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2013/06/18 10:04:20
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Grabungsfest im Vicus Wareswald am Sonntag
Datum 2013/06/20 09:17:57
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Ein Vortrag über Auswanderu ngen nach Nordamerika im 18ten und 19ten Jahrhundert
2013/06/04 08:52:55
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] (Kein Thema)
Betreff 2013/06/08 14:47:01
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] 20 Jahre Auswanderermuseum Oberalben
2013/06/18 10:04:20
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Grabungsfest im Vicus Wareswald am Sonntag
Autor 2013/06/20 09:17:57
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] Ein Vortrag über Auswanderu ngen nach Nordamerika im 18ten und 19ten Jahrhundert

[Regionalforum-Saar] 1636

Date: 2013/06/20 08:32:28
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

ickhoff, Sabine; Schopper, Franz; Jungklaus, Bettina (Hrsg.): 1636 -
ihre letzte Schlacht. Leben im Dreißigjährigen Krieg. Stuttgart: Theiss
Verlag 2012. ISBN 978-3-8062-2632-4; 208 S.; EUR 18,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Alexander Querengässer, Leipzig
E-Mail: <a.querengasser(a)... Schlachtfeldarchäologie steckt in Deutschland immer noch in den
Kinderschuhen. Die Beschäftigung mit dem Kalkrieser Schlachtfeld (9
v.Chr.) und weiteren Kampfplätzen der Antike brachte diese Wissenschaft
in den letzten Jahren jedoch ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Mittlerweile gibt es auch mehrere Projekte zur Erforschung
frühneuzeitlicher Schlachtfelder, besonders aus dem Dreißigjährigen
Krieg, wie etwa das groß angelegte Grabungsprojekt bei Lützen.[1] Es
widmet sich jener für Schweden wie Kaiserliche verlustreichen Schlacht
des Jahres 1632, in der bekanntlich König Gustav Adolf von Schweden
fiel. Vier Jahre später, in der Schlacht bei Wittstock an der Dosse
1636, schlug hingegen ein schwedisches Heer unter Feldmarschall Johan
Banér eine kaiserlich-sächsische Armee. In ihrer Folge konnten sich die
angeschlagenen Schweden weiter im Krieg behaupten.

Durch Bauarbeiten wurde nun 2007 bei Wittstock ein Massengrab
freigelegt, das auf dieses militärische Ereignis zurückgeht. Mit 125
identifizierten Skeletten ist es das größte bisher entdeckte Kriegsgrab
dieser Zeit in Deutschland. Über mehrere Jahre arbeitete ein
Forscherteam des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und des
Archäologischen Landesmuseums an der Ausgrabungsstätte und entlockte den
bleichen Knochen etliche Geheimnisse, die Aufschluss über den
Lebensalltag der Söldner des Dreißigjährigen Krieges geben. Das Ergebnis
wurde am 31. März 2012 in der Ausstellung "1636. Ihre letzte Schlacht"
präsentiert. Parallel wurde ein aufschlussreicher Begleitband von den
wissenschaftlichen Leitern Sabine Eickhoff, Anja Grothe und Bettina
Jungklaus herausgegeben.

Der Band erzählt von der Entdeckung des Grabes und erklärt die
Herangehensweise der Archäologen und die Bedeutung der menschlichen
Überreste als Quelle. Anschließend führen mehrere Kapitel den Leser in
die Alltagswelt des Dreißigjährigen Krieges. Jedes dieser Kapitel ist
zweigeteilt. Ein Abschnitt skizziert verschiedene Aspekte des
historischen Kontextes (Dreißigjähriger Krieg, Der Weg in die Armeen,
Ausrüstung und Bewaffnung, Berufsalltag, Lagerleben, Medizinische
Versorgung), bevor der zweite Abschnitt diese Informationen um die
archäologischen Erkenntnisse der Ausgrabung ergänzt. Die Texte der
einzelnen Autoren sind stilistisch gut und verständlich geschrieben und
schaffen es, die teilweise komplexen anthropologischen und medizinischen
Untersuchen und Ergebnisse plausibel zu erläutern.

Die Kapitel beschreiben, wie das schlecht gemahlene Mehl die Zähne der
Söldner im Laufe der Zeit abschliff, wie aus dem DNA-Code die Herkunft
und das Alter der Männer rekonstruiert werden konnte, woraus ihre
Nahrung bestand, wie die körperliche Belastung eines harten Lebens ihre
Knochen schädigte und welche Erkenntnisse sich aus der gefundenen
Munition ziehen lassen. Einen besonderen Fokus richten die Kapitel auf
die Geschichte schottischer Söldner, die seit 1629 vermehrt in
schwedische Dienste übernommen wurden und bei der Schlacht einen
erheblichen Teil der schwedischen Armee ausmachten.

All diese Teilergebnisse fließen in einem weiteren Kapitel zusammen.
Dieses versucht zunächst aus den schriftlichen Überlieferungen die
Schlacht zu rekonstruieren um dann die Ergebnisse der
Schlachtfeldgrabung heranzuziehen. Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass
die Grabung einige neue Erkenntnisse zum Verlauf des Kampfes
hervorgebracht hat. So sind die wichtigsten Gefechtsabschnitte nun genau
kartiert. Somit unterstreicht der Band auch eindrucksvoll den
wissenschaftlichen Nutzen der Schlachtfeldarchäologie.

Das nächste Kapitel beschäftigt sich mit dem Grab selbst. Es versucht,
einen Einblick in die Kriegsgräberkultur der Frühen Neuzeit zu geben und
erläutert nochmals die Arbeit der Archäologen. Der letzte Abschnitt
schließlich schildert dem Leser die Gedanken der Ausstellungsplaner. Es
erklärt, dass aus Pietätsgründen keine vollständigen Skelette
ausgestellt wurden und wie die einzelnen Räume thematisch gegliedert
sind. Positiv sticht besonders der Umstand heraus, dass die
Ausstellungsplaner eine "Kinderebene" in die Texte eingebaut haben.
Diese Zielgruppe vernachlässigen viele historische Museen und
Ausstellungen nach wie vor sträflich.

Der vorliegende Ausstellungsband ist nicht als ein rein
wissenschaftliches Buch zu kennzeichnen, sondern richtet sich an die
breite Masse der Ausstellungsbesucher. Trotzdem gelingt es den Autoren
hervorragend, wissenschaftliche Erkenntnisse anspruchsvoll und
gleichzeitig leicht verständlich zu vermitteln. Gleichzeitig bereichern
die Beiträge die militärgeschichtliche Forschungsarbeit zum
Dreißigjährigen Krieg.


Anmerkung:
[1] Hierzu: Maik Reichel / Inger Schubert, Leben und Sterben auf dem
Schlachtfeld von Lützen. Beiträge eines wissenschaftlichen Kolloquiums,
Lützen 2011.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Jan Brademann <jan.brademann(a)...