Date: 2013/07/09 08:40:16
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Ihn lockte die Prärie KanadasAuswandererSZ-Serie, Teil 1
1960 wanderte der St. Wendeler Hans Scheib nach Ontario aus – Neue SZ-SerieDas Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven sucht Geschichten von saarländischen Auswanderern. Hans Scheib ist einer von ihnen: Mit 35 Dollar in der Tasche begann er 1960 in Kanada ein neues Leben.Von SZ-Redaktionsmitglied Frauke SchollIlderton/St. Wendel. Am 10. August 1960 verließ Hans Scheib seine Heimat Winterbach bei St. Wendel und zog in die Ferne. „Gründe dazu gab es mehrere“, schreibt der Saarländer, Jahrgang 1940, der heute in Ilderton in der kanadischen Provinz Ontario lebt. Scheib hat nach einem SZ-Auswanderer-Aufruf einen Brief an unsere Zeitung geschickt – und der hat dem Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven so gut gefallen, dass die Scheib-Story in die Sammlung aufgenommen wurde. „Sie zeigt wichtige Aspekte der Auswanderung“, sagt Tanja Fittkau, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums. „Außerdem haben wir damit eine Biografie aus Kanada.“ Solche seien seltener als die aus dem klassischen Auswandererland USA. Nach Kanada zog es Hans Scheib vor über 50 Jahren, als sich der gelernte Maurer nach der Musterung an die Worte des Vaters erinnerte: „Als er heil aus dem Krieg nach Hause gekommen war, schwor er immer wieder, dass keiner seiner Söhne je ein Gewehr anfassen würde.“ Scheib erinnert sich an die Abfahrt am Bahnhof St. Wendel. „Mein Vater sagte zu mir: ,Wenn es dir schlecht geht, schreib uns.'“ Die Worte machten Eindruck: „Ich bin überzeugt, dass dies der Grund ist, warum ich nie Heimweh hatte.“ Er ging auch wegen der „Abenteuerlust“ – es lockten Geschichten über die „unendliche Prärie Kanadas“, von „Rockys, Urwäldern und Niagarafällen“. Die hatte der fantasievolle „Bäcker Lui“ in Winterbach der Dorfjugend erzählt. „Gelogen hatte er nicht“, schreibt Scheib. Auf dem ehemaligen Truppen-Passagier-Schiff Arkadia kam Scheib am 22. August 1960 in Quebec an. Wenig später landete er in London/Ontario. „Dort angekommen, musste ich unbedingt Arbeit finden. Ich hatte nur noch 35 Dollar in der Tasche“, berichtet Scheib, der als Betonbauer in Saarbrücken und Neunkirchen gearbeitet hatte. Er fand Arbeit, fing an für 85 Cent pro Stunde, später ging es „aufwärts“. Auch mit der Sprache. „Alles, was ich konnte, waren Überbleibsel von den amerikanischen Soldaten, die wir als Kinder ansprachen.“ In der Abendschule lernte er Englisch, was ihm den beruflichen Aufstieg erleichterte – und er lernte ein „Mädchen“ kennen. Heidi Mergenthaler aus Mutterstadt in der Pfalz. Es war „Liebe auf den ersten Blick“. Am 23. September 1963 heiratete das Paar. Später machte sich Scheib selbstständig, blieb in der Baubranche. Die Scheibs bekamen zwei Söhne. Inzwischen haben sie auch vier Enkel, die Großfamilie lebt im eigenen Haus. Integriert in Kanada war Scheib schnell, so auch im Deutschen Club – mit Schützenverein, Chor und Theater. „Auch das ist das Typische und Schöne an der Geschichte“, sagt Museums-Mitarbeiterin Fittkau. „Die Auswanderer fühlen sich wohl in der neuen Heimat, aber sie behalten ihre Traditionen bei.“ Ähnlich beschreibt es Scheib. Er blicke zufrieden auf eine „Menge Höhepunkte“ in Kanada zurück. Aber den Kontakt nach St. Wendel habe er nie verloren. Die saarländischen Geschichten liegen zunächst im Archiv des Deutschen Auswandererhauses; ihre Aufbereitung läuft noch. Möglicherweise werden sie nach Angaben des Museums einmal ausgestellt. |
Date: 2013/07/18 11:00:53
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Guten Morgen,
Frau Rauber stammt aus Nohfelden; sie hat letztens diese Email versandt und
um Hilfe gebeten. Die Teilnahme dauert etwa 10 Minuten - also, wer
Lust hat, kann ja den Link ausprobieren.
Mit
freundlichem Gruß
Roland Geiger Sehr geehrte Damen und
Herren, |
Date: 2013/07/20 13:44:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Miriam Sénécheau <miriam.senecheau(a)geschichte.uni-freiburg.de> Date: 20.07.2013 Subject: Rez. Ex: Graben für Germanien. Archäologie unterm Hakenkreuz ------------------------------------------------------------------------ Bremen, 10.03.2013-08.09.2013 Focke-Museum. Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte <http://www.focke-museum.de/de/sonderausstellungen/aktuell/germanien> Katalog: Focke-Museum Bremen (Hrsg.): Graben für Germanien. Archäologie unterm Hakenkreuz. Unter Mitarbeit von Sandra Geringer, Frauke von der Haar, Uta Halle, Dirk Mahsarski und Karin Walter. Stuttgart: Theiss Verlag 2013. ISBN 978-3-8062-2673-7; 216 S., 150 Abb.; EUR 29,95 (Buchhandelsausg.)/EUR 24,90 (Museumsausg.). Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Miriam Sénécheau, DFG-Forschergruppe 875 "Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart" und Institut für Archäologische Wissenschaften, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg E-Mail: <miriam.senecheau(a)geschichte.uni-freiburg.de> Die Sonderausstellung "Graben für Germanien" präsentiert die Rolle von Archäologen sowie der Archäologie allgemein im Nationalsozialismus für ein breites Publikum. Sie konzentriert sich auf die Anfang des 20. Jahrhunderts noch junge Teildisziplin Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie, speziell auf deren Indienstnahme zur Etablierung und politischen Nutzung eines Germanien- bzw. Germanen-Mythos. Gestützt auf das Projekt "Vorgeschichtsforschung in Bremen unter dem Hakenkreuz", seit 2010 von der VolkswagenStiftung im Programm "Forschung in Museen" gefördert, stehen mehrfach Beispiele aus Bremen und Umgebung im Mittelpunkt, die allerdings umfassend in einen überregionalen Kontext eingebunden werden. Eine Leitlinie der Präsentation besteht darin, die aktive Mitarbeit von Archäologen in verschiedenen Gremien des NS-Regimes und ihre persönlichen Motivationen aufzuzeigen. Wissenschaftler und Laienforscher, so der Tenor der Ausstellung, nutzten nicht nur das NS-Regime für ihre Karriere und ihre Forschungsinteressen, sondern konnten beides trotz ihrer Vorbelastung auch nach 1945 weiter verfolgen. Den zweiten Schwerpunkt bildet der Mythos Germanien selbst, seine Entstehung und Entwicklung von der Antike bis zur Gegenwart. Diese Leitthemen wurden in eine insgesamt ansprechende Ausstellung umgesetzt. Die Vitrinen und Installationen, die fünf großen Themen zugeordnet sind, verteilen sich auf zwei mit einem Glasgang verbundene Räume. Schwarz und Weiß dominieren Design und Texte und heben die Farbigkeit der Objekte hervor. Die ästhetische Schlichtheit und der in der Summe zurückhaltende Einsatz an Multimedia sind dem Ernst des Sujets angemessen. In welches Hauptnarrativ Texte, Dokumente und Objekte eingebunden sind, verdeutlicht der Einführungstext: "Anders als später dargestellt waren Archäologen nicht unpolitisch. Mit ihrer Forschung unterstützten sie die NS-Ideologie [...]. Die [...] angeblichen Eigenschaften der Germanen dienten mit als Rechtfertigung für Unterdrückung und Ausgrenzung bis hin zum Völkermord." Die sich hier schon andeutende Unilinearität bildet einen Knackpunkt der Ausstellung: Die Lesart, mit der wir uns dem Material nähern sollen, ist stets vorgegeben. Die an sich gute Idee, die Inhalte durch plakative Hauptüberschriften zu gliedern und zu akzentuieren, lässt wenig Freiraum für die eigene Meinungsbildung. Der Ausstellungsrundgang beginnt mit dem Bereich "Germanien - Funde und Erfindung". Zitate aus Tacitus' "Germania", Kern vieler bis heute lebendiger Germanen-Klischees, bilden den Auftakt. Die Wiederentdeckung der antiken Quellen im 15. Jahrhundert war grundlegend für die verstärkte Belebung des Germanenmythos im 19. Jahrhundert: Objekte belegen die Popularität der "Germania" als Personifikation des Deutschen Reiches, des Hermannsdenkmals als Symbol für nationale Einheit und Freiheit sowie der germanischen Heldensagen als Erzählungen über die vermeintlichen Ahnen der Deutschen. Die wissenschaftliche Hinwendung zu den Germanen veranschaulichen wegweisende Funde und Forschungen: Auf der Grundlage von Schädelmessungen definierten die Gebrüder Lindenschmit schon Mitte des 19. Jahrhunderts Skelette aus frühmittelalterlichen Gräbern als der germanischen "Rasse" zugehörig. Der 1913 entdeckte "Goldschatz von Eberswalde", ein bronzezeitlicher Hortfund, markiert mit seiner Interpretation durch den Archäologen Gustaf Kossinna den Beginn der Überhöhung vermeintlich germanischer Kulturzeugnisse. Klar und auf wesentliche Eckpunkte konzentriert zeigt dieser Teil der Präsentation, wie im Laufe mehrerer Jahrhunderte die Vorstellung von Germanen als Abstammungsgemeinschaft geschaffen wurde. Ein Hinweis auf parallele Entwicklungen in den Nachbarländern, etwa in Bezug auf die Keltenforschung und -popularisierung in Frankreich und Großbritannien, hätte geholfen, die hier vermittelten Inhalte in einen europäischen Kontext einzuordnen. Unter der Überschrift "Germanien - Propagierung einer Idee" wendet sich die Ausstellung der Frage zu, wie das Germanen-Thema den NS-Alltag durchdrang. Die zentrale Botschaft lautet hier, dem Einführungstext entsprechend: "Archäologie und NS-Propaganda arbeiten Hand in Hand, um die Germanen als vermeintliche Ahnen in den Vordergrund zu rücken." In diesem durch die Objektfülle und Art der Ausstellungsstücke lebendigsten, ästhetisch ansprechendsten Teil der Gesamtschau nehmen Repliken von Funden, Modelle sowie figürliche Rekonstruktionen, die in Sonderausstellungen und Museen der NS-Zeit präsentiert wurden, eine hervorgehobene Position ein. An diesen "weißen Raum" schließt sich ein Bereich an, der konzeptionell besser ganz an das Ende des Rundgangs passen würde: Die Besucher haben die Möglichkeit, eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen zur Gesamtthematik einzusehen.[1] An dieser Stelle läuft auch die einzige in die Ausstellung integrierte Präsentation eines archäologischen Propaganda-Films. Der nächste Abschnitt "Germanien - Auf der Suche nach Belegen" behandelt zunächst wichtige Personen und Organisationen der archäologischen Forschung: Alfred Rosenberg, Heinrich Himmler, den "Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte" und das "Ahnenerbe" der SS. Weitere Vitrinen bilden materialreich ab, wie Laienforscher sich den Themen widmeten: Ludwig Roselius in der Bremer Böttcherstraße mit dem "Nordischen Thing" und dem "Museum Väterkunde"; Herman Wirth, Wilhelm Teudt und Hermann Wille als wichtigste Vertreter der völkischen Bewegung. Am Ende dieses Raums schließt sich ein erster Kreis: Kommentare aus der "Germania"-Übersetzung des Volkskundlers Eugen Fehrle zeigen, wie der Tacitus-Text nicht nur zur Überhöhung der germanischen Kultur missbraucht wurde, sondern schließlich auch zur Untermauerung der Rassen-Ideologie. Bei genauem Hinsehen wird in diesem Ausstellungsteil klar, dass in Bezug auf "die Rolle" "der Archäologen" - anders als in den Haupttexten der Ausstellung formuliert - zu differenzieren ist: zwischen archäologiebegeisterten Ideologen wie Rosenberg, die eine führende Position im System innehatten; unter dem Regime tätigen Archäologen, von denen sich keineswegs alle gleichermaßen ideologisch aktiv zeigten; und völkisch motivierten Laienforschern bzw. Wissenschaftlern, die selbst nicht Archäologen waren. Dass der im Nationalsozialismus aufgegriffene Germanen-Mythos wesentlich älter und komplexer ist, wird hier wie an anderen Stellen nicht mehr ausreichend deutlich. Im sich anschließenden Glasgang dokumentieren Zitate aus Vorlesungsverzeichnissen zur Ur- und Frühgeschichte die Durchdringung der akademischen Lehre mit der Germanen-Thematik. Die steigende Zahl von Lehrstühlen und ausgebildeten Archäologen wird plastisch anhand von räumlichen Modell-Installationen gezeigt. Spätestens hier wäre eine Einbettung in größere Zusammenhänge wünschenswert gewesen: Die Frage, wie die universitäre Implementierung und Ideologisierung des Faches zu beurteilen ist - im Vergleich zu anderen Disziplinen wie der Mittelalterlichen Geschichte, der Landesgeschichte, der Volkskunde, der Philosophie etc. -, bleibt in der gesamten Ausstellung unbeantwortet. Eine Kontextualisierung hätte verdeutlichen können, dass die Indienstnahme von Wissenschaft im Nationalsozialismus kein alleiniges Merkmal der Ur- und Frühgeschichtsforschung bildete. Auch hätte an dieser Stelle klargestellt werden können, dass es sich bei der wachsenden Zahl an Lehrstühlen und Absolventen im Vergleich mit den anderen archäologischen Disziplinen um eine nachholende Etablierung im Rahmen einer anstehenden (wenngleich politisch gerade passenden und entsprechend genutzten) Akademisierung des Fachs handelte. Auf die weiße Raumumgebung und den lichtdurchfluteten Gang folgt das Dunkel: Ab hier ist die Raumumgebung schwarz. Auch die Fülle der Dokumente verlangt vom Besucher eine hohe Bereitschaft, sich auf die weiteren Themen einzulassen: Denkmalpflege und exemplarisch vorgestellte Forschungsgrabungen ab 1933 sowie die Vereinnahmung bestimmter Plätze und Funde im deutschen Reichsgebiet für die völkische Ideologie. Der sich anschließende Teil "Germanien - Eroberung von Europa und der Welt" behandelt die Arbeit von Archäologen im Kontext des Kriegsgeschehens ab 1939. Knappe Informationstexte und Archivmaterial umrunden, geordnet nach Stichworten wie "ausplündern", "aushorchen", "ausbeuten", "ausrotten", als schwarzer Fries eine auf einen riesigen Tisch projizierte Europakarte. Sie veranschaulicht die Verschiebung von Grenzen im Kriegsverlauf und markiert Standpunkte von Objekten, die für NS-Wissenschaftler archäologisch, kunsthistorisch und/oder politisch interessant waren. Die im Rundfries angeführten Beispiele gliedern sich in die zentrale, am Eingang zu diesem Bereich formulierte Botschaft ein: "Seit Kriegsbeginn nutzen sie [die Archäologen] jede Gelegenheit, um hinter der Front vermeintlich Germanisches auszugraben. Dabei setzen sie sogar Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge ein. In Osteuropa plündern die Archäologen Museen [...]. Mit ihren Aktivitäten unterstützen die NS-Archäologen den Ausgrenzungs- und Vernichtungskrieg." Unter der Zwischenüberschrift "Archäologen werden zu Tätern" lautet der Text: "In den besetzten Gebieten rauben die Archäologen Kunst- und Kulturgüter [...]. Während sie in West- und Nordeuropa öffentliche Sammlungen verschonen, ist ihre Gier in Osteuropa grenzenlos. Gleichzeitig spionieren sie die lokale Bevölkerung aus. Völkermord und Kriegsverbrechen nehmen sie zumindest zur Kenntnis. Sie scheuen nicht davor zurück, Kriegsgefangene zur Arbeit auf Grabungen einzusetzen." Während die Ausstellung bis hier an emotionalisierenden Inszenierungen spart, gipfelt sie nun in eine wirkmächtig gestaltete Installation: Umgeben von der Farbe Schwarz, den bedeutungsstarken Begriffen an den Wänden und dem akustisch überwältigenden, fortwährenden Geschützdonner fällt es schwer, sich dem vorgegebenen Narrativ über Archäologen als aktiv an Propaganda und Verbrechen beteiligten Anhängern des Regimes zu entziehen. Ein Beispiel macht deutlich, dass die Interpretation von Quellen zuweilen einseitig ausfällt: Ein Zitat der Krankenschwester und Archäologin Thea Haevernick, die in einem Brief an den Archäologen Gero von Merhart über den Einsatz von Juden als Zwangsarbeiter berichtet, dient in der Ausstellung als Zeugnis für Mittäterschaft von Archäologen am Programm "Vernichtung durch Arbeit". Dem Augenzeugenbericht wären, wenn man es gewollt hätte, auch ein Bedauern der beobachteten Zustände oder gar Kritik am System zu entnehmen gewesen. Auf die Frage, in welchem Verhältnis die Beteiligung von Archäologen am Kriegsgeschehen und an Kriegsverbrechen zu flächendeckend ausgeübten Praktiken im "Dritten Reich" (und im Zweiten Weltkrieg überhaupt) steht, wird weder hier noch an anderer Stelle eingegangen. Im fünften und letzten Teil "Germanien - Der Mythos lebt weiter" liegt das Hauptaugenmerk zum einen auf der Fortsetzung von Wissenschaftlerkarrieren nach 1945, zum anderen auf dem Fortleben völkischer und national motivierter Motive. Eine Vitrine versammelt aktuelle Beispiele, die zeigen, dass sich die Germanen weiter (oder: wieder) großer Beliebtheit erfreuen. Da der "Beitrag zur Aufklärungsarbeit" einen explizit formulierten Auftrag bildet (so Karin Walter im Katalog, S. 183), hätte es sich gelohnt, sowohl das Thema Alltagskultur heute als auch den Bereich Rechtsextremismus deutlicher zu konturieren. So ist im Text zu "alltäglichen Germanenbildern" zwar die Rede von völkischem Gedankengut, das sich etwa in Schulbüchern erhalten habe. In der Vitrine selbst fehlen aber Beispiele, die in ihrer Deutungshoheit gewichtiger wären als Wikinger in der Joghurt-Werbung oder im Playmobil-Format. Es ist ein großes Verdienst der Kuratoren, das komplexe Thema pointiert aufbereitet zu haben. Flankiert wird die Ausstellung durch ein umfangreiches Begleitprogramm. Ein Multimediaguide steht Besuchern ebenfalls zur Verfügung. Alle Themen der Ausstellung können im Katalog vertieft werden. Der Herausforderung, in kurzer Zeit eine aus überwiegend eigenen Forschungen hervorgehende Präsentation zu entwickeln, haben sich die Ausstellungsmacher unter stringenter Verfolgung ihrer Thesen erfolgreich gestellt. Genau dies bildet jedoch, wie schon mehrfach anklang, ein Problem: Die verallgemeinerte, allerdings auf konkreten Persönlichkeiten und Organen der NS-Zeit beruhende Einschätzung, die insbesondere Dirk Mahsarski und Uta Halle auch in anderen Arbeiten zum Thema vertreten haben[2], erscheint zu eindimensional. Die Beteiligung weiterer Wissenschaftler an der Ausstellung und am Katalog[3] wäre möglicherweise ein Korrektiv gewesen. Die von den Kuratoren selbstbewusst getroffene und von den Medien vielfach aufgenommene Einschätzung, die Ausstellung beleuchte "erstmals das spannungsvolle Verhältnis von Politik und Archäologie im Nationalsozialismus"[4], relativiert sich nur durch mitgebrachte Vorkenntnisse oder bei der aufmerksamen Lektüre des Begleitbandes.[5] Schließlich hätte eine kritische Selbstreflexion zur Positionierung der Archäologie(n) heute die Ausstellung bereichern können: Wenn auch unter anderen Vorzeichen und auf der Grundlage anderer Strukturen, so bestimmen doch ebenso in unserer Gegenwart gesellschaftspolitische Trends über die Ermöglichung von Forschungsprojekten und die Interpretationsrichtung ihrer Ergebnisse. Beispiele für die Verflechtung von Archäologie und Politik, etwa im Bereich der Konstruktion von Identitäten und Herkunftsgeschichten, lassen sich auch heute finden. Über Verbrechen der NS-Zeit und beteiligte Wissenschaftler aufzuklären ist wichtig. Genauso wichtig ist ein Nachdenken über die eigene Rolle im jeweiligen System. So ist der Ausstellung zu wünschen, dass sie zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Politik, Ethik und Wissenschaft anregt. Anmerkungen: [1] Der Büchertisch trägt Belege für die in der Ausstellung präsentierten Ergebnisse zusammen. Eine wichtige, auch für den Katalog kaum genutzte Publikation fehlt: Heiko Steuer (Hrsg.), Eine hervorragend nationale Wissenschaft. Deutsche Prähistoriker zwischen 1900 und 1995, Berlin 2001. [2] Vgl. u.a. Dirk Mahsarski, Herbert Jankuhn, 1905-1990. Ein deutscher Prähistoriker zwischen nationalsozialistischer Ideologie und wissenschaftlicher Objektivität, Rahden/Westf. 2011; Uta Halle, Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch! Prähistorische Archäologie im Dritten Reich, Bielefeld 2002. [3] Allein 16 der 23 Katalogbeiträge stammen von bzw. wurden unter der Beteiligung von Uta Halle und Dirk Mahsarski verfasst. Kritischer Besprechungsaufsatz: Ulrich Veit, Vom schwierigen Umgang mit der Vorgeschichtsforschung im Dritten Reich. Gedanken anlässlich der Publikation zur Bremer Ausstellung "Graben für Germanien. Archäologie unterm Hakenkreuz", in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 52 (2011), S. 266-279 (2013 veröffentlicht). [4] Anne-Katrin Axt, Pressemitteilung: Graben für Germanien. Archäologie unterm Hakenkreuz, URL: <http://www.focke-museum.de/downloads/pm_germanien_11_2012.pdf> (14.7.2013). [5] Frühere Ausstellungen zur Thematik u.a.: "L'archéologie en Alsace et en Moselle au temps de l'annexion", Musée Archéologique Strasbourg 2001; "Propaganda, Macht, Geschichte. Archäologie an Rhein und Mosel im Dienst des Nationalsozialismus", Rheinisches Landesmuseum Trier 2002. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Jan-Holger Kirsch <kirsch(a)zeitgeschichte-online.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezausstellungen&id=175> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2013 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. For permission please contact H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU. _________________________________________________ HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE H-SOZ-U-KULT(a)H-NET.MSU.EDU Redaktion: E-Mail: hsk.redaktion(a)geschichte.hu-berlin.de WWW: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de _________________________________________________ -- |
Date: 2013/07/20 13:46:28
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
From: Tobias Jansen
<s5tojans(a)uni-bonn.de> Date: 20.07.2013 Subject: Tagber: Der König als Krieger. Zum Verhältnis von Königtum und Krieg im Mittelalter ------------------------------------------------------------------------ Otto-Friedrich-Universität Bamberg; Zentrum für Mittelalterstudien Bamberg; gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung 13.03.2013-15.03.2013, Bamberg Bericht von: Tobias Jansen, Institut für Geschichtswissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn E-Mail: <s5tojans(a)uni-bonn.de> Um den weitläufigen und noch wenig behandelten Forschungskomplex 'Königtum und Krieg' zu erschließen, setzte sich die durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung unterstützte Tagung zum Ziel, vier verschiedene Themenbereiche zu beleuchten: Eine genauere Betrachtung sollte sowohl die Frage erfahren, 1) welche Chancen der Krieg für das Königtum bot; 2) welche verschiedenen Funktionen der König im Krieg einnehmen konnte; 3) inwieweit bei der Rolle des Königs als Krieger Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen; 4) welche Risiken für den Herrscher im Laufe eines Feldzugs bestanden. MARTIN CLAUSS (Regensburg) stellte einführend das Tagungsthema sowie den Facettenreichtum dieses Forschungskomplexes vor: Die Forschung reduziert die Verbindung von Königtum und Krieg bislang auf eher konkrete, personenbezogene Studien, bietet aber keine übergreifenden Betrachtungen. In der deutschen Forschung wurde das Thema 'Krieg' nach dem 2. Weltkrieg lange Zeit gemieden und erst jüngst vor allem unter kulturwissenschaftlichen Fragestellungen aufgegriffen. ANDREA STIELDORF (Bamberg) analysierte anhand bildlicher und textlicher Darstellungen das Bild des Königs als Krieger im hochmittelalterlichen Reich. Sie stellte heraus, dass trotz der einseitigen Bildüberlieferung auf Königssiegeln und in liturgischen Handschriften, bei der die sakrale Legitimation des Herrschers im Vordergrund stand, auch das Kriegertum für den König weiterhin eine wichtige Rolle spielte. Bei Tapferkeit und militärischem Erfolg handele es sich, wie am Beispiel der Tugendkataloge gezeigt wurde, um notwendige Topoi, welche traditionsgebunden, aber dennoch von mehr als abstrakter Bedeutung waren. Auch die Beschreibungen physischer Qualitäten in den Quellen, wie etwa in spärlich überlieferten Heldenliedern, wiesen immer wieder auf den König als Krieger hin. Darstellungen des Königs als Krieger waren also im gesamten Hochmittelalter vertreten. Propagiert durch das Königtum und gerichtet an ein Laienpublikum, dienten sie der Herrschaftssicherung und ergänzten die sakrale Legitimation. Die Sieghaftigkeit des Königs diente also realen Interessen, wurde dabei auch als göttliche Approbation verstanden. MICHAEL JUCKER (Luzern) ging der Frage des Beutebesitzes und der ökonomischen Güterverteilung vom Früh- bis zum Spätmittelalter nach. Die Funktionen des Königs in Bezug auf die Beute lagen sowohl in der Regulation der Beute-Akkumulierung, als auch in der Distribution der erbeuteten Güter. Die Beute stellte sowohl eine ökonomische, als auch symbolische Ressource dar, die zur Herrschaftskonsolidierung wieder verteilt werden musste. Bestimmte Güter galten allerdings auch im Krieg als besonders schützenswert, wie etwa kirchliche Besitzungen oder sich langsam regenerierende landwirtschaftliche Kulturen (z.B. Weinstöcke). Lassen sich im Fall von Plünderungen und der Beuteakkumulation keine geraden Entwicklungslinien feststellen, so trat im Fall der Distribution im Verlauf des Mittelalters sehr wohl eine Änderung auf. Wurde anfangs die Beute meist über den König, welcher als eine Art "Relaisstation" fungierte, etwa an besonders treue Untertanen weitergegeben, so ist im Laufe des Spätmittelalters eine Tendenz hin zur Monetarisierung des Beutesystems (Söldnerwesen) auszumachen. Im Spätmittelalter ist zudem eine abnehmende Funktion des Königs als Distributor zugunsten der Beutemeister zu beobachten, welche die Beute je nach Rang oder Aufwand an die Feldzugsteilnehmer verteilten. ALHEYDIS PLASSMANN (Bonn) untersuchte die englischen Könige im Krieg mit ihren keltischen Nachbarn Schottland, Wales und Irland in den Jahren 1066-1216. Speziell ging sie den Fragen nach, worin die persönliche Teilnahme der Monarchen begründet lag, welche Korrelationen es zwischen innerenglischen Angelegenheiten und den Feldzügen gab und ob und wie diese Probleme von den englischen Nachbarn ausgenutzt wurden. Englische Kriegszüge gegen Schottland erfolgten ausnahmslos als Abwehrmaßnahmen gegen schottische Einmischungen in "innenpolitische" Probleme Englands. Ein eigenständiges englisches Engagement in Schottland ist erst nach dem Verlust der Normandie unter König Johann zu beobachten. In Bezug auf die walisischen Gebiete ist die besondere Rolle der Marcher Lords hervorzuheben, die sich gegen die Guerillataktiken der Waliser zur Wehr setzten. Die englische Forderung nach Suprematie wurde mittels Unterwerfung und Tributzahlung erreicht. Nach anfänglich guten Beziehungen zu den Irischen Hochkönigen kam es erst im Jahr 1169 zu ersten Eroberungen aufgrund eines militärischen Hilferufs durch einen der Unterkönige. Größere militärische Aufmerksamkeit wurde Irland erst im Jahr 1210 wiederum durch König Johann zuteil. Resümierend ging es den englischen Königen bis ins Hochmittelalter um die Bewahrung der formellen Suprematie über ihre "barbarischen" Nachbarn. Schnelle Erfolge begründen die kurze Dauer der Feldzüge. Erst nach dem Verlust des größten Teils der kontinentalen Besitzungen, die bis dahin im Zentrum der militärischen Aufmerksamkeit gestanden hatten, rückten Irland, Schottland und Wales an eine hervorgehobene Stellung auf der militärischen Prioritätenliste Englands. STEFANIE RÜTHER (Göttingen) eröffnete mit einer Betrachtung des Königs als spätmittelalterlichem Feldherr das Themenfeld der Funktionen des Königs im Krieg. Ausgehend von der Rezeption der spätantiken Epitoma rei militaris des Flavius Vegetius Renatus rückte zunächst die Kriegskunst des Spätmittelalters in den Fokus. Schriften wie der Bellifortis des Konrad Kyeser stellten vor allem die neuen Feuerwaffen - auch bildlich - vor. Wie am Beispiel Kaiser Maximilians gezeigt werden kann, entstand durch die Entwicklung der "Kriegswissenschaft" für die Fürsten das Erfordernis, ihre Kompetenzen auch auf diesem Feld zu erweitern. Durch Niederlagen adliger Armeen gegen Nicht-Adelige, wie etwa der Schlacht von Sempach 1386, traumatisiert, bemühten sich Autoren wie Johann Seffner in seiner ler von dem streitten um die Widererlangung der Kontrolle des Adels über das "in Unordnung" geratene Kriegswesen. Ordnungswissen und taktische Kenntnisse sollten hier Abhilfe schaffen. Die Rolle des Königs auf dem Feldzug wurde in diesen Traktaten als kriegführend, aber nicht kämpfend beschrieben. Der Feldherrenhügel und der Kreis der Kriegsräte wurden zum Platz des Königs, was einem kriegerischen Ehrerwerb jedoch nicht im Weg stand. Durch diese vor allem durch die Technisierung des Krieges hervorgerufenen Veränderungen avancierte die ars belli im Spätmittelalter zur Regierungskunst des umfassend gebildeten und gelehrten Herrschers. Eine Fallstudie betrieb TOBIAS WELLER (Bonn) in Bezug auf Otto IV. und Philipp II. in der Schlacht von Bouvines am 27. Juli 1214. Sowohl die politische Ausgangslage, als auch die konkrete Vorgeschichte der Schlacht wurden eingehend behandelt. Das scheinbar ungeplante Aufeinandertreffen der Kontingente an der Brücke von Bouvines führte zu einem radikalen Umschwung in den Absichten Philipps, der bis dato einer Schlacht ausgewichen war. Englische, flandrische und deutsche Truppenkontingente drängten zum Kampf, da sowohl ihr nomineller Anführer Otto, als auch der abwesende König Johann in ihrer jeweiligen Heimat politisch in der Defensive standen und deshalb dringend einen eindeutigen politischen oder militärischen Erfolg benötigten. Die Einbindung der taktischen Entscheidungen Philipps II. und Ottos IV. in den jeweiligen Kriegsrat ist in den Quellen gut bezeugt, wogegen die Rolle der Monarchen in der Schlacht selbst - auch aufgrund der einseitigen, französisch geprägten Historiographie - nur schwer fassbar ist. Klar ist, dass auf beiden Seiten Maßnahmen zum Schutz der Herrscher getroffen wurden, welche allerdings versagten: Sowohl Philipp als auch Otto wurden von gegnerischen Soldaten bedrängt und vom Pferd gestürzt. Dass der Sturz Ottos IV. und seine anschließende Flucht vom Kampfplatz jedoch Schlacht entscheidend gewesen sind, lässt sich anhand der Quellen nicht verifizieren. Dem französischen König gab die Schlacht und der vollständige Sieg Gelegenheit zur rituellen Präsentation der klassischen Herrschertugenden, wie Gottvertrauen, Tapferkeit, Freigiebigkeit und Großmut. MARTIN CLAUSS (Regensburg) betrachtete die Rolle der englischen und französischen Könige als Feld- und Kriegsherren im Hundertjährigen Krieg. Er ging der Frage nach, inwiefern das persönliche Eingreifen der Herrscher Rückschlüsse auf das Verhältnis von Königtum und Krieg zulässt. Dabei unterschied Clauss drei Typen des königlichen Eingreifens in den Krieg: Der König als Kriegsherr, der nicht persönlich teilnimmt, der König als Feldherr, welcher den Kriegszug persönlich anführt, und der König als Krieger, der aktiv kämpfend in die Kriegshandlungen einbezogen ist. Fest steht, dass nur in der Frühphase des Hundertjährigen Krieges Monarchen auf beiden Seiten als Feldherren agierten. Dies gipfelte in der einzigen Königsschlacht des Konfliktes, der Schlacht von Crecy im Jahr 1346, in der Edward III. nur als Feldherr, sein Sohn, der Schwarze Prinz, aber als Krieger auftrat. Die Gründe für die Abwesenheit von Königen von den Schlachtfeldern waren vielfältig: So nahmen etwa Heinrich VI. aufgrund seiner Minderjährigkeit und Karl VI. wegen seiner Geisteskrankheit nicht aktiv am Kampf teil. Karl V. stellte dahingegen den Typus des roi non combattant dar. Seine zur Staatsraison aufsteigende Taktik, die großen Truppenkontingente der Engländer durch einen Guerillakrieg zu zermürben, wurde durch ihren Erfolg gerechtfertigt, aber ebenso durch die Erfahrung begründet, dass sein Vater Johann II. als Kombattant bei Poitiers in Gefangenschaft geraten war. Sonderfälle, wie Krieg führende Kindkönige, wurden ebenso behandelt, wie der Aspekt der Sicherung einer jungen Dynastie durch Krieg, wie er im Fall der ersten Valois- und Lancasterkönige begegnet. UWE TRESP (Potsdam) untersuchte in seinem Vortrag die Wahrnehmung Kaiser Karls IV. als Krieger auf ihren Anspruch und die Wirklichkeit. Die Wahrnehmung Karls IV. als Friedenswahrer, die sich sowohl in der pro-luxemburgischen Propaganda, als auch in der modernen Historiographie findet, beruht auf der Annahme, dass Kriege nur mit auswärtigen Mächten geführt würden. Die zahlreichen militärischen Aktivitäten im Reich wurden als "gewaltsame Polizeiaktionen" interpretiert. Obwohl kaum Darstellungen überliefert sind, die ihn in Rüstung zeigen, legte Karl IV. nachweislich großen Wert darauf, von der laienadligen Elite auch als kriegerischer Anführer akzeptiert zu werden. Das wird besonders deutlich in seiner Autobiographie, in der er sich als fähiger, militärischer Führer darstellte, der durch den göttlichen Willen triumphiert. Das bisherige Forschungsbild in Bezug auf Karl IV. ist also zu revidieren, wie seine Selbstinszenierung als Feldherr belegt, auch wenn seine tatsächlichen Fähigkeiten eher im Feld der Strategie und der Bündnisse gelegen haben dürften. Denn auch in seiner zweiten Lebenshälfte trat Karl kriegerisch hervor, was er jedoch als Friedenssicherungsmaßnahme ausgab. Den öffentlichen Abendvortrag hielt THOMAS SCHARFF (Braunschweig). Er analysierte die Rolle der karolingischen Herrscher in der Schlacht. Nach dem Beispiel Karls des Großen vor Pavia 773, kam der Vortragende kurz auf die Quellen, welche trotz ihrer hohen Qualität doch dünn gesät seien, zu sprechen. Die persönliche Teilnahme karolingischer Herrscher an Feldzügen erfolgte unregelmäßig und wurde ansonsten durch ihre Söhne oder Grafen bestritten. Am wichtigsten war bei persönlicher Anwesenheit des Herrschers dessen integrative Funktion, indem er versuchte, den Ehrgeiz der miteinander um Einfluss und Beute konkurrierenden Großen des Reiches auszugleichen und zwischen den vielen ethnischen Gruppen im Heer moderierte. Diese Funktion war faktisch von höherer Bedeutung als die Teilnahme an der Schlacht, was konträr zur verbreiteten Dichtung steht. Des Weiteren hatte sich der Herrscher sowohl um die Sicherung göttlichen Beistands zugunsten seines Heeres, als auch um die Verpflichtung desselben auf christliche Normen zu bemühen. Über die persönliche Teilnahme von Herrschern an Kämpfen besitzen wir nur sehr wenige Nachrichten, da die Partizipation am Kampfgeschehen auch schon zu dieser Zeit als zu riskant betrachtet wurde, und die eigentliche integrativ-sakrale Funktion des Königs vor Schlachtbeginn schon erfüllt war. In Bezug auf die Risiken des Krieges für den König unterzog BASTIAN WALTER (Wuppertal) die Gefangennahme des Königs auf spätmittelalterlichen Schlachtfeldern einer genauen Betrachtung. Dies geschah an den Beispielen der Gefangennahme Davids II. in der Schlacht von Nevilles Cross 1346, der Johanns des Guten bei Poitiers im Jahr 1356 sowie der Ergreifung Franz' I. in der Schlacht von Pavia 1525. Die Quellen erwähnen im Vorfeld der Gefangennahme große Waffentaten der Könige im Kampf, aber auch die extreme Gefahr, in die sie gerieten. Der Akt der Gefangennahme selbst war meist von einem großen Gedränge um die Person des Königs geprägt, da um die tatsächliche Ergreifung oft lange gestritten wurde. Die Entwaffnung erfolgte nach einem stark ritualisierten Muster durch Übergabe der Waffen und anderer Gegenstände, die stellvertretend für den König standen, sowie der mehrmaligen Ableistung des Ehrenwortes durch den Gefangenen. Nach der Gefangennahme und während der oft jahrelangen, doch unter guten Bedingungen geführten Haft war ein bezeichnender Statuswechsel bei der Person des Gefangenen wahrzunehmen. So wurde etwa Johann der Gute in England nicht als König, sondern als "unser geliebter Feind" bezeichnet. Aus der im mittelalterlichen Denken nicht vorgesehenen Gefangennahme des Königs erwuchsen für dessen Reich enorme Probleme: Rivalisierende Gruppen nutzen das entstandene Machtvakuum zu einem Kampf um die sonst allein auf die Person des Königs fokussierte Macht. MALTE PRIEZTEL (Berlin) musste krankheitsbedingt die Teilnahme absagen, sodass sein Vortragsmanuskript "Der Gefallene Herrscher. Der Schlachtentod von Königen in der mittelalterlichen Historiographie" verlesen wurde. Er stellte die für den Herrscher existentielle Gefahr des Schlachtentodes heraus, die in besonderem Maß bei Thronkämpfen virulent war. In exemplarischer Manier interpretierte er die Quellenzeugnisse zum Tod König Manfreds von Sizilien in der Schlacht von Benevent (26. Feb. 1266) als situationsgebundene, in die allgemeine Darstellung des Herrschers in der jeweiligen Quelle eingepasste Berichte. JÖRG ROGGE (Mainz) fasste die Ergebnisse der Tagung in einer Abschlussbilanz systematisierend zusammen: Die Position des Königs im Kampf erfordert von Fall zu Fall eine individuelle Betrachtung. Bei der Inszenierung beziehungsweise der Selbstinszenierung des Königs als Kämpfer ist vor allem eine Herrschaft stabilisierende Wirkung zu beobachten. Die tatsächliche Funktion des Königs erfuhr im Verlauf des Mittelalters eine Änderung von der aktiven Teilnahme als kämpfender Feldherr hin zu der des ordnenden Herrschers auf dem Feldherrenhügel. Ebenso waren die "innenpolitischen" Zustände von enormer Bedeutung für den Fürsten im Kampf. Der tatsächliche Preis für den prestigeträchtigen Kampf des Königs in der Schlacht konnte von Verwundungen über Traumatisierung bis hin zum Tod führen. In der Abschlussdiskussion wurden weitere Forschungsfelder thematisiert: So kommt man bei einer übergreifenden Untersuchung des Königs als Krieger nicht umhin, auch die Kreuzzüge mit einzubeziehen. Ein bisher wenig beachtetes, jedoch nicht zu unterschätzendes Betätigungsfeld bestünde in Bezug auf die Rolle der Königinnen und ergänzend der königlichen Familie im Kampf. Ebenso wäre die Betrachtung des Kampfes aus der Sicht des Königs selbst - soweit die Quellen dies zulassen - durchaus lohnend. Auch ein Blick auf die Quellenbewertung wurde problematisiert. Insgesamt bilden die Tagungsergebnisse einen soliden Ausgangspunkt für ein aus deutscher Sicht lange unbeachtetes Forschungsfeld, das gerade in Bezug auf die moderne Kriegs- und Friedensforschung von aktueller Bedeutung ist. Konferenzübersicht: Andrea Stieldorf (Bamberg) / Martin Clauss (Regensburg): Begrüßung und Einführung Andrea Stieldorf (Bamberg): Das Bild vom König als Krieger im hochmittelalterlichen Reich. Michael Jucker (Luzern): Alles für den König! Beutebesitz und ökonomische Güterverteilung vom Früh- zum Spätmittelalter. Alheydis Plassmann (Bonn): Die englischen Könige im Krieg mit den keltischen Nachbarn. Stefanie Rüther (Göttingen): Der König als Feldherr - Normen und Begrenzungen im späten Mittelalter. Tobias Weller (Bonn): In prima fronte belli - Philipp II. und Otto IV. auf dem Schlachtfeld von Bouvines. Martin Clauss (Regensburg): Krieg der Könige: Monarchen als Feld- und Kriegsherren im Hundertjährigen Krieg. Uwe Tresp (Potsdam): Pacis amator oder princeps militie? Kaiser Karl IV. als Kriegsherr: Militärische Herrschertugend zwischen Anspruch, Wirklichkeit und symbolischer Darstellung. Thomas Scharff (Braunschweig): Wo war Karl der Große eigentlich? Der karolingische Herrscher in der Schlacht. Bastian Walter (Wuppertal): Je l´ay pris, je l´ai pris! Die Gefangennahme von Königen auf dem spätmittelalterlichen Schlachtfeld. Malte Prietzel (Berlin): Der Gefallene Herrscher. Der Schlachtentod von Königen in der mittelalterlichen Historiographie. Jörg Rogge (Mainz): Abschlussreferat und -diskussion. URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4931> ------------------------------------------------------------------------ Copyright (c) 2013 by H-Net, Clio-online, and the author, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational purposes, if permission is granted by the author and usage right holders. 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Date: 2013/07/20 14:19:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
St. Wendeler Land sucht GästeführerDer Lehrgang hierzu beginnt im Oktober – Bewerbungen sind ab Montag möglichAm 7. Oktober startet der IHK-Zertifikatslehrgang Gästeführer St. Wendeler Land. Wer seine Heimat gerne Besuchern vorstellen möchte und den Umgang mit Menschen mag, kann sich jetzt bei der Tourist-Information St. Wendeler Land bewerben.Von SZ-Redakteur Volker FuchsBosen. „Ich bin überzeugt von unserer Heimat. Sie ist es wert, dass man sie anderen vorstellt.“ Dies sagt der 62-jährige Willi Schäfer aus Theley. Seit dem Jahr 2000 ist er Gästeführer im St. Wendeler Land. Bei Busfahrten, Radtouren und Wanderungen zeigt er Besuchern die Sehenswürdigkeiten der Region. Das St. Wendeler Land braucht mehr gut ausgebildete Gästeführer. Da ist sich Martina Scheer, Leiterin der Tourist-Information St. Wendeler Land, sicher. Und deshalb bietet die Tourist-Info gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer eine Weiterbildung zum Gästeführer St. Wendeler Land (IHK) an. Zum einen will die Tourist-Info den Touristen Angebote machen, dass sie unter fachkundiger Führung die kulturgeschichtlich interessante Region kennen lernen. „Wir möchten darüber hinaus in den nächsten Jahren verstärkt das Gruppengeschäft fördern“, sagt Scheer. Schulklassen, Vereine und Busunternehmen will die Tourist-Info gezielt für Ausflüge in die Region gewinnen. Scheer: „Dafür brauchen wir gut qualifizierte Gästeführer“. Sie prägen das Bild des Gastes von seinem Urlaubsgebiet entscheidend. Sie spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Neugierde und Interesse für das St. Wendeler Land zu wecken und die Besucher zum Verweilen, Weitersagen und Wiederkommen zu motivieren.
Umgang mit TouristenDer IHK-Zertifikatslehrgang Gästeführer St. Wendeler Land soll Interessenten dazu das Rüstzeug vermitteln. Wer Gästeführer werden will, der muss sich zwischen dem 22. Juli und 16. August bei der Tourist-Info schriftlich bewerben. Das sagt Julia Saar, Ansprechpartnerin bei der Tourist-Info für diesen Lehrgang. Sie stellte im SZ-Gespräch das Konzept vor. 15 Plätze gibt es in dem Lehrgang, die Teilnehmer wählt die Tourist-Info unter allen Bewerbern aus. Die Weiterbildung startet dann am 7. Oktober und kann berufsbegleitend absolviert werden. Unterricht ist montags und mittwochs ab 17.30 Uhr und/oder samstags ganztags. Lehrgangsorte sind im Freizeitzentrum am Bostalsee und in der Europäischen Akademie in Otzenhausen. Die angehenden Gästeführer lernen viel über das St. Wendeler Land und auch den Tourismus im Saarland. Es geht bei dem Lehrgang aber auch um Führungsfertigkeiten, Rechtskenntnisse und die organisatorische Kompetenz. Der Eigenanteil der Teilnehmer beträgt 299 Euro. Außerdem müssen sie eine Haftpflichtversicherung haben, um überhaupt als Gästeführer tätig zu sein. Die Weiterbildung ist übrigens Voraussetzung dafür, dass die Gästeführer von der Tourist-Info eingesetzt werden können. Willi Schäfer hat klare Vorstellungen, was Gästeführer „von Haus aus“ mitbringen sollten: „Sie müssen Menschen mögen. Die Gäste sind uns lieb und teuer, aber nicht immer einfach.“ Und weiter: „Sie müssen eine positive Einstellung zu ihrer Heimat haben und sollten bereit sein, sich selbstständig weiterzubilden.“ Und noch einen Tipp hat Schäfer: „Die Gästeführer müssen gut erzählen können, in freier Rede, zur Geschichte auch die passenden Geschichtchen parat haben.“ Weitere Informationen zu der Weiterbildung zum Gästeführer St. Wendeler Land (IHK) sowie die Bewerberunterlagen gibt es bei der Tourist-Information St. Wendeler Land, Tel. (0 68 52) 90 11 45 oder per E-Mail unter julia.saar(a)bostalsee.de. Foto: landkreis Foto: landkreis
Auf einen Blick„Im Sankt Wendeler Land ist ganz schön was los!“ Das ist der Titel eines Veranstaltungskalenders, den die Tourist-Info einmal in der Woche per E-Mail an touristische Betriebe in der Region schickt. Rubriken des Kalenders sind Veranstaltungen, Aktivitäten und Tipps. Die Betriebe können den gestalteten Kalender im Din-A4-Format ausdrucken und ihren Gästen präsentieren. Die erfahren dann, was wann wo im St. Wendeler Land unternommen werden kann. Auch Schlecht-Wetter-Tipps gibt es. Die Gäste des Center-Parcs werden über zwei Monitore gegenüber der Rezeption im Market Dom und einen weiteren beim Fahrradverleih über die Aktivitäten informiert. „Bisher haben wir schon 300 Betriebe im Verteiler“, sagt Julia Saar, die bei der Tourist-Info für den Bereich Animation und Kommunikation zuständig ist. Wer Angebote für Touristen machen will, der kann sich übrigens bei der Tourist-Info melden. Diese werden dann in den Kalender aufgenommen. Geplant ist zudem, dass alle Infos auf einer entsprechend gestalteten Internetseite eingesehen werden können. vf |