Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Über den Stoff, aus dem d ie Helden sind (oder: wie ma's gääre heere)

Date: 2013/05/03 08:16:53
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ, St. Wendeler Teil:
 
 

Eckstein und Pionier der Arbeiterbewegung

Vortrag und Theateraufführung als Hommage an Nikolaus Warken, der aus Hasborn stammte

Aus Hasborn kam einer der bedeutendsten Kämpfer für die Rechte der saarländischen Bergarbeiter im 19. Jahrhundert. Seine Zeit, sein Leben und ein Theaterstück waren Thema einer Veranstaltung in seinem Geburtsort.

Hasborn. „Acht Stunden müssen genug sein!“, flucht Nikolaus Warken. Der Bergmann legt sein Eisen nieder und fordert seine Kumpel, die mit ihm unter Tage schuften, zum Skatspiel auf. Doch ist die zwölfstündige Schicht noch nicht vorbei. „Und wenn der Steiger kommt?“, bemerkt ein Kumpel ängstlich. Warken: „Der kann uns mo!“ Die Karten werden ausgeteilt. Kurz darauf erscheint der Steiger: „Was ist hier los? An die Arbeit!“ „Nix da, Eckstein ist Trumpf“, entgegnet Warken.

Die Überlieferung will es, dass derart der Hasborner Nikolaus Warken zu seinem Spitznamen „Eckstein“ kam. Das Volksstück „Eckstein ist Trumpf“ beschreibt das Leben und Wirken dieses ersten Bergarbeiterführers an der Saar. Vier Szenen daraus führte der Theaterverein Edelweiß Hasborn-Dautweiler in der Kulturhalle Hasborn auf. Darunter jene, die den Spitznamen erklärt. Die Spielstücke untermalten den Vortrag des stellvertretenden Leiters des Landesarchivs Saarbrücken, Michael Sander, der über Warken, Industrialisierung und die Arbeiterbewegung im Saargebiet sprach. In einer kleinen Veranstaltungsreihe wollten die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land, die Gemeinde Tholey, der Historische Verein Hasborn-Dautweiler und die Ortsgruppe Eckstein Bohnental und Hasborn der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) an diesen berühmten Sohn des Ortes erinnern. Über 60 Gäste wohnten dem Auftakt bei.

Als erstes von acht Kindern wurde Warken 1851 geboren. Mit 16 Jahren fuhr er auf dem Helenen-Schacht in Friedrichsthal seine erste Schicht. „Die Gruben im späteren Saargebiet brauchten Arbeitskräfte. Auch in den nördlichen, ländlich geprägten Gebieten, im sogenannten Hinterland, wurde man fündig“, bemerkte Sander. Etwa in Hasborn. 926 Einwohner hatte der Ort 1890. In die Gruben fuhren zu dieser Zeit 130 Hasborner ein. Zählt man ihre Familien hinzu, waren etwa 46 Prozent vom Bergbau abhängig.

Ein leichtes Leben war das nicht. Preußisch war nicht nur das Saargebiet, sondern auch die Disziplin in den staatseigenen Gruben. Knochenharte Arbeit, karge Löhne. Regelrecht eingesperrt wurden die Kumpel unter Tage, wie eine Spielszene des Theatervereins eindrucksvoll zeigte. „Wir wollen hier raus!“, schreien die Bergleute hinter einem verschlossenen Gatter. „Ruhe! Wir sind hier in Preußen, und nicht im Urwald“, entgegnet der Grubenleiter.

In Preußen wurde auch an anderen Stellen Kohle gefördert, etwa im Ruhrgebiet. Dort brach im Mai 1889 eine Streikwelle aus, die auch die Saar erfasste. Sander: „Die hiesigen Bergleute sahen den Massenstreik nicht als Klassenkampf im sozialdemokratischen Sinne. Sie forderten nur die Rechte, die ihnen, ihrer Meinung nach, zustanden.“ Und daher mussten sie sich organisieren: Der Rechtsschutzverein wurde gegründet. Der Vorsitzende: Nikolaus Warken. Der Hasborner wohnte in Bildstock und fiel durch sein Organisations- und Redetalent auf. Die Obrigkeit war alarmiert. Wegen Beleidigung von Bergbeamten wurde der gesamte Vorstand im Dezember 1889 angeklagt. Warken musste sechs Monate ins Gefängnis. Nicht zum letzten Mal. Auflagen und Repressionen erschwerten die Arbeit des Vereins. Zu einem Verbot kam es indes nicht. „Man ließ den Verein einfach langsam ausbluten“, bemerkte Sander. Durch Drohungen, Intrigen, Entlassungen. Zudem kamen interne Streitigkeiten hinzu. Im August 1893 löste sich der Verein auf.

Warken verkaufte sein Haus in Bildstock und kehrte nach Hasborn zurück. Als Landwirt verbrachte er seine letzten Tage in seinem Geburtsort. Nikolaus Warken, genannt Eckstein, starb am 24. August 1920. Vergessen hat ihn seine Heimat nicht. lk

Auf einen Blick

Der Lyriker Johannes Kühn gestaltet im Rahmen der Veranstaltungsreihe am kommenden Dienstag, 7. Mai, 19.30 Uhr, im Alten Rathaus (Am Kirchheck) in Hasborn eine Lesung mit einer Auswahl seiner Bergarbeitergedichte.

Der Historische Verein Hasborn-Dautweiler hat eine Ausstellung mit Dokumenten und Bildern zum Leben von Nikolaus Warken zusammengestellt, das im Alten Rathaus in Hasborn an diesem Tag zwischen 17 und 19 Uhr geöffnet ist. Der Eintritt ist frei. red

[Regionalforum-Saar] Die jüdische Gemeinde Saarw ellingen 1700-1940

Date: 2013/05/05 11:51:22
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Gemeinde Saarwellingen

Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e. V.

 

Hans Peter Klauck – Klaus Mayer

 

Gelöst ist die Schnur - gebrochen das Band

 

Die jüdische Gemeinde Saarwellingen

1700 – 1940

 

 

 

Auf 399 Seiten wird die Geschichte der jüdischen Gemeinde Saarwellingen ausführlich beschrieben. Über 2200 jüdische Einwohner sind im Familienteil mit vielen Anmerkungen von 1700 bis zur Deportation nach Gurs im Oktober 1940  dokumentiert.

 

zum Preis von  19,80 € (zzgl. Porto und Verpackung)

Gemeinde Saarwellingen

Amt für Kultur

Schlossplatz 1

66793 Saarwellingen

Tel: (06838) 9007-128   

E-Mail: kultur(a)saarwellingen.de

[Regionalforum-Saar] OMEGA Seminar am 25. Mai

Date: 2013/05/05 11:53:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

OMEGA Seminar

25.05.2013 15.00

im Landratsamt Saarlouis

Großer Sitzungssaal (Eingang Neubau)

Keine Anmeldung – alle sind herzlich eingeladen!

Arbeiten mit Omega (Referent: Boris Neubert)

 

Ø     Neue Version 1.8.8

Ø     Gedcom, Import, Export

Ø     Sicherungen

Ø     Verzeichnis entfernen, prüfen

Ø     Anwendungsordner

Ø     Systemprotokoll

Ø     Windows Versionen bis 8

Ø     Einstellungen der DOS-Box

Ø     Fotos einbinden

Ø     Auswertungen und Darstellungen

Ø     Karteikästen zusammenführen oder trennen

Ø     Mailingliste Omega

 

Familienbuch erstellen (Referenten: Karl Oehms und Hans Peter Klauck)

Ø     Omega Einstellungen

Ø     Signaturen

Ø     Signaturen in einer Mehr-Orte-Kartei

Ø     Schreibweise von Familiennamen

Ø     Macros

Ø     Ortsregister

 

Fragen

 

[Regionalforum-Saar] alte schiffe

Date: 2013/05/05 12:13:26
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Konf: Schiffe und ihr Kontext: Darstellungen, Modelle,
         Bestandteile - Von der Bronzezeit bis zum Ende des
         Byzantinischen Reiches - Mainz 05/13
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Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz
Institut für Klassische Archäologie sowie Arbeitsbereich Christliche
Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz
24.05.2013-25.05.2013, Mainz
Deadline: 17.05.2013

Die Tagung widmet sich den bislang selten zusammenfassend
betrachteten ikonographischen Quellen. Neben Erkenntnissen
zur Konstruktion der Wasserfahrzeuge sollen auch Kontinuität
bzw. Wandel der Darstellungsweisen sowie Intention und
Fundkontext der Schiffsdarstellungen berücksichtigt werden.
Der Mittelmeerraum bildet als maßgebliches Zentrum der
griechischen, römischen und oströmisch-byzantinischen Kultur
den geographischen Schwerpunkt der Tagung.

Veranstaltungsort ist das Römisch-Germanische Zentralmuseum.

Die Teilnahme ist kostenlos.

Alle Informationen zur Tagung finden sie auf http://www.rgzm.de.

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Freitag, 24. Mai 2013

10.00
Begrüßung - Opening session
Dr. Barbara Pferdehirt, Direktorin Röm. Abteilung des RGZM
Univ.-Prof. Dr. Doris Prechel, Dekanin des Fachbereichs Geschichts- und
Kulturwissenschaften

Einführung in das Thema
Univ.-Prof. Dr. Heide Frielinghaus und Dr. Thomas Schmidts

Bronzezeit - Bronze Age

10.30-11.00
Thomas Guttandin (Hattersheim)
Form und Funktion im Schiffbau der ägäischen Bronzezeit
Diskussion

11.10-11.40
Eleni Maragoudaki (Athen)
Shipwright tools - transfer and exchange
Diskussion

12.00-13.00 Mittagessen - Lunch

Griechenland und Rom - Greece and Rome

13.00-13.30
Rebecca Münds (Regensburg)
Schiffsdarstellungen in attischen Vasenbildern
Diskussion

13.40-14.10
Zina Karachristou (Messene)
Ships on Funerary Monuments in the Hellenistic World
Diskussion

14.20-14.50
Heide Frielinghaus (Mainz)
Weihungen von Schiffsmodellen und Schiffsteilen
Diskussion

15.00-15.30
Martin Langner (Köln)
Graffiti von antiken Schiffen
Diskussion

15.40-16.10 Kaffeepause - Coffee break

16.10-16.40
Thomas Schmidts (Mainz)
Schiffsdarstellungen auf Münzen der Römischen Kaiserzeit
Diskussion

16.50-17.20
Frederic Theis (Mainz/Rom)
Ostia - Die Schiffsdarstellungen am Piazzale delle
Corporazioni und der Verkehr auf dem Tiber
Diskussion

17.30-18.00
Francisca Feraudi-Gruenais (Heidelberg)
Die Rolle von Schiffen im Grab
Diskussion

18.10-18.40
Ronald Bockius (Mainz)
Vom Bild zum Modell - Technische Umsetzung antiker Schiffsdarstellungen
Diskussion

Samstag, 25. Mai 2013

9.00- 9.30
Marcus H. Hermanns (Madrid)
Lampen mit Schiffsmotiven, schiffsförmige Lampen
Diskussion

9.40-10.10
Angelos Zarkadas (Athen)
Bronze Parts of Ships in the Canellopoulos Museum
Diskussion

10.20-10.50 Kaffeepause - Coffee break

10.50-11.20
Julian Whitewright (Southampton)
Ancient depictions as source for the developement of rigging
Dikussion

11.30-12.00
Detlev Kreikenbom (Mainz)
Die baris des Tobiaden Hyrkanos in Tyros (Iraq el-Emir)
Diskussion

12.30-13.30 Mittagessen - Lunch

Spätantike und Byzanz - Late Antiquity and Byzantium

13.30-14.00
Vasiliki Tsamakda (Mainz)
Spätantike und byzantinische Lampen in Schiffsform
Diskussion

14.10-14.40
Alkiviadis Ginalis (Oxford)
Shipbuilding in Byzantium from the 4th to the 15th century
AD - the construction and typology of ships
Diskussion

14.50-15.20
Yannis D. Nakas (Athen)
Tracing the evolution of Mediterranean medieval galleys from
the 11th to the 15th century AD
Diskussion

15.30-16.00 Kaffeepause - Coffee break

16.00-16.30
Andrea Babuin (Ioannina)
Byzantine shipping in Cretan iconographical sources
Diskussion

16.40-17.10
Beate Böhlendorf-Arslan (Mainz)
Schiffsdarstellungen auf byzantinischer Keramik
Diskussion

ab 17.20 Abschlussdiskussion - Closing session

------------------------------------------------------------------------
Juliane Kiefer

Museum für Antike Schiffahrt des Römisch-Germanischen Zentralmuseums,
Neutorstr. 2b, 55116 Mainz

kiefer(a)rgzm.de

Homepage <http://www.rgzm.de>

[Regionalforum-Saar] Rundfunkverbrechen

Date: 2013/05/05 17:08:58
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Salü,
 
eben stieß ich durch Zufall im Amtsblatt des Saarlandes, 1947, Seite 146, auf diese Meldung.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger
 
------------------
 

Beschluß

 

Der am 14. Mai 1945 in Limbach verstorbene ehemalige Maschinenbauschüler Wilhelm Kunz, geb. 14. Oktober 1919 zu Limbach, war durch Urteil des Landgerichts beim Landgericht Saarbrücken vom 18. Januar 1944 wegen Rundfunkverbrechens zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt worden.

 

Das Urteil wird auf Grund von Abschnitt I der Rechtsanordnung der Verwaltungskommission des Saarlandes zur Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts in der Strafrechtspflege vom 4. Juli 1947 (ABI. 5. 271) aufgehoben. Die Kosten des Aufhebungsverfahrens trägt die Staatskasse. Diese Entscheidung ist innerhalb von zwei Monäten nach ihrer Rechtskraft durch einmalige Veröffentlichung im Amtsblatt der Verwaltungskommission mit ihrem Wortlaut auf Kosten des Saarlandes bekannt zu machen.

 

Saarbrücken, den 20. November 1947.

Landgedda, 1. Strafkammer

 

[Regionalforum-Saar] Vortrag am 24.04.2013 Welleswe iler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volksk ultur e.V.

Date: 2013/05/05 21:16:04
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V.
                   in Zusammenarbeit mit der
Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung
 
 
                            Einladung
                               zum
                             Vortrag
                        von Gunther Altenkirch
 
                     "Aberglauben in der Saarregion"

Die meisten Menschen sind nicht gewillt, ihr Leben so zu nehmen, wie es kommt. Sie möchten gerne zum eigenen Nutzen eingreifen und bedienen sich dabei magischer Kräfte, zauberischer Handlungen, Amulette und einer Reihe weiterer Gegenstände, auch eingemauerter Bauopfer.
Aberglaube ist kein Phänomen des Mittelalters oder der jüngeren Vergangenheit. Er ist allgegenwärtig und erlebt eine sehr große Renaissance.
Volkskundlich betrachtet ist unser alter Volksaberglaube überschaubar und festen Regeln unterworfen, die die Volkskunde erfassen und erklären konnte. Es ist wichtig, diese Hintergründe einmal kennenzulerne 

Mittwoch, den  24.  April 2013, 19.00 Uhr
im historischen Junkerhaus ( 1569 ),
Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22
 
Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V.
in Zusammenarbeit mit der
Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung
 
 

[Regionalforum-Saar] Achtung Korrektur! Vortrag am 22 .05.2013 Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, L andeskunde und Volkskultur e.V.

Date: 2013/05/05 21:18:03
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

Achtung Korrektur!
 
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V.
in Zusammenarbeit mit der
Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung
 
 
Einladung
zum
Vortrag
von Gunther Altenkirch
 
"Aberglauben in der Saarregion"

Die meisten Menschen sind nicht gewillt, ihr Leben so zu nehmen, wie es kommt. Sie möchten gerne zum eigenen Nutzen eingreifen und bedienen sich dabei magischer Kräfte, zauberischer Handlungen, Amulette und einer Reihe weiterer Gegenstände, auch eingemauerter Bauopfer.
Aberglaube ist kein Phänomen des Mittelalters oder der jüngeren Vergangenheit. Er ist allgegenwärtig und erlebt eine sehr große Renaissance.
Volkskundlich betrachtet ist unser alter Volksaberglaube überschaubar und festen Regeln unterworfen, die die Volkskunde erfassen und erklären konnte. Es ist wichtig, diese Hintergründe einmal kennenzulerne 

Mittwoch, den  22. Mai 2013, 19.00 Uhr
im historischen Junkerhaus ( 1569 ),
Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22
 
Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V.
in Zusammenarbeit mit der
Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung
 
 

[Regionalforum-Saar] tanzwut

Date: 2013/05/07 21:12:32
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Rohmann, Gregor: Tanzwut. Kosmos, Kirche und Mensch in der
Bedeutungsgeschichte eines mittelalterlichen Krankheitskonzepts (=
Historische Semantik 19). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012. ISBN
978-3-525-36721-6; 712 S.; EUR 99,99.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_20173.pdf>

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Philip Knäble, Bielefeld Graduate School in History and Sociology,
Universität Bielefeld
E-Mail: <pknaeble(a)uni-bielefeld.de>

Die Tanzwut gilt sicherlich als eines der schillerndsten Phänomene der
Vormoderne und bildet zusammen mit der Pest und dem wachsenden sozialen
Aufruhr einen festen Bestandteil in der Krisenerzählung des
Spätmittelalters. Eine intensive Beschäftigung mit der Tanzwut - wie
auch allgemein mit dem Thema 'Tanz' - ist von der Mediävistik allerdings
bisher kaum geleistet worden: Die einschlägigen Artikel zum Tanz im
Lexikon des Mittelalters etwa sind allesamt von Wissenschaftler/innen
aus der Neuzeit oder anderen Disziplinen verfasst worden. In seiner
umfangreichen Habilitationsschrift unternimmt Gregor Rohmann nun den
Versuch, die Genese der Tanzwut aus einer kulturhistorischen Perspektive
nachzuzeichnen und 'Tanz' als Forschungsgegenstand für die Mediävistik
zu öffnen.

Dabei widmet er sich in seiner Studie nicht den Tanzpraktiken vom 14.
bis zum 17. Jahrhundert, sondern interessiert sich in seiner
semantischen Herangehensweise vielmehr dafür, welches "Reservoir an
Zeichen" (S. 19) den Akteuren in diesem Zeitraum für die Beschreibungen
von Tanzwut zur Verfügung stand. Im Zentrum der Arbeit steht deshalb die
Entwicklung des Diskurses über unfreiwilligen, zwanghaften Tanz seit der
Spätantike bis zum Spätmittelalter.

Die Arbeit beginnt mit einem kritischen Überblick über den
Forschungsstand und zeigt auf, dass die einschlägigen Studien aus den
Bereichen Medizin, Volkskunde, Germanistik und Tanzwissenschaft
quellenfern und mit universalen Vergleichen operieren. Entgegen der
gängigen Interpretation der Tanzwut als Form der Massenhysterie, der
Besessenheit oder als paganes Residuum, schlägt Gregor Rohmann eine
kulturanthropologische Herangehensweise vor, die versucht, der
zeitgenössischen Eigenlogik der Tanzwut gerecht zu werden. Die Tanzwut
wird so als eine kulturell konstruierte Krankheit lesbar, die sich aus
der Auseinandersetzung des mittelalterlichen Christentums mit antiken
Mythen und Kosmologien sowie deren körperlichen Ausdrucksformen im Tanz
speist. Was unter Tanzwut verstanden wird, ist damit das Ergebnis
vielfältiger Aushandlungsprozesse zwischen Gelehrten, Klerus und Laien
in ihren jeweiligen Wahrnehmungshorizonten.

Das zweite Kapitel eröffnet die Diskursgenealogie mit der Diskussion
antiker Quellen zum unfreiwilligen Tanz, aus denen die mittelalterlichen
Autoren später selektiv auswählen und die sie umdeuten. Es ist vor allem
die neuplatonische Kosmologie, in der 'Tanz' als Nachahmung der
Sphärenharmonie verhandelt wird. Allerdings ist im Begriff der mania
bereits eine Ambivalenz angelegt, da der Tanz damit sowohl als
krankhafte Störung der Harmonie, wie auch als Ausdrucksform, um die
Harmonie wieder herzustellen, gedeutet werden kann. Das Christentum
übernimmt diese Doppeldeutigkeit und erbt somit das Problem, ob über
praktizierte Tänze eine Kommunikation mit Gott möglich oder gerade nicht
möglich und inwiefern Tanz eher spirituell oder körperlich zu deuten
sei.

Im Anschluss daran zeigt Gregor Rohmann im dritten Kapitel auf, wie
diese Fragen in der mittelalterlichen Theologie aufgenommen wurden. Er
kann demonstrieren, dass der Tanz keineswegs einheitlich von der Kirche
verdammt wurde, sondern nur bestimmte Tanzorte, Tanzzeiten und
Teilnehmende in der Kritik standen. Dies ermöglichte unterschiedliche
theologische Bewertungen von Tanz ebenso wie verschiedene Tanzpraktiken
im paraliturgischen Rahmen. Als dominante Sichtweise ging daraus die
Vorstellung hervor, den Tanz als Zustand der Gottessuche zu begreifen.
In der Körperpraxis Tanz konnten sowohl Heilsverlust, als auch das
Streben nach der Wiederaufnahme in die Heilsgemeinschaft so performativ
inszeniert werden.

Im vierten Kapitel wird die geografische Verbreitung der Tanzwut
verfolgt und untersucht, warum sie gerade im östlichen Frankreich, in
Belgien und dem Rhein-Main-Gebiet im Spätmittelalter entstand. Der Autor
erklärt die räumliche Konzentration mit der dortigen Überschneidung
zweier kultureller Großräume: das früh christianisierte Gallien und die
später bekehrten Gebiete des heutigen Deutschland. Im Merowingerreich
entstand durch die Aufnahme neuplatonischer Philosophie in den
Herrscherkult und die Heiligenverehrung ein Sinnhorizont, der den Tanz
als legitime Form der Frömmigkeit zuließ. Für das spätmittelalterliche
Frankreich lässt sich dann eine Vielzahl von Tanzpraktiken im
kirchlichen Bereich nachweisen. Die von angelsächsischen Missionaren
seit dem 7. Jahrhundert christianisierten Gebiete östlich des Rheins
zeichneten sich dagegen durch eine asketisch geprägte, den Tanz als
Devotionsform ablehnende Religiosität aus. Aus diesen theologischen
Spannungen, so Rohmanns These, entstand im Grenzbereich beider
Kulturräume die Tanzwut im Spätmittelalter.

Anhand von Heiligenviten aus dem Frühmittelalter führt Gregor Rohmann im
nächsten Kapitel aus, wie darin das Motiv des unfreiwilligen Tanzes für
den Zustand der Heilssuche ausformuliert wird. Am Beispiel der
Tanzlegende von Kölpigk (Kapitel sechs) verdeutlicht er, wie das Motiv
im elften Jahrhundert aktualisiert und popularisiert wurde. Indem er die
zeitgenössischen Überlieferungen auf ihre literarischen Vorbilder und
den Kontext ihrer Entstehung untersucht, kann der Verfasser zeigen, dass
in der Legende nicht ein blasphemischer Tanz als heidnisches Relikt,
sondern vielmehr Änderungen durch die Kirchenreform des elften
Jahrhundert im Zentrum standen. Die verbreitete Vorstellung der Kirche
als Reigen, die bis dahin in der Ekklesiologie vorgeherrscht hatte,
wurde nun durch das Bild der Kirche als Haus abgelöst. Die Kölpigker
Tanzlegende bildet damit laut Rohmann "die zentrale Scharnierstelle in
der Entwicklung von den antiken mania-Konzeptionen zur
spätmittelalterlichen Tanzkrankheit"(S. 371).

Im letzten Kapitel legt der Autor dar, dass im Spätmittelalter die
Tanzwut vor allem im Zusammenhang mit den Heiligenkulten von Johannes
dem Täufer (Johannistanz) und Vitus (Veitstanz) thematisiert wurde.
Gregor Rohmann erklärt diesen Umstand mit einem Rückblick auf die
spätantike Genese ihrer Heiligenviten, in denen Formen der
neuplatonischen mania verhandelt wurden. Beide Heiligenkulte griffen
mythische und kosmologische Inhalte der Spätantike auf und ihre
Hochfeste, 15. und 24. Juni, lagen im Umfeld der Sommersonnenwende. Als
"Hüter der Schwelle" (S. 622) waren beide im besonderen Maße als Mittler
zwischen Immanenz und Transzendenz für den Status zwischen Heilsferne
und Erlösung zuständig. Dies machte sie für den Tanz als Ausdrucksmittel
liminalen Verhaltens attraktiv, zumal Johannes und Veit ab dem 13.
Jahrhundert im Rhein-Mosel-Gebiet stark verehrt wurden. In der Tanzwut
manifestierte sich so der zeitlich begrenzte und ritualisierte
körperliche Ausdruck der Heilsferne in der Frömmigkeit. Die Tanzenden
zelebrierten somit keine heidnischen Kulte, sondern strebten im
christlichen Kontext der Heiligenverehrung eine Wiederaufnahme in das
Heilsgeschehen an.

Gregor Rohmann liefert mit seiner Habilitationsschrift einen wichtigen
Anstoß zum Verständnis der vielfältigen Tanzkultur im religiösen Kontext
des Spätmittelalters. Insbesondere das dritte Kapitel bietet eine
äußerst fundierte Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes zum
Tanz im kirchlichen Kontext und macht auf wichtige Desiderate
aufmerksam. Auch wenn es an einigen Stellen schwer fällt, den komplexen
Beziehungen zwischen antiken Mysterien und ihren früh- und
spätmittelalterlichen Adaptionen zu folgen, gelingt es Gregor Rohmann
stets, die Diskursstränge der Tanzwut differenziert darzustellen. Indem
er die bekannten Quellen um fundierte Kontextualisierungen ergänzt und
ihre literarischen Vorbilder aufzeigt, schafft er es, die Tanzpraktiken
in der mittelalterlichen Frömmigkeit zu entexotisieren. Dadurch
entstehen, wie etwa im sechsten Kapitel zur Tanzlegende von Kölpigk
ausgezeichnet dargestellt wird, entscheidende Perspektivwechsel, welche
die Verbindungen zu zeitgenössischen theologischen Auseinandersetzungen
nachzeichnen.

Gregor Rohmann demonstriert mit seinem Werk, wie fruchtbar eine
quellenkritische kulturhistorische Untersuchung der Tanzwut sein kann,
die interdisziplinäre Forschungsansätze aufgreift. Er erschließt mit dem
spannungsreichen Verhältnis von Tanz und Religiosität zugleich ein neues
Forschungsfeld für die Mediävistik.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Harald Müller <mueller(a)histinst.rwth-aachen.de>

[Regionalforum-Saar] (Kein Thema)

Date: 2013/05/13 08:30:12
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 

Dunkle Seiten der Saar-Politiker

Fraktionen bereit, Nazi-Vergangenheit früherer Abgeordneter untersuchen zu lassen

In einigen anderen Bundesländern recherchieren Historiker bereits die Nazi-Vergangenheit früherer Landtagsabgeordneter. Jetzt gibt es auch im Saar-Landtag Bestrebungen, das Thema untersuchen zu lassen.

Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann

Saarbrücken. Auch im Landtag im Saarland gibt es Bestrebungen, die bisher unbekannte Nazi-Vergangenheit der Landtagsabgeordneten nach 1955 von Historikern recherchieren und bewerten zu lassen. Der Landtag von Hessen hat bereits im Februar eine entsprechende Untersuchung veröffentlicht, in Niedersachsen und in Rheinland-Pfalz arbeiten die Geschichtsforscher noch an entsprechenden Werken. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn verwies gegenüber der SZ auf Forschungen des Historikers Burkhard Jellonnek, Chef der Landeszentrale für politische Bildung und SPD-Kulturpolitiker. Jellonek arbeite an Biografien von Landtagsabgeordneten, die von den Nazis verfolgt wurden. Grundsätzlich sei die SPD natürlich bereit, auch über die Nazis in den Landtagen nach 1945 zu reden, so Pauluhn. Doch zunächst müsse sich das erweiterte Landtagspräsidium damit befassen.Über Auswirkungen einer Veröffentlichung solcher Forschungen auf das Selbstverständnis des Saarlandes wollte der SPD-Fraktionschef nicht spekulieren. Mit einer ähnlich emotionalen Debatte wie im Falle der Umbenennung des nach dem NS-Kriegsverbrecher Hermann Röchling benannten Völklinger Stadtteils in Röchling-Höhe rechnet Pauluhn nicht.

Sein CDU-Kollege Klaus Meiser sagte, dass über die Frage der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Landtagsabgeordneten das Präsidium des Landtages zu beraten haben werde. „Eine Befassung mit diesem Thema werden wir dort gerne veranlassen. Wenn sich ein entsprechender Wunsch ergeben sollte, werden wir uns dem sicher nicht verschließen“, so der CDU-Fraktionschef. Als „wichtigen und erforderlichen Schritt“ bezeichnete Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich die bisher bereits erfolgten Bemühungen in Wiesbaden und Mainz. Wichtig sei, dass die Aufklärungsarbeit von „anerkannten Historikern durchgeführt wird“, so Ulrich. „Eine solche Publikation kann erheblich den Wissensstand über die Abgeordneten verbessern und damit zur Aufarbeitung der Vergangenheit beitragen. Aufgrund bereits veröffentlichter Arbeiten in anderen Bundesländern erwarten wir ein differenziertes Bild, welches sich auch auf das Selbstverständnis des Saarlandes auswirken wird“, betonte der Grünen-Fraktionschef, der im erweiteren Landtagspräsidium das Thema ansprechen und gegebenenfalls einen Antrag einbringen will. Ulrich rechnet nicht mit einer emotional geführten Debatte wie in Völklingen, da es bereits 2009 eine Aufarbeitung der NS-Verfolgung von Ex-Landtagsmitgliedern gegeben habe. „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Abgeordneten des saarländischen Landtags ist daher der nächste Schritt“, so Ulrich.

Die Piraten verfolgen derzeit keine Pläne, ein Buchprojekt im Saar-Landtag zu beantragen. Doch Fraktionschef Michael Hilberer teilte mit, er sei zuversichtlich, dass eine „solche Initiative interfraktionell getragen“ werden könnte.

Die Linksfraktion hat bereits vor längerer Zeit selbst eine Aufarbeitung der braunen Vergangenheit von Saar-Landtagsabgeordneten veranlasst. Wie der Parlamentarische Geschäftsführer Heinz Bierbaum der SZ sagte, soll das Werk demnächst veröffentlicht werden. Der Oldenburger Zeithistoriker Hans-Peter Klausch, der für die Linksfraktion das Werk geschrieben hat, zeigte sich gegenüber der SZ verwundert, dass es noch nicht vorgestellt wurde. „Ich habe eine gedruckte Fassung bereits in Händen“, so Klausch. Foto: dapd

„Die Aufklärungsarbeit muss von anerkannten Historikern durchgeführt werden.“

Hubert Ulrich, Fraktionschef der Grünen

Re: [Regionalforum-Saar] (Kein Thema)

Date: 2013/05/13 13:35:32
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>

Hmm, "Dunkle Seiten der Saar-Politiker"? Bei dieser zeitlosen Formulierung der Überschrift wäre ein Update 2013 wohl höchst interessant....
Beste Grüße
Elmar Peiffer
**************************************************
Gesendet: Montag, 13. Mai 2013 um 08:29 Uhr
Von: Rolgeiger(a)aol.com
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: [Regionalforum-Saar] (Kein Thema)
heute in der SZ:
 

Dunkle Seiten der Saar-Politiker

Fraktionen bereit, Nazi-Vergangenheit früherer Abgeordneter untersuchen zu lassen

In einigen anderen Bundesländern recherchieren Historiker bereits die Nazi-Vergangenheit früherer Landtagsabgeordneter. Jetzt gibt es auch im Saar-Landtag Bestrebungen, das Thema untersuchen zu lassen.

Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann

Saarbrücken. Auch im Landtag im Saarland gibt es Bestrebungen, die bisher unbekannte Nazi-Vergangenheit der Landtagsabgeordneten nach 1955 von Historikern recherchieren und bewerten zu lassen. Der Landtag von Hessen hat bereits im Februar eine entsprechende Untersuchung veröffentlicht, in Niedersachsen und in Rheinland-Pfalz arbeiten die Geschichtsforscher noch an entsprechenden Werken. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn verwies gegenüber der SZ auf Forschungen des Historikers Burkhard Jellonnek, Chef der Landeszentrale für politische Bildung und SPD-Kulturpolitiker. Jellonek arbeite an Biografien von Landtagsabgeordneten, die von den Nazis verfolgt wurden. Grundsätzlich sei die SPD natürlich bereit, auch über die Nazis in den Landtagen nach 1945 zu reden, so Pauluhn. Doch zunächst müsse sich das erweiterte Landtagspräsidium damit befassen.Über Auswirkungen einer Veröffentlichung solcher Forschungen auf das Selbstverständnis des Saarlandes wollte der SPD-Fraktionschef nicht spekulieren. Mit einer ähnlich emotionalen Debatte wie im Falle der Umbenennung des nach dem NS-Kriegsverbrecher Hermann Röchling benannten Völklinger Stadtteils in Röchling-Höhe rechnet Pauluhn nicht.

Sein CDU-Kollege Klaus Meiser sagte, dass über die Frage der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Landtagsabgeordneten das Präsidium des Landtages zu beraten haben werde. „Eine Befassung mit diesem Thema werden wir dort gerne veranlassen. Wenn sich ein entsprechender Wunsch ergeben sollte, werden wir uns dem sicher nicht verschließen“, so der CDU-Fraktionschef. Als „wichtigen und erforderlichen Schritt“ bezeichnete Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich die bisher bereits erfolgten Bemühungen in Wiesbaden und Mainz. Wichtig sei, dass die Aufklärungsarbeit von „anerkannten Historikern durchgeführt wird“, so Ulrich. „Eine solche Publikation kann erheblich den Wissensstand über die Abgeordneten verbessern und damit zur Aufarbeitung der Vergangenheit beitragen. Aufgrund bereits veröffentlichter Arbeiten in anderen Bundesländern erwarten wir ein differenziertes Bild, welches sich auch auf das Selbstverständnis des Saarlandes auswirken wird“, betonte der Grünen-Fraktionschef, der im erweiteren Landtagspräsidium das Thema ansprechen und gegebenenfalls einen Antrag einbringen will. Ulrich rechnet nicht mit einer emotional geführten Debatte wie in Völklingen, da es bereits 2009 eine Aufarbeitung der NS-Verfolgung von Ex-Landtagsmitgliedern gegeben habe. „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von Abgeordneten des saarländischen Landtags ist daher der nächste Schritt“, so Ulrich.

Die Piraten verfolgen derzeit keine Pläne, ein Buchprojekt im Saar-Landtag zu beantragen. Doch Fraktionschef Michael Hilberer teilte mit, er sei zuversichtlich, dass eine „solche Initiative interfraktionell getragen“ werden könnte.

Die Linksfraktion hat bereits vor längerer Zeit selbst eine Aufarbeitung der braunen Vergangenheit von Saar-Landtagsabgeordneten veranlasst. Wie der Parlamentarische Geschäftsführer Heinz Bierbaum der SZ sagte, soll das Werk demnächst veröffentlicht werden. Der Oldenburger Zeithistoriker Hans-Peter Klausch, der für die Linksfraktion das Werk geschrieben hat, zeigte sich gegenüber der SZ verwundert, dass es noch nicht vorgestellt wurde. „Ich habe eine gedruckte Fassung bereits in Händen“, so Klausch. Foto: dapd

„Die Aufklärungsarbeit muss von anerkannten Historikern durchgeführt werden.“

Hubert Ulrich, Fraktionschef der Grünen

[Regionalforum-Saar] Kulturkampf

Date: 2013/05/14 12:52:40
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Kulturkampf im St. Wendeler Land

Edgar Schwer referiert über den Konflikt zwischen Staat und Kirche im 19. Jahrhundert

Der Kulturkampf, ein Konflikt zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche, war im 19. Jahrhundert auch im St. Wendeler Land zu spüren. Ein Vortrag des Regionalhistorikers Edgar Schwer klärte auf.

Marpingen. Der als Eiserner Kanzler in die Geschichte eingegangene preußische Ministerpräsident und Reichskanzler Otto von Bismarck (1815 bis 1898) notierte in seinen Memoiren: „Ein ewiger Friede mit der römischen Kurie liegt nach den gegebenen Lebensbedingungen außerhalb der Möglichkeiten.“ Der Staatsmann witterte in den Katholiken nämlich Reichsfeinde. Denn diese gehorchten dem Papst im fernen Rom eher als dem Kaiser. So zumindest seine Befürchtung. Um sie im preußischen Sinne auf Staatslinie zu bringen, wurde eine Reihe von Gesetzen erlassen, die die Rechte der katholischen Kirche beschnitten. Dabei ging die Staatsmacht nicht ein Mal zu weit, missachtete die Verfassung. Der so genannte Kulturkampf brach aus – ein Konflikt, der auch im St. Wendeler Land seine Auswirkungen zeigte.

„Der Kulturkampf politisierte alle Schichten. So etwas gab es auf dem flachen Land bis dato noch nicht“, sagte der Regionalhistoriker Edgar Schwer. Schwer hielt im Marpinger Kulturzentrum Alte Mühle einen Vortrag zu dieser Episode der deutschen Geschichte und den Auswirkungen im St. Wendeler Land. Die Veranstaltung ist Teil einer regionalen Vortragsreihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land, über die 2500-jährige Vergangenheit der Region.

Als Kampf der Kulturen bezeichnete der liberale Politiker Rudolf Virchow 1873 den Konflikt zwischen katholischer Kirche und Staat. „Damit meinte er“, ergänzte Schwer, „den Kampf zwischen fortschrittlicher Kultur und Unsitte, die er in der katholischen Volksfrömmigkeit sah.“

Das Primat der weltlichen vor der geistlichen Autorität durchzusetzen, das war ein Ziel Preußens und der Gedanke hinter den Gesetzen, die als Mai-Gesetze, benannt nach ihren Erlassen im Mai 1873, 1874 und 1875, bekannt wurden. Drakonische Strafen drohten jenen, die zuwiderhandelten – sowohl Geistlichen, als auch dem einfachen Volk. Doch der Widerstand war in katholisch geprägten Landesteilen, wie es das St. Wendeler Land war, vorprogrammiert. „Preußen wollte die Bevölkerung disziplinieren, doch lief dies mit dem Kulturkampf aus dem Ruder“, meinte Schwer. Übereifrige Staatsdiener, Bespitzelungen, Konflikte prägten diese Zeit.

Dafür gab es im St. Wendeler Land Beispiele. Etwa die Namborner Krawalle, die im gesamten Reichsgebiet Aufmerksamkeit erregten. Hauptfigur war dabei Pfarrer Jakob Isbert, der sein Amt in Namborn 1873 antrat. Allerdings ohne den Segen der weltlichen Macht. Ein Gesetzesverstoß. Weitere folgten, so zumindest die Auffassung des Staates. Durch gesetzliche Repressalien lies sich der nach kurzer Zeit im Volke hochverehrte Pfarrer jedoch nicht einschüchtern. Zehn Mal wurde Isbert verurteilt, zu insgesamt 2645 Mark Strafe oder fast zwei Jahren Haft. Als er seine Haft antreten sollte, versammelten sich erregte Gemeindemitglieder. Wüste Beschimpfungen gegen die Beamten folgten. Bis an den Bahnhof in St. Wendel begleitete die Menge ihren Hirten. Dort eskalierte die Situation: Ein Befreiungsversuch schlug fehl, das Militär intervenierte. Nicht nur Isbert, auch einige Bürger mussten hinter Gittern. Jedoch nicht so lange wie ihr Seelsorger. „Isbert war der am längsten inhaftierte Geistliche im Kulturkampf,“ kommentierte Schwer.

Auch in Nonnweiler hatte es die Staatsmacht auf den dortigen Pfarrer, Matthias Mergens, abgesehen. Auch er musste sich vor Gericht verantworten. Auch ihm standen seine Gemeindemitglieder treu zur Seite, und mehr als einer durfte dafür die ganze Härte des Gesetzes spüren.

Erst mit Leo XIII., seit 1887 Papst, entspannte sich das Verhältnis zwischen Rom und Berlin. Der Kulturkampf blieb jedoch in der Erinnerung vieler Katholiken wach. Schwer: „In ihrem Verständnis avancierte der Kulturkampf zu einem Mythos zu einem überzeitlichen Ringen zwischen Christentum und Antichristentum.“

Eine besondere Episode, die sich während des Kulturkampfes ereignete, behandelt der Historiker Johannes Naumann am Dienstag, 14. Mai, im Kulturzentrum Alte Mühle in Marpingen. Sein Thema: Die Marienerscheinungen in Marpingen und der Kulturkampf. Beginn ist um 19 Uhr. lk

[Regionalforum-Saar] heute Vortrag über Mariener scheinungen in Marpingen

Date: 2013/05/14 12:53:21
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Heute abend Uhr hält Johannes Naumann im Kulturzentrum Alte Mühle in Marpingen einen Vortrag zu den Marienerscheinungen in Marpingen und dem Kulturkampf.
 
Beginn ist um 19 Uhr.

[Regionalforum-Saar] Untersuchung zum Brand der Synagoge in St. Wendel 1947-1950

Date: 2013/05/14 13:07:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Die Synagoge in St. Wendel wurde 1902 in der Kelsweilerstraße errichtet. Am 
 10. November 1938 fiel sie einer Brandstiftung zum Opfer, die Trümmer 
wurden  nicht lange danach von der Stadt entfernt.

Zwei Jahre nach  Kriegsende – 1947 – nahm die Staatsanwaltschaft in 
Saarbrücken Ermittlungen auf,  deren Ergebnis die Feststellung der Ereignisse vom 
Tag der Zerstörung und der  Identität der Täter sein sollte. Nach drei 
Jahren Befragungen von  Tatverdächtigen und Anwohnern wurden zwar alle 
Beschuldigten mangels Beweisen  außer Verfolgung gesetzt, das Verfahren selber aber 
nie eingestellt. Es scheint  bis heute offen zu sein.

Der gesamte Schriftverkehr des Verfahrens  liegt im Landesarchiv 
Saarbrücken in einer Akte, die die Signatur  „Staatsanwaltschaft 1529“ trägt. Sie 
enthält alle amtlichen Schreiben und  Berichte, aber auch die Verhöre der 
Beschuldigten und der 77  Augenzeugen.

Im letzten Jahr habe ich die Akte abgeschrieben und daraus  eine 
Dokumentation gemacht. Sie enthält Abschriften der Dokumente aus dieser  Akte, ergänzt 
um zwei Veröffentlichungen aus dem Amtsblatt des Saarlandes, auf  die im 
letzten Schreiben offiziellen Schreiben der Staatsanwaltschaft 1950 Bezug  
genommen wurde, sowie zwei Ansichten der Synagoge aus meiner  
Ansichtskartensammlung. Mehr nicht. 

Ich habe bewußt darauf verzichtet,  auch nur einen einzigen meiner Gedanken 
in diese Arbeit hineinzubringen; das  Interpretieren will ich den Lesern 
überlassen. Zum einen soll mir niemand  nachsagen können, ich hätte über 
diesen oder jenen etwas Nachteiliges gesagt,  zum anderen denke ich, daß der 
Leser selbst zwischen den Zeilen lesen kann. Und  wer das nicht kann oder will, 
soll damit glücklich werden. 
 
Wer ein Exemplar haben möchte, soll sich bitte bei mir melden. 
 
Die Druckausgabe erfolgt als Broschüre in A4 und hat 95 Seiten in  
Schriftgröße 11 (Verdana). 
Sie kostet 20 Euro plus Versandkosten (1,50 Euro). 
Die Druckversion als pdf-Datei kostet 15 Euro (Größe: 1,2 MB).

Mit  freundlichem Gruß

Roland Geiger 

Re: [Regionalforum-Saar] Untersuchung zum Brand der Synagoge in St. Wendel 1947-1950

Date: 2013/05/14 19:06:47
From: Hans Peter Klauck <hp.klauck(a)t-online.de>

Am 14.05.2013 13:07, schrieb Rolgeiger(a)aol.com:
Die Synagoge in St. Wendel wurde 1902 in der Kelsweilerstraße errichtet. Am
  10. November 1938 fiel sie einer Brandstiftung zum Opfer, die Trümmer
wurden  nicht lange danach von der Stadt entfernt.

Zwei Jahre nach  Kriegsende – 1947 – nahm die Staatsanwaltschaft in
Saarbrücken Ermittlungen auf,  deren Ergebnis die Feststellung der Ereignisse vom
Tag der Zerstörung und der  Identität der Täter sein sollte. Nach drei
Jahren Befragungen von  Tatverdächtigen und Anwohnern wurden zwar alle
Beschuldigten mangels Beweisen  außer Verfolgung gesetzt, das Verfahren selber aber
nie eingestellt. Es scheint  bis heute offen zu sein.

Der gesamte Schriftverkehr des Verfahrens  liegt im Landesarchiv
Saarbrücken in einer Akte, die die Signatur  „Staatsanwaltschaft 1529“ trägt. Sie
enthält alle amtlichen Schreiben und  Berichte, aber auch die Verhöre der
Beschuldigten und der 77  Augenzeugen.

Im letzten Jahr habe ich die Akte abgeschrieben und daraus  eine
Dokumentation gemacht. Sie enthält Abschriften der Dokumente aus dieser  Akte, ergänzt
um zwei Veröffentlichungen aus dem Amtsblatt des Saarlandes, auf  die im
letzten Schreiben offiziellen Schreiben der Staatsanwaltschaft 1950 Bezug
genommen wurde, sowie zwei Ansichten der Synagoge aus meiner
Ansichtskartensammlung. Mehr nicht.

Ich habe bewußt darauf verzichtet,  auch nur einen einzigen meiner Gedanken
in diese Arbeit hineinzubringen; das  Interpretieren will ich den Lesern
überlassen. Zum einen soll mir niemand  nachsagen können, ich hätte über
diesen oder jenen etwas Nachteiliges gesagt,  zum anderen denke ich, daß der
Leser selbst zwischen den Zeilen lesen kann. Und  wer das nicht kann oder will,
soll damit glücklich werden.
Wer ein Exemplar haben möchte, soll sich bitte bei mir melden. Die Druckausgabe erfolgt als Broschüre in A4 und hat 95 Seiten in
Schriftgröße 11 (Verdana).
Sie kostet 20 Euro plus Versandkosten (1,50 Euro).
Die Druckversion als pdf-Datei kostet 15 Euro (Größe: 1,2 MB).

Mit  freundlichem Gruß

Roland Geiger
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[Regionalforum-Saar] heute in Rommersdorf

Date: 2013/05/15 23:44:03
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Hallo,
 
heute war ich in Neuwied-Rommersdorf in der Außenstelle des Landeshauptarchivs Koblenz, um mir die frühen Akten der Trierer Notare anzuschauen. Früh, also zwischen 1798 und 1813. Ich hoffte, dort einige der Versteigerungen zu finden, bei denen noch bis 1813 größere Mengen säkularisierter Güter vertickt wurden.
 
Aus St. Wendel waren es die Cetto-Brüder, die hier richtig schön abgesahnt haben. In den St. Wendeler Notariatsakten finden sich immer wieder Hinweise darauf. Z.B. am 30. Mai 1804.
 
Carl Cetto, Kaufmann und Maire von St. Wendel, verkauft ein Stück Garten von dem sog. Fräuleinbau Garten in St. Wendel (das ist das Geviert zwischen Hospital- und Josefstraße, Marienstraße und Dreieck), welchen er am 13. lezten Pluviose (3. Februar 1804) in Trier bei der Republick ersteigt, und welche Steigerung am 13. Pluviose bei dem Bureau in Trier einregistriert worden, an die Tuchmacher Johann Auer und Joseph Rittersdorf, beide in St. Wendel.
 
Vor einigen Jahren hat eine Forschergruppe die entsprechenden Akten im Landeshauptarchiv Koblenz ausgewertet und publiziert – mit Listen der versteigerten Güter. Aber viele der Objekte aus St. Wendel sind darin nicht enthalten oder fallen aus dem zeitlichen Rahmen dieser Arbeit.
 
Also dachte ich mir, ich schaue in die Trierer Notariatsakten, ob ich dort die Versteigerungen finde. Denn eins haben diese mit den Versteigerungen gemeinsam, die man in den Notariatsakten findet: beide mußten beim Hypothekenamt registriert werden (siehe oben).
 
Allerdings bin ich in den Registern der vier oder fünf Trierer Notare nicht fündig geworden. Ich fand zwar fünf Bezüge auf St. Wendel, allerdings nur einen Verkauf, und von diesem fehlt die Akte. Mist.
 
Signatur 587,40
Notar Horn, Nr. 2 vom 02.01.1807
 
Jean Jacques Joseph D’Ham, Trier, verkauft an Philippe et Charles Cetto de St. Wendel irgendetwas für 500 francs.
 
Es scheint so, daß die Nationalgüter vom Staat direkt verkauft wurden – d.h. ohne den Umweg über den Notar.
 
Der Archivleiter gab mir den Rat, Dr. Gabriele Clemens’ Dissertation „Immobilienhändler und Spekulanten: Die sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung der Großkäufer bei den Nationalgüterversteigerungen in den rheinischen Departements (1803-1813)“ zu lesen. Frau Clemens hat ihrerzeit ein gutes Jahr in den Rommersdorfer Akten gearbeitet.
 
Schaun wir mal.
 
Nun soll das nicht so klingen, als wenn ich gar nichts gefunden hätte. Da gibts schon interessante Sachen, und ich muß im Zuge meiner Auswandererforschung auch wieder hin. Und die nachstehenden drei Notariate haben auch viele Betreffe aus dem heutigen Kreis St. Wendel.
 
587,43    Grumbach, Glan
587,56     Baumholder mit Wolfersweiler und Berschweiler
587,16     Birkenfeld
 
Wenns nur nicht so weit zu fahren wäre. Gut 180 km ein Weg, d.h. zwei Stunden auf der Autobahn. Aber die ehemalige Abtei hat Flair, und die Besatzung des Archivs ist sehr nett und hilfsbereit. Dazu kommt: Der Cappuccino im Klosterrestaurant war klasse. Und das Stück Kuchen auch. Sehen Sie, schon fünf gute Gründe, mal dort hinzufahren. 
 

Landeshauptarchiv Koblenz
Außenstelle Rommersdorf mit Stadtarchiv Neuwied
Abtei Rommersdorf
56566 Neuwied 

Telefon: 02622 81677
Telefax: 02622 972778
E-Mail: 
rommersdorf(a)landeshauptarchiv.de

Öffnungszeiten: Mittwochs 9:00 Uhr - 17:00 Uhr 

 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Himmeroder Denkschrift neu aufgelegt

Date: 2013/05/16 17:54:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Himmeroder Denkschrift

wurde wieder neu aufgelegt

Nonnweiler. Der Autor Heiner Timmermann aus Nonnweiler ist seit 1990 Professor für Europäische Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Visiting-Professor an der Shanghai Jioa Tong Universität und Vorstandsvorsitzender der Akademie Rosenhof in Weimar. Als er im Sommer 2012 mal wieder im Kloster Himmerod war, vermisste er in der Buchhandlung die „Himmeroder Denkschrift“ vom 9. Oktober 1950. Also recherchierte er und fand die Denkschrift verstreut in umfangreichen wissenschaftlichen Werken und in einer Broschüre aus dem Jahre 1977, die allerdings vergriffen ist. Ein griffiger Text dieses Dokumentes fehlte.

Daher besorgte er sich aus dem Bundesarchiv eine Kopie des Originals, fasste die Kopie nach der neuen deutschen Rechtschreibung, sprach mit Mönchen, die ihm aus der Geschichte des Klosters einiges zu dem Komplex sagten, und verfasste eine Einleitung zum politisch-historischen Umfeld der Entstehung der Denkschrift. Jetzt liegt also die Denkschrift in einem kleinen Büchlein von 64 Seiten vor. Die Schrift dokumentiert einen wesentlichen Aspekt des politischen Neubeginns Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Buch ist erschienen im Dewies-Verlag (ISBN 978-3-00-041322-3), kostet 10,90 Euro und ist über Buchhandlungen zu beziehen. red

Foto: privat

[Regionalforum-Saar] gescheiterte vergangenheitsbe wältigung

Date: 2013/05/16 17:56:06
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 

Die aktuelle Ausgabe der „Saarbrücker Hefte“ widmet sich unter anderem der Umbenennung eines Völklinger Stadtteils in „Röchlinghöhe“

Die Umbenennung der einstigen „Hermann-Röchling-Höhe“, die Selbstvermarktungsstrategien des Künstlers Markus Himmel und die Geschichte des Designers Jean Prouvé – das sind einige der Themen in der aktuellen Ausgabe der „Saarbrücker Hefte“.

Saarbrücken. Eines hat der Völklinger Stadtrat mit seinem Beschluss im Januar zweifellos erreicht: Durch die Umbenennung der „Hermann-Röchling-Höhe“ in „Röchlinghöhe“ ist man die unliebsamen Schlagzeilen sehr schnell losgeworden. Die Fronten haben sich – zumindest nach Außen hin – beruhigt. Und so verwundert es kaum, dass die aktuelle Debatte um die Weigerung des Fußballvereins SV Hermann-Röchling-Höhe, es dem Stadtrat gleichzutun und das „Hermann“ zu streichen, außerhalb Völklingens kaum wahrgenommen wird.

Es ist seit jeher eine Stärke der „Saarbrücker Hefte“, Themen kritisch zu reflektieren, Denkanstöße zu liefern, da nachzufassen, wo tagesaktuelle Medien den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie gehorchend längst das Interesse verloren haben. So gehört Bernhard Dahms Beitrag, der die von weiten Teilen des Völklinger Stadtrats als „Kompromiss“ gefeierte Umbenennungslösung kritisch beleuchtet, zu den stärksten der aktuellen „Hefte“-Ausgabe. Mit seiner Entscheidung, so Dahm, täusche der Stadtrat darüber hinweg dass die Mitglieder des Röchling'schen Familienclans allesamt widerspruchslos von den Untaten ihrer verurteilten Verwandten profitiert hätten. Dahm erinnert daran, dass es der Kriegsverbrecher Hermann Röchling war, der über Jahrzehnte hinweg die Geschicke der Firma mit seinem Antisemitismus, seinem Franzosenhass und der Zwangsrekrutierung von Arbeitern bestimmt hat. „Da bleibt kein Raum, um den Mythos ‚Hermann Röchling' durch einen Mythos ‚Röchling' zu ersetzen“, so Dahms Fazit.

Spannend ist daher auch das Interview von Julian Bernstein mit dem 69-jährigen Israeli Jossi Jakob. Jakob, dessen Mutter bis 1936 in Saarbrücken lebte, hatte in einem offenen Brief an Völklingens Oberbürgermeister Klaus Lorig appelliert, die „Hermann-Röchling-Höhe“ umzubenennen. Im Interview erzählt er, warum er die Stadtrats-Entscheidung für eine „Chuzpe“ (jiddisch: „Frechheit“) hält.

Natürlich widmen sich die „Saarbrücker Hefte“ auch diesmal Themen der sogenannten Hochkultur. So erinnert etwa Georg Bense in einem lesenswerten Text an den Designer Jean Prouvé, der einen Großteil seines Lebens in Nancy verbrachte. Und Sabine Graf porträtiert in einem nicht minder interessanten Beitrag den saarländischen Künstler Markus Himmel, der seine Werke in „Kunst-zu-Hause-Abenden“ (einer Art Tupperware-Parties für Kunst) unters Volk bringt und sich so der Zusammenarbeit mit Galerien entzieht.

Wie immer sind nicht alle Texte gelungen. Bisweilen wird deutlich, dass die großen Textumfänge, die ja prinzipiell eine Stärke der „Hefte“ sind, für Autoren auch die Gefahr bergen können, sich an der eigenen Sprache zu berauschen und dabei dramaturgische Aspekte zu vernachlässigen. Ein Beispiel ist das zehnseitige (!), sich in Details verlierende Künstlergespräch zwischen dem Maler Till Neu und Ballett-Choreografin Marguerite Donlon. Nicht nur ist es für all jene Leser, die Donlons Stücke – anders als offenbar Neu –, nicht mit Textvorlage auf dem Schoß wieder und wieder auf DVD angeschaut haben, kaum nachvollziehbar. Schnell wird man beim Lesen auch der gegenseitigen Lobhudelei müde. Spannend sind die „Hefte“ vor allem da, wo sie eben nicht affirmativ-aufgebauscht daherkommen, sondern kritisch. Zum Glück gibt es in dieser Hinsicht auch in der 108. Ausgabe wieder genug zu entdecken. jkl

Saarbrücker Hefte. Die saarländische Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Nr. 108, Pfau Verlag, 7,80 Euro. Im Internet: www.saarbruecker-hefte.de

[Regionalforum-Saar] Dokumentation über Johannes Hoffmann im SR-TV

Date: 2013/05/16 17:57:33
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

SR zeigt zweiteilige Dokumentation über Johannes Hoffmann

Saarbrücken. Am kommenden Pfingstmontag, 20. Mai, sowie an Fronleichnam, Donnerstag, 30. Mai, jeweils um 19.15 Uhr, wird eine zweiteilige Dokumentation über Johannes Hoffmann und das Saarland im SR Fernsehen ausgestrahlt. Der Film „Europas Neubeginn – Johannes Hoffmann und das Saarland“ (Regie: Boris Penth) nähert sich der Person Johannes Hoffmann, seiner Zeit als erstem Ministerpräsidenten des Saarlandes und der Abstimmung 1955.

Der Zweiteiler wurde jünst von der Saarbrücker carpe diem Film & TV Produktion fertiggestellt. „Wir fanden es an der Zeit, einen unvoreingenommenen Blick auf diese Zeit zu werfen, weder idealisierend noch tendenziös negativ“, sagt die Produzentin Barbara Wackernagel-Jacobs. „Wir wollten uns der Person Johannes Hoffmann nähern, wollten auch die Fehler und Ungereimtheiten seiner politischen Führung nicht ausklammern, aber uns auch mit seinen europäischen Ideen auseinandersetzen.“ Diese Jahre, die die Bevölkerung des Saarlandes stark polarisiert haben, die Verletzungen und Anfeindungen bis in die Familien hineinbrachten, seien aber doch auch wegweisend für die Anfänge des politischen Europas nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen, so die Produzentin. Gerade im Jubiläumsjahr des Elysée-Vertrages sei es wichtig, daran zu erinnern, dass der Beginn der deutsch-französischen Aussöhnung und der Bemühungen um ein politisches Europa auch hier im Saarland ihren Weg genommen haben. Das Scheitern der in den 50er Jahren angestrebten saarländischen Unabhängigkeit sei dennoch der Beginn einer großen europäischen Entwicklung gewesen, erklärte Wackernagel-Jacobs.

Leider sei diese Zeit, der letztlich auch zu verdanken sei, dass das Saarland heute ein eigenständiges Bundesland ist, viel zu wenig Gegenstand des Unterrichts in den Schulen. Daher werde die 60-minütige Dokumentation auch als DVD aufgelegt werden. Der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon habe zugesagt, die Einsatzmöglichkeiten des Films in den saarländischen Schulen zu prüfen. Die Dokumentation wurde vom Saarländischen Rundfunk, von Saarland Medien und der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung gefördert. Weitere Infos: carpe diem Film & TV Produktion, Barbara Wackernagel-Jacobs, Tel. (06 81) 9 85 19 00. red

[Regionalforum-Saar] Es gibt am Ende dieses Krieges nur Besiegte

Date: 2013/05/18 09:10:00
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Von der „friedenssüchtigen Schwäche der Welt“

In Texten der „Saar- und Blies-Zeitung“ wurde schon bald nach der Machtergreifung Hitlers die Bedrohung durch die Nazis deutlich

Von SZ-Mitarbeiter

Albert H. V. Kraus

Am Abend des 30. Januar 1933 feierten Tausende Nationalsozialisten mit einem Fackelzug in der Hauptstadt Berlin die Ernennung ihres „Führers“ Adolf Hitler (1889-1945) zum Reichskanzler. Vier Wochen später brannte der Reichstag. Es war der Auftakt zu einer rabiaten Verfolgungsjagd, die im ganzen Reich zehntausende von Hitlergegnern traf: Linkspolitiker, bürgerliche Demokraten, dazu Schriftsteller und Publizisten. Zugleich hob eine Notverordnung des Reichspräsidenten „bis auf weiteres“ die verfassungsmäßigen Grundrechte auf. Sie blieb übrigens bis Kriegsende 1945 in Kraft.

Zehn Jahre nach dem Reichstagsbrand protestierten in München Studenten der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gegen die braune Diktatur. „Hitler ist ein Massenmörder“ und „Nieder mit Hitler!“ pinselten sie an Häuserwände. Die Geschwister Hans und Sophie Scholl (1918 und 1921 geboren) wurden beide 1943 hingerichtet, und ihre Mitverschworenen, darunter der Medizinstudent Willi Graf (1918-1942) aus Saarbrücken, bezahlten ihren Protest auch mit dem Leben.

Die Weimarer Republik (1919-1933) wurde nur 14 Jahre alt. Der sogenannte „Straffrieden“ von Versailles (1919) hatte die Deutschen verbittert, die Beziehungen zu den Nachbarn vergiftet und den Republikfeinden von links wie rechts als Ausgangspunkt ihrer antidemokratischen Agitation gedient. Hinzu kam, dass die meisten Deutschen dem Kaiserreich nachtrauerten und der Republik reserviert gegenüber standen. Die Massenarbeitslosigkeit infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929 trieb dann den Extremisten die Wähler in Scharen zu.

Seit Juli 1932 verfügten Nationalsozialisten (230 Sitze) und Kommunisten (89 Sitze) im Berliner Reichstag über die absolute Mehrheit der Sitze (608). Die Wähler hatten die Republik bereits abgewählt, bevor sie der greise Reichspräsident Hindenburg (1847-1934) ihrem Todfeind Hitler auslieferte. Unter Anwendung von Terror und Gewalt beseitigte dieser den Rechtsstaat. Mit seiner auf Eroberung angelegten Außenpolitik stürzte Hitler Europa schließlich in den Zweiten Weltkrieg (1939-1945).

Wie erlebten nun die Leser der in der Region Neunkirchen/St. Wendel weit verbreiteten „Saar- und Blies-Zeitung“ (SBZ) die Anfänge der nationalsozialistischen Herrschaft vor 80 Jahren? Zwar war das Saargebiet seit 1920 von Deutschland abgetrennt und für 15 Jahre einer Regierung unter dem Mandat des Völkerbundes unterstellt worden, doch man beobachtete die Vorgänge „im Reich“ mit wachen Augen.

Der Berliner Fackelzug am Abend des 30. Januar 1933 ließ den SBZ-Kommentator „eine starke Verwurzelung“ der Hitler-Regierung im Volke vermuten. Im „Presse-Echo“ des Blattes wurden noch in aller Fairness unterschiedliche Urteile zur Kanzlerschaft Hitlers zitiert. So schrieb die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ skeptisch von einer „gewagten Entscheidung“, die keinen „verantwortungsbewussten Politiker“ jubeln lasse. Die sozialdemokratische Zeitung „Vorwärts“ verwies auf die offenkundige Verfassungsfeindlichkeit der neuen Regierung.

Regime verbarg sein Gesicht

Dass mit dem Regierungswechsel zu Hitler ein Systemwechsel eingesetzt hatte, war für den Zeitungsleser nicht zu erkennen. Das Regime verbarg noch sein wahres Gesicht. Der aus dem pfälzischen Alsenz stammende neue Innenminister Dr. Frick (1877-1946, hingerichtet) etwa verabreichte bei einer Pressekonferenz laut SBZ vom 1. Februar 1933 „Beruhigungspillen“: Die neue Regierung lege Wert auf die freie Meinungsäußerung und beabsichtige nicht, Parteien zu verbieten. Drei Tage später meldete die SBZ bereits das Verbot des sozialdemokratischen „Vorwärts“ (für drei Tage) und einer SPD-Kundgebung in Berlin. In der gleichen Nummer gab sich Hitler gegenüber angloamerikanischen Pressevertretern wiederum mäßigend: Er habe „niemals eine Brandrede“ gegen fremde Staaten gehalten. Im Übrigen liebe „niemand mehr Friede und Ruhe“ als er. Sein einziges Ziel sei die deutsche Gleichberechtigung mit anderen Nationen.

Was von den Bekenntnissen führender Nazis zur Meinungsfreiheit zu halten war, demonstrierte ein SBZ-Bericht vom 6. Februar 1933 aus Dessau. Dort hatte der Polizeidezernent, ein NSDAP-Mitglied, missliebige Literatur aus der Stadtbücherei entfernen lassen. Darunter befanden sich auch Anti-Kriegs-Schriften wie der 1929 erschienene Bestseller-Roman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque (1898-1970). Das war bereits ein Vorgeschmack auf die Bücherverbrennungen vom 10. Mai 1933. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Zum Schluss brannte ganz Europa. Und der Rassenwahn der Nazis kostete im Zuge der gnadenlos durchgeführten „Endlösung“ allein sechs Millionen europäische Juden das Leben.

Heute wissen wir: Weder die Kanzlerschaft Hitlers noch der Zweite Weltkrieg kamen letztlich „schicksalhaft“ über Deutschland und die Welt. Der Weg dahin war gesäumt von gravierenden Fehleinschätzungen, politischen Fehlern und Verbrechen. Unser Blick wendet sich deshalb noch einmal zurück in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als die entscheidenden Weichenstellungen erfolgten.

Vor der für die Zukunft des Saargebiets entscheidenden Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 soll Adolf Hitler geneigt gewesen sein, die Agitation in der Region etwas milder zu stimmen, um das Verhalten der Großmächte abzutasten. Doch hätten ihm die Gauleiter widersprochen: Es brauche keine außenpolitische Rücksicht genommen zu werden, schildern Zeitzeugen. „Der Punkt, bis zu dem sich die friedenssüchtige Schwäche der Welt treiben lasse, sei noch lange nicht erreicht.“ Dies überliefert der aus Saarlouis stammende Geschäftsführers des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Bruno Weil (1883-1961), in seinen Erinnerungen. Als dann die „Saar-Abstimmungsschlacht“ geschlagen und für die Hitlergegner verloren war, machten sich unter den Verlierern düstere Vorahnungen breit.

Der kommunistische Publizist Hermann Budzislawski (1901-1978) etwa warnte in der „Neuen Weltbühne“ vor der Illusion, die Expansionslust des Dritten Reiches sei „gerade nun“ geringer geworden: „Da die Politik des Drucks, der Erpressung, der Gewalt eben erfolgreich gewesen ist, wird sie trotz aller schönen Worte fortgesetzt werden.“ Auch der bürgerliche Publizist Leopold Schwarzschild (1891-1950) ging mit den „Machthabern der Welt“ hart ins Gericht: „Jeder weiß, dass sie nichts wollen als die Ruhe und den Frieden. Und wer es nicht weiß oder bestreitet, ist ein Esel.“ Empört geißelte er den naiven Pazifismus der westlichen Demokratien: „Sie wollen Frieden, Frieden, nur Frieden – sie wollen ihn sogar, das ist ihr Fehler, ohne Umweg, sie wollen ihn direkt.“ Willi Schlamm (1904-1978) prophezeite ganz in diesem Sinne der „gewissensfaulen, freiheitsmüden Umwelt“ in Deutschland und Europa schlimme Konsequenzen: „Vom Saar-Erfolg besoffen“, werde das NS-Regime nun über neue Grenzen greifen: „Vielleicht kommt sofort Österreich an die Reihe, vielleicht wird eine Pause mit Friedenslüge und Großmachtdiplomatie ausgefüllt sein.“ Er lag nicht falsch. Das Machtspiel begann schon bald. Hitler zeigte die Muskeln. Am 9. März 1935 gab Berlin offiziell die Aufstellung einer deutschen Luftwaffe, am 16. März 1935 die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht bekannt. Dies waren keine geheimen, es waren offene Verstöße gegen den Versailler Friedensvertrag, auf dem der Völkerbund fußte.

Und wie reagierten die westlichen Demokratien? Frankreich verlängerte die Dienstzeit seiner Soldaten von einem auf zwei Jahre. Keine leichte Aufgabe für Regierungschef Pierre Laval (1883-1945), dem der britische Premier Ramsay Mac Donald (1866-1937) von der Labour-Party noch ein Jahr zuvor dringend nahe gelegt hatte, seine Armee zu verringern. Kommunisten und Sozialisten stimmten gegen Lavals Vorlage. Die Regierungen in Paris, London und Rom fühlten sich immerhin verpflichtet, dem Vertragsbruch Hitlers entgegenzutreten. Man traf sich im malerischen Stresa am Lago Maggiore und einigte sich am 14. April 1935 auf eine gemeinsame Erklärung. Diese verurteilte die deutsche Aufrüstung, betonte die Unabhängigkeit Österreichs und warnte Hitler vor weiteren Schritten zur Revision von Versailles. Die Gegenspieler des NS-Regimes hatten protestiert. Taten? Fehlanzeige!

Englands späterer Kriegspremier Winston Churchill (1874-1965) hielt Stresa für ein vergebliches Unterfangen. Weil die Mächte nicht bereit waren, „die Anwendung von Gewalt, wenn auch nur als letztes Mittel, in Erwägung zu ziehen“. Wie wenig Stresa wert war, entlarvte kurz darauf das deutsch-britische Flottenabkommen vom 18. Juni 1935. Kernbestimmung war, dass die völkerrechtswidrig gebaute deutsche Flotte nicht über ein Drittel der britischen Flotte hinaus vergrößert werden durfte. „Ein Schlag für den Völkerbund“, empörte sich Churchill.

Politik der Beschwichtigung

Für Professor Michael Salewski (Kiel) fügte es sich dann ganz logisch in die irrationale Politik der westlichen Beschwichtigung gegenüber dem skrupellosen deutschen Diktator, dass London und Paris am 7. März 1936 auch die illegale Besetzung des Rheinlandes durch Wehrmachtstruppen tatenlos hinnahmen. Weitere Vertragsbrüche Hitlerdeutschlands folgten mit dem Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes im Jahr 1938. „Null Toleranz“, so meint Salewski, hätte vielleicht das Leid des Zweiten Weltkrieges abwenden können.

1945 lagen schließlich Deutschland und Europa in Schutt und Asche. Millionen Menschenleben waren zu beklagen, Trauer und Leid erfüllten die Herzen. Der Schriftsteller Alfred Kantorowicz (1899-1979), der sich 1934/35 am Saarkampf beteiligt hatte, notierte damals im New Yorker Exil: „Das also liegt hinter uns. (…) Zwölf Jahre, die die Verbrechen von tausend Jahren aufgehäuft haben. (…) Von irgendwoher wird Beethovens Fünfte gesendet. Die Hymne des Sieges? Es gibt keinen Sieg. Es gibt am Ende dieses Krieges nur Besiegte.“

[Regionalforum-Saar] Vortrag am 22.05.2013 Welleswe iler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volksk ultur e.V.

Date: 2013/05/20 14:28:40
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

Einladung
zum
Vortrag
von Gunther Altenkirch
 
"Aberglauben in der Saarregion"

Die meisten Menschen sind nicht gewillt, ihr Leben so zu nehmen, wie es kommt. Sie möchten gerne zum eigenen Nutzen eingreifen und bedienen sich dabei magischer Kräfte, zauberischer Handlungen, Amulette und einer Reihe weiterer Gegenstände, auch eingemauerter Bauopfer.
Aberglaube ist kein Phänomen des Mittelalters oder der jüngeren Vergangenheit. Er ist allgegenwärtig und erlebt eine sehr große Renaissance.
Volkskundlich betrachtet ist unser alter Volksaberglaube überschaubar und festen Regeln unterworfen, die die Volkskunde erfassen und erklären konnte. Es ist wichtig, diese Hintergründe einmal kennenzulerne 

Mittwoch, den  22. Mai 2013, 19.00 Uhr
im historischen Junkerhaus ( 1569 ),
Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22
 
Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V.
in Zusammenarbeit mit der
Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung
 
 

[Regionalforum-Saar] wow, 23 Seiten für die Na zis.

Date: 2013/05/21 08:57:54
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:  

Braune Spuren im Saar-Landtag

Linksfraktion legt historische Studie zur NS-Vergangenheit von Abgeordneten vor

Mehr als 68 Jahre nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes hat die Linksfraktion eine Studie zur NS-Vergangenheit von Landtagsabgeordneten vorgelegt. Erste Exemplare liegen Fraktionen und Medien vor.

Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann

Saarbrücken. Der Oldenburger Historiker Klaus-Peter Klausch hat jetzt im Auftrag der Linksfraktion den Mantel über der NS-Geschichte vieler Ex-Saar-Landtagsabgeordneter gelüftet. In einer Auflage von 1000 Exemplaren, wie Linksfraktionssprecherin Claudia Kohde-Kilsch der SZ sagte, ist die Studie von Klausch „Braune Spuren im Saar-Landtag“ nun bei den Linken im Landtag vorrätig. Erste Exemplare erreichten kurz vor Pfingsten die anderen Fraktionen und die Medien.

Linksfraktionschef Oskar Lafontaine schreibt im Vorwort der 23-Seiten-Studie, er habe 1970, als er erstmals für die SPD in den Saar-Landtag einzog, nicht gewusst, wie viele seiner Kollegen früher in der NSDAP waren. „Mit dieser Broschüre soll die Lücke, wenn auch spät, geschlossen werden“, so Lafontaine. 1970 befanden sich unter den 58 Abgeordneten noch 13 Ex-NSDAP-Mitglieder, ein Anteil von 22,4 Prozent, wie Klausch berichtet. Ausgerechnet die SPD-Fraktion habe mit einem Anteil von 24 Prozent, sechs von 25 Abgeordneten, den höchsten Anteil Ex-Mitglieder der Hitler-Partei in ihren Reihen gehabt.

Lafontaine sagt, dass es ihm schwer falle, „einem Friedel Regitz, dem Ex-SPD-Fraktionschef, seine NSDAP-Mitgliedschaft vorzuhalten“. Schließlich sei der erst 1943, im „reifen“ Alter von 17 Jahren, beigetreten. „Dafür kann man keinen 17-Jährigen verurteilen, der während seiner Kindheit in Schule und Gesellschaft durch NS-Propaganda geformt wurde“, betont Lafontaine. Regitz sei nach dem Krieg ein überzeugter Genosse gewesen, der sich als Neunkircher OB große Verdienste erworben habe.

Dagegen prangert Lafontaine etwa die Verbrechen des Ex-CDU-Fraktionschefs von 1956 Erwin Albrecht an, der als „Blutrichter“ von Prag mehrere Todesurteile gegen Juden fällte. Oder Paul Simonis (DPS/FDP), von dessen SS-Akte ein Auszug auf dem Titelbild der Broschüre abgedruckt ist. Simonis war für den Reichsführer SS Heinrich Himmler als Spitzel tätig. Ex-DPS/FDP-Fraktionschef Heinrich Schneider war schon 1931, vier Jahre vor der „Heim ins Reich“-Abstimmung, Nazi geworden. Klausch weist nach, dass nur zwei Abgeordnete im Landtagshandbuch ihre NS-Vergangenheit offenbarten. Die Mehrheit machte daraus ein Geheimnis.

Während SPD- und Piratenfraktion noch nicht zu der Broschüre Stellung nahmen, sagte CDU-Fraktionschef Klaus Meiser der SZ: „Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Landtages geht uns alle an. Daher wird sich das Präsidium des Landtages mit diesem Thema befassen.“ Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich will im Präsidium „darauf drängen“, dass eine „neutrale Studie“ folgt.

[Regionalforum-Saar] Marpingen und der Kulturkampf

Date: 2013/05/21 08:59:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Marpingen und der Kulturkampf

Der Historiker Johannes Naumann erinnerte an die Ereignisse des Jahres 1876

Im Sommer 1876 behaupteten drei Kinder, ihnen sei im Härtelwald die heilige Maria erschienen. Marpingen wurde dadurch zu einem exemplarischen Beispiel des Kulturkampfs. Darüber sprach der Historiker Johannes Naumann.

Marpingen. Marpingen war in aller Munde. Selbst bis in die Neue Welt drang die Kunde von den Ereignissen. Auch die überregionale Presse berichtete, nicht selten fiel dabei das Schlagwort vom Schwindel. Die Sache entwickelte sich zu einem Politikum, die Gerichte ermittelten. Massen strömten in das kleine Dorf, das Militär griff ein. Manch einer hoffte, ein deutsches Lourdes würde im beschaulichen St. Wendeler Land entstehen. Daraus wurde allerdings nichts. Was war geschehen? Darüber sprach der Historiker Johannes Naumann im Marpinger Kulturzentrum Alte Mühle. Sein Vortrag war Teil einer Reihe der Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land, die die Geschichte der Region beleuchtet.

Aufruhr durch drei Mädchen

3. Juli 1876: Einige Marpinger Kinder streifen durch den Härtelwald, auf der Suche nach Beeren. Drei von ihnen behaupteten nach ihrer Heimkehr, sie hätten eine weiße Gestalt gesehen: die Muttergottes. Die Erscheinungen dauerten die folgenden Tage an. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von der vermeindlichen Marienerscheinung. Und dies in der Hochphase des sogenannten Kulturkampfes im Deutschen Reich, der Auseinandersetzung zwischen katholischer Kirche und Staat, der in frommen Katholiken Reichsfeinde sah. „Im 19. Jahrhundert wurde die jahrhundertealte dörfliche Agrarstruktur der eingreifenden Industrialisierung, dem Handel und der Spekulation ausgesetzt“, erklärte Naumann. Bevölkerungswachstum, Pauperismus und der erwachende Staat, der seine Bürger nun kontrollieren wollte, prägten die Epoche. Dieser Staat nannte sich seit 1871 Deutsches Reich, dominiert wurde er allerdings vom protestantischen Preußen. Das gingen mit offenem Visier gegen die katholische Kirche vor.

Die Volksfrömmigkeit, insbesondere in ländlichen Regionen wie dem St. Wendeler Raum, konnte die geballte Faust des Gesetzes jedoch nicht so leicht bezwingen. Naumann: „Marpingen hat eine weit zurückreichende Marientradition. Dies bezeugen die ersten schriftlichen Quellen, ebenso wie Marienbrunnen und Mariensäule.“ Oder die Wallfahrten nach Marpingen, die im 17. Jahrhundert begannen.

Die Fronten waren klar: hier das einfache katholische Volk in ungewisser Zeit, dort die Macht des Gesetzes. In dieser angespannten Lage dann die Ereignisse im Härtelwald. Von nah und fern kamen Menschen, wollten den Ort der Erscheinung sehen. „Selbst das Who-is-who der katholischen Oberschicht Europas fand sich in Marpingen ein“, erläuterte Naumann. Hier nämlich konnte ein deutsches Lourdes entstehen. Im französischen Lourdes soll einige Jahre zuvor Maria erschienen sein. Hier wie dort behaupteten Pilger, auf wundersame Weise von Krankheiten geheilt worden zu sein. Eine katholische Bastion in Preußen? Dagegen musste der Staat einschreiten.

Aus dem nahen Saarlouis wurde Militär angefordert, um im von Menschen überlaufenen Dorf für Ordnung zu sorgen. Die Kompanie schritt zur Tat, riegelte den Härtelwald ab, verjagte die Pilger. Schützenhilfe anderer Art lieferte liberale und national gesinnte Presse, die nur Spott für die Ereignisse übrig hatten. Die Beamtenmaschinerie lief heiß, Untersuchungen und Verhaftungen folgten. Die drei Mädchen, mit denen alles begann, kamen für kurze Zeit in eine Saarbrücker Besserungsanstalt.

Der Sturm flaute jedoch bald schon wieder ab, auch die politische Lage entspannte sich. „Beide Seiten, das Deutsche Reich und der Vatikan, wollten den Kulturkampf beenden, mussten daher zurückrudern. Ein deutsches Lourdes lag nicht mehr im politischen Sinne“, sagte Johannes Naumann bei seinem Vortrag. Ein Dekret der Kirche zu Marpingen wurde jedoch vorerst nicht bekannt. Dennoch: Durch die Ereignisse etablierte sich der Härtelwald als Marien-Erscheinungsstätte.

1999 war Marpingen wieder in aller Munde: Drei Frauen soll Maria erschienen sein. Es folgten Pilgerströme, Medienrummel. Schließlich gab der damalige Trierer Bischof Marx 2004 ein Dekret heraus. Darin heißt es: „Es bestehen schwerwiegende Gründe, die es nicht erlauben, sie als übernatürliches Geschehen anzuerkennen.“ lk

[Regionalforum-Saar] übermorgen

Date: 2013/05/21 18:47:54
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

NSDAP - und keiner war dabei

Wie rekonstruiere ich die NSDAP in meinem Ort?

Vortrag und Workshop mit Hans Kirsch und Klaus Zimmer

Akribisch haben Hans Kirsch und Klaus Zimmer alles Wissen über eine NSDAP-Ortsgruppe im Kreis St. Wendel zusammengetragen und deren Entwicklung lückenlos aufgeklärt. Dabei kam heraus, dass die Ortsgruppe siebenmal so viele Mitglieder zählte wie bisher bekannt war.

In ihrem Vortrag stellen Kirsch und Zimmer ihre Methodik und die Quellensituation vor. Ihr Fazit: Wer heute dazu recherchiert, kann über die hiesigen Naziorganisationen mehr in Erfahrung bringen, wie vor 20 Jahren, als viele der ehemaligen Mitglieder noch lebten. Auch können Alter, Geschlecht, beruflicher Werdegang Hinweise liefern, warum diese verbrecherische Partei im Jahr 1945 auf über 7,5 Mio. Anhänger anwuchs.

Hans Kirsch, Selchenbach im Kreis Kusel, Erster Hauptkommissar i. R. ist Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins im Ostertal. Auswahl von Veröffentlichungen: „Sozialdemokratische Diaspora. Die Anfänge der SPD im Kuseler Land“, und „Geschichte der Polizei in Kaiserslautern und in der Pfalz (1276 – 2006)“.

Klaus Zimmer, St. Ingbert . Oberstudienrat. Auswahl von Veröffentlichungen: Erlebte Geschichte (1939 - 1945). Ostertaler Männer und Frauen in Krieg und Gefangenschaft, Niederkirchen i. O., 2003 und Chronik des mittleren Ostertals, 3 Bände, Niederkirchen, 1991 - 2001, (Bd. 3 mit Hans Kirsch).

Donnerstag, 23.05.2013, 18:00 Uhr
Rosa-Luxemburg-Stiftung

RLS-Regionalbüro Saarland, Vortragssaal, Saarbrücken

Futterstr. 17 - 19
66111 Saarbrücken

[Regionalforum-Saar] Das Bild des Bauern

Date: 2013/05/21 18:53:50
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Münkel, Daniela; Uekötter, Frank (Hrsg.): Das Bild des Bauern. Selbst-
und Fremdwahrnehmungen vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012. ISBN 978-3-525-31017-5; 288 S.;
EUR 59,99.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Margareth Lanzinger, Historischen Seminar, Universität Siegen
E-Mail: <margareth.lanzinger(a)univie.ac.at>

Der Band geht auf eine Tagung des Arbeitskreises für Agrargeschichte,
die im Herbst 2009 in Hannover stattgefunden hat, zurück und ist dem
2011 verstorbenen András Vári gewidmet. "Das Bild des Bauern" mag
griffig klingen, dem Anspruch der Beiträge entspräche viel mehr eine
offene Formulierung im Plural, mit der auch Daniela Münkel ihre kurze
Einleitung übertitelt. Die zentralen Fragestellungen sind auf das Wie
des Konstruierens von solchen Bildern gerichtet, auf Differenzierungen
zwischen Selbst- und Fremdzuschreibungen sowie auf die jeweils
relevanten soziopolitischen, -ökonomischen und -kulturellen Kontexte.
Der zeitliche Bogen der in vier Abschnitte gebündelten Artikel reicht
vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Am produktivsten erweisen sich
jene Zugänge, die Konstruktionsprozesse, semantische Praktiken, Modi und
Logiken der Abgrenzung ausmachen und analysieren.

Letzterem spürt Dorothee Rippmann in ihrem Beitrag nach, der das
Mittelalter und die beginnende Neuzeit in den Blick nimmt und auf
unterschiedlichen - auch bildlichen und literarischen - Quellen basiert.
Rippmann trifft weniger auf 'reale' Bauern, sondern auf die
"Präsentation von Typen" (S. 35), die Adel und Bürgern zur Betonung
sowie Legitimation von Standesunterschieden dienlich waren und damit
nicht nur im Sinne der eigenen Profilbildung, sondern auch
herrschaftsstabilisierend wirkten. So wie die Autorin für die
Interpretation schriftlichen Materials eine intertextuelle Perspektive
einfordert, betont sie die Mehrdeutigkeit und Ambivalenz, die "opacity"
(S. 34), von Bildaussagen, Objekten und deren Attributen, die nicht
stabil waren, sondern je nach Kontext umgefärbt werden konnten. Frank
Konersmann nimmt die Fülle frühneuzeitlicher Begriffe sowie deren noch
nicht hinreichend geklärtes Verhältnis zum "vermeintlichen Oberbegriff
Bauer" (S. 63) zum Ausgangspunkt und leuchtet das entsprechende
semantische Feld aus, das eine Vielfalt von Fremd- und
Selbstbezeichnungen sowohl in Rechtsquellen als auch in der
Hausväterliteratur und frühen Kameralistik zu Tage fördert. Deren Gehalt
sei an den zeitspezifischen Erfahrungsraum rückzubinden, der sich nicht
zuletzt über Ein- und Ausschlüsse, Umwertungen und Sprachsteuerungen
konstituiert. In seinem Fazit meldet er "erhebliche Zweifel" an, ob und
wenn ja, für welchen Zeitraum im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
"von einem Bauernstand, einer Bauerschaft oder einem bäuerlichen
Berufsstand die Rede sein könne" (S. 83), weshalb die Analyse von
Parallelbegriffen unerlässlich sei. Der Terminus "Landwirt", den
Konersmann als "Zukunftsbegriff" der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
wertet (S. 77), bildet im Beitrag von Niels Grüne den Schlusspunkt
seiner semantischen Analyse, die bei sozialen Abstufungen ansetzt.
Basierend auf einer breiten Palette an Quellenmaterial aus dörflichen
Gesellschaften der badischen Rheinpfalz zwischen 1700 und 1850 fragt er
nach den Logiken der Begriffspraxis in unterschiedlichen Zusammenhängen:
in rechtlichen, besitzständischen, wirtschaftlichen, sowie nach deren
argumentativem Einsatz in der politischen Rhetorik - wenn etwa in der
1848er Revolution der Begriff "Bauer" von antiliberalen Intellektuellen
und Beamten mit Treue und Stabilität konnotiert und ideologisch
aufgeladen wurde. Prägend für den untersuchten Zeitraum war eine
bipolare, entlang von Besitzhierarchien strukturierte Terminologie, so
dass diese der zunehmenden "Auffächerung des Besitzspektrums" (S. 90)
hinterherhinkte: Für die neue semi-agrarische Mittelschicht fehlte in
den Steuerkatastern ein entsprechender Begriff.

In dem auf die "Vormoderne[n] Bauern" folgenden Abschnitt zum "Deutschen
Bauern" zeichnet Gesine Gerhard einen Bilderbogen für das 19. und 20.
Jahrhundert nach, der bei der Agrarromantik und Stilisierung "des
Bauern" als moralischer Gegenpol zum ausschweifenden Stadtleben einsetzt
und über die völkische "Blut und Boden"- und "Nährstand"-Ideologie, über
das konservative Bauernbild der Zeit nach 1945 bis zur Aufwertung in den
letzten Jahrzehnten angesichts von Umweltkrisen und
Lebensmittelskandalen führt. Wie Daniela Münkel ergänzend dazu im
Vergleich zwischen Nationalsozialismus und DDR-Regime aufzeigt, kam
Bauern da wie dort die Funktion der Herrschaftslegitimierung und
Identitätsstiftung zu. Doch waren die Leitbilder grundverschieden, zumal
diese in der DDR nicht an jene des 19. Jahrhunderts anknüpften, sondern
die "Werktätigen in der Landwirtschaft" für den Arbeiter- und
Bauernstaat erst gewonnen werden mussten. Anke Sawahn beschreibt in
ihrem Beitrag das Selbstbild von Bäuerinnen, die sich seit 1900 in
Landfrauenvereinen organisierten.

Den Abschnitt zu den europäischen Bauern leitet Henning Türk mit einem
Porträt des niederländischen und zugleich ersten EWG-Agrarkommissars
Sicco Mansholt (1958-1972) und dessen agrarpolitischen Konzepten ein.
Dieser plädierte für große Betriebe zwecks möglichst effizienter
Bewirtschaftung und wollte die Bauern zu Unternehmern machen. Letztlich
ging die Regionalpolitik gestärkt aus dieser über gewachsene Strukturen
hinwegfegenden und von Protesten begleiteten agrartechnischen Linie
hervor. Ulrich Schwarz wertet den niederösterreichischen
Bauernbundkalender und eine an Agrarproduzenten adressierte
Wochenzeitschrift der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre aus. Er
rekonstruiert die Form der Herstellung und Kommunikation von Bildern von
Bauern auf Grundlage einer doppelten Differenz, die er als Prozess der
selektiven Betonung und Einebnung interpretiert. Damit bekommt er sowohl
den Wandel der Bildinhalte als auch jenen der Konstruktionsakte selbst
in den Blick, die er in vier Zeitabschnitten - von Anknüpfungen an die
Agarromantik nach 1945 bis zur Metapher für gesundes Leben -
strukturiert. Nadine Vivier zeichnet für Frankreich ebenfalls
kontrastierende Bilder nach, die im 19. Jahrhundert zwischen
idealisiert-romantisierenden und in schwarzen Farben gemalten
Darstellungen changierten, während die Bauern ab 1870, mit konservativen
Werten konnotiert, eine gesellschaftliche Aufwertung erfuhren, die nach
1945 von einer Betonung der Modernität abgelöst wurde und die Bauern
zuletzt - aus einer Kritik am Produktivismus - zu "Gärtnern des Raumes"
(S. 242) werden ließ. Dieses harmonische Bild geht allerdings nicht
unbedingt mit der Einkommenssituation und den Zukunftsperspektiven
konform. András Vári macht bezogen auf die ungarischen Bauern für die
Zeit zwischen 1790 und 1919 sieben Bilder aus, deren Entstehung er in
seinem Beitrag kontextualisiert. Er legt den Fokus auf jene Gruppen, die
diese Bilder in diversen Genres, unter anderem in zeitgenössischer
Belletristik, in Hand- und Fachbüchern, gezeichnet haben. Das Spektrum
reicht vom Bauern als Erziehungsobjekt und "Rohmasse" (S. 246) über den
geknechteten beziehungsweise den aufzuklärenden Bauern, den Bauern als
moralischen Kontrapunkt zum städtischen Leben und als den von einer
exotischen Volkstümlichkeit getragenen Kernungar bis zum Bauern als
Sinnbild der Antimoderne und schließlich als Sprengsatz in einer vom
Kapitalismus aufgeriebenen Welt. Diese vornehmlich am
bürgerlich-städtischen Kriterienkatalog bemessenen Zuschreibungen
bringen, so der Befund des Autors, immer wieder die Entfremdung von der
ländlichen Welt zum Ausdruck, die als "Projektionsfläche der eigenen
Identität" diente (S. 263) und zugleich den Überlegenheitsanspruch der
Intelligenz legitimierte.

Der letzte Beitrag des Bandes führt über Europa hinaus und bleibt
zugleich in Europa. Denn der von Frank Uekötter charakterisierte
amerikanische Farmer bildete seit dem 19. Jahrhundert mit seinen vielen
Gesichtern immer wieder eine vereinfachende Kontrast-, wenn nicht
Negativfolie, auf jeden Fall aber und insbesondere in der deutschen
Agrardebatte eine Vergleichsfolie. Diese sei - begründet durch
Produktivität, Agrartechnik und die dadurch erzeugte Konkurrenz, aber
auch durch vergleichsweise frühe Ökoargumente - bis heute von einer
"Mischung aus Bedrohungsgefühl und Faszination" geprägt (S. 272). Jedoch
sei neben ständigen Krisenherden in der amerikanischen Landwirtschaft
auch eine Diskrepanz zwischen dem suggerierten Bild eines freien
Unternehmertums und einer gleichzeitig intensiven Regulierung
festzustellen.

Einmal geschaffene Bilder, so András Vári, bleiben wie "Unrat im Weltall
in dem geistigen Universum der Epochen" (S. 267). Damit sind zwei
wesentliche in den Beiträgen fokussierte Momente angesprochen: der
Kontext der Erzeugung von Bildern und der Verortung von deren
Protagonisten einerseits sowie Rückgriffe, Aktualisierungen in
bestimmten historisch-politischen Zusammenhängen andererseits. Insgesamt
dominieren in dem verdienstvollen und über weite Strecken sehr
ambitionierten Band Fremdwahrnehmungen, Zuschreibungen und
Klassifizierungen aus sozialer und lebensweltlicher Distanz. Welche
Implikationen für Bilder und Diskurse hätte eine Sicht aus größerer
Nähe, von Notabeln auf dem Dorf beispielsweise oder sozial
aufgestiegenen, wie auch immer definierten "Bauern"-Söhnen und nicht
zuletzt von schreibenden Bauern und Bäuerinnen?

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Jan Brademann <jan.brademann(a)uni-bielefeld.de>

[Regionalforum-Saar] Konf: Schatzungs- u Steuerlisten als Quellen d landesgeschichtlichen Forschung

Date: 2013/05/22 18:26:37
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Historische Kommission für Westfalen; LWL-Archivamt für Westfalen;
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
26.06.2013, Arnsberg, Kapitelsaal des ehemaligen Klosters Wedinghausen
Deadline: 10.06.2013

Wer sich mit der älteren Landesgeschichte Westfalens beschäftigt, wird
mit zahlreichen, heute fremdartig erscheinenden Quellengattungen
konfrontiert. Dabei gibt es in diesen Aufzeichnungen sowohl für
Historiker als auch für Familienforscher vieles und auch noch viel neues
zu entdecken. Mit einer Reihe quellenkundlicher Workshops möchte die
Historische Kommission für Westfalen die Scheu vor der Benutzung
altertümlich erscheinender Quellen abbauen, zu ihrer Lektüre und
Auswertung einladen. Nach den Amtsbüchern (2011) stehen in diesem Jahr
Schatzungs- und Steuerlisten im Mittelpunkt der Veranstaltung.

In sechs Vorträgen werden die Eigenarten der Schatzungs- und
Steuerlisten vorgestellt, ihre Erkenntnismöglichkeiten näher beleuchtet.
Auf den ersten Blick handelt es sich um eher statistische Angaben, die
sich aber für vielfaltige Forschungsansätzen eignen. So lässt sich aus
den Aufstellungen die wirtschaftliche Situation einer Region ebenso
erkennen wie die soziale Gliederung, die Verwaltungsabgrenzung kann
ebenso untersucht werden wie die Geschichte einzelner Höfe und die Namen
ihrer Bewohner. Erläutert werden die einzelnen Aspekte von sachkundigen
Referenten aus verschiedenen westfälischen Archiven und Institutionen.

Der Workshop "Schatzungs- und Steuerlisten als Quellen der
landesgeschichtlichen Forschung" am 26. Juni wird ausgerichtet von der
Historischen Kommission für Westfalen, dem LWL-Archivamt für Westfalen
und dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Die Veranstaltung findet von
9.30 bis 17 Uhr im Kapitelsaal des ehemaligen Klosters Wedinghausen in
Arnsberg statt. Die Veranstaltung steht allen Interessierten offen, die
Teilnahme ist kostenlos. Um Anmeldung wird gebeten bis zum 10. Juni
postalisch an den Landschaftsverband Westfalen Lippe, Historische
Kommission für Westfalen, 48133 Münster oder per eMail unter
hiko(a)lwl.org. Nach Vorbestellung in der Anmeldung kann am Tagungsort ein
Mittagessen für ca. 6 Euro eingenommen werden. Der Flyer zur
Veranstaltung und ein für den Ausdruck optimiertes Tagungsprogramm mit
Anmeldeformular stehen zur Verfügung unter
http://www.lwl.org/LWL/Kultur/HistorischeKommission/veranstaltungen.


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Übersicht der Vorträge und Referenten:
Prof. Dr. Wilfried Reininghaus (Erster Vorsitzender der Historischen
Kommission für Westfalen): Finanzsysteme westfälischer Territorien vor
1806

Dr. Mechthild Black-Veldtrup (Landesarchiv Nordrhein Westfalen,
Abteilung Westfalen): Schatzungslisten als Quellengattung

Michael Gosmann (Leiter des Stadtarchivs Arnsberg): Die Steuerregister
des Herzogtums Westfalen im Stadtarchiv Arnsberg

Dr. Wolfgang Bockhorst (LWL-Archivamt für Westfalen) Schatzeinnehmer und
Rezeptor in Kriegszeiten - an Beispielen aus dem Siebenjährigen Krieg

Dr. Ralf Klötzer (Stadtarchiv Münster): Der Quellenwert der
Schatzungslisten für die Erstellung der Häuserbücher der Stadt Münster

Dr. Friedel Helga Roolfs (Kommission für Mundart- und Namensforschung
Westfalens): Die namenskundliche Auswertung von Schatzungslisten

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Dr. Burkhard Beyer
Landschaftsverband Westfalen Lippe,
Historische Kommission für Westfalen,
48133 Münster

E-Mail: hiko(a)lwl.org

Tagungsprogramm und Anmeldeformular
<http://www.lwl.org/LWL/Kultur/HistorischeKommission/veranstaltungen>

[Regionalforum-Saar] ab 4. Juni: Deutsche Kriegsgefangene in Japan im 1. Weltkrieg

Date: 2013/05/23 17:12:25
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Deutsche Kriegsgefangene in Japan im 1. Weltkrieg

 

Die Geschichte eines außergewöhnlichen Kriegsgefangenenlagers während des 1. Weltkrie-ges, die von Respekt und Annäherung erzählt. Kunst und Handwerk erleichtern nicht nur das Gefangenenleben, sondern werden an die japanischen Sieger weitergeben, und wurden da-durch zu einem bemerkenswerten Teil japanischer Lebensart. Das Kriegsgefangenenlager Bando wird zum Sinnbild Deutsch-Japanischer Freundschaft.

 

1914: Die mit England verbündeten Japaner greifen im 1. Weltkrieg die deutsche Kolonie Tsing-tau in China an. Etwa 5000 deutsche und verbündete Soldaten geraten nach ihrer Kapitulation in japanische Gefangenschaft.

 

Bei der Rückkehr im Januar 1920 verabschiedet sich der Repräsentant der Kriegsgefangenen: „In Zukunft werden wir in irgendeiner Form an Menschen, die sich in unglücklicheren Umstän-den befinden als wir, Ihren Geist weitergeben. „Alle Menschen sind Brüder“, … Sayonara.“

 

Alle Filme und Vorträge werden im Kino achteinhalb (Nauwieser 19) in Saarbrücken gezeigt:

 

4. Juni 2013, 19 Uhr

Uraufführung

Feinde | Brüder Deutsche Kriegsgefangene in Japan

Dokumentarfilm von Brigitte Krause

78 min Dt. Version 16:9

Grußworte: Takeshi Nakane, (Japanischer Botschafter in Deutschland)

Dr. Gerd Bauer, (Geschäftsführer der Saarland Medien, Direktor der Landesmedienanstalt)

 

Anschließend Gesprächsrunde mit anwesenden Gästen und Regisseurin.

 

(wird am Mittwoch, 5. Juni, um 20 Uhr wiederholt, aber ohne Gesprächsrunde)

 

Es gelten die Eintrittspreise des Kinos: Kartenreservierung: 0681 3908880

 

5. – 9. Juni 2013, täglich 16 – 20 Uhr

Ausstellungsinstallation

Feinde | Brüder Deutsche Kriegsgefangene in Japan

von Brigitte Krause und Olaf Welling

Zwei Filmprojektionen, eine Diaprojektion, sowie eine Zitatensammlung von Kriegs-gefangenen, Nachkommen und Histori-kern führen den Zuschauer durch Thema, Zeit und Raum.

 

5. Juni 2013, 19-20 Uhr

Vortrag

Die Verteidiger von Tsingtau und ihre Gefangenschaft in Japan‘

von Hans-Joachim Schmidt

Der Saarländer präsentiert im Rahmen der Ausstellung sein Historisch-biographisches Projekt.

http://www.tsingtau.info/

 

6. Juni 2013, 19 Uhr

Führung durch die Ausstellung

Feinde | Brüder Deutsche Kriegsgefangene in Japan

mit Brigitte Krause und Olaf Welling

 

[Regionalforum-Saar] Am Rand der Erkenntnis - Max Bodenheimer, Begründer des Zionismus, in St. Wende l

Date: 2013/05/26 23:27:40
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Guten Abend,

 

der Vortrag von Herr Becker über Wegekreuze in der Pfalz am Dienstag, 28. Mai, im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken (beim Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung) wird wegen Erkrankung des Redners leider ausfallen.

 

Statt dessen werde ich einen für Oktober angesetzten Vortrag mit Herrn Becker tauschen und meinen Vortrag am Dienstag halten.

 

Der Vortrag heißt:

 

Am Rand der Erkenntnis – Max Bodenheimer, Begründer des Zionismus, und seine Zeit in St. Wendel. 

 

Der Vortrag beginnt um 18.30 Uhr.

 

 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Ein Enkel Eugen Berls besucht St. Wendel

Date: 2013/05/28 08:53:52
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 

Suche nach der Vergangenheit

Der Israeli Omer Gold besuchte St. Wendel, um mehr über seine Vorfahren zu erfahren

Eugen und Erna Berl lebten in St. Wendel, betrieben ein Ladengeschäft und waren in das politische und kulturelle Leben der Stadt integriert. Nun besuchte ihr Urenkel die einstige Heimat der jüdischen Kaufmannsleute.

Von SZ-Mitarbeiter Jennifer Sick

St. Wendel. „Es ist seltsam, an einen Ort zu kommen, wo sich alles so normal anfühlt und gleichzeitig zu wissen, dass es nicht immer so war“, erzählt Omer Gold, 24 Jahre und zum ersten Mal in St. Wendel. Für den in Israel lebenden, jungen Mann ist St. Wendel im Grunde genommen eine Stadt wie jede andere, für seine Familie nicht. Denn Omer Gold ist der Urenkel von Eugen und Erna Berl.

Die jüdische Familie Berl war hoch angesehen in St. Wendel. Die beiden Eheleute Erna und Eugen betrieben nicht nur ein Textil-Ladengeschäft, sondern waren auch ansonsten fest in das politische und kulturelle Leben der Stadt integriert. Berl war eines der Gründungsmitglieder des SPD-Ortsverbandes, engagierte sich im Stadtrat, initiierte den Musik- und Gesangsverein „Orphea“ und war Dirigent des Arbeitergesangsvereins „Bruderbund“. Doch das alles konnte ihm und seiner Frau nicht das Leben retten. Mit den Nürnberger Rassegesetzten von 1935 begann auch für die jüdische Kaufmannsfamilie ein Leben in Verfolgung. Eugen Berl starb kurz nach Ablauf der Schutzfrist, so dass er das volle Ausmaß der Judenverfolgung nicht mehr erleben musste. Erna Berl dagegen schon. Sie wurde zuerst in das Konzentrationslager Gurs gebracht und dann nach Auschwitz. Dort verliert sich ihre Spur. Einziger Überlebender der Familie Berl war Fritz Berl, der Großvater von Omer. Er floh nach Israel, wo er bis zu seinem Tod lebte.

Omer möchte Deutsch lernen

„Er hat nie über seine Vergangenheit gesprochen“, erinnert sich Omer Gold. „Deshalb haben wir auch erst nach seinem Tod angefangen, zu recherchieren.“ Erster Anhaltspunkt dieser Recherche waren die Briefe, die Erna Berl ihrem Sohn aus Gurs geschrieben hatte. Hierbei half ihm Eberhard Wagner vom Verein Wider das Vergessen und gegen Rassismus. Er entzifferte die schwierigen Handschriften und half Omer Gold dabei, mehr über seine Urgroßmutter zu erfahren.

Doch das theoretische Wissen reichte dem 24-Jährigen nicht. Er wollte nach Deutschland kommen, um weiter zu forschen. Sein erster Halt: Mainz, die Stadt, in der Erna Berl geboren worden war. „Im Flugzeug nach Deutschland habe ich hin und her überlegt, wie es wohl sein wird“, erinnert Omer Gold sich. „Doch als ich dann ankam, hat sich nichts anders angefühlt.“ Erst in St. Wendel, änderten sich seine Empfindungen. Am vergangenen Samstag reiste er mit seinem Freund Fabian Zawatka an. Gemeinsam besuchten sie das ehemalige Haus der Familie Berl und im Anschluss das Adolf-Bender-Zentrum. Hier sprach Gold offen über seine Gedanken: „Das ist die Stadt, in der mein Opa um sein Leben rennen musste. Es fühlt sich anders an, hier zu sein, ein bisschen unheimlich.“ Aber er ist auch glücklich, dass heute so viele Menschen gut über seinen Urgroßvater sprechen.

Omer Gold möchte mit seinen Recherchen weiter machen und noch viel mehr über das Leben von Erna und Eugen Berl erfahren. „Im Moment fühlt es sich an, als ob ich sehr viel über meine Familie wüsste, aber ich glaube, in Wirklichkeit weiß ich nur ganz wenig.“ Deshalb möchte er auch die anderen Stationen seiner Familiengeschichte noch bereisen, um die vielen Informationen, die er hat, zu einem großen Ganzen zu verbinden. Und noch etwas anderes liegt Omer Gold am Herzen: „Ich möchte die deutsche Sprache lernen und Deutschland zu einer zweiten Heimat machen.“ Gemeinsam mit dem Adolf Bender Zentrum sucht Omer Gold nach Menschen, die die Familie Berl gekannt haben. Wer etwas weiß, kann sich beim ABZ melden.

[Regionalforum-Saar] Die 'Hessians' im Amerika nischen Unabhängigkeitskrieg

Date: 2013/05/30 09:35:08
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Subject: Tagber: Die 'Hessians' im Amerikanischen
         Unabhängigkeitskrieg
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Historische Kommission für Hessen; Hessisches Staatsarchiv Marburg;
Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde
07.03.2013-08.03.2013, Hanau

Bericht von:
Christopher Scheele, Universität Rostock
E-Mail: <christopher.scheele(a)uni-rostock.de>

Vom 7. bis zum 8. März 2013 fand in angenehmer Atmosphäre im Großen
Arkadensaal des Kurhauses Hanau-Wilhelmsbad eine internationale und
interdisziplinäre Tagung zum Thema: "Die 'Hessians' im Amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg" statt. Veranstaltet wurde die Tagung  von der
Historischen Kommission für Hessen, dem Hessischen Staatsarchiv Marburg
und dem Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde.

Die Entdeckung und Edition bislang unbekannter Tagebücher[1] sowie
Korrespondenzen[2], die Publikation der bekannten HETRINA-Listen, also
der Aufstellungen über die hessen-kasselischen Militäreinheiten, sowie
einer umfangreichen Datei der hessen-hanauischen Truppen als online
recherchierbare Datenbank[3] und nicht zuletzt eine ganze Reihe
aktueller monographischer Untersuchungen zu diesem Themenbereich gaben
Anlass für diese Tagung. Dabei wurden zwei Ziele verfolgt. An erster
Stelle wurde vor dem Hintergrund der neueren geschichts- und
kulturwissenschaftlichen Ansätze ausgelotet, inwieweit das neue
Quellenmaterial, die neue elektronische Verfügbarkeit und die neuen
Forschungen innovative Möglichkeiten und neue Perspektiven eröffnen. Zum
anderen ging es darum, die vorliegenden Ergebnisse in den Horizont der
internationalen Forschung einzuordnen und deren Verallgemeinerbarkeit zu
prüfen.

Nach Grußworten des Hanauer Oberbürgermeisters Claus Kaminsky sowie
Andreas Hedwig vom Hessischen Staatsarchiv Marburg leitete Holger Gräf
vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde in das Thema
ein. Hedwig verwies dabei auf die zentrale Bedeutung des neuen
Datenbankmoduls "Hessische Truppen im amerikanischen
Unabhängigkeitskrieg" (HETRINA) des Landesgeschichtlichen
Informationssystems Hessen (LAGIS). Gräf sah die Relevanz der Tagung
auch darin begründet, dass rund 20 Prozent der männlichen Bevölkerung
Hessen-Kassels Militärdienst in den USA leisteten und sich allein daraus
die Frage nach der Rolle dieses Einsatzes für die historisch-politische
Identitätsfindung ergab.

Im Anschluss hielt CHRISTIAN OTTERSBACH (Hanau) den Eröffnungsvortrag
"Das Wilhelmsbad und der Hanauer Amerika-Einsatz - Zwei Seiten einer
Medaille?" Ottersbach verband Tagungsthema und Ort gleichermaßen, zeigte
neben der bau- und kunsthistorischen Dimension des Ausbaus des
Kurbetriebes auch die Verpflichtung Hanaus unter der Garantie
protestantischer Schutzmächte, allen voran der hannoverisch-englischen
Schutztruppe. Sowohl der Landesfürst profitierte von den hohen
Einnahmen, die er unter anderem in Wilhelmsbad investierte, als auch die
Bevölkerung, die neben den Soldeinnahmen eine Steuerbefreiung für die
Zeit des Einsatzes erhielt. Der Subsidien-Einsatz habe somit vor allem
auch eine wirtschaftliche Dimension für das Territorium insgesamt
gehabt. Ottersbach gab zu bedenken, dass die Subsidienverträge
ursprünglich unter der Prämisse unterschrieben wurden, dass die
"Hessians" die Sicherung Englands übernehmen sollten, während die
englischen Truppen in Übersee kämpften.

Im ersten Panel "Historischer Rahmen" arbeitete CHRISTOPH KAMPMANN
(Marburg) vier sich teilweise bedingende Faktoren für die "Notwendigkeit
der Soldatenvermietung" und zugleich deren Scheitern heraus. Als erstes
die traditionellen Pflichten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher
Nation (HRR), welches Kampmann als System kollektiver Sicherheit
definierte. Aus dem System HRR leitete Kampmann auch die Ziele der
Prestigewahrung und -erhöhung sowie den Aufstieg zum Kurfürsten ab. Als
zweiten Punkt benannte er die durch das Trauma des 30jährigen Krieges
ausgelösten Transformationsprozesse, in deren Folge - als Punkt drei -
sich eine neue Hierarchie zwischen nicht armierten und armierten Fürsten
entwickelt habe. Der vierte Punkt stellte diesen Systemwandel und das
Subsidiensystem als letztlich gescheitert dar, führte dieses doch gerade
nicht zur Friedenssicherung, sondern zur Kriegsprovokation, da stehende
Heere Kriegshandlungen zur Sicherung ihres Unterhalts benötigten.

HOLGER GRÄF (Marburg) ging der Frage nach, ob Truppenvermietungen der
Staatsentwicklung dienten oder historisch legitimiert waren. Er betonte,
dass Subsidienverträge auch Ausdruck dynastischer Familien- und
Bündnispolitik gewesen seien, jedoch eine komplette Aufarbeitung nach
wie vor fehle. Die Subsidienverträge der hessischen Landgrafen seien auf
jeden Fall keine Ausnahme, sondern gängige Praxis im Ancien Régime
gewesen. Weitere Quellenauswertungen seien jedoch zur näheren Klärung
notwendig, beispielsweise sei die hohe Zahl landfremder Offiziere aber
auch einfacher Soldaten bemerkenswert. So seien gezielt Ausländer
angeworben worden, was sich auch in der Demographie zeige; denn der
Amerikaeinsatz hatte keinen negativen demographischen Einfluss.

Panel zwei war neuen Quellen gewidmet. Zunächst beschrieb  MARCO ULM
(Marburg) die Probleme bei der Quellenedition im Vortrag "Zwischen den
jesuitischen lettres édifiantes und Heriots travels through the Canadas:
Das Hildebrandt-Tagebuch als Quelle für die kanadische Landeskunde des
18. Jahrhunderts." Subjektive Faktoren beeinflussten Tagebücher und
Berichte, aufgrund dessen komme es zu Verzerrungen. Weiterhin stellten
Zensur und Veränderungen durch die Herausgeber ein zusätzliches Problem
dar, ferner die größeren Zeiträume, bis ein Text tatsächlich publiziert
wurde.

Dies führte PATRICK STURM (Marburg) in seinem Vortrag "Wie abwechselnd
aber das Kriegsglück ist, wißen Sie theurester Freund und ich habe es
nun auch leyder erfahren" fort. Hierbei ging er auf die diagnostizierten
Unterschiede der Gilsa-Quellen im Kontrast zu den offiziellen Meldungen
und anderen Quellen von 1776-80 ein. Besonders im Vergleich der privaten
Briefe mit den dienstlichen Journalen zeigten sich Unterschiede.
Gleichzeitig könnten, so Sturm, durch die Verbindung von beiden Quellen
mögliche Forschungslücken nachhaltig geschlossen werden.

Den öffentlichen Abendvortrag hielt PHILIPPE ROGGER (Bern) zum Thema
"Söldnerhandel - Europäische Gewaltmärkte in historisch-vergleichender
Perspektive".

Als ein Beispiel für erfolgreichen Subsidienhandel führte Rogger die
Schweiz an. Er stellte den Subsidiendienst zunächst in das Spannungsfeld
ökonomischer und transnationaler Logiken, gab jedoch zu bedenken, dass
allein die Klärung des Begriffs Söldner schon eine Herausforderung
darstelle, da die besondere Verbindung der politischen Situation mit der
Wahrnehmung des Söldnertums einhergehe (Beispiel: Glaubenskriege).
Söldnertum war ein Geschäft, der Söldner demnach ein Produkt. In der
Hochphase vermittelten bis zu 1.500 Kriegsunternehmer den Einsatz von
Söldnern, dabei wurden die Dienstleistungen vertraglich genauestens
fixiert, da Verluste auch ökonomische Risiken waren. Längerfristige
Konflikte im europäischen Mächtesystem bildeten neue Märkte. Hoher
Bevölkerungsdruck und langfristige Geschäftsbeziehungen mit festen
Abnehmern führten dazu, dass Hessen kein Sonderfall war.

Am zweiten Tag eröffnete CARMEN WINKEL (Potsdam) das dritte Panel mit
einem Bericht über den Forschungsstand zu sozialgeschichtlichen Fragen
anhand von Massendaten zum Militär des 18. Jahrhunderts. Dabei
konstatierte sie, dass bisherige Forschungen fehlerhaft und nicht
verifizierbar seien. Der Einfluss von ehemaligen Militärs habe den
Zugang nicht militärisch fokussierter Forschung über lange Zeit
behindert. Weiterhin fand die quantifizierende Sozialwissenschaft auch
deshalb lange Zeit keinen Zugang zu militärgeschichtlichen Fragen, da
bestehende Modelle hier nicht passten. Es habe sich vor allem die
Notwendigkeit der Kombination von quantifizierender und qualitativer
Forschung gezeigt, da sowohl reine Textquellen offene Fragen
hinterließen, als auch Datensammlungen ohne die Hintergrundinformationen
der Textquellen nicht vollständig zu interpretieren seien. Obwohl das
18. Jahrhundert ein vor-statistisches Zeitalter gewesen sei, seien viele
serielle Quellen als Ergänzungen zu zivilen Quellen überliefert. Jedoch
stünden immer noch kaum öffentlich zugänglich Datensammlungen in
elektronischer Form zur Verfügung, weswegen es nach wie vor keine
grundlegenden sozialwissenschaftlichen Studien zum 18 Jahrhundert gebe
und die Militärgeschichte hier immer noch ein Feld von Einzelkämpfern
sei.

JOHANNES KÖNIG (Limburg) stellte im Anschluss die sogenannte
Fischer-Datenbank vor, die aus dem Nachlass des verstorbenen Frankfurter
Stadtarchivars Joachim Fischer entstanden ist. Diese Datensammlung wurde
bis 1989 in 35 jähriger Arbeit auf Forschungsreisen durch deutsche,
englische und us-amerikanische Archive erstellt und umfasst 90
Kartenkästen. Darin enthalten sind unter anderem Namen und Biographien
von annähernd 1.700 Angehörigen der Hessen-Hanauer Einheiten, die nun
ebenfalls über die HETRINA-Datenbank auf LAGIS abgerufen werden können.

STEFAN AUMANN (Marburg) erläuterte daraufhin die Entstehung des
HETRINA-Moduls von LAGIS. Dabei ging er vor allem auf Planung, Analyse,
Entwurf, Programmierung und Validierung des Datenbestandes ein. Die
Datengrundlage lieferte das HETRINA-Projekt aus den 1970er-Jahren,
welches 90.000 Belege auf Lochkarten mit maximal 80 Zeichen verarbeitet
habe. Neben dem damit verbundenen hohen Informationsverlust, war dieses
Material auch nicht mehr elektronisch vorhanden gewesen und teilweise
ohnehin fehlerhaft. Zur Umsetzung in der Datenbank mussten daher
Nutzungsszenarien abgeleitet werden und umfangreiche, teilweise über
Plausibilitätsabfragen laufende Korrekturdurchgänge gemacht werden. Die
Verknüpfung mit der Fischer-Datenbank und mit der Archivdatenbank HADIS
erlauben nun den Zugriff auf weitergehende Informationen und unmittelbar
zu den Archivbeständen.

STEPHAN GIERSCH (Marburg) stellte anschließend die Nutzungsmöglichkeiten
des HETRINA-Moduls vor. Die Nutzung erscheint zunächst für Kartographen
und Militärhistoriker ausgelegt. Mittelfristig ist die Zusammenführung
mit weiteren historischen Quellen, Uniformen, Flaggen, Marschrouten etc.
geplant, sowie die umfangreiche Nutzung als GIS. Weiterhin sei auch
geplant, das Auffinden von Freiwilligen durch Abgleich mit den
Kantonskarten zur Rekrutierung zu ermöglichen und die Frage der Herkunft
der Hessians zu analysieren. Insgesamt liefert die in deutscher oder
englischer Sprache zu nutzende Datenbank Material zu den Herkunftsorten
und -regionen, Karrieremustern oder zur Altersstruktur von rund 20.000
Militärangehörigen die breitangelegte sozialgeschichtliche
Untersuchungen zum Militär des Ancien Régime ermöglichen.

Im vierten Panel begann LENA HAUNERT (Treysa) mit dem Vortrag
"Differenzwahrnehmung am Beispiel der deutschen Subsidientruppen". Sie
thematisierte dabei den Einfluss des Amerika-Feldzuges auf das Weltbild
der Soldaten und damit den Wissenstransfer von der Neuen in die Alte
Welt. Dabei stellte die Diskussion auf das Weltbild der Selbstzeugnisse
ab und die oftmals punktuellen Wahrnehmungen gegenüber dem allgemeinen
Amerika-Bild. Es existieren zur Untermauerung der Annahmen bislang keine
Belege für die Wahrnehmung der Heimat nach der Rückkehr, denn die
benutzten Quellen - Briefe und Tagebücher - enden mit der Rückkehr.

Am Beispiel von Braunschweig-Wolfenbüttel verdeutlichte STEPHAN HUCK
(Wilhelmshaven) den Subsidienhandel als Einflussfaktor auf die
Migration. Stamm- und Musterrollen sowie Ego-Dokumente ermöglichten ihm
die Abbildung der Sozialstruktur der Truppe, ergänzt durch weitere
Quellenauswertungen. Rückschlüsse auf die Sozialstruktur konnte er auch
über die Soldauszahlungen in der Heimat ziehen. Da viele Inländer den
Militärdienst zur Versorgung der Familien nutzten und diese weniger
mobil gewesen seien. Großzügige Abschiedsregelungen in den USA könnten
demnach vor allem von ausländischen Geworbenen genutzt worden sein, um
in der Neuen Welt zu bleiben. Diese Regelungen waren eingeführt worden,
da die Truppen ökonomisch im Land nach dem Krieg zu versorgen waren und
somit zu einer finanziellen Belastung wurden.

Das Panel schloss CHRISTINE BRAUN (Marburg) mit Gedanken zur Kritik an
den Subsidienverträgen ab. Die Propaganda legte dabei einen besonderen
Fokus auf Hessen, dadurch entstand der historische Mythos der
"verkauften Hessen". Es verbreitete sich eine intensive Kritik am
Soldatenverkauf in der zeitgenössischen Literatur und in Zeitungen und
fand damit Eingang in den öffentlichen Diskurs. Zunächst nur begrenzt
auf die obere Bevölkerungsschicht, führte die Kritik an den
Subsidienverträgen zum Bild der uneingeschränkten Verfügung der
Obrigkeit über die Untertanen, dies hatte auch eine Neudefinition der
Rolle des Fürsten zur Folge. Die Kritik am "Soldatenhandel" wurde
dadurch auch zum Mittel der Regierungskritik im Allgemeinen.

Das fünfte Panel eröffnete DANIEL KREBS (Louisville) mit einem Vortrag
zur Situation der deutschen Subsidientruppen in Kriegsgefangenschaft.
Dabei war zunächst die Unklarheit über den Kombattantenstatus und die
daraus resultierende Behandlung von Kriegsgefangenen ein zentrales
Problem. Zudem gab es keine einheitlichen Standards, da keine zentrale
Autorität auf amerikanischer Seite bestand. Häufig wurden die
Kriegsgefangenen für zivile Berufe herangezogen, was deren Situation
verbesserte. Da die Kriegsgefangenen vor allem auch ein finanzieller
Faktor waren und deren Unterhaltung große Summen verschlang, gab es
zahlreiche Versuche, sie zur Desertion zu bewegen.

KARL MURK (Marburg) ging in seinem Vortrag vornehmlich auf die Situation
der Hessians nach dem Krieg ein. So dauerte es bis 1831, ehe sich der
kurhessische Staat entschloss, Pensionen für die Soldaten zu zahlen. Die
zur Erlangung der Pensionen gestellten Gesuche und Petitionen bildeten
die hauptsächliche Quellengrundlage für den Vortrag. Mit diesen Quellen,
so Murk, gelingt ein partieller Lückenschluss in der Aufarbeitung der
Hessians-Geschichte nach dem US-Unabhängigkeitskrieg, der allerdings
noch mit weiteren Quellen verknüpft werden muss. MARK HÄBERLEINs
(Bamberg) Vortrag beschäftigte sich mit der kultur-historischen
Bedeutung des US-Feldzuges der Hessians und zeigte anhand zahlreicher
Beispiele aus Literatur, Musik und Film, welche prominente Rolle die
Hessians im amerikanischen kulturellen Kollektivgedächtnis bis heute
einnehmen. WYNFRIED KRIEGLEDER (Wien) schloss das Panel und die Tagung
mit der deutschen Entsprechung und untersuchte die "Hessians" in der
populären deutschsprachigen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts.

Die Schlussdiskussion stellte einmütig fest, dass mit dem HETRINA-Modul
ein großer Schritt in die richtige Richtung gelungen sei, jedoch ohne
Bereitstellung und Auswertung weiterer Massenquellen der Bias der frühen
Militärgeschichtsforschung nicht aufzulösen sei. Das Internet ermögliche
Synergieeffekte und unterstütze die Internationalisierung der Forschung.
Es wurde betont, dass anhand der neuen Quellenfunde und mit innovativen
Fragestellungen, insbesondere die bessere Anbindung der
kulturgeschichtliche Forschung und historisch-politische
Erinnerungskultur, auch zu einem vermeintlich "ausgeforschten" Thema
neue und weiterführende Erkenntnisse gewonnen werden können.

Der Ansatz der Ansatz der Tagung war richtungsweisend. Er offenbarte
zunächst die großen Chancen der EDV- und auch sozialwissenschaftlich
gestützten Geschichtsforschung. Gleichzeitig gelang es mit dem
interdisziplinären Ansatz die gesellschaftliche Relevanz der Thematik
deutlich zu unterstreichen und die Militärgeschichte aus ihrem
Nischendasein weiter zu befreien. Die neuen Erkenntnisse haben auch
gezeigt, dass viele Annahmen und Mythen noch der Überprüfung bedürfen
und die Geschichte der Migration in Teilen neu zu schreiben sein wird.
Die Tagung zeigte jedoch auch, dass noch viele Hürden zu nehmen sind.

Konferenzübersicht

Einleitung: Holger Th. Gräf, Marburg

Eröffnungsvortrag: Christian Ottersbach, Hanau, Das Wilhelmsbad und der
Hanauer Amerika-Einsatz - zwei Seiten einer Medaille?

Historischer Rahmen

Christoph Kampmann, Marburg: Subsidien und Söldner - Facetten
fürstlicher Außenpolitik?

Holger Th. Gräf, Marburg: "Ce corps de troupes fait notre Parou" - Die
Subsidienverträge der Landgrafen von Hessen-Kassel im Überblick

Neue Quellen

Marco Ulm, Marburg: Zwischen den jesuitischen lettres edifiantes und
Heriots Travels through the Canadas: Das Hildebrandt-Tagebuch als Quelle
für die kanadische Landeskunde des 18. Jhs.

Patrick Sturm, Marburg: "Wie abwechselnd aber das Kriegsglück ist, wißen
Sie theurester Freund und ich hab es nun auch leyder erfahren." -
Quellenkritische Bemerkungen über die Zeugnisse zu den hessischen
Söldnern im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg am Beispiel der
Überlieferung von Andreas Wiederhold

Öffentlicher Abendvortrag: Philippe Rogger, Bern, Söldnerhandel -
Europäische Gewaltmärkte in historisch-vergleichender Perspektive
(15./18. Jh.)

Neue Medien

Carmen Winkel, Potsdam: Sozialgeschichtliche Untersuchungen zum Militär
des 18. Jhs. auf der Grundlage von "Massendaten". Ein
Forschungsüberblick

Stefan Aumann, Marburg: Die Datenbank HETRINA

Stephan Giersch, Marburg: Das Potenzial der Datenbank HETRINA für
sozial- und militärgeschichtliche Fragestellungen

Johannes König, Limburg, Die "Fischer-Datenbank" zu den Hanauer Truppen

Neue Forschungen I

Lena Haunert, Treysa: Einsatz in der Fremde? Das Amerikabild der
deutschen Subsidientruppen im Amerikanischen Unabhängikgkeitskrieg

Stephan Huck, Wilhelmshaven: Herkunft und Motivation Braunschweiger
Soldaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg

Christine Braun M.A., Marburg: Soldaten zu verkaufen? Subsidienpolitik
und öffentliche Meinung im 18. und frühen 19. Jahrhundert

Neue Forschungen II

Daniel Krebs, Louisville: Kriegsgefangene gemeinde deutsche Soldaten im
Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, 1776-1783: Forschungsansätze und
Fallbeispiele

Karl Murk, Marburg: Die "Amerika-Veteranen" im Sozialgefüge ihrer
Herkunftsorte vor und nach ihrem Einsatz

Mark Häberlein, Bamberg: Die "Hessians" in Amerika: vom populären
Feindbild zum geschätzten Vorfahren

Wynfrid Kriegleder, Wien: die "Hessians" in der deutschsprachigen
Literatur des 19. und 20. Jhs

Schlussdiskussion


Anmerkungen:
[1] Holger Th. Gräf, Lena Haunert und Christoph Kampmann (Hg.), Adliges
Leben am Ausgang des Ancien Régime. Die Tagebuchaufzeichnungen
(1754-1798) des Georg Ernst von und zu Gilsa (Untersuchungen und
Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 26), Marburg
2010.Holger Th. Gräf und Lena Haunert (Hg.), Unter Canadiensern,
Irokesen und Rebellen. Das Tagebuch des Hanauer Jägers Philipp Jakob
Hildebrandt aus den Jahren 1777-1781 (Untersuchungen und Materialien zur
Verfassungs- und Landesgeschichte 29), Marburg 2011.
[2] Holger Th. Gräf, Lena Haunert und Christoph Kampmann (Hg.), Krieg in
Amerika und Aufklärung in Hessen. Die Privatbriefe (1772-1784) an Georg
Ernst von und zu Gilsa (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs-
und Landesgeschichte 27), Marburg 2010.
[3] http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/hetrina
(07.05.2013).

[Regionalforum-Saar] 125 Jahre St. Ludwigskirche Spiesen

Date: 2013/05/30 22:16:15
From: Stephan Friedrich <stephanfriedrich(a)onlinehome.de>

Hallo,
 
zur 125-Jahrfeier im Jahr 2012 ist ein Bildband zur Kath. Pfarrkirche St. Ludwig Spiesen erschienen:
 
Günter Debold/ Stephan Friedrich/ Hermann Specht: "St. Ludwig Spiesen 1887 - 2012".
190 Seiten, A4, Festeinband, über 200 Bilder, schwarzweiß/Farbe.
 
Es geht in erster Linie um die Baugeschichte mit Dokumenten, Plänen, Zeichnungen, aber auch um die Kunstwerke des kürzlich verstorbenen Künstlers Ernst Alt, der viele kleine und größere Objekte entworfen hat, unter anderen einige Bronzereliefs am Altar.
Der Baumeister Carl Friedrich Müller hat im Saarraum 17 Kirchen gebaut, u.a. in Lebach, Merzig und Saarlouis. Sein letztes Projekt war die evangelische Kirche in Elversberg.
 
 
Das Buch ist für 35,- € erhältlich bei:
 
Dechant Olaf Harig
Butterberg 7
66583 Spiesen-Elversberg
Tel.: 06821-71286
e-mail: pfarramt-st.ludwig(a)t-online.de
oder
olaf.harig(a)web.de