Date: 2023/08/01 18:39:15
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
heute in der Saarbrücker Zeitung:
Gefallene
von 1870/71 -
Geschichtsbuch zum Ehrenfriedhof in Saarbrücken
Neues
Buch von Roland
Isberner und dem Heimatkundlichen Verein Warndt widmet sich
detailliert dem
Saarbrücker Ehrental.
Von Marco
Reuther Redakteur
Man sollte meinen, schreckliche Dinge werden nicht vergessen.
Doch die Zeit
vergeht, und dann passieren manchmal auch Dinge, die noch
schrecklicher sind,
wie der Zweite- und der Erste Weltkrieg, die den vorherigen
Krieg, den von
1870/71, fast in Vergessenheit geraten lassen. Es gibt aber
noch sichtbare
Erinnerungen an diesen Krieg, der in seinen ersten Tagen auch
direkt bei
Saarbrücken tobte, auf den Spicherer Höhen, wo preußische
Truppen die Soldaten
Napoleons III. in einer blutigen Schlacht besiegten.
Noch sichtbar sind dieser Krieg und diese Schlacht deshalb,
weil ein Teil der
Gefallenen ihre letzte Ruhe im „Ehrental“ fand. Heute liegt
der Friedhof mit
den alten Grabsteinen im Deutsch-Französischen Garten. Roland
Isberner
vom Heimatkundlichen Verein Warndt hat sich in einer
Neuerscheinung sehr
detailliert den alten Grabstätten gewidmet.
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/1871 tobte zwischen dem
letztlich besiegten
Frankreich und dem Norddeutschen Bund unter Führung Preußens
und den
verbündeten süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden
und Hessen-Darmstadt.
Als Auslöser gilt ein Streit zwischen Frankreich und Preußen
um die spanische
Thronkandidatur des Prinzen Leopold von
Hohenzollern-Sigmaringen. Am 19. Juli
1870 erklärte Frankreich unter Kaiser Napoleon III. – ein
Neffe Napoleons
I., der sich an die Macht geputscht hatte – Preußen den Krieg.
Entgegen der
Erwartung des Kaisers, der im Laufe des Krieges abdanken
musste uns sich in
Gefangenschaft begab, traten die vier süddeutschen Staaten in
den Krieg ein.
Die Schlacht am Spicherer Berg wurde hochstilisiert, war aber
nicht
entscheidend. Ein Ergebnis des Krieges war die Gründung des
Deutschen Reichs.
Frankreich musste diesem Elsaß-Lothringen abtreten. In dem
Krieg, er dauerte
keine zwölf Monate, kamen fast 190.000 Soldaten ums
Leben, mehr als
230.000 wurden verwundet.
Auf gut 160 Seiten im DIN-A-4-Format zeigt „Das Ehrental –
Grabstätte zum Krieg
1870/71 im Deutsch-Französischen Garten in Saarbrücken“ viele
farbige
Abbildungen: Fotos der Grabsteine und Denkmäler, alte
Postkarten, Drucke und
Todesanzeigen. Mit dem Buch, so Isberner im Vorwort, wolle er
auch den auf den
Denkmälern genannten Namen ein Gesicht geben. Was er jedoch
auf keinen Fall
wolle, sei eine Glorifizierung des Krieges – an dieser Stelle
zitiert er Kurt
Tucholsky mit den Worten: „Jede Glorifizierung eines Menschen,
der im Krieg
getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg.“
Der kleine Friedhof wurde zum Platz der letzten Ruhe sowohl
für Deutsche als auch
Franzosen, teils während der Kämpfe getötet, teils an den
Verwundungen
gestorben – die medizinische und hygienische Situation war
schlecht. Aber auch
später verstorbene Veteranen des Krieges sind hier bestattet.
Roland Isberner hat zudem beschrieben, warum und wie der
Friedhof im damaligen
„Mockental“ entstand. Geweiht wurde er am 16. Oktober 1870.
Schon während der
Schlacht von Spichern wurden Gefallene nicht nur auf den
Friedhöfen von
Saarbrücken und St. Johann (heute Echelmeyerpark) beigesetzt:
Auch direkt am
Spicherer Berg entstanden Einzel- und Massengräber. So kam man
in beiden Städten
überein – Saarbrücken und St. Johann wurden erst 1909 vereint
–, die
Begräbnisstätte in unmittelbarer Nähe anzulegen, zumal man
wusste, dass dort
schon 1814 in Saarbrücken gestorbene französische Soldaten
beigesetzt worden
waren.
Der Ankauf des Geländes und das Anlegen des Friedhofs kosteten
6000 Taler, das
Kriegsministerium beteiligte sich mit 2000 Talern. Schon bis
April 1871 wurden
457 deutsche und französische Soldaten, darunter fünf
Offiziere beigesetzt. Nur
44 von ihnen waren direkt in der Schlacht gefallen, die
anderen kämpften noch
lange um ihr Leben, erlagen den Wunden erst Tage oder Wochen
später. Weitere in
Folge der Kämpfe Verstorbene folgten, so auch 1890, als etwa
80 Leichname aus
anderen Grabstätten ins Ehrental überführt wurden. Hinzu kamen
noch Veteranen
des Krieges – darunter Honoratioren der Stadt – die den Krieg
überstanden und
nach ihrem natürlichen Tod im Ehrental beigesetzt worden
waren. Bis 1903 waren
dort insgesamt etwa 500 Tote beigesetzt.
Der Name „Ehrental“ geht offenbar auf zwei Redakteure der
Saarbrücker Zeitung
zurück – Fritz Hofer und Conrad Herrmann: Offenbar hatte es
spätestens Anfang
September 1870 Beschwerden über wegen der schieren Menge nicht
christlich
bestatteten Soldaten gegeben. Da nun aber die Todeszahlen in
den Lazaretten
zurückgingen, solle man doch wieder zu würdevollen
Einzelbestattungen
übergehen, so der Vorschlag in der SZ, die auch eine Sammlung
für Särge anstieß
und den Namen „Ehrental“ anregte, statt wie bis dahin
„Mockenthal“ oder
„Galgendelle“.
Roland Isberner geht auch auf die zahlreichen – heute teils
verschwundenen – Denkmäler auf dem Gelände und deren
Inschriften ein. Vor allem
widmet er sich aber ausführlich den Einzel-Gräbern,
insbesondre soweit dort
noch die Namen der Verstorbenen zu erkennen sind, denn teils
sind sie heute
nicht mehr lesbar. Es war sicher eine Fleißarbeit, denn zu
etlichen Personen
hat der Heimatkundler noch genauere Informationen oder auch
die Todesanzeigen
zusammengetragen, alphabetisch geordnet von „Bieter, Karl“,
von dem nur bekannt
ist, dass er mit 82 weiteren Unglücklichen in einem Massengrab
endete, bis zu
„Zwicke, Adolf“, Generalarzt a.D., dessen letzten Ruheplatz
ein prunkvoller
Grabstein ziert und der zu den Glücklichen gehörte, die sich
nach der Schlacht
vom 6. August 1870 noch eines langen Lebens erfreuen durften –
er starb erst am
29. Mai 1914 mit 68 Jahren – während eine Reise an einem
„Herzschlag“ in Bern –
und wurde als Kriegsveteran im Ehrental beigesetzt. Zwickes
Sohn hatte um
dessen Beisetzung im Ehrental gebeten, aus Isberners Buch geht
aber auch
hervor, dass mancher Mann schon zu Lebzeiten bestrebt war,
nach seinem Ableben
einen Platz auf dem Ehrenfriedhof zu bekommen.
Wobei es in den Gräbern tatsächlich eine nahezu reine
Männergesellschaft ist.
Nur eine einzige Frau findet sich darunter, obwohl es auch
andere wie sie gab:
Katharina Weißgerber, genannt Schultze Kathrin (1818-1886),
die sich offenbar
auch während der Kampfhandlungen um verwundete preußische
Soldaten gekümmert
hatte. Durch Spenden nach einem Aufruf in der Saarbrücker
Zeitung wurde der
Frau, die fast mittellos gestorben war, das Grab im Ehrental
finanziert.
Das Buch „Das Ehrental – Grabstätten zum Krieg 1870/71“
(29,80 Euro) von Robert
Isbernerg gibt es beim Heimatkundlichen Verein Warndt per
E-Mail an:
heimatk.verein(a)warndt.de.
Date: 2023/08/01 20:08:06
From: Hermann Scheid via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Von: regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net <regionalforum-saar-bounces(a)genealogy.net> Im Auftrag von Roland Geiger via Regionalforum-Saar „Quo vadis“-Buch: Der Skandal der Skandale |
Date: 2023/08/01 22:04:11
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend, in Zusammenhang mit der heutigen Darstellung des Buchs über Spichern hat mich Stefan Reuter auf seine eigene Website aufmerksam gemacht: => http://www.spurensuche-spichern.de/index.html Mit freundlichem Gruß Roland Geiger
Date: 2023/08/02 08:02:32
From: Stefan Reuter via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
in Zusammenhang mit der heutigen Darstellung des Buchs über Spichern hat
mich Stefan Reuter auf seine eigene Website aufmerksam gemacht:
=> http://www.spurensuche-spichern.de/index.html
Mit freundlichem Gruß
Roland Geiger
_______________________________________________
Regionalforum-Saar mailing list
Regionalforum-Saar(a)genealogy.net
https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2023/08/02 11:53:59
From: Stefan Reuter via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Abend,
in Zusammenhang mit der heutigen Darstellung des Buchs über Spichern hat
mich Stefan Reuter auf seine eigene Website aufmerksam gemacht:
=> http://www.spurensuche-spichern.de/index.html
Mit freundlichem Gruß
Roland Geiger
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https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2023/08/05 10:36:41
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
ich wollt mir schon immer mal ne Waldseemüllerkarte kaufen, keine
Kopie,
sondern ein Original. Von 1522. Jetzt hätte ich die Gelegenheit.
Dominik Heckmann hat mich gestern auf diesen Verkauf hingewiesen:
Hier der Link:
https://bergbook.com/antique-maps/europe/france/33573/waldseemueller-martin/lotharingia-lothringen-mit-saarland?number=33573
Die wollten ursprünglich über 1800 Euro dafür haben; aber
jetzt hat man
es rabattiert, jetzt kostet’s nur noch 1620 Euro.
E Schneppsche, sagen wir hier dazu.
Da gings mir wie Commander Data, als er gefragt wurde, ob er
versucht gewesen
sei, ein verlockendes Angebot anzunehmen. Ja, sagte er, er habe
lange überlegt.
0,00000 sowas Sekunden. Für einen Androiden eine Ewigkeit. Ich hab
länger dran
überlegt. Eine ganze Minute. Dann hab ich an bevorstehende
Operationen im
oralen Bereich gedacht und daß der Zahnarzt ja auch von was leben
muß.
Also - folgt dem Link und macht Euch glücklich. Ich würd's Euch
gönnen.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/08/06 09:58:44
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
diese sieht noch besser aus:
Date: 2023/08/06 11:12:58
From: Friedrich.Denne(a)t-online.de <Friedrich.Denne(a)t-online.de>
Salve,
diese sieht noch besser aus:
_______________________________________________ Regionalforum-Saar mailing list Regionalforum-Saar(a)genealogy.net https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2023/08/08 21:43:39
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo,
dieser Text erläuterte in englischer Sprache ein bevorstehendes
Seminar. Mir gefiel der Text per se.
Übersetzen wird üblicherweise als eine
sprachliche Praxis
der Sinnwiederherstellung verstanden. Einer solchen Definition
folgend, sollte
der Sinn eines Originaltextes oder einer Originalsprache sauber
auf einen
zweiten übertragen werden. Daher wird das Ziel einer solchen
Praxis
normalerweise anhand der Nähe und Gleichheit des ersten und des
sekundären
Textmaterials definiert. In diesem Workshop möchten wir den
Fokus auf die
zeitliche und gelebte Dimension der Übersetzung sowie auf deren
ethische und
politische Auswirkungen richten: Anstatt die Übersetzung auf
Akte der
textuellen Sinnwahrung zu reduzieren, sollte sie zusätzlich als
transformative
Praktiken der Übersetzung zwischen verschiedenen Lebenswelten
und
Zeitlichkeiten gedacht werden. Da die Bedingungen der
Übersetzung häufig durch
bestehende Ungleichheiten zwischen kulturellen und historischen
Kontexten
bestimmt werden, erhält der Akt der Übersetzung eine politische
Dimension.
Anstatt den Textsinn zu bewahren, kann die Übersetzung in ihrer
sozialen und
politischen Dimension notwendige Akte des Widerstands gegen die
persönliche,
kollektive und historische hegemoniale Auslöschung implizieren.
Darüber hinaus
können solche Übersetzungsakte eine Frage des Überlebens sein,
wie praktische
Kontexte von Exil und/oder Trauma deutlich machen. Surviving
Translation weist
nicht nur auf die Arbeit hin, das Verschwinden anderer Welten,
Sprachen und
Zeitlichkeiten zu verhindern, sondern beinhaltet auch die Gefahr
eines Verlusts
solcher Welten, Sprachen und Zeitlichkeiten durch Übersetzung.
Für diesen Workshop laden wir eine Gruppe inter- und
transdisziplinärer
Forscher mit einer Vielzahl von Sprachen, Welten, Geschichten
und gelebten
Realitäten ein, diese Fragen im Zusammenhang mit ihrer Forschung
sowie ihren
Erfahrungen bei der Durchführung von Übersetzungsarbeiten im
akademischen
Kontext zu diskutieren. Angesichts der Grenzen der polyphonen
Theoriebildung in
der Wissenschaft zielt diese Veranstaltung daher darauf ab, über
die kreativen
Prozesse des Lebens, Denkens und Theoretisierens zu
reflektieren, während man
sich zwischen verschiedenen Welten bewegt und mit ihnen
verstrickt ist – sowohl
im geografischen als auch im existentiellen und sozialen Sinne
der Begriff.
Tatsächlich möchten wir, indem wir zwischen Grenzen und an den
Rändern fester
Kategorien und materieller Realitäten arbeiten, gemeinsam Fragen
diskutieren
wie: Was bedeutet die Durchführung von Übersetzungsarbeit? Was
können wir aus
den Praktiken des anderen lernen? Inwieweit fördert die
Übersetzung das
Überleben unserer verschiedenen Welten? Und schließlich: Wie
überstehen wir den
Verlust von Teilen unserer Lebenswelten, Sprachen und
Zeitlichkeiten, der ein
notwendiger Teil der Übersetzungsarbeit ist?
Hier ist der Link zum Kurs: Surviving Translation. On Being
Between Worlds. In:
H-Soz-Kult, 08.08.2023, <www.hsozkult.de/event/id/event-138012>.
Date: 2023/08/12 14:31:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die Ethik der Appropriation
13.09.2023 Vortrag
19:00 Uhr
Moderne Galerie, Saarbrücken
Teil der Reihe Slevogt und der "Wilde Westen"
„Wunsch, Indianer zu werden“ heißt ein Fragment von Franz Kafka
aus dem Jahr
1912. Viele Menschen haben sich in ihrer Kindheit gewünscht, ein
tapferer
Indianerhäuptling zu sein. Die Winnetou-Romane Karl Mays, die
Lederstrumpf-Geschichten von James Fenimore Cooper haben
Generationen geprägt.
Heute steht dieses Vergnügen in der Kritik: als kulturelle
Aneignung. Wer sie
betreibt, bereichere sich an den Schöpfungen „fremder“ Kulturen,
so der
Vorwurf; in Aneignung sei Enteignung immer schon inbegriffen.
Diese Kritik hat
einen richtigen Kern, denn natürlich drücken sich in der Aneignung
„fremder“
Kulturen immer auch Machtverhältnisse aus. Die Frage ist aber:
Kann man das
„Fremde“ vom „Eigenen“ überhaupt trennen? Und beruht nicht in
Wahrheit jede
Kultur auf Aneignung? Und wenn das so ist, was heißt das für die
Debatten der
Gegenwart?
Referent: Jens Balzer ist Autor und Journalist in Berlin; er hat
2022 das Buch
„Ethik der Appropriation“ veröffentlicht, in dem er die Debatte
vom Kopf auf
die Füße zu stellen versucht: Wir brauchen nicht mehr Verbote, wir
brauchen
mehr Reflexion; die Frage ist nicht, ob Aneignung berechtigt ist,
sondern wie man
sie auf richtige Weise betreibt.
Date: 2023/08/12 15:56:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die
Geschichte des „Stern“ und seiner prägenden Personen. Zum
Kontext historischer
Kontinuitäten und Neuanfänge im deutschen Journalismus
Institut für Zeitgeschichte, München/Berlin
Berlin
24.04.2023 - 26.04.2023
Von Felix Lieb, Institut für Zeitgeschichte, München
2023 jährte sich der Skandal um die gefälschten
„Hitler-Tagebücher“ im „Stern“
zum 40. Mal. Die erstmalige Veröffentlichung sämtlicher 62 Kladden
durch den
NDR im vergangenen Februar sorgte für breite Aufmerksamkeit.[1] Bereits im Vorjahr hatte
das
Recherchemagazin „STRG_F“ antisemitische Flugblätter gezeigt, für
die eine
Propagandakompanie verantwortlich war, der auch der
„Stern“-Gründer Henri
Nannen als Kriegsberichterstatter angehört hatte.[2] Obwohl beides bereits
bekannt bzw.
vergleichsweise gut erforscht ist, führten die Veröffentlichungen
zu intensiven
Debatten über den Umgang des „Stern“ mit der NS-Vergangenheit.
Ziel der Tagung
war es, bisher bekanntes Wissen zu sammeln und Anstöße für weitere
Forschungen
zu entwickeln. Sie markierte gleichzeitig den Beginn eines
Forschungsprojektes
am Institut für Zeitgeschichte in München, das die Rolle der
NS-Zeit im „Stern“
systematisch untersuchen wird.
In ihrer Begrüßung konstatierte HELEN MÜLLER (Gütersloh/Berlin)
vom
Bertelsmann-Archiv eine Diskrepanz zwischen den
Forschungsergebnissen zu
personellen NS-Belastungen im „Stern“ und deren medialer
Wahrnehmung. Der durch
die NDR-Recherchen geäußerte Vorwurf der gezielten
Hitler-Verharmlosung durch
die "falschen" Tagebücher bestärkte Bertelsmann in seinem
Vorhaben,
die Geschichte des „Stern“ wissenschaftlich untersuchen zu lassen.
Zu diesem
Zweck beabsichtigt das Bertelsmann-Archiv, die relevanten
Unterlagen von
„Stern“ und Gruner + Jahr mit den bereits in Gütersloh vorhandenen
Akten
zusammenzuführen.
MAGNUS BRECHTKEN (München) bettete die Diskussionen in die
geschichtswissenschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte
ein.
Kontinuitäten aus dem „Dritten Reich“ spielten in zahlreichen
Aufarbeitungsprojekten eine zentrale Rolle, wobei der Bereich des
Journalismus
davon noch nicht breit erfasst wurde. Darin liegt eine Erklärung
dafür, warum
jüngste Enthüllungen für umso größere Aufmerksamkeit sorgen
konnten.
In der ersten Paneldiskussion umrissen Magnus Brechtken, LUTZ
HACHMEISTER
(Köln) und ANNETTE VOWINCKEL (Potsdam) den bisherigen
Forschungsstand. Als
typisch für mediale Aufarbeitungsbemühungen charakterisierte
Hachmeister, dass
diese erst durch Enthüllungen von außen angestoßen werden. Nicht
selten besteht
jedoch die Gefahr, dass die daraufhin in Auftrag gegebenen Studien
zu
„Beerdigungsunternehmen“ verkommen, da ihre Ergebnisse erst lange
nach
Abschluss der medialen Diskussion vorliegen. Brechtken resümierte,
dass zu
NS-Kontinuitäten beim „Stern“ vergleichsweise viele Erkenntnisse
vorliegen.
Vermutlich wurden sie in der Wissenschaft deswegen eher selten
rezipiert, da es
meist Journalist:innen waren, die sich an diesen Diskussionen
beteiligten.
Vowinckel analysierte die Unterschiede zwischen journalistischen
und wissenschaftlichen
Formen der NS-Aufarbeitung. Während der journalistische Diskurs in
der Regel
skandalisiert, widmen sich Historiker:innen der Untersuchung von
Zusammenhängen
hinter den Skandalen. Die Diskutant:innen thematisierten ferner
die Spezifika eines
medienhistorischen Aufarbeitungsprojekts. Insbesondere die Analyse
des „Stern“
biete die Gelegenheit, Fotografien einzubeziehen. Dies ist
insofern lohnend,
als in vielen Fällen frühere Tätigkeiten von Fotografen im
Propagandaapparat
des „Dritten Reiches“ belegt sind. Eine weitere Forschungslücke
bestehe im
Unternehmerischen, schließlich bedienten Heftinhalte mit
NS-Bezügen auch
ökonomische Motive. Solche Untersuchungen wurden bislang durch
einen
problematischen Quellenzugang erschwert, denn die wenigsten
Zeitungen und
Verlage unterhalten klassische Unternehmensarchive. Relevantes
Material
befindet sich häufig im Privatbesitz von Journalist:innen bzw.
deren
Nachfahren.
KLAUS CEYNOWA (München) stellte das „Stern“-Fotoarchiv in der
Bayerischen
Staatsbibliothek vor, das etwa 15 Millionen Bilder von
„Stern“-Fotografen
umfasst. Ein Teil davon (bislang etwa 300.000 Bilder) kann über
ein
öffentliches Kundenportal, das seit dem Februar 2023 online ist,
eingesehen
werden.[3] Nicht einsehbar sind vor
allem
Fotografien, deren Nutzungsrechte ungeklärt sind, sowie solche,
die
gewaltverherrlichende, diskriminierende und propagandistische
Inhalte
darstellen. Die Digitalisierung des Gesamtbestandes soll bis 2028
zur Hälfte
abgeschlossen sein. Anhand einiger Beispiele verdeutliche Ceynowa,
dass sich
die für den „Stern“ charakteristische visuelle Ästhetik vor allem
aus der
unkonventionellen Darstellungsform speiste. Durch ihre Visualität
implizierten
die Bildreportagen des „Stern“ außerdem ein Maß an Authentizität
und
Unmittelbarkeit, über die Schriftquellen oftmals nicht verfügen.
Das anschließende Panel fasste die bisherigen Erkenntnisse zu
NS-Kontinuitäten
im „Stern“ zusammen. Zunächst berichtete MICHAEL SCHORNSTHEIMER
(Berlin) über
seine Forschungen zum Umgang mit der NS-Vergangenheit im „Stern“
in den
1950er-Jahren. Demnach wurde die NS-Vergangenheit dort fortlaufend
thematisiert, insbesondere in Form sogenannter Tatsachenberichte.
Negative
Erfahrungen wie Angst oder Tod kamen in diesen Kriegsberichten
nicht vor und
mussten einem Abenteuerroman-Stil weichen, der organisatorische
und technische
Aspekte der Kriegsführung in den Vordergrund stellte. Wurden ihre
Schrecken
thematisiert, so erschienen sie als anonyme Naturgewalt. Zwar
traten in den
Berichten auch „böse Nazis“ auf, jedoch meist in so geringer Zahl,
dass
demgegenüber der überwiegende Teil der „anständigen“ Soldaten
exkulpiert wurde.
„Feinde“ der Deutschen hingegen wurden als hässliche und dumpfe
Figuren
gezeichnet und rassistische Stereotype dadurch reproduziert.
TIM TOLSDORFF (Berlin) bilanzierte anschließend seine Forschungen
zum frühen
„Stern“ und seinen Vorläufern im „Dritten Reich“. Starke
personelle,
inhaltliche und gestalterische Kontinuitäten zum alten „Stern“,
der 1938/39 als
unterhaltungsorientierte Illustrierte erschien und „positive
Integrationspropaganda“ betrieb, wurden nach der Gründung des
neuen „Stern“
1948 bewusst verschwiegen. In der Gründungszeit spielte zunächst
Karl Jödicke,
der ehemalige Leiter des Ullstein Verlages / Deutschen Verlages,
in dem der
alte „Stern“ erschien, eine wichtige Rolle bei der Lizenzierung
des
Nachfolger-Heftes. Zentrale Personen der Frühzeit wie Karl
Beckmeier, Kurt
Zentner und Günter Radke waren ebenso (unterschiedlich stark) mit
dem NS-Regime
verbunden gewesen. Tatsächlich positionierte sich der neue „Stern“
zunächst als
Medium der „deutschen Opfergemeinschaft“, indem er Vertreibung,
Bombenkrieg und
Kampagnen zur Begnadigung von Kriegsverbrechern breit
thematisierte; mitunter
waren rassistische und antisemitische Ressentiments erkennbar. Die
Politisierung und Liberalisierung des „Stern“ seit den
1960er-Jahren war weniger
eine logische Konsequenz seines Gründungskontextes. Vielmehr
folgte sie einer
gezielten, die bisherige Linie des Blattes neu ausrichtenden
Prioritätensetzung
Henri Nannens.
Diese Erkenntnisse wurden im folgenden Panel um den weiteren
journalistischen
Kontext zwischen Diktatur und Demokratie ergänzt. RAINER
JEDLITSCHKA (Augsburg)
stellte Giselher Wirsing, zwischen 1954 und 1970 Chefredakteur von
„Christ und
Welt“, ins Zentrum seiner Ausführungen. Während der Weimarer
Republik schrieb
Wirsing für die konservative „Tat“, wurde nach 1933 ihr
Schriftleiter und kurz
darauf Chefredakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten“, 1943
wiederum
Chefredakteur der von der Wehrmacht herausgegeben Illustrierten
„Signal“.
Jedlitschka charakterisierte Wirsing, der SS-Sturmbannführer war
und für den SD
arbeitete, als Journalisten, der kein überzeugter
Nationalsozialist war, es
aber gut verstand, sich unterschiedlichen politischen Systemen
anzudienen. Zum
Nationalsozialismus anschlussfähig war insbesondere sein
rechtskonservatives
und nationalistisches Weltbild. Wirsing Belastungen standen seiner
journalistischen Nachkriegskarriere allerdings kaum im Wege, auch
wenn er vor
allem wegen seiner ideologischen Hinwendung zum westlichen Ausland
regelmäßig
mit Vorwürfen des Opportunismus konfrontiert war.
THEO MÜLLER (Karlsruhe) berichtete anschließend aus seinem
vergleichenden
Projekt zu Journalist:innen in Deutschland und Frankreich.
Eingehender widmete
er sich Henri Nannen, der als Kriegskorrespondent für die mit der
NS-Herrschaft
kollaborierende Zeitung „La Petite Gironde“ schrieb. Nannen
berichtete dort von
Kriegsschauplätzen an der Ostfront und beteiligte sich auf diese
Weise an
Propaganda gegen die Rote Armee. Für die Zeit nach 1945 ist die
Vergleichsperspektive insofern fruchtbar, als sie einen Blick auf
die
grenzübergreifende Selbstbeobachtung beider Presselandschaften
erlaubt. Die
Verherrlichung von NS-Tätern in deutschen Zeitungen wurde in
Frankreich genau
registriert; in diesem Zusammenhang konnten regelmäßig Angriffe
französischer
auf deutsche Medien festgestellt werden. Dies traf auch den
„Stern“ im Kontext
der Rehabilitierung von Kriegsverbrechern und der Täterflucht nach
Südamerika.
ALEXANDER KORB (Leicester) referierte über den „Tat-Kreis“ und
konzentrierte
sich dabei vor allem auf Hermann Proebst, seit 1960 Chefredakteur
der
„Süddeutschen Zeitung“. Proebst schrieb ab 1932 für die „Tat“ und
arbeitete
nach Beginn des Zweiten Weltkrieges als Agent der Abwehr in
Südosteuropa. Seit
1941 gab er in Zagreb „Die Neue Ordnung“ heraus. Diese
Propagandatätigkeiten
taten seiner Karriere in der Nachkriegszeit keinen Abbruch;
bereits 1946
schrieb er wieder für die „Rheinische Zeitung“. Proebst war ein
Musterbeispiel
für die Journalisten der „Kriegsjugendgeneration“, die sich
während der
Weimarer Republik durch eine Ablehnung der Versailler
Nachkriegsordnung
auszeichneten, einen geopolitisch inspirierten völkischen
Internationalismus
unter deutscher Führung propagierten, sich nach 1933 überwiegend
an die
NS-Herrschaft anpassten und während des Krieges ihre Dienste dem
NS-Propagandaapparat zur Verfügung stellten. Nach 1945 wendeten
sie ihre
Überzeugungen binnen weniger Jahre in eine prowestliche und
demokratische
Richtung.
Das nächste Panel fokussierte sich auf inhaltliche und personelle
Bezüge zur
NS-Zeit im „Stern“ seit den 1970er-Jahren. KERSTIN VON LINGEN
(Wien) griff die
Beziehung zwischen dem „Stern“-Reporter Gerd Heidemann, der später
durch die
Veröffentlichung der gefälschten „Hitler-Tagebücher“ Berühmtheit
erlangte, und
Karl Wolff heraus. Wolff war General der Waffen-SS, Stabschef
Heinrich Himmlers
und Chef der SS und der Polizei in Italien. Heidemann knüpfte in
den
1970er-Jahren Beziehungen zu Wolff, da er vor allem an Kontakten
zu
„professionellen“ Zeitzeugen aus dem „Dritten Reich“ interessiert
war. 1978
veröffentlichte der „Stern“ ein Interview mit Wolff und gab diesem
darin
Gelegenheit, seine eigene Rolle im Holocaust zu verharmlosen. 1979
schließlich
reiste Heidemann zusammen mit Wolff nach Südamerika. Auf diese
Weise gelang es,
in Bolivien den Lyoner Gestapo-Chef Klaus Barbie und in Chile
Walter Rauff, den
Konstrukteur des „Gaswagens“, ausfindig zu machen. Für die
NS-Reportagen
Heidemanns war typisch, dass sie die Verbrechen der begleiteten
Personen zwar
nicht verschwiegen, dafür aber meist herunterspielten. Bei den
Interviewten war
kein Schuldbewusstsein zu erkennen, darüber hinaus verbreiteten
sie
Unwahrheiten über ihre Beteiligung am Holocaust.
Unmittelbar daran anknüpfend ermöglichte SEBASTIAN BARTH
(Pforzheim) einen Einblick
in seine Forschungen zur Debatte über die falschen
„Hitler-Tagebücher“. Er
plädierte dafür, den Blick von der Ereignisgeschichte zu lösen und
sich
stattdessen größeren gesellschaftlichen Kontexten zuzuwenden.
Barth bestätigte,
dass der Fälscher Konrad Kujau in seinen Kladden dem fiktiven
Adolf Hitler u.a.
eine Unkenntnis des Holocaust zuschrieb. Das Verschulden des
„Stern“ habe aber
weniger darin gelegen, mit der (geplanten) Veröffentlichung einen
bewussten
Geschichtsrevisionismus betrieben zu haben, sondern mit den
„Tagebüchern“ naiv
umgegangen zu sein, die Glaubwürdigkeit der Texte nicht
angezweifelt und sich
auch nicht um ihre kritische Kommentierung bemüht zu haben. Barth
ordnete den
Skandal in den größeren Kontext der NS-Aufarbeitung ein. So war im
Rahmen der
„Hitler-Welle“ in den 1970er-Jahren ein großes Interesse an
vermeintlich
authentischen Zeugnissen hochrangiger NS-Figuren entstanden. Erst
im Anschluss
daran bildete sich eine spezifische Erinnerungskultur aus, die die
Opfer des
Holocaust ins Zentrum rückte. Das Besondere am Tagebuch-Skandal
war, dass er
genau in den Übergang zwischen beiden Phasen fiel. Die diffuse
Hitler-Fixierung
der 1970er-Jahre wirkte noch nach; der sich bereits abzeichnenden
reflektierteren Erinnerungskultur war jedoch geschuldet, dass eine
Hitler-Verharmlosung nicht mehr so einfach möglich war und daher
auch schnell
aufflog.
Die engagierte Diskussion über Barths Vortrag kreiste insbesondere
um die
Motive des „Stern“ hinter der Veröffentlichung der gefälschten
Kladden. Sie
kehrte vor allem heraus, dass die These einer bewusst betriebenen
NS-Relativierung zu simpel ist. Rückblickend erschien der Skandal
als ein fast
schon logisches Resultat der NS-/Hitler-Fixierung im deutschen
Journalismus
seit den 1950er-Jahren. Finanzielle Motive waren ein maßgeblicher
Faktor, warum
inhaltliche Zweifel an der Echtheit der Dokumente an den Rand
rückten. Henri
Nannen wiederum wusste erst spät von der geplanten
Veröffentlichung, da anfangs
nur ein kleiner Kreis aus Redakteuren und Verlagsleitung
eingeweiht war. Alle
Beteiligten unterschieden nicht ausreichend zwischen „Hitler als
Geschäftsmodell“ und „Hitler als historischer Person“. Bei einer
ernsthaften
Inhaltsanalyse der Texte wäre die Fälschung rasch erkennbar
gewesen. Eine
unterstellte „intentionale Hitler-Verharmlosung“ ist deswegen
unwahrscheinlich,
weil sie angesichts der bereits weit fortgeschrittenen Forschung
nie eine
Chance auf Durchsetzung gehabt hätte.
Die abschließende Panel-Diskussion mit RAINER HANK (Frankfurt),
Alexander Korb,
Kerstin von Lingen und Magnus Brechtken leitete Rainer Hank mit
einem
Werkstattbericht zu seinem aktuellen Projekt über deutsche
Journalistinnen ein.
Er hob dabei Blindstellen der Forschung hervor, die
Journalistinnen bislang
nicht als eigenständige Akteurinnen würdigte, obwohl sie eine
wichtige Rolle
bei der rechtlichen Liberalisierung der Bundesrepublik spielten.
Hank nannte
ihren Einsatz für die Umsetzung der grundgesetzlich garantierten
Gleichstellung
der Geschlechter und ihr Engagement für die Presse- und
Meinungsfreiheit als
Beispiele. Hanks Thesen wurden in der Diskussion um Hinweise auf
die
Beteiligung von Journalistinnen an den Begnadigungskampagnen
zugunsten Ernst
von Weizsäckers und Albert Kesselrings ergänzt. In diesem
Zusammenhang wurde
beispielsweise auf Marion Gräfin Dönhoff verwiesen.
Die Diskussion wurde daraufhin auf das Gesamt-Thema der Konferenz
geweitet, die
einmal mehr ihren Ausgangspunkt in der neuerlichen Diskussion der
gefälschten
„Hitler-Tagebücher“ fand. Unter den Diskutierenden bestand
Konsens, dass der
Skandal nur im Kontext des erinnerungspolitischen Klimas der
ersten
Nachkriegsjahrzehnte erklärbar ist. Dies macht eine Analyse des
Umgangs mit der
NS-Vergangenheit im „Stern“ als Spiegel westdeutscher
Geschichtsinteressen und
Aufarbeitungslogiken jedoch umso interessanter. Zum nun
beginnenden
Forschungsprojekt wurde die Erwartungshaltung geäußert, nicht nur
die bereits
in weiten Teilen bekannte publizistische Festigung der
Opfergemeinschaft in den
Blick zu nehmen, sondern auch den Umgang mit ehemals Verfolgten
und Opfern von
NS-Verbrechen.
In bisher nicht gekannter Weise bündelte die Konferenz
wissenschaftliche und
journalistische Erkenntnisse zur Rolle des Nationalsozialismus in
den deutschen
Nachkriegsmedien im Allgemeinen und im „Stern“ im Speziellen. Sie
leistete
damit wertvolle Impulse für deren weitere Untersuchung. Gleiches
gilt für die
noch offenen Fragen, die für weitere Forschungen erkenntnisleitend
werden. Analog
zur bereits etablierten Aufarbeitungsforschung müsse eine Brücke
zwischen
personellen Kontinuitäten und deren tatsächlichen inhaltlichen
Auswirkungen
geschlagen und beides in einem analytischen Zusammenhang
betrachtet werden. Nur
so könne erklärt werden, warum sich ein großer Teil des deutschen
Nachkriegsjournalismus trotz teilweise erheblicher Belastungen aus
der NS-Zeit
an Aufbau und Festigung der Nachkriegsdemokratie beteiligen
konnte. Ferner war
durchgehend erkennbar, dass zwischen der öffentlichen
Skandalisierung von
NS-Kontinuitäten und deren wissenschaftlicher Analyse zu
unterscheiden ist, ja,
die Funktionsweisen solcher Skandalisierungen selbst zu
historisieren sind.
Konferenzübersicht:
Panel zur Einführung: Journalismus und Medien nach 1945: Was wir
wissen – und
was noch lange nicht
Magnus Brechtken (München) / Lutz Hachmeister (Köln) / Annette
Vowinckel
(Potsdam)
Claus Ceynowa (München): Das Stern-Bildarchiv in der Bayerischen
Staatsbibliothek
Panel I
Moderation: Annette Vowinckel (Potsdam)
Michael Schornstheimer (Berlin): Stern und Quick als
Forschungsgegenstand in
den 1980er Jahren: Erfahrungen und Erkenntnisse
Tim Tolsdorff (Berlin): Der Stern als Forschungsgegenstand der
jüngeren
Zeitgeschichte: Ergebnisse, Konsequenzen, Erfahrungen
Panel II
Moderation: Magnus Brechtken (München)
Rainer Jedlitschka (Augsburg): Giselher Wirsing
Theo Müller (Karlsruhe): Welterklärer: Eine vergleichende
Betrachtung des
Journalistenberufes in Deutschland und Frankreich 1950 bis 1990 –
Ein Bericht
aus der Forschungswerkstatt
Alexander Korb (Leicester): Der Tatkreis in der Nachkriegszeit:
Deutsche
Journalisten von Stresemann bis Brandt
Panel III
Moderation: Cord Arendes (Heidelberg)
Kerstin von Lingen (Wien): „Zeitzeuge“ Karl Wolff: Zur
NS-Berichterstattung von
Gerd Heidemann im Stern
Sebastian Barth (Pforzheim): Der Skandal um die Hitler-Tagebücher
des Stern im
Jahr 1983: Rezeption und geschichtspolitischer Rahmen des
Nationalsozialismus
in den 1980er Jahren
Panel-Diskussion: Aktuelle Herausforderungen der Forschung zum
Journalismus in
Deutschland nach 1945
Moderation: Magnus Brechtken (München)
Rainer Hank (Frankfurt) / Alexander Korb (Leicester) / Kerstin von
Lingen
(Wien)
Anmerkungen:
[1]https://www.ndr.de/geschichte/tagebuecher/Datenbank-Die-gefaelschten-Hitler-Tagebuecher-zum-Durchsuchen,hitlertagebuecherdatenbank102.html#6/1932
(2.5.2023).
[2]https://www.youtube.com/watch?v=89ebHDhGdkg
(6.6.2023).
[3]https://www.stern-fotoarchiv.de/stern/main/thumbnailview
(12.6.2023).
Zitation
Tagungsbericht: Die Geschichte des „Stern“ und seiner prägenden
Personen. Zum
Kontext historischer Kontinuitäten und Neuanfänge im deutschen
Journalismus,
In: H-Soz-Kult, 12.08.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-137678>.
Date: 2023/08/12 17:26:20
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Liebe Freundinnen und Freunde der Ahnenforschung, der Ahnenforscher Stammtisch Unna möchte euch sehr herzlich zu seiner folgenden Online-Veranstaltung auf Zoom einladen: Ahnenforscher Stammtisch Online-Vortragsabend: FAMILYSEARCH: WIE WIR ARCHIVE BEI DER DIGITALISIERUNG UND BEWAHRUNG HISTORISCHER AUFZEICHNUNGEN UND NUTZER BEI DER SUCHE NACH IHREN WURZELN UNTERSTÜTZEN mit dem FamilySearch Field Relation Manager Thomas Hengst am Donnerstag, dem 17. August 2023 um 19.00 Uhr auf Zoom! Einladung mit Teilnahmemöglichkeit: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de/2023/06/21/online-vortrag-familysearch-wie-wir-archive-bei-der-digitalisierung-und-bewahrung-historischer-aufzeichnungen-und-nutzer-unterst%C3%BCtzen-am-17-08-2023/ Wir würden uns sehr freuen, euch wieder zahlreich zu dieser interessanten und informativen Online-Veranstaltung auf Zoom begrüßen zu dürfen. Liebe Grüße Georg (Palmüller) AHNENFORSCHER STAMMTISCH UNNA E-Mail: info(a)ahnenforscherstammtisch.de Homepage: https://www.ahnenforscher-stammtisch-unna.de Facebook: https://www.facebook.com/afstunna Twitter: https://twitter.com/ahnenforscher Instagram: https://www.instagram.com/ahnenforscherstammtischunna/ _____________________________________ International German Genealogy Partnership (IGGP) mailing list Write new topics to IGGP-L(a)genealogy.net Mailing list administration https://list.genealogy.net/mm/listinfo/iggp-l IGGP website https://iggp.org/
Date: 2023/08/17 11:22:44
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Guten Morgen,
heute kam über die Website der Arbeitsgemeinschaft für
Saarländische
Familienkunde (ASF) die Mitteilung, daß Harald Lermen ein
Ortsfamilienbuch für
Theley zusammengestellt hat.
Er nennt es „Ortsfamilienbuch THELEY II ab ca. 1800“.
[Theley liegt im nördlichen Saarland westlich des Schaumbergs.]
Dieses Buch gibt es wohl nicht in gedruckter Form, sondern nur als
pdf.
Sie kann über diesen Link heruntergeladen werden:
https://magentacloud.de/s/66rB2QpTy4QwKpr
Das Buch hat 599 Seiten, die Datei ist 2.1 Megabyte groß.
Ein Preis ist nicht angegeben, der Download erfolgt kostenlos.
Zum Inhalt:
Vorwort ab Seite 3
Einige Zahlen ab Seite 5
Quellen ab Seite 6
Hausnamen und häufige Familiennamen ab Seite 7
Familien ab Seite 9
Liste verstorbener Eheleute ab Seite 549
Abkürzungen und Ortsregister ab Seite 551
Anhang ab Seite 566
Der Verfasser schreibt einleitend: „Mit diesem Familienbuch in der
Fortsetzung
von „Die Einwohner der Pfarrei St. Peter Theley 1680 bis 1834“,
veröffentlicht
von Johannes Naumann 2007, sollen alle interessierten „Theleyer“
die
Möglichkeit haben, ihre Vorfahren und Verwandten zu finden.
Familienforscher aus andern Orten können jetzt auch Lücken
schließen. Durch die
Mitarbeit am FB Hasborn-Dautweiler, 2020, hatte ich viele
Unterlagen und machte
die notwendigen Erfahrungen ( Genealogieprogramm OMEGA, Archive
erkunden, „alte“
Akten lesen u.a.).
Hauptquellen waren Standesamtsurkunden und Gemeindearchiv Tholey,
Kirchenbuch und
Familienbuch der Pfarrei St. Peter Theley, der erwähnte
Vorgängerband und andere
Ortsfamilienbücher, Todesanzeigen und Nachfragen. Ergänzungen zum
Vorgängerband
wurden eingearbeitet und Fehler darin verbessert.“
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger
Date: 2023/08/17 12:39:00
From: Robert Groß via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Hallo Roland, vielen Dank für die interessante Nachricht. Mit freundlichen Grüßen Robert Robert Groß Winterbach In den Baumgärten 20 DE 66606 St. Wendel Tel. +49 6851 3763 E-Mail: robalgross(a)gmx.de Am 17.08.2023 um 12:32 schrieb Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>:
|
Date: 2023/08/18 08:15:10
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Ein
neues Deutschland? Rückkehrerfahrungen nach 1945
Veranstalter
Bundeskanzler-Wiilly-Brandt-Stiftung, Moses Mendelssohn Zentrum
(Bundeskanzler-Wiilly-Brandt-Stiftung)
Ort: Forum Willy Brandt Berlin
10117 Berlin
am 28.09.2023 -
Deadline 27.09.2023
Website https://willy-brandt.de/ausstellungen/veranstaltungen/ein-neues-deutschland-rueckkehrerfahrungen-nach-1945/
Von Jonas Baier
Eine Kooperation mit dem Moses Mendelssohn Zentrum für
europäisch-jüdische
Studien e. V. im Rahmen der „Tage des Exils“ in Berlin.
Ein neues Deutschland? Rückkehrerfahrungen nach 1945
Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete auch die Rückkehr einer
Vielzahl von
Emigrantinnen und Emigranten, die vor dem Nationalsozialismus aus
Deutschland
geflohen waren. Ihre unterschiedlichen Hoffnungen und Erwartungen
an eine
Neugestaltung Deutschlands bestimmten vielfach auch die
individuelle
Entscheidung für bzw. gegen Ost oder West. Vor allem für jüdische
Remigrantinnen und Remigranten warf der Holocaust dabei einen
Schatten auf
beide bald entstehenden deutschen Teilstaaten.
Ausgehend von zwei Impulsvorträgen von Lutz Fiedler (Moses
Mendelssohn Zentrum,
Potsdam) und Scott Krause (Willy-Brandt-Forum Unkel) zu
Rückkehrerfahrungen in
Ost- und Westdeutschland diskutieren sie mit Irmela von der Lühe
(Berlin) über
die Erwartungen und Enttäuschungen von Remigrantinnen und
Remigranten im
geteilten Deutschland.
Moderation: Anna-Dorothea Ludewig (Moses Mendelssohn Zentrum,
Potsdam)
Begrüßung: Miriam Rürup (Direktorin des MMZ, Potsdam)
Eine Kooperationsveranstaltung mit dem Moses Mendelssohn Zentrum
für
europäisch-jüdische Studien e. V. Potsdam im Rahmen der „Tage des
Exils“. Eine
Initiative der Körber-Stiftung in Kooperation mit der Stiftung
Exilmuseum
Berlin
Kontakt
info(a)willy-brandt.de
https://willy-brandt.de/ausstellungen/veranstaltungen/ein-neues-deutschland-rueckkehrerfahrungen-nach-1945/
Zitation
Ein neues Deutschland? Rückkehrerfahrungen nach 1945. In:
H-Soz-Kult,
17.08.2023, <www.hsozkult.de/event/id/event-138093>.
Date: 2023/08/20 09:43:06
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Geheimes
Massengrab:
Suche nach deutschen Wehrmachtsoldaten
Verfasser: Miguel Sanches
[Ein ähnlicher Artikel stand am Freitag in der Saarbrücker
Zeitung, aber den
konnte ich online nicht finden]
(Quelle:
https://www.morgenpost.de/vermischtes/article239211935/frankreich-soldaten-wehrmacht-massengrab-suche.html)
Exhumierung erschossener Wehrmachtssoldaten in Frankreich
Gut 79 Jahre nach der Erschießung von 46 Wehrmachtssoldaten durch
französische
Widerstandskämpfer haben in Frankreich die Grabungen nach den
sterblichen
Überresten begonnen. Ein Massengrab mit rund 30 deutschen
Kriegsgefangenen wird
nahe der Ortschaft Meymac in Zentralfrankreich vermutet.
In Frankreich läuft die Suche nach einem lange geheimgehaltenen
Massengrab von
Wehrmachtsoldaten. Der letzte Zeuge brach das Schweigen.
Erde, aufgeschüttete Erde. Nichts Ungewöhnliches. "Wir müssen
weiterarbeiten",
bemerkt Thomas Schock. "Nur die Erde kennt die Wahrheit."
Die Erde und Edmond Réveil. Der Mann ist der letzte Augenzeuge
einer
schrecklichen Tat: der Erschießung von 47 Wehrmachtsoldaten und
einer
französischen Frau im Juni 1944.
Seit Ende Juni wird nach dem vergessenen oder verdrängten
Massengrab in
Südfrankreich gesucht. Das ist nicht gerade einfach. Réveil ist
bald 99 Jahre
alt, das Verbrechen liegt schon wieder fast 80 Jahre zurück. Und
grundsätzlich
kommt eine Fläche von fast 3000 Quadratmetern in Frage. Hinzu
kommt, dass der
Tatort sich im Laufe der Zeit verändert hat: Wo frühen Hecken
waren, stehen
heute hohe Bäume, Küstentannen und Lerchen.
Suche nach Massengrab in Frankreich: Kein Erfolg am ersten Tag
Deswegen kann es niemanden wirklich überraschen, dass in den
ersten Tagen der Grabungen
keine Funde gemacht wurden. Nicht die Leute vom Volksbund Deutsche
Kriegsgräberfürsorge, die für die Kosten aufkommen. Nicht ihre
französischen
Partner sowie die örtliche Präfektur. Auch nicht die fast 50
Journalistinnen
und Journalisten, die seit Mittwoch in Meymac sind und nicht viel
mehr zu sehen
bekamen als einen Graben, 1,3 Meter tief, 1,8 Meter breit, über 40
Meter lang.
Sollten Gebeine gefunden werden, dann werden sie auf einer
deutschen
Kriegsgräberstätte in Frankreich bestattet. Konkret sucht man nach
36 Soldaten.
Denn elf wunden schon 1969 in der Nähe exhumiert. Damals hielt man
es für einen
Zufallsfund, nach Réveils Geständnis ergaben sich neue
Zusammenhänge.
Soldaten mussten ihre eigenen Gräber im Wald ausheben
"Heute müssen die Leichen ihren Familien zurückgegeben werden. Wir
haben
sie mit ihren Soldbüchern und Erkennungsmarken begraben. Ich bin
froh, dass die
Tat heute kein Geheimnis mehr ist“, sagt Réveil.
Seltsamerweise redet kaum jemand von der Frau. Sie wurde nie
vermisst, man
kennt keinen Namen. Es ist nicht mal sicher, ob sie überhaupt eine
Kollaborateurin war. "Sie wurde trotzdem erschossen", sagt Diane
Tempel-Bornett vom Volksbund.
"Papillon“ brach die Mauer des Schweigens
Mitte Mai brachte Réveil mit einem Interview, besser gesagt: einem
Geständnis,
in der Zeitung "La Montagne" alles ins Rollen. Mit 19 Jahren
gehörte
er einst einer Widerstandsgruppe an. Sein Kampfname: "Papillon“,
also
"Schmetterling“.
Papillon und seine Kameraden hatten 47 deutsche Soldaten und eine
Frau gefangen
genommen und den Befehl bekommen, sie zu erschießen. Man habe sie
gezwungen,
ihr eigenes Grab auszuheben. Dann wurden sie alle getötet. Da
keiner die Frau
erschießen wollte, sei einer ausgelost worden. Es war der 12. Juni
1944,
"und dann haben wir nie wieder darüber gesprochen."
Großes Medieninteresse in Frankreich
Nachdem er sein Gewissen erleichtert hatte, begann schon wenige
Wochen später
Ende Juni die Suche nach dem Massengrab, In der ersten Phase
suchte ein Team
von "Georadar NRW“ mehrere Tage lang nach Anomalien im Boden, nach
auffälligen Veränderungen der Bodendichte etwa, die auf
Grabstrukturen
hindeuten könnten. Die Auswertung ergab drei Verdachtsflächen,
unter anderem in
einem rechteckigen Areal von 45 Metern Länge und zehn Metern
Breite, wo derzeit
gesucht wird.
Mit einem so genannten Georadar haben die Fachleute um Thomas
Schock vom
Volksbund nach Bodenanomalien gesucht, die Hinweise auf das Grab
von deutschen
Wehrmachtssoldaten in Südfrankreich geben könnten.
Viele sind an der Suche beteiligt, weit über die zuständigen
Behörden und
Organisationen hinaus: Freiwillige aus Deutschland, aber auch ein
französisches
Archäologenteam, dazu die Medien. "Das Interessen ist in ganz
Frankreich
riesig", weiß Diane Tempel-Bornett. Wenn sie bis Ende August nicht
fündig
werden, stellt sich für Thomas Schock, der den
Volksbund-Umbettungsdienst
leitet, die Sinnfrage. Weiter machen oder nicht? Es ist auch eine
Kostenfrage.
Der Volksbund ist auf Spenden angewiesen.
Es war kein Racheakt, der Grund ist so brutal wie banal
In Meymac war die Tat im Prinzip bekannt. Aber nach dem Krieg
legte sich eine
"Mauer des Schweigens“ über das Geschehene, womöglich um das Bild
des
Widerstands nicht zu beschmutzen.
Dass es ein Kriegsverbrechen war, ist Réveil wohl bewusst, "wir
hatten
nicht das Recht, die Gefangenen zu töten." Er stellt es auch nicht
als Racheakt
dar, nachdem die Waffen-SS wenige Tage zuvor in Tulle und
Oradour-sur-Glane ein
Massaker verübt hatte. Die brutale Wahrheit ist: Die Partisanen
seien damit
überfordert gewesen, eine Gruppe von Kriegsgefangenen zu
versorgen. Es war
einfacher, sie zu töten.
80 Jahre später kann man nur noch eines für sie tun: Sie sollen
ihre Namen
zurückbekommen.
Date: 2023/08/20 11:33:36
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Am Sonntag, 10. September 2023, um 11.00 Uhr
führt Jörg A.
Künzer auf dem Klosterberg bei Wörschweiler nahe Homburg durch
das ehemaligen
Kloster Wörschweiler.
Die Führung findet im Rahmen des landesweiten „Tags des Offenen
Denkmals“ statt
und trägt den Titel „„Exkursion zur Grafen, Rittern und Äbten“.
Sie wird etwa
90 Minuten dauern, die Teilnahme ist kostenlos.
In der Ruine des Zisterzienserklosters Wörschweiler erhalten Sie
Detailinformationen zu den Ausgrabungen mit Grabplatten- und
Skelettfunden der
vor Ort beigesetzten Grafen, Ritter und Äbte. Die gotischen
Inschriften und
Wappen an den Originalplatten im ehemaligen Kreuzgang werden
anschaulich
erläutert, ebenso der Zustand der Grabplatten sowie bereits
erfolgte
Restaurierungsmaßnahmen.
Treffpunkt ist das ehemalige Kloster Wörschweiler oben auf dem
Berg.
Anfahrt/Weg zum
Zisterzienserkloster Wörschweiler
Die Ruine ist grundsätzlich nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu
erreichen.
Einen kleinen Parkplatz gibt es in der Ortsmitte von Wörschweiler,
an der Ecke
"Bierbacher Straße/Limbacher Straße" (zwischen Pizzeria und
Feuerwehr). Von dort führt auf der linken Seite der Gaststätte ein
zunächst
geteerter Weg den Berg hinauf (Ruine ist ausgeschildert). Der
Aufstieg beträgt
ca. 1 km. Diesen Weg kann man als den "Hauptweg" bezeichnen.
In der Limbacher Straße ist rechts des Hauses Nr. 33 ein - schwer
erkennbarer -
weiterer Aufstieg zum Kloster ausgeschildert. Hierbei handelt es
sich nur um
einen schmalen und steilen Pfad, welcher schlecht befestigt ist.
Alternativ gibt es einen kleinen Waldparkplatz an der L222
zwischen
Wörschweiler und Limbach (von Wörschweiler kommend ca. 600 m nach
der Einfahrt
zum Wörschweilerhof, bzw. zum Wörschweiler Friedhof). Hier führt
der Weg über
die Gemarkung "Toter Mann". Der Waldweg zur Ruine ist ab dem
Parkplatz ausgeschildert. Er erstreckt sich über rund 2 km. Dieser
Weg ist
theoretisch befahrbar und wird bei Veranstaltungen für den
"Shuttle-Service" genutzt. Beachten Sie, dass es freilich verboten
ist,
mit Auto oder Kraftrad durch den Wald zu fahren und es keine
Gewähr gibt, dass
Sie die Schranke offen vorfinden.
Wanderfreunde erreichen die Ruine - bzw. die oben genannte
Gemarkung
"Toter Mann" auch vom Wanderparkplatz im "Taubental"
zwischen Limbach und Wörschweiler. Hier sollte eine Wanderkarte
(etc.)
verwendet werden, eine Beschilderung in Klarschrift gibt es vor
Erreichen der
Gemarkung "Toter Mann" nicht. Abhängig von der gewählten Route ist
man hier ab ca. 4 km unterwegs.
Schließlich gibt es noch die auf der Webseite "wandernmithans.de"
beschriebene Route. Sie führt vom Parkplatz in der Ortsmitte
unmittelbar über
das Gelände des Wörschweilerhofes, über dessen Weiden und einen
"Trittpfad" durch den Wald am Berghang auf den selben Weg, welchen
man auch von der Gemarkung "Toter Mann" aus erreicht. Die Route
über
den Wörschweilerhof könnte man auch vom Parkplatz beim Friedhof
nehmen. Hier
ist mir nicht ganz klar, welche Vorteile die Route über dieses
Privat- bzw.
Betriebsgelände haben könnte, wenn man nicht im Hofladen einkaufen
möchte.
Anders als in älteren Beschreibungen enthalten, gibt es auf dem
Klosterberg
bereits seit Jahren keine Einkehrmöglichkeit mehr (Stand: März
2022).
Date: 2023/08/20 12:15:53
From: Stefan Reuter via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
_______________________________________________Geheimes Massengrab: Suche nach deutschen Wehrmachtsoldaten
Verfasser: Miguel Sanches
[Ein ähnlicher Artikel stand am Freitag in der Saarbrücker Zeitung, aber den konnte ich online nicht finden]
(Quelle: https://www.morgenpost.de/vermischtes/article239211935/frankreich-soldaten-wehrmacht-massengrab-suche.html)
Exhumierung erschossener Wehrmachtssoldaten in Frankreich
Gut 79 Jahre nach der Erschießung von 46 Wehrmachtssoldaten durch französische Widerstandskämpfer haben in Frankreich die Grabungen nach den sterblichen Überresten begonnen. Ein Massengrab mit rund 30 deutschen Kriegsgefangenen wird nahe der Ortschaft Meymac in Zentralfrankreich vermutet.
In Frankreich läuft die Suche nach einem lange geheimgehaltenen Massengrab von Wehrmachtsoldaten. Der letzte Zeuge brach das Schweigen.
Erde, aufgeschüttete Erde. Nichts Ungewöhnliches. "Wir müssen weiterarbeiten", bemerkt Thomas Schock. "Nur die Erde kennt die Wahrheit."
Die Erde und Edmond Réveil. Der Mann ist der letzte Augenzeuge einer schrecklichen Tat: der Erschießung von 47 Wehrmachtsoldaten und einer französischen Frau im Juni 1944.
Seit Ende Juni wird nach dem vergessenen oder verdrängten Massengrab in Südfrankreich gesucht. Das ist nicht gerade einfach. Réveil ist bald 99 Jahre alt, das Verbrechen liegt schon wieder fast 80 Jahre zurück. Und grundsätzlich kommt eine Fläche von fast 3000 Quadratmetern in Frage. Hinzu kommt, dass der Tatort sich im Laufe der Zeit verändert hat: Wo frühen Hecken waren, stehen heute hohe Bäume, Küstentannen und Lerchen.
Suche nach Massengrab in Frankreich: Kein Erfolg am ersten Tag
Deswegen kann es niemanden wirklich überraschen, dass in den ersten Tagen der Grabungen keine Funde gemacht wurden. Nicht die Leute vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die für die Kosten aufkommen. Nicht ihre französischen Partner sowie die örtliche Präfektur. Auch nicht die fast 50 Journalistinnen und Journalisten, die seit Mittwoch in Meymac sind und nicht viel mehr zu sehen bekamen als einen Graben, 1,3 Meter tief, 1,8 Meter breit, über 40 Meter lang.
Sollten Gebeine gefunden werden, dann werden sie auf einer deutschen Kriegsgräberstätte in Frankreich bestattet. Konkret sucht man nach 36 Soldaten. Denn elf wunden schon 1969 in der Nähe exhumiert. Damals hielt man es für einen Zufallsfund, nach Réveils Geständnis ergaben sich neue Zusammenhänge.
Soldaten mussten ihre eigenen Gräber im Wald ausheben
"Heute müssen die Leichen ihren Familien zurückgegeben werden. Wir haben sie mit ihren Soldbüchern und Erkennungsmarken begraben. Ich bin froh, dass die Tat heute kein Geheimnis mehr ist“, sagt Réveil.
Seltsamerweise redet kaum jemand von der Frau. Sie wurde nie vermisst, man kennt keinen Namen. Es ist nicht mal sicher, ob sie überhaupt eine Kollaborateurin war. "Sie wurde trotzdem erschossen", sagt Diane Tempel-Bornett vom Volksbund.
"Papillon“ brach die Mauer des Schweigens
Mitte Mai brachte Réveil mit einem Interview, besser gesagt: einem Geständnis, in der Zeitung "La Montagne" alles ins Rollen. Mit 19 Jahren gehörte er einst einer Widerstandsgruppe an. Sein Kampfname: "Papillon“, also "Schmetterling“.
Papillon und seine Kameraden hatten 47 deutsche Soldaten und eine Frau gefangen genommen und den Befehl bekommen, sie zu erschießen. Man habe sie gezwungen, ihr eigenes Grab auszuheben. Dann wurden sie alle getötet. Da keiner die Frau erschießen wollte, sei einer ausgelost worden. Es war der 12. Juni 1944, "und dann haben wir nie wieder darüber gesprochen."
Großes Medieninteresse in Frankreich
Nachdem er sein Gewissen erleichtert hatte, begann schon wenige Wochen später Ende Juni die Suche nach dem Massengrab, In der ersten Phase suchte ein Team von "Georadar NRW“ mehrere Tage lang nach Anomalien im Boden, nach auffälligen Veränderungen der Bodendichte etwa, die auf Grabstrukturen hindeuten könnten. Die Auswertung ergab drei Verdachtsflächen, unter anderem in einem rechteckigen Areal von 45 Metern Länge und zehn Metern Breite, wo derzeit gesucht wird.
Mit einem so genannten Georadar haben die Fachleute um Thomas Schock vom Volksbund nach Bodenanomalien gesucht, die Hinweise auf das Grab von deutschen Wehrmachtssoldaten in Südfrankreich geben könnten.
Viele sind an der Suche beteiligt, weit über die zuständigen Behörden und Organisationen hinaus: Freiwillige aus Deutschland, aber auch ein französisches Archäologenteam, dazu die Medien. "Das Interessen ist in ganz Frankreich riesig", weiß Diane Tempel-Bornett. Wenn sie bis Ende August nicht fündig werden, stellt sich für Thomas Schock, der den Volksbund-Umbettungsdienst leitet, die Sinnfrage. Weiter machen oder nicht? Es ist auch eine Kostenfrage. Der Volksbund ist auf Spenden angewiesen.
Es war kein Racheakt, der Grund ist so brutal wie banal
In Meymac war die Tat im Prinzip bekannt. Aber nach dem Krieg legte sich eine "Mauer des Schweigens“ über das Geschehene, womöglich um das Bild des Widerstands nicht zu beschmutzen.
Dass es ein Kriegsverbrechen war, ist Réveil wohl bewusst, "wir hatten nicht das Recht, die Gefangenen zu töten." Er stellt es auch nicht als Racheakt dar, nachdem die Waffen-SS wenige Tage zuvor in Tulle und Oradour-sur-Glane ein Massaker verübt hatte. Die brutale Wahrheit ist: Die Partisanen seien damit überfordert gewesen, eine Gruppe von Kriegsgefangenen zu versorgen. Es war einfacher, sie zu töten.
80 Jahre später kann man nur noch eines für sie tun: Sie sollen ihre Namen zurückbekommen.
Regionalforum-Saar mailing list
Regionalforum-Saar(a)genealogy.net
https://list.genealogy.net/mm/listinfo/regionalforum-saar
Date: 2023/08/21 13:06:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Salve,
Heute erschien dieser Artikel in der Saarbrücker Zeitung, St.
Wendeler Teil,
verfaßt von Jennifer Fell, einer der Hofberichterstatterinnen St.
Wendels
(obgleich diese Nachrichten nicht vom St. Wendeler Hof stammen,
sondern - tja,
wie hieße das heute? Der König von St. Wendel ist der
Bürgermeister, was ist
dann aber der Landrat? Denn die beiden stehen nicht in einem
Verhältnis
„Vorgesetzter-Untergebener“, gleichwohl der Landrat einem viel
größeren Gebiet
vorsteht, in dem dazu noch das des Bürgermeisters von St. Wendel
enthalten
ist).
Der Besuch der brasilianischen Delegation wurde vom Landkreis
gemanagt und ging
über zwei Tage, auch wenn über das Programm am Freitag nichts in
der Zeitung
steht. Da kamen die Besucher am späten Morgen von irgendwo her und
trafen mit
ein bißchen Verspätung oben auf dem Wendalinushof u.a. die Erste
(städtische)
Beigeordnete Elisabeth Krob, den Ersten Kreisbeigeordneten Dennis
Meisberger und
das Ehepaar Weiandt aus Bliesen in ihrer beider Funktion. Für die
SPD war
Bezirksschornsteinfeger Puff da, und die anderen Parteien waren
sicher auch
vertreten, auch wenn ich ihre Vertreter nicht erkannte habe.
Frau Laub von der Stadt (Tourismus) war krankheitshalber
verhindert, dafür
schlug ich als „Historiker“ auf, der zuerst eine Stadtführung
hätte durchführen
sollen (wurde verworfen), dann einen Vortrag hätte halten sollen
(wurde
verworfen), die aber zu einer Ansprache wurde. Was natürlich
schade ist, denn
bei einer Stadtführung zeige ich Orte in der Stadt und erzähle mit
ihnen meine
Geschichten aus der Geschichte. Aber eine Ansprache oben im
Restaurant des
Wendelinushofs zwischen Ankunft und Mittagessen vor einem
Publikum, das binnen
zweier Tage durch zahlreiche Programmpunkte geführt worden ist,
ist schon eine
Herausforderung, sprich: kann eigentlich nur schiefgehen. Gottlob
sind die
Leute heute meist amerikanisch geprägt, d.h. sie hören höflich zu
und nicken
und lachen. Und jeder dankt und keiner sagt, was er wirklich
denkt.
Im Endeffekt hielt ich einen blinden Vortrag, will heißen: ich
erzählte etwas
und forderte die Fantasie der Zuhörer, was etwas über 20 min
dauerte. Die
meisten hörten zwar zu, aber ich sah einige, die nach gut 10 min
schon wieder
in ihren Handies verschwunden waren. Mein Ansprachenvortrag wäre
in 10 min rum
gewesen, aber kaum einer der Anwesenden sprach Hochdeutsch, nur
antiquiertes
Hunsrücker Platt (das damals ihre Vorfahren sprachen plus 200
Jahre
Weiterentwicklung in fremden Land und Kultur). Wnd wer nur
portugiesisch
konnte, hätte keine Chance gehabt, also brachte ich eine
übersetzte Version meines
Textes mit, den eine beidsprachenkundige Besucherin in
Portogusiesich vorlas.
Klappte auch ganz gut, machte aber aus etwas über 10 min etwas
knapp unter 30
min. Da hat kaum einer eine Chance unter diesen Umständen.
Zum Brasilanisch-Hunsrücker Platt: Ich finde es witzig, daß wir es
hierzulande
heutzutage witzig finden, daß die Nachfahren von Leuten, die vor
200 Jahren aus
unserm Land in ein anderes geflohen sind (aus welchem Grund auch
immer), immer
noch so sprechen wie ihre damaligen Vorfahren, während wir es
nicht witzig
finden, daß Flüchtlinger, die heutzutage hierzulande leben, sich
nicht an
unsere Lebensweise anpassen, noch nicht mal unsere Sprache richtig
lernen
wollen. Außer in der Eisdiele und der Pizzeria natürlich, da
finden wir es
chic, daß der Kellner oder die Zugehfrau ihre teilweise
mörderische Variante
ansatzweisen Deutsches pflegen.
Die Brasilianer fuhren nach dem Essen mit ihrem Reisebus zum
nächsten Vortrag, endlich
einem mit großem Spaßfaktor: Grüner Wasserstoff.
Hm, da war doch noch was. Ah ja, der Artikel.
Bene vale
Roland Geiger
„Brasilianische Delegation
auf
Stippvisite in der Heimat der Vorfahren
Partnerschaft Brasilianer zu Gast in der Heimat der Vorfahren
St Wendel · Die Gemeinsamkeiten erhalten und die Partnerschaft
ausbauen,
das war eines der Ziele des Besuchs einer brasilianischen
Delegation in St.
Wendel.
Einen straffen Zeitplan hatte die 22-köpfige Delegation aus dem
brasilianischen
Rio Grande do Sul, die am Donnerstag und Freitag im Landkreis St.
Wendel zu
Gast war. Neben einem Besuch des Freizeitzentrums Bostalsee und
des Museums für
Mode und Trachten in Nohfelden und einer Führung durch die
Tholeyer Abteikirche
sowie des Klostergartens standen neben weiteren touristischen und
geschichtlichen Themen auch Klimaschutz, Nachhaltigkeit,
Regionalentwicklung
und globale Partnerschaft auf dem Programm.
Vermittelt wurden diese Themen von Referenten des Landkreises St.
Wendel und
den Gemeinden Nohfelden und Tholey, bestehen doch Partnerschaften
zwischen der
Stadt St. Wendel und dem Munizip São Vendelino, der Gemeinde
Nohfelden und dem
Munizip Alto Feliz sowie der Gemeinde Tholey und dem Munizip
Feliz.
Angeführt von Elton Roberto Weber, einem Abgeordneten der
Legislativversammlung
des Bundesstaates Rio Grande do Sul und begleitet von Klaus Lauck,
dem
Vorsitzenden des Deutsch-Brasilianischen Freundeskreises Saarland
– Rio Grande
do Sul gem[einnütziger] Verein, erschienen die südbrasilianischen
Besucher am
Freitagmorgen zu einem Pressegespräch im Großen Sitzungssaal des
Landratsamtes
St. Wendel, wo sie von Landrat Udo Recktenwald (CDU) empfangen
wurden.
In seiner Begrüßung wies der St. Wendeler Landrat darauf hin, dass
vor nunmehr
fast 200 Jahren, im Juli 1824, die ersten 39 Auswanderer aus
unserer Region,
von der Saar und aus dem Hunsrück, in Rio Grande do Sul angekommen
seien. Nur
zehn Jahre später, im Jahr 1834, sei auch der Landkreis St. Wendel
gegründet worden,
was unterstreiche, dass das Sankt Wendeler Land und Rio Grande do
Sul viele
Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Geschichte und der Vergangenheit
teilten.
Ausgehend von den bereits erwähnten drei Partnerschaften wolle der
Landkreis
St. Wendel als Keimzelle die zukünftige Zusammenarbeit aktiv
mitgestalten und
werde zudem das Anliegen der brasilianischen Seite, eine
Partnerschaft mit dem
Bundesland Saarland aufzubauen, an die saarländische
Ministerpräsidentin Anke
Rehlinger (SPD) herantragen. Basierend auf der gemeinsamen
Geschichte und den
gemeinsamen Wurzeln, wobei vor allem der nach wie vor in Rio
Grande do Sul
gesprochene Hunsrücker Dialekt große Nähe und Zugehörigkeit
schaffe,
beabsichtige man, sich der gemeinsamen Verantwortung zur Wahrung
der Schöpfung
zu stellen. Daneben stünden auch die Themen Kultur und Jugend im
Fokus, hier
wolle man durch Austausch sicherstellen, dass die Gemeinsamkeiten
auch in
Zukunft fortgeführt würden.
Recktenwald beendete seine Ausführungen mit den an die
brasilianischen Gäste
gerichteten Worten „Herzlich willkommen zu Hause“, die diese mit
einem
kräftigen Applaus quittierten.
Stellvertretend für alle anwesenden Besucher führte Elton Roberto
Weber,
Mitglied des Parlaments des Bundesstaates Rio Grande do Sul aus,
dass er zusammen
mit aktuellen und ehemaligen Bürgermeistern,
Genossenschaftsvertretern,
Vertretern der Industrie- und Handelskammer sowie von
Tourismusunternehmen aus
seiner südbrasilianischen Heimat ins St. Wendeler Land gekommen
sei. Von 497
Landkreisen in Rio Grande do Sul hätten sich bislang 14 in Sachen
Tourismus
zusammengeschlossen.
Neben den bereits bestehenden drei Partnerschaften im Landkreis
St. Wendel
überbringe man im Rahmen des Besuches auch den Wunsch von
Parlament und
Gouverneur, zusätzlich eine Partnerschaft mit dem Saarland
einzugehen und damit
die Kooperation der beiden Regionen weiterhin auszubauen, so
Weber, der auch
seine Vorfreude im Hinblick auf die in zehn Monaten stattfindenden
Feierlichkeiten hinsichtlich des 200-jährigen Jubiläums der
Ankunft der ersten
deutschen Einwanderer in Rio Grande do Sul ausdrückte.
Angesprochen auf die bisherigen Highlights des Besuchs schwärmte
Terezinha
Marina Haas, Vorsitzende der Rota Romântica, der zwischen der
Ebene des Rio dos
Sinos Tal und den Hochebenen der Serra Gaúcha gelegenen
Romantischen Straße in
dem südbrasilianischen Bundesstaat, von den positiven Eindrücken,
die man von
der guten Zusammenarbeit im Bezug auf den Tourismus im Landkreis
St. Wendel
gewonnen habe. Landrat Udo Recktenwald gab das Kompliment zurück,
indem er
konstatierte, dass auch unsere Region viel von den Besuchern
lernen könne,
beispielsweise was die Vermarktung und das Konzept der
Romantischen Straße
betreffe. Recktenwald bestätigte, dass es in jedem Fall einen
Gegenbesuch in
Brasilien geben werde, auch ein Jugendaustausch sei geplant. Bis
dahin werde er
selbst noch einen Portugiesischkurs belegen, sei es bei Klaus
Lauck oder bei
der Volkshochschule, ergänzte er augenzwinkernd.
Elton Roberto Weber verriet daraufhin, dass in seiner Heimat nach
wie vor die
deutsche Sprache gepflegt werde, was sich darin zeige, dass es
vielerorts
Sonntagsgottesdienste in portugiesischer sowie in deutscher
Sprache gebe.
Ferner stünden an den Schulen ein bis zwei Stunden Deutsch pro
Woche auf dem
Lehrplan. Silvane Horst Karling diente in weiten Teilen der
Pressekonferenz als
Übersetzerin, zu Hause ist sie jedoch an der bilingualen
Privatschule Instituto
Ivoti als Deutschlehrerin tätig, wo man bereits ab dem dritten
Lebensjahr die
deutsche Sprache erlernen könne. Dabei würden alle Fächer zu einem
bestimmten
Zeitpunkt auf Deutsch unterrichtet, erläuterte die Pädagogin, die
anfügte, dass
ihr Institut darüber hinaus auch Deutschlehrer ausbilde.
Klaus Lauck, der Vorsitzende des Deutsch-Brasilianischen
Freundeskreises
Saarland – Rio Grande do Sul, ergänzte, dass in Rio Grande do Sul
auch nach
Generationen manch ältere Deutschstämmige kein Portugiesisch
sprächen. Daher
lernten die Enkel die deutsche Sprache, um sich mit den Großeltern
unterhalten
zu können. Jedoch seien seit den den 2000er-Jahren auch immer
wieder
Praktikanten aus dem Süden Brasiliens hier gewesen, die nur den
Dialekt
beherrscht hätten, weshalb sie beispielsweise zu Anfang keine
deutsche Zeitung
hätten lesen können: „Die Überschrift „Die Gurken sind reif“
verstanden sie
nicht, „Die Gummere sin zeidich“ aber schon.“, fügte er erklärend
hinzu. Ehe
die brasilianische Delegation Richtung Rheinland-Pfalz
weiterreiste,
überreichte man Landrat Udo Recktenwald noch ein Buch sowie eine
Einladung zu
den Feierlichkeiten im kommenden Jahr.“
Date: 2023/08/21 20:43:01
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
=> https://www.sr.de/sr/sr3/themen/kultur/abtei_tholey_grewenig_buch_100.html#
[Der Link führt zu der Seite, von der die Texte stammen. Die werden dort auch gelesen - mehr oder minder wortgetreu.]
Es hat für reichlich Furore gesorgt, das Buch,
das der
ehemalige Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte,
Meinrad Maria
Grewenig, über die Abtei in Tholey geschrieben hat. Er spricht von
einer
fatalen Entwicklung und sieht einen "Kulturort von Weltrang" in
Gefahr.
Obwohl es im Eigen-Verlag erschienen und eigentlich nur online zu
erwerben ist,
sorgte das Buch von Meinrad Maria Grewenig für reichlich Aufsehen.
Grewenig hat darin die Mönche in Tholey scharf angegriffen. Sie
seien nicht in
der Lage, diesen kulturhistorischen Ort samt Abtei und
Kirchenfenster des
berühmten Künstlers Gerhard Richter ordentlich in Szene zu setzen.
Ein
Kulturort von Weltrang stehe vor dem Aus, so Grewenig.
"Die Abtei Tholey ist ein ganz besonderer Ort", sagt Grewenig. Und
damit hat er zweifelsohne recht. Es handelt sich um das älteste
Abtei-Kloster
Deutschlands und nach der umfangreichen Renovierung mit dem Einbau
der
Kirchenfenster von Gerhard Richter sollte die Abteikirche ein
Magnet werden für
Besucher aus aller Welt.
Doch so ganz rund läuft es nicht, wie Grewenig in seinem Buch
"Abtei
Tholey – Quo vadis" deutlich kritisiert:
Die Liste der Ungereimtheiten und fatalen Fehler ist lang. Die
frühgotische
Kirche mit den Fenstern von Gerhard Richter wird zeitweise
geschlossen.
Gebuchte Gruppen werden weggeschickt. Die Auslagen im Klosterladen
sind
weitgehend leer. Postkarten und Führer sind nicht verfügbar."
Akribische Auflistung von Fehlern
Die Abtei Tholey könnte ein Ort sein, zu dem ganz viele Menschen
hingehen, sagt
Grewenig. Aber alle Vorzeichen stünden dagegen und die Mönche
würden auch
nichts dafür tun.
Akribisch listet Grewenig in seinem Buch die aus seiner Sicht
fatale
Entwicklung auf. Und das war vermutlich gar nicht so einfach: Die
Familie
Meiser, die die Renovierung der Kirche maßgeblich finanziert hat,
äußert sich
prinzipiell nicht in der Öffentlichkeit, die Klosterbrüder sagen
nur das, was
sie wollen, und der Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft,
Thorsten
Klein, der das Kloster hätte touristisch entwickeln sollen, warf
kurz nach der
Wiedereröffnung der Abteikirche das Handtuch.
Bruder Wendelinus – für Grewenig der Hauptverantwortliche
Dafür macht Meinrad Maria Grewenig einen Mann verantwortlich:
Bruder
Wendelinus.
Bruder Wendelinus wurde in der Folge zum Totengräber eines der
spannendsten
Kulturprojekte im Saarland. Eigensucht und Kleinkrämertum eines
Mönches haben
eine gewaltige Vision zu Fall gebracht. Möglicherweise hat hier
der Teufel
seine Hand im Spiel.
Weitere Vorwürfe
Und damit nicht genug. Dem Abt Mauritius, einem ehemaligen Koch
aus der
Spitzengastronomie, wirft er vor, Trips in die Luxus-Gastronomie
zu unternehmen
und das, obwohl Grewenig das Kloster kurz vor dem finanziellen
Ruin sieht. Es
gebe keinen betrieblichen Grunderwerb des Klosters, keine
Ländereien, keine
Brauerei. "Die Mönche leben von den spärlichen Erträgen ihrer
Pfarrertätigkeit in der Umgebung und das ist eigentlich viel zu
wenig."
Das Kloster prüft und schweigt
Grewenig teilt also kräftig aus und die Klosterbrüder sind in
Rage. Man prüfe
rechtliche Schritte, hieß es Ende Mai.
Der zuständige Rechtsanwalt prüft wohl noch immer. Man könnte es
auch so
interpretieren, dass man aus Kostengründen - und vielleicht auch
aus Kalkül -
diesem Buch und seinem Autor nicht noch einmal eine große Bühne
verschaffen und
das Ganze lieber im Sande verlaufen lassen will.
Fazit
Obwohl Grewenig in seinem Buch austeilt und barock übertreibt: Mit
der Analyse,
dass man diesen kulturhistorischen Schatz nicht einfach so sich
selbst und den
Klosterbrüdern überlassen kann, hat er recht.
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"Hier werden dringend Profis gebraucht"
21.08.2023 | 16:30 Uhr
Die Liste der Verfehlungen bei der Entwicklung der Klosterabtei
Tholey ist
lang, die Meinrad Maria Grewenig in seinem Buch ""Abtei Tholey -
Quo
vadis?" anprangert. So ganz unrecht hat er nicht, sagt
SR-Kulturreporterin
Barbara Grech. Ein Kommentar.
Ob der Abt des Klosters, ein ehemaliger
Spitzenkoch,
tatsächlich für teuer Geld in Sterne-Restaurants der Großregion
speist und das,
obwohl sein Kloster - sagen wir mal - etwas unterfinanziert ist -
geschenkt.
Ob Bruder Wendelinus - nach Meinung von Grewenig - der Totengräber
des
Tourismus-Projekts Abteikirche Tholey ist und die Besucherzahlen
schönt - er
spricht von 80.000 Besuchern, die Gemeinde Tholey von 40.000
Besuchern - lässt
sich schwer nachweisen.
Unterschiedliche Aussagen und Intransparenz
Tatsache aber ist: Auch ich hatte Bauchgrimmen, als ich 2020 über
die
glanzvolle Eröffnung der frisch renovierten Abteikirche samt
Richterfenster
berichtet habe.
Zu viele unterschiedliche Aussagen und Meinungen, eine
intransparente
Öffentlichkeitsarbeit und eine Stifter-Familie, die die
Öffentlichkeit scheut,
wie der sprichtwörtliche Teufel das Weihwasser.
Dann auch noch der Abgang von Thorsten Klein, ehemaliger
Regierungssprecher des
Landes, der mit einer Entwicklungsgesellschaft das Kloster und
seine
Sehenswürdigkeiten in eine glänzende, abgesicherte Zukunft hätte
führen sollen
und dann das Handtuch warf. Warum? Keine Antworten.
Die großen Pläne schrumpften zusammen
Man konnte dann förmlich zusehen, wie die großen Plänen allmählich
zusammenschrumpften wie bei einem Ballon, aus dem die Luft
rausgelassen wird.
Das Besucherzentrum mit Klosterladen und die dort angekündigten
Veranstaltungen
zur geistlichen Erbauung: heute das Tourismusbüro der Gemeinde.
Große
Kulturveranstaltungen mit überregionaler Strahlkraft: Fehlanzeige.
Und angeblich ist es um die finanzielle Lage des Klosters, nach
dem Rückzug der
Stifterfamilie, auch nicht gut bestellt. Grewenig spekuliert gar
mit der Pleite
des Klosters bereits im kommenden Jahr. Ob das stimmt, sei dahin
gestellt.
Eine Stiftung muss her
Alles nebulös und undurchsichtig und das bei einem
kulturhistorischen Schatz,
der seinesgleichen sucht. Nicht nur wegen der Kirchenfenster von
Gerhard
Richter.
Die Abtei ist die älteste auf deutschem Boden und hätte nach der
Renovierung
eine glänzende Zukunft. Würde sich mal bitte endlich einer drum
kümmern, der
was davon versteht.
Auch bei diesem Projekt hat sich wieder einmal gezeigt, dass man
die Bewahrung
und Entwicklung eines Kulturortes nicht einfach privaten Mäzenen,
Betreibern
und einer Gemeinde überlassen kann. Das Land ist gefragt. Eine
Stiftung muss
her, die zumindest den Kulturort auf solide finanzielle Beine
stellt und ein
schlüssiges Konzept entwickelt, wie sich künftig Tourismus und
klösterliches
Leben vereinbaren lassen und welches inhaltliches Konzept zu
diesem Ort passt.
Doch die Landesregierung schaut zu und tut nichts.
Hier werden dringend Profis gebraucht
Auch ich glaube - wie Grewenig - dass die Klosterbrüder mit diesem
ganzen
Projekt heillos überfordert sind und es dringend Profis braucht,
die die Abtei
entwickeln. Das müssen die verantwortlichen Politiker endlich
begreifen und zur
Tat schreiten. Sonst geht die Abtei, wie schon so oft in der
Vergangenheit,
wieder einmal vor die Hunde.
Date: 2023/08/26 09:59:35
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Vereinigung für die Heimatkunde im
Landkreis Saarlouis
e.V.
Tag der offenen Tür
im
Kreisarchiv Saarlouis
Kaiser-Wilhelm-Str. 4-6, 66740 Saarlouis
Sonntag, 17.
September2023
10 – 17 Uhr
Programm
Eröffnung durch den 1. Vorsitzenden,
Landrat Patrik Lauer
Ausstellung:
„Die Deportation der Juden in das Lager Gurs“
Weitere Programmpunkte
Die familienkundlichen Bestände im Kreisarchiv
Vorstellung der Totenbildsammlung
Informationen zur Familienforschung
Verkauf vereinseigener Publikationen
Bücherflohmarkt mit seltenen antiquarischen Büchern
Eine Veranstaltung der „Vereinigung
für die
Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e.V.“ und des Landkreises
Saarlouis
Date: 2023/08/26 15:08:25
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die
Vereinigung für die
Heimatkunde im Landkreis Saarlouis e. V. im Saarland gibt die
Veröffentlichung
zweier neuer Einwohnerbücher in ihrer Reihe „Quellen zur
Genealogie im
Landkreis Saarlouis und angrenzenden Gebieten“ bekannt.
=> Hans Peter Klauck,
Das
Einwohnerbuch Büdingen, Weiler u. Wellingen (Band 65)
Das Buch umfaßt auf 601 Seiten 1239 Familien mit Orts-,
Berufs- und
Familiennamenregister und Kapitel zur Geschichte der Orte und
der Pfarrei bis
ins Jahr 1911.
Es kostet 23 Euro plus Porto und Verpackung (21 Euro für
Mitglieder)
=> Bernd Gauer, Die
Einwohner von Eiweiler,
Hellenhausen und Kirschhof vor 1913 (Band 64)
Das Buch hat 874 Seiten und wird mit Orts-, Berufs- und
Familiennamenregisterin zwei Bänden dargestellt.
Es kostet 32 Euro plus Porto und Verpackung (30 Euro für
Mitglieder)
Bestellungen richten Sie bitte an den Herausgeber: heimatkunde(a)vfh-saarlouis.de.
Date: 2023/08/28 23:15:55
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Die Flamme der
Freiheit. Die
deutsche Revolution 1848/1849
Autor: Jörg Bong
Erschienen Köln 2022: Kiepenheuer
& Witsch
Anzahl Seiten 553 S.
Preis € 29,00
ISBN 978-3-462-00313-0
Rezensiert für H-Soz-Kult von Manfred Hettling, Institut
für Geschichte,
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
1978 veröffentlichte François Furet, der bedeutendste
französische
Revolutionshistoriker nach 1945, seine programmatische Schrift
mit dem Titel
„Penser la Révolution Française“. Ihm ging es darum, das
Ereignis von 1789 aus
sich heraus neu zu verstehen. Das war ein beeindruckender und
folgenreicher
Versuch, die Revolution als geschichtswissenschaftlichen
Gegenstand zu
analysieren, jenseits geschichtsphilosophischer Überhöhungen und
jenseits des
„Schutts“ kommunistischer und anderer politischer
Instrumentalisierungen.[1]
1848 hat in Deutschland nie die Aufladung für das politische und
nationale
Selbstverständnis erfahren, wie 1789 in Frankreich, dennoch
steht jeder Blick
auf 1848 – damals wie heute – im Banne des
„Revolutionszeitalters“, das 1789
begonnen hatte. Seit Langem dominiert die Deutung von 1848 als
gescheiterter
Revolution, die als „Unterlassungssünde“ der deutschen
Geschichte interpretiert
wurde, wie David Blackbourn 1980 spottete.[2] Die emphatische
Beschreibung von 1848 als
einem zwar gescheiterten, aber vorbildlichen demokratischen
Erweckungserlebnis,
das in Deutschland vielleicht doch hätte gelingen können, bietet
uns Jörg Bong
in seiner auf drei Bände angelegten Geschichte von 1848. Sein,
neumodisch
gesprochen: Narrativ, besteht darin, auszubreiten, daß es fast
doch gelungen
wäre. Er zeigt uns zugleich, wie die Revolution, oder das, was
er darunter
versteht, hätte erfolgreich enden können. Bisher liegt der erste
Band vor, der
die Vorgeschichte und die Anfänge der Ereignisse bis Ende April
1848 schildert.
Für Bong ist 1848 „der erste große europäische Kampf für moderne
Demokratie“.
(S. 19) Gerne zitiert er dieser Deutung entsprechende
zeitgenössische Stimmen,
etwa Arnold Ruge, der 1848 das revolutionäre Geschehen dieses
Jahres in
Frankreich als „das größte Ereignis der Weltgeschichte“
bezeichnete. (S. 18) So
ist für ihn die Demokratie im Jahr 1848 (ohne daß er erläutert,
was er darunter
versteht) die „junge Heldin der Geschichte“, auch sprächen die
Demokraten schon
von den „Vereinigten Staaten von Europa“ (S. 19, ohne daß er
eine
zeitgenössische Quelle dafür angeben kann).[3] Wenn die historische
Revolutionsforschung
seit langem bemüht ist, der Komplexität von 1848 gerecht zu
werden, indem
mehrere Handlungsebenen unterschieden werden, die sowohl eigenen
Dynamiken
unterlagen als auch sich wechselseitig beeinflußten[4], so fehlt diese Vielfalt
bei Bong. Über
die Agrarunruhen des April erfährt man praktisch nichts, ebenso
wenig über die
Vereins- und Presseexplosion, die politischen Eliten und
Regierungen etc. Er
konzentriert sich regional auf den Südwesten (und ein wenig
Berlin), im Grunde
handelt es sich um eine etwas weit ausholende Geschichte des
südwestdeutschen
demokratischen Lagers und des ersten badischen Aufstands.
Zugleich orientiert
sich seine Darstellung an einer nur allzu einfachen
dichotomischen
Grundstruktur. Im Grunde erzählt er die alte Geschichte vom
Kampf der Guten
gegen die Bösen. Hier das Volk, mit den Demokraten als ihrem
eigentlichen,
wahren Sprachrohr, dort die Dynastien, die Fürsten. Friedrich
Wilhelm IV. wird
präsentiert als „preußischer Gott des Gemetzels“ (S. 289),
Metternich als der
„dunkle Fürst“. (S. 32)
Bong versucht gar nicht erst, zu zeigen, wie es „eigentlich“
gewesen ist,
Rankes Diktum und sonstige theoretische Fragen bleiben ihm
fremd. Sein
Erzählmodus ist statt dessen der des „fast“ – des wie es
eigentlich hätte sein
sollen, sein können, mit mehr revolutionärem Elan. Der Autor
versucht
gewissermaßen, die Handelnden von der Seitenlinie aus
anzufeuern. Über das
Vorparlament in Frankfurt (31. März bis 3. April), bestehend vor
allem aus
süddeutschen Liberalen, das sich nicht zur revolutionären
Konstituante erklärt,
klagt Bong: „tatsächlich ist die deutsche Revolution zum Greifen
nah, es bedarf
buchstäblich eines einzigen Beschlusses. […] Das wär’s! Mehr
nicht! Eine
einzige Tat“. (S. 363) Das mag genügen, um zu verdeutlichen, daß
Bong keine
Scheu vor Pathos und vor dramatisierenden Schilderungen hat.
Bong hegt eindeutige politische Sympathien für seinen Gegenstand
und seine
Helden. Deshalb stellt er die Demokraten in den Mittelpunkt
seiner Darstellung,
auch wenn diese eine Minderheit innerhalb des 1848 sich
vielfältig
ausdifferenzierenden heterogenen politischen Handlungstableaus
bildeten. Das
kann man zweifellos machen, schreibt dann aber keine Geschichte
der deutschen
Revolution, wie Bong verspricht. Das eigentliche Problem der
Arbeit besteht
indes darin, daß er die Geschichte, die er dem Leser anbietet,
als teilnehmende
Beobachtung ex post gestaltet. Ihm fehlen sowohl die analytische
Distanz zu
seinem Gegenstand als auch ein theoretisches Gerüst für die
Interpretation des
komplexen Handlungsgeschehens. Hinzu kommen eine bisweilen
souveräne Ignoranz
gegenüber der reichhaltigen Forschungsliteratur und ein
selektiver und
beeindruckend unkritischer Umgang mit den Quellen, welche er
heranzieht. Einige
Kritikpunkte seien im Folgenden beispielhaft benannt.
Erstens hat der Verzicht auf eine intensive Kenntnis der
historischen Literatur
seinen Preis. Zwar würdigt und verwendet Bong sehr ausführlich
Veit Valentins
Geschichte von 1848, die ja auch als erzählerische Darstellung
angelegt ist,
aber trotzdem beeindruckend analytisch argumentiert. So
reproduziert Bong etwa
den längst widerlegten marxistischen Mythos, die Armut im
Vormärz sei ein
Resultat der aufkommenden Fabrikarbeit, der „neuen
kapitalistischen
Produktion“. (S. 61) Der Pauperismus wurde auch nicht durch
„wesentlich drei
Frauen“ dem breiteren bürgerlichen Publikum zu Bewußtsein
gebracht, sondern war
seit den 1830er-Jahren eines der großen öffentlichen Themen im
Vormärz. Die
südwestdeutschen grundherrschaftlichen Verhältnisse generell als
„Knechtschaft“
(S. 157) zu bezeichnen, ist – gelinde gesagt – unterkomplex.
Gilt doch der
Südwesten als Region der „klassenlosen Bürgergesellschaft“, die
nicht nur ein
städtisches Phänomen war, wie einer der am breitesten
rezipierten Aufsätze zum
Vormärz der letzten Jahrzehnte betont hat.[5] Vor allem für sein
Kernargument, der
Erfolgschancen der revolutionären Straßenaktion, hier den ersten
badischen
Aufstand im April 1848, der versuchte, die eigene minoritäre
Zielvorstellung
mit Waffengewalt durchzusetzen, vermeidet er jede Diskussion mit
konträren
Positionen. Für den Leser Bongs wäre es jedoch erhellend, aus
welchen Gründen
er Hecker attestiert, „politischer Realist“ (S. 158) gewesen zu
sein, und er
seinen Zug ganz anders interpretiert, als dies etwa in einer
umfassenden
historischen Analyse der badischen Revolution beurteilt wird, wo
es heißt, daß
es die „die politische Inkompetenz der Beteiligten in geradezu
erschreckender
Weise“ zeige.[6] Oder wie er zu Analysen
steht, welche in
Baden durchaus Sympathien für republikanische Vorstellungen
entdeckt haben,
aber auch hervorhoben, daß diese „friedlich“, in „gesetzlicher
Weise“
angestrebt werden sollten.[7] Daß genau hierin einer
unter mehreren
Gründen für das Scheitern zu finden sein könnte, derartige
Überlegungen bleiben
dem Autor fremd.
Zweitens ist Bongs Umgang mit Quellen fragwürdig. Er
konzentriert seine
Darstellung ganz zentral auf die Selbstaussagen und späteren
Rechtfertigungsberichte
jener Personen, denen seine politischen Sympathien gehören. Das
sind die
politischen Führungsfiguren wie Hecker und Struve, das sind
Literaten wie Georg
und Anna Herwegh, Louise Aston, Karl Gutzkow, das sind die
Personen des linken
Lagers, wie Robert Blum. Jedoch vermisst man jegliche
Quellenkritik bei ihm. Er
nimmt die Selbstaussagen und Deutungen eines ganz bestimmten
Teils der
politisch Handelnden als hinreichende Informationsquelle für das
Geschehen
insgesamt und versucht nicht einmal, deren Darstellung und
Interpretation zu
überprüfen, indem er andere Stimmen heranzieht, andere Quellen
damit
kontrastiert, Bedingungen und Gegebenheiten schildert, um die
Validität von
Äußerungen zu plausibilisieren.
Die revolutionäre Zurückhaltung in Berlin will er mit einer
Äußerung Georg
Herweghs verdeutlichen, der wenige Tage nach den
Barrikadenkämpfen des 18. März
an einen Berliner Freund schrieb, „ihr habt Eure, Ihr habt
unsere Geschichte
verpfuscht!“, und damit zum Ausdruck bringen will, daß man in
Berlin im März
1848 die Monarchie hätte stürzen müssen, ja können, wenn man
dort den
notwendigen „politischen Instinkt eines Pariser Gamins besessen
hättet“. (S.
335) Das entspricht der herkömmlichen Deutung der
„Unterlassungssünde“, um
nochmals Blackbourn zu erwähnen. Ob aber vielleicht der
unrealistische badische
Aufstand des April 1848, der bei Bong eine heroische Schilderung
erhält, auch
etwas verpfuscht hat, fragt Bong nicht. Er blendet das Urteil
über Hecker und
Struve aus, das zum Beispiel Robert Blum, eine andere Leitfigur
der Demokraten,
am 3. Mai 1848 seiner Frau gegenüber artikulierte. „Hecker und
Struve […] haben
das Volk verraten durch ihre wahnsinnige Erhebung und es mitten
im Siegeslauf
aufgehalten; das ist ein entsetzliches Verbrechen“.[8] Derartige Stimmen passen
nicht in seine
Dramaturgie des – fast erfolgreichen – Kampfes der Guten gegen
die Bösen.
Furet war erfolgreich mit seinem Impuls, die Revolution neu zu
denken und als
wissenschaftliches Sujet aus den Vereinfachungen politischer
Identitätsstiftung
zu lösen. Im vorliegenden Band aber wird das Geschehen von 1848
nicht neu
interpretiert, sondern eine romantische Phantasie von
demokratischer Revolution
ausgebreitet. Bong versucht eine Form von historischer
Erzählung, die Nietzsche
monumentalische Geschichtsschreibung genannt hat. Diese
verzichtet darauf den
„wahrhaft geschichtliche[n] Connexus von Ursachen und Wirkungen“
zu ergründen
und erliegt gerne der Gefahr, „der freien Erdichtung angenähert
zu werden“.[9]
Anmerkungen:
[1] François Furet, 1789 – Vom
Ereignis zum
Gegenstand der Geschichtswissenschaft, Berlin 1980 (franz.
1978), S. 7.
[2] David Blackbourn / Geoff
Eley, Mythen
deutscher Geschichtsschreibung. Die gescheiterte bürgerliche
Revolution von
1848, Frankfurt am Main 1980, S. 71.
[3] Weder in der Offenburger
Versammlung der
Demokraten 1847 noch auf dem Demokratenkongress 1848 wurde diese
Forderung
erhoben.
[4] Z.B. Wolfram Siemann, Die
deutsche
Revolution von 1848/49, Frankfurt am Main 1985.
[5] Lothar Gall, Liberalismus
und „bürgerliche
Gesellschaft“. Zu Charakter und Entwicklung der liberalen
Bewegung in
Deutschland, in: Historische Zeitschrift 220 (1974), S. 324–356.
[6] Wolfgang von Hippel,
Revolution im deutschen
Südwesten. Das Großherzogtum Baden 1848/49, Stuttgart 1998, S.
146.
[7] Paul Nolte,
Gemeindebürgertum und
Liberalismus in Baden 1800–1850, Göttingen 1994, S. 324f.
[8] Rolf Weber (Hrsg.),
Revolutionsbriefe
1848/49, Frankfurt 1973, S. 139f.
[9] Friedrich Nietzsche, Vom
Nutzen und Nachteil
der Historie für das Leben, in: ders., Kritische Studienausgabe,
Bd. 1, München
1988, S. 262.
Zitation
Manfred Hettling: Rezension zu: Bong, Jörg: Die Flamme der
Freiheit. Die
deutsche Revolution 1848/1849. Köln 2022 , ISBN 978-3-462-00313-0,, In: H-Soz-Kult,
29.08.2023, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-135241>.
Date: 2023/08/30 18:13:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Dezentrale Globalität. Die lateinische Textkultur nach dem Ende des Römischen Reiches
Organisatoren:
Gernot Michael Müller, Griechische und Lateinische Philologie, Universität Bonn; Ulrich Eigler, Griechische und Lateinische Philologie, Universität Zürich
Förderer: Transdisciplinary Research Area „Present Pasts“ (TRA), Universität Bonn
Bonn
Vom - Bis
20.04.2023 -
22.04.2023
Von Tristan
Spillmann, Abteilung für Griechische und Lateinische Philologie,
Universität
Bonn
Den zunächst kontradiktorisch anmutenden Begriff „dezentrale
Globalität“
suchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung für die
lateinische
Literatur der Übergangsphase zwischen der „späten“ Spätantike
und dem
Frühmittelalter fruchtbar zu machen. Die grob auf die Zeitspanne
zwischen dem
6. und beginnenden 8. Jahrhundert zentrierte Periode entpuppt
sich als
unübersichtliche und daher als schwierig zu charakterisierende
(Literatur-)Epoche aufgrund vielschichtiger politischer,
sozialer, religiöser
und kultureller Dynamiken, die allen voran durch die seit dem
ausgehenden 5.
Jahrhundert fortgeschrittene Desintegration des westlichen
Römischen Reiches
und der hieraus resultierenden Formierung neuer organisierter
Entitäten bedingt
war.
Als Ansatz formulierten GERNOT MICHAEL MÜLLER (Bonn) und ULRICH
EIGLER (Zürich)
das Konzept der „dezentralen Globalität“, mit dem die durch den
Transformationsprozess des römischen Westreiches bedingte
atomisierte
Literaturlandschaft erschlossen werden soll. Die lateinische
Textkultur erweist
sich in dieser Schwellenzeit nach wie vor als globales Phänomen,
das als integrierendes
Moment (geo-)politische, geographische und auch innerreligiöse
Grenzen der
dezentralisierten poströmischen Territorien zu überwinden
vermochte. Die beiden
Veranstalter leiteten die Tagung mit einer Skizze ihres
Konzeptes ein:
„Dezentrale Globalität“ spiegele die Differenziertheit des
Raumes wider, in dem
die lateinische Sprache als Verkehrssprache einerseits und als
genuine
Ausdrucksform der jeweiligen Herrschaftseliten andererseits
fungierte.
Grundsätzlich soll der Begriff die soziopolitischen Parameter
einer im Umbruch
befindlichen Epoche erfassen, die wesentlich von einer
wechselseitigen
Koexistenz regionaler Innovationen und einer nachwirkenden
Persistenz globaler
Reminiszenzen geprägt war. Diese gegenseitig bedingenden
Faktoren beeinflussten
die Herausbildung einer neuen (früh-)mittelalterlichen
Textkultur vor dem
Hintergrund einer regionalisierten Globalität, die sich vor
einem
kontinuierlichen Normenhorizont abspielte und fest etablierte,
in der antiken
Literatur vorgeprägte (kompositorische) Konventionen
voraussetzte.
In der ersten Tagungssektion wurden zeitgenössische Reflexionen
über
Regionalität und Globalität in den Blick genommen. CARMEN
CARDELLE DE HARTMANN
(Zürich) sprach über biobliographische Schriften unter
besonderer
Berücksichtigung des Werks „De uiris illustribus“ Isidors von
Sevilla (ca.
560–636), das er als Fortsetzung der gleichnamigen Schriften des
Hieronymus
(ca. 347–420) und des Gennadius von Marseille (†496)
konzipierte. Sie legte
dar, wie Isidor in seiner personenzentrierten Topographie einen
globalen,
christlich geprägten Literaturraum zu erschließen versuchte;
seine Sichtweise
war stark von seinen persönlichen Erfahrungen sowie den
politischen Umständen
seiner Zeit beeinflusst. Des Weiteren machte sie die räumlichen
wie zeitlichen
Grenzen – allen voran eine ostentativ beschränkte Sicht auf den
Osten – des
Werkes sichtbar. Im Hinblick auf die Erfassung zeitgenössischer
Schriftsteller
des 6. und 7. Jahrhunderts lässt sich Cardelle de Hartmann
zufolge eine
synchrone und diachrone Globalität identifizieren, die
maßgeblich von dem
Isidor zur Verfügung stehenden Material wie auch seinen
persönlichen
Erfahrungen und den politischen Umständen des Westgotenreiches
abhängig war.
Daraufhin sprach STEFAN ESDERS (Berlin) über die Diffusion von
Rechtsliteratur
im 7. Jahrhundert unter den Leitbegriffen „Personalität“ und
„Territorialität“.
Er arbeitete einen Rechtspluralismus heraus, der durch die
politischen
Regionalisierungen bedingt und daher eine wortwörtliche
„Territorialisierung des
Rechts“ zum Vorschein brachte. Exemplarisch verwies Esders auf
die
Reichssynoden als Rechtsnormierungsinstanzen, die in den
jeweiligen politischen
Entitäten die Kohäsion und Abgrenzungen von Rechtsidentitäten
reflektierten,
gleichsam „Identitätspolitik“ betrieben und spezifische
Bedürfnisse an
juristische Kodifizierungen artikulierten.
SUSANNA FISCHER (München) widmete sich
geographisch-topographischen Schriften,
die sie anhand der unterschiedlich vorzufindenden
Begrifflichkeiten (geographia,
cosmographia usw.) zunächst zu kategorisieren suchte, um
den
zeitgenössischen Bedeutungshorizont erschließen zu können.
Besonderes Augenmerk
legte sie auf die „Cosmographia“ des Anonymus von Ravenna, ein
Werk, das in
Norditalien im 8. Jahrhundert entstanden ist. Der Autor legte
eine
Weltbeschreibung vor, die er in zwölf Tages- und Nachtstunden
teilte, was
ebenso bildlich in den drei überlieferten Handschriften aus dem
13. Jahrhundert
festgehalten wurde. Die an die antike Tradition anknüpfende
Gattung diente der
Wissenszusammenstellung, die nach wie vor Raum für neue
Konzeptionen bot und,
so Fischer, lokalen Rezipienten einen Zugang zu einer
„maximalen“ Globalität
ermöglichte.
Die zweite, von WALTER POHL (Wien) eingeleitete Sektion widmete
sich der
literarischen Identitäts- und Sinnstiftung in globalen
Kontexten. Pohls Vortrag
war zweigeteilt und behandelte zunächst umfassend die
Forschungsgeschichte der
Leitkategorie „Identität“ in der frühmittelalterlichen
Historiographie, die
sich die in der Völkerwanderungszeit auftretenden gentes
für ihre
Selbstdarstellung zunutze machten. Dabei reflektierte er die in
der Forschung
aufgeworfene Frage nach dem Quellenwert der überlieferten
Geschichtswerke und
den unterschiedlichen, in den letzten Jahrzehnten verstärkt
applizierten dekonstruktivistischen
Ansätzen, um die Zeugnisse vielmehr als literarische Produkte
als historisch
verwertbare Tatsachenberichte zu interpretieren. Im zweiten
Schritt
identifizierte Pohl anhand fränkischer, gotischer und
langobardischer
Geschichtsdarstellungen einen Identitätsdiskurs, der mitunter
religiöse
Legitimationen für die jeweiligen gentes und ihre
Herrschaftsgefüge
umfasste und ebenso Parallelen zu der von Esders diskutierten
juristisch
gefärbten Identitätspolitik aufwies.
RAPHAEL SCHWITTER (Bonn/Zürich) erörterte den Begriff des
Liminalen als
Kategorie zur Erfassung der sozioliterarischen Bedingungen in
der behandelten,
von Regionalisierung und simultaner Globalität charakterisierten
Schwellenzeit
zwischen Spätantike und Frühmittelalter. Hierfür nahm er die
eschatologisch
gefärbten Krisenerzählungen Papst Gregors des Großen (590–604)
in den Blick,
die er allen voran in seinen Briefen und seinen „Moralia in
Hiob“ hinsichtlich
der von ihm und seinen Zeitgenossen wahrgenommenen Umbrüche zur
Kontingenzbewältigung
applizierte. In diesem ebenfalls bei Gregor von Tours
vorzufindenden
Verfallsnarrativ identifiziert Schwitter eine Grenzauflösung und
Hybridisierung, die gleichsam den unsicheren Handlungsrahmen der
kontemporären
Akteure konturierte. Simultan boten die literarisierten
Kontingenzerfahrungen
Identitäts- und Sinnstiftungsdiskurse der Leserschaft an, um
einen christlich
konfigurierten Referenzrahmen zur moralischen Orientierung in
dieser als
unübersichtlich wahrgenommenen Epoche zur Verfügung zu stellen.
GORDON BLENNEMANN (Montreal) legte das Augenmerk auf die
gallische Hagiographie
des 5. und 6. Jahrhunderts und fragte nach universalen und
partikularen Mustern
in der für die nunmehr christlich organisierten Gesellschaften
zentralen
Gattung. Allen voran destillierte Blennemann für die gallische
Hagiographie die
globale Linie der Heilsgeschichte, die sich in der Kirche als
„Universalkirche
der Heiligen“ manifestiert und in den jeweiligen
hagiographischen Texte um
lokale, insbesondere städtische Identitäten ergänzt und
entsprechend partikular
spezifiziert wurde. Des Weiteren identifizierte er (literarisch
konzipierte)
Kultprojekte, die universale Heiligkeitsvorstellungen in lokale
politische
Kontexte im post-römischen Gallien transportierten.
Die dritte Sektion beschäftigte sich mit der lateinischen
Sprache und ihren
(schriftlichen) Ausdrucksformen als nach wie vor gültige Lingua
franca. ANNELI
LUHTALA (Helsinki) behandelte grammatische Schriften, um
Techniken zur
Prosakompositionen zu deduzieren. Dabei stellte sie die These
auf, dass trotz
Implementierungen klassischer Schriften in den Unterricht der
Bibel eine höhere
Autorität beim lateinischen Spracherwerb beigemessen worden sei.
TINO LICHT (Heidelberg) sprach über die ältesten in Halbunziale
verfassten Handschriften,
zu denen prominent der „Codex Ursicinus“, das „Fragmentum
Laurentianum“ und die
sogenannte Dreikapitelgruppe gehören. Die Halbunziale stellte
die letzte
globale Schrift vor der karolingischen Minuskel dar, die Licht
in ihre
sozioliterarischen Kontexte einordnete. Er skizzierte ihre
Verbreitung und
stellte sowohl ihre paläographischen Eigenarten wie auch die in
dieser
Schriftart komponierte Literatur vor.
Die Sektion schloss SEBASTIAN SCHOLZ (Zürich) mit seinem Beitrag
über
frühmittelalterliche Inschriften, konkret über ihre Fundorte,
Inhalte und
sozialen Funktionen. Im Mittelpunkt standen westgotische,
gallische,
mittelrheinische und langobardische Grab- und Bauinschriften.
Die globalen
Trends lassen sich an reziproken Beeinflussungen ablesen. Scholz
diskutierte
mitunter langobardische Inschriften, die sich an
römisch-päpstlichen
Inschriften orientierten, die wiederum ihren Weg in das
(karolingische)
Frankenreich gefunden haben. Regionale Tendenzen blieben
folglich nicht
räumlich begrenzt, was den ununterbrochen wirkenden globalen
Rahmen der
lateinischen Textkultur offenlegt.
Von Transformationen und der Diffusion von lateinischer
Literatur handelte die
letzte Sektion. ANDREAS FISCHER (Erlangen) stellte zunächst eine
Globalitätsdefinition zur Disposition, die er als „Vielfalt ohne
Einheit“
zusammenfasste, um die sozialen Verflechtungen der poströmischen
Nachfolgereiche der gentes zu erfassen. Anhand der
Geltungsbereiche von
Rechtstexten wie auch ihrer Verwertung in historiographischen
und hagiographischen
Schriften vermochte Fischer sozioliterarische
Grenzüberschreitungen zu
identifizieren, die darüber hinaus die literarische Zirkulation
und die jeweils
dazugehörigen personellen Kanäle beleuchten. Ausführlich
behandelte er
multidisziplinär die im 7. Jahrhundert entstandene
Fredegar-Chronik und zeigte
exemplarisch anhand einer langobardischen Erzählung im vierten
Buch des
Geschichtswerkes die grenzüberschreitenden Verflechtungen
zwischen den
fränkischen und langobardischen Reichen in Hinblick auf ihre
literarischen
Funktionen wie auch ihre soziokulturellen Implikationen auf. Die
literarisch
konstruierten Räume erweisen sich als permeable Areale, deren
globale
Verschränkungen sich in der gemeinsam gepflegten lateinischen
Textkultur
äußerten.
WILLIAM KLINGSHIRN (Washington, DC) beendete die Sektion und das
Tagungsprogramm mit einem Vortrag über Universalismus und
Partikularismus in
der spätantiken medizinischen Fachliteratur. Im Mittelpunkt
stand die Rezeption
von Galens (129–216) „De sectis“, insbesondere die dazugehörigen
Kommentare des
Agnellus von Ravenna. Klingshirn vollzog die Diffusion der
Medizintraktate in
der fragmentierten Topographie der Übergangsphase von der
Spätantike zum
Frühmittelalter nach, in der das Römische Reich als
stabilisierender
Bezugsrahmen sowohl in politischer als auch intellektueller
Hinsicht ausfiel.
Er griff auf Jonathan Murdochs Konzept des relational space
zurück, um
die Verbreitung von als universal aufgefassten medizinischen
Schriften, die
gleichsam die nachwirkende Persistenz antiker Wissensbestände
zum Ausdruck
brachte, in nunmehr dezentralisierten und regionalisierten
politischen
Entitäten einzuordnen und ihre Rezeption nachzuverfolgen.
Die Abschlussdiskussion wurde mit der im Anschluss an den
Vortrag von Andreas Fischer
gestellten Frage eingeleitet, inwiefern Globalisierung – vor
einem vormodernen
wie modernen Hintergrund – revidierbar sei und welchen
potenziellen Einfluss
diese theoretische Überlegung retrospektiv auf die lateinische
Textkultur
gehabt haben könnte. Ebenso wurde der Wechselwirkung von
Universalismus und
Partikularismus, die mehrfach in den Beiträgen zur Sprache kam,
vertiefende
Aufmerksamkeit geschenkt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
erörterten ferner
die jeweiligen kontemporären Anforderungen an die lateinische
Textkultur, die
mitunter konventionalisierte Kommunikationstechniken und
erprobte Gattungen
anbot, die der Selbst- oder Gruppeninszenierung, der diskursiven
wie sozialen
Positionierung und Zurschaustellung des (herrscherlichen)
Habitus dienten, aber
ebenso ihre persistente Funktion als gültige Lingua franca
verdeutlichte. Dem
Auflösungsprozess eines imperialen Bezugsrahmens und den
Fragmentierungstendenzen der Nachfolgereiche zum Trotz griffen
die jeweiligen
Akteure auf eine nach wie vor fest etablierte und als solche
auch nicht zur
Disposition gestellte globale Wissenskultur zurück, die
eindeutig die
dezentralisierte Konfiguration der poströmischen Globalität der
behandelten
Epoche widerspiegelt. Insbesondere zeigte sich, dass die
begriffliche Erfassung
von Literatur einerseits und die linguistischen
Rahmenbedingungen der in den
Blick genommenen Übergangsphase stärker reflektiert werden
müssen, um sich
dieser spezifischen, in einer Übergangsepoche entstandenen
Textkultur
analytisch annähern zu können. Die Tagung legte das Potenzial
des Konzeptes der
„dezentralen Globalität“ dar, verdeutlichte aber ebenso, dass
zunächst eine
Schärfung des Begriffes „Globalität“ im Kontext der aktuellen
Globalisierungsdiskurse vonnöten ist, damit der Ansatz als
kulturwissenschaftlicher eine neue, ertragreiche Perspektive
ermöglichen kann.
Konferenzübersicht:
Ulrich Eigler (Zürich) / Gernot Michael Müller (Bonn): Begrüßung
und Einführung
Sektion I: Zeitgenössische Reflexionen über Regionalität und
Globalität
Carmen Cardelle de Hartmann (Zürich): Regionale Kirche im
globalen Horizont:
Isidors De uiris illustribus in der biobliographischen Tradition
Stefan Esders (Berlin): Zwischen ‚Personalität‘ und
‚Territorialität‘: Das
Recht in den westlichen Reichen im 7. Jahrhundert
Susanna Fischer (München): Die Entwicklung
geographisch-topographischer
Schriften vom 6. bis zum 8. Jahrhundert
Sektion II: Identitäts- und Sinnstiftung in globalen
Kontexten
Walter Pohl (Wien): Identitätsmuster in der lateinischen
Historiographie, 6.–8.
Jahrhundert
Raphael Schwitter (Bonn/Zürich): Im Dazwischen? Zur Denkfigur
des Liminalen am
Beispiel der Krisennarrative bei Gregor dem Großen und in der
„späten
Spätantike“
Gordon Blennemann (Montreal): Universalismus und Partikularismus
in der gallischen
Hagiographie des späten 5. und 6. Jahrhunderts
Sektion III: Lateinische Sprache, Schrift und
Schreibtechniken als globales
Phänomen
Tino Licht (Heidelberg): Die Frühzeit der Halbunziale und die
Lateinische
Literatur des 6. Jahrhunderts in Italien
Sebastian Scholz (Zürich): Inschriften im frühen Mittelalter:
Sprache – Inhalt
– Entwicklung
Anneli Luhtala (Helsinki): In Search of Tools of Prose
Composition in the Early
Middle Ages
Sektion IV: Transformation(en) und Diffusion von lateinischer
Literatur
Andreas Fischer (Erlangen): Reflektierte Globalität: Texte und
Kommunikation
zwischen Gallien und Italien im 7. Jahrhundert
William Klingshirn (Washington, DC): Latin Literatures of
Diagnosis, Prognosis,
and Healing: Translation, Adaptation, and Exchange
Abschlussdiskussion und Zusammenfassung
Zitation
Tagungsbericht: Dezentrale Globalität. Die lateinische
Textkultur nach dem Ende
des Römischen Reiches, In: H-Soz-Kult, 28.08.2023, <www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-138201>.
Date: 2023/08/30 23:21:11
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>
Warum Vereinsvorsitzende besondere Menschen
sind:
Eine Ode an die Meister des Unmöglichen, die unermüdlichen Helden
und Heldinnen
unserer Zeit, die letzten Ritter der Tafelrunde, die Gandalfs der
Muggelwelt.
Warum, fragen Sie?
Nun, die Antwort ist ebenso vielschichtig wie der Charakter dieser
einzigartigen Spezies. Schauen wir uns denn doch einmal genauer
an:
Vereinsvorsitzende sind Multi-Talente Par Excellence!
Ein Vereinsvorsitzender ist nicht nur der Chef, er ist auch der
Seelsorger, der
Buchhalter, der Eventplaner und der Streitschlichter. Manchmal
auch der DJ,
wenn bei der Weihnachtsfeier die Playlist ausfällt. Kurzum, er ist
der Mensch
für alle Fälle. Wenn ein Vereinsvorsitzender sich jemals bei
„Deutschland sucht
den Superstar“ anmelden würde, wäre seine Performance ein Medley
aus Oper, Rap
und Jonglage – während er gleichzeitig die Steuererklärung des
Vereins
ausfüllt, weil der Schatzmeister leider gerade keine Zeit dafür
hat.
Und da wären noch die diplomatischen Künste auf UN-Niveau.
Vereinsvorsitzende müssen oft zwischen verschiedenen
Interessengruppen
vermitteln: Die Fussballabteilung will mehr Geld für neue Trikots,
die
Tischtennisspieler beschweren sich über zu alte Bälle, und die
Yoga-Gruppe
fordert mehr Räucherstäbchen. Ein Vereinsvorsitzender beweist hier
diplomatische Künste, die selbst die UN vor Neid erblassen lassen
würden.
Und was wäre ein Vereinsvorsitzender ohne seine telepathischen
Fähigkeiten?
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Vereinsvorsitzende Gedanken
lesen können.
Das ist die einzige plausible Erklärung dafür, wie sie immer genau
wissen, wer
wann unglücklich ist, lange bevor es sich in offenen Rebellionen
äußert. Wie
sonst könnten sie die Bedürfnisse ihrer Mitglieder so treffend
erfüllen?
Zeitreisende sind Vereinsvorsitzende übrigens auch!
Vereinsvorsitzende müssen eine Art Zeitmaschine besitzen. Anders
ist es nicht
zu erklären, wie sie es schaffen, im Beruf zu glänzen, ihre
Familie zu managen
und gleichzeitig jeden Donnerstagabend im Vereinsheim die Welt zu
retten.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie Meisterinnen oder
Meister der
Geduld sind.
Sie sagen, Geduld ist eine Tugend? Für Vereinsvorsitzende ist es
das
Überlebenselixier. Nur so können sie lächelnd jedes zehnte
Gespräch über
dasselbe Anliegen führen oder sich die dritte Diskussion über die
„korrekte“
Farbe der neuen Vereins-T-Shirts anhören – ohne dabei vorzeitig zu
ergrauen.
Was sind Vereins-Vorsitzende noch?
Sie sind Budget-Zauberer! Hogwarts hat Harry Potter, Vereine haben
ihre
Vorsitzenden. Wie sonst ist es möglich, aus einem nahezu leeren
Vereinskonto
eine Sommerparty, neue Sportgeräte und sogar die legendäre
Weihnachtsfeier zu
zaubern? Ein kleiner Schwenk des Zauberstabs (oder eher des
Kugelschreibers)
und voilà, es geschehen Wunder!
Mein Fazit:
Vereinsvorsitzende sind wahrlich besondere Menschen. Sie vereinen
zahlreiche
Talente, haben unendliche Geduld und arbeiten oft im Verborgenen.
Aber ohne sie
wäre die Welt ein kleines Stückchen weniger bunt, weniger
organisiert und
definitiv weniger unterhaltsam.
Deshalb ziehe ich meinen Hut vor jedem und jeder
Vereinsvorsitzenden. Oder
sollte ich sagen: Ziehe ich die vielen Hüten, die
Vereinsvorsitzende
gleichzeitig tragen. Danke, dass es euch gibt. Wir wüssten echt
nicht, was wir
ohne euch machen. Und vermutlich würden wir immer noch darüber
diskutieren,
welche Farbe das neue Vereins-T-Shirt haben soll.
Mit besten Grüßen
Günter Stein, Chefredakteur, „Vereinswelt“