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2013/06/08 14:47:01
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] 20 Jahre Auswanderermuseum Oberalben
Datum 2013/06/10 21:47:28
Rolgeiger
[Regionalforum-Saar] morgen Vortrag über die Wan dermusikanten
2013/06/21 09:58:45
Hans-Joachim Kühn
Re: [Regionalforum-Saar] Eisenbahnunglück in Eitzwei ler 1946
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[Regionalforum-Saar] Grabungsfest im Vicus Wareswald am Sonntag
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[Regionalforum-Saar] 20 Jahre Auswanderermuseum Oberalben
Autor 2013/06/10 21:47:28
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[Regionalforum-Saar] morgen Vortrag über die Wan dermusikanten

[Regionalforum-Saar] feinde | brüder - filmvor führung in saarbrücken

Date: 2013/06/08 15:11:07
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)...

Hallo,
 
am letzten Dienstagabend wurde in Saarbrücken im Nauwieser Viertel im Kino achteinhalb der Film „Feinde / Brüder“ vorgestellt, der das Thema "Erster Weltkrieg" zum Thema hatte. 1914 saßen die Deutschen unter anderem auch in China in der Provinz Tsingtau, an die sie 14 Jahre zuvor unter reichlich dubiosen Umständen "gekommen" waren. Die Umstände will ich hier nicht erläutern, sie waren auch nicht Gegenstand des Films. Der Erste Weltkrieg begann, die Japaner griffen China an, und damit auch die deutschen Stellungen in Tsingtau. Die Deutschen verteidigten sich, mussten sich aber bald der Übermacht beugen und kapitulierten. 5000 Mann wurden nach Japan deportiert und fristeten endlich fünf Jahre lang in Japan in verschiedenen Lagern ihr Leben, bis sie 1920 nachhause kehren durften. Fünf Jahre sind eine lange Zeit, der größte Feind im Lager waren nicht die Japaner, sondern die Langeweile. Deshalb beschäftigten sich die Gefangenen so gut es ging, und entwickelten dabei eine eigene kleine Welt, ihr persönliches Deutschland im Gefangenenlager in Japan. Der japanische Kommandant war wohl zu dem Schluss gekommen, solange die Deutschen nicht versuchten abzuhauen, sondern sich friedlich im Lager verhielten, solange würde er auch nicht intervenieren. Er unterschied sich damit gewaltig von anderen Lagerkommandanten, wie wir sie bei den Japanern zum Beispiel aus dem Zweiten Weltkrieg kannten (schauen Sie sich den Film "die Brücke am Kwai" an, dann wissen Sie, was ich meine).
 
In ihrem Erfindungsreichtum erarbeiteten die deutschen Gefangenen sich alles, was sie zum Leben benötigten - außer Frauen. Sie hatten eine eigene Metzgerei, eine Bäckerei, einen Musikverein, später sogar eine eigene Bühne, wo sie Theaterstücke aufführten. Schillers Räuber, Minna von Barnhelm, was sie halt so kannten und aufführen konnten. Anfang 1919 führte das Orchester im Vorzeigelager Bando Beethovens Neunte auf. Die Schiller Vertonung "Ode an die Freude" blieb den Japanern ganz besonders in Erinnerung, auch noch, nachdem die Deutschen 1920 wieder abgereist waren.
 
Hier setzte die Regisseurin des Films, Brigitte Krause, an. In ihrem Dokumentarfilm, zu dem sie selbst auch das Drehbuch verfaßte, erzählt sie die Geschichte einiger Insassen des Lagers, so wie sie der Kutzhofer Historiker Hans-Joachim Schmidt recherchiert hat. Besonderes Augenmerk legte sie dabei auf eine Japanerin, die lange nach ihrer Geburt erst erfahren hatte, dass ihr Großvater kein Japaner, sondern Deutscher gewesen war. Er hatte vor dem Krieg in Japan gelebt, war bei Kriegsausbruch zu den Fahnen geeilt und wurde in China in Tsingtau eingesetzt. Nach der Kapitulation lebte er in einem der Lager in Japan. Vor dem Krieg hatte er in Japan schon eine Japanerin kennen gelernt und mit ihr in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt. Aus der Verbindung kamen zwei Töchter hervor, eine von ihnen die Mutter der Japanerin , die im Film zu sehen war. Hans Joachim Schmidt hatte die Nachfahren ihres Großvaters in Deutschland ermitteln (sie wohnen in der Eifel) und auch den Kontakt herstellen können. Der Film begleitet die Japanerin unter anderem zu einem Besuch in die Eifel.
 
Es ist ein sehr interessanter Film, der ein Thema aufgreift, das nächstes Jahr - wenn der Beginn des Ersten Weltkrieges 100 Jahre her sein wird - bestimmt vergessen werden wird.
 
Uraufgeführt wurde er in seiner 78-minüten deutschen Fassung (es gibt noch eine englische) am letzten Dienstag in Saarbrücken. Eigens dazu angereist war der japanische Botschafter für Deutschland, Takeshi Nakane. Er sprach vor dem Film ein Grußwort, sah sich mit den zahlreichen Besuchern (das Kino war voll) den Film an, nahm danach an einer Podiumsdiskussion teil und - es war mittlerweile nach 10:00 Uhr abends - auch an der Eröffnung einer kleinen Ausstellung zum Thema nahe des Kinos. Als ich um 23:15 Uhr aufbrach, war er immer noch da.
 
Hoher Besuch aus diplomatischen Kreisen - wie sah da wohl die Reaktion unserer Regierung aus …wen erwarten Sie – den Bundesaußenminister? Nun bleiben Sie aber mal auf dem Teppich; der weiß doch gar nicht, wo Saarbrücken liegt. Was? Unsere Ministerpräsidentin? Wenn nur ein einfacher Botschafter kommt, noch nicht einmal einer von einer Weltmacht? Nee, da reicht unser Bildungsminister. Und der muss auch nicht den ganzen Abend da sein, es genügt, wenn er eine kurze Ansprache hält und dann schnell wieder verschwindet? Anstand? Jetzt hören Sie aber auf, so was hat man heut nicht mehr. Wird völlig überschätzt.
 
Interessant war auch die den Film folgende Podiumsdiskussion bei der ein Moderator der Regisseurin, den Botschafter und dem Historiker Fragen zum Film stellte. Nicht lange, dann wurde auch das Publikum, dessen Zahl sich in der Umbauphase zwischen Film und Diskussion etwas gelichtet hatte, einbezogen. Dabei hat mir der Botschafter besonders gut gefallen. Er sagte einmal, als er aufwuchs, hatte er eine Weltkarte vor Augen, in der Japan ziemlich genau in der Mitte der Welt lag. Als er dann nach Deutschland kam, erfuhr er zu seinem Erstaunen, dass Japan im "Fernen Osten" läge. Er schaute dann auf eine deutsche Weltkarte, und siehe da - Japan lag ganz rechts außen, tatsächlich im fernen Osten. Nicht nur er fand das lustig, auch das Publikum stimmte in sein Schmunzeln mit ein. Der Moderator stellte der Regisseurin moderate Fragen, damit sie ihren Film besser vorstellen konnte. Fragen, die etwas außerhalb lagen, gab sie an Herrn Schmidt weiter. Bei mir entstand ein wenig der Eindruck, das sie zwar wusste, was in ihren Film vorgekommen war, aber darüber hinaus im Thema nicht unbedingt firm war. Mir war im Film aufgefallen, dass die Gefangenen im Lager in den einzelnen Geschäften mit japanischer Währung Güter kaufen konnten. Also stellte ich die Frage, woher die denn das Geld hatten. Die Antwort war erstmal erstauntes Schweigen. Dann gab der Moderator das Mikrofon an die Regisseurin und die gleich weiter an Herrn Schmidt, der die Frage auch beantwortete. Ein Herr in einer der vorderen Reihen - glaube, es war ein Japaner - stellte ein paar Fragen, aus denen ein wenig der Verdacht hervorging, die Regisseurin könne nur Positives gezeigt haben. Tatsächlich gab sie zu, sich im Film auf die 3,4 Personen konzentriert zu haben. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden, allerdings wird es kaum einen weiteren Film zu diesem Thema geben. Und wenn es sonst keinen Film zum Thema gibt, sollte dieser alle Themen zumindest angerissen oder genannt haben. Sonst könnte der Eindruck entstehen, es gäbe sonst nichts zu berichten.
 
Ich möchte den Film nicht herunter machen, dafür hat er mir zu gut gefallen. Bin mal gespannt, ob er irgendwann mal auf DVD zu bekommen ist.
 

Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger