Date: 2012/05/02 07:51:57
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Subject: Zs: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters
67 (2011), 2 ------------------------------------------------------------------------ INHALTSVERZEICHNIS Aufsätze Rolf Köhn Noch einmal zur Identität des 'Hugo Falcandus' (498-499) Alexander Patschovsky Eine Antichrist-Auslegung zu Lev. 24, 10-14: Das Werk Joachims von Fiore? (500-543) Jürgen Petersohn Fragmente einer unbekannten Fassung der Ottoviten-Kompilationen des Michelsberger Abtes Andreas Lang (544-593) Folker Reichert Ein cleins ringlein, an allen heilgen stetten angerürt. Zur materiellen Überlieferung der Heiliglandfahrten im 15. Jahrhundert (594-609) Miszellen Ingrid Heidrich Fälschung aus gelehrtem Eifer. Johannes Nauclerus und die angebliche Schutzurkunde des Hausmeiers Karlmann für Bonifatius (610-625) Berichte Regesta Imperii. Bericht über den Stand und die Fortführung der Arbeiten im Jahr 2011/2012 (626-635) Besprechungen und Anzeigen 1. Allgemeines (636-645) 2. Hilfswissenschaften und Quellenkunde (646-666) 3. Politische und Kirchengeschichte des Mittelalters (667-761) 4. Rechts- und Verfassungsgeschichte (762-807) 5. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte (808-827) 6. Landesgeschichte (828-843) 7. Kultur- und Geistesgeschichte (844-920) ------------------------------------------------------------------------ Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters (DA). Köln ; Weimar ; Wien: Böhlau Verlag Köln. ISBN 978-3-412-20840-0; ISSN 0012-1223 Homepage <http://www.mgh.de/publikationen/zeitschriften/deutsches-archiv-fuer-erforschung-des-mittelalters/> Weitere Informationen zu dieser Zeitschrift <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/zeitschriften/id=158> |
Date: 2012/05/02 07:57:53
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Fouquet, Gerhard; Zeilinger, Gabriel: Katastrophen im
Spätmittelalter [Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, ISBN 978-3-534-24699-1]. Darmstadt / Mainz: Philipp von Zabern Verlag 2011. ISBN 978-3-8053-4362-6; geb.; 172 S.; EUR 29,90. Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Christian Rohr, Historisches Institut, Universität Bern E-Mail: <christian.rohr(a)hist.unibe.ch> Die Erforschung von Katastrophen, ob Seuchen, Hungersnöte oder Naturkatastrophen, hat im letzten Jahrzehnt gleichsam Konjunktur. Während sich die Forschung zunächst eher der Frühneuzeit zuwandte[1], sind in den letzten Jahren auch vermehrt Studien zum (Spät-)Mittelalter[2] sowie epochenübergreifende Analysen[3] erschienen, häufig in Form von Sammelbänden.[4] Auch Gerhard Fouquet hat in Aufsatzform zur Geschichtsbetrachtung zweier Katastrophen im Spätmittelalter beigetragen[5], die sich auch im vorliegenden Band inhaltlich wiederfinden. Schon im Vorwort betonen die beiden Autoren, dass es deren Absicht gewesen sei, "ein Buch für alle interessierten Leser und Leserinnen zu schreiben. Im Mittelpunkt stehen Erzählungen über einzelne Extremereignisse des Spätmittelalters." (S. 7) Diese zeitgenössischen Quellen sollen vor allem als Zeugnisse der damaligen Katastrophenwahrnehmung dienen. Damit wird schon deutlich, dass es in erster Linie um einen eher exemplarischen, kulturgeschichtlichen Ansätzen verpflichteten Zugang geht. Wie die Kapitelübersicht zeigt, fassen Fouquet und Zeilinger den Katastrophenbegriff eher weit: der Bogen reicht von Überschwemmungen und Seenot über Erdbeben und Hungersnöte bis hin zu Stadtbränden, Seuchen, Krieg und Inflation. Das einleitende Kapitel setzt sich mit Katastrophen als "conditio humana" (Arno Borst) auseinander. Zu diesem Zweck werden vergleichend der Bericht zum Tsunami in Japan 2011 (ARD Tagesschau extra vom 11. März 2011) und der zu einem schweren Sturm in Deutschland 1338 (Tilemann Elhen von Wolfhagen, Limburger Chronik) gegenübergestellt, um die Aktualität der Fragestellung zu betonen. Wie sehr Katastrophen und Krisen aller Art das Leben der Menschen im Spätmittelalter beeinflussten, wird anhand von Auszügen aus der Augsburger Chronik Burkard Zinks zu den Jahren 1417 bis 1467 aufgezeigt (S. 15f.). Methodische Überlegungen sucht man in diesem Kapitel allerdings vergeblich. Das Thema Hochwasser wird am Beispiel der beiden schweren Birsigüberschwemmungen in Basel 1529 und 1530 abgehandelt (S. 20-34). Die Darstellung baut dabei vor allem auf den Chroniken von Hans Stoltz aus Gebweiler sowie des Basler Ratsherrn Konrad Schnitt auf. Während es bei den beiden Chronisten vor allem um die Darstellung des Schadensausmaßes geht, werden die beiden Überschwemmungen in den Aufzeichnungen eines Basler Kartäusers von etwa 1532 als Gottesurteil wider den neuen Glauben gedeutet (S. 25). Gleichsam als Lehre wurden in der sogenannten Wasserordnung vom 4. April 1531 die durch Zünfte und Gesellschaften zu übernehmenden Schutzmaßnahmen koordiniert. 1537 wurde eine bronzene Gedenktafel gestiftet, die sich bis heute am Pfeiler des mittleren Rathausportals befindet. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Aufstellung zur Häufigkeit von Hochwassern und Eisgängen in Basel zwischen 1454 und 1542 (S. 32-34), die ein Bild davon gibt, wie zahlreich kleinere und mittlere Schadensereignisse für die Menschen am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit waren. Für die Ausführungen zu mittelalterlichen Sturmfluten und insbesondere zum Untergang der sagenhaften Stadt Rungholt 1362 greifen die Autoren immer wieder auf das berühmte Gedicht "Trutz, Blanke Hans" von Detlev von Liliencron aus dem Jahr 1882 zurück und stellen dieses den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Chroniken, allen voran der Chronik von Anton Heimreich (1666), gegenüber (S. 35-47). Gute Karten illustrieren, wie sich die Küstenlinie im nordfriesischen Wattenmeer zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert veränderte, sodass schließlich nur mehr die kleinen Inseln Pellworm und Nordstrand übrig blieben. Leider bleibt das Kapitel eher deskriptiv; genauere Ausführungen zur Mythenbildung rund um diesen "Atlantis-Mythos" (S. 35) der Nordsee wären hier sicher interessant gewesen. Wirklich innovativ ist das Kapitel über Schiffsuntergänge im Spätmittelalter (S. 48-57), die "wohl häufigsten und schwersten Verkehrsunglücke des Mittelalters" (S. 11). Die Autoren gehen dabei zum einen auf die Gefahren der Pilger ein, die mit dem Schiff das Heilige Land anstrebten, zum anderen aber auch auf die Havarie des venezianischen Stadtadeligen Pietro Querini 1431/32 im Nordmeer, unweit der heutigen Lofoten. Interessant sind zudem die - wenn auch kurzen - Ausführungen zu den Seehandelsgesellschaften, die im Falle eines Schiffsuntergangs eine Art Seeversicherung garantierten (S. 49). Das Kapitel zu spätmittelalterlichen Erdbeben (S. 58-73) beginnt mit den Wahrnehmungen des Erdbebens auf Kreta im Jahr 1494 durch einen kleinadeligen anonymen Jerusalem-Pilger. Danach steht aber das schwere und sehr gut dokumentierte Erdbeben von Basel im Mittelpunkt der Erzählung. Wirklich neue Erkenntnisse sind daraus nicht zu erfahren, doch zeigt eine Schadenskarte sehr anschaulich das Ausmaß der Zerstörungen (S. 65). In der Hungerforschung wurde in den letzten Jahren besonders die Zeit zwischen 1437 und 1440 genau untersucht.[6] Darauf stützen sich auch die Ausführungen des Kapitels, das zu Recht mit "Nicht nur eine ungnädige Natur: Hunger" betitelt ist (S. 74-83). Damit wird deutlich gemacht, dass Hungerkrisen nicht nur eine klimatische Seite aufwiesen, sondern auch gute oder schlechte Einkaufs- und Vorratspolitik eine maßgebliche Rolle dabei spielten. Analog zu der in der Forschung üblichen Unterscheidung zwischen "Hungerkrise" und "Hungersnot" wäre es in diesem Zusammenhang sinnvoll gewesen, auch die mehrfach verwendeten Begriffe "Versorgungskatastrophe" und "Hungerkatastrophe" näher zu definieren. Beim Thema Stadtbrände (S. 84-102) stützen sich die beiden Autoren zunächst auf das Beispiel des Brandes von Frankenberg im Jahr 1476, das von Fouquet selbst schon aufgearbeitet wurde.[7] Wie häufig diese Stadtbrände für Gefahr sorgten, zeigt die Brandchronik für Basel zwischen 1445 und 1549, die nicht weniger als 63 Brandereignisse verzeichnet, also im Durchschnitt alle 20 Monate einen nennenswerten Brand (S. 92f.). Aufschlussreich sind auch die ausführlichen Erörterungen zur Brandbekämpfung: Städtische Ordnungen geben davon ebenso Nachricht wie etwa der Reisebericht des Kastiliers Pero Tafur, der 1438 einen Stadtbrand in Straßburg miterlebte. Epidemien, und dabei wiederum vor allem die Pest, hatten einen entscheidenden Einfluss auf die demographische Entwicklung im Spätmittelalter. Die Ausführungen zur Pestwelle zwischen 1347 und 1352, ihren Auswirkungen und Erklärungsversuchen haben über weite Strecken nur einführenden Charakter (S. 103-125). Konkreter wird die Situation in Norddeutschland ausgeführt, wobei chronikale Berichte ebenso Beachtung finden wie die archäologische Analyse zweier Massengräber für die Pesttoten in Lübeck. Kurz wird auch das Thema Judenpogrome im Zusammenhang mit der Pest gestreift. Kriegskatastrophen werden an zwei Beispielen abgehandelt: dem süddeutschen Städtekrieg von 1449/50 und der Belagerung von Neuss 1474/75 (S. 126-138). Daran wird deutlich, dass sich die Kriegsführung von den großen, entscheidenden Schlachten hin zu Abnutzungskriegen verschoben hatte; Söldnerheere kämpften anstelle der einstigen Ritter- und Bauernheere. Die Bilanz der Belagerung von Neuss zeigt auch, dass immer mehr die Zivilisten zu den Kriegsopfern gehörten. Das letzte kurze Kapitel setzt sich mit "Katastrophen des Geldes" auseinander (S. 139-142). Kurz kommen dabei der Kärntner Chronist Jakob Unrest sowie der Augsburger Burkard Zink zur Schinderlingszeit im Jahr 1459 zu Wort. Wirtschaftsgeschichtliche Ausführungen zu den Hintergründen und den Auswirkungen des ständigen Münzverrufs vermisst man hingegen. Wer sich vom Titel des Buches eine umfassende Studie zu Katastrophen und deren Bewältigung im Spätmittelalter erwartet hat, wird vielleicht etwas enttäuscht sein, da der Überblick dafür zu exemplarisch bleibt und kaum über den bisherigen Forschungsstand hinausgeht; auch methodisch-theoretische Überlegungen sind nur in Ansätzen vorhanden. Doch dies ist, wie schon eingangs erwähnt, auch gar nicht das erklärte Ziel der Autoren. Als Einstieg in die Thematik eignet sich der Band hingegen sehr gut: Der Stil ist flüssig, die Quellenbeispiele sind gut gewählt, die Bilder anschaulich und in guter Qualität, das Literaturverzeichnis übersichtlich. In jedem Fall zeigt sich, dass Katastrophen für die Lebenswelten der Menschen zu allen Zeiten eine maßgebliche Rolle spielten und daher mittlerweile zu Recht einen festen Platz in der Geschichtsforschung einnehmen. Anmerkungen: [1] Vgl. als richtungsweisende Fallstudie Manfred Jakubowski-Tiessen, Sturmflut 1717. Die Bewältigung einer Naturkatastrophe in der Frühen Neuzeit (Ancien Régime. Aufklärung und Revolution 24), München 1992. Die weitere Forschung konzentrierte sich in der Folge auf Fallstudien, beispielsweise zum Erdbeben von Lissabon 1755, auf einzelne Katastrophenarten und ihre Bewältigung (zuletzt Cornel Zwierlein, Der gezähmte Prometheus. Feuer und Sicherheit zwischen Früher Neuzeit und Moderne, Göttingen 2011) oder auf zeitgenössische Wissensdiskurse (zuletzt etwa Matthias Georgi, Heuschrecken, Erdbeben und Kometen. Naturkatastrophen und Naturwissenschaft in der englischen Öffentlichkeit des 18. Jahrhunderts, München 2009). [2] Kay Peter Jankrift, Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003; Christian Rohr, Extreme Naturereignisse im Ostalpenraum. Naturerfahrung im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit (Umwelthistorische Forschungen 4), Köln 2007; Christian Jörg, Brände, Teure, Hunger, Großes Sterben. Hungersnöte und Versorgungskrisen in den Städten des Reiches während des 15. Jahrhunderts (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 55), Stuttgart 2008. [3] Vgl. zu Sturmfluten Dirk Meier, Land unter! Die Geschichte der Flutkatastrophen, Ostfildern o.J. [2005]; Bernd Rieken, "Nordsee ist Mordsee". Sturmfluten und ihre Bedeutung für die Mentalitätsgeschichte der Friesen (Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands 83 = Nordfriisk Instituut 186), Münster 2005. [4] Die Zahl der Sammelbände zum Thema wächst jedes Jahr. Vgl. besonders Christian Pfister (Hrsg.), Am Tag danach. Zur Bewältigung von Naturkatastrophen in der Schweiz 1500-2000, Bern 2002; Dieter Groh / Michael Kempe / Franz Mauelshagen (Hrsg.), Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert (Literatur und Anthropologie 13), Tübingen 2003; Monika Gisler / Katja Hürlimann / Agnes Nienhaus (Hrsg.), Naturkatastrophen / Catastrophes naturelles (Special Issue von Traverse. Zeitschrift für Geschichte / Revue d'Histoire 10, 3), Zürich 2003; Michael Kempe / Christian Rohr (Hrsg.), Coping with the Unexpected. Natural Disasters and Their Perception (Environment and History, Special Issue 9, 2), Strond 2003; Gerrit Jasper Schenk / Jens Ivo Engels (Hrsg.), Historical Disaster Research. Concepts, Methods and Case Studies / Historische Katastrophenforschung. Begriffe, Konzepte und Fallbeispiele (Historical Social Research, Special Issue 32, 3), Köln 2007; Gerrit Jasper Schenk (Hrsg.), Katastrophen. Vom Untergang Pompejis bis zum Klimawandel, Ostfildern 2009. [5] Gerhard Fouquet, Das Erdbeben von Basel - für eine Kulturgeschichte der Katastrophen, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 103 (2003), S. 31-49; Gerhard Fouquet, Für eine Kulturgeschichte der Naturkatastrophen. Erdbeben in Basel 1356 und Großfeuer in Frankenberg 1476, in: Andreas Ranft / Stephan Selzer (Hrsg.), Städte aus Trümmern. Katastrophenbewältigung zwischen Antike und Moderne, Göttingen 2004, S. 101-131. [6] Jörg, Hunger, wie Anm. 2. [7] Vgl. oben, Anm. 5. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Wolfgang Eric Wagner <wolfgang-eric.wagner(a)uni-rostock.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2012-2-083> |
Date: 2012/05/04 23:33:39
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
„St. Wendel ehemals und
heute“ Als St. Wendeler
glauben wir, unsere Stadt genauestens zu kennen. Doch wie sah es
früher aus – was ist daraus geworden? Roland Geiger
zeigt in einer einmaligen Gegenüberstellung Bilder von gestern und
heute. Zeit: Dienstag, 08. Mai 2012 um 20
Uhr Ort: Cusanus-Haus in St. Wendel am
Fruchtmarkt Veranstalter: Die Kolpingfamilie St. Wendel
|
Date: 2012/05/05 10:17:37
From: Edgar Brück <edgar.brueck(a)hs-rm.de>
Lieber Roland, vielen Dank für Deine Einladung. Leider kann ich am Di nicht kommen. Da bin ich in Wiesbaden. Ich hoffe, dass ich Du den Vortrag nochmal wiederholst. Am besten am Wochenende!
„St. Wendel ehemals und heute“ Als St. Wendeler glauben wir, unsere Stadt genauestens zu kennen. Doch wie sah es früher aus – was ist daraus geworden? Roland Geiger zeigt in einer einmaligen Gegenüberstellung Bilder von gestern und heute. Zeit: Dienstag, 08. Mai 2012 um 20 Uhr Ort: Cusanus-Haus in St. Wendel am Fruchtmarkt Veranstalter: Die Kolpingfamilie St. Wendel |
Date: 2012/05/07 15:49:18
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Bewegendes KinderschicksalWolfgang Brenner stellt heute sein neues Buch „Hubert im Wunderland“ vorWolfgang Brenner hat sich als preisgekrönter Krimi-, Roman-, und Sachbuch-Autor einen Namen gemacht. Heute Abend stellt er im Saarbrücker Künstlerhaus „Hubert im Wunderland vor“. Es erscheint dieser Tage im Conte-Verlag und erzählt die Lebensgeschichte eines Saarländers, der 1933 als 11-Jähriger nach Moskau gebracht und zum Spielball der Politik wird. SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss sprach mit Brenner.Ihr Buch erzählt von einem 11-jährigen Sohn einer kommunistischen saarländischen Familie, der 1933 von einem deutsch-russischen Journalisten-Paar mit nach Moskau genommen und dort zum Vorzeige-Pionier, zum Star wird, um später im stalinistischen Lager zu landen. Eine unglaubliche, aber historisch verbürgte Geschichte. Wie haben Sie sie entdeckt? Brenner: Als ich 2007 meine große Walther-Rathenau-Biografie abgeschlossen hatte, suchte ich ein Thema. Irgendwann stieß ich in dem berühmten Buch von Wolfgang Leonhard „Die Revolution entlässt ihre Kinder“ auf eine eigentümlich Episode, nämlich dass Leonhard 1941 in Karaganda (in der kasachischen Steppe, unter Stalin Verbannungsort, Anm. d. Red.), einen zerlumpten Jungen trifft, den er aus der deutschen Schule in Moskau kennt und der aus dem Saarland kommt. Das hat mich als Saarländer natürlich sehr beschäftigt. Ich fand heraus, dass der Junge Hubert L'Hoste hieß, Sohn einer kommunistischen Familie war und aus Oberlinxweiler stammt, ich bin in Sotzweiler aufgewachsen, also fast ein Nachbarort. Ich fing an zu recherchieren, und merkte schnell, dass das mehr ist als eine Emigrantengeschichte. Inwiefern? Brenner: Es ist eine Geschichte, die ganz stark ins Zentrum der Historie geht, denn da wird ja ein kleiner Junge zerrieben zwischen den totalitären Systemen. Und es geht um die Wurzeln des Saarlandes. Denn wenn man nicht weiß, was sich 1933/34 im Saargebiet abspielte, nämlich der Abstimmungskampf, kann man nicht verstehen: Warum ist eine Familie bereit, ihren Jungen ins ferne Moskau zu schicken? Für mich die zentrale erzählerische Frage. Sie konnten sich auf ein paar Quellen stützen. Maria Osten, die KP-Journalistin, die den Jungen mitnahm, hat 1935 über die erste Zeit in Moskau das Buch „Hubert im Wunderland“ veröffentlicht. Sie berufen sich auf die Osten-Biografie „Transit Moskau“ von 1998. Wie schwierig war die Recherche? Brenner: Ich habe fünf Jahre recherchiert. Es war schon sehr schwierig, an Ostens Buch heranzukommen. Das Ganze war ja ein kalkuliertes Projekt ihres Partners, eines Prawda-Journalisten. Hubert sollte als Propaganda-Vehikel dienen gegen den Nationalsozialismus. Um seine Familiengeschichte aufzuarbeiten, bin ich nach Oberlinxweiler gefahren.. Mein großes Glück war, dass ich Huberts Schwester Anneliese, die letzte Überlebende der Familie L'Hoste, in Frankreich traf, sie konnte einiges zurechtrücken. Ihr Buch geht auch auf die Geschichte, des Saarabstimmungskampfes, des Spanischen Bürgerkriegs, der Stalinzeit ein. . .
Brenner: Die Verknüpfung von großer und kleiner Geschichte war das Problem. Ich bin mit dem Buch jahrelang bei Verlagen hausieren gegangen. Die einen wollten nicht, dass ich eine regionale Geschichte erzähle, die anderen nicht, dass ich so eine großpolitische Erscheinung wie Stalinismus aus der Perspektive eines kleinen Jungen erzähle. Bei einem regionalen Verlag hat es bessere Chancen, Leser zu finden. Lesung: Heute, 20 Uhr im Künstlerhaus in Saarbrücken. |
Date: 2012/05/07 18:16:38
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ im Saarland-Teil:
Fotografierte KulturgeschichteAugust Sander-Ausstellung in MerzigAls Chronist von Land und Leuten prägte August Sander die Fotografie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen der Reihe „Mono 2012“, die mit insgesamt 21 Ausstellungen in der Großregion parallel zur Kasseler Documenta zeitgenössische künstlerische Positionen präsentiert, zeigt das Museum Schloss Fellenberg in Merzig jetzt eine Schau mit Fotografien von Sander.Vonb SZ-Mitarbeiter Bülent GündüzMerzig. August Sander (1890-1964) teilt das Schicksal vieler großer Fotografen des 20. Jahrhunderts: Er ist nur wenigen Kennern ein Begriff, dabei war er einer der wichtigsten Protagonisten der Neuen Sachlichkeit und prägte die Fotografie in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich. Die Künstler der Neuen Sachlichkeit wollten ihre Umgebung möglichst objektiv beobachten und dokumentieren, die Einfachheit und Schönheit der Welt nüchtern darstellen. Sander war ein Meister der Porträtfotografie dieser Stilrichtung. Berühmt wurde er mit seinem Buch „Menschen des 20. Jahrhunderts“, in dem er mehrere Hundert Porträts von Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Berufsgruppen zeigte. Damit schuf er ein umfassendes Gesellschaftsbild seiner Zeit. In einer Rezension zu Sanders 1929 erschienenen Bildbandes „Antlitz der Zeit“ lobte Kurt Tucholsky die Arbeiten als „fotografierte Kulturgeschichte“. Das Museum Schloss Fellenberg in Merzig zeigt mit Sanders Landschaftsfotografien ein bisher wenig beachtetes Kapitel aus seinem Schaffen. Sander nutzte viele der Fotos für Zeitschriften und Bücher und stellte von einigen auch Postkarten her. In den 1930er Jahren publizierte er mehrere kleinformatige Hefte, die sich dem Siebengebirge, der Eifel, der Mosel, dem Bergischen Land und der Saar widmeten. Neben Landschafts- und Architekturfotografien nahm er dabei auch Porträts von für die Region typischen Bewohnern in sein Bildrepertoire auf und wurde so zum Chronisten von Land und Leuten. Das Atelier Sanders war ein Familienunternehmen und insbesondere August Sanders ältester Sohn Erich widmete sich der Landschaftsfotografie. So sind die hier gezeigten Fotos von der Saar Aufnahmen von Erich. Ohne eine genaue Zuschreibung wäre es aber unmöglich, die Arbeiten von Vater und Sohn auseinander zu halten. Die kleine aber feine Schau zeigt eine Auswahl an Landschafts- und Architekturfotografien und ergänzt diese durch Porträtfotos und Einblicke in die Bücher von Sander. Die 100 Exponate stammen aus dem umfangreichen Sander-Archiv der Photographischen Sammlung der Kulturstiftung der Sparkasse Köln. Besonders sehenswert: die Fotografien, die das Saarland in den 1920er und 1930er Jahren dokumentieren. Natürlich dürfen da Ausblicke auf die Saarschleife nicht fehlen, aber auch Straßenansichten aus Ottweiler, Homburg und St. Wendel sind dabei, die Neunkircher Hütte, der Bliesgau oder Ausblicke auf die Dächer der Landeshauptstadt. Bis 19. 8. Di-So: 14-18 Uhr. |
Date: 2012/05/09 12:15:01
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
ich habe eben über ein paar Umwege die nachstehende Pressemitteilung
erhalten.
Die Einweihung der Figur findet morgen, Donnerstag, 17 Uhr, in situ statt.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
-------------------------
2008 hatte Bürgermeister Klaus Bouillon die Idee, bedeutende St. Wendeler
Persönlichkeiten – oder solche, die für die Geschichte der Stadt prägend waren –
mit einer lebensgroßen Bronzeskulptur zu würdigen, um sie auf diese Weise im
Gedächtnis der Bürger/innen lebendig zu halten. Nach intensivem Suchen wurde der
Bildhauer Kurt Tassotti (geb. 1948 in Feldkirchen/K. Österreich) für diese
Aufgabe ausgewählt. Dieser Künstler hat sich längst durch eine Vielzahl von
Arbeiten im öffentlichen Raum bundesweit einen Namen geschaffen. Tassotti
studierte Bildhauerei bei Karl-Henning Seemann und Alfred Hrdlicka und ist seit
1986 als freischaffender Künstler tätig. Seine Plastiken überzeugten die
Verantwortlichen der Stadt davon, dass er im Spannungsfeld zwischen
naturnah-figürlich und formvereinfacht-abstrakt mit vielen unterschiedlichen
Ausdrucksmöglichkeiten umgehen kann. Tassotti lebt und arbeitet in Mühlacker
(Baden-Württemberg).
Mittlerweile stehen die ersten zwei Figuren. Hierbei handelt es sich um den hl. Wendelinus, Namensgeber der Stadt (seit Oktober 2009), und Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Stammmutter der Windsors (seit Oktober 2010; sie bekam allerdings 2011 einen neuen Standort am Rathaus). Nun werden der Bildhauer und der Bürgermeister am Donnerstag, dem 10. Mai, die dritte Bronzeskulptur einweihen: Lenchen Demuth, die Haushälterin, inspirierende Gesprächspartnerin und mutmaßliche Geliebte von Karl Marx. Der Künstler schreibt über seine Konzeption: „Durch die Auseinandersetzung mit der Person Lenchen Demuth kam ich ihr nahe. Ich stelle sie als werdende Mutter dar und damit unterstreiche ich ihre eigenständige starke Persönlichkeit, trotz ihrer selbstlosen Art gegenüber Marx. Die Bronzeplastik ist eine Hommage an Lenchen Demuth“. Lenchen steht in der Nähe der alten Stadtmauer; die Feierlichkeit wird um 17 Uhr stattfinden. Der Künstler ist anwesend. |
Date: 2012/05/09 16:33:28
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Einladung zur
Buchvorstellung Hans
Peter Klauck Die Einwohner der
Stadt Saarlouis 1851 -
1902
3
Bände am Kreis- und Europastadt Saarlouis Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.
V.
Montag, 21. Mai 2012 um 18 Uhr im Saarlouiser
Rathaus, Empfangssaal, Großer Markt
1 Grußwort Oberbürgermeister Roland
Henz Vorstellung des
Buches Dr. Barbara Ames-Adler,
Geschäftsführerin der Vereinigung für die Heimatkunde Quellen zur Genealogie der Stadt
Saarlouis Gernot Karge Zu dieser Buchvorstellung laden wir Sie ganz herzlich ein! |
Date: 2012/05/10 11:37:47
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Am 24. April 1944 musste auf dem
Buberg, der Höhe zwischen Marth und Bubach im Ostertal, ein amerikanischer
B-17-Bomber notlanden. Auf den Tag genau 68 Jahre später, am
24. April 2012, starb das letzte Besatzungsmitglied dieses Bombers, der
Kugelturmschütze Edward D. McKenzie, in seiner Heimat im US-Bundesstaat New
Hampshire. Das teilte jetzt der Heimat- und Kulturverein Ostertal
mit. Nach der Notlandung 1944 waren alle
zehn Besatzungsmitglieder in deutsche Gefangenschaft gekommen und kehrten nach
Kriegsende wohlbehalten in die USA zurück. Im April 1996 kamen Ed McKenzie und
John Blaylock, der ehemalige Heckschütze der B 17, auf Einladung des Heimat- und
Kulturvereins Ostertal nach Deutschland und nahmen an einer bewegenden
Gedenkfeier auf dem Buberg teil. Dabei trafen sie erstmals auf den ehemaligen
deutschen Jagdflieger Hans Berger, der den US-Bomber damals im Luftkampf
angeschossen und zur Notlandung gezwungen hatte. Seitdem stand der Heimat- und
Kulturverein Ostertal, insbesondere Klaus Zimmer, der die Ereignisse und Folgen
der Notlandung erforscht und veröffentlicht hat, mit McKenzie in Kontakt. John
Blaylock ist schon vor einigen Jahren verstorben, Hans Berger lebt heute noch in
München. Auch er wurde von dem Ableben McKenzies durch dessen Sohn
informiert. Ed McKenzie hat seine Erlebnisse im
Zweiten Weltkrieg in einem Buch mit dem Titel „Boys at War, Men at Peace“ im
Jahre 1998 veröffentlicht (Vantage Press, New York, NY, ISBN
0-533-12466-2). |
Date: 2012/05/11 09:37:41
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Die Herrscher gaben den Glauben vor2500 Jahre KulturgeschichteDie Reformation
Vier Grafschaften und Herzogtümer hatten in der Reformation im St. Wendeler Land das SagenMit Seminaren und Vorträgen beleuchtet die Kulturlandschaftsinitiative St. Wendeler Land 2500 Jahre Kulturgeschichte der Region. Ziel ist es, Bewusstsein für diese Geschichte und ihre Auswirkungen bis heute zu schaffen. In einem ersten Vortrag ging es um die Zeit der Reformation, in der das heutige St. Wendeler Land zu vier unterschiedlichen Herrschaftsgebieten gehörte. Mit Folgen bis heute. Werner Feldkamp hat die Fakten zusammengestellt.Niederkirchen. Die erste Vortragsveranstaltung zur Reformation im St. Wendeler Land stieß auf ein großes Interesse: Sowohl bei der Besichtigung der Margarethenkirche in Niederkirchen durch Pfarrer Stefan Werner wie auch beim Vortrag des Historikers Bernhard Planz im Paul-Gerhard-Haus folgten zahlreiche Zuhörer den Ausführungen der Referenten. Pfarrer Stefan Werner gab einen informativen Überblick über die Baugeschichte der Margarethenkirche in Niederkirchen. Die Zuhörer waren überrascht von den vielen Spuren und Details der über 1100-jährigen Geschichte der Kirche. Ausgestattet mit den Informationen zur Geschichte der Niederkircher Kirche waren die Zuhörer im Paul-Gerhard-Haus gespannt auf die Ausführungen des Historikers und Geschichtslehrers am Cusanus-Gymnasium über die Reformation und ihren Folgen für das St. Wendeler Land. Zur Einführung erläuterte der Vorsitzende der Kulturlandschaftsinitiative, Werner Feldkamp, als Veranstalter die Grundzüge der 2500-jährigen Kulturgeschichte des St. Wendeler Landes mit seinen fünf jeweils etwa 500 Jahre dauern-den Epochen. Anschließend führte Bernhard Planz in die Grundzüge der Reformation ein. Beginnend bei Luthers Thesenanschlag 1517 führte er die Zuhörer über die reformatorischen Tätigkeiten Zwinglis und Calvins bis zum wichtigen Reichstag 1555 in Augsburg, auf dem der Augsburger Religionsfriede beschlossen wurde. Dieser besagte, dass der Landesherr das Recht hatte, die Konfession der Untertanen zu bestimmen („Cuius regio, eius religio“). Dieses hatte bis auf den heutigen Tag nachwirkende Folgen insbesondere im St. Wendeler Land. Denn hier stoßen im Umfeld der Stadt St. Wendel die vier großen Landesherrschaften in unmittelbarer Nachbarschaft aufeinander: 1. Erzstift Trier: Dazu zählt das Amt St. Wendel mit Theley und Hasborn. So gehörten die Stadt St. Wendel und die Dörfer Urweiler, Roschberg, Baltersweiler, Hofeld-Mauschbach, Furschweiler, Reitscheid sowie Theley und Hasborn-Dautweiler zum Erzstift Trier, dessen Kurfürsten konsequent am Katholizismus festhielten. 2. Herzogtum Lothringen mit dem Amt Schaumburg und Oberkirchen: Und auch die Herzöge von Lothringen, zu dem das Oberamt Schaumburg mit den westlich an St. Wendel angrenzenden Dörfern Winterbach, Bliesen, Namborn, Güdesweiler, Oberthal, Gronig, Alsweiler, Marpingen, Tholey, Bergweiler, Sotzweiler gehörte, hielten konsequent am katholischen Glauben fest. 3. Herzogtum Pfalz-Zweibrücken mit dem Amt Nohfelden, mittleres Ostertal: Ganz anders verliefen die Entwicklungen östlich und südlich von St. Wendel: Die östlich gelegenen Dörfer Niederkirchen, Marth, Saal, Bubach, Leitersweiler, Hoof, Osterbrücken, gehörten zum Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Die Herzöge entschieden sich für die Reformation. Pfalzgraf Ruprecht führte 1533 die lutherische Konfession ein. Und sein Nachfolger Herzog Wolfgang schloss die lutherisch ausgerichtete Reformation mit der Auflösung der Klöster ab, zum Beispiel Hornbach und Wörschweiler. 4. Grafschaft Nassau-Saarbrücken, unteres Ostertal, südlich von St. Wendel: Südlich von St. Wendel schloss sich die Grafschaft Nassau-Saarbrücken mit den Dörfern Werschweiler, Dörrenbach, Niederlinxweiler, Oberlinxweiler, Remmesweiler, Urexweiler und Berschweiler an. Die Grafen haben sich sehr differenziert mit der Reformation auseinander gesetzt: Graf Johann-Ludwig hat zwar am alten Glauben festgehalten, er hat aber die Chance genutzt, und als Landesherr in das klösterlichen Leben eingegriffen. Seine Nachfolger Graf Philipp II. (1545-1554) und Graf Johann IV. (1554-1574) haben diese zurückhaltende und abwartende Politik fortgesetzt. Es wurden anfänglich reformatorische Ansätze geduldet, später aber auch aktiv unterstützt. Dieses änderte sich mit den Nachfolgern 1575. Die Grafen Albrecht und Philipp III. waren beide Lutheraner und setzten die Reformation in beiden Herrschaften Ottweiler und Saarbrücken mit dem Visitationsprotokoll von 1755 formal durch. Der sich unter anderem auf Grund der unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten der Herrschaften entwickelnde 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648 hat in unserer Region dramatische Veränderungen gebracht. Insbesondere das Schreckensjahr 1635 hat an der Saar tiefe Spuren hinterlassen. Aufgrund der mehrfachen Durchquerung der kaiserlichen und französisch-schwedischen Heere wurden zahlreiche Ortschaften weitgehend zerstört, so dass es zur Entvölkerung weiter Landstriche kam. Der Historiker Herrmann schätzt, dass im Bereich des Saarlandes die Bevölkerungsverluste etwa 85 Prozent betrugen. Eine Beruhigung trat mit dem Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück 1648 ein. Hier wurde festgelegt, dass die Frage des Glaubens nicht mehr vom Landesherrn bestimmt werden konnte. In der Folgezeit, insbesondere im 18. Jahrhundert, konnten sich die Dörfer langsam wieder erholen. In manchen Herrschaftsbereichen wurde von den Landesherren eine aktive Wiederansiedlung von Menschen aus anderen Regionen betrieben. Der Glaube spielte hierbei eine untergeordnete Rolle. Insgesamt stieg der Anteil der katholischen Bevölkerung im Zusammenhang mit dieser Entwicklung deutlich an. So kam es, dass in vielen ursprünglich reformierten Dörfern der Anteil der Katholiken doch wieder anstieg. Aber trotz dieser dramatischen Veränderungen im 17. und 18. Jahrhundert wirken die vor 500 Jahren von den damaligen Landesherren getroffenen Entscheidungen bis auf den heutigen Tag nach. Das Augenfälligste sind dabei die Wahlergebnisse in den einzelnen Dörfern. Neben diesen großen Entwicklungslinien wurde anhand von Beispielen der Frage nachgegangen, wie sich der Prozess der Reformation konkret vor Ort abgespielt hat. |
Date: 2012/05/11 22:17:51
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Subject: Konf: Burgenbau, Rittertum und Minnesang im 13. und 14. Jahrhundert - Die von Strättligen in herrschaftspolitischer und kulturgeschichtlicher Perspektive - Spiez (Schweiz) 06/12 ------------------------------------------------------------------------ Stiftung Schloss Spiez und Universität Bern 19.06.2012-20.06.2012, Spiez (Schweiz), ABZ, Schachenstrasse 43, 3700 Spiez Deadline: 04.06.2012 SPIEZER TAGUNG '12 In Einklang mit der neuen Dauerausstellung im Schloss, thematisiert die Spiezer Tagung '12 in unterschiedlichen Perspektiven die Freiherren von Strättligen. Diese sind die ersten schriftlich bezeugten Herrschaftsherren von Spiez und von 1175 bis 1338 urkundlich erwähnt. In herrschaftspolitischer Sicht interessieren ihre Strategien, um in Konkurrenz zu niederem und hohem Adel, der ausgreifenden Stadt Bern und der Reichspolitik bestehen zu können. Der steinerne Wohnturm gibt Anlass, die Bautätigkeit der von Strättligen und deren Lebensweise aus archäologischer Sicht zu beleuchten. Dabei faszinieren im Turm die einzigartigen Ritzzeichnungen aus dem frühen 14. Jh. Sie zeigen Knappen beim Turnier und verweisen auf eine blühende Ritterkultur im Berner Oberland. In der Grossen Heidelberger Liederhandschrift, dem Codex Manesse, sind drei Minnelieder Heinrichs von Strättligen überliefert. Diese öffnen kulturgeschichtliche Perspektiven und interessieren Germanisten, Kulturhistoriker und Musikwissenschaftler gleichermaßen. Die Besichtigung der neugestalteten Ausstellung "Strättligen" im Schloss Spiez und ein Konzert mit mittelalterlicher Musik runden das Tagungsprogramm ab. Bei der abschliessenden Podiumsdiskussion treten Fachleute in einen interdisziplinären Dialog, versuchen ein Fazit und verweisen auf Forschungsdesiderate. Im Frühjahr 2013 erscheint eine Publikation mit den Beiträgen der Spiezer Tagung '12. ------------------------------------------------------------------------ PROGRAMM Dienstag, 19. Juni 2012 Herrschaftsstrategien und adlige Repräsentation Zentrum und Peripherie - Die Freiherren von Strättligen im Spannungsfeld der europäischen Adelslandschaft 13.30 Tagungsbeginn 13.45 bis 14.30 Strategien des Überlebens - Eine Herausforderung für den niederen Adel im 13./14. Jahrhundert, Prof. Dr. Christian Hesse (Historisches Institut, Universität Bern) 14.30 bis 15.15 Zwischen Reich und Region - Die Herren von Strättligen, Peter Niederhäuser, lic. phil. (Historiker und Kurator, Winterthur) 15.15 bis 15.45 Kaffeepause 15.45 bis 16.30 Der Spiezer Coup - Der Übergang der Herrschaft Spiez von den Strättligen an die Bubenberg 1334 bis 1338, Dr. Roland Gerber (Stadtarchiv Bern) 16.30 bis 17.15 Dicke Mauern und hohe Türme? - Der Burgenbau im 12. und 13. Jahrhundert und die Freiherren von Strättligen, PD Dr. Armand Baeriswyl (Archäologischer Dienst, Kanton Bern) 17.40 bis 18.40 Besichtigung der Ausstellung "Strättligen" und Apéro im Schloss 18.45 bis 19.45 Sinc, ein guldîn hûon - Musik des Mittelalters Konzert in der Spiezer Schlosskirche mit Chünizer Spiellüt 20.00 Abendessen für angemeldete Gäste Hotel Belvédère Spiez Mittwoch, 20. Juni 2012 Höfische Kultur und ritterliche Ideale Minnedienst und Frauenlob - Der Minnesänger Heinrich von Stretlingen im kulturhistorischen Kontext 8.30 bis 8.45 Einführung Prof. Dr. Michael Stolz (Germanistisches Institut, Universität Bern) 8.45 bis 9.30 Der tanzlustige Heinrich - Zur Aussagekraft von Autorenbildern in Lyrikhandschriften, Juniorprofessorin Dr. Henrike Manuwald (Germanistische Mediävistik, Universität Freiburg i.Br.) 9.30 bis 10.15 Minnetreue/Lehenstreue? - Überlegungen zur gesellschaftlichen Funktion der mittelalterlichen Liebesdichtung, Dr. Carla Meyer (Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde, Universität Heidelberg) 10.15 bis 10.45 Kaffeepause 10.45 bis 11.30 Lieder ohne Noten? Zusammenwirken von Sprache und Musik im Minnesang, Viktoria Supersaxo, M.A. (Universitätsbibliothek Basel) 11.30 bis 12.15 Podiumsdiskussion Leitung: Prof. Dr. Christian Hesse Prof. Dr. Michael Stolz Dr. Stefan Matter (Mediävistisches Institut, Universität Freiburg i.Ü. / Oxford) Melanie Kellermüller, MA (Germanistisches Institut Universität Bern) Dr. Daniel Gutscher (Archäologischer Dienst, Kanton Bern) 12.15 Ende der Tagung 12.30 Mittagessen für angemeldete Gäste Hotel Belvédère, Spiez Tagungsgebühr: CHF 75.- (inkl. Tagungsunterlagen, Pausengetränke und Imbiss, Ausstellungsbesuch in Schloss Spiez und Konzert) Informationen und Anmeldung: www.spiezertagung.ch ------------------------------------------------------------------------ Barbara Egli Spiezer Tagung, Schlossstrasse 16, CH-3700 Spiez 078 858 34 19 info(a)spiezertagung. ch Homepage <http://www.spiezertagung.ch> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=19209> |
Date: 2012/05/11 22:18:59
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Rez. WWW: Gedächtnis der
Nation ------------------------------------------------------------------------ Gedächtnis der Nation <http://www.gedaechtnis-der-nation.de/> Herausgeber: Das Unsere Geschichte. Gedächtnis der Nation e.V.: Mainz, DE <http://www.gedaechtnis-der-nation.de/>, ZDF: Mainz, DE <http://www.zdf.de/> Weitere Informationen: <http://www.clio-online.de/Web=26737> Rezensiert für H-Soz-u-Kult von: Lutz Schröder, Forschungsstelle Geschichte des Rundfunks in Norddeutschland, Hans-Bredow-Institut E-Mail: <Schroeder.Lutz(a)gmx.de> Das "Gedächtnis der Nation" von ZDF und "Stern" - Ein deutschlandweites Zeitzeugenarchiv mit Web-2.0-Charakter? Zeitzeugen sind bereits seit vielen Jahrzehnten Teil der medialen Aufbereitung von Geschichtsthemen. Unzählige von ihnen haben erzählt, wie sie Bombenkrieg, Holocaust oder Flucht und Vertreibung erlebt haben, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg mit Wiederaufbau und Wirtschaftswunder weiterging oder wo sie die letzten Tage der DDR verbracht haben. Museen, Gedenkstätten und Archive nutzen sie, um die häufig auf Fakten fokussierten Geschichtsdarstellungen durch persönliche Erlebnisse betroffener Menschen zu veranschaulichen. An dieser Stelle setzen auch Projekte von Medienunternehmen an, die seit einigen Jahren Webseiten betreiben, auf denen Zeitzeugeninterviews nicht nur präsentiert werden, sondern bei denen die Nutzer zudem die Möglichkeit erhalten, eigene Interviews und Augenzeugenberichte zu historischen Ereignissen zu veröffentlichen. Beispiele hierfür sind etwa die Portale einestages vom "Spiegel" oder Von Zeit zu Zeit der Stuttgarter Zeitung. Während einestages nach eigener Aussage "die Leser zu Partnern in einem neuen und einmaligen Projekt" machen möchte und den "Aufbau eines kollektiven Gedächtnisses unserer Geschichte"[1] anstrebt, könne bei Von Zeit zu Zeit "[j]eder [...] an der Geschichte Stuttgarts mitschreiben."[2] Auch das ZDF und der "Stern" stellten vor kurzem mit Gedächtnis der Nation (GdN) ein Portal zur Zeitgeschichte online, auf das die Nutzer eigene Inhalte hochladen können. Das von Guido Knopp, Leiter des Programmbereichs Zeitgeschichte beim ZDF, und Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Chefredaktion beim "Stern", initiierte Projekt soll dazu dienen, "Erinnerungen von Zeitzeugen an die wechselvolle deutsche Geschichte in Form von Videointerviews aufzuzeichnen und für nachfolgende Generationen dauerhaft zu bewahren."[3] Die Betreiber sehen das Portal als eine "interaktive Online-Datenbank" an, die zur "historischen Aufklärung und Vermittlung eines multiperspektivischen Geschichtsbildes"[4] beitragen soll. Angesprochen werden neben "Geschichtsinteressierte[n], insbesondere Schulen und Universitäten."[5] Zu diesem Zweck wurde auf der Webseite eine frei zugängliche Datenbank mit Zeitzeugeninterviews eingerichtet, zu der auch selbst erstellte Interviews hinzugefügt werden können, die nach redaktioneller Prüfung online abrufbar sind. Unabhängig davon erscheint der Anspruch, ein "Gedächtnis der Nation" schaffen zu wollen, nicht gerade als bescheidenes Ziel, das angesichts der genannten Zielgruppen zudem einen gewissen didaktischen Anspruch erwarten lässt. Der Aufbau der Zeitzeugendatenbank Der Zugang zur Zeitzeugendatenbank erfolgt über einen "Erleben" genannten Button. Der Nutzer kann "[b]edeutende Momente der deutschen Geschichte" über einen Zeitstrahl oder über vorgegebene "[z]entrale Themen" abrufen. Außerdem sind Interviews mit sogenannten "Jahrhundertzeugen" verfügbar, die sich in den beiden erstgenannten Bereichen nicht finden. Eine Erklärung, was diese konkret von anderen Zeugen unterscheidet, findet sich nicht. Der Zeitstrahl umfasst die Jahre 1910 bis 2010 und kann je nach Wunsch des Nutzers Themen aus der gesamten Zeit darstellen oder durch das Ziehen mit der Maus auf den jeweils gewünschten Zeitraum fokussiert werden. Die Aussagen der Zeitzeugen sind - wie auch in anderen Bereichen von GdN - nach bestimmten Unterthemen ("Momente") gegliedert. Um diesem Aufbau Rechnung zu tragen, sind die vorhandenen Zeitzeugeninterviews thematisch auf kurze Clips von meist zwei bis sechs Minuten Länge geschnitten: Zu jedem Thema sind so nur die dazu passenden Aussagen vorhanden. Dadurch finden sich beispielsweise Aussagen von Carl Dirks, einem ehemaligen Panzerjäger in der Wehrmacht, unter anderem bei den Themen "1923: Weimarer Republik", "1941: Angriff auf die Sowjetunion", "1944: Wege nach Auschwitz" und "1946: Nürnberger Prozesse." Zugriff auf die Themen In die einzelnen Themen führt jeweils ein speziell für GdN produzierter Kurzfilm ein, der wichtige Aspekte nennt und die verknüpften Interviews in einen größeren Kontext stellt.[6] Allerdings wirft die Betrachtung einiger stichprobenartig ausgewählter Filme die Frage nach ihrem Zweck auf: Ihre Gestaltung erinnert stark an TV-Dokumentationen im Stil von Guido Knopp: Einspielungen von Interviewausschnitten werden mit historischen Aufnahmen, Reenactment-Szenen oder auch Computeranimationen vermengt, von einer Stimme aus dem Off kommentiert und zudem noch von dezenter, aber doch wahrnehmbarer Musik untermalt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass diese Kurzfilme nicht nur über den historischen Kontext informieren sollen, sondern auch eine bestimmte Lesart für die zugeordneten Interviews vorgeben, was dem Sinn eines neutralen Archivs für Interviews zuwiderlaufen würde. Bei den "zentralen Themen" findet sich eine strikte Gliederung der Interviews in derzeit drei Bereiche: "deutsch-deutsche Geschichte", "Holocaust" und "Europa". Hier kommt ebenfalls der Zeitstrahl zum Einsatz, jedoch finden sich bei den aufgeführten "Momenten" nur noch jene, die dem gewählten zentralen Thema zugeordnet sind. Besonders detailliert wird die deutsch-deutsche Geschichte behandelt, die sich in insgesamt sechs Unterthemen gliedert.[7] Unter den sogenannten "Jahrhundertzeugen" finden sich schließlich Gespräche mit 41 Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Kultur, Philosophie und Religion, die nicht über den Zeitstrahl abrufbar sind. Anders als die "Zeitzeugeninterviews", die meist nur wenige Minuten lang sind, wurden diese nicht thematisch geschnitten und dauern im Schnitt zwischen 50 und 60 Minuten. Verwertbarkeit des präsentierten Materials aus wissenschaftlicher Sicht Der Anspruch von GdN liegt, wie bereits erwähnt, im Aufbau einer Online-Datenbank für die Bewahrung von Zeitzeugenerinnerungen. Bereits die zum Teil emotionalisierende Einleitung in die verschiedenen Themen lässt Zweifel aufkommen, da bei der Nutzung der Webseite der Eindruck entsteht, dass vor allem Geschichtsinteressierte angesprochen werden sollen und eben nicht, wie zu Beginn zitiert, Schulen und Universitäten. Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man das Portal in Beziehung zu den wissenschaftlichen Forschungen zu Gedächtnis und Erinnerung setzt. Hinweise auf die Standards kritischer Oral History-Forschung, wie etwa von Dorothee Wierling und Lutz Niethammer eingefordert werden,[8] finden sich in Ansätzen leider nur im Bereich für die Wissenschaft, sowie in einem den Start von GdN begleitenden Artikel im "Stern" (Ausgabe 41/2011): "Es handelt sich [bei Oral History] nicht um exakte Wissenschaft, sondern um Erinnerungen von Menschen. Und die können trügen. [...] Das, was 'Gedächtnis der Nation' sammelt, soll deshalb auch niemand als Wirklichkeit nehmen."[9] Diese Aussage kann man gewiss unterstreichen, jedoch steht sie im Widerspruch zur sonstigen Aufmachung des Projekts, das die Interviews unkommentiert als zentrale Quellen präsentiert. Die bislang online gestellten Interviews und Informationen zu GdN lassen keine klare Orientierung an den konzeptionellen Entwürfen oder empirischen Forschungen zur Erinnerungs- und Geschichtskultur erkennen, wie sie in den letzten zwei Jahrzehnten unter anderem von Pierre Nora, Jan und Aleida Assmann, Jörn Rüsen und vielen anderen vorgelegt worden sind. Darüber hinaus wird auch der Nationenbegriff nicht näher bestimmt, so dass unklar bleibt inwieweit beispielsweise veränderte Grenzziehungen oder Ein- und Auswanderbewegungen Einfluss auf die Präsentation der Interviews haben. Drüber hinaus bedarf die Beschränkung auf die nationale Perspektive gerade auch angesichts des eigenen Anspruchs ein "multiperspektivisches Geschichtsbild" zu vermitteln einer Hinterfragung. Mit wenigen Ausnahmen werden selbst bei internationalen Themen wie Zweiter Weltkrieg, Kuba-Krise, Tschernobyl oder 9/11 bisher nur Interviews mit deutschen Zeugen präsentiert. Zwar ist GdN ein Projekt für den deutschen Raum, doch lassen sich bedeutend mehr Erkenntnisse gewinnen, wenn auch Vertreter anderer Nationen zu Wort kommen und ihre Erinnerungen denen der deutschen Zeitzeugen gegenübergestellt werden können. Recherchierbarkeit der Themen Am Beispiel des Themas "Auschwitz" soll im Folgenden der thematische Zugriff auf die Inhalte untersucht werden. Ein Blick in die Interviewdatenbank von GdN fördert hierzu die Themen "1944: Wege nach Auschwitz" mit 28 Videos und "1965: Der Auschwitz-Prozess" mit 13 Videos zutage.[11] Wird jedoch auf der Webseite nach dem Begriff "Auschwitz" gesucht, so finden sich lediglich 12 Videos inklusive der beiden Einleitungsvideos. Dies deutet darauf hin, dass sich die Kategorisierung der Videos, anhand derer die Suche stattfindet, von derjenigen der Interviewdatenbank unterscheidet. Besucher der GdN-Webseite laufen somit bei alleiniger Verwendung der Suchfunktion Gefahr, nur einen Teil der vorhandenen Interviews zu finden. Wird darüber hinaus versucht, die Suchtreffer von der GdN-Webseite um jene der Videoplattform YouTube zu erweitern, bei der die GdN-Interviews gespeichert sind,[12] so scheitert dies. Über die Suchbegriffe "Zeitzeuge" und "Auschwitz" finden sich unter den derzeit 110 Treffern[13] zahlreiche Zeitzeugeninterviews verschiedener Quellen, einige Dokumentationen und diverse andere, teils auch themenfremde Beiträge. Was sich hingegen nicht findet, sind Beiträge von _GdN. Die Gründe hierfür sind unklar, könnten jedoch darin liegen, dass den Videos keine passenden Stichworte, sogenannte Tags, zugeordnet sind. Auch eine fehlende aussagekräftige Beschreibung könnte hierfür verantwortlich sein, da beides laut YouTube für das effektive Auffinden von Videos wichtig ist.[14] Aufbereitung der Beiträge Mit Ausnahme der "Jahrhundertzeugen", die ungekürzt erscheinen [15], sind alle Zeitzeugeninterviews so geschnitten worden, dass pro Clip lediglich ein bestimmter Aspekt oder eine einzelne Frage behandelt wird. Durch diesen journalistischen Filter wird eine sehr kompakte Sicht des jeweiligen Zeugen auf das behandelte Thema präsentiert, bei der viele der in Interviews ebenfalls vermittelten nonverbalen Informationen fehlen: Zögerte ein Zeuge bei der Antwort auf bestimmte Fragen, musste er erneut beginnen, weil er von seinen Emotionen überwältigt wurde, oder weigerte er sich gar, auf bestimmte Fragen zu antworten - all diese und noch weitere Aspekte sieht der Betrachter in den fertigen Werken entweder kaum oder gar nicht. Sie sind jedoch wichtig, um die persönliche Beziehung des Zeugen zu dessen geschilderten Erinnerungen begreifen zu können. Aus wissenschaftlicher Sicht wäre zudem ein Zugriff auf das ungeschnittene Rohmaterial oder die Metadaten hilfreich gewesen. Begründungen für diese Form der Aufbereitung aus anderen medialen Zusammenhängen, wie vorgegebene Grenzen bei Sendezeit und Seitenzahlen, eingeschränkte Aufmerksamkeitsspannen bei den Rezipienten oder die Auswahl möglichst "packender" Aussagen der Zeitzeugen, um die Beiträge spannend zu gestalten, greifen bei Onlineprojekten weniger. Durch die jederzeit mögliche Abrufbarkeit der präsentierten Videoclips kann der Nutzer selbst entscheiden, wann er welche Interviews betrachten möchte und ist damit nicht mehr an den etwa von Fernsehsendern angestrebten Programm-Flow gebunden. Durch Sortierungen in Themen oder über die Suchfunktion der Webseite kann er darüber hinaus schnell Beiträge zu den Themen finden, die ihn interessieren. Einbindung von Nutzern Neben den bereits verfügbaren Zeitzeugeninterviews, die sich bislang fast ausschließlich aus den Archiven des ZDF speisen, können Nutzer auch selbst bei der Ergänzung der Interviewdatenbank mitwirken. Die erste Möglichkeit dafür bietet der "Jahrhundertbus", eine Art rollendes Aufnahmestudio, das es Zeitzeugen ermöglicht, sich von den GdN-Mitarbeitern interviewen zu lassen. Dabei geht aus den Angaben auf der Webseite des Projekts allerdings nicht eindeutig hervor, ob eine Vorauswahl der Interviewten stattfindet, wie es die Presseinformationen beschreiben[16], oder ob tatsächlich jeder Interessierte zum Bus kommen und sich befragen lassen kann, wie es auf der Homepage suggeriert wird.[17] Die zweite Möglichkeit besteht in der Nutzung des YouTube-Kanals unseregeschichte, über den es möglich ist, selbst Interviews hochzuladen. Hierfür benötigt der Nutzer ein YouTube-Benutzerkonto sowie die entsprechende technische Ausrüstung zur Aufzeichnung des Interviews. Als Hilfestellung bietet das GdN eine Anleitung an: Sie gibt jenen, die sich für diese Möglichkeit entscheiden, zahlreiche grundlegende Tipps, was es bei der Konzeption und Aufzeichnung des Interviews zu beachten gilt. Die Anleitung lässt jedoch den letzten Schritt aus: den Upload auf den GdN-Kanal. Dieser ist nicht direkt möglich, sondern erfolgt in einem ersten Schritt über das Hochladen des Videos im eigenen YouTube Konto, bevor es dann schließlich über die hierfür beim GdN-Kanal vorhandene Maske verknüpft werden kann. Nach einer redaktionellen Prüfung erscheint es dann in einer "Galerie" genannten Liste. Obwohl diese Möglichkeit der Beteiligung bereits seit Oktober 2011 besteht, sind zur Zeit nur fünf Zeitzeugeninterviews auf dem YouTube-Kanal vorhanden. Daneben fällt auf, dass viele Möglichkeiten des Internets und besonders des Web 2.0 noch ungenutzt bleiben, beispielsweise regelmäßig aktualisierte Seiten in sozialen Netzwerken, um einen Austausch mit den Nutzern anzuregen, oder ein Diskussionsforum zu den präsentierten Themen. Womöglich ist die personelle Ausstattung mit derzeit lediglich fünf Mitarbeitern dazu jedoch zu gering angesetzt, um eine dauerhafte Betreuung entsprechender Funktionen zu gewährleisten. Fazit Laut Guido Knopp ist "History [...] kalt [und] analytisch" und "Memory [...] warm [und] emotional."[18] Folglich kommt Gefühlen, sinnlichen Wahrnehmungen und prägenden Erlebnissen bei der Erinnerung von Ereignissen eine große Bedeutung zu. Um die quellenfokussierten Beiträge von Historikern mit den alltäglichen Perspektiven der Menschen zu vervollständigen, sind Zeitzeugen daher von großer Bedeutung. Als Ort, um diese Erlebnisse zu bewahren und zugänglich zu machen, bietet sich das Internet mit seinen vielfältigen Präsentations- und Recherchemöglichkeiten förmlich an. Jedoch sollte dabei klar herausgearbeitet werden, dass die von den Zeugen erlebte Zeitgeschichte nicht nur rückblickend wiedergegeben wird, also mit dem Abstand von mehreren Jahren oder sogar Jahrzehnten, was den Blick auf die jeweiligen Erlebnisse nachhaltig verändert, sondern die Erzählungen auch abhängig von der jeweiligen Situation variieren können. Dementsprechend stellen Zeitzeugen zwar eine wichtige, jedoch keine fixe Quelle für die Erinnerung da. Wie deutlich geworden ist, wird GdN seinem selbst gesetzten Anspruch, Erinnerungen professionell zu bewahren und zugänglich zu machen, bislang nur in Teilen gerecht. So wirken die einleitenden Videos durch ihre Gestaltung eher belehrend als erklärend und präfigurieren damit eine bestimmte Lesart der angeschlossenen Interviews. Dieser Eindruck verstärkt sich durch die umfangreiche journalistische Aufbereitung der Interviews, die dazu führt, dass Aussagen vielfach aus dem Zusammenhang des aufgezeichneten Interviews herausgetrennt wurden. Dies erschwert die Erschließung der Erinnerungen einzelner Zeitzeugen, zu denen außerdem biografische Angaben weitgehend fehlen. Ohne diese Angaben, ist eine Einordnung und Bewertung der präsentierten Beiträge jedoch kaum möglich. Dies läuft dem zuwider, was laut eigenem Anspruch geplant ist, nämlich der Aufbau eines Archivs für Zeitzeugenerinnerungen und nicht nur eine Plattform für die Präsentation kurzer journalistisch aufbereiteter Videos. Gegenwärtig wirkt das Projekt daher in vieler Hinsicht wie eine thematisch offenere Form von ZDF-History im Internet. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass noch zahlreiche Mängel bei der Umsetzung des Ziels bestehen, ein "Gedächtnis der Nation" aufzubauen bzw. zu formen. Bei der Bewahrung von Zeitzeugenerinnerungen bestehen jedoch große Potenziale, die es über weitreichende Kooperationen unterschiedlicher Akteure zu erschließen gilt und die von Wissenschaftlern bis hin zu den einzelnen Zeitzeugen reichen. Das Gedächtnis der Nation kann hierfür durchaus eine Basis sein, sofern es gelingt, die geschilderten Schwächen zu beseitigen, denn zweierlei darf nicht vergessen werden: Die technischen Voraussetzungen für die groß angelegte Aufzeichnung und Bewahrung von Erinnerungen sind heute besser denn je, während gleichzeitig die Zahl der Zeitzeugen zu bestimmten Themen altersbedingt immer weiter abnimmt. Anmerkungen: [1] Beide Zitate in: Was ist einestages?, in: einestages, <http://einestages.spiegel.de/page/aboutEinesTages.html> (16.03.2012). [2] Zitat in: Wer kann mitmachen?, in: Von Zeit zu Zeit, <http://www.von-zeit-zu-zeit.de/index.php?template=artikel&article_id=42#werKannMitmachen> (16.03.2012). [3] Zitat in: Was will das "Gedächtnis der Nation"?, in: Gedächtnis der Nation, <http://www.gedaechtnis-der-nation.de/faq> (16.03.2012). [4] Zitat in: Was ist das "Gedächtnis der Nation"?, Welche Zwecke verfolgt der Verein?, in: ebd. [5] Zitat in: Presseinformationen zum Projekt "Unsere Geschichte. Das Gedächtnis der Nation", in: PR Agentur Hamburg, <http://www.pragenturhamburg.de/opz/images/stories/gdn/pressetext_gdn.pdf> (16.03.2012), S. 1. [6] Vgl.: Niels Kruse / Stefan Schmitz: Webprojekt "Gedächtnis der Nation". Unsere Geschichte - Ihre Erinnerung, in: stern.de vom 06. Oktober 2011, <http://www.stern.de/panorama/webprojekt-gedaechtnis-der-nation-unsere-geschichte-ihre-erinnerung-1735493.html> (16.03.2012), S. 1. [7] Hierbei handelt es sich um Jugend, Sport, Wirtschaft, Kultur, soziale Bewegungen und Grenzerfahrungen. [8] Vgl.: Wierling, Dorothee: Erzählungen im Widerspruch. Der Nationalsozialismus und die erste Nachkriegsgeneration der DDR, in: WerkstattGeschichte 30 (2001), S. 17-31, sowie: Niethammer, Lutz: Gedächtnis und Geschichte. Erinnernde Historie und die Macht des kollektiven Gedächtnisses, in: ebd., S. 32-37. [9] Zitat in: Kruse / Schmitz: Webprojekt "Gedächtnis der Nation", S. 2. [10] Vgl. Anm. 4. [11] Die jeweiligen Einleitungsvideos zu den beiden Themen wurden bei den genannten Zahlen mitgezählt. [12] Vgl.: Presseinformationen, S. 2. [13] Stand: 12.03.2012. [14] Vgl.: Ein Video hochladen, in: YouTube, <http://www.youtube.com/t/about_getting_started> (16.03.2012). [15] Eine absolut sichere Aussage ist aufgrund des Umfangs des bereitgestellten Materials nicht möglich, da die 41 Interviews durchschnittlich 50-60 Minuten lang sind und daher nicht in ihrer Gänze gesichtet werden konnten. Stichproben ergaben jedoch das genannte Ergebnis. [16] "In Verbindung mit Regionalzeitungen und lokalen Institutionen werden an den jeweiligen Stationen des fahrenden Studios Zeitzeugen ermittelt, [...].", Zitat in: Presseinformationen, S. 1. [17] "Besuchen Sie uns, wirken Sie an unserem Projekt mit und geben Sie künftigen Generationen die Chance, die Geschichte unseres Landes in Ihren Erinnerungen aufleben zu lassen." Zitat in: Der Jahrhundertbus, in: Gedächtnis der Nation, <http://www.gedaechtnis-der-nation.de/gdn-bus> (16.03.2012). [18] Zitat in: Kruse / Schmitz: Webprojekt "Gedächtnis der Nation", S. 1. Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Christoph Classen <classen(a)zzf-pdm.de> URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezwww&id=164> |
Date: 2012/05/12 17:06:12
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. in Zusammenarbeit mit der Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung Einladung zum Vortrag von Herrn Horst Bernard, Landesvorsitzender des VVN. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes „Saarländerinnen und Saarländer im Kampf gegen die Nazis “ Horst BERNARD – Jahrgang 1932 – ging nach der Saarabstimmung vom 12. Januar 1935 mit seinen Eltern ins Exil nach Frankreich. Nazis aus der Umgebung in Saarbrücken hatten sie wegen ihres Engagement für den „Status Quo“ massiv bedroht. Angesichts des Umgangs mit den politischen Gegnern und mit den Juden im III. Reich – der Vater stammte aus einer jüdischen Familie aus Beckingen – entschlossen sich die Eltern zur Flucht. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht schlossen sich die Eltern dem Widerstand zunächst gegen das Vichy-Regime und ab November 1942 – als ganz Frankreich besetzt wurde – auch gegen die Nazi-Besatzung. Um der Verfolgung durch die Nazi-Behörden, insbesondere durch die Gestapo, zu entgehen mussten Vater und Mutter unter falschem Namen und versteckt auf dem Land leben. 1946 kehrte die Familie nach 11 Jahren Exil ins Saarland zurück. Diese Kindheitserfahrungen haben Horst Bernard geprägt. Erwachsen engagierte er sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregmies (VVN) – Bund der Antifaschisten, deren Vorsitzender er noch heute ist. Bei diesem Engagement lernte er viele Frauen und Männer kennen, die in unterschiedlichster Art an vielen „Fronten““ gegen die Nazis gekämpft haben. Am Mittwoch, den 23.Mai 2011, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus ( 1569 ), Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern wird 5 Euro Eintritt erbeten i.A. MIchaela Becker Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. Hirtenstraße 26 66539 Neunkirchen-Wellesweiler
Date: 2012/05/14 09:02:02
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
In St. Wendel ist am 11. Mai 2012 der St. Wendeler Alt-Bürgermeister Franz Josef Gräff im Alter von 95 Jahren verstorben. Nach seiner Bürgermeistertätigkeit war er lange Jahre Direktor der Stiftung Hospital in St. Wendel. Gräff war lange Jahre in der Regionalgeschichte aktiv. Zunächst hatte er an einer Geschichte des St. Wendeler Hospitals gearbeitet und viele bis dahin unbekannte bzw. vergessene Details zusammengestellt. Im St. Wendeler Heimatbuch und auch in der Zeitschrift der Geschichte der Saargegend hat er wiederholt über bedeutende Personen aus der Vergangenheit unserer Stadt veröffentlicht. Zuletzt ist in St. Wendel anläßlich seines 90. Geburtstages sein Buch „Die St. Wendeler Bürgermeister in preußischer Zeit“ publiziert worden. Bürgermeister Bouillon schrieb darüber in seinem Vorwort: „Mit diesem Buch von Franz J. Gräff halten wir ein wertvolles Werk der Heimatkunde in den Händen. Anschaulich und lebendig schildert der Autor die von drei preußischen Bürgermeistern geprägte, ereignisreiche Ära von 1834 bis 1920. Er vermittelt einen facettenreichen Einblick in kommunalpolitische Entscheidungen und Entwicklungen, welche die Geschicke unserer Stadt auf dem Weg in die moderne Zeit bestimmt haben.
Selbst Inhaber des Bürgermeisteramtes von 1956 bis 1973 eignet sich Franz J. Gräff aufgrund seines eigenen Erfahrungsschatzes und seiner fachlichen Kompetenz wie kein anderer für die Aufarbeitung dieses historischen Stoffes, der sicherlich viele interessierte Leser finden wird. Mit akribischer Recherche, Liebe zum Detail und Einfühlungsvermögen macht Franz J. Gräff dieses Kapitel der St. Wendeler Stadtgeschichte kommenden Generation in ansprechender Form zugänglich.“
(http://www.sankt-wendel.de/kultur/stadtarchiv/historisches/preussische-buergermeister/) Ich kenne Herrn Gräff seit vielen Jahren als stetigen Besucher der Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Landeskunde im Historischen Verein, die er stets in Begleitung seiner Ehefrau Margret besuchte, solange es ihm seine Gesundheit erlaubte. Das Sterbeamt wird am Freitag, 18. Mai 2012, um 14 Uhr in der Wendalinusbasilika in St. Wendel gefeiert, anschließend ist die Beisetzung auf dem Friedhof in St. Wendel.
Roland Geiger |
Date: 2012/05/16 16:19:36
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Gerhard Mercator: Wissenschaft und
Wissenstransfer ------------------------------------------------------------------------ Stefan Brakensiek / Ute Schneider, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen; Mercator-Stiftung, Essen 29.02.2012-02.03.2012, Essen Bericht von: Timo J. Celebi, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Historisches Institut, Universität Duisburg-Essen E-Mail: <timocin.celebi(a)uni-due.de> Wir feiern 2012 nicht nur Friedrich II. von Preußen (1712-1786), der 300 Jahre alt geworden wäre, sondern es ist auch das Jahr, in dem das 500. Jubiläum des Duisburger Kartographen Gerhard Mercator (1512-1594) gefeiert wird. Im Gegensatz zu Friedrich II. genießt Mercator in der bundesdeutschen Gedenkkultur scheinbar nur eine geringe Prominenz. Dennoch lohnte es sich, die Perspektive auf Wissenschaft und Wissenstransfer seit dem 16. Jahrhundert am Beispiel der Person Mercator zu öffnen. An ausgewählten Beiträgen aus den einzelnen Sektionen soll im Folgenden der thematische Spannungsbogen der Tagung nachvollzogen werden. In Kooperation mit der Essener Stiftung Mercator, die das Jubiläum mit der Unterstützung von insgesamt vier Projekten feiert, und dem Historischen Institut der Universität Duisburg-Essen, luden Stefan Brakensiek, Ute Schneider und die Stiftung zu einer internationalen und interdisziplinären Tagung ein. Mit dieser Veranstaltung wurde die Tradition der fünf Duisburger Mercator-Symposien (1992-1997) fortgeschrieben. Die Kunsthistorikerin TANJA MICHALSKY (Berlin) stellte in ihrem Abendvortrag die Ausgangslage aktueller Forschung für die Betrachtung der Karte und die Rolle des Kartographen dar. Karten bilden nicht einfach Räume ab, sondern in Karten werden Räume geschaffen. Als Kompilation und Ordnung von Wissensbeständen, als Ergebnis von Auswahlprozessen, methodischer Erstellung und Verarbeitung unterschiedlicher Informationen, haben Karten einen höchst konstruktiven Charakter. Dem Kartographen kommt somit eine besondere Rolle zu. Im Hinblick auf die Tagungsschwerpunkte interessierten sich die Referenten für die Arbeitsweisen des Kartenmachers, die Informationsbeschaffung über Netzwerke, für die Verbindungen zu Gönnern, Kundschaft, für den Vertrieb, Verlag und nicht zu Letzt für die Rezeption und Bedeutung seiner Werke, ihre Vereinnahmung und Umdeutung in den folgenden Jahrhunderten. In insgesamt acht Sektionen wurde der Zusammenhang von Kartographie, Wissenschaft und Wissenstransfer seit dem 16. Jahrhundert betrachtet und - soweit es die ausgewerteten Quellen ermöglichten - an der historischen Person Gerhard Mercator exemplifiziert. UTE SCHNEIDER (Mainz) zeigte am Beispiel der Stadt Duisburg im 16. Jahrhundert, wie der Kartendruck, -Verlag, und -Vertrieb im Fall Mercators in Netzwerken organisiert gewesen seien müssen. Das bisher von der lokalen Geschichtsschreibung dominierte Bild des eigenständigen Unternehmers, Druckers, Verlegers und Kartenmachers Gerhard Mercator revidierte Ute Schneider mit einer detaillierten und differenzierten Untersuchung des Standortes Duisburg. Sie zeigte die schwierigen Rahmenbedingungen auf, die Mercator in Duisburg zu berücksichtigen hatte. Zu diesen Bedingungen gehörten etwa die Marktsituation, sowie das Handels- und Vertriebsnetzwerk. Die Historikerin charakterisierte den in Löwen ausgebildeten Mercator in ihrem Beitrag als Laien im Marktsystem zwischen Rhein und Ruhr, der zu allem Überfluss an der Peripherie des florierenden Verlags- und Buchhandelsnetzwerkes lebte. Sie zog den Schluss, dass Mercator Verbindungen nach Köln unterhalten haben muss, denn Duisburg war im 16. Jahrhundert eine Stadt ohne Universität und somit ohne eine nennenswerte Nachfrage lokaler Druckerzeugnisse. Köln hingegen war eines der Druckzentren in Duisburgs unmittelbarer Nähe; dies war für das wirtschaftliche Überleben Mercators von großer Bedeutung. Als Graveur und Selbstverleger brauchte Mercator also Verbindungen zu Druckereien in Köln und zum Absatz seiner Erzeugnisse, Beziehungen zu Verlagshäusern wie Plantin in Antwerpen, oder etwa zur Buchmesse in Frankfurt. Das Kartenzeichnen, das Stechen und Polieren der Druckplatten - zusammenfassend also alle Arbeitsschritte vor Drucklegung - fanden in Duisburg statt. Weitere Arbeiten musste Mercator auslagern und an andere Betriebe abgeben. Den Absatz konnte er durch innovative Vertriebsformen steigern. Mit seinem Atlas als Kompilation thematischer, vor allem handlicher Karten und einem Angebot eigenständiger Einzelkarten, konnte ein großes Marktspektrum abgedeckt werden. Neben den unternehmerischen Netzwerken waren es Verbindungen zu Gelehrtennetzwerken, auf die Mercator als Kartenmacher und Verleger in der 'Peripherie' angewiesen war. Mercator war keineswegs ein Reisender (wie etwa später Alexander von Humboldt), der die Welt - außer wegen Vermessungsarbeiten in seiner unmittelbaren Umgebung - eigenständig erkunden konnte, um Informationen für Karten und wissenschaftliche Arbeiten zu sammeln. UTE SCHNEIDER (Essen) verdeutlichte am Beispiel des Habitus' Mercators nicht nur in welch wissenschaftlicher Tradition er stand, sondern auch die Konsequenzen die sich hieraus ergeben haben müssen. Erste Spuren lieferte die Biografie Mercators, die sein Nachbar Walter Ghim verfasste. Der Kartograph wird von Ghim nahezu als monastischer Gelehrter inszeniert und in mittelalterlicher Tradition dargestellt. Die ihn umgebende Welt kannte er weitergehend nur durch Exegese verschiedener Texte. Stabilitas loci und Askese prägten, so die Ausführung Ghims, das Leben Mercators. Dennoch pflegte er Kontakte; und das musste er auch. Regelmäßig korrespondierte er mit seinem Broker Abraham Ortelius über die Gestaltung seiner Karten, der Bewertung, Einordnung der in ihn enthaltenen Informationen, über mögliche Verbesserungen und Anregungen. Zu anderen Gelehrten und Geschäftspartnern unterhielt er unterschiedlich intensive Kontakte, manche Briefe beantwortete er nur sporadisch. Die Ortsgebundenheit Mercators erforderte die Teilhabe am Informationsaustausch seiner Zeit - etwa über die Neuentdeckungen in Amerika -, die Partizipation an Austauschnetzwerken, die auch Grundlage für seine Existenz als Kartenmacher gewesen sind. Die Tradition des Mittelalters lässt sich auch an den Darstellungsverfahren in Mercators bekannter Weltkarte von 1569 nachweisen. So stehen in dieser Karte die Innovation der Kartenprojektion des 16. Jahrhunderts und die Darstellungstradition des Mittelalters nebeneinander. MARTINA STERCKEN (Zürich) verwies auf die seit dem Mittelalter gebräuchlichen Verfahren der Kartenproduktion, die sich in tradierter und abgewandelter Form an Mercators Karte nachweisen lassen. Zu ihnen gehören die Darstellungsfunktionen von Vignetten und Monstren, über die der Kartograph Vertrautheit mit der für sein Jahrhundert neuen Kartenform schuf. Fernab der Netzwerke und des Habitus' ließen sich auch andere Spuren eines Wissenschaftstransfers herausstellen. Die Kunstelemente in Mercators Karten betrachtete CAMILLE SERCHUK (New Haven) im Hinblick auf den Grad wissenschaftlicher Repräsentation. Ihr Augenmerk lag als Kunsthistorikerin auf den dekorativen Elementen, ihrer Anordnung und der Darstellung von Projektion und Vermessungsdaten in der Karte. Die Dekoration und Inszenierung der Mercator-Weltkarte von 1569 kann daher wegen ihrer Reduzierung auf wenige Schmuckelemente als besondere Akzentuierung und Blicklenkung des Betrachters, hin zur Projektionsform als technische Innovation interpretiert werden. GIORGIO MANGANI (Ancona) untersuchte die Kosmologie Mercators und betrachtet sie als Transfer wiederentdeckter antiker Wissenschaft. Sein Vortrag hob dies am Beispiel des pythagoreischen Y und der Rezeption antiker Werke im 16. Jahrhundert hervor. Karten dienten allerdings nicht allein der Beflügelung wissenschaftlichen Interesses. Mit Globen als Sonderform kartographischen Schaffens, wurde im Zuge ihrer Verbreitung durch den Kupferplattendruck die Aura eines speziell inszenierten Weltbildes popularisiert. Die Berliner Theaterwissenschaftlerin JULIANE HOWITZ stellte so auch die Mercator-Globen und die Inszenierung des Himmels- und Erdglobus' vor dem Hintergrund des Interesses am "Innen" und "Außen" vor. Für die Geschichtswissenschaften wären an diesem Punkt Fragestellungen denkbar, die die zeitgenössischen Auseinandersetzungen mit dem Innern der Erde fokussieren. Einen wichtigen Aspekt neben der Produktion des Werkes, ist seine spätere Rezeption, Benutzung, Vereinnahmung und Umdeutung. ARNDT BREDECKE (München) sprach der Mercator-Projektion die überragende Bedeutung für das Spanische Weltreich im Jahrhundert der Entdeckungen ab, die ihr im Laufe ihrer Rezeptionsgeschichte zugeschrieben wurde. Die Spanier hatten im 16. Jahrhundert bereits ein eigenes System der Navigation und damit auch eine eigene Form systematischer Informationssammlung und -Verwaltung, die sie in der Casa de Contratacíón institutionalisierten. Ankommende Seefahrer waren dazu angehalten, gesammelte Informationen bei Rückkehr ins spanische Mutterland zu melden. Diese Daten wurden zentral gesammelt, im so genannten Padrón Real festgehalten und anderen Seefahrern, unter Spanischer Krone, zur Verfügung gestellt. SUSANNE FRIEDRICH (München) legte den geringen Nutzen der Mercator-Karte für die Seefahrenden der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) im 17. Jahrhundert dar. Die Vorteile der Projektion wurden in der VOC zwar erkannt, jedoch nur von den mathematisch gebildeten Experten, die selbst nicht zur See fuhren. Seefahrer ohne eine Aus- oder Vorbildung konnten die Karte nur begrenzt oder gar nicht nutzen. Es entbrannte ein Diskurs zwischen Theoretikern und Praktikern über das Für und Wider der Karte "mit den wachsenden Graden". Dieser Befund relativiert die Nützlichkeit der Karte für die Seefahrer bis in das 17. Jahrhundert. So kann unter Berücksichtigung der Kartengröße, die für einen Kartentisch an Bord eines Schiffes überdimensioniert war, und der Notwendigkeit mathematischer Bildung zur Navigation, die Frage gestellt werden, ob das Navigieren (ad usum navigantium emendate et accommodata) vielleicht nicht ausschließlich, aber auch auf den virtuellen Kartenraum zu beziehen ist. Im 19. Jahrhundert hatte die Mercator-Projektion im Justus Perthes Verlag eine symbolische Umdeutung erfahren. Sie diente als Grundlage für die Verzeichnung des technischen Fortschritts. Die im Verlag gehandelte Chart of the World wurde in einer schnellen Folge neu aufgelegt und publiziert. Ein Ausweis des zeitgenössischen Gefühls einer sich beschleunigenden Welt. Der durch einen raschen Fortschritt entstandene Zeitgeist fand in der steten Neuverzeichnung von Verkehrs- und Schiffswegen seinen kartographischen Ausdruck, wie PETRA WEIGEL (Erfurt) und STEFFEN SIEGEL (Jena), der leider nicht anwesend sein konnte, herausarbeiteten. Die Entwicklungen des 19. Jahrhunderts schufen ein Verständnis von Naturwissenschaft und Technik, das den Glauben an die Formbarkeit der Welt durch technische Innovation bestärkte. Die Karten des Perthes Verlags seien im 19. Jh. im 'Mercator-Geist' entstanden; Mercators Karte wurde als sichere Navigationshilfe somit gleichsam als Form (natur-) wissenschaftlicher Weltbeherrschung durch Technisierung verstanden. Im 20. Jahrhundert verkehrte sich im Zuge des Diskurses um die 'gerechte' Vermessung der Welt das Bild der Mercator-Projektion ins Gegenteil. Das Werk - im 19. Jahrhundert noch Ausdruck für Innovation und technischen Fortschritt - bekam im Zuge der Debatten um Kolonialismus und Eurozentrismus seit dem Ende der 1970er-Jahre die Zuschreibung des 'Gestrigen'. Das durch die 1569er-Projektion tradierte Weltbild verzerrte in der Argumentation der Kritiker die Größe der äquatornahen Landmassen - und im Besonderen Afrikas. Erdteile in Nähe der Pole hingegen werden in Mercator-Projektion im Verhältnis größer dargestellt; Grönland somit größer als der afrikanische Kontinent. STEFAN MÜLLER (Essen) betrachtete den Diskurs, der sich durch Arno Peters im 20. Jahrhundert um die Projektion entfachte. Peters entwickelte eine andere Projektionsform, mit der er das gewohnte Weltbild durch eine gleichberechtigte Darstellung aller Länder ablösen wollte. Er stieß eine Debatte über das Überlegenheitsbewusstsein der europäischen und westlichen Welt gegenüber Afrika und anderer Erdteile an, das aus seiner Perspektive maßgeblich durch die Mercator-Projektion geprägt worden sei. Der Postkolonialismus könne daher auch nur in einem neuen Karten- und somit Weltbild, seinen ernst gemeinten Ausdruck finden. Der Mathematiker MARK MONMONIER (New York) betonte die Ausblendung fachlicher Fragestellungen in der Peters-Debatte. Die kritische Abwägung der Vor- und Nachteile, somit des kartographischen Nutzens der Kartenprojektionen, sei hinter die polarisierende Gegenüberstellung von ungerecht und gerecht, bzw. unzeitgemäß und zeitgemäß zurückgetreten. Zwar ließ sich der von Peters kritisierte Zusammenhang zwischen dem Mercator-Weltbild und hieraus resultierender negativer Auswirkungen auf die 'unterentwickelten' Länder nicht beweisen, aber der konstruktive Charakter und die instrumentalisierenden Funktionen, die mit der Popularisierung bestimmter Karten- und Weltbilder einhergehen können, erfuhren mit der Debatte eine große Aufmerksamkeit. Ebenso die Mercator-Projektion, die nach Abflauen der Auseinandersetzung allmählich in Vergessenheit geriet. VADIM OSWALT (Gießen) stellte die Rezeption von Karten und ihren Projektionen in Geschichtsatlanten des 20. und 21. Jahrhunderts vor. Jede Projektion kann unterschiedliches in der Darstellung leisten. Eine kritische Gegenüberstellung und die Sensibilisierung für unterschiedliche Anwendungsgebiete könnten so für den Geographie- und Geschichtsunterricht neue Perspektiven auf die Semiotikbildung öffnen. Mit den verschiedenen Zuschreibungen, die sich in Zeitschichten um die historische Person Mercator und seine Werke legten, beschäftigten sich auch Studenten der Universität Duisburg-Essen im Rahmen des Hauptseminars 'Erinnerungsort Mercator?'. Die Ergebnisse dieses Projektes wurden in einem Internetauftritt zusammengestellt und sind als Beitrag der Tagungsergebnisse zu betrachten. Die Studierenden zeigen an verschiedenen Beispielen, wie sich das Gedenken an Mercator seit dem 16. Jahrhundert veränderte, welche Spuren seit der Biografie Ghims noch präsent sind und an welchen Narrativen sich das Mercator-Gedenken heute kristallisiert. Der Internetauftritt ist unter folgender Adresse erreichbar: http://www.uni-due.de/erinnerungsort-mercator (04.05.2012). Der Historiker PATRICK GAUTIER-DALCHÉ (Paris) fasste in seinem Schlusskommentar die Desiderate künftiger Forschungen um Mercator und seine Rolle in der Wissenschaftsgeschichte zusammen. Mercator war in seinem Habitus, seinen Arbeitsweisen und Methoden, trotz aller Vorstöße auf dem Gebiet frühneuzeitlicher Wissenschaft, ein Gelehrter in der Tradition des Mittelalters. Um einen größeren Forschungsfokus fernab seiner kartographischen Werke zu öffnen, müssen jedoch weitere Quellen, wie theologische Werke und Korrespondenz, systematisiert, ausgewertet und zugänglich gemacht werden. So sind auf der Wissenschaftslandkarte vor allem die Fragen nach der Rolle von Religion und Wissenschaft im 16. Jahrhundert im Falle Mercators genauer zu untersuchen. Im Hinblick auf die traditionelle Mercator-Forschung, konnten alle Referenten neue Perspektiven auf Grundlage aktueller Forschungsfragen und Methoden entwickeln; der Fokus konnte so über Duisburg hinaus ausgeweitet und europa- und weltweite Zusammenhänge und Entwicklungen in den Blick genommen werden. Konferenzübersicht: Festvortrag Tanja Michalsky (Universität der Künste Berlin): Karten machen Räume. Kartographie als Medium der Wissensorganisation. I. Die Produktion: Das Unternehmen Mercator 1. Das Unternehmen und Person Ute Schneider (Mainzer Institut für Buchwissenschaft): Der Verlag Mercator Ute Schneider (Universität Duisburg-Essen): Gerhard Mercator. Lebensform und Habitus 2. Handwerk und Technik Benjamin Schmidt (University of Washington): Maps, Knowledge, Design: From Geographic 'Science' to Decorative 'Art.' Juliane Howitz (Berlin): Das Innen und Außen des Weltwissens - Gerhard Mercators Globen im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit 3. Konfession und Wissenschaft Giorgio Mangani (Ancona): Rupes nigra: Mercator and magnetism Camille Serchuk (Southern Connecticut State University, New Haven): Silences in the Maps of Mercator: Art Science and Faith II. Der Gebrauch 4. Visualisierung von Wissen und Wissenserweiterungen Martina Stercken (Universität Zürich): Kartographie - Historiographie. Mercator und die mittelalterliche Tradition Petra Weigel (Erfurt) und Steffen Siegel (Friedrich-Schiller-Universität Jena): Mercator im 19. Jahrhundert - die Weltkarten des Hermann Berghaus für den Justus Perthes Verlag 5. Mercator im globalen Kontext Mark Monmonier (Maxwell School of Syracuse University): Mercator's Projection: Conformality, Scale, and Controversy 6. Imperien Arndt Brendecke (Ludwig-Maximilians-Universität München ): Mercator und die spanische Welt Susanne Friedrich (Ludwig-Maximilians-Universität München): Mercator bei den Kaufleuten. Die Karten "mit den wachsenden Graden" auf den Schiffen der niederländischen Ostindienkompanie im frühen 17. Jahrhundert 7. Weltbilder und Kritik Bronwen Wilson (University of British Columbia): New forms and uses of maps: possibilities and limits of knowledge Stefan Müller (Universität Duisburg-Essen): Globalgeschichte einer Mercator-Kritik: Arno Peters und die Idee der "gerechten" Weltkarte III. Folgen 8. Weltbilder und ihre Kritik I. Vadim Oswalt (Justus-Liebig-Universität Gießen): Mercator und die Geschichtskarte - Projektionsformen als unterschätzte Darstellungseben historischer Raumvisualisierung Patrick Gautier-Dalché ( Universität Paris): Schlusskommentar URL zur Zitation dieses Beitrages <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4231> |
Date: 2012/05/19 21:25:16
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
eine Weiterleitung aus der Hunsrück-Liste.
Roland Geiger
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Hallo Hunsrücker, in der "Monatsschrift für die evangelische Kirche der Rheinprovinz und Westphalens" --Jan. bis Juni 1844- finden wir nachfolgende Beschreibung. Sie ist in der orig. Schreibweise wiedergegeben. /8) Die Kirchenältesten führen in allen ehemals Sponheimischen Gemeinden den Namen Censoren*) und die Gemeinden haben in dem richtigen Gefühl, daß mit dem Namen auch die Sache schwinden könnte, diesen Titel beibehalten. Censoren und Censur bestehen aber dort wirklich, nicht nur dem Namen nach, sondern in der That. Vor jeder Communion wird eine sogenannte öffentliche Censur gehalten, wo jeder, der zum Abendmahl zu gehen gesonnen ist, vor dem versammelten Presbyterio erscheint und sein Namen eingetragen wird. Privatcensur heißt eine Warnung, Rüge ec., die ein einzeln vorgeladenes Gemeindeglied über irgend ein bekannt gewordenes Vergehen vor versammeltem Presbyterio empfängt. Nicht bloß öffentliche Ärgernisse gehören vor das Forum der Censoren, sondern auch Klagen der Eltern über ihre Kinder, der Ehegatten gegeneinander , Familienzwiste e.c. Die Censoren verwalten ihr Amt lebenslänglich, "was zur Vermehrung ihres Ansehens bedeutend beiträgt und die Repräsentanten machen von der Pflicht, kirchenordnungsgsmäßig einen Theil des Presbyterii durch Wahl zu erneuern, keine andere Anwendung, als daß sie fast immer die alten Presbyter wiederwählen./ /*) Auf der rechten Rheinseite heißen die Kirchenaltesten Synodschöffen oder Sendschöffen. Ein Verbot dieser Benennung Seitens des königl. Rheinischen Consistorii hat diese Ausdrücke zwar aus der Dienstcorrespondenz aber keinesfalls aus dem Sprachgebrauch des Volkes verdrängen können. Ob der Ausdruck Sendschöffe, der sich in den alten Kirchenordnungen gedruckt findet, eine Verstümmelung aus Synodschöffe ist, oder von den alten deutschen Sendgerichten abzuleiten, ist nicht zu ermitteln./ Helmut Kuhn |
Date: 2012/05/20 09:58:53
From: Dr. Margarete Stitz <ma.stitz(a)gmx.de>
Nur zur Information: Der „Send“ hat sich aus dem griechisch/lateinischen Wort synodos/synodus entwickelt. Man nennt solche Wörter „Lehnwörter“. Sie wurden nicht „verstümmelt“, sondern so früh übernommen, dass sie die Veränderungen, denen auch original deutsche Wörter unterlagen, ebenfalls mitgemacht haben. „Synodus“ ist Femininum (daher: die Synode), ich habe auch schon in Texten „die Send“ gelesen. Von daher kommt auch das Wort „Sendgericht“ (= geistliches Gericht). Den Begriff „Sendschöffe“ gibt es schon im 10. Jahrhundert. Wie die althochdeutsche Form lautete, wäre sicher auch zu ermitteln. Dr. Margarete Stitz Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net [mailto:regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net] Im Auftrag von Rolgeiger(a)aol.com Salü, eine Weiterleitung aus der Hunsrück-Liste. Roland Geiger ----------------------- Hallo Hunsrücker, |
Date: 2012/05/20 13:36:52
From: Michaela Becker <Michaela-Becker(a)gmx.net>
Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. in Zusammenarbeit mit der Aleksandrastiftung zur Förderung der Westricher Geschichtsforschung Einladung zum Vortrag von Herrn Horst Bernard, Landesvorsitzender des VVN. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes „Saarländerinnen und Saarländer im Kampf gegen die Nazis “ Horst BERNARD – Jahrgang 1932 – ging nach der Saarabstimmung vom 12. Januar 1935 mit seinen Eltern ins Exil nach Frankreich. Nazis aus der Umgebung in Saarbrücken hatten sie wegen ihres Engagement für den „Status Quo“ massiv bedroht. Angesichts des Umgangs mit den politischen Gegnern und mit den Juden im III. Reich – der Vater stammte aus einer jüdischen Familie aus Beckingen – entschlossen sich die Eltern zur Flucht. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht schlossen sich die Eltern dem Widerstand zunächst gegen das Vichy-Regime und ab November 1942 – als ganz Frankreich besetzt wurde – auch gegen die Nazi-Besatzung. Um der Verfolgung durch die Nazi-Behörden, insbesondere durch die Gestapo, zu entgehen mussten Vater und Mutter unter falschem Namen und versteckt auf dem Land leben. 1946 kehrte die Familie nach 11 Jahren Exil ins Saarland zurück. Diese Kindheitserfahrungen haben Horst Bernard geprägt. Erwachsen engagierte er sich in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregmies (VVN) – Bund der Antifaschisten, deren Vorsitzender er noch heute ist. Bei diesem Engagement lernte er viele Frauen und Männer kennen, die in unterschiedlichster Art an vielen „Fronten““ gegen die Nazis gekämpft haben. Am Mittwoch, den 23.Mai 2011, 19.00 Uhr im historischen Junkerhaus ( 1569 ), Wellesweiler, Eisenbahnstr. 22 Von Nichtmitgliedern wird 5 Euro Eintritt erbeten i.A. MIchaela Becker Wellesweiler Arbeitskreis für Geschichte, Landeskunde und Volkskultur e.V. Hirtenstraße 26 66539 Neunkirchen-Wellesweiler
Date: 2012/05/22 21:59:34
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Ritterliches Können mit der Lanze und dem SchwertBeim Ritterturnier in St. Wendel treten zehn Teilnehmer im Lanzenbrechen und Schwertkampf zu Pferde an1512 besuchte der „letzte Ritter“ Kaiser Maximilian I. St. Wendel. Zum 500-Jahre-Jubiläum richtet die Stadt vom 31. August bis 2. September ein Ritterturnier aus. Dabei werden zwei Wettbewerbe ausgetragen.Von SZ-MitarbeiterLukas Kowol St. Wendel. Jeder Wettkampf braucht Regeln. So auch das St. Wendeler Ritterturnier, das vom 31. August bis 2. September abgehalten wird. Anlass ist der Besuch der Stadt durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1512. Am Ende der drei Tage wird ein Turniersieger gekürt: Der Ritter, der die meisten Punkte erringt, erhält ein eigens angefertigtes Schwert. „Es ist ein sorgfältig gearbeitetes, voll funktionsfähiges Schwert mit einer dem Zweck der Anfertigung entsprechenden qualitätvollen Vergoldung“, erklärt der Waffenhistoriker und wissenschaftliche Berater des St. Wendeler Turniers, Alfred Geibig. Für St. Wendel wurde ein besonderes Regelwerk geschaffen. Geibig: „ Die Regeln basieren dabei auf zeitgenössischen Quellen. Da in St. Wendel von einer hohen Qualität der Reiter, Pferde und Ausrüstungen ausgegangen wird, sind die Regeln entsprechend streng.“ Das Turnier besteht aus zwei Disziplinen: dem Tjost, Lanzenbrechen zu Pferd, und dem Massenkampf fünf gegen fünf, das sogenannte Melée. Beim Tjosten kann der Ritter zwischen einem und sieben Punkten erreichen, je nach dem, wie er seinen Gegner trifft und wie seine Lanze bricht. 20 gibt es, wenn sein Stoß den Gegner aus dem Sattel hebt. Hinzu kommt noch die Bewertung der Damenjury. „Bei dieser Jury handelt es sich um erfahrene reiterliche Fachfrauen. Diese bewerten vor allem das reiterliche Element, die Höflichkeit und Ritterlichkeit im Auftritt sowie die Show-Fähigkeiten. Das sind im Übrigen Kriterien, die bei den alten Turnieren der ritterlichen Zeit ebenfalls eine ganz wichtige Rolle spielten“, erklärt Geibig. Auch die Knappen der Ritter werden tjosten, allerdings in einer leichteren Rüstung als ihre Ritter. Im Mittelalter bewiesen Ritter beim Melée ihr Geschick im Reiten und den Trainingsstand ihrer Kriegspferde. So auch in St. Wendel. Jedes der zwei Teams wird aus vier Rittern und einem Knappen bestehen. Geibig: „Man muss sich das Ganze als eine schnelle Folge von taktischen Manövern vorstellen, ähnlich wie bei einem Luftkampf im Zweiten Weltkrieg. Dabei haben alle Kämpfer das Ziel, sich in die richtige Position für einen Angriff auf die Gegner zu bringen und diesen letztlich erfolgreich durchzuführen.“ Zehn Minuten wird die Massenschlacht dauern. Der Turniermeister wird den regelkonformen Ablauf überwachen und die Teilnehmer bewerten: Gewonnen hat die Partei, die am Ende noch die meisten Kämpfer hat. Die Gewinner erhalten jeweils 25 Punkte. Auch hier wird es von der Damenjury Sonderpunkte geben. Geibig ist überzeugt, dass das St. Wendeler Melée aufgrund der herausragenden Teilnehmer einzigartig sein wird und in dieser Form noch nie gezeigt wurde. Auch beim Tjosten wird die Elite der heutigen Ritter die Lanzen brechen, um den Turniersieg streiten. Nach einem strengen Regelwerk – wie es Kaiser Maximilian I. gefallen hätte. |
Date: 2012/05/22 22:01:13
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Dem Zoll ein Schnippchen geschlagenMariahütte hat 37 Einwohner und zwei Kirchen mit einer kuriosen GeschichteSelbstständig war Mariahütte nie, hat immer zu Braunshausen gehört. In dem von der Industrie geprägten Wohnplatz leben nur 37 Bürger. Aber es gibt dort gleich zwei Kirchen: ein evangelisches Gotteshaus und eine Marienkapelle.Von SZ-Mitarbeiter Gerhard TrösterMariahütte. Mitten im Grünen und geradezu idyllisch liegt Mariahütte an der Landstraße zwischen Kastel und Nonnweiler. Es ist eine kleine Ansiedlung von Häusern, die sich rechts und links gruppieren. Bei der Durchfahrt kaum wahrzunehmen ist der große Betrieb der Firma Diehl. Der Industrie verdankt dieser Wohnplatz seine Existenz. Ein eigener Ort war Mariahütte jedoch nie gewesen. Immer hat er zum einen Kilometer entfernt liegenden Braunshausen gehört. Aber – und das macht Mariahütte zu einer Besonderheit – es gibt dort gleich zwei Gotteshäuser: eine evangelische Kirche und eine Marienkapelle. Beide haben eine interessante Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden. Bis Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg besuchten die evangelischen Christen des Amtes Nonnweiler (außer die von Schwarzenbach, die zur Kirchengemeinde Sötern gehören) die Gottesdienste, wenn sie nicht gerade in einem Schulsaal gehalten wurden, in der Mutterkirche in Hermeskeil. Dabei mussten sie die Zollstelle passieren und wurden oft von den Beamten auf Schmuggelgut kontrolliert. Das missfiel dem damaligen Pfarrer Szallies. Er hatte die Idee, im Nonnweiler Raum eine Kirche zu bauen. „Damit wenigstens nur einer gefilzt wird“, soll der Geistliche damals gesagt haben und meinte sich damit selbst, wenn er von Hermeskeil aus zum Gottesdienst fährt. Nachdem die Firma Goma in Mariahütte ein Gelände zur Verfügung gestellt hatte, wurde am 2. September 1956 in Gegenwart von über 100 Gläubigen und Vertretern kirchlicher und weltlicher Behörden der Grundstein gelegt. Auf der Pergamenturkunde, die in eine Zinnkapsel eingeschlossen ist, steht: „…im Jahre des Herrn 1956 (…), im 103. Jahr nach der Erbauung der Mutterkirche Hermeskeil und im 99. Jahr nach der Gründung unserer Kirchengemeinde Hermeskeil legen wir dank der Gnade Gottes und vielfacher freundlicher Hilfe den Grundstein.“ Architekt war Baurat Vogel aus Trier, Maurermeister Otto Schmeier aus Sötern. Das kleine Gotteshaus, das bald fertiggestellt war, besitzt ein Altarbild aus Ton und eine Orgel mit vier Registern. Gottesdienste werden an jedem ersten und dritten Sonntag im Monat gefeiert. Auch Gemeindefeste finden regelmäßig drinnen und draußen statt. Die Marienkapelle ist eine Gedächtniskapelle, die Susanne von Beulwitz, geborene Gottbill, nach dem Tod des letzten männlichen Nachkommens von Carl Gottbill, der die Mariahütte 1764 erworben hatte, errichten ließ. Sie besitzt einen ellipsenförmigen Grundriss. In der Kuppel befindet sich eine kreisrunde Öffnung, darüber eine doppelstöckige Laterne. Der Altarraum ist links mit einer Statue der Muttergottes mit Kind geschmückt. Rechts ist eine Gedenktafel angebracht, auf der zu lesen ist: „Sterblicher, der du diese einsame Kapelle betrittst, stehe still und bete für die Abschiedenen, deren Namen dir dieser Stein verkündet: Carl Gottbill, geb. im Jahre 1732, gest. den 2. Nov. 1799.“ Weitere fünf Namen stehen darunter. An dem Holzaltar ist ein Malteser Kreuz zu sehen. Vor zwei Jahren ist die Kapelle, die der Firma Diehl gehört, renoviert worden. |
Date: 2012/05/22 22:10:33
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
heute in der SZ:
Als Kaiser Maximilian in St. Wendel vorbeischauteBuchhändler Werner Martin veröffentlicht über den hohen Besuch demnächst ein BuchIm März war es 500 Jahre her, dass Kaiser Maximilian St. Wendel besucht hat. Der St. Wendeler Buchhändler Werner Martin hat sich mit diesem Ereignis beschäftigt und viel über die damalige Geschichte herausgefunden. Demnächst wird er darüber ein Büchlein herausbringen. Im Vorfeld unterhielt sich SZ-Mitarbeiter Gerhard Tröster mit ihm.Herr Martin, ein kaiserlicher Besuch in St. Wendel – das war 1512 doch wohl ein Ereignis. Werner Martin: Ganz sicher. Der Kaiser kam am 31. März, dem Mittwoch vor dem Palmsonntag, in die Stadt, blieb vermutlich mehrere Tage hier und wohnte in der Burg. Was war der Anlass? Martin: Es kann angenommen werden, dass er bereits 1508 auf seiner Durchreise kurz hier war, womöglich aber nicht viel Zeit hatte. Vier Jahre später bot sich ihm wieder die Möglichkeit, St. Wendel zu besuchen und näher anzusehen. Der Kaiser war im März nach Trier gekommen, wo einige Wochen später der Reichstag stattfand. Von hier aus unternahm er einen Ausflug nach St. Wendel, der als Jagdausflug getarnt wurde. Was hat ihn damals an St. Wendel wohl besonders interessiert? Martin: Ganz sicher der Dom. Es ist anzunehmen, dass er sich die Deckenmalereien angesehen hat. Diese Malereien waren damals quasi ein politisches Programm, weil sie die Wappen der Herrschaft und der Hierarchie zeigten. Bekannt ist, dass er den heiligen Wendelin in seine „Sipp-, Mag- und Schwägerschaft“ aufgenommen und ihn einfach in seine Ahnenreihe eingebaut hat. Nicht überliefert ist allerdings, ob er sich von dem damaligen Pfarrer die Gebeine des Heiligen in der Lade zeigen ließ. Seinerzeit herrschte in St. Wendel ein reges Wallfahrtsleben. Sicher war Maximilian davon beeindruckt. Martin: Ja, wahrscheinlich so sehr, dass er nach seiner Rückkehr nach Trier den Kurfürsten drängte, den Heiligen Rock aus dem Altar herauszuholen, wo er seit 1196 eingemauert war. Das hatte, wie man weiß, für Trier bedeutsame Folgen. Martin: Das Ereignis war wohl der Auslöser dafür, dass der Heilige Rock bis heute regelmäßig ausgestellt wird. Am 3. Mai 1512 sollen zum Auftakt dieser Wallfahrten 80 000 Pilger nach Trier gekommen sein. Maximilian verfolgte damit eine klare Absicht. Er sagte sich: Wallfahrer bringen Geld – und Geld brauche ich für den Zug gegen die Türken, den ich vorhabe. Sind die Leute ab dieser Zeit mehr nach Trier als nach St. Wendel gepilgert? Martin: Es ist bekannt, dass Anfang des 16. Jahrhunderts die Wallfahrten zum heiligen Wendelin weniger geworden sind. Meiner Meinung war das nicht auf den Einfluss der Reformation zurückzuführen, sondern auf die Heilig-Rock-Wallfahrten. |
Date: 2012/05/23 22:56:42
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
bis heute sind zur neuen Statue in St. Wendel zwei Leserbriefe in der SZ
erschienen.
Roland Geiger
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Platzbenennung statt BronzedenkmalZum Artikel „Wer ist der Vater?“ vom 14. Mai Lehnchen Demuth war die Schwester meiner Ururgroßmutter. Als Namensträger hat mich immer schon deren Leben interessiert. Der Künstler des Standbildes war der Auffassung, dass zu ihrem emanzipierten Wesen auch der Mutterwunsch gehörte. Ich kann mir eher vorstellen, dass bei der Geburt eines nicht ehelichen Sohnes im Jahre 1851 nicht nur „eitel Sonnenschen“ war, besonders nicht im Hause Marx. Dem ausgeprägten Mutterwunsch widerspricht die Tatsache, dass der Sohn nach der Geburt in die Obhut einer armen Fuhrmannsfamilie gegeben wurde und spätere Kontakte nur in Form von gelegentlichen Besuchen stattfanden. Mithin kann die Geburt nicht das prägende Ereignis für ihren Bekanntheitsgrad gewesen sein. In einem Bericht in der SZ vom 21./22.11. 1990 hat Werner Martin im Mitmenschlichen ihre wahre Größe gesehen. Die Absicht, im Jahre 1990 in St. Wendel eine Straße oder einen Platz nach Lehnchen Demuth zu benennen, stieß allgemein auf Ablehnung. Ich bin jedoch der Meinung, dass eine Platzbenennung für die Person Lehnchen Demuth würdiger gewesen wäre, als ein Bronzedenkmal, über dessen Ausführung man geteilter Meinung sein kann. Bei der derzeitig angespannten Finanzlage wäre es für die Stadt billiger geworden. Hans Josef Demuth, Bliesen -------------------------- Lenchen Demuth braucht einen Anwalt
Zum Artikel „Wer ist der Vater?“ vom 14. Mai. Ein Schandmal für übertriebene 30 000 Euro. Bestimmt würde sie dagegen angehen, so bloßgestellt und verunglimpft zu werden. Das ist unfair einer Toten gegenüber, die sich nicht mehr wehren kann, Marx hin, Marx her. Denkmale werden zum Andenken an eine Person errichtet, nicht zu deren Verächtlichmachung. Damals galt die Schwangerschaft einer Unverheirateten als große Schande, und mit zeitgenössischen Augen muss der Kunstschaffende sein Produkt auch überlegen und planen. Lenchen Demuth würde bestimmt einen Anwalt beauftragen, der dafür sorgt, dass das Schandmal eingeschmolzen wird. Die Preise für Edelschrott sind derzeit gut. Ich empfehle das Heimatbuch des Landkreises St. Wendel, XIII. Ausgabe 1969/70, Seiten 46 bis 54. Mir ist jetzt schon bange, wie das Cusanus-Denkmal aussehen wird. Doch wohl nicht mit solchen Rübenköpfchen wie bei Louise und Lenchen. Es sollte unbedingt eine Ausschreibung erfolgen mit Bürgerbefragung. Norbert Fehr, St. Wendel |
Date: 2012/05/24 11:51:02
From: Elmar Peiffer <e.peiffer(a)gmx.net>
Lenchen Demuth hat es wahrlich nicht verdient, auf ihre damals tatsächlich gesellschaftlich schwierige Mutterrolle reduziert zu werden. Sie war Karl Marx eine adäquate Gesprächsparnerin, die auf Augenhöhe mit ihm seine Thesen diskutierte. Und sie hielt auf vielfältige Weise all die alltäglichen Dinge von Marx ab, die ihn von seinem kritischen Philosophieren hätten ablenken können. All das auf einen dicken Bauch zu verkürzen und diesen sozusagen als Mittelpunkt ihres vielfältigen Wirkens darzustellen, zeugt entweder von Unwissenheit oder von einer stockkonservativen Haltung (Kinder, Kirche, Küche). Spätesten nach Vorlage des Künstler-Entwurfs hätte hier die Stadtverwaltung als Auftraggeber ihr Veto einlegen müssen, wenn sie denn über genügend Wissen und Sensibilität verfügt hätte. Der gebührende Umgang mit der Geschichte und den Personen, die Geschichte geschrieben haben, erfordert halt weitaus mehr an Wissen und Einfühlungsvermögen als die Ausrichtung von "Trail-run-Event Keep-on-Running-Wochenenden" und Querfeldein-Schlammschlachten. |
Date: 2012/05/24 23:48:47
From: Rolgeiger <Rolgeiger(a)aol.com>
Salü,
ich bin ab Freitagnachmittag für ein paar Tage außer Haus und komme erst am
10. Juni wieder. Vielleicht kann jemand ab und an in die SZ reinschauen und ggf.
den ein oder anderen Artikel von dort hier unterbringen, so er oder sie meint,
daß er paßt. Ich melde mich von unterwegs.
Roland Geiger
PS: Falls bei den Unterwegs-Mails das ein oder andere "z" bzw. "y"
durcheinandergeht, mag das an mir liegen oder der Tastatur, mit der ich
schreibe. CU |