Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Rezension: Die Pfarre in der Stadt

Date: 2012/10/01 23:22:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Rez. FNZ: W. Freitag (Hrsg.): Die Pfarre in der Stadt
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Freitag, Werner (Hrsg.): Die Pfarre in der Stadt. Siedlungskern -
Bürgerkirche - Urbanes Zentrum (= Städteforschung, Reihe A:
Darstellungen 82). Köln: Böhlau Verlag Köln 2011. ISBN
978-3-412-20715-1; 269 S.; EUR 39,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Dennis Hormuth, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu
Kiel
E-Mail: <hormuth(a)email.uni-kiel.de>

Der hier zu besprechende Sammelband geht zurück auf die 38.
Frühjahrstagung des Instituts für vergleichende Städtegeschichte, die im
März 2008 unter dem Titel "Die Pfarre in der Stadt. Von der
Vergesellschaftung des Bürgerverbandes zur Mahlgemeinschaft der Wenigen"
stattfand. Die zehn Beiträge befassen sich mit dem Zusammenhang zwischen
Pfarrei und Stadtwerdung bzw. -entwicklung, mit gegenseitigen
Bedingtheiten und Einflüssen sowie mit den Handlungsmotivationen und
-möglichkeiten der Akteure.

Werner Freitag leitet als Herausgeber den Sammelband ein, indem er
prägnant Grundannahmen und Tendenzen der historischen Forschung
referiert und die folgenden Beiträge zum Mittelalter, zur Frühen Neuzeit
und zum 19./20. Jahrhundert kurz vorstellt. Er geht davon aus, dass die
Pfarre in allen drei Epochen eine notwendige Bedingung für Stadtwerdung
und Urbanität darstellte (S. XII).

Manfred Balzer untersucht die Rolle von Kirchen im Prozess der
hochmittelalterlichen Stadtbildung in Westfalen. Die Gründung von
Kirchen in einer spärlich besiedelten Landschaft habe ein Netz aus Orten
mit zentralen kultisch-religiösen Funktionen neu entstehen lassen. An
einigen Beispielen weist Balzer unter Zuhilfenahme der
Stadtkernarchäologie die topographisch zentrale Lage der
Stadtpfarrkirchen in der frühstädtischen Phase nach. Aufgrund der hohen
Bedeutung der Stadttopographie in seiner Argumentation wären
rekonstruierte Stadtpläne der Beispielstädte für ortsfremde Leser eine
hilfreiche Orientierung gewesen.

Felicitas Schmieder geht dem Ringen um die Kontrolle der Pfarrseelsorge
in Frankfurt am Main im 15. Jahrhundert nach. In Frankfurt existierte
nur eine einzige Pfarrei, und der zuständige Bischof habe aus
Machtambitionen kein Interesse daran gehabt, weitere Pfarreien
einzurichten. Durch kontinuierliche Gewichtsverschiebungen sei es
schließlich dem Rat gelungen, sich in einem mehrere Generationen
dauernden Prozess immer mehr Einfluss auf die Pfarrseelsorge in der
Stadt zu sichern.

Franz-Josef Arlinghaus wendet sich dem spätmittelalterlichen
Braunschweig zu. Er verweist auf die hohe Bedeutung der Stadtviertel im
politischen Gefüge der Gesamtstadt und hinterfragt die immer wieder
postulierte Einheit von politischer und religiöser Stadtgemeinde in der
vormodernen Stadt. Am Beispiel von Prozessionen und Gerichtstagen zeigt
er, dass diese als rituelle und performative Akte verstanden nicht die
Stiftung von Einheit widerspiegelten, sondern ihr Wesen im Austarieren
der gegensätzlichen Elemente Einheit und Differenz im Spannungsfeld von
Gesamtstadt und Stadtteilen fänden.

Renate Dürr weist anhand der Einführung der Hildesheimer
Konsistorialordnung von 1678 die lange Wirkmächtigkeit der lutherischen
Dreiständelehre nach, die sie als eine "ins Gesellschaftliche gewendete
Beziehungstheologie" (S. 100) versteht. In der Auseinandersetzung um
diese Konsistorialordnung hätten beide Seiten - Rat und opponierender
Pfarrer - Luthers Dreiständelehre als Argument für
Kompetenzbeschränkungen der Gegenseite genutzt. Zudem sei das
Hildesheimer Pfarrerwahlrecht so angelegt gewesen, dass ein Verfahren
nur dann erfolgreich abgeschlossen werden konnte, wenn alle drei Stände
- Stadtrat, Geistlichkeit und Gemeinde - zusammenarbeiteten.

Christine Schneider untersucht die Wiener Pfarren und Pfarrer im
Zusammenhang der Josephinischen Kirchenreform. Inklusive der Vorstädte
stieg die Anzahl der Wiener Pfarren schlagartig von acht auf 28. Trotz
der zeitgleichen ersten Welle von Klosteraufhebungen führte der Anstieg
der Pfarren zu einem als erheblich empfundenen Pfarrermangel. Die
Ausbildung der Pfarrer wurde verbessert, ihre Aufgaben erweitert und die
- auch und gerade staatliche - Aufsicht über sie intensiviert. Fortan
habe sich ein doppelter Druck auf die Pfarrer von oben durch ständige
neue Verordnungen und von unten durch das Misstrauen der Gemeinden gegen
die Pfarrer als Exekutoren und Verkünder unpopulärer Verordnungen
verstärkt.

Eva-Maria Seng beschäftigt sich in ihrem reich und sinnvoll bebilderten
Beitrag mit Kirchenneubauten und Pfarrgründungen im Zusammenhang schnell
wachsender Städte in der Zeit der Industrialisierung. An den Beispielen
Halle an der Saale und Stuttgart arbeitet sie heraus, dass der Staat
versuchte, sich aus der Finanzierung der Neubauten und auch der
Pfarrstellen herauszuziehen. Initiative und Finanzierung seien
Angelegenheiten insbesondere der Pfarrgemeinden und einzelner Bürger
gewesen, die sich durch Einzelspenden oder Mitgliedschaft in
Kirchenbauvereinen engagieren konnten.

Der Beitrag von Antonius Liedhegener ist weitgehend der Neuabdruck eines
Aufsatzes von 2001 über Forschungsstand und Forschungsperspektiven zu
Religion und Kirchen vor dem Hintergrund der Urbanisierung Deutschlands
an der Wende zum 20. Jahrhundert, den der Autor mit einem kurzen
Nachwort zu den letzten zehn Jahren erweitert hat. Hier bedauert
Liedhegener, dass sich die Forschung im Zuge des cultural turn von der
historisch-empirischen Behandlung der Säkularisation mit ihren
quantitativen wie qualitativen Methoden abgewendet habe. Zudem verdiene
der Zusammenhang von Religion und Zivilgesellschaft verstärkte
Aufmerksamkeit.

Hans-Walter Schmuhl behandelt den Kirchenkreis Bielefeld und hier
speziell die Stadt Bielefeld von 1817 bis in die Gegenwart. Für den im
Zuge der Industrialisierung und Urbanisierung notwendig gewordenen
Gemeindeausbau sei ein typischer Dreischritt zu beobachten: Errichtung
einer Pfarrstelle - Bau einer Kirche - Abpfarrung, wobei der letzte
Schritt mit deutlicher Verzögerung typischerweise erst nach 1945 erfolgt
sei. Schmuhl stellt zudem die Bedeutung der Inneren Mission für das
Fallbeispiel Bielefeld heraus.

Der letzte Beitrag ist einem Ausblick gewidmet, in dem der Theologe
Reinhard Feiter insbesondere Überlegungen zu den Herausforderungen
anstellt, vor welche die Kirchen derzeit vor allem in den Städten
gestellt werden. Das Problem der Unterfinanzierung führe zu drei Typen
neuer parochialer Strukturen: Kooperationen von Pfarreien,
Verbandspfarreien und Großpfarreien. Allen Typen sei gemeinsam, dass sie
zu einem größeren pastoralen Raum führen. Um den Umbau sinnvoll
gestalten zu können, fordert Feiter zwei Perspektivenwechsel ein: Die
Veränderung der Pfarrstrukturen solle nicht nur als innere Angelegenheit
der Kirche wahrgenommen werden, sondern müsse stärker die Bedürfnisse
der Städte berücksichtigen. Zudem sei eine innere Differenzierung
notwendig, denn auch Gemeinden unterhalb der Pfarreiebene hätten sich
als lebensfähig und eigenverantwortlich erwiesen. Hierfür sei mehr
Vertrauen der Bischöfe und Pfarrer in die Gläubigen notwendig.

Der Sammelband nimmt sich mit dem Fragekomplex des Zusammenhangs von
religiöser und politischer Stadtgemeinde eines eher klassischen Felds
der vormodernen Städtegeschichtsforschung an und verlängert es in die
moderne Städtegeschichte. So liegt der besondere Reiz des Buches darin,
ein klar umrissenes Thema über die etablierten Epochengrenzen hinweg in
der longe durée in den Blick nehmen zu können. Mittelalter, Frühe und
Späte Neuzeit sind gleichermaßen vertreten. Zudem sind die Beiträge -
mit wenigen Ausnahmen einzelner Unterkapitel - erfrischend konsequent am
übergeordneten Thema "Pfarre in der Stadt" ausgerichtet. Den Autoren
gelingt es bei aller Vielfalt der konkreten Fragestellungen ein
Gesamtbild zu zeichnen, so dass es sich lohnt, diesen Sammelband nicht
nur als Steinbruch zu nutzen, sondern auch einmal von Buchdeckel zu
Buchdeckel durchzulesen. Konfessionell ist der Band nicht zu eng
gefasst, da evangelische wie katholische Beispiele behandelt werden. Für
weitere Betrachtungen dieser Art wäre eine Ausweitung auf reformierte,
aber auch jüdische und für die Zeitgeschichte aufgrund der Entwicklungen
der letzten Jahrzehnte selbst muslimische Gemeinschaften zwingend.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Niels Grüne <ngruene(a)geschichte.uni-bielefeld.de>

[Regionalforum-Saar] Konferenz: Das "stille Örtchen". Fäkalien und ihre Entsorgung im Mittelal ter

Date: 2012/10/01 23:23:31
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Das "stille Örtchen". Fäkalien und ihre Entsorgung im
         Mittelalter - Oberfell an der Mosel 11/13
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"Freundeskreis Bleidenberg e.V."; in Kooperation mit der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt; und dem "Universitären Rat zur
interdisziplinären Analyse von Latrinen, URINAL"
15.11.2013-17.11.2013, Oberfell an der Mosel
Deadline: 15.01.2013

Nach den erfolg- und erkenntnisreichen Symposien der Jahre 2005-2011,
deren Ergebnisse inzwischen als Tagungsbände vorliegen, richten der
"Freundeskreis Bleidenberg e.V.", die Gemeinde Oberfell, die
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und der "Universitäre Rat zu
interdisziplinären Analyse von Latrinen, URINAL" vom 8.-10. November
2013 die inzwischen 9. wissenschaftliche Tagung in Oberfell an der Mosel
aus. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen Fäkalien auf Burgen und in
Klöstern und Städten sowie die baulichen Elemente, die zu ihrer
Entsorgung errichtet wurden.

Das "stille Örtchen" wird nicht gerne thematisiert - im gepflegten
Gespräch genauso wenig wie im wissenschaftlichen Kontext. Die
Burgenforschung hat sich im Lauf der Jahre mit vielen speziellen
Problemen und Bauteilen beschäftigt, doch Aborte und die Entsorgung von
Fäkalien allgemein sind bisher nur wenig bearbeitet worden, sieht man
einmal von den Danskern der Deutschordensburgen als Spezialfällen ab.

Offen über das "stille Örtchen" zu sprechen, das ist das Anliegen der
Tagung: Es soll untersucht werden, wie Aborte in mittelalterlichen
Burgen, aber auch in Klöstern, Dörfern und Städten aussahen - wie hat
man die Fäkalien entsorgt? Welche baulichen Einrichtungen wurden dafür
geschaffen? Wo befanden sich die Latrinen? Wo liegen die Unterschiede
zwischen Burgen, Klöstern und Siedlungen, lassen sich bestimmte
Parameter herausarbeiten? Es soll aber über die rein bauhistorischen,
architektonischen und archäologischen Befunde hinaus auch die
kulturhistorische Dimension des Themas angesprochen werden: Gab es
Vorschriften zur Fäkalienentsorgung in Städten, zur Beschaffenheit und
Lage von Aborten und Abortgruben? Wie sind die Menschen im Mittelalter
mit dem Thema umgegangen? Wie wird das Thema in der zeitgenössischen
Kunst und Literatur behandelt? Wie steht es um die Entsorgung tierischer
Fäkalien?

Ziel der Tagung soll es sein, anhand der Zusammenschau der Beiträge eine
Annäherung an die genannten Fragen zu finden, einen ersten Überblick zu
schaffen und weitere Forschungsfragen zu formulieren.

Erwünscht sind ausdrücklich Beiträge aus verschiedenen Disziplinen wie
Kunstgeschichte, Geschichte, Bauforschung, Archäologie, Germanistik,
Volkskunde und weiteren Bereichen. Es können auch Einzelbeispiele
vorgestellt werden, wenn diese eine entsprechende Signifikanz für das
Thema der Tagung haben, aber grundsätzlich geht es darum, die
allgemeinen Linien herauszuarbeiten. Einführende Beiträge zur römischen
Epoche bzw. dem Frühmittelalter und Ausblicke in die frühe Neuzeit sind
ausdrücklich erwünscht.

Erwünscht sind Vorträge von 20-30 Minuten. Die Tagungssprache ist
vorzugsweise Deutsch, aber auch Englisch und Französisch ist möglich.

Die Tagung findet vorbehaltlich der Finanzierung statt. Honorare können
nicht gezahlt werden, eine Unterkunft vor Ort wird gestellt und
Reisekosten werden erstattet. Die Veröffentlichung der Vorträge als
Tagungsband ist beabsichtigt. Oberfell liegt wenige Kilometer
südwestlich von Koblenz an der Mosel und ist günstig mit Bahn und Auto
bzw. über den Flughafen Frankfurt-Hahn zu erreichen.

------------------------------------------------------------------------
Olaf Wagener

Birkenweg 58, 69221 Dossenheim

06221/8680498

olaf.wagener(a)gmx.de

[Regionalforum-Saar] "Mit dem Nachtwächter nac h Amerika"

Date: 2012/10/02 09:21:26
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

"Mit dem Nachtwächter nach Amerika"

Soirée auf deutsch-amerikanischen Spuren

Szenischer Vortrag,

kulinarische Kostproben aus der Zeit George Washingtons und Herzog Christians IV, Stadtrundgang durch das Homburg des 18. Jahrhunderts

 

Freitag, 19. Oktober 2012, 19 Uhr, in deutscher Sprache

Treffpunkt: Stadtcafé Homburg, Marktplatz 8, Homburg

Bildtext: "Nachtwächter" Volker Appel in der Homburger Altstadt

Foto: Klaus Friedrich, Homburg

1781 wurde in der Schlacht um Yorktown (Virginia) die Unabhängigkeit der USA erkämpft – nicht zuletzt mit Hilfe jenes legendären „Deutschen Königlich-Französischen Infanterie-Regiments von Zweybrücken oder Royal Deux-Ponts“, dessen Angehörige aus diesem Grund bis heute in den Vereinigten Staaten als die „unbesungenen Helden der Amerikanischen Revolution“ geehrt werden. Aufgestellt worden war diese Freiwilligeneinheit, die in der regionalen und deutschen Geschichte ebenso ihre Spuren hinterließ wie in den Annalen Europas und Nordamerikas, in Zweibrücken sowie in und rund um Homburg.

 

Vor diesem Hintergrund bietet der Deutsch-Amerikanische Freundeskreis (DAF) Saar-Pfalz in Homburg die Gelegenheit, an dem Rundgang „Mit dem Nachtwächter nach Amerika” sowie an einer ungewöhnlichen Soirée teilzunehmen. Dabei können sich die Gäste um 19 Uhr zunächst auf einen szenischen Vortrag und kulinarische Kostproben aus der Zeit Herzog Christians IV. von Pfalz-Zweibrücken und George Washingtons freuen. Im Anschluss daran nimmt Volker Appel als „Nachtwächter” die Teilnehmer der Soirée mit auf eine Zeitreise in das 18. Jahrhundert und erschließt ihnen in der Homburger Altstadt zahlreiche, ansonsten weitgehend verborgene Originalschauplätze. In seiner Rolle als Veteran des Regiments „Royal Deux-Ponts“ ermöglicht er zudem überraschende Einblicke und Ausblicke sowie unmittelbare Begegnungen mit einer Welt zwischen Rokoko und Revolution.

 

Die Soirée „Mit dem Nachtwächter nach Amerika” beginnt am Freitag, 19. Oktober 2012, um 19 Uhr im Stadtcafé Homburg, Marktplatz 8. Da die Teilnehmerzahl aus organisatorischen Gründen begrenzt ist, wird eine rechtzeitige Anmeldung dringend empfohlen! Anmeldungen sind möglich bis 17. Oktober bei Beate Ruffing, Saarpfalz-Kreis, per E-Mail an beate.ruffing(a)saarpfalz-kreis.de oder unter Telefon (0 68 41) 1 04-8215. Im Kostenbeitrag von 9 Euro pro Person (zahlbar vor Ort im Stadtcafé) enthalten sind der szenische Vortrag, ein themenbezogener Imbiss mit Fisch, Fleisch und „Barock-Brot” sowie die Teilnahme am „Nachtwächter”-Rundgang durch die Homburger Altstadt.

 

„Mit dem Nachtwächter nach Amerika” ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Saar-Pfalz und der Saarpfalz-Touristik mit freundlicher Unterstützung durch Fisch Feinkost Flatter, dem Stadtcafé Homburg, der BarockStraße SaarPfalz und der Stadtverwaltung Homburg.

[Regionalforum-Saar] Morgens ab sechs Uhr dürfen Glocken läuten

Date: 2012/10/05 16:54:21
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 

Morgens ab sechs Uhr dürfen Glocken läuten

Verwaltungsrichter: Den Regeln des Lärmschutzes wird damit Rechnung getragen

Um sechs Uhr in der Früh ist die Nacht vorbei und es darf offiziell zwei Minuten lang geläutet werden. Mit diesem Ergebnis endete ein Prozess gegen das liturgische morgendliche Glockengeläut einer Kirche.

Mannheim. (wi/red) Wenn die Kirchenglocken morgens um sechs Uhr an einem Werktag läuten, dann müssen Anwohner das hinnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat entschieden, dass ein solches zweiminütiges liturgisches Glockengeläut für einen Nachbarn der Kirche nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zumutbar ist (Az.:1 S 241/11).

Der Kläger in dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Fall bewohnt ein Haus, das etwa 68 Meter von der Konradskirche in Remshalden-Geradstetten entfernt ist. Dort läutet werktags um sechs Uhr zwei Minuten lang die große Betglocke im Kirchturm. Der Nachbar, der Mitglied in der evangelischen Landeskirche ist, sah sich durch das Glockengeläut in seinen Grundrechten verletzt, insbesondere in seiner Religionsfreiheit. Er werde gezwungen, ein akustisches religiöses Zeichen zu hören.

Verfrühtes Glockengeläut störe ihn auch beim Lesen der Bibel oder der Meditation. Vor Sonnenaufgang wohne dem Glockenläuten ein heidnisches, der Abwehr böser Geister dienendes Element inne. Die Kirche berief sich auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht und ihre Religionsfreiheit. Das morgendliche Geläut sei Zeichen für den Tagesbeginn mit Gott; dieser Brauch werde seit langem gepflegt und sei sozial angemessen.

Der Kläger forderte ein Verbot des Läutens bis acht Uhr. Das Verwaltungsgericht Stuttgart verneinte einen solchen Unterlassungsanspruch. Dem schloss sich der Verwaltungsgerichtshof an. Begründung: Das Glockengeläut sei keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne dieses Gesetzes. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die damit verbundenen Schall-Immissionen Schwellenwerte der Technischen Anleitung (TA) Lärm überschritten.

Religion ist außen vor

Die Immissionen seien zudem herkömmlich, sozial angemessen und allgemein akzeptiert. Die TA Lärm schütze die Nachtruhe grundsätzlich nur bis sechs Uhr. Anderes ergebe sich nicht unter Berücksichtigung der Grundrechte des Klägers. Das Glockengeläut berühre zwar seine Religionsfreiheit. Diese Einwirkung gehe aber nicht vom Staat aus.

Der Staat sei auch nicht verpflichtet, zum Schutz der Religionsfreiheit des Klägers gegen die Beklagte einzuschreiten. Die Kirchengemeinde übe mit dem Glockengeläut ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte eigene Rechte aus. Die widerstreitenden grundrechtlichen und staatskirchenrechtlichen Gewährleistungen seien daher in einer Abwägung schonend auszugleichen.

Dieser schonende Ausgleich liege in der Beachtung der immissionsschutzrechtlichen Schwellenwerte. Ein weitergehender Immissionsschutz vor Glaubens- und Bekenntnisbekundungen der Beklagten stehe dem Kläger nicht zu. Denn dies würde der laizistischen Weltanschauung (für eine Trennung von Kirche und Staat) Vorrang gegenüber anderen Weltanschauungen einräumen, der mit der Religionsfreiheit nicht vereinbar sei.

Die Richter weiter: Im Übrigen verbleibe dem Kläger schon wegen der Kürze des Läutens der größte Teil der Zeit zwischen sechs und acht Uhr zu ruhiger Schriftlesung und Meditation. Schließlich geböten auch das Eigentumsgrundrecht, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung und der allgemeine Gleichheitssatz oder eines der speziellen grundrechtlichen Diskriminierungsverbote keine abweichende

[Regionalforum-Saar] Vortrag am 17.10.2012 bei m Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Lan deskunde und Volkskultur e.V.

Date: 2012/10/06 13:34:03
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

            Einladung
              zum
            Vortrag 
       von Dr. Minoti Paul,
       Kunsthistorikerin 

 „Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen -
Organische Architektur und leuchtende  Fenster “

Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen ist ein Beispiel für die Architektur
der 50er Jahre und zugleich ein bedeutender Bau des ungarischen Architekten
György Lehoczky (1901-1979). Weithin sichtbar ist das dynamisch geschwungene
Dach der Kirche, auch „Schanze“ genannt. Im Kirche und Kloster befinden sich
die wunderbaren leuchtend bunten Glasbetonfenster des Glaskünstlers und
Architekten Lehoczky. Er erstellte die Vorentwürfe und Pläne zu diesem Kloster,
das ab 1956 errichtet wurde. In seiner besonderen Bauweise aus konvexen Formen,
geschwungenem Dach und der Fenster steht das Kloster in der Tradition der
organischen Architekturen der 50er Jahre wie der Wallfahrtskirche
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp.

Lehoczky, der an der Technischen Universität Budapest Architektur studierte
und als Architekt tätig war, kam bereits 1947 nach Saarbrücken. Im Saarland
existieren herausragende Beispiele seines Schaffens, die ihn sowohl als
Architekten als auch als hervorragender Künstler von Glasfenstern, wie
beispielsweise in der Stiftskirche St. Arnual, zeigen.

Der besondere Baustil des Klosters Heilig Kreuz und die künstlerische Gestaltung
der Fenster werden vor dem Hintergrund der Architektur und Kunst der 50er Jahre besonders beleuchtet.

       Mittwoch, den  17. Oktober  2012, 19.00 Uhr
         im historischen Junkerhaus ( 1569 ),
           Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22

   Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten


i.A. 

MIchaela Becker 

Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde 
und Volkskultur e.V. 
Hirtenstraße 26 
66539 Neunkirchen-Wellesweiler 

  

[Regionalforum-Saar] „Gebrochene Säule“ – Von der Integration zur Deportation

Date: 2012/10/07 19:43:05
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Ausstellungseröffnung:

„Gebrochene Säule“ – Von der Integration zur Deportation

am 14.10.20122 um 11.00 Uhr im „Stadtgeschichtlichen Museum Ottweiler“

 

In einer weiteren Wechselausstellung thematisiert das „Stadtgeschichtliche Museum“ einen Ausschnitt aus der Geschichte der jüdischen Bevölkerung unserer Heimatstadt. Nach ersten Ansiedlungen von Menschen jüdischen Glaubens gegen Ende des 18. Jahrhunderts, nahm die jüdische Bevölkerung im Zusammenhang mit der Versteigerung der sog. Nationalgüter, d.h. des ehemaligen fürstlichen Besitzes, durch Napoleon zu: Es bildete sich im 19. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde in Ottweiler, die eine jüdische Elementarschule (1825), eine Synagoge (1840) und einen jüdischen Friedhof (1842/43) unterhielt. Zudem beteiligten sich zahlreiche jüdische Familien auch am politischen Leben der Stadt Ottweiler, indem sie als Stadtverordnete die Entwicklung ihres Heimatortes maßgeblich mitbestimmten. Die im 19. Jahrhundert vollzogene Integration beschreibt Hans-Joachim Hoffmann in biographischen Skizzen einzelner Familien.

 

Als einzig verbliebenes Zeugnis jüdischen Lebens in Ottweiler erinnert der Jüdische Friedhof an ca. 150 Jahre friedliches Miteinander der verschiedenen Konfessionen in Ottweiler. Frau Margarete Singer fotografierte die erhaltenen Grabmale. In der „Treppengalerie“ des  Stadtgeschichtlichen Museums können sich Besucher einen Eindruck verschaffen über die Gestaltung der Grabsteine, deren Formen und Inschriften uns als Archiv dienen, untergegangenes Leben zu rekonstruieren.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 verblieb der jüdischen B

evölkerung an der Saar noch bis 1935/36 eine Schonfrist, die sie zur Auswanderung hätte nutzen können. Doch da sich viele Ottweiler Juden als Bürger Ottweilers fühlten und nicht glauben konnten, was sie erwartete, verblieben sie in ihrem Heimatort. Die „Aktion Bürckel“ am 22.Oktober 1940 beendete jedoch die Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler endgültig. Die Deportation der saarländischen, pfälzischen und badischen Juden in das Lager Gurs und von dort in die Vernichtungslager des Ostens ruft ein Teil der Ausstellung in Erinnerung, die – zusammengestellt von Dr. Dieter Wolfanger und Christine Frick - das Landesarchiv Saarbrücken dem Stadtgeschichtlichen Museum bis Ende des Jahres zur Verfügung stellt.

 

Eine Begleitbroschüre (124 Seiten – DIN A 5-Format, Preis € 7,80) informiert über den Jüdischen Friedhof Ottweiler, seine Entstehung, die erhaltenen Grabmale mit ihrer Symbolik sowie über Biographien einzelner jüdischer Familien. Der Druck der Broschüre wurde durch zahlreiche Spenden unterstützt; der Leiter des  Steinheim-Instituts Duisburg, Herr Prof. Dr. Michael Brocke, erteilte die Erlaubnis zur Publikation einzelner hebräischer Inschriften und deren Übersetzung; seine Mitarbeiterin, Frau Nathanja Hüttenmeister, stand Hans-Joachim Hoffmann stets beratend zur Seite. Der „Freundeskreis zur Rettung jüdischen Kulturgutes im Saarland e.V.,“ der eine Publikation der Grabmale aller jüdischen Friedhöfe des Saarlandes vorbereitet, erlaubte ebenfalls eine Veröffentlichung einzelner Grabmale. Ihnen allen gilt der Dank des „Stadtgeschichtlichen Museums Ottweiler.“

 

Die Broschüre kann erworben werden im Stadtgeschichtlichen Museum Ottweiler, der Tourist-Information Ottweiler und bei Hans-Joachim Hoffmann (Tel. 06824-7990; email: hans-joachim-hoffmann(a)web.de).

 

Öffnungszeiten des Museums: jeweils der erste Sonntag im Monat von 14.00 – 17.00 Uhr

Führungen und Besichtigungen außerhalb der Öffnungszeiten können vereinbart werden über die Ottweiler Tourist-Information 06824-3511

[Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich

Date: 2012/10/08 09:27:12
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Salü,
 
bislang konnte man in der Weberbach in Trier hinterm Stadtarchiv resp. der Stadtbibliothek immer recht günstig parken. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr, da das Gelände mit einem Zaun gesichert und den Mitarbeitern vorbehalten ist.
 
Ich habe diese Möglichkeit immer genommen, wenn ich das Bistumsarchiv besuchte. Jetzt bleiben nur noch die Parkhäuser (1 Stunde ca. 1,70 Euro) oder ggf. die Park+Ride-Plätze ausserhalb der Stadt.
 
Oder vielleicht weiß noch jemand eine andere Möglichkeit, die nicht grad zu kompliziert ist und eine gute Chance auf einen Parkplatz bietet.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger, St. Wendel

Re: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nich t mehr möglich

Date: 2012/10/08 10:10:20
From: anneliese.schumacher(a)t-online.de <anneliese.schumacher(a)t-online.de>



Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

Betreff: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich

Datum: Mon, 08 Oct 2012 09:27:09 +0200



Salü,
 
bislang konnte man in der Weberbach in Trier hinterm Stadtarchiv resp. der Stadtbibliothek immer recht günstig parken. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr, da das Gelände mit einem Zaun gesichert und den Mitarbeitern vorbehalten ist.
 
Ich habe diese Möglichkeit immer genommen, wenn ich das Bistumsarchiv besuchte. Jetzt bleiben nur noch die Parkhäuser (1 Stunde ca. 1,70 Euro) oder ggf. die Park+Ride-Plätze ausserhalb der Stadt.
 
Oder vielleicht weiß noch jemand eine andere Möglichkeit, die nicht grad zu kompliziert ist und eine gute Chance auf einen Parkplatz bietet.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger, St. Wendel
Hallo!
Vom Bahnhof kommend die erste (breite) Straße nach links, dann nach etwa 150 Metern (kurz bevor die Starße zur Basilika in den Blick kommt) nach rechts. Diese Straße dann immer gerade durch (macht einige Knicke und ist recht schmal). So kommt man  in unmittelbare Nähe des Doms und der Fußgängerzone.
Sollte dort kein Platz sein, gibt es Möglichkeiten in den Straßen drumrum - zumindest meistens


Re: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich

Date: 2012/10/09 07:24:40
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>

Hallo,

wenn man einen kleinen Fußweg (ca. 15 Min. bis zur Weberbach) nicht scheut: an der Talstation der ehemaligen Seilbahn über die Mosel (direkt am Moselufer) findet sich immer ein freier Platz auf den dortigen Parkflächen.

Gruß
Elmar Peiffer


**************************************************************************

-------- Original-Nachricht --------
Datum: Mon, 08 Oct 2012 10:10:18 +0200
Von: "anneliese.schumacher(a)t-online.de" <anneliese.schumacher(a)t-online.de>
An: regionalforum-saar(a)genealogy.net
Betreff: Re: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich



Von: Rolgeiger(a)aol.com

An: regionalforum-saar(a)genealogy.net

Betreff: [Regionalforum-Saar] Parken beim Stadtarchiv Trier nicht mehr möglich

Datum: Mon, 08 Oct 2012 09:27:09 +0200



Salü,
 
bislang konnte man in der Weberbach in Trier hinterm Stadtarchiv resp. der Stadtbibliothek immer recht günstig parken. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr, da das Gelände mit einem Zaun gesichert und den Mitarbeitern vorbehalten ist.
 
Ich habe diese Möglichkeit immer genommen, wenn ich das Bistumsarchiv besuchte. Jetzt bleiben nur noch die Parkhäuser (1 Stunde ca. 1,70 Euro) oder ggf. die Park+Ride-Plätze ausserhalb der Stadt.
 
Oder vielleicht weiß noch jemand eine andere Möglichkeit, die nicht grad zu kompliziert ist und eine gute Chance auf einen Parkplatz bietet.
 
Mit freundlichem Gruß
 
Roland Geiger, St. Wendel
 
Hallo!
Vom Bahnhof kommend die erste (breite) Straße nach links, dann nach etwa 150 Metern (kurz bevor die Starße zur Basilika in den Blick kommt) nach rechts. Diese Straße dann immer gerade durch (macht einige Knicke und ist recht schmal). So kommt man  in unmittelbare Nähe des Doms und der Fußgängerzone.
Sollte dort kein Platz sein, gibt es Möglichkeiten in den Straßen drumrum - zumindest meistens


[Regionalforum-Saar] Wie ein Tholeyer Abt half, die Kirche zu modernisieren

Date: 2012/10/11 08:38:14
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ:
 
 

Wie ein Tholeyer Abt half, die Kirche zu modernisieren

Heute vor 50 Jahren wurde das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet – Petrus Borne war bei den wegweisenden Veränderungen dabei

Mit dem Tholeyer Abt, Petrus Borne (1910-1977), stellte das Saarland einen Vertreter im Kollegium der Konzilsväter beim Zweiten Vatikanischen Konzil. Das wurde heute vor nunmehr 50 Jahren eröffnet.

Von SZ-Mitarbeiter

Bodo Bost

St. Wendel/Rom. Die Kirche hat die bleibende Aufgabe, in die Welt hineinzuwirken. Deshalb muss sie sich den sich wandelnden Anforderungen der Zeit stellen, um im Leben der Menschen bedeutsam und wirksam zu bleiben. Das Zweite Vatikanische Konzil hat dafür Wegweisendes geleistet. So wurde zum Beispiel die Einführung der Volkssprache in der Liturgie sowie der verstärkte Dialog mit Andersgläubigen beschlossen. Beim Konzil zwischen 1962 und 1965 debattierte der Papst mit Bischöfen und Kardinälen aus der ganzen Welt im Petersdom in Rom. Die Eröffnung des Konzils fand am 11. Oktober 1962 statt, heute vor 50 Jahren.

Mit dem Abt der Abtei Tholey, Petrus Borne, war auch das Saarland in diesem höchsten kirchlichen Gremium vertreten. Nach dem Abitur trat Borne in die Benediktinerabtei St. Matthias in Trier ein, die 1922 von der Abtei Seckau in der Steiermark wiederbegründet worden war. Er nahm den Ordensnamen Petrus an. Sein Studium der Philosophie und Theologie absolvierte Petrus Borne am Priesterseminar in Trier. Dort feierte er auch 1936 seine Priesterweihe. Am Päpstlichen Athenaeum Sant'Anselmo in Rom, der Ordenshochschule der Benediktiner, machte er ein Aufbaustudium der Philosophie, das er mit der Promotion abschloss. An der gleichen Hochschule lehrte er in der Folge bis 1947 dieses Fach. Im Alter von erst 37 Jahren wurde er 1947 zum Abt von St. Matthias in Trier gewählt. 1949 wurde Petrus Borne Abt der in der französischen Revolution aufgehobenen und nun wieder neu errichteten Benediktinerabtei St. Mauritius in Tholey. Nachdem die Mönche im Juli 1794 die Klostermauern verlassen hatten, war die Abtei mehr als 150 Jahre lang verwaist. Offiziell begann das monastische Leben unter Abt Petrus Borne am 23. April 1950 mit der feierlichen Eröffnung des Stundengebetes.

Seit 1965 war Petrus Borne auch Abtpräses der Beuroner Kongregation, womit er die Verantwortung über weitere 15 Männer- und Frauenklöster benediktinischer Prägung übernahm. Als Abtpräses nahm er an der letzten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils teil. Dies war die Sitzungsperiode, in der die offiziellen Textdokumente verabschiedet wurden, deshalb war dies die Zeit der endgültigen Wegemarken des Konzils, das einen neuen Aufbruch in der Kirche auslöste.

1975 manifestierte sich bei ihm ein bösartiger Krebs, dem Abt Petrus Borne nach einem längeren Krankenhausaufenthalt in Neunkirchen am 3. März 1977 erlag. In den 28 Jahren unter Abt Borne erlebte die Abtei Tholey eine Zeit besonderen Glanzes. Das Dr.-Petrus-Borne-Zentrum, das 2010 in der Abtei Tholey gegründet wurde, trägt diesem Ansinnen Rechnung und würdigt das Andenken des ersten Tholeyer Abtes und Konzilsvaters aus dem Saarland.

[Regionalforum-Saar] Die Saarregion im Alten Reich

Date: 2012/10/11 12:19:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Die Saarregion im Alten Reich
 
Referent:                    Prof. Dr. Hans-Walter Herrmann
Termin:                       Donnerstag, 18. Oktober 2012, 19:30 Uhr
Ort:                              Tholey, Rathaussaal, Im Kloster 1, 66636 Tholey
Mitveranstalter:          Gemeinde Tholey
 
Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei.
 
 
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Geschäftsstelle
 
Historischer Verein fuer die Saargegend e.V.
Geschaeftsstelle:  Landesarchiv Saarbruecken
Dudweilerstrasse 1
66133 Saarbruecken-Scheidt
Tel.: 0681/ 501-1922
Fax: 0681/ 501-1933
E-Mail: geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de
 

[Regionalforum-Saar] Gollenstein Verlag stellt Betrieb ein

Date: 2012/10/13 01:36:44
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

gestern in der SZ:
 
 

Gollenstein Verlag stellt Betrieb ein

Tätigkeit endet am 31. Dezember – Unternehmen soll mit 400 000 Euro verschuldet sein

Der Merziger Gollenstein Verlag stellt zum Jahresende seinen Betrieb ein. Das hat er mehreren seiner Autoren mitgeteilt und auf Nachfrage auch bestätigt. Es liefen derzeit aber Gespräche mit Unternehmen aus anderen Bundesländern hinsichtlich einer „Fortführung in anderer Form“.

Von SZ-Redakteur Tobias Kessler

Merzig. Es hat dann doch nicht mehr gereicht. Von Gesprächen über eine neue Gesellschafterstruktur, von einem „guten Weg“ war zuletzt noch die Rede, auch wenn wohl niemand mehr fest an eine Rettung geglaubt hatte. Der Merziger Gollenstein Verlag stellt zum Ende dieses Jahres seinen Betrieb ein. Das hat die Geschäftsleitung mehreren Autoren schriftlich mitgeteilt, die lange im Ungewissen über das Erscheinen ihrer Bücher geblieben waren. Ob noch eines der angekündigten Bücher des Herbstprogramms erscheint, ist mehr als fraglich; unklar ist auch, wie lange man noch erschienene Bücher beim Verlag bestellen kann (laut Internet-Seite noch möglich).

Gestern war Gollenstein nur zu einer knappen schriftlichen Stellungnahme bereit. Der Verlag werde „in der bisherigen Form im Saarland nicht mehr weitergeführt“ und stelle zum 31. Dezember den Geschäftsbetrieb ein. „Derzeit finden Gespräche mit Unternehmen aus anderen Bundesländern hinsichtlich einer Fortführung in veränderter Form statt.“ Das klingt einigermaßen diffus und wenig optimistisch – zumal der Verlag in seiner Mail an die Autoren der angekündigten Bücher anbietet, ihnen, wenn gewünscht, beim Suchen eines anderen Verlags zu helfen.

Das traurige Ende des renommierten Verlags, der 1993 gegründet wurde, kommt nicht überraschend, war sein Schicksal doch mit der zuletzt insolventen Merziger Druckerei (MDV) verknüpft, auch wenn die Geschäftsführung des Verlags stets dessen Unabhängigkeit betont hat. Gollenstein zog 2007 von Blieskastel nach Merzig zur MDV; gemunkelt wurde damals von Außenständen des Verlags von rund 100 000 Euro, die sich im Laufe der Jahre vervierfacht haben sollen. Vor der Insolvenz gerettet haben soll den Verlag eine Art „Quersubventionierung“ zwischen der MDV und Gollenstein: Rechnungen der Druckerei an den Verlag, so hört man, wurden nicht bezahlt, um den Verlag nicht weiter zu verschulden. So haben sich über die Jahre die Forderungen der MDV an Gollenstein (beide Unternehmen haben denselben Geschäftsführer) zu 400 000 Euro addiert.

Als die MDV im Mai 2012 Insolvenz anmeldete (mittlerweile ist sie geschlossen), wurde die Verschuldung Gollensteins bei der Insolvenzregelung offensichtlich – und wohl abschreckend für mögliche Interessenten. Anscheinend sucht man nach denen nun außerhalb des Saarlandes.

Meinung

Herber Schlag für hiesige Autoren

Von SZ-Redakteur Oliver Schwambach

Ja, das absehbare Ende Gollensteins hat auch hausgemachte Gründe: Ambitioniertes und Beliebiges vermengten sich zuletzt zu einem profillosen Programm. Damit kann man in einem Markt, in dem Buchhandelsketten und Großverlage das Geschäft diktieren, und selbst längst Getriebene des Internets sind, nicht mehr bestehen. Für die Region und die Autoren hier ist das Ende Gollensteins dennoch ein herber Schlag: In knapp 20 Jahren hat der Verlag ohne Frage etliche wichtige Bücher herausgebracht.

[Regionalforum-Saar] Vortrag am 17.10.2012 bei m Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Lan deskunde und Volkskultur e.V.

Date: 2012/10/14 20:46:21
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>

           Einladung
              zum
            Vortrag 
       von Dr. Minoti Paul,
       Kunsthistorikerin 

 „Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen -
Organische Architektur und leuchtende  Fenster “

Das Kloster Heilig Kreuz in Püttlingen ist ein Beispiel für die Architektur
der 50er Jahre und zugleich ein bedeutender Bau des ungarischen Architekten
György Lehoczky (1901-1979). Weithin sichtbar ist das dynamisch geschwungene
Dach der Kirche, auch „Schanze“ genannt. Im Kirche und Kloster befinden sich
die wunderbaren leuchtend bunten Glasbetonfenster des Glaskünstlers und
Architekten Lehoczky. Er erstellte die Vorentwürfe und Pläne zu diesem Kloster,
das ab 1956 errichtet wurde. In seiner besonderen Bauweise aus konvexen Formen,
geschwungenem Dach und der Fenster steht das Kloster in der Tradition der
organischen Architekturen der 50er Jahre wie der Wallfahrtskirche
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp.

Lehoczky, der an der Technischen Universität Budapest Architektur studierte
und als Architekt tätig war, kam bereits 1947 nach Saarbrücken. Im Saarland
existieren herausragende Beispiele seines Schaffens, die ihn sowohl als
Architekten als auch als hervorragender Künstler von Glasfenstern, wie
beispielsweise in der Stiftskirche St. Arnual, zeigen.

Der besondere Baustil des Klosters Heilig Kreuz und die künstlerische Gestaltung
der Fenster werden vor dem Hintergrund der Architektur und Kunst der 50er Jahre besonders beleuchtet.

       Mittwoch, den  17. Oktober  2012, 19.00 Uhr
         im historischen Junkerhaus ( 1569 ),
           Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22

   Von Nichtmitgliedern wird ein Beitrag von 5 Euro erbeten


i.A. 

MIchaela Becker 

Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde 
und Volkskultur e.V. 
Hirtenstraße 26 
66539 Neunkirchen-Wellesweiler 

  

[Regionalforum-Saar] Buchvorstellung "Das Saarland. Geschichte einer Region"

Date: 2012/10/15 09:09:09
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Guten Morgen,
 
was beim nachstehenden Artikel etwas außer acht geblieben ist, ist der Umstand, daß bei der Präsentation insgesamt höchstens 15 Personen anwesend waren, inkl. der drei im Text genannten und der beiden Mitarbeiter der Stadt- und Kreisbibliothek. Äußerst dünn.
 
Der Landrat hielt eine lange Rede, Dr. Kell sprach über Buch und Verein, Dr. Schmitt stellte das Buch vor. Alles verstanden habe ich bei ihm nicht, er hat sich ziemlich viel in den Bart genuschelt und sehr leise gesprochen. Vor allem hat er über den Artikel über die Übergangszeit nach der französischen Zeit bis zum Wiener Kongress gesprochen, auch wenn das nicht sein Thema im Buch war.
 
Interessant ist der erste Satz des Artikels. Da heißt es zwar, daß die Zeit bis zur Französischen Revolution mit dem Thema nicht viel zu tun hat, aber trotzdem hat Dr. Hermann senior seine vielen Seiten bekommen, um sattsam bekanntes wiederzubringen. Er bleibt dabei naturgemäß sehr allgemein. Unsere Ecke hier oben im Nordosten bleibt bei dem Buch - wie könnte es anders sein - eh ziemlich auf der Strecke, was aber wohl einfach daran liegt, daß sich von denen da unten in der Hauptstadt hier oben keiner auskennt. Insofern sollten wir vielleicht dankbar sein, daß sie uns weitgehend ignorieren.
 
Roland Geiger
 
-----------------
 

Auf der Suche nach der eigenen Identität

Präsentation des Buches „Das Saarland. Geschichte einer Region“ in der St. Wendeler Stadt- und Kreisbibliothek

Auf über 400 Seiten präsentieren neun Autoren die Entwicklung der Saargegend bis heute. Die Darstellung der Geschichte setzt in der Neuzeit an. Das Buch wurde nun in der St. Wendeleler Stadt- und Kreisbibliothek präsentiert.

St. Wendel. Der Geschichtsverlauf des Saargebietes bis zum Vorabend der Französischen Revolution sei für die Region eigentlich Vorgeschichte. Denn erst dann, als das Tor zur Moderne geöffnet wurde, erhob sich die vormals passive Geschichtsregion zum aktiven Akteur. Dies sagte der Historiker Johannes Schmitt während der Präsentation des Buches „Das Saarland. Geschichte einer Region“ in der Stadt- und Kreisbibliothek. Auf über 400 Seiten präsentieren neun Autoren die Entwicklung der Saargegend bis heute.

Weil nun die Region vor über 200 Jahren aus dem Schlaf erwachte, so Schmitt weiter, setzte die Darstellung der saarländischen Geschichte im vorgestellten Werk in der Neuzeit an. Industrialisierung und der damit soziale Wandel seien die Grundsteine des heutigen Saarlandes gewesen. Schmitt: „Ausgehend von unserem Bundesland in der Gegenwart wollen wir die Frage klären, wann und wie das Saarland entstanden ist. Dargestellt wird die Genese des Landes mit Bezug zur Gegenwart.“ Dabei werde auch die Frage nach der saarländischen Identität gestellt. Denn aktuell werde darüber diskutiert, ob das Saarland als eigenständiges Bundesland fortbestehen solle. „Wir hoffen, mit der Publikation vor allem der jüngeren saarländischen Generation ein Verständnis für die eigene Geschichte zu geben. Und sich ein eigenes Urteil über die Zukunft des Saarlandes zu bilden“, sagte Schmitt.

Die Vergangenheit der Landesteile ist wechselvoll und nicht einheitlich. Denn die saarländische Geschichte hat sich auch immer im Spannungsfeld verschiedener Mächte abgespielt. Dies betonte Landrat Udo Recktenwald, der an diesem Abend die Begrüßung übernahm. „Die Frage ,Wo gehören wir eigentlich hin?' hat ein Stück weit unsere Mentalität geprägt“, sagte der Landrat. Exemplarisch veranschaulichte Recktenwald dies an der Geschichte des St. Wendeler Landes. Durch europäische Kriege wurde die Region um St. Wendel in der Neuzeit in Mitleidenschaft gezogen. Verschiedene Herren hatten die Teile des heutigen Landkreises. Dennoch habe sich nicht nur im St. Wendeler Land, sondern im gesamten Saarland eine eigene Identität entwickelt. Recktenwald: „Leider machen wir uns selber oft kleiner, als wir sind. Der Geschichtsverlauf ist wohl auch ein Grund dafür, dass uns ein wenig das Selbstbewusstsein fehlt. Dafür gibt es keinen Grund. Wir können stolz auf unsere Heimat sein.“ Eva Kell, Vorsitzende des Historischen Vereins für die Saargegend unterstrich: „Die Frage nach der saarländischen Identität ist daher auch eine Leitlinie des Buches.“ Das Werk habe den Anspruch, ein breites Publikum zu erreichen, dennoch wissenschaftliche Standards zu erfüllen. Denn der Herausgeber ist der Verein, und seine Hauptaufgabe sehen die Mitglieder in der Vermittlung der saarländischen Geschichte. Seit 2005 habe der Verein das Buch geplant, Autoren und Sponsoren gesucht. Nun ist der Sammelband erschienen, in Konzeption und Umfang der erste dieser Art. Den Sponsoren sei es zu verdanken, dass jede weiterführende Schule im Saarland ein Exemplar bekommt. Damit möglichst viele Jugendliche, aber auch Erwachsene Zugang zur eigenen Vergangenheit finden. Dies sei der Wunsch der Herausgeber. red

„Das Saarland. Geschichte einer Region“, erschienen im Röhrig Universitätsverlag. Preis: 38 Euro (28 Euro für Mitglieder des Historischen Vereins für die Saargegend), ISBN: 978-3-86110-511-4.

Hintergrund

Der Historische Verein für die Saargegend wurde 1839 unter dem Namen Historisch-antiquarischer Verein für die Städte Saarbrücken und St. Johann und deren Umgebung gegründet. In den Anfangsjahren widmeten sich die Mitglieder vor allem der Erforschung der Vor- und Frühgeschichte ihrer Heimat. 1870 brach der Verein jedoch zusammen. Die Neugründung erfolgte 1881, dem damaligen Zeitgeist entsprechend mit einem national-orientierten Geschichtsbewusstsein. Der Verein verfügt über eine umfangreiche kulturhistorische Sammlung, eine Bibliothek und bringt eigene Publikationen raus, darunter die „Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend“ und die Zeitschrift „saargeschichte(n)“. Der Verein ist darüber hinaus auch im Denkmalschutz tätig, unter anderem sorgte er auch für den Erhalt des Alten Rathauses in St. Wendel. Die aktuell etwa 700 Mitglieder wohnen überwiegend im Saarland. red

[Regionalforum-Saar] auf den Spuren der Vorfahren

Date: 2012/10/15 19:45:03
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

heute in der SZ, Saarlouiser Teil:
 

Auf den Spuren der Vorfahren

Nicholas Schultz suchte im Kreisarchiv nach seinen deutschen Wurzeln

Zahlreiche Besucher nutzten gestern den Tag der offenen Tür, um nach ihren Vorfahren zu suchen. Auch der ehemalige US-Soldat Schultz ging bei seinem Deutschlandbesuch auf Spurensuche. Ahnenforscher halfen ihm.

Saarlouis. Das Archiv über die Genealogie im Kreisständehaus ist weit über die Grenzen des Saarlandes bekannt. Einige Hundert Besucher kommen jedes Jahr vorbei, wenn die Vereinigung für Heimatkunde im Landkreis Saarlouis zum Tag der offenen Tür ins Kreisarchiv einlädt. Und fast alle vereint sie dabei die Suche nach ihren Vorfahren. Gestern gesellte sich Nicholas Schultz aus Amerika zu den Familienforschern. Schultz war von 1966 bis 1969 an verschiedenen Standorten der US-Army in Deutschland stationiert. 1968 kämpfte er in Vietnam. „Das war schlimm, aber ich habe es überlebt“, sagte er. Der ehemalige Soldat wusste von seinen deutschen Wurzeln, aber wo die liegen, das fand er erst seit 2002 heraus. Dabei half ihm der Ahnenforscher Roland Geiger aus St. Wendel. Wallerfangen, Picard und Siersburg, in diesen drei Orten lebten Schultz Vorfahren. Seine Linie geht zurück auf Lorenz Schulz, der 1799 in Wallerfangen geboren wurde. Er sei 1848 nach Amerika ausgewandert. „Das Tal, die Bäume, der Fluss sehen aus, wie zu Hause“, habe er seinen Kindern mitgeteilt. Und die folgten ihrem Vater daraufhin nach Madison, im Süden von Indiana gelegen. Sein Vater Bernhard wurde 1909 in Amerika geboren. Wie der amerikanische Familienforscher erklärte, habe ihn die Geschichte seiner Familie immer schon interessiert, und mit Geigers Hilfe fand er die Spur seiner Vorfahren. Schultz mag seine deutsche Wurzeln, schließlich trägt er den Vornamen seines Groß- und Urgroßvaters. Und auch seine Kinder haben mit Erika und Bernard deutsche Namen. Mit seiner Ehefrau Janice machte Schultz in den vergangenen zwei Wochen Urlaub in Österreich und in Bayern. „Schloss Neuschwanstein ist wunderschön“, schwärmte der amerikanische Tourist. Auch wenn er schöne Erinnerungen aus Süddeutschland mitnimmt in die USA, eines wollte er auf keinen Fall verpassen: Einen Besuch in der Heimat seiner Ahnen. Dass das Kreisarchiv gestern offen hatte, war für Schultz ein tolles Erlebnis. Er zeigte sich begeistert von den vielen Büchern voller wertvoller Informationen für Menschen, die sich auf die Spuren begeben wollen. hth

[Regionalforum-Saar] Armut auf dem Lande

Date: 2012/10/17 22:22:35
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Ammerer, Gerhard; Schlenkrich, Elke; Veits-Falk, Sabine; Weiß, Alfred
Stefan (Hrsg.): Armut auf dem Lande. Mitteleuropa vom Spätmittelalter
bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Wien: Böhlau Verlag Wien 2010. ISBN
978-3-205-78495-1; broschiert; 227 S.; EUR 35,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Inga Brandes, Fachbereich III - Neuere und Neueste Geschichte,
Universität Trier
E-Mail: <inga.brandes(a)uni-trier.de>

Die Mehrheit derjenigen, die heute in extremer Armut - mit weniger als
einem Dollar pro Tag - überleben müssen, findet sich in ländlichen
Gesellschaften.[1] Doch wie sich in solchen Gesellschaften die
Armutsdynamiken entwickelt haben, welche sozialen Beziehungen sich unter
Armutsgefährdung auflösen, welche Rolle etwa Landreformen,
Infrastrukturprojekte oder die Struktur der lokalen Gesellschaft bei der
Bekämpfung dieser ländlichen Armut spielen, das wurde bislang kaum
empirisch untersucht. Kurz: Ausmaß und Bedeutung der ländlichen Armut in
globaler Perspektive stehen in einem krassen Missverhältnis zu deren
Erforschung - auch in der Geschichtswissenschaft. Für Historiker/innen
hält die Armutsforschung zudem besondere Herausforderungen bereit: Je
näher die Fragestellung an das soziale Milieu, den Alltag und die
Familien der Armen heranrückt, desto schwieriger gestaltet sich das
Aufspüren und Erschließen geeigneter Quellenbestände. Existierten solche
Dokumente, so wurden sie oft nur durch glückliche Zufälle oder
engagierte Einzelpersonen überliefert.[2] Umso begrüßenswerter ist der
thematische Fokus des zu besprechenden Bandes: Seine neun Beiträge
explorieren das Bedingungsgefüge, in dem während der Frühen Neuzeit
Krankheit, Mittellosigkeit und Gewalt von verschiedenen Typen von Armen
auf dem Land subjektiv erfahren wurde. Es handelt sich um eine Sammlung
von kontextsensiblen Beobachtungen zu einer empirisch gestützten
Erfahrungsgeschichte von Armut. Vielschichtige soziale Exklusionen und
Ungleichheit in ländlichen Gesellschaften werden erhellt. Die
Beiträger/innen sehen sich nicht nur Gesetze, Verordnungen und
Herrscher-Nachlässe an, sondern wenden sich der historischen
Rekonstruktion der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebenswelt
verschiedener Gruppen von Armen zu.

Helmut Bräuer, dem der Band gewidmet ist, eröffnet mit einem
programmatischen Beitrag zur Mentalitätsgeschichte der Armut in der
Frühen Neuzeit, der mit der Arbeitshypothese schließt, während der
Frühen Neuzeit habe sich eine spezifische "Landarmenmentalität" (S. 30)
herausgebildet. Diese Überlegung wird von den folgenden Beiträgen nur
insofern aufgegriffen als mit den mobilen, den weiblichen, den alten und
kranken Armen jeweils spezifische Gruppen ins Zentrum der historischen
Fallstudien gerückt werden.

Gerhard Ammerer beschäftigt sich in einem sehr instruktiven Aufsatz in
vergleichender Perspektive mit der Raumkonzeption und den Zeitökonomien
von Vagierenden im 18. Jahrhundert. Klug schließt er sperriges
Quellenmaterial auf, um die individuelle Handhabung der vielzitierten
Ökonomie des Notbehelfs zu rekonstruieren. So folgten etwa umherziehende
Bettler festen Routen, deponierten Besitztümer an den von ihnen
begangenen Strecken, hielten sich während des Bettelns an etablierte
Kommunikationsmuster und pflegten regelmäßig Austausch mit den
Sesshaften. Der Autor widerlegt schlüssig die These, dass Fahrende in
Habsburg heimatlose und entwurzelte Individuen gewesen seien. Mit dem
Sozialprofil von aktenkundig gewordenen Bettlern und Vaganten, ihren
Einkommensmöglichkeiten und Überlebensstrategien befasst sich auch
Sebastian Schmidt am Beispiel der englischen Grafschaft Essex. Im
kursorischen Vergleich mit Fürsorgepolitiken in Territorien des Alten
Reichs zeigt er überzeugend auf, dass die Fürsorgepraktiken im
frühneuzeitlichen Essex als "relativ großzügig" (S. 138) gelten können.
Sein Beitrag lenkt den Blick besonders auf das Potenzial des
problemorientierten historischen Vergleichs für die historische
Armutsforschung. Die Konzentration auf Personen und soziale Gruppen, so
Schmidt, eröffne der historisch vergleichenden Wirtschafts-, Sozial- und
Kulturgeschichte neue Forschungsfelder wie zum Beispiel Praktiken der
Mobilität und Vernetzung, der Raumwahrnehmung, der Ernährung, der
Zeitökonomie oder der Transfer lokalen Wissens.

Die Beiträge von Otto Ulbricht, Sabine Veits-Falk und Elke Schlenkrich
beleuchten jeweils das Spannungsfeld zwischen vielfachen Exklusionen,
denen bettelnde, arme oder armutsgefährdete Frauen ausgesetzt waren, und
partiellen Inklusionschancen, etwa durch Gelegenheitsarbeiten.

Christina Vanja, Alfred Stefan Weiß und Martin Scheutz widmen sich der
Gruppe der kranken und alten Armen. Alfred Stefan Weiß geht es um eine
Sozialgeschichte der armen Insassen von Hospitälern in der Steiermark
und Kärnten im langen Zeitraum zwischen 1350 und 1920. Er zeichnet die
Versorgung von einzelnen Armen in Institutionen verschiedener Größe nach
und setzt die Versorgungsleistung immer wieder ins Verhältnis zur
sozioökonomischen Umgebung der Spitäler. Weiß betont, dass es wechselnde
Regime und Praktiken im Umgang mit Armen und Kranken gab, gleichzeitig
aber eine Kontinuität der genutzten Gebäude. Daran schließt er Fragen
nach der historischen Prägekraft dieser Stein gewordenen Form und
Funktion an. Erneut wird die lückenhafte Überlieferungssituation zum
Ausgangspunkt für Überlegungen, wie die Geschichte einer Fürsorgekultur
in Kärnten und der Steiermark, die die Praktiken der Armen und der
Bevölkerung über einen langen Zeitraum hinweg berücksichtigt, zu
schreiben sei. Martin Scheutz nimmt am Beispiel Wiens die Praxis der
Deportation alter Armer aufs Land in den Blick. Die Stadt Wien betrieb
zur Versorgung ihrer würdigen Armen ein räumlich weit gefächertes Netz
von Versorgungshausanstalten. Das damit verbundene System der
Deportation von alten Armen auf das Land diente unter anderem dazu, die
Armut in der Residenzstadt unsichtbar zu machen.

Dass der Band schwerpunktmäßig die Geschichte der Armen und der Armut in
ländlichen Gesellschaften thematisiert, und gleichzeitig die historische
Kategorie Raum stärker berücksichtigt, ist zu begrüßen. Allerdings
überzeugt Helmut Bräuers Hypothese, dass sich zwischen dem 15. und 19.
Jahrhundert eine spezifische Landarmenmentalität herausgebildet habe,
auch nach der Lektüre der Beiträge nicht. Zu blass bleiben in seinen
einleitenden Erwägungen insbesondere die agrarhistorischen Bezüge und
Begriffe. Die umfassenden konzeptionellen Probleme, die eine diachron
und europäisch vergleichende Sozialgeschichte subjektiver
Armutserfahrungen in Europa aufwirft, sind zudem andernorts bereits
systematischer und ausführlicher dargelegt worden.[3] Richtig bleibt der
Appell an die deutschsprachige Forschung der frühneuzeitlichen
Soziabilität und den in ihr herrschenden vielfältigen
Reziprozitätsbeziehungen noch stärkere Beachtung zu schenken.

Indem die vergangenen Lebenswelten von Armen präzise und differenziert
rekonstruiert werden, widerlegen sowohl die einzelnen Beiträge als auch
die Beiträge in ihrer Summe sehr überzeugend die in Handbüchern und
Synthesen der deutschen und österreichischen Geschichtswissenschaft noch
immer weit verbreitete These, dass Arme, Bettler und Vaganten in der
Vergangenheit nur als sozial isolierte Randexistenzen analytisch zu
fassen seien.[4]

Die konsequente kultur- und sozialhistorische Akteurszentrierung der
Fragestellungen stellt eine Stärke des Bandes dar, weil sie die
Erschließung neuer Quellengruppen sowie die Entwicklung innovativer
Auswertungsmethoden ermöglicht. Die Konzentration auf Personen und
soziale Gruppen erweist sich heuristisch unter anderem deshalb als
fruchtbar, weil sie die historische Armutsforschung für die Fragen und
Konzepte der Gesellschaftsgeschichte weiter öffnet. Anstatt allein die
Vorgeschichten heutiger Sozialstaatlichkeit und Sozialpolitik zu
untersuchen, schärfen die Beiträge den Blick für die historische
Vielfalt der Überlebensstrategien von Armen und Armutsgefährdeten.


Anmerkungen:
[1] Vgl. dazu
<http://www.un.org/en/globalissues/briefingpapers/ruralpov/developingworld.shtml>
(06.08.2012).
[2] Das bekannteste Beispiel bietet die englische Grafschaft Essex, in
der ein Archivar für die Erhaltung eines umfangreichen Konvoluts von
Armenbriefen sorgte. Ausgewählte Briefe sind publiziert in: Thomas
Sokoll (Hrsg.), Essex Pauper Letters 1731-1837 (=Records of Social and
Economic History, New Series 30), Oxford 2001.
[3] Vgl. etwa Robert Jütte, Poverty and Deviance in Early Modern Europe
(=New Approaches to European History), Cambridge 1994; Andreas Gestrich
/ Lutz Raphael / Herbert Uerlings (Hrsg.), Strangers and Poor People.
Changing Patterns of Inclusion and Exclusion in Europe and the
Mediterranean World from Classical Antiquity to the Present Day
(=Inklusion/Exklusion. Studien zu Fremdheit und Armut von der Antike bis
zur Gegenwart 13), Frankfurt am Main u.a. 2009.
[4] Instabile Beschäftigungsverhältnisse betrafen im 19. Jahrhundert und
20. Jahrhundert einen großen Teil der habsburgischen bzw.
österreichischen Bevölkerung. Auch die Forschergruppe der Wiener
Historikerin Sigrid Wadauer zeigt, dass es nicht sachgerecht ist, wenn
die geschichtswissenschaftliche Forschung von Verarmung und Armut
betroffene Personen a priori als Randexistenzen betrachtet. Vgl.
ausführlicher dazu "The Production of Work. Welfare, Labour-market and
the Disputed Boundaries of Labour (1880-1938)"
<http://pow.univie.ac.at/> (05.10.2012).


Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Ewald Frie <ewald.frie(a)uni-tuebingen.de>

[Regionalforum-Saar] Ausstellungseröffnung "G ebrochene Säule" - Rede und Begleitprogramm

Date: 2012/10/23 15:31:26
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Begleitprogramm zur Ausstellung „Gebrochene Säule“

 

 

O4.11.2012: Prof. Herbert Jochum: Christen und Juden - ein neuer Anfang?

 

Das von Anfang an spannungs- und konfliktreiche Verhältnis von Juden und

Christen hat tiefe Spuren von Gewalt, Leid und Tod in der Geschichte der

Menschheit hinterlassen. Unter dem Eindruck des Holocaust haben das 2.

Vatikanische Konzil auf katholischer Seite und die Synode der Rheinischen

Kirche von 1980 auf evangelischer Seite eine Revision der traditionellen

judenfeindlichen Theologie vorgenommen. Sind Christen und Juden heute auf

dem Weg zueinander? Wie wird das Verhältnis von Juden und Christen heute

in Kirchen und Theologie gedacht? Welche Hoffnungen und welche Wider-stände zeigen sich in der anhaltenden Diskussion?

 

02.12.2012: Dr. Dieter Wolfanger: Judenfreies Saarland? – Eine Korrektur

 

Ausgehend von der „Aktion Bürckel“ und den letzten Deportationen  in der Endphase des Zweiten Weltkrieges und des Dritten Reiches, geht Dr. Wolfanger der Frage nach, ob die Behauptung der Nationalsozialisten: „Das Saarland ist judenfrei!“ zutreffend ist.

 

Die Ausstellung kann am 04.11.2012 sowie am 02.12.2012 in der Zeit von 14.00 – 17.00 besichtigt werden.

Nach vorheriger Anmeldung bietet der „Verein Stadtgeschichtliches Museum Ottweiler“ Führungen über den „Jüdischen Friedhof Ottweiler“ und/oder durch die Ausstellung „Gebrochene Säule“ an, und zwar zu folgenden Terminen:

 

Sonntag, 21.10.2012, 11.11.2012, 25.11.2012 und am 16.12.2012 jeweils 15.00 Uhr

Mittwoch, 24.10.2012, 14.11.2012, 28.11.2012 und am 12.12.2012 jeweils 16.00 Uhr

 

Anmeldungen zur Besichtigung der Ausstellung und/oder des „Jüdischen Friedhofs Ottweiler“ bitte spätestens drei Tage vorher bei:

Burr, Klaus 06824/4291

Bettinger, Dieter Robert 06824/4280.

 




Erinnerungsarbeit und Erinnerungskultur in Ottweiler

 

Eine Anmerkung zur Ausstellungseröffnung „Gebrochene Säule – Von der Integration zur Deportation“ am 14.10.2012 (Hans-Joachim Hoffmann)

 

Werte Gäste, liebe Freunde des Stadtmuseums,

 

in dem Vorwort der Broschüre zur Ausstellung habe ich das Wesentliche über den jüdischen Friedhof Ottweiler ausgeführt. Ich hoffe, dass Sie die Broschüre nicht nur käuflich erwerben und damit die Arbeit des Stadtmuseums unterstützen sowie das finanzielle Engagement aller Spender anerkennen, sondern sie auch lesen, damit Sie nachvollziehen können, dass die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler es wert ist, zumindest im Gedächtnis des Ortes bewahrt zu werden. Daher beschränke ich mich auf einige Anmerkungen zur Erinnerungs-kultur. Erlauben Sie mir zunächst einen kurzen Rückblick:

 

Die heutige Ausstellung greift die Erinnerungsarbeit an die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler wieder auf, die meinerseits auf die gemeinsam mit dem Ottweiler Pfarrer Hartmut Thömmes durchgeführte Ausstellung über „Das ehemalige jüdische Leben im evangelischen Kirchenkreis Ottweiler“ in der Aula des Gymnasiums Ottweiler 2006 ihren Anfang nahm. Herr Thömmes stellte auch für diese Ausstellung sowohl themenbezogenes  Bildmaterial als auch Kultgegenstände des Judentums zur Verfügung; dafür sei ihm recht herzlich gedankt. Die Erinnerungsarbeit wurde fortgesetzt durch die Veröffentlichung der „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ (2009) mit Unterstützung des Landkreises Neunkirchen; mit Unterstützung der Stadt Ottweiler und des Stadtgeschichtlichen Museums konnte eine Gedenktafel im Histo-rischen Sitzungssaal des Kreishauses an Nachfahren der Familie Coblenz, nämlich Herrn Walter Coblenz (USA) und Herrn Dr. François Van Menxel (Münster) übergeben und  am Haus Goethestraße 1 (2009) angebracht werden. Es freut mich, dass auch heute Dr. François Van Menxel mit seiner Frau Helga wieder den Weg nach Ottweiler gefunden hat. Eure Anwesenheit, François und Helga, zeigt, dass die lokalen Bemühungen gegen das Vergessen auch überregional wahrgenommen und geschätzt werden.

 

Im Umfeld der Entstehung des Buches „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ und der Übergabe der Gedenktafel an Nachfahren der Familie Coblenz stellte ich an die Fraktionen des Ottwei-ler Stadtrates den Antrag, Adolf Hitler, Hermann Göring und Alois Spaniol die bereits 1933, also zu einer Zeit, als das Saargebiet noch dem Völkerbund unterstand, verliehenen Ehren-bürgerschaften der Stadt Ottweiler symbolisch abzuerkennen, fand jedoch keine ausreichende Unterstützung, die Initiative verlief im Sande. Dass eine solche symbolische Aberkennung keinerlei juristische Bedeutung hat, war und ist mir bewusst, doch glaubte und glaube ich immer noch, dass eine solche Geste die Erinnerungsarbeit glaubhafter erscheinen ließe und als Geste gegenüber allen Opfern der NS-Herrschaft angebracht erschiene. Konkret dachte und denke ich dabei an die in Ottweiler am 2. September 1922 geborene Kommunistin Dora Weyrich, geb. Schlosser, die das Lager Gurs mit ihrer Mutter und Schwester durchleiden musste und heute im AWO-Heim ihren Lebensabend verbringt. Eine ernsthafte und offene Diskussion dieser Frage fand meines Wissens in keiner Stadtratssitzung statt; noch nicht einmal alle Parteien reagierten mit einer Stellungnahme auf meine Anregung.

 

Während also einerseits eine symbolische Handlung versagt wurde, entschied man sich in einem anderen Bereich des politischen Lebens der Stadt für eine symbolische Vereinbarung: Im Mai 2011 erfolgte die symbolische Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Verbindung von Familie und Beruf, einem Aufruf der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder folgend. Auch diese symbolische Vereinbarung verpflichtet zu nichts, verlangt keinerlei konkrete Maßnahmen, bleibt eine Geste. Die Frage stellt sich: Warum verweigert man einerseits eine symbolische Geste, vollzieht sie aber andererseits?

 

Um die Erinnerungsarbeit fortzusetzen, unterbreite ich am Ende meines Vorwortes zwei Vorschläge:

 

  1. die Einbeziehung des jüdischen Friedhofs in den Tag der offenen Museen,
  2. die Verlegung von Stolpersteinen, die die Namen der Deportierten im öffentlichen Bewusstsein festhalten.

 

Die Einbindung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ wird wohl kaum Widerspruch hervorrufen, so dass ich auf eine ausführlichere Begründung verzichten kann. Nur soviel sei gesagt: Der jüdische Friedhof stellt die „versteinerte Lebensgeschichte“ der jüdischen Gemeinde Ottweiler dar; er bestätigt die Feststellung Michael Brockes über jüdische Friedhöfe: „Boden und Steine begründen in ihrer Einschreibung Geschichte und Gedächtnis für die Nahen wie für die Fernen... Das vergehende Leben der Gemeinschaft wird geerdet und aufgerichtet, aufbewahrt und hinübergewünscht in das Land der Lebendigen, des Lebens.“ Das vergangene Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler kehrt zumindest für die Zeit der Ausstellung „in das Land der Lebendigen, des Lebens“ zurück. Dies ließe sich durch die Einbeziehung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ vertiefen.

 

Warum die Anregung, Stolpersteine zu verlegen? In Ottweiler verweisen vier Straßen-bezeichnungen auf ehemalige Ottweiler Bürger bzw. Lokalpolitiker: Die „Schmalwasser-straße“ erinnert an den in Ottweiler geborenen und in Wien 1808 verstorbenen Juwelier Johann Christian Heinrich Schmalwasser, der eine Stiftung für seine Heimatstadt begrün-dete, „damit arme Kinder den Schulunterricht zu genießen haben.“ Die „Weylstraße“ und die „Anton-Hansen-Straße“ bewahren Personen des 19. Jahrhunderts vor dem Vergessen, die das politische, konfessionelle und wirtschaftliche Leben Ottweilers entscheidend mitprägten: Der katholische Pfarrer Hansen setzte sich u.a. vehement für die politische Gleichberech-tigung der katholischen Bevölkerung im protestantisch geprägten Preußen ein; die wirtschaft-lich erfolgreiche protestantische Familie Weyl engagierte sich auch in der Lokalpolitik und suchte, die Vorrechte der Protestanten mit Nachdruck zu wahren.

 

Die „Dr. Maximilian-Rech-Straße“ erinnert an den Landrat des Kreises Ottweiler Dr. Maxi-milian Rech. Er bekleidete seit 1920 diese Funktion, wurde am Kriegsende vorübergehend seines Amtes enthoben und durch Herrn Heinrich Strauss, bisheriger Amtsgerichtsrat in St. Wendel, ersetzt. In seiner Funktion als Landrat und „Untertreuhänder des jüdischen Vermögens im Kreis Ottweiler“ – so die Angabe im Briefkopf des Schreibens – erließ Dr. Rech am 5. Dezember 1940 ein Schreiben an die Amtsbürgermeister des Kreises (außer Spiesen und Elversberg) sowie die Bürgermeister von Ottweiler und Neunkirchen mit der Bitte, die Einheitswerte der jüdischen Grundstücke derjenigen Personen zu ermitteln, die am 22. Oktober 1940 evakuiert wurden - von deportiert ist in den amtlichen Schreiben keine Rede. Dies geschah mit der Zielsetzung, „dass der jüdische Besitz jetzt umgehend in deutsche Hände zu überführen ist.“ (Saar- und Blieszeitung Nr. 266, S. 5).

 

Landrat Dr. Maximilian Rech bildete nur ein kleines Zahnrädchen in der Verwaltungs-hierarchie des NS-Systems; aber das Ineinandergreifen der vielen kleinen Rädchen ermöglichte letztendlich die bürokratisch organisierte und industriell durchgeführte Vernich-tung der jüdischen Bevölkerung, der politischen Gegner auf Seiten der Kommunisten und der SPD, der Sinti und Roma, der Homosexuellen und das Euthanasie-Programm. Die Verstrickung von Dr. Rech in das Unrechtssystem des Nationalsozialismus möge einerseits für die politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen heute auf allen Ebenen Mahnung sein bei der Umsetzung von Vorgaben, andererseits die Bevölkerung zur Wachsamkeit und zu Engagement aufrufen. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft sollten sich zumindest gelegentlich bei politischen Grundsatzentscheidungen und ihrer Umsetzung der Aufforde-rung Günter Eichs zu erinnern:

 

 

Seid unbequem,

seid Sand,

nicht das Öl

im Getriebe der Welt!

 

Dr. Rech setzte mit seinem Schreiben vom 5. Dezember 1940 eine Vorgabe höherer politischer Stellen konsequent um, er war Öl, nicht Sand im Getriebe der Welt. Mir drängt sich die Frage auf: „Welche Haltung soll ich ihm gegenüber einnehmen, welche Haltung soll ich denen gegenüber einnehmen, die in das Unrechtssystem des Nationalsozialismus verstrickt waren?“ 

 

Die Haltung des 1923 in Wien geborenen und seit 1963 an der FU Berlin lehrenden Rabbiners und Religionsphilosophen Jacob Taubes (1923 – 1987) gegenüber dem „Kronjuristen“ des Dritten Reiches Carl Schmitt (1888 – 1985), der zwischen 1933 und 1945 in Köln und Berlin seine Jurastudenten auf den Führer einschwor, gibt Anhaltspunkte, zeigt den Weg. Taubes sagte zu sich: „Hör mal, Jacob, du bist nicht der Richter, ... denn als Jude warst du nicht in der Versuchung. Wir waren in dem Sinne begnadet, dass wir gar nicht dabei sein konnten. Nicht, weil wir nicht wollten, sondern man uns nicht ließ ... ich kann nicht sicher über mich selbst sein, ich kann nicht sicher über irgendeinen sein, dass er vom Infekt der nationalen Erhebung nicht angesteckt wird und ein oder zwei Jahre verrückt spielt, hemmungslos...“

 

Aus der Haltung des Juden Jacob Taubes gegenüber Carl Schmitt, der sich nach 1945 nie vom NS-Regime distanzierte, ziehe ich für mich die Schlussfolgerung: Dr. Maximilian Rech zu verurteilen steht mir als einem Vertreter der nachgeborenen Generation nicht zu; denn ich konnte gar nicht dabei sein.

 

Dr. Rech fand seine letzte Ruhestätte auf dem katholischen Friedhof Neumünster. Lassen Sie mich auch an dieser Stelle Jabob Taubes das Wort geben: Anlässlich des Todes von Carl Schmidt stellte Jacob Taubes für sich fest, er traue sich nicht, „jemanden zu richten, der den Frieden mit der Kirche gemacht hat und in ihr gestorben ist...

 

Auch Dr. Rech scheint den Frieden mit der Kirche gemacht zu haben und in ihr am 13.12.1949 gestorben zu sein. Er verantwortete sich – dem jüdischen und christlichen Verständnis folgend – vor dem göttlichen Gericht. Vielleicht hat auch er „ein oder zwei Jahre verrückt gespielt, hemmungslos...“ Sein politisches Wirken insgesamt zu beschreiben und zu beurteilen, bleibt noch zu erledigende Aufgabe des Historikers.

 

Die Straßenbezeichnung, entschieden durch den Stadtrat Ottweilers am 14. Mai 1954, weil Dr. Rech „über 20 Jahre mit vorzüglicher Arbeitskraft und unparteiisch für den Kreis und die Stadt Ottweiler Großes geleistet hat“, hält die Erinnerung an ihn wach. Über diese Begrün-dung mag sich jeder der hier Anwesenden seine eigenen Gedanken machen.

 

Großes“ leisteten andere Personen für die Stadt Ottweiler, ohne dass eine Straßenbe-nennung die Erinnerung an sie bewahrt: Ich denke dabei z.B. an den protestantischen Pfarrer Georg Christian Woytt (1694 – 1764), ich denke an Samuel Levy, den Lehrer der jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825 – 1875, ich denke an die jüdischen Familien Coblenz und Albert, die das Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler und der Stadt Ottweiler im 19. Jahrhundert maßgeblich mitprägten. Ich denke an all die in der Öffentlichkeit Namenlosen, die ihrer Heimat, in der sie tief verwurzelt waren, treu geblieben sind, die Ottweiler treu geblieben sind, treu bis in den Tod.

 

Wenn also eine Straßenbezeichnung die Erinnerung an Dr. Maximilian Rech bewahrt –erscheint es dann nicht nachdenkenswert, ja angebracht, durch Stolpersteine an die jüdischen Bewohner Ottweilers zu erinnern, deren Vermögen Dr. Rech als Untertreuhänder in deutsche Hände überführte, vielleicht wissend, dass die Deportierten nie mehr zurückkommen werden? Geben wir den fast Vergessenen durch Stolpersteine ihre Namen zurück. Denn : Ein Mensch ist erst dann tot, wenn sein Name vergessen ist. Bewahren wir die Namen der Deportierten durch Stolpersteine vor dem Vergessen, damit auch die jüdische Gemeinde in ihrer Endphase „im Land der Lebendigen, des Lebens“ erhalten bleibt.

 

In aller Bescheidenheit beschließe ich meine Rede mit einem Gedicht von Bert Brecht, das dieser 1933, also 23 Jahre vor seinem Tode verfasste, und hoffe, dass meine Vorschläge zu einer offenen und ernsthaften Diskussion über die Fortsetzung der Erinnerungsarbeit führen:

 

„Ich benötige keinen Grabstein, aber

Wenn ihr einen für mich benötigt

Wünschte ich, es stünde darauf:

Er hat Vorschläge gemacht. Wir

Haben sie angenommen.

Durch eine solche Inschrift wären

Wir alle geehrt.“

 

Ich wünsche Ihnen trotz der nachdenklich stimmenden Thematik der Ausstellung noch einen schönen Sonntag.

 

Vielen Dank.

 

Attachment: Begleitprogramm.doc
Description: MS-Word document

[Regionalforum-Saar] Ausstellung "Gebrochene S äule" in Ottweiler

Date: 2012/10/23 19:15:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

In Ottweiler läuft zur Zeit die Ausstellung „Gebrochene Säule“, zu der es ein umfangreiches Begleitprogramm gibt.

 

Sonntag, O4.11.2012

Prof. Herbert Jochum:

Christen und Juden - ein neuer Anfang?

 

Das von Anfang an spannungs- und konfliktreiche Verhältnis von Juden und Christen hat tiefe Spuren von Gewalt, Leid und Tod in der Geschichte der Menschheit hinterlassen. Unter dem Eindruck des Holocaust haben das 2. Vatikanische Konzil auf katholischer Seite und die Synode der Rheinischen Kirche von 1980 auf evangelischer Seite eine Revision der traditionellen judenfeindlichen Theologie vorgenommen. Sind Christen und Juden heute auf dem Weg zueinander? Wie wird das Verhältnis von Juden und Christen heute in Kirchen und Theologie gedacht? Welche Hoffnungen und welche Widerstände zeigen sich in der anhaltenden Diskussion?

 

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Sonntag, 02.12.2012:

Dr. Dieter Wolfanger:

Judenfreies Saarland? – Eine Korrektur

 

Ausgehend von der „Aktion Bürckel“ und den letzten Deportationen  in der Endphase des Zweiten Weltkrieges und des Dritten Reiches, geht Dr. Wolfanger der Frage nach, ob die Behauptung der Nationalsozialisten: „Das Saarland ist judenfrei!“ zutreffend ist.

 

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Die Ausstellung kann am 04.11.2012 sowie am 02.12.2012 in der Zeit von 14.00 – 17.00 besichtigt werden.

 

----------------

 

Nach vorheriger Anmeldung bietet der „Verein Stadtgeschichtliches Museum Ottweiler“ Führungen über den „Jüdischen Friedhof Ottweiler“ und/oder durch die Ausstellung „Gebrochene Säule“ an, und zwar zu folgenden Terminen:

 

Sonntag, 21.10.2012, 11.11.2012, 25.11.2012 und am 16.12.2012 jeweils 15.00 Uhr

Mittwoch, 24.10.2012, 14.11.2012, 28.11.2012 und am 12.12.2012 jeweils 16.00 Uhr

 

Anmeldungen zur Besichtigung der Ausstellung und/oder des „Jüdischen Friedhofs Ottweiler“ bitte spätestens drei Tage vorher bei:

 

Burr, Klaus, Tel. 06824/4291

Bettinger, Dieter Robert, Tel. 06824/4280.

 

-----------------

 

Bei der Eröffnung der Ausstellung hat Hans-Joachim Hoffmann diese Rede gehalten:

 

Erinnerungsarbeit und Erinnerungskultur in Ottweiler

 

Eine Anmerkung zur Ausstellungseröffnung „Gebrochene Säule – Von der Integration zur Deportation“ am 14.10.2012 (Hans-Joachim Hoffmann)

 

Werte Gäste, liebe Freunde des Stadtmuseums,

 

in dem Vorwort der Broschüre zur Ausstellung habe ich das Wesentliche über den jüdischen Friedhof Ottweiler ausgeführt. Ich hoffe, dass Sie die Broschüre nicht nur käuflich erwerben und damit die Arbeit des Stadtmuseums unterstützen sowie das finanzielle Engagement aller Spender anerkennen, sondern sie auch lesen, damit Sie nachvollziehen können, dass die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler es wert ist, zumindest im Gedächtnis des Ortes bewahrt zu werden. Daher beschränke ich mich auf einige Anmerkungen zur Erinnerungs-kultur. Erlauben Sie mir zunächst einen kurzen Rückblick:

 

Die heutige Ausstellung greift die Erinnerungsarbeit an die ehemalige jüdische Gemeinde Ottweiler wieder auf, die meinerseits auf die gemeinsam mit dem Ottweiler Pfarrer Hartmut Thömmes durchgeführte Ausstellung über „Das ehemalige jüdische Leben im evangelischen Kirchenkreis Ottweiler“ in der Aula des Gymnasiums Ottweiler 2006 ihren Anfang nahm. Herr Thömmes stellte auch für diese Ausstellung sowohl themenbezogenes  Bildmaterial als auch Kultgegenstände des Judentums zur Verfügung; dafür sei ihm recht herzlich gedankt. Die Erinnerungsarbeit wurde fortgesetzt durch die Veröffentlichung der „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ (2009) mit Unterstützung des Landkreises Neunkirchen; mit Unterstützung der Stadt Ottweiler und des Stadtgeschichtlichen Museums konnte eine Gedenktafel im Histo-rischen Sitzungssaal des Kreishauses an Nachfahren der Familie Coblenz, nämlich Herrn Walter Coblenz (USA) und Herrn Dr. François Van Menxel (Münster) übergeben und  am Haus Goethestraße 1 (2009) angebracht werden. Es freut mich, dass auch heute Dr. François Van Menxel mit seiner Frau Helga wieder den Weg nach Ottweiler gefunden hat. Eure Anwesenheit, François und Helga, zeigt, dass die lokalen Bemühungen gegen das Vergessen auch überregional wahrgenommen und geschätzt werden.

 

Im Umfeld der Entstehung des Buches „Lebenswege jüdischer Mitbürger“ und der Übergabe der Gedenktafel an Nachfahren der Familie Coblenz stellte ich an die Fraktionen des Ottwei-ler Stadtrates den Antrag, Adolf Hitler, Hermann Göring und Alois Spaniol die bereits 1933, also zu einer Zeit, als das Saargebiet noch dem Völkerbund unterstand, verliehenen Ehren-bürgerschaften der Stadt Ottweiler symbolisch abzuerkennen, fand jedoch keine ausreichende Unterstützung, die Initiative verlief im Sande. Dass eine solche symbolische Aberkennung keinerlei juristische Bedeutung hat, war und ist mir bewusst, doch glaubte und glaube ich immer noch, dass eine solche Geste die Erinnerungsarbeit glaubhafter erscheinen ließe und als Geste gegenüber allen Opfern der NS-Herrschaft angebracht erschiene. Konkret dachte und denke ich dabei an die in Ottweiler am 2. September 1922 geborene Kommunistin Dora Weyrich, geb. Schlosser, die das Lager Gurs mit ihrer Mutter und Schwester durchleiden musste und heute im AWO-Heim ihren Lebensabend verbringt. Eine ernsthafte und offene Diskussion dieser Frage fand meines Wissens in keiner Stadtratssitzung statt; noch nicht einmal alle Parteien reagierten mit einer Stellungnahme auf meine Anregung.

 

Während also einerseits eine symbolische Handlung versagt wurde, entschied man sich in einem anderen Bereich des politischen Lebens der Stadt für eine symbolische Vereinbarung: Im Mai 2011 erfolgte die symbolische Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Verbindung von Familie und Beruf, einem Aufruf der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder folgend. Auch diese symbolische Vereinbarung verpflichtet zu nichts, verlangt keinerlei konkrete Maßnahmen, bleibt eine Geste. Die Frage stellt sich: Warum verweigert man einerseits eine symbolische Geste, vollzieht sie aber andererseits?

 

Um die Erinnerungsarbeit fortzusetzen, unterbreite ich am Ende meines Vorwortes zwei Vorschläge:

 

  1. die Einbeziehung des jüdischen Friedhofs in den Tag der offenen Museen,
  2. die Verlegung von Stolpersteinen, die die Namen der Deportierten im öffentlichen Bewusstsein festhalten.

 

Die Einbindung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ wird wohl kaum Widerspruch hervorrufen, so dass ich auf eine ausführlichere Begründung verzichten kann. Nur soviel sei gesagt: Der jüdische Friedhof stellt die „versteinerte Lebensgeschichte“ der jüdischen Gemeinde Ottweiler dar; er bestätigt die Feststellung Michael Brockes über jüdische Friedhöfe: „Boden und Steine begründen in ihrer Einschreibung Geschichte und Gedächtnis für die Nahen wie für die Fernen... Das vergehende Leben der Gemeinschaft wird geerdet und aufgerichtet, aufbewahrt und hinübergewünscht in das Land der Lebendigen, des Lebens.“ Das vergangene Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler kehrt zumindest für die Zeit der Ausstellung „in das Land der Lebendigen, des Lebens“ zurück. Dies ließe sich durch die Einbeziehung des jüdischen Friedhofs in den „Tag der offenen Museen“ vertiefen.

 

Warum die Anregung, Stolpersteine zu verlegen? In Ottweiler verweisen vier Straßen-bezeichnungen auf ehemalige Ottweiler Bürger bzw. Lokalpolitiker: Die „Schmalwasser-straße“ erinnert an den in Ottweiler geborenen und in Wien 1808 verstorbenen Juwelier Johann Christian Heinrich Schmalwasser, der eine Stiftung für seine Heimatstadt begrün-dete, „damit arme Kinder den Schulunterricht zu genießen haben.“ Die „Weylstraße“ und die „Anton-Hansen-Straße“ bewahren Personen des 19. Jahrhunderts vor dem Vergessen, die das politische, konfessionelle und wirtschaftliche Leben Ottweilers entscheidend mitprägten: Der katholische Pfarrer Hansen setzte sich u.a. vehement für die politische Gleichberech-tigung der katholischen Bevölkerung im protestantisch geprägten Preußen ein; die wirtschaft-lich erfolgreiche protestantische Familie Weyl engagierte sich auch in der Lokalpolitik und suchte, die Vorrechte der Protestanten mit Nachdruck zu wahren.

 

Die „Dr. Maximilian-Rech-Straße“ erinnert an den Landrat des Kreises Ottweiler Dr. Maxi-milian Rech. Er bekleidete seit 1920 diese Funktion, wurde am Kriegsende vorübergehend seines Amtes enthoben und durch Herrn Heinrich Strauss, bisheriger Amtsgerichtsrat in St. Wendel, ersetzt. In seiner Funktion als Landrat und „Untertreuhänder des jüdischen Vermögens im Kreis Ottweiler“ – so die Angabe im Briefkopf des Schreibens – erließ Dr. Rech am 5. Dezember 1940 ein Schreiben an die Amtsbürgermeister des Kreises (außer Spiesen und Elversberg) sowie die Bürgermeister von Ottweiler und Neunkirchen mit der Bitte, die Einheitswerte der jüdischen Grundstücke derjenigen Personen zu ermitteln, die am 22. Oktober 1940 evakuiert wurden - von deportiert ist in den amtlichen Schreiben keine Rede. Dies geschah mit der Zielsetzung, „dass der jüdische Besitz jetzt umgehend in deutsche Hände zu überführen ist.“ (Saar- und Blieszeitung Nr. 266, S. 5).

 

Landrat Dr. Maximilian Rech bildete nur ein kleines Zahnrädchen in der Verwaltungs-hierarchie des NS-Systems; aber das Ineinandergreifen der vielen kleinen Rädchen ermöglichte letztendlich die bürokratisch organisierte und industriell durchgeführte Vernich-tung der jüdischen Bevölkerung, der politischen Gegner auf Seiten der Kommunisten und der SPD, der Sinti und Roma, der Homosexuellen und das Euthanasie-Programm. Die Verstrickung von Dr. Rech in das Unrechtssystem des Nationalsozialismus möge einerseits für die politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen heute auf allen Ebenen Mahnung sein bei der Umsetzung von Vorgaben, andererseits die Bevölkerung zur Wachsamkeit und zu Engagement aufrufen. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft sollten sich zumindest gelegentlich bei politischen Grundsatzentscheidungen und ihrer Umsetzung der Aufforderung Günter Eichs zu erinnern:

 

Seid unbequem,

seid Sand,

nicht das Öl

im Getriebe der Welt!

 

Dr. Rech setzte mit seinem Schreiben vom 5. Dezember 1940 eine Vorgabe höherer politischer Stellen konsequent um, er war Öl, nicht Sand im Getriebe der Welt. Mir drängt sich die Frage auf: „Welche Haltung soll ich ihm gegenüber einnehmen, welche Haltung soll ich denen gegenüber einnehmen, die in das Unrechtssystem des Nationalsozialismus verstrickt waren?“  

 

Die Haltung des 1923 in Wien geborenen und seit 1963 an der FU Berlin lehrenden Rabbiners und Religionsphilosophen Jacob Taubes (1923 – 1987) gegenüber dem „Kronjuristen“ des Dritten Reiches Carl Schmitt (1888 – 1985), der zwischen 1933 und 1945 in Köln und Berlin seine Jurastudenten auf den Führer einschwor, gibt Anhaltspunkte, zeigt den Weg. Taubes sagte zu sich: „Hör mal, Jacob, du bist nicht der Richter, ... denn als Jude warst du nicht in der Versuchung. Wir waren in dem Sinne begnadet, dass wir gar nicht dabei sein konnten. Nicht, weil wir nicht wollten, sondern man uns nicht ließ ... ich kann nicht sicher über mich selbst sein, ich kann nicht sicher über irgendeinen sein, dass er vom Infekt der nationalen Erhebung nicht angesteckt wird und ein oder zwei Jahre verrückt spielt, hemmungslos...“

 

Aus der Haltung des Juden Jacob Taubes gegenüber Carl Schmitt, der sich nach 1945 nie vom NS-Regime distanzierte, ziehe ich für mich die Schlussfolgerung: Dr. Maximilian Rech zu verurteilen steht mir als einem Vertreter der nachgeborenen Generation nicht zu; denn ich konnte gar nicht dabei sein.

 

Dr. Rech fand seine letzte Ruhestätte auf dem katholischen Friedhof Neumünster. Lassen Sie mich auch an dieser Stelle Jabob Taubes das Wort geben: Anlässlich des Todes von Carl Schmidt stellte Jacob Taubes für sich fest, er traue sich nicht, „jemanden zu richten, der den Frieden mit der Kirche gemacht hat und in ihr gestorben ist...

 

Auch Dr. Rech scheint den Frieden mit der Kirche gemacht zu haben und in ihr am 13.12.1949 gestorben zu sein. Er verantwortete sich – dem jüdischen und christlichen Verständnis folgend – vor dem göttlichen Gericht. Vielleicht hat auch er „ein oder zwei Jahre verrückt gespielt, hemmungslos...“ Sein politisches Wirken insgesamt zu beschreiben und zu beurteilen, bleibt noch zu erledigende Aufgabe des Historikers.

 

Die Straßenbezeichnung, entschieden durch den Stadtrat Ottweilers am 14. Mai 1954, weil Dr. Rech „über 20 Jahre mit vorzüglicher Arbeitskraft und unparteiisch für den Kreis und die Stadt Ottweiler Großes geleistet hat“, hält die Erinnerung an ihn wach. Über diese Begrün-dung mag sich jeder der hier Anwesenden seine eigenen Gedanken machen.

 

Großes“ leisteten andere Personen für die Stadt Ottweiler, ohne dass eine Straßenbe-nennung die Erinnerung an sie bewahrt: Ich denke dabei z.B. an den protestantischen Pfarrer Georg Christian Woytt (1694 – 1764), ich denke an Samuel Levy, den Lehrer der jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825 – 1875, ich denke an die jüdischen Familien Coblenz und Albert, die das Leben der jüdischen Gemeinde Ottweiler und der Stadt Ottweiler im 19. Jahrhundert maßgeblich mitprägten. Ich denke an all die in der Öffentlichkeit Namenlosen, die ihrer Heimat, in der sie tief verwurzelt waren, treu geblieben sind, die Ottweiler treu geblieben sind, treu bis in den Tod.

 

Wenn also eine Straßenbezeichnung die Erinnerung an Dr. Maximilian Rech bewahrt –erscheint es dann nicht nachdenkenswert, ja angebracht, durch Stolpersteine an die jüdischen Bewohner Ottweilers zu erinnern, deren Vermögen Dr. Rech als Untertreuhänder in deutsche Hände überführte, vielleicht wissend, dass die Deportierten nie mehr zurückkommen werden? Geben wir den fast Vergessenen durch Stolpersteine ihre Namen zurück. Denn : Ein Mensch ist erst dann tot, wenn sein Name vergessen ist. Bewahren wir die Namen der Deportierten durch Stolpersteine vor dem Vergessen, damit auch die jüdische Gemeinde in ihrer Endphase „im Land der Lebendigen, des Lebens“ erhalten bleibt.

 

In aller Bescheidenheit beschließe ich meine Rede mit einem Gedicht von Bert Brecht, das dieser 1933, also 23 Jahre vor seinem Tode verfasste, und hoffe, dass meine Vorschläge zu einer offenen und ernsthaften Diskussion über die Fortsetzung der Erinnerungsarbeit führen:

 

„Ich benötige keinen Grabstein, aber

Wenn ihr einen für mich benötigt

Wünschte ich, es stünde darauf:

Er hat Vorschläge gemacht. Wir

Haben sie angenommen.

Durch eine solche Inschrift wären

Wir alle geehrt.“

 

Ich wünsche Ihnen trotz der nachdenklich stimmenden Thematik der Ausstellung noch einen schönen Sonntag.

 

Vielen Dank.

[Regionalforum-Saar] NSDAP-Ortsgruppe Niederkirchen im Ostertal – Versuch einer Rekonstruktion

Date: 2012/10/24 13:21:00
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Hoof. Zu seiner traditionellen Vortragsveranstaltung am 1. November (Allerheiligen-Feiertag), 17 Uhr, lädt der Heimat- und Kulturverein Ostertal auch in diesem Jahr ins protestantische Gemeindehaus Hoof ein. Das Thema lautet diesmal „Die NSDAP-Ortsgruppe Niederkirchen im Ostertal – Versuch einer Rekonstruktion“. Referent ist Hans Kirsch aus Selchenbach.

 

Die Mitgliederkartei und die sonstigen Unterlagen der Ostertaler NSDAP-Ortsgruppe, so der Heimatverein, seien am Ende des Zweiten Weltkriegs in Niederkirchen verbrannt worden. Es habe daher umfangreicher Nachforschungen bedurft, um die Mitgliederstruktur der Ortsgruppe, die die sieben Gemeinden der Bürgermeisterei Niederkirchen umfasst habe, wieder sichtbar zu machen. Hans Kirsch und Klaus Zimmer hätten vor allem im Bundesarchiv Berlin geforscht und dabei die Mitgliederkartei der Reichs-NSDAP mit ihren zehn Millionen  Karteikarten ausgewertet. Die Ergebnisse würden nun bei der Veranstaltung präsentiert. Man wisse, so der Verein, dass es sich um ein brisantes Thema handele, über das aber 67 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches endlich gesprochen werden müsse.

Der Veranstaltungsraum liegt in der Ortsmitte von Hoof, gegenüber der evangelischen Kirche.

[Regionalforum-Saar] jeder darf mal ran!

Date: 2012/10/25 12:23:42
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Sehr geehrtes Vereinsmitglied,

 

im Rahmen unserer Vortragsreihe: „Das Saarland. Geschichte einer Region“ möchten wir Sie herzlich zu der folgenden Veranstaltung einladen:

 

Unter neuen Herren – Die Saarregion zwischen 1815 und 1850

 

Referent:                    Prof. Dr. Peter Burg

Termin:                       Freitag, 2. November 2012, 19:30 Uhr

Ort:                             Landratsamt Saarlouis, Kaiser-Wilhelm-Straße 4, 66740 Saarlouis

Mitveranstalter:          KVHS Saarlouis

 

Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Geschäftsstelle

 

 

Historischer Verein fuer die Saargegend e.V.

Geschaeftsstelle:  Landesarchiv Saarbruecken

Dudweilerstrasse 1

66133 Saarbruecken-Scheidt

Tel.: 0681/ 501-1922

Fax: 0681/ 501-1933

E-Mail: geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de

 

[Regionalforum-Saar] Stengel läßt grüßen

Date: 2012/10/25 12:24:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>

Liebe Mitglieder,

 

hier die neue Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft im Historischen Verein:

 

Für die Mitglieder des Historischen Vereins und Gäste:

 

Besuch der
Stengel-Ausstellung im Saarbrücker Stadtarchiv:

 

Mittwoch, 7.11.2012 um 18 Uhr 30,
Vortrag und Einführung
in die Stengel-Ausstellung des Stadtarchivs Saarbrücken
durch unser  Vorstandsmitglied Ruth Bauer

 

Die Ausstellung im Saarbrücker Stadtarchiv widmet sich der Frage, wie sich im Laufe von 250 Jahren die Bewertung der Bauwerke Stengels  und des Barock generell geändert haben.

Es ist das große Verdienst Karl Lohmeyers, die Saarbrücker zu Beginn des 20. Jahrhunderts erst wieder auf die Bedeutung ihres „großen Baumeisters“ und seiner Werke in ihrer Stadt aufmerksam gemacht zu haben.

Heute sehen Denkmalschutz und Denkmalpflege zwar eine besondere Verantwortung in der Erhaltung des Stengel-Erbes, dennoch unterliegen auch sie gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen.

Nur so lassen sich der Kampf um eine barocke Rekonstruktion des Ludwigsplatzes und der Ludwigskirche in den Nachkriegsjahren erklären und ebenso die langwierigen Diskussionen um die Wiederherstellung des Saarbrücker Schlosses als „Barockschloss“ oder als „Bürgerschloss".

 

Mit freundlichen Grüßen

Renate Lang-Koetz

 

Historischer Verein fuer die Saargegend e.V.

Geschaeftsstelle:  Landesarchiv Saarbruecken

Dudweilerstrasse 1

66133 Saarbruecken-Scheidt

Tel.: 0681/ 501-1922

Fax: 0681/ 501-1933

E-Mail: geschaeftsstelle(a)hvsaargegend.de