nazis und als Biotop für geschützte Tiere und Pflanzen. Das Mainzer Kabinett hat daher beschlossen, dass sich künftig eine Stiftung um die Sicherung der Anlagen kümmern soll. Dafür erhält das Land vom Bund 25 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. Dafür sollen die Relikte im Besitz der BIMA an das Land übergeben werden. Anders im Saarland: Eine entsprechende Stiftung mit der Sicherung des Westwalls zu beauftragen, sei derzeit nicht geplant, teilt ein Sprecher des Saar-Kultusministeriums mit. Dies wünschen sich jedoch Naturschützer. „Wir sind total neidisch darauf, wie es in Rheinland-Pfalz läuft“, sagt Steffen Potel vom BUND Saar. Im Saarland zieht sich der Westwall in mehreren Abschnitten durchs Land – etwa der Orscholz-Riegel im Raum Perl und Mettlach, die Westbefestigung entlang der Saar oder die Hilschbach-Stellung, die oberhalb von Riegelsberg beginnt und sich bis in den Saarpfalz-Kreis fortsetzt. Durch den Kreis St. Wendel zieht sich ein Abschnitt der Luftverteidigungszone West. „Diese lange Kette an Westwall-Relikten ist im Saarland recht gut erhalten. Wir wollen, dass sie als Biotop erhalten bleibt“, sagt Potel. Für den Erhalt der Wildkatze im Saarland spielten die Relikte eine große Rolle. Auch viele Fledermausarten, Füchse und Dachse fühlten sich dort wohl, ebenso wie unscheinbare Organismen wie seltene Flechten. „Die Biodiversität ist in vielen Bunkeranlagen größer als im Wald, wo es Forsteingriffe gibt“, erklärt der Experte. Doch würden manche Relikte vom Eigentümer aufgegeben. So wurde vor Kurzem im Rahmen von Bauarbeiten eine Anlage an der Römerbrücke in Dillingen zugeschüttet und zugemauert. Die Anlage, die dem Bund gehört, sei nach dem Zweiten Weltkrieg teilgesprengt worden, teilt die Stadt mit, die Maßnahmen seien aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen. Damit die Bunker nicht zugeschüttet werden, um Kosten zu entgehen, fordert Potel eine andere Lösung für die Verkehrssicherheit. „Wer durch die Gegend kriecht, hat auch auf sich selbst aufzupassen. Wie im Wald auch“, findet er. Um die Vielfalt zu erhalten, wünscht sich der BUND, die Bunkerlinie als Streckenkulturdenkmal im Landesdenkmalschutzgesetz festzuschreiben. „Als Kulturdenkmal könnte man einen Biotopverbund entwickeln und der Erhalt wäre für die Tiere und Pflanzen gesichert“ , erklärt Potel. Bereits Umweltminister Stefan Mörsdorf (CDU, im Amt von 1999 bis 2009) habe beschlossen, das Gesetz entsprechend zu novellieren. „Es hat sich seitdem nichts getan.“ Auf SZ-Anfrage teilt das Kultusministerium dazu mit: „Im Landesdenkmalamt ist die Ausweisung der saarländischen Westwall-Relikte als Flächendenkmal geplant. Im Rahmen der anstehenden Novellierung des saarländischen Denkmalschutzgesetzes muss hierfür die Ausweisung einer neuen Denkmalkategorie erfolgen.“ „Wir sind total neidisch auf Rheinland-Pfalz.“ |
Date: 2014/04/01 08:19:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
letztens erhielt ich auf der Suche nach
Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in
Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter
Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in
Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des
US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls
Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in
Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte.
Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen
"Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte.
Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern
bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort
übersetzen soll.
Mit
freundlichem Gruß Roland Geiger -----------------
Washington, d.C., d. 9. April 1868. Lieber Herr Hasaurek. Als ich gestern eben meine Kor- respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom
6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere war mir umso unerwarteter als mir nicht
bekannt war, daß mein Artikel über den bewussten
Staats- vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich
nach Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte
an- nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr
letztes Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die
große Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch
des amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das
uebelhafte Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich,
mögen sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch
unsere gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus
ihrer Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz
ungerecht- fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich
habe diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß
ich oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das
kann mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige
Selbstüber- hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder
gar (Seite) als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie
nochmals: Würde Agate es gewagt haben so von irgend
einem Amerikaner zu sprechen? Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der
Mehrzahl der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und
inso- fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den
Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges
und gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung
hat mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für
die richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber
und noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen
schreibt für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er
gerade so schreiben, wie er es thut. Sint
ut sunt, aut aere sunt. Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's
Rolle auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so
weit geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es
eben nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich
nicht darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere,
spielen könne.
Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein
republi- kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im
Jn- teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in
den Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die
Verpflich- tung übernommen zu haben seine Interessen und die der
Partei, (Seite) der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung,
manchen meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen
aufzulegen. In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu
halten gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten
Kor- respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten
Be- merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein
können, daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie
kränkt. Niemand kann mehr von der relativen
Bedeutungslo- sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen
überzeugt sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner
derselben erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen
Feile zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde
ich mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in
seiner Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht
als Villen-Poet von Insentur, sondern als
Lohnschreiber mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie
auch bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me
in" verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure
daß Sie ihn mir einen so hard case
finden, der Ihnen so viele Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde
selbst meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend
auszu- beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig
Wissen zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit
Welt- (seite) mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein
gewissen- hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte
in Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende
Zukunft vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein
leiden- schaftliches Studium der klassischen Griechen und
Römer, verbunden mit einem schon in der Kindheit
ernstern grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum
Republikaner gemacht. Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den
Catalogen gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich
zu dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher
Korres- pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an
diesel- ben die ernste Anforderung der die objektische
Wahrheit erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich
gebe ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und
lebendiges Bild der stets wechselnden Phasen im
Kaleidoskop des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere
Untersu- chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden
Reflexe der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die
Frage nach der Wahrheit und den Motiven jener
Erscheinungen scheint mir außerhalb des Beweises meiner
jetzigen Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein,
sondern Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so
ganz werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen
Punkte derselben übergehen scheint mir zunächst gegen
Fre- mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser,
frecher Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während
die Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum
Be- trage von 5 cts hat, übernimmt er
Eisenbahnfahretrakte zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die
Garantie der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den
V.St. anerkannte Regierung umzustoßen,
kompromittirt den Namen bekannter Staatsmänner und All
dieses in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet.
Was er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar
kein Recht hatte, und die upon their
fall nur zu Schwindeleien (Seite) benutzt werden konnnten, gethan, wird
Fremont wohl ebensowenig sagen, als er auf die
gegen ihnen erhobene und beschworne Anklage
geantwor- tet hat; aber Jedermann kennt ihn und
seine Genossen genügend um zu wissen, daß er
versucht haben wird sie zu benutzen. Fälscher und
Falschmünzer pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie,
wann und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen
gedenken. Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen
des Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze
Publikum gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt
und ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als
Aufklä- rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des
Haus- komittees die Sache in Berathung zu nehmen,
schien mir das Gerücht von hoher Bedeutung. Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von
ganzer Seele
haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4] und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein
Wilson sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen
seines großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die
Bier- wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein,
wenn sie eine Partei bilden und als solches Einfluß
auf (Seite) die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie
sie es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit
meinen geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten
Aufklä- rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere
Kinder und Enkel werden den Vorzug genießen uns
viele Irrthümer nachweisen zu können, ohne
deßhalb im Stande zu sein, sicher als wir vor
gleicher zu bewahren! (Seite) Wade wünschte eine Uebersetzung der p.
Korrespon- denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres
Edito- rials über den Punkt. Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß
Sie meinen Namen unter meine
Korrespondenz drucken. Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen.
Ich würde es gerne mit nach Hause nehmen, um
es zur Hand zu nehmen, wenn ich einen
Augenblick Muße finde. Mit freundschaftlichen Gruße Ihr C.N. Riotte [1] das Sichaussprechen, Erklärung [von
Gefühlen] [2]
Friedrich Kapp (* 13. April
1824 in
Hamm, Westfalen; †
27. Oktober
1884 in
Berlin) war ein
deutschamerikanischer Rechtsanwalt,
Schriftsteller
und Politiker. [3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890).
1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber
zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur
Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären
verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie
verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation
verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben
musste.. [4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder
Enthaltsamkeitsbewegung |
Date: 2014/04/01 13:28:01
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen]
[2] Friedrich Kapp (* 13. April 1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober 1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischer Rechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
[4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung
Date: 2014/04/01 13:50:26
From: Dr. M. Franz <DrMFranz(a)t-online.de>
Hallo Herr Geiger, den Brief von Riotte, den Sie gepostet haben, finde ich sehr interessant. (Nicht nur, weil ein Onkel von mir und seine Familie mal in Saarbrücken in der Riottestraße gewohnt haben …;-) Vielleicht kann ich auch ein bisschen was zur Entzifferung und Kommentierung des Briefs beisteuern. Als erstes einmal: die „Sonntagsmucherei“ muss wohl „Sonntagsmuckerei“ heißen (vielleicht hat aber Riotte auch eine lokale Orthographie oder Aussprache). „Mucker“ sind extrem bigotte Pietisten, wie man sie z.B. in besonders extremer Weise in Wuppertal fand; daher der Spruch: „Wuppertal = Muckertal“, der bis heute noch verwendet wird. („Mucker“ nannten sich auch eine besondere Gruppe deutscher Auswanderer in Südbrasilien im frühen 19. Jh., wie ich vor 10 Jahren in Porto Alegre erfuhr.) Aber hier im Kontext des Riotte-Briefs ist der Ausdruck wohl im übertragenen Sinn gebraucht, ebenso wie der parallele „Temperanzlertum“. Wenn Sie mir einen scan des Briefs (als pdf) schicken könnten, könnte ich (oder eine gute Freundin von mir, die an der University of Nebraska in Lincoln Deutsch lehrt und ziemlich viel in deutschen Kirchenarchiven geforscht hat, deshalb auch sehr gut paläographisch bewandert ist) Ihnen vielleicht noch das eine oder andere rausbekommen. Vielen Dank für Ihre freundliche Mitteilung – Ihr Michael Franz Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Rolgeiger(a)aol.com Salü, letztens erhielt ich auf der Suche nach Informationen über den St. Wendeler Carl Nikolaus Riotte (geb. 1814; Studium in Trier, Teilnahme am Aufstand in Elberfeld 1848/49, Flucht nach Texas, 1862 unter Abraham Lincoln Botschafter in Costa Rica und unter Ulysses Grant Botschafter in Nicaragua, + 1887 in der Schweiz) von der Historischen Gesellschaft des US-Bundesstaates Ohio einen Brief Riottes an Friedrich Hassaurek, ebenfalls Rebellionsflüchtling und damals Herausgeber einer deutschsprachigen Zeitung in Ohio namens "Das Volksblatt", für das Riotte Artikel verfaßte. Dem Brief geht ein Artikel Riottes über einen "Staatsvertrag" voraus, den Hassaurek kritisiert hatte. Alles konnte ich nicht lesen, und bei 2 Wörtern bin ich mir noch nicht sicher, auch nicht, wie ich das lateinische Sprichwort übersetzen soll. Mit freundlichem Gruß ----------------- Washington, d.C., d. 9. April 1868. Lieber Herr Hasaurek. Als ich gestern eben meine Kor- respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1][1]; letztere war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt war, daß mein Artikel über den bewussten Staats- vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an- nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht- fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber- hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar (Seite) als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals: Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem Amerikaner zu sprechen? Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso- fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu den Radicalissimi, wie Kapp[2][2] oder Donei. Ein vieljähriges und gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt. Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi- kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn- teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich- tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei, (Seite) der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen. In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor- respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be- merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können, daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt. Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo- sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in" verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu- beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt- (seite) mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen- hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden- schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer, verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner gemacht. Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres- pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel- ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu- chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet, kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre- mont[3][3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be- trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St. anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien (Seite) benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor- tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken. Sie werden schon einen Unerfahrenen finden. Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen, daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä- rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus- komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien mir das Gerücht von hoher Bedeutung. Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4][4] und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier- wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf (Seite) die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen geringen Kräften entgegengetreten bin. In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä- rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher zu bewahren! (Seite) Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon- denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito- rials über den Punkt. Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie meinen Namen unter meine Korrespondenz drucken. Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick Muße finde. Mit freundschaftlichen Gruße Ihr C.N. Riotte [1][1] das Sichaussprechen, Erklärung [von Gefühlen] [2][2] Friedrich Kapp (* 13. April 1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober 1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischer Rechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker. [3][3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste.. [4][4] Anhänger einer Mäßigkeits- oder Enthaltsamkeitsbewegung |
Date: 2014/04/01 15:39:41
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen
Quelle: www.katholisches.info
Grüße
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[2] Friedrich Kapp (* 13. April1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischerRechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
Date: 2014/04/02 13:16:00
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen
Quelle: www.katholisches.info
Grüße
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[2] Friedrich Kapp (* 13. April1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischerRechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
Date: 2014/04/02 15:45:47
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
Hallo!
Das scheint mir eine Abwandlung zu sein, die wohl bedeutet ".. oder ob sie ehern (aus Erz, also unveränderlich) sind".
alternativ: " ... oder ob sie geldgierig sind."
Der Bezug zu dem Zitat ist aber wichtig, auch wenn es wohl von Papst Clemens XIII stammt. Der hatte im 18. Jhd Dank der Einflußes der Franziskaner ein Problem mit den Jesuiten, die damals in ihrer Existenz bedroht waren. In leicht anderer Form gibt es sie aber noch heute.
Der Satz des Papstes oder von Ricci wurde eine Art Pseudonym für das Überleben und häufig original oder in geänderter Form zitiert, wie in vorliegendem Brief offenbar auch.
Ich bin keine Lateinerin, aber aere ist ziemlich sicher eine deklinierte Form (Ablativ Singular) von aes = Erz, Bronze, Kupfer oder in übertragener Bedeutung: Geld, Münzen.
Die Jesuiten galten wegen bestimmter Praktiken als habgierig
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Wed, 02 Apr 2014 13:16:06 +0200
Von: "Elmar Peiffer" <e.peiffer(a)gmx.net>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen
Quelle: www.katholisches.info
Grüße
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[2] Friedrich Kapp (* 13. April1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischerRechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
Date: 2014/04/03 13:22:08
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
Hallo!
Das scheint mir eine Abwandlung zu sein, die wohl bedeutet ".. oder ob sie ehern (aus Erz, also unveränderlich) sind".
alternativ: " ... oder ob sie geldgierig sind."
Der Bezug zu dem Zitat ist aber wichtig, auch wenn es wohl von Papst Clemens XIII stammt. Der hatte im 18. Jhd Dank der Einflußes der Franziskaner ein Problem mit den Jesuiten, die damals in ihrer Existenz bedroht waren. In leicht anderer Form gibt es sie aber noch heute.
Der Satz des Papstes oder von Ricci wurde eine Art Pseudonym für das Überleben und häufig original oder in geänderter Form zitiert, wie in vorliegendem Brief offenbar auch.
Ich bin keine Lateinerin, aber aere ist ziemlich sicher eine deklinierte Form (Ablativ Singular) von aes = Erz, Bronze, Kupfer oder in übertragener Bedeutung: Geld, Münzen.
Die Jesuiten galten wegen bestimmter Praktiken als habgierig
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Wed, 02 Apr 2014 13:16:06 +0200
Von: "Elmar Peiffer" <e.peiffer(a)gmx.net>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
„Sint ut sunt aut non sint“ (Sie seien wie sie sind oder sie seien nicht) ist ein Satz, den einige Historiker Lorenzo Ricci, dem 18. Ordensgeneral der Jesuiten zuschreiben, als ihm der Vorschlag unterbreitet wurde, die Gesellschaft Jesu zu „reformieren“, um sie den Bedürfnissen der Welt anzupassen
Quelle: www.katholisches.info
Grüße
Anneliese Schumacher
-----Original-Nachricht-----
Betreff: [Regionalforum-Saar] über das üble Biersaufen der Deutschen (u.a.)
Datum: Tue, 01 Apr 2014 08:19:48 +0200
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Washington, d.C., d. 9. April 1868.
Lieber Herr Hasaurek.
Als ich gestern eben meine Kor-
respondenz zur Post gegeben, erhielt ich Ihr Schreiben
vom 6. d.M. u. Hn Danzers Expektoration[1]; letztere
war mir umso unerwarteter als mir nicht bekannt
war, daß mein Artikel über den bewussten Staats-
vertrag von Ihnen veröffentlicht worden war, und ich nach
Ihrem Briefe gerade das Entgegengesetzte glaubte an-
nehmen zu müssen. Gestatten Sie mir Ihr letztes
Schreiben seriatim durchzugehen. Ich weiß, daß die große
Masse der Deutschen, wie die jedes anderen Volkes auch des
amerikanischen, ungebildet ist: Deutsche, die das uebelhafte
Biersaufen zum Kultus erheben, sind mir unerträglich, mögen
sie sonst Anspruch auf Bildung haben oder nicht; daß auch unsere
gebildeten Deutschen als Regel ihr Wissen (oft aus ihrer
Schul - und Universitätenbesuch) zur Grundlage ganz ungerecht-
fertigter Selbstüberschätzung machen, gebe ich zu, ich habe
diese stets bekämpft und mit solcher Entschiedenheit, daß ich
oft den Vorwurf eines Apostaten hören musste. Das kann
mich aber nicht bestimmen eine gleich engherzige Selbstüber-
hebung bei Amerikanern ruhig hinzunehmen oder gar
(Seite)
als eine Schmeichelei verdenken. Ich frage Sie nochmals:
Würde Agate es gewagt haben so von irgend einem
Amerikaner zu sprechen?
Was Sie über den politischen Parteistandpunkt der Mehrzahl
der Deutschen in den V.St. sagen, war mir nicht neu, und inso-
fern wenigstens, wenn überhaupt, gehöre ich so wenig zu
den Radicalissimi, wie Kapp[2] oder Donei. Ein vieljähriges und
gewissenhaftes Suchen nach den Gründen diese Erscheinung hat
mich reichlich belohnt. Ich halte Ihre Kampfesweise für die
richtige, habe sie stets dem großen Publikum gegenüber und
noch jüngst in meinen St__greden befolgt. Heingen schreibt
für ein ausgewähltes Publikum, und für dieses muss er gerade
so schreiben, wie er es thut. Sint ut sunt, aut aere sunt.
Ad vocem: Stanton. Sie geben selbst zu, daß Stanton's Rolle
auf die Rathlosigkeit Anderer berechnet ist; gerade so weit
geht, was Sie meine „Bewunderung“ nennen; er hat es eben
nicht nöthig eine andere Rolle zu spielen; ich lasse mich nicht
darauf ein zu untersuchen, ob er eine andere, größere, spielen
könne. Ich konstatiere die Thatsche, und, da ich für ein republi-
kanisches Parteiblatt schreibe, konstatire ich sie im Jn-
teresse dieser Partei und ihrer Massen. Als ich in den
Dienst Ihres Blattes trat, war ich mir bewusst die Verpflich-
tung übernommen zu haben seine Interessen und die der Partei,
(Seite)
der als angehört, zu fördern und, in dieser Verpflichtung, manchen
meiner Ansichten und Ueberzeugungen Schweigen aufzulegen.
In diesem Geiste habe ich meine Korrespondenzen zu halten
gesucht. Dies führt mich zu der mir zurückgeschickten Kor-
respondenz vom 29. v.M. und Ihren darüber gemachten Be-
merkungen. Ich schicke voraus, daß Sie versichert sein können,
daß eine Kritik, wie die von Ihnen geübte, mich nie kränkt.
Niemand kann mehr von der relativen Bedeutungslo-
sigkeit meiner schriftstellerischen Produktionen überzeugt
sein, als ich selbst; und ich kann mich in der That keiner derselben
erinnern, mit der ich nach Anlegung der kritischen Feile
zufrieden gewesen. Allein unglücklicher Weise finde ich
mich nicht in der Lage Horazens gute Rathschläge in seiner
Ars poetica verfolgen zu können, denn ich schreibe nicht als
Villen-Poet von Insentur, sondern als Lohnschreiber
mit einem Washingtoner boardinghouse. Ich habe Sie auch
bereits versichert, daß ich Ihre gute Absicht: "to break me in"
verstehe, sie dankbar anerkenne und nur bedaure daß
Sie ihn mir einen so hard case finden, der Ihnen so viele
Last macht. Ihre Bemerkung, daß Sie fürchten, ich würde selbst
meine jetzigen günstigen Chancen nicht genügend auszu-
beuten wissen, hat viel Wahres. Ich besitze zu wenig Wissen
zum Gelehrten, und zu wenig Schweigsamkeit Welt-
(seite)
mann. Meiner Erziehung getreue, bin ich ein gewissen-
hafter, etwas pedantischer Büreaukrat, und hätte in
Preußen bleiben sollen, wo eine glänzende Zukunft
vor mir lag. Zu meinem Unglücke hatte mich ein leiden-
schaftliches Studium der klassischen Griechen und Römer,
verbunden mit einem schon in der Kindheit ernstern
grübelnden, streng sittlichen Karakter, zum Republikaner
gemacht.
Wenn ich Ihre Bemerkungen über die auf den Catalogen
gesetzte Korrespondenz richtig auffaße, so komme ich zu
dem Schluße, daß wir über das Wesen solcher Korres-
pondenz wesentlich differiren. Sie scheinen an diesel-
ben die ernste Anforderung der die objektische Wahrheit
erstrebenden Geschichtsforschung zu stellen. Ich gebe
ihnen die Aufgabe: ein möglichst getreues und lebendiges
Bild der stets wechselnden Phasen im Kaleidoskop
des täglichen Lebens zu liefern. Die tiefere Untersu-
chung, weßhalb die kon- u. die divergirenden Reflexe
der Prismen gerade solche Effekte und keine anderen
erzeugen müssen, mit anderen Worten, die Frage
nach der Wahrheit und den Motiven jener Erscheinungen
scheint mir außerhalb des Beweises meiner jetzigen
Aufgabe zu liegen. Ich soll nicht Historienmaler sein, sondern
Skizzen hinwerfen. Von diesem Standpunkte betrachtet,
kann ich die bewußte Korrespondenz nicht für so ganz
werthlos halten. Mit Ihnen auf die einzelnen Punkte
derselben übergehen scheint mir zunächst gegen Fre-
mont[3], ohne es mit so viel Worten zu sagen, der point
ausgemacht zu sein, daß er ein gewissenloser, frecher
Schwindtler ist, dem jedes Mittel recht. Während die
Welt weiß, daß er weder Kredit noch Mittel zum Be-
trage von 5 cts hat, übernimmt er Eisenbahnfahretrakte
zum Betrage von 100 von Millionen, verspricht die Garantie
der V. St. zu Anleihen von 50 Millionen, sucht eine von den V.St.
anerkannte Regierung umzustoßen, kompromittirt
den Namen bekannter Staatsmänner und All dieses
in Verbindung mit dem Abschaum von Wallstreet. Was
er mit den beschmutzten Exemplaren, worauf er gar kein
Recht hatte, und die upon their fall nur zu Schwindeleien
(Seite)
benutzt werden konnnten, gethan, wird Fremont
wohl ebensowenig sagen, als er auf die gegen
ihnen erhobene und beschworne Anklage geantwor-
tet hat; aber Jedermann kennt ihn und seine
Genossen genügend um zu wissen, daß er versucht
haben wird sie zu benutzen. Fälscher und Falschmünzer
pflegen nicht dem Publikum mitzutheilen wie, wann
und wo sie ihre falschen Dokumente zu benutzen gedenken.
Sie werden schon einen Unerfahrenen finden.
Die Beschuldigungen wegen des Alaska-Handels habe ich
nicht erfunden. Sie zirkulirt hier in den Kreisen des
Kongresses, und hat ihren Weg in das ganze Publikum
gefunden. In diesem Lichte habe ich sie dargestellt und
ausdrücklich als meine Privatmeinung ausgesprochen,
daß mir der Sachverhalt dunkel erschien. Als Aufklä-
rung des Publikums über die Zögerung u. Weigerung des Haus-
komittees die Sache in Berathung zu nehmen, schien
mir das Gerücht von hoher Bedeutung.
Wenn ich, wie oben gesagt, die Bierbummelei von ganzer
Seele haße, so haße ich nicht weniger die Temperenzelei[4]
und Sonntagsmucherei (?), deren Champion zu sein Wilson
sich sogar brüstet, ohne durch das Benehmen seines
großen Gelehrten, Yates, sich feiren zu lassen. Die Bier-
wirthanmaßung zu bekämpfen wird es Zeit sein, wenn
sie eine Partei bilden und als solches Einfluß auf
(Seite)
die Gesetzgebung zu gewinnen suchen, wie sie
es in N. York gethan, wo ich Ihnen mit meinen
geringen Kräften entgegengetreten bin.
In Betreff Seymours haben die jüngsten Aufklä-
rungen bewiesen, da Sie Recht hatten. Unsere Kinder
und Enkel werden den Vorzug genießen uns viele
Irrthümer nachweisen zu können, ohne deßhalb
im Stande zu sein, sicher als wir vor gleicher
zu bewahren!
(Seite)
Wade wünschte eine Uebersetzung der p. Korrespon-
denz; ich habe sie gemacht und auch die Ihres Edito-
rials über den Punkt.
Ich habe nichts dagegen einzuwenden, daß Sie
meinen Namen unter meine Korrespondenz
drucken.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, Ihre Worte zu lesen. Ich
würde es gerne mit nach Hause nehmen, um es
zur Hand zu nehmen, wenn ich einen Augenblick
Muße finde.
Mit freundschaftlichen Gruße Ihr
C.N. Riotte
[2] Friedrich Kapp (* 13. April1824 in Hamm, Westfalen; † 27. Oktober1884 in Berlin) war ein deutschamerikanischerRechtsanwalt, Schriftsteller und Politiker.
[3] John Charles Frémont or Fremont (January 21, 1813 – July 13, 1890). 1864 wurde er gegen Abraham Lincoln als Gegenkandidat aufgestellt, musste aber zurücktreten. Frémont war bei verschiedenen Eisenbahngesellschaften zur Pazifikküste beteiligt und wurde später von betrogenen französischen Aktionären verklagt und vom Pariser Tribunal − in Abwesenheit − wegen Escroquerie verurteilt, was dem deutschen Betrug entspricht. Seine finanzielle Situation verschlechterte sich derart, dass er sich in Washington D.C. um ein Amt bewerben musste..
Date: 2014/04/06 09:44:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Sonder-Vortragsreihe: d´Hame – Cetto
– Bruch: 5
Jahrhunderte der Stadt St. Wendel im
Spiegel dreier Familiengeschichten Die
Familie d´Hame im St.
Wendel des 16. bis 18. Jahrhunderts Referent: Gerd Schmitt, St. Wendel 21.
Mai 2014 19.00 Uhr Mia-Münster-Haus St. Wendel Die
Familie Cetto im St.
Wendel des 18. und 19. Jahrhunderts Referent: Roland Geiger, St. Wendel 4. Juni 2014 19.00 Uhr Mia-Münster-Haus St. Wendel Die
Familie Bruch im St.
Wendel des 19. und 20. Jahrhunderts Referent: Bernhard W. Planz,
Schiffweiler-Stennweiler 18.
Juni 2014 19.00 Uhr Casino Thomas Bruch, St.
Wendel |
Date: 2014/04/06 21:31:56
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Susanne Häcker
<susanne.haecker(a)uni-tuebingen.de> Date: 07.04.2014 Subject: Tagber: Orden in der Krise - Möglichkeiten und Grenzen religiöser Lebenswelten in der Vormoderne ------------------------------------------------------------------------ Doktoranden des Fachbereichs Geschichtswissenschaft an der Universität Tübingen, Seminar für Neuere Geschichte 05.09.2013-06.09.2013, Tübingen Bericht von: Susanne Häcker, Seminar für Neuere Geschichte, Eberhard Karls Universität Tübingen E-Mail: <susanne.haecker(a)uni-tuebingen.de> Am 5. und am 6. September fand an der Eberhard Karls Universität Tübingen der Doktoranden-Workshop "Orden in der Krise - Möglichkeiten und Grenzen religiöser Lebenswelten in der Vormoderne" statt. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Zukunftskonzept der Universität Tübingen und vom Universitätsbund Tübingen e. V. Der Workshop zielte darauf ab zu erörtern, inwieweit sich "Krise" als heuristische und analytische Kategorie für die Ordensforschung der Vormoderne als operationalisierbar und erkenntnisfördernd erweisen kann. Mit der römisch-katholischen Kirche wurde eine Institution in den Blick genommen, die in der Gegenwart - zumindest in weiten Teilen der "Westlichen Welt" - als sich in einer tiefgreifenden Krise befindlich angesehen wird. Dies gilt insbesondere für die geistlichen Orden. In der ersten Sektion des Workshops, kommentiert von FABIAN FECHNER (Tübingen), lag der Schwerpunkt auf institutionellen und strukturellen Krisenursachen. Dabei standen ordens- oder kircheninterne Umstrukturierungen und Verschiebungen im Fokus. CORNELIA EBERLEIN (Berlin) zeigte exemplarisch an den zisterziensischen Frauenklöstern Neukloster und Zarrentin auf, dass sich der Zisterzienserorden im Zuge der sogenannten religiösen Frauenbewegung mit einer großen Zahl an Frauengemeinschaften konfrontiert sah, deren Gewohnheiten, geistliche Betreuung und Verhältnis zum Orden geregelt werden mussten. Diese gesteigerte Nachfrage bezüglich der Aufnahme von Frauen in den Orden kann als Moment der Überstrapazierung des Ordens interpretiert und somit als Krise betrachtet werden. Eine Reihe von Beschlüssen des Generalkapitels, welche die Aufnahme beziehungsweise Ablehnung von Frauengemeinschaften regelten, war die Folge. BRIGITTE OBERLE (Mainz) untersuchte die Krise des Benediktinerordens im 15. Jahrhundert. Kirchliche und weltliche Obrigkeiten nahmen einen Verfall des monastischen Lebens im Sinne einer Krise wahr, dem sie vor allem durch Rückgriff auf ursprüngliche Regelstrenge begegnen wollten. Damit trafen sie insbesondere die vom Adel dominierten Konvente, deren Lebensweise sie als dringend reformbedürftig identifizierten. Die betroffenen Konvente hingegen sahen sich mit unerhörten Forderungen konfrontiert, die ihre hergebrachte Lebensform gefährdeten. Für diese entstand dadurch eine durchaus krisenhafte Situation, der sie auf unterschiedliche Weise zu begegnen suchten. ESTHER SCHMID HEER (Zürich) ging in ihrem Beitrag von der Beobachtung aus, dass die frühneuzeitlichen Jesuitenmissionen in ein krisenhaftes Umfeld hineingegründet wurden. Die allgemeinpolitischen und kirchenpolitischen Verhältnisse gestalteten sich komplex und unübersichtlich. Den ordensinternen Rahmen bildeten die Konstitutionen (Satzungen und Regeln), jeder einzelne Jesuit hatte sich jedoch darüber hinaus an die kulturell kontingenten Situationen vor Ort anzupassen, was für deutschsprachige Jesuiten wie Anton Sepp, Martin Schmid oder Florian Paucke zu Spannungen und Missverständnissen mit der indigenen Bevölkerung führte, die in deren Südamerika-Berichten nachzuvollziehen sind. Im Kontext der Missionsarbeit in Lateinamerika erörterte ebenfalls MANUEL GÓMEZ MENDOZA (Mainz) die Krise der missionarischen Identität für die Franziskaner des Kollegs der Propaganda Fide von Tarija. Als Ansatz zur Lösung wurde einerseits ein neues Verständnis der Spiritualität des Ordens entwickelt, andererseits aber auch ein neues Regelwerk für Kolleg und Mission verfasst. Die zweite, von CHRISTINE SCHNEIDER (Wien) moderierte Sektion bezog sich auf gesellschaftliche Umbrüche, welche die Orden und deren Ordo beeinflussten. Darunter sind etwa staatliche Reformen, soziale Verschiebungen oder gesellschaftliche Transformationsprozesse zu verstehen. Anhand der Chronik der Genfer Klarissen während und nach der Reformationszeit zeigte BABETTE REICHERDT (Kassel), wie eng Erfolg und Verlust mit einer Semantik von Schmerz verknüpft sind. Die mit Schmerz identifizierten, emotionalen, körpergebundenen Praktiken werden hier als Bewältigungsstrategie von Krise verstanden und sind eng an die Narration einer Konventgemeinschaft gebunden, die es über die Krise hinweg zu erhalten galt. Am Beispiel von Magdalena von Österreich (1532-1590) veranschaulichte JULIA HODAPP (Tübingen) das Wirken einer Erzherzogin in der Gegenreformation und zeigte auf, welche Aufgaben und Funktionen die Erzherzogin in dieser krisenhaften Zeit für die Dynastie wahrnahm und inwieweit sie dabei mit dem Jesuitenorden kooperierte. Hierbei wurde deutlich, welches Konfliktpotential die Umsetzung des religiösen Handlungsraumes durch hochadlige Frauen in Zusammenarbeit mit Jesuiten bergen konnte. Eine "zweifache Krise", ausgelöst durch die aufgeklärt absolutistischen Reformen des Josephinismus, beleuchtete DENNIS SCHMIDT (Tübingen). Am Beispiel des steirischen Stiftes Stainz zeigte er auf, welche Folgen die Bedrohung durch die Reformen für die kleinräumige Ordnung einer einzelnen Gemeinschaft hatte. Doch galt dies nicht nur auf der Mikro-, sondern auch auf der Makroebene, wie er mit publizistischen Quellen veranschaulichte - die Ordnung der ganzen Habsburgermonarchie schien für die Gegner der Reformen krisenhaft umgekehrt. Das Engagement von Klöstern im Elementarschulwesen in Altbayern und Böhmen untersuchte MARIA ROTTLER (Regensburg) vor dem Hintergrund der Katholischen Aufklärung, aber auch in Bezug auf den Paradigmenwechsel des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in dem die Religiosen sich gezwungen sahen, ihre Nützlichkeit für den Staat zu betonen, da sich ihr Lebensentwurf massiver antimonastischer Kritik ausgesetzt sah und ihre Klöster unmittelbar von der Aufhebung bedroht waren. Am Beispiel des Wiener Ursulinenkonvents zwischen 1770 und 1790 stellte CHRISTINE SCHNEIDER (Wien) in ihrem öffentlichen Abendvortrag dar, wie der Konvent mit der Bedrohung der Klosterauflösung umging und welche Bewältigungsstrategien sowohl der Konvent im Allgemeinen als auch die Nonnen im Besonderen sich zu eigen machten. Unter der Leitung von MICHAEL KAISER (Bonn) standen in der dritten Sektion Kriege und andere Katastrophen im Mittelpunkt. Die Jesuiten spielten für das katholische Bildungswesen und für die katholische Reform im Alten Reich eine zentrale Rolle. SUSANNE HÄCKER (Tübingen) beschrieb die Aktivitäten der Societas Jesu an den Universitäten Heidelberg, Tübingen und Freiburg während des Dreißigjährigen Krieges. In diesem Rahmen verwies sie auf erhebliche Rückschläge, aber auch auf Möglichkeiten zur Ausweitung des jesuitischen Einflusses auf das Bildungswesen im Reich. Den Mord an einem Franziskanermönch im Jahr 1632 durch den in schwedischen Diensten stehenden Söldner Caspar Imlin und den darauf folgenden Prozess skizzierte OLEG RUSAKOVSKIY (Tübingen). Er konnte dabei die konfessionelle Komponente und die Wahrnehmung katholischer Geistlicher in einem streng protestantischen und seit dem Restitutionsedikt von Rekatholisierungsversuchen betroffenen Territorium aufzeigen. THOMAS SCHRÖTER (Tübingen) sprach über die temporäre Säkularisation des Zisterzienserklosters Schöntal während des Dreißigjährigen Krieges sowie über die enormen materiellen, kulturellen und demographischen Belastungen, die das Kloster während der Kriegsjahre auszuhalten hatte. Anhand vielfältiger Quellen konnte er die Bedeutung der engen Verflechtung verschiedener Bereiche für die Strategie der einzelnen Akteure aufzeigen und deren dahinterstehende Intentionen separat erörtern. Über die Mission im Umfeld kolonialer Grenzkonflikte berichtete IRINA PAWLOWSKY (Tübingen) am Beispiel des Jesuitenpaters Samuel Fritz, dessen Missionsgebiet an der Grenze von spanischem und portugiesischem Kolonialterritorium am Oberlauf des Amazonas lag. Eine permanente Bedrohung der Sicherheit stellten Einfälle portugiesischer Sklavenhändler dar. Fritz setzte sich sowohl für die indigene Bevölkerung als auch die Besitzansprüche der spanischen Krone ein. In den Diskussionsbeiträgen und anhand der Vorträge wurde festgestellt, dass Krisen häufig durch eine spezifische zeitliche Dynamik geprägt sind: Bedrohungsmomente können eine Krise verschärfen und zu einem Wechsel von Latenz und Manifestation der Krise führen, und in einer Phase erhöhten Handlungsdrucks kann es zu einer diskursiven Zuspitzung auf harte Alternativen kommen. Hinsichtlich der Semantik der Krise wurde wiederholt der in der Quellensprache oftmals auftauchende Verfallstopos diskutiert, der stets vor allem hinsichtlich seines moralisierenden Potentials zu hinterfragen ist und gelegentlich wohl vorschnell in die Forschungsliteratur übernommen wird. Die DiskutantInnen des Workshops plädierten für eine grundlegende Unterscheidung von zwei Blickwinkeln hinsichtlich des Konzepts "Krise", nämlich die zeitgenössische Krisenerfahrung und die nachmalige Diagnose aus Sicht der Sozialwissenschaften. Bei letzterer Anwendung des Begriffs sind stets auch zeitgenössische Protestkulturen, Bewältigungsstrategien aus einem möglichen Set zwischen Tradition und Innovation und Erwartungshorizonte zu berücksichtigen. So sei etwa Krieg in der Frühen Neuzeit nicht automatisch als Krise zu bewerten, galt er doch über lange Zeiträume hinweg als allzu probates Mittel der Politik. Konferenzübersicht: Begrüßung und Einführung Renate Dürr / Dennis Schmidt Maria Rottler (Universität Regensburg), Ordensgeschichte. Ein interdisziplinäres Gemeinschaftsblog zur Geschichte von Klöstern und Orden Sektion 1: Institutionelle und strukturelle Ursachen Cornelia Eberlein (Freie Universität Berlin), Neukloster und Zarrentin. Zisterziensische Frauenklöster des südlichen Ostseeraumes zwischen Bischof, Papst und Orden Brigitte Oberle (Universität Mainz), Umwandlungen von Benediktinerklöstern in Säkularkanonikerstifte im 15. und 16. Jahrhundert Esther Schmid Heer (Provinzbibliothek SJ, Zürich), "Die Zeiten thun sich enderen...". Krisendiskurse in Südamerika-Berichten deutschsprachiger Jesuiten im 18. Jahrhundert Manuel Gómez Mendoza (Universität Mainz), Missionarische Krise und Erneuerung der Franziskaner des missionarischen Kollegs der Propaganda Fide in Tarija. 1755-1814 Kommentar: Fabian Fechner (Universität Tübingen) Sektion 2: Reformen und gesellschaftliche Umbrüche Babette Reicherdt (Universität Kassel), Die Gemeinschaft im Schmerz, Krisenerzählung und -bewältigung in der Chronik der Genfer Klarissen Julia Hodapp (Universität Tübingen), Jesuiten, hochadlige Frauen und die Gegenreformation Dennis Schmidt (Universität Tübingen), Josephinismus und geistliche Orden - Schlaglichter auf eine zweifache Krise Maria Rottler (Universität Regensburg), Engagement der Klöster im Elementarschulwesen in der Sattelzeit in Altbayern und Böhmen Kommentar: Christine Schneider (Universität Wien) Abendvortrag: Christine Schneider (Universität Wien), "Der Wiener Ursulinenkonvent im Spannungsfeld der josephinischen Kirchenreformen. Innenansicht einer Krise" Sektion 3: Kriegseinwirkungen Susanne Häcker (Universität Tübingen), Die Jesuiten an den Universitäten Heidelberg, Tübingen und Freiburg während des Dreißigjährigen Krieges Oleg Rusakovskiy (Universität Tübingen), "In qualitate hostis publici": Ermordung eines Franziskaners im protestantischen Württemberg Thomas Schröter (Universität Tübingen), "Nit ohne argwohn der Verrätherey hinweggeraubet worden, und der langwihrige Krieg noch darzu kommen". Temporäre Säkularisation des Zisterzienser-Klosters Schöntal während des Dreißigjährigen Krieges Irina Pawlowsky (Universität Tübingen), Mission im Umfeld kolonialer Grenzkonflikte - das Wirken des Jesuitenpaters Samuel Fritz in der Provinz Maynas im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert Kommentar: Michael Kaiser (Max Weber Stiftung Bonn) Abschlussdiskussion URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=5299> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2014 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU. _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ -- |
Date: 2014/04/07 08:33:17
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Guten Morgen,
zum Geburtstag wurde mir der Roman „Silver.
Rückkehr zur Schatzinsel.“ geschenkt, in dem der Autor Andrew Motion die Kinder
der Hauptfiguren aus aus Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“ zu derselben
zurückkehren läßt, um auch den Rest des Schatzes zu bergen.
Zu Beginn des 13. Kapitels, das den Titel
„Eine Welt der Wunder“ trägt, fand ich diese starken
Worte: „Die Erde erinnert sich an uns. Die
Behausungen, in denen wir gelebt haben, überdauern uns normalerweise - und unsre
Verbesserungen wie auch unsere Schändungen zeichnen der Landschaft Spuren ein,
die dereinst neugierige Historiker studieren mögen. Wenn wir nicht mehr leben
und atmen, zeigen Grabsteine, wo unsre Reise endete. In dieser Weise ähnelt der
feste Boden einem Buch, in dem unsere Geschichten verzeichnet
sind. Ganz anders das Meer. Rollende Wogen löschen
alles aus, was auf sie geschrieben wird, sei es das Kielwasser eines Schiffs,
das Vorbeiziehen des Windes oder eines Baumstammes oder einer Flasche - oder
eines Menschen. Nach jeder Störung die Wasser nichts weiter sein als wieder sein
einfaches selbst.“ Mit freundlichen Grüßen
Roland
Geiger |
Date: 2014/04/09 13:55:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Trierischer
Volksfreund, 09.04.2014 Die Opfer nicht vergessen und die Täter beim Namen nennen In
der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert haben Autoren des Buches "Die Nazis
aus der Nähe" einzelne Beiträge daraus vorgestellt. Unter den etwa 30 Zuhörern
waren auch Angehörige früherer Hinzert-Häftlinge aus dem Saarland. Hinzert-Pölert. Das Gemeinschaftswerk von 24 Autoren lenkt den Blick nicht auf den deutschlandweiten Terror des Nationalsozialismus. Die Historiker und Heimatforscher widmen sich vielmehr Denunziationen und Demütigungen, Folter und Tod in der Region. Dafür brauchte es willfährige Vollstrecker, ohne die ein Machtapparat wie der von Adolf Hitlers NSDAP nicht funktioniert hätte. Ihre Spurensuche führt vom St. Wendeler Land zwangläufig zum SS-Sonderlager/KZ Hinzert und nach Hermeskeil, ins einstige Gau-Musterdorf.
Günter Heidt, ehemaliger Lehrer am Gymnasium Hermeskeil, befasste sich mit der "Vorhölle Hinzert" (Extra). An Einzelschicksalen junger Saarländer zeigte er die Mechanismen des Systems auf. So seien Verhaftungen wie wegen angeblicher Arbeitsbummelei politisch, ideologisch, sozial oder auch persönlich motiviert gewesen. Umso tragischer, dass viele der Inhaftierten die NS-Zeit nicht überlebten. Wer nicht im KZ umkam, fiel im Krieg oder starb infolge von Repressalien. Denn die Gestapo behielt alle im Blick. Überlebende litten zeitlebens und sprachen kaum über das Erlebte, verschwiegen oft sogar ihre Haft.
"Die Nazis aus der Nähe": Extra Von 1939 bis 1945 kamen nachweislich mindestens 321 Menschen
im "SS-Sonderlager/KZ Hinzert" ums Leben. Tatsächlich waren es
aber wohl weit mehr Menschen aus Luxemburg, Belgien, Frankreich, den
Niederlanden und Polen, die dort ermordet wurden oder an den Folgen von
Lagerterror, Krankheit, Entkräftung oder Hunger starben. Ab 1940 diente Hinzert
als "Durchgangslager" für Deportationen nach Buchenwald, Dachau und Natz weiler
(Frankreich). An die Opfer erinnern Ehrenfriedhof, Kapelle und Kreuz sowie das
Mahnmal des ehemaligen luxemburgischen Häftlings Lucien Wercollier sowie seit
2005 das Dokumentations- und Begegnungshaus.
urs |
Date: 2014/04/10 12:32:08
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Nohfelden
Die Nazis aus der Nähe: Autoren referierenAls Teil der Vorstellungstour zum Buch „Die Nazis aus der Nähe“ steht am heutigen Donnerstag um 19.30 Uhr im Nohfelder Ratssaal ein weiterer Vortrag an Bernhard W. Planz stellt das Werk vor. Im Anschluss wollen die Mitautoren Eva Tigmann, Bodo Bost und Hermann Scheid Teilaspekte der Nazizeit in unserer Region darlegen. Schließlich präsentiert Roland Geiger einen 13-minütigen Original-Filmausschnitt, der den Einzugs de Amerikaner ins St. Wendeler Land zeigt. red |
Date: 2014/04/20 15:57:46
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü, wir haben unser Seminar „Vertiefende Familienforschung“, das am nächsten Wochenende (26ter bis 27ter April) auf Schloß Dhaun bei Kirn stattfinden sollte, auf das zweite November-Wochenende verschoben => 8ter und 9ter November. Das Programm wird voraussichtlich bis auf einen Punkt erhalten bleiben. Ich werde mich hierzu im September oder Oktober wieder melden. Mit
freundlichem Gruß Roland Geiger |
Date: 2014/04/21 08:32:22
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
gestern in der SZ:
Das St. Wendeler Land und das Ostertal in der NS-Zeit Osterbrücken. Die Nazis - es gab sie nicht nur in Berlin oder München, es gab sie genauso in der Provinz, auch im St. Wendeler Land. Davon handelt ein neues Buch, das jüngst erschienen ist und in den Medien hervorragende Kritiken erhält. Das Buch mit dem Titel „Die Nazis aus der Nähe - Spurensuche im St. Wendeler Land“ stellt der Heimat- und Kulturverein Ostertal am Freitag, 25. April, in Osterbrücken im Dorfgemeinschaftshaus vor. Beginn ist um 19 Uhr. Hans Kirsch aus Selchenbach, Klaus Zimmer aus Hassel/Saal, Susanne Schmidt aus Niederkirchen, Bernhard Planz aus Stennweiler und Alfons Klein aus St. Wendel werden Passagen aus ihren Beiträgen lesen, wobei es überwiegend um Ostertaler Vorgänge gehen wird. Am Schluss zeigt Roland Geiger aus St. Wendel einen Film aus dem amerikanischen Nationalarchiv Washington, wie die US-Armee am 18. März 1945 von Wadern aus in den Kreis St. Wendel einrückte. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei. red
|
Date: 2014/04/25 09:57:08
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Reves, Christiane: Vom Pomeranzengänger zum Großhändler? Netzwerke und Migrationsverhalten der Brentano-Familien im 17. und 18. Jahrhundert (= Studien zur historischen Migrationsforschung 23). Paderborn: Ferdinand Schöningh Verlag 2011. ISBN 978-3-506-77107-0; 369 S.; EUR 34,90. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Robert Brandt, Goethe-Universität Frankfurt am Main E-Mail: <robbrandt(a)gmx.de> An Publikationen über die italienischen Kaufmannsfamilien, die seit dem 17. Jahrhundert ihre Handelskreise sukzessive in Städte und Regionen nördlich der Alpen verlagerten, herrscht kein Mangel. Rar gesät sind aber Studien, welche nicht nur die in deutschen, sondern auch in italienischen Archiven lagernden Quellen ausgewertet haben. Dies leistet die in überarbeiteter Form vorliegende Dissertation von Christiane Reves zu Migration und Netzwerken der italienischen Kaufmannsfamilien Brentano. Dominierte in der bisherigen Forschung die Untersuchung einzelner Etappen, so nimmt die Autorin den gesamten Migrationsprozess von Italien bis Deutschland in den Blick. Aus den ca. drei Dutzend Kaufmannsfamilien, die in der Frühen Neuzeit in den Norden migrierten, hat Reves die vom Comer See stammenden Familien Brentano ausgewählt. Nach einer kurzen Einleitung, in der die Autorin ihr Verständnis von Migrationsforschung und Netzwerkanalyse erläutert, werden in sieben Kapiteln soziale und ökonomische Stellung in der Herkunftsregion, Handels- und Migrationstraditionen in Oberitalien sowie Netzwerke, ökonomische Konflikte und die Integration in der Zielregion, vor allem in Frankfurt am Main, untersucht. Für Kaufleute und Handwerker vom Comer See lässt sich eine zum Teil bis ins Mittelalter zurückreichende Migrations- und Handelstradition nachweisen. Migration war in dieser Region meist "nicht das Resultat einer Ausnahme- oder Notsituation, sondern ein fester Bestandteil des Lebens" (S. 63). Auch in den Brentano-Familien, die überwiegend der dörflichen Oberschicht angehörten, hatte Migration eine lange, bis ins 15. Jahrhundert nachweisbare Tradition. Ein zum Teil recht stattlicher Grund- und Immobilienbesitz, der meist verpachtet bzw. vermietet wurde, bildete die ökonomische Basis von Handel und Migration. Der Grund für die Migration war das Streben nach geschäftlicher Expansion und weiterem sozialen Aufstieg. Ab dem 17. Jahrhundert sollen "mehr als zwei Drittel aller Brentano-Familien in irgendeiner Weise an Handel und Migration beteiligt" (S. 157) gewesen sein. Grundlage des beachtlichen europaweiten Erfolges war ein dreistufiges Netzwerk: Die Basis bildeten vielfältige familiäre, ökonomische und kulturelle Verbindungen zur oberitalienischen Herkunftsregion, zu denen neben dem Immobilienbesitz unter anderem auch die Vergabe von Krediten und Prokura sowie kirchliche Stiftungen in den Heimatdörfern zählten. Die zweite Ebene des Netzwerks bildeten die kleinen, zeitlich begrenzten Handelsgesellschaften mit zwei bis acht Gesellschaftern, "in der Regel [...] Verwandte und in Ausnahmefällen auch Freunde" (S. 337). Ähnliches galt für die dritte Ebene, für die geschäftlichen und privaten Beziehungen der Kaufleute vom Comer See an den verschiedenen europäischen Handelsplätzen. Auch hier blieb man weitgehend unter sich; Vertrauen basierte auf Verwandtschaft, Region und gemeinsamer Kultur. In den Zielregionen verliefen Einstieg und Etablierung auf den Märkten alles andere als konfliktfrei. Die Verteilungskämpfe auf den Frankfurter Märkten, wo es schon etliche Kaufleute und Krämer gab, die mit den gleichen Waren handelten, führten des Öfteren zu Auseinandersetzungen, die bis vor die Reichsgerichte getragen wurden. Die Brentano-Familien versuchten ihre Position auf den Märkten durch den Erwerb des Beisassenstatus oder die Aufnahme in das Bürgerrecht zu verbessern, was aber bei der mehrheitlich lutherischen Bürgerschaft auf Ablehnung stieß. Durch die Interventionen Wiens, und weil der Rat die Interessen der Bürgerschaft in dieser Frage immer öfter ignorierte, gelang nach 1730 immer mehr italienischen Kaufleuten die Aufnahme in das Bürgerrecht. In der Folge setzte allmählich die ökonomische und kulturelle Ablösung von der oberitalienischen Herkunftsregion ein; die temporäre Migration der Kaufleute ging in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sukzessive in eine dauerhafte Abwanderung über. Die Ehefrauen folgten schließlich ihren Männern, zugleich wurden immer öfter Ehen mit deutschen Frauen geschlossen. Einzelnen Brentano-Familien gelang im 18./19. Jahrhundert der Aufstieg zunächst in die ökonomische, dann in die politische Elite Frankfurts und schließlich weit darüber hinaus, wofür die Namen Clemens Brentano und Bettine von Arnim, geborene Brentano, stehen. Die Stärke der flüssig geschriebenen Arbeit liegt in der Verbindung, die sie zwischen der älteren deutschen und der italienischen Forschung herstellt, indem zugleich die Situation in den Ausgangsorten, die Wanderung an sich sowie die Lebenssituation der Kaufleute in den Zielorten in den Blick genommen werden. Dabei kann so manche ältere Vorstellung wie die vom armen italienischen Pomeranzenhändler, der es in der Fremde zum Erfolg brachte, korrigiert werden. Jedoch bleiben in Reves Monographie etliche Fragen offen. Die Arbeit ist überwiegend deskriptiv angelegt, ausführlich wird aus den interessanten Quellen zitiert; jedoch erfolgt zu selten eine Auswertung des Materials entlang aktueller geschichtswissenschaftlicher Debatten. Die Netzwerke beispielsweise werden beschrieben, aber eine sozialwissenschaftliche Netzwerkanalyse wird nicht geboten. Störend ist in diesem Zusammenhang die stete Verwendung des Begriffs "Clan" für die Brentano-Familien, ohne dass dieser Begriff definiert, geschweige denn problematisiert wird. Unklar bleiben die Veränderungen nach 1730: Die Autorin verweist auf das komplexere Netzwerk der Brentano-Familien, das es ihnen ermöglicht habe, Waren wie beispielsweise Südfrüchte über Verwandte in Italien günstig zu beziehen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts spielten diese Netzwerke dann eine immer geringere Rolle und wurden durch neue Netzwerke in der Zielregion ersetzt. Die Akteure, Strukturen und Regeln dieser neuen Netzwerke werden aber nicht weiter beschrieben. Unklar bleibt auch, was sich nach 1750 eigentlich ökonomisch änderte, etwa ob die Brentanos mit der Integration in die städtische Gesellschaft ganz neuen Geschäften in anderen Branchen nachgingen. Generell interessiert sich die Autorin nicht wirklich für Wirtschaftsgeschichte, obwohl sie ein genuin wirtschaftshistorisches Thema bearbeitet. Folglich werden Prozesse der Marktbildung angesprochen, aber nicht näher untersucht; eine Auseinandersetzung mit der entsprechenden Forschung fehlt weitgehend. Dabei hätten sich gerade die Brentano-Familien beispielsweise für eine nähere Betrachtung des Zusammenhangs von Rechtsbruch und vorindustriellen Märkten angeboten, war doch das bewusste Unterlaufen der geltenden Rechtsnormen zumindest in den ersten Jahrzehnten integraler Bestandteil des Geschäftsmodells der oberitalienischen Kaufleute. Auch hätte man an dieser Stelle gerne etwas zur Konsumgeschichte gelesen; das seitenweise Aufzählen von Luxusgütern, mit denen die italienischen Kaufleute handelten, kann nur ein erster Schritt in diese Richtung sein. Die Autorin hätte sich dann gar nicht erstaunt zeigen müssen, dass der Rat den Beschwerden der bürgerlichen Krämer über die italienischen Kaufleute häufig nicht gerade energisch nachging: Auch Ratsmitglieder dürften diese Waren konsumiert haben! Der Nahrungsbegriff, mit dem die Krämer ihre Beschwerden über die italienischen Kaufleute zu untermauern versuchten, wird erwähnt; die Forschungen zur Nahrungssemantik wurden aber nicht rezipiert. Stattdessen präsentiert die Autorin die italienischen Kaufleute als Vertreter des "freien Handels" - eine Formulierung, welche die Italiener bzw. ihre Advokaten benutzten. Die Autorin legt hier, wie an vielen anderen Stellen auch, die Quellen schlicht wörtlich aus, ohne zu berücksichtigen, dass die italienischen Kaufleute und ihre Advokaten - wie auch die Gegenseite - in ihren Supplikationen und Prozessschriften bestimmte Strategien und Semantiken wählten, um ihre Interessen beim Rat durchzusetzen. Ob die italienischen Kaufleute Anhänger von so etwas wie einer freien Marktwirtschaft waren, lässt sich diesen Quellen nicht wirklich entnehmen. Plausibler ist, dass die Brentano-Familien im 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts am jeweiligen Ort lediglich den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil suchten, ohne sich lokal wirklich festlegen zu müssen; der Bruch der geltenden Handelsnormen konnte hierbei eine von mehreren Praktiken sein. Mit der sukzessiven Integration in die reichsstädtische Gesellschaft Frankfurts in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ließ man die illegalen Praktiken hinter sich und genoss bürgerliche Handelsfreiheiten bzw. Handelsprivilegien. Die Ausführungen zur wirtschaftshistorischen Zauberformel "Vertrauen", auf dem die Handelsunternehmen der Brentano-Familien ruhten, hätten sicher gewonnen, wäre auch die einschlägige Literatur rezipiert worden. Gerne hätte man auch Näheres über die Verlierer unter den Brentanos erfahren: An einer einzigen Stelle wird in dem Buch von der Armut unter erfolglosen Unternehmern und am Handel nicht beteiligten Brentanos gesprochen, leider ohne Beispiele und Belege (S. 123). Die Ausführungen zu den Anfang des 18. Jahrhunderts immer härter werdenden Konflikten mit den bürgerlichen Krämern in Frankfurt hätten an Kontur gewonnen, wenn deutlicher herausgestellt worden wäre, dass sie Teil eines viel größeren politischen Konflikts waren, des so genannten Frankfurter Verfassungskonflikts, der die Reichsstadt beinahe drei Jahrzehnte erschütterte. Diese zahlreichen Einwände trüben das Gesamtbild der Arbeit: Der Erschließung vieler neuer interessanter Quellen stehen Analysen und Interpretationen gegenüber, die etliche Fragen offen lassen. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Stefan Gorißen <stefan.gorissen(a)uni-bielefeld.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-2-
Date: 2014/04/25 10:03:54
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Und die Erde drehte sich weiterAlexander Kluge beschreibt, was am Tag von Hitlers Suizid sonst noch geschahWas machte Thomas Mann in Kalifornien? Wie reagierte die New Yorker Börse? Alexander Kluge hat eine faszinierende Chronik des 30. Aprils 1945, Hitlers Todestag, verfasst.Von SZ-Mitarbeiter Roland Mischke Alexander Kluge war 13 Jahre alt, als Adolf Hitler zur Pistole griff. Er kann sich nicht daran erinnern, dass der Tod des Tyrannen ihn damals beschäftigte. Zumal Hitlers Selbstmord nicht offiziell vermeldet wurde. Er war traurig, weil er aus dem zerstörten Halberstadt in den Harz verschickt worden war, um dort Unkraut auf Rübenäckern zu zupfen. „Der einzelne Tag ist erinnerungstechnisch ein Niemandsland“, heißt es in Kluges Buch „30. April 1945“, von einer „Stunde Null“ war nichts zu spüren. Vielmehr rotteten sich deutsche Truppenteile im Südharz gegen vorgerückte Alliierte zusammen, die sie mit einem Panzervorstoß attackieren wollten. Und Klein-Alexander hatte Sehnsucht nach seiner Mutter. Am „letzten Werktag des Dritten Reiches“, so Alexander Kluge, haben sich Adolf Hitler und Eva Braun im „Führerbunker“ ihrer Verantwortung entzogen. Erst wurde der Schäferhund eingeschläfert, dann tötete sich das Ehepaar selbst. Was aber ist an diesem Tag weltweit geschehen? Der 82-jährige Autor und Filmemacher hat gründlich in der ihm eigenen Patchwork-Technik Ereignisse des Tages zusammengetragen. Eine faszinierende Chronik ist entstanden. „Es ist eine wirre Landschaft, es ist die anarchistischste Situation, in der sich Deutschland je befand“, so Kluge. Aber die Erde drehte sich weiter. Als Kluge 2010 mit seiner Firma dctp die TV-Doku von Michael Kloft über die letzten zwölf Stunden Hitlers koproduzierte, begann er über das Ereignis tiefer nachzudenken. Seine Fantasie katapultierte ihn nach San Francisco. „In den Minuten, die nach mitteleuropäischer Zeit den Moment umfassen, in dem Hitler die Tür zu seinem Sterbezimmer schließt, putzen sich die Diplomaten, die an diesem Tag in San Francisco über Gründung und Struktur der Vereinten Nationen verhandeln werden, die Zähne, sie duschen, frühstücken und bereiten sich auf den Tag vor.“ Seine eigene Fantasie genügt Kluge aber nicht, er bezieht auch andere Zeitgenossen ein, dazu deren Gefühle, Wünsche und Gedanken. Neben dem Fiktionalen wird Gehörtes und Geschriebenes, etwa aus Briefen und Memoiren zitiert, werden Ereignisse fingiert, die wohl nie stattfanden, neben Anekdoten stehen konkrete Tatsachen. In gewohnter Weise umkreist Kluge das Geschehnis vielfältig. Was empfand Thomas Mann an diesem 30. April in Kalifornien? Was dachten die Männer der Wehrmacht vor dem müden letzten Gefecht? Was bewegte den britischen Sergeanten, der einen ranghohen deutschen Militär gefangen nahm? Was ersann Martin Heidegger, der am Vormittag ein Seminar abhielt? Warum gab es so viel Bewegung an der New Yorker Börse? Und wie kamen die Flüchtlinge auf dem Weg nach Hause voran? Im Chaos des nationalsozialistischen Untergangs navigiert sich Kluge durch einen Wendetag, von dem die wenigsten seinerzeit wussten – aber er hatte gravierende Folgen. Unterstützt wird er dabei vom Soziologen Oskar Negt und dem Dichter Reinhard Jirgl, deren Einlassungen abgedruckt sind. Auch Schiller, Lenau und Heine, Ezra Pound, Heiner Müller und Einar Schleef sind mit Texten vertreten. Alexander Kluge: 30. April 1945. Der Tag an dem Hitler sich erschoß und die Westbindung der Deutschen begann. Suhrkamp, 316 S., 24,95 €. |
Date: 2014/04/25 10:04:53
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Schweiß, Muskeln, Entschlossenheit„Arbeit zeigen“: Das Historische Museum Saar beleuchtet das Arbeitsethos des Industriezeitalters
Harte Maloche, aber schöne Körper – die neue Ausstellung im Historischen Museum Saar konfrontiert uns mit einem überhöhten Bild der Arbeitswelt zwischen 1850 und 1950. Gezeigt werden ab Sonntag Arbeiterplastiken und Saar-Fotografien.Von SZ-Redakteurin Cathrin Elss-SeringhausSaarbrücken. Der arme Gerhard Pohlmann! Wo, um Himmels willen, hat der Berliner Angestellte 1955, in seinem Kleinbürger-Haushalt, Platz gefunden für die fanfarenhafte, dramatische Bronze-Skulptur „Lebensrettung“? Sein Arbeitgeber, die Berliner Minimax AG schenkte sie Pohlmann für seine herausragenden Verdienste. Die Plastik friert eine Hollywoodfilm-reife Szene ein: Ein todesmutiger Familienvater schützt unter Anwendung einer „Spitztüte“ Frau und Säugling vor dem Feuer. Die Spitztüte war ein bis in die 60er Jahre millionenfach verkauftes Handfeuerlöschgerät, zu dessen 25-jährigem Jubiläum 1927 die Bronze „Lebensrettung“ in Auftrag gegeben wurde. Aus heutiger Sicht eine aufdringliche Kitsch-Dekoration, nicht die einzige der aktuellen Schau im Historischen Museum Saar zum Thema Arbeitsethos des Industriezeitalters. Pathos, Pädagogik und Propaganda ergeben nun mal keine gute Kunst, weiß man nach dem Rundgang. Aber sie erzählen viel über Mentalitätsgeschichte. Versammelt sind unter dem Titel „Arbeit zeigen“ 116 Skulpturen von Bauern, Schmieden, Hütten- und Bergarbeitern aus der Hoch-Zeit der Industrialisierung (1850 bis 1950) sowie 28 historische Fotos ausschließlich aus saarländischen Unternehmen, sei es die Grube Göttelborn oder die Halberger Hütte. Die Plastiken stammen aus der Sammlung Werner Bibl (Gelsenkirchen), sie ist eine der größten ihrer Art. Das Industriemuseum Henrichshütte Hattingen präsentierte sie 2013 unter dem selben Titel, das Historische Museum musste entschlacken. Trotzdem entstand dank einer vorzüglichen Ausstellungsarchitektur eine ungewöhnlich üppige Anmutung. Wohin man sich auch wendet: Muskeln, Schweiß, grimmige Entschlossenheit. Es tobt der Kampf des Menschen gegen die Gewalt der Natur und der Technik. Welch ein Leistungs-Ethos trompetet uns da entgegen! Die reale proletarische Arbeitswelt spielt hier kaum eine Rolle, dafür erhellt sich das Menschenbild einer Epoche, die das Über-sich-Hinauswachsen noch zum gesellschaftlichen Ziel erklärt hatte. Technischer Fortschritt galt als Sieg und wurde genau so inszeniert. Deshalb muten fast alle Skulpturen martialisch an: Soldaten und Helden der Arbeit, nicht selten in antiker Pose und Nacktheit. Die Plastiken wurden en gros produziert, standen auf Schreibtischen und Kaminsimsen, schmückten in größeren Formaten Firmenfoyers und wuchsen, etwa vor Zechenhäusern oder Hütten-Eingangstoren, zu übermenschlicher Denkmal-Größe. So grüßte denn der Arbeiter jeden Morgen sein Idealbild. Und war stolz, dazu zu gehören. Arbeiterplastiken legen Zeugnis davon ab, wie selbstbewusst die neue Arbeiterklasse das Bürgerparkett betrat. Denn nur deshalb avancierte der gesellschaftliche Umbruch zum Sujet der Bildhauerkunst. In Saarbrücken trifft man die Künstler, die in Paris oder Berlin den Ton angaben, etwa den Belgier Constantin Meunier oder Gerhard Janensch. Ihr unbekümmertes Heroisieren und Moralisieren in der Gestaltung wurde Trend, es wirkt auf uns heute fremd oder kippt sogar ins unfreiwillig Komische oder Rührende. Da posieren zwergenhafte Arbeiter als Monster-Bändiger neben riesenhaften Dampfturbinen, wischen sich Land- oder Straßenarbeiter mit immer gleicher stereotyper Geste den Schweiß von der Stirn – Klone einer Bildhauerkunst, die im Atelier entstand statt am Abstich und nur selten zur Wahrhaftigkeit vorstieß. Insofern freut der Humor der Ausstellungsmacher. Sie haben eine Superman-Figur ans Stirnende gerückt, vor ein plakathaftes Foto. Es zeigt die fein gemachte Führungs-Riege der Saarbrücker Firma Ehrhardt & Sehmer 1936. Vorstände, die ihre Brust wie Heroen der Hand-Arbeit nach vorne stemmen – so stark wirkte das Schaffe-Schaffe-Idealbild. Aufschlussreich ist das – und köstlich. Bis 21. September. Eröffnung: Sonntag, 11 Uhr; Di, Mi, Fr, So: 10-18 Uhr, Do bis 20 Uhr, Sa: 12-18 Uhr. |
Date: 2014/04/25 10:08:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Guten Morgen,
die Betreffzeile findet sich tatsächlich im Artikel. Die Antwort stimmt
sicher, und deshalb wirkt der ganze Artikel auch nicht so, als sei er an den
Haaren herbeigezogen, nicht wahr?
heute in der SZ:
Englischer Adel prägte das MaßWarum Luises Ururenkeln die Länge der Marathonstrecke zu verdanken istWas hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Antwort auf diese Frage liefert Hans Josef Demuth aus Bliesen, der sich sowohl fürs Laufen als auch für Heimatgeschichte interessiert.St. Wendel. Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun? Die Strecke des Marathonlaufes ist – wie allgemein bekannt – 42,195 Kilometer lang. Zu diesem doch etwas ungewöhnlichen Maß wurden einige Anekdoten erfunden. Es wird heute allgemein anerkannt, dass die folgende Geschichte der Wahrheit am nächsten kommt. Bei den Olympischen Spielen in London im Jahre 1908 äußerte die Prinzessin von Wales den Wunsch, den Start des Marathonlaufes mit ihren Kindern von ihrer Ostterrasse von Schloss Windsor aus verfolgen zu können. Diesem Wunsch wurde seitens der Organisatoren entsprochen. Die endgültige Vermessung dieser Strecke ergab eine Länge von „26 Miles 385 Yards“, umgerechnet 42 195 Meter. Bei den nachfolgenden Olympischen Spielen waren die Streckenlängen des Marathonlaufes 1912 in Stockholm 40 200 Meter und 1920 in Amsterdam 42 750 Meter. In einer Sitzung im Mai 1921 in Genf befasste sich die Regelkommission der „Internationalen Leichtathletik Föderation“ (IAAF) damit und schrieb das Maß von London, also 42 195 Meter, für die Olympischen Spiele 1924 in Paris und die nachfolgenden Spiele fest. Diese Streckenlänge wurde auch beibehalten und hat bis heute Gültigkeit.
Verwandt mit PrinzessinWas hat nun das Geschilderte mit St. Wendel zu tun? „Unsere Luise“, Herzogin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, wohnte von 1824 bis zu ihrem Tode im Jahre 1831, in St. Wendel. Sie hatte zwei Söhne, Ernst und Albert, die aber nicht in St. Wendel lebten. Der zweite Sohn Albert (1819 bis 1861) heiratete 1839 Viktoria (1819 bis 1901), die spätere Queen von England. Deren Sohn Albert Eduard (Eduard III., 1841 bis 1910) heiratete Alexandra von Dänemark. Aus dieser Ehe stammt der Sohn Georg (Georg III., 1865 bis 1936), der Maria von Teck (1867 bis 1953) heiratete. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Maria war die oben erwähnte „Prinzessin von Wales“. Sie war also die Ur-Schwiegertochter und ihre Kinder waren die Ururenkel unserer Luise. Zum Zeitpunkt der Londoner Spiele im Jahre 1908 waren die ältesten Kinder 14, 13 und elf Jahre alt. Diese waren sicherlich die eigentlichen Triebfedern, die eine Verlegung des Marathonstarts vor die Ostterrasse von Schloss Windsor forderten. Damit ist die Verbindung zu St. Wendel hergestellt. Dank „Luises“ Ururenkeln beträgt die Marathonstrecke 42 195 Meter.
Zur PersonHans Josef Demuth wurde 1940 in Bliesen geboren und war bis zum Ruhestand Verwaltungsbeamter. Er treibt seit seiner Kindheit Sport, ist seit 1952 Mitglied im Turnverein Bliesen. 1974 gründete er den ersten saarländischen Lauftreff in Bliesen. Nach wie vor ist er Leiter beim gleichen Lauftreff, der sich heute allerdings Bosenberg-Lauftreff St. Wendel nennt. Er interessiert sich für die historische Entwicklung des Laufens und ist Vorsitzender des Heimatvereins Bliesen. him |
Date: 2014/04/25 12:19:28
From: Hans-Joachim Kühn <hans-joachim-kuehn(a)gmx.de>
Ich versteh’ das auch nicht. Hans-Joachim Kühn Von:
regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net
[mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Rolgeiger(a)aol.com Guten Morgen, die Betreffzeile findet sich tatsächlich
im Artikel. Die Antwort stimmt sicher, und deshalb wirkt der ganze Artikel auch
nicht so, als sei er an den Haaren herbeigezogen, nicht wahr? heute in der SZ: Englischer Adel prägte das Maß
Warum Luises Ururenkeln die Länge der
Marathonstrecke zu verdanken ist
Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St.
Wendel zu tun? Die Antwort auf diese Frage liefert Hans Josef Demuth aus Bliesen,
der sich sowohl fürs Laufen als auch für Heimatgeschichte interessiert.
St. Wendel. Was hat die Länge eines Marathonlaufes mit St. Wendel zu tun?
Die Strecke des Marathonlaufes ist – wie allgemein bekannt – 42,195 Kilometer
lang. Zu diesem doch etwas ungewöhnlichen Maß wurden einige Anekdoten erfunden.
Es wird heute allgemein anerkannt, dass die folgende Geschichte der Wahrheit am
nächsten kommt. Bei den Olympischen Spielen in London im Jahre
1908 äußerte die Prinzessin von Wales den Wunsch, den Start des Marathonlaufes
mit ihren Kindern von ihrer Ostterrasse von Schloss Windsor aus verfolgen zu
können. Diesem Wunsch wurde seitens der Organisatoren entsprochen. Die
endgültige Vermessung dieser Strecke ergab eine Länge von „26 Miles 385 Yards“,
umgerechnet 42 195 Meter. Bei den nachfolgenden Olympischen Spielen waren
die Streckenlängen des Marathonlaufes 1912 in Stockholm 40 200 Meter und
1920 in Amsterdam 42 750 Meter. In einer Sitzung im Mai 1921 in Genf
befasste sich die Regelkommission der „Internationalen Leichtathletik
Föderation“ (IAAF) damit und schrieb das Maß von London, also 42 195
Meter, für die Olympischen Spiele 1924 in Paris und die nachfolgenden Spiele
fest. Diese Streckenlänge wurde auch beibehalten und hat bis heute Gültigkeit. Verwandt mit Prinzessin
Was hat nun das
Geschilderte mit St. Wendel zu tun? „Unsere Luise“, Herzogin von
Sachsen-Coburg-Saalfeld, wohnte von 1824 bis zu ihrem Tode im Jahre 1831, in
St. Wendel. Sie hatte zwei Söhne, Ernst und Albert, die aber nicht in
St. Wendel lebten. Der zweite Sohn Albert (1819 bis 1861) heiratete 1839
Viktoria (1819 bis 1901), die spätere Queen von England. Deren Sohn Albert
Eduard (Eduard III., 1841 bis 1910) heiratete Alexandra von Dänemark. Aus
dieser Ehe stammt der Sohn Georg (Georg III., 1865 bis 1936), der Maria von
Teck (1867 bis 1953) heiratete. Mit ihr hatte er sechs Kinder. Maria war die
oben erwähnte „Prinzessin von Wales“. Sie war also die Ur-Schwiegertochter und
ihre Kinder waren die Ururenkel unserer Luise. Zum Zeitpunkt der Londoner
Spiele im Jahre 1908 waren die ältesten Kinder 14, 13 und elf Jahre alt. Diese
waren sicherlich die eigentlichen Triebfedern, die eine Verlegung des
Marathonstarts vor die Ostterrasse von Schloss Windsor forderten. Damit ist die
Verbindung zu St. Wendel hergestellt. Dank „Luises“ Ururenkeln beträgt die
Marathonstrecke 42 195 Meter. Zur Person
Hans
Josef Demuth wurde 1940 in Bliesen geboren und war bis zum Ruhestand
Verwaltungsbeamter. Er treibt seit seiner Kindheit Sport, ist seit 1952
Mitglied im Turnverein Bliesen. 1974 gründete er den ersten saarländischen
Lauftreff in Bliesen. Nach wie vor ist er Leiter beim gleichen Lauftreff, der
sich heute allerdings Bosenberg-Lauftreff St. Wendel nennt. Er
interessiert sich für die historische Entwicklung des Laufens und ist
Vorsitzender des Heimatvereins Bliesen. him |