Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Führung Jüdischer Friedh of Ottweiler

Date: 2018/05/03 09:48:36
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Die versteinerte Lebensgeschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler
Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweiler 2018
Wie in den vergangenen Jahren bieten Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann auch in diesem Jahr wieder Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweiler an. Damit erinnern sie an die ca. 150jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde Ottweilers, deren Ende vor 80 Jahren mit der Reichspogromnacht am 9. November 1938 eingeleitet wurde und mit der Deportation der jüdischen Bevölkerung Ottweilers im Zuge der Aktion Bürckel am 22. Oktober 1940 ihr Ende fand.
Dank der auf Ewigkeit angelegten jüdischen Friedhöfe konnten die Grabstätten Grundlage werden für die Erforschung der gewaltsam vernichteten jüdischen Gemeinde Ottweiler, denn „(e)s war und bleibt die vornehmste Aufgabe des jüdischen Friedhofs, einer jeden und einem jedem Verstorbenen das individuelle Grab dauerhaft, d.h. ohne jede zeitliche Begrenzung, zu bewahren.“ (Prof. Dr. Michael Brocke, Leiter des Steinheim-Instituts Duisburg)
Die Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweilers bemühen sich deshalb darum, diesen lokalen Friedhof „als geschichtlich gewolltes und gewordenes Ganzes“ vorzustellen, um damit „der versteinerten Lebensgeschichte“ des Ottweiler Judentums gerecht zu werden und zugleich die Aussage Prof. Brockes zu bestätigen:
„Unsere älteren Friedhöfe sind ideal geeignet für den an der ‚Mentalitätsgeschichte‘ geschulten Blick, einer in Frankreich entwickelten Methode, die auf Phänomene einer ‚longue durée‘ und auf deren sorgfältige Beobachtung verwiesen ist. In ‚langer Dauer‘ sollen nahezu unmerkliche Veränderungen erfasst und erschlossen werden. Dazu ist es entscheidend für das Verständnis der Welt der Grabschriften, einen Friedhof als geschichtlich gewolltes und gewordenes Ganzes zu studieren und alle einzelnen Elemente seiner Schrift- und Zeichensprache zu entziffern. Nur so wird man der versteinerten Lebensgeschichte einer Gemeinde gerecht. Dies gilt nicht nur für nachgerade einmalige Orte wie Worms, Frankfurt am Main oder Prag für das Mittelalter, wie Hamburg-Altona, Berlin oder Budapest mit ihren großen Friedhöfen der Frühen Neuzeit und des 19./20. Jahrhunderts. Es gilt auch für die später entstandenen großen und kleinen Landfriedhöfe des 17. bis 20. Jahrhunderts, seien sie im weniger frommen Westfalen oder im altfrommen Franken gelegen.“
Auf die Frage, warum jüdische Friedhöfe zu erhalten seien, führt Prof. Brocke aus:
„Am Ort selbst, auf dem Ort selbst, will es uns noch einmal einhämmern - als genüge es nicht, es immer wieder, Ort um Ort, auszusprechen: Die jüdischen Friedhöfe sind an vielen Orten in Deutschland die einzig überlebenden Zeugen und Zeugnisse der jüdischen und der deutsch-jüdischen Geschichte. Sie verweisen in der Abfolge der Generationen die Kontinuität und die Stabilität jüdischen Lebens und sie zeigen in deren gewaltsamem Abriss in den späten dreißiger und frühen vierziger Jahren die jähe Beendigung, ohne Fortsetzung für die meisten der Stätten. Geschichte aber kann und darf nicht durch Gewalt beendet werden. Also sei diese Tatsache ein besonderer Grund zur Bewahrung der Begräbnisstätten, welcher insbesondere auch die Nicht-Juden angeht, und das nicht, um Schuld für die Ältesten oder Scham für die Jüngsten erzeugen oder zu kumulieren, sondern um ihr Wissen von der Geschichte endlich auch innerjüdisch und positiv zu laden, es nicht allein unter dem Vorzeichen der Schoah zu fördern, wie es immer neu geschieht, gewiss geschehen muss, doch nicht immer in dieser das auch potentielle Interesse vieler lähmenden Ausschließlichkeit geschehen sollte. Hier liegt ein kaum gehobenes, Identität stärkendes Potential.“
Dieses Potential zu heben - dazu möchten die Führungen über den jüdischen Friedhof Ottweiler, die Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann zu folgenden Terminen anbieten, einen Beitrag leisten:
Sonntag, 06.05.2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 10.06.2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 09. September 2018, 17.00 Uhr
Sonntag, 07. Oktober 2018, 17.00 Uhr
Treffpunkt: Jüdischer Friedhof Maria-Juchacz-Ring, Ottweiler.
Bei der 1. Führung 2018 am 06.05.2018 spricht Klaus Burr zunächst folgende Aspekte an: 1. Warum bieten wir diese Führungen an? 2. Welche Friedhöfe gibt bzw. gab es in Ottweiler? 3. Welche Besonderheiten prägen jüdische Friedhöfe und 4. Unter welchen Umständen kam es zur Anlegung des jüdischen Friedhofs Ottweiler?
Anschließend erläutert Hans-Joachim Hoffmann Symbole und Grabinschriften und geht auf einzelne jüdische Familien Ottweilers ein, die die Geschichte der Stadt Ottweiler, ihr politisches Leben und das vereinsleben mitgeprägt haben.
Im Anschluss haben die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, in aller Ruhe sich einzelne Grabmale anzusehen. Die Referenten stehen anschließend bereit, Fragen, die sich bei der Betrachtung der Grabmale ergaben, zu beantworten.
Führungen zu anderen Terminen können jederzeit mit Hans-Joachim Hoffmann (06824-7990) vereinbart werden.
Allgemeine Informationen zu den jüdischen Friedhöfen finden Sie unter:
http://www.steinheim-institut.de/edocs/bpdf/michael_brocke-haus_der_ewigkeit-haus_des_lebens.pdf
http://www.steinheim-institut.de/edocs/bpdf/michael_brocke-zur_religioesen_und_kulturellen_bedeutung_juedischer_friedhöfe.pdf
Eine Dokumentation des jüdischen Friedhofs Ottweiler stellt das Steinheim-Institut Duisburg auf der Seite epidat zur Verfügung.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...!“ Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers.“ Dieses 405 Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden bei:
Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey
Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)
Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn, Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.

Die KVHS, die Synagogengemeinde Saar sowie die Stadt Ottweiler freuten sich, möglichst viele Interessenten begrüßen zu können.
Treffpunkt: Jüdischer Friedhof Maria-Juchacz-Ring, Ottweiler Sonntag, 06.05.2018, 17.00 Uhr 









Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Ein Schnellschuß gelehrter La bertaschen?

Date: 2018/05/07 08:22:35
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Tambora. Ein Vulkan verändert Südwestdeutschland


Hrsg. v. Haus der Geschichte Baden-Württemberg
ErschienenUbstadt-Weiher 2017: Verlag Regionalkultur
Umfang 128 S.
Preis € 9,90
Rezensiert für H-Soz-Kult vonWolfgang Behringer, Historisches Institut, Universität des Saarlandes

Dieses kleine Bändchen (128 bebilderte Seiten in einem sonst nur von Werbebroschüren bekannten Schmalformat) ging aus einer Serie von vier Vorträgen hervor, die im Jahr 2015 auf Anregung der Umweltakademie Baden-Württemberg gehalten und vom württembergischen Sparkassenverband gesponsert worden sind. Akteure waren der Präsident des Sparkassenverbandes, der ehemalige Landtagsabgeordnete Peter Schneider, der Leiter des Sparkassenhistorischen Dokumentationszentrums Thorsten Wehber, der Leiter des Hauses der Württembergischen Geschichte Thomas Schnabel, der Leiter des Archives der Universität Hohenheim Dr. Ulrich Fellmeth sowie der Rektor dieser Universität, Dr. Stephan Dabbert, Professor für Produktionstheorie und Ressourcenökonomie im Agrarbereich. Das ist eine interessante Kombination von Autoren, geht doch sowohl die Gründung der Universität Hohenheim als auch die der Sparkasse auf die sozialen und ökonomischen Turbulenzen infolge des Vulkanausbruchs in Indonesien im Jahr 1815 zurück.


In seiner Einleitung behauptet Thomas Schnabel (S. 7–8), bisher habe man sich eher mit den globalen Auswirkungen des Tambora-Ausbruchs beschäftigt. Das ist allerdings falsch, denn seit über 100 Jahren gibt es viele dutzende, wenn nicht hunderte von regionalen und lokalen Untersuchungen, die man allerdings zusammensuchen muss. Die besondere Fragestellung dieses Bändchens liegt darin, wie „ein kleiner Staat auf ein katastrophales Ereignis“ von globalem Ausmaß reagieren konnte. Die Antworten auf diese Frage fallen jedoch ganz unterschiedlich aus. Der Sparkassenpräsident Peter Schneider behauptet auf knappen 2 ½ Seiten (S. 11–13), das Königreich Württemberg habe „Glück im Unglück“ gehabt, weil seine „volksnahe Königin Katharina“ nicht nur einen Wohltätigkeitsverein gegründet, sondern auch noch die Gründung der „Württembergischen Sparkasse“ veranlasst habe, „zweifellos inspiriert von den Schweizer Ersparniskassen, von denen sie offensichtlich Kenntnis hatte, aber auch von den britischen ‚Parish Banks‘, die sie auf ihrer Englandreise kennenlernte“. Beleg dafür? Fehlanzeige. Möglicherweise sind die „Savings Funds“ gemeint, die in den USA und in England 1816 als Wundermittel gegen die Krisenanfälligkeit der Besitzlosen propagiert wurden. Aber kann man wirklich nachweisen, dass dieser Transfer auf dem Mist einer russischen Prinzessin gewachsen ist, oder waren hier nicht besser informierte Reformpolitiker wie Johann Friedrich Cotta am Werk?


Zu kurz gesprungen sind leider auch die anderen Autoren. Im zentralen Beitrag dieses Bandes (S. 15–56) hält sich Thomas Schnabel erst einmal sieben Seiten mit den napoleonischen Kriegen und der Konstituierung des Königreichs Württemberg auf, bevor er auf Seite 23 auf den Ausbruch des Tambora zu sprechen kommt. Dieser habe „nach heutigem Kenntnisstand mehr als 100.000 Todesopfer“ gefordert. Das ist sicher nicht gelogen, aber auch nicht ganz richtig, man könnte auch sagen: stark untertrieben. Rechnet man die Seuchenopfer der Cholera hinzu, die den Autoren des Bandes unbekannt geblieben sind, dann wäre man mit weltweit 100 Millionen Opfern näher an der historischen Wirklichkeit.[1] „Außerhalb Südostasiens wurde dieser Ausbruch freilich nicht wahrgenommen“ (alles S. 23). Goethe las allerdings davon, laut seinem Tagebuch, in Cottas „Morgenblatt für die gebildeten Stände“, ebenso wurde darüber in August Pictets „Bibliothèque Universelle“ berichtet[2], und natürlich im Londoner „Asiatic Journal“ der British East India Company.[3] Schnabel versucht in einem wirren Absatz, die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über den Vulkanausbruch zusammenzufassen und wendet sich dann den Erlebnissen des Lord Byron am Genfer See zu, Byron, der seine Bedeutung der Förderung Goethes verdankt haben soll (S. 29)! Für die „damalige Stimmung auch im Südwesten“ zitiert Schnabel dann den aus Hamburg stammenden bayrischen Justizrat Franz Ludwig von Hornthal. Seine stärkste Seite hat dieser Aufsatz, wenn er (auf S. 35) endlich einmal an die württembergischen Quellen geht und aus den Protokollen des Württembergischen Landtags zitiert, der sich ab dem 13. Juli 1816 mit der Materie befasste. Der vorübergehend gute Eindruck löst sich jedoch sofort in Luft auf, wenn Schnabel (S. 38) auf die sogenannte Hungerchronik Christian August Schnerrings rekurriert, die schon vor dreißig Jahren als dreiste antisemitische Fälschung aus dem Jahr 1916 entlarvt worden ist.[4] Wenn der Autor wenig später behauptet, aufgrund der guten Ernte von 1818 „waren die Nöte schnell verschwunden“(S. 49), dann beweist er damit nur, wie wenig Ahnung er von seinem Gegenstand hat. Hans Medick hat in seiner Habilitationsschrift gezeigt, wie nachhaltig die Verarmung des württembergischen Handwerks in dieser Krise gewesen ist.[5] Der Rest des Aufsatzes verläuft nach dem Schema: der König tat dies und der König tat das. Mit Brecht ist man versucht zu fragen: Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?


Von mehr Substanz zeugt der Beitrag von Stephan Dabbert und Ullrich Fellmeth über „die württembergische Landwirtschaft und die Wirksamkeit des Instituts in Hohenheim“(S. 57–82). Dies beginnt schon bei grundlegenden Informationen zur Grundbesitzverteilung sowie zur Größe und Struktur der Landwirtschaft, die durch die Tamborakrise noch einmal in eine ernste Krise geriet. Freilich finden sich auch zweifelhafte Graphiken zur Bevölkerungsentwicklung, zu den „größten Vulkanexplosionen“ und zur Sommertemperatur in Karlsruhe, die nicht auf eigenen Recherchen beruhen, sondern offenbar ohne eigene Nachprüfung der Sekundärliteratur oder sogar von privaten Internetseiten übernommen wurden. Sehr schön ist übrigens die Idee, die Zahl der Württemberger mit der Zahl der „Pferde, Rinder und Schweine“ zu vergleichen, die zu einer Art Gesamttier aufaddiert werden. Auch in diesem Beitrag finden sich freilich bezeichnende Mängel, etwa wenn behauptet wird, „erst im Jahr 1920“ sei die Bedeutung des Vulkans Tambora „ausgemacht worden“(S. 65). Man weiß es seit den Veröffentlichungen von Raffles 1817.[6] Der naturwissenschaftlichen Nachweis globaler Auswirkungen wurde 1913 von William Jackson Humphreys geführt.[7] Wenn angemerkt wird, in Frankreich habe es „lokale gewaltsame Proteste“ gegeben, dann zeugt dies von blanker Ahnungslosigkeit: Frankreich befand sich so nahe am Abgrund wie 1788.[8] Auch in diesem Aufsatz tat der König sehr viel, und seine russische Frau steigerte sich gar in „fast übermenschliche Anstrengung“(S. 69) hinein. Immerhin erfährt man auf S. 77, dass es doch auch ein paar Beamte, Bankiers und Politiker gab und das Königspaar sich nicht ganz alleine verausgaben musste.


Thorsten Wehbers Beitrag über die württembergische Sparkassengründung (S. 85–105) kann man entnehmen, dass die Königin aus der Zeit ihrer ersten Ehe in Oldenburg Sparkassen und von einer Englandreise „Savings Banks“ (also doch!) kannte. Der Autor macht mit Quellenzitaten glaubhaft, dass sich die Königin tatsächlich für die Sparkassengründung interessierte, vergisst allerdings zu erwähnen, warum die Neugründung auf keinen Fall „Bank“ genannt werden sollte: weil die Menschen „Bank“ nämlich mit Betrug und „bankrott“ assoziierten. Nur Gemeinnützigkeit und ein ganz neues Modell der Einlagensicherung konnte sie zum Sparen animieren, in Württemberg wie anderswo in Europa und in den USA. Dankenswerterweise gibt Wehber auch Einblicke in die Geschäftsentwicklung der ersten Jahre, sowie Ausblicke auf die gleichzeitigen Sparkassengründungen in den Nachbarländern Baden und Bayern, wo man exakt dieselbe Politik verfolgte – was natürlich die Bedeutung der guten württembergischen Königin ein klein wenig mindert: Offenbar ging es anderswo auch ohne sie. Solche Unschärfen in der Argumentation werden in diesem Band weder bemerkt noch diskutiert.


Alle Teile dieser Publikation leiden darunter, dass die Autoren wohl nicht so richtig Zeit gefunden haben, sich mit ihrem Thema zu beschäftigen. Die Ausführungen beruhen selten auf den Quellen, und die neuere, aber auch die ältere Literatur zur Tamborakrise ist den Autoren weitgehend unbekannt geblieben. Die Vorträge enthielten sicher einige interessante Gedanken, die aber leider nicht zu Ende gedacht und für die Publikation nicht genügend ausgearbeitet wurden. Der Band dokumentiert die Aktivität der Referenten anlässlich des Jubiläums, die Vorträge hätten aber in dieser Form besser nicht veröffentlicht werden sollen, weil die methodischen und argumentativen Defizite zu offensichtlich sind. Das „Haus der Geschichte Baden-Württemberg(s)“ hat sich mit dieser Herausgeberschaft selbst einen Bärendienst erwiesen.


Anmerkungen:
[1] Wolfgang Behringer, Tambora und das Jahr ohne Sommer. Wie ein Vulkan die Welt in die Krise stürzte, München 2015 (4. Auflage 2016).
[2] Marc-Auguste Pictet, Détails sur une eruption volcanique qui a eu lieu dans l’isle de Sumbava, in: Bibliothèque Universelle 5 (1817) S. 221–227.
[3] The Asiatic Journal and Monthly Register for British India and Dependencies I (1816), S. 92–93, S. 116–117, S. 125, S. 177–178, S. 296–297, S. 322–324, S. 372.- II (1816), S. 164–166, S. 421–422.
[4] Günter Randecker, Die „Laichinger Hungerchronik“ – ein Lügengewebe, in: Karl Corino (Hrsg.), Gefälscht! Betrug in Politik, Literatur, Wissenschaft, Kunst und Musik, Nördlingen 1988, S. 74–90.
[5] Hans Medick, Weben und Überleben in Laichingen, 1650–1900, Göttingen 1996.
[6] Thomas Stamford Raffles, The History of Java, London 1817 (online).
[7] William Jackson Humphreys, Volcanic Dust and other Factors in the Production of Climatic Changes, and their possible Relation to Ice Ages, in: Bulletin of the Mount Weather Observatory 6 (1913), S. 1–34.
[8] Vgl. die Thèse: Robert Marjolin, Troubles provoqués en France par la disette de 1816–1817, in: Revue d’Histoire Moderne 8 (1933), S. 423–460.

[Regionalforum-Saar] Ein Besuch bei meiner Cousine zu Trier am 5ten Mai AD 2018.

Date: 2018/05/08 09:52:46
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Ein Besuch bei meiner Cousine zu Trier am 5ten Mai AD 2018.

Eine Reiseerzählung von Roland Geiger

komponiert am 8ten Mai 2018

 

Am letzten Samstag wollte ich meine Cousine in Trier besuchen und machte mich erst mit der Eisenbahn, dann mit dem Linienbus R200 der Deutschen Bahn auf den Weg in die Stadt an der Mosel. Natürlich ging so ein Besuch nur in festlicher Kleidung, die ein paar erstaunte Blicke bewirkte. „Hann Sie nédd waam én dem schwatze Mandel?“ Dabei sind es eher die langen weißen Strümpfe, die unter der dreiviertel langen weißen Hose ständig drohen, nach unten zu rutschen und deshalb - unsichtbar unter der Hose knapp unterm Knie - durch ein weißes und ein gelbes Knieband gehalten werden müssen, die langen weißen Strümpfe also, die unangenehm schön die Beine, vor allem die Füße erwärmen, weshalb ich die Schuhe stets geschlossen halte, damit es im klimatisierten Bus nicht zum klassischen ABC-Alarm wegen geruchlicher Kontamination kommt.

 

Die Vlexx kam pünktlich um 9.22, so daß ich in Türkismühle den Bus nach Trier gut erreichte. Der gurkte daraufhin gut eine Stunde vierzig durch den Hochwald nordwestlich Türkismühle, südöstlich Triers und folgte der ehemaligen Route der schnellen Post, die gut 170 Jahre zuvor mit weit weniger Pferdestärken und in weit längerer Zeit hier durch gerattert und geschaukelt ist. Erste Station war Hermeskeil, und von dort geht es nach schräg links oben über Höfchen und Farschweiler, die hohe Wurzel bei Reinsfeld und schließlich nahe Kenn runter ins Moseltal, wo wir die Autobahn nach Trier hinein nahmen. Spätestens hier bedauerte ich meine Entscheidung, mit öffentlichen Verkehrsmitteln diesen Weg eingeschlagen zu haben, denn verkehrsmäßig war auf den Straßen weniger los als sonst wochentags. Ich hatte mit „Landunter“ und ewig langen Staus gerechnet - aber die Straßen waren leer, was auch den Busfahrer erstaunte, den ich - an der Endstation „Kaiserthermen“ aussteigend - angesprochen hatte.

 

Ich stolzierte von der Weberbach aus quer durch die Stadt - am Kornmarkt vorbei, wo rechterhand eine Besichtigung der Ruinen unter dem großen Glasbau weiterhin meinen ersten Besuch erwartet - überquerte noch eine Straße und bog beim Friedrich-Ebert-Haus um die Ecke und sah mich dem Karl-Marx-Haus gegenüber. Davor baute das Fernsehen gerade seinen Ü-Wagen zusammen. Ein paar wohlgekleidete Damen und Herren - die mich ansahen, als fragten sie sich, wie der Kerl mit seinem Zylinder aber seltsam aussieht - na, die hattens notwendig … - flanierten ein und aus. Ich betrat das Haus, bezahlte meinen Obulus (5 Euro) und machte mich auf, das Haus zu erkunden. Im Zimmer gegenüber - keine Möbel, aber Malereien an den Wänden - posierten jede Menge Chinesen vor Porträits mit Karl, Che und was-weiß-ich-noch, was mich nach dem Eintreten schnell verschwinden ließ. Ich schaute mich auch in den anderen Räumen um, betrat den Garten, wo sich noch mehr Wohlbetuchte (zumindest klamottenmäßig) aufhielten, kehrte aber auch demselben schnell wieder den Rücken. Ich stieg die Treppen hoch in die oberen Stockwerke, wo es mir aber recht schnell zu politisch wurde. Überhaupt geht es in dem ganzen Haus eigentlich nur um Politik, gepaart mit Philosophie. Letztere die von Karl Marx, erste derer, die seine Philosophie für ihre Zwecke benutzt haben. Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß mich beides noch nie wirklich interessiert hat, weshalb ich im KM-Haus weniger die Inhalte als vielmehr die künstlerische Ausgestaltung aufgenommen habe. Die meisten Texte waren zweisprachig - Deutsch und Englisch, seltsamerweise kein Chinesisch - in Schreibschrift auf die Wand gemalt. Nicht immer ganz einfach zu lesen, aber - es sieht klasse aus. Was absolut bescheuert aussieht, ist der - ganz im Stil der heutigen Zeit - verwendete Dschender-Schwachsinn. Da gibt es keine Faschisten ohne „Faschist_innen“, keine Kommunisten ohne „Kommunist_innen“. Oh, Leute, geht’s noch? So ein Schwachs_inn.

 

Und jeder Raum wurde genutzt. Da ist ein langer Gang im ersten Stock, der das Vorder- mit dem Hinterhaus verbindet. Ein langes Fenster öffnet den Blick in den Hof, wo gerade eine Gruppe Leute ein Lied zum Besten gab, das ich aber ob des dicken Glases nicht verstehen konnte. Die Internationale war es nicht, die verlangt ernste bis grimmige Blicke, die Sänger dagegen wirkten gelöster. Die Wand rechterhand zierte ein Foto von Karl M., das etwa einen halben Meter hoch war, aber dafür über die ganzen vier, fünf Meter des Ganges in die Breite gezogen war. Man konnte ihn erkennen, aber das wars auch schon. Sah richtig stark aus. Hier oben und noch ein Stockwerk höher findet man den Menschen Karl Marx nicht mehr, dafür jede Menge andere, die aus seinen Lehren Lehren für sich selbst und andere fanden - wenn sie diese anderen nicht schon vorher auf die ein oder andere Art aus dem ein oder anderen Grund abgemurkst hatten. In einem Raum thronte einsam ein hoher Lehnstuhl, das ist der, in dem er seinerzeit sein Leben ausgehaucht haben soll. Meine Cousine, die ich eigentlich besuchen wollte, war damals ganz in der Nähe. D.h. eigentlich hat sie gerade General Fritz unten die Tür aufgemacht, als der große Mohr oben seinen letzten Atemzug tat.

 

Aber Cousinchen, die zu Lebzeiten dieses Haus gar nicht gekannt haben wird, fand ich auch heute nicht hier. D.h. zunächst nicht. Kurz bevor ich nach 20 min das Haus verließ, sprach mich die Leiterin der hiesigen Friedrich-Ebert-Stiftungsfiliale, Frau Neu, an und meinte, das sei eine schöne Kluft, die ich da trage. „Nur das Feinste für einen Besuch bei meiner Cousine.“ Und erklärte auf ihren fragen Blick: „Ja, Lenchen Demuth“. Noch ein Blick in ein Zimmer im Parterre, wo die Stationen in Karls Leben durch Nennung ihrer wichtigsten Städte aufgezeigt wurde. Dort fand ich die Cousine in einem Fotoalbum, das unscheinbar auf einem kleinen Tisch liegt. Dort fand ich auch den Menschen Karl Marx und seine Familie. Ein Bild von Tussie, die - oh, ein Euphemismus - den „Freitod“ wählte (sie hat Blausäure getrunken), eins von ihrer anderen Schwester, die ebenfalls Selbstmord beging. Eins der beiden Altersbilder von Helene, auf den Kopf beschränkt, mit ein bißchen Andeutung zu Freddie, aber nur ein bißchen, sonst menschelt es zu sehr.

 

Wieder draußen zückte ich mein Weltverbindungsgerät und wählte Klaus Gietinger an, den Regisseur von „Lenchen Demuth“-Films, dem ich während der Dreharbeiten ein klein wenig helfen konnte. Er war in der Stadt, das wußte ich. Er meldete sich von der Einweihung der neuen KM-Statue nahe der Porta Nigra. Klaus ist immer gut zu erkennen, weil er - wie ich - nie ohne Hut unterwegs ist.

Ich durchmaß die Stadt mit forschen Schritten, erstand bei einer der vielen Trierer Filialen der Biebelhausener Mühle ein Kaffeestückchen und eilte zum östlichen Tor, das man das „schwarze Tor“ nennt. Ob ich ihm sagen könnte, wo die nächste Bank sei, fragte mich ein Holländer mit erkennbarem Akzent. Nö, sagte ich, sorry, schbin auch nicht von hier, was ihn angesichts meiner Klamotten erstaunte.

 

„Hallo, Roland“ rief jemand. Ich schaute hin, nee, der Mann mit dem Bart isses nicht, der guckt mich zwar an, aber grimmig. Aber daneben am Tisch, das war Bodo B., der letzte Woche in der SZ einen uraltinformationigen Artikel über Lenchen verfaßt hatte. Ich begrüßte ihn und seine beiden Söhne, die ich das letzte Mal gesehen hatte, als sie noch Windeln trugen. Jerres, ma genn elda. Bodo hatte sich vor vielen, vielen, vielen Jahren während seiner Tätigkeit beim Adolf-Bender-Zentrum in St. Wendel mit Lenchen befaßt; aus dieser Zeit stammten auch seine Informationen.

 

Ich eilte weiter und traf unweit der Porta N. links auf eine durch Polizeiautos abgesperrte Straße, die nur links zwischen dem ersten Wagen und einer Hausecke einen schmalen Durchgang offen ließ, durch den Passanten passieren konnten, dabei argwöhnisch und grimmig beobachtet von Polizisten in Kampfanzügen. Ich spürte die Blicke vorn, dann im Rücken brennen, als ich unter dem Zylinder den Kopf einzog und vorsichtig vorbeischlich, den Kopf leicht nach rechts neigend und wohlwollend nickend. Weit kam ich da nicht, nach etwa hundert Metern traf ich auf eine mehr oder minder solide Mauer von Menschen, die alle nach rechts schauten. Viele Fähnlein allerei Colour wurden geschwenkt, links skandierte einer Undeutliches, von rechts kamen Wortfetzen um die Ecke, durch einen Lautsprecher und den allgemeinen Lärm, der wie eine Wolke über der Menge lag, in Unkenntlichkeit verzerrt. Ich trat an diese Menschenmauer heran, deren Ränder sich bei näherem Hinsehen in Einzelpersonen auflöste. Vor mir stand ein Paar, ein „Er“ und eine „Sie“, die ich fragte, was denn hier vorgehe und wo denn der Marx stehe. Sie nickte mit dem Kopf nach rechts, wo ich entlang einer Hauskante gegenüber einen Schimmer von rot erkannte. „Der ist ja immer noch verhüllt“, sagte ich. „Ja“, meinte sie, „die hören nicht auf zu labern.“ Da mußten wir beide lachen. Dabei fiel mein Blick auf den Boden, und ich sah, daß sie lange Füße hatte, die in Latschen steckten und deren Zehennägel mit einer bräunlichen Farbe bemalt waren. Aber als ich aufschaute, erkannte ich, daß das gar nicht ihre Füße waren, denn sie trug geschlossene Schuhe, sondern die ihres Begleiters. Worauf mir wieder einmal gewahr wurde, was ich doch für ein Landei bin, das nur ab und zu aus der Provinz in die große Stadt darf.

 

Ich drehte um und umging die Sperrzone Richtung Porta und traf nahe der tourist info auf eine weitere Stelle, wo ein hoher Drahtzaun die Passanten am Durchgehen hinderte und in hundert Metern Entfernung die Statue zu sehen war. D.h. nicht die Statue, sondern das rote Ganzkörperkondom, das sie trug. Immer noch war irgendwer am Labern, und immer noch verstand ich kein Wort. Und wieder sprach mich jemand an und stellte wiederum die gleiche Frage: „Was machen Sie denn hier in dieser Kleidung?“ Und wieder kam meine Antwort, das ich meine Cousine besuchen wolle und mich deshalb fein gemacht habe. „Ja. Helene Demuth“ beantwortete ich die danach noch nicht gestellte Frage, „aber im Karl-Marx-Haus habe ich sie nicht gefunden“. Der mich fragte, stand auf einer Säule, trug eine rote Hose und schaute von dort über den Zaun auf das große rote Tischtuch. Wir kamen ins Gespräch, und er erzählte mir, daß er einer von drei Trierer Nachtwächtern sei. „Hallo, Herr Kollege,“ sagte ich, „ich bin einer von drei Nachtwächtern aus St. Wendel.“ So verging die Zeit unter vielerlei Scherzen, und irgendwann kam Bewegung ins Spiel. Das Tuch rutschte, das Volk johlte und klatschte und zerstreute sich dann so schnell wie es kam. Ich wartete noch einige Zeit und schaute, ob ich wohl Klaus G. in der Menge erspähen konnte. Da gab es jede Menge Leute mit Hut, aber das Gesicht von keinem paßte wirklich. Aber das gab mir auch Gelegenheit, die Typen mir anzuschauen, die gegen die Aufstellung der Statue protestierten - natürlich vergebens. Deshalb hat es in St. Wendel damals bei der Aufstellung der L-Demuth-Statue auch keine wirklichen, d.h. nonverbalen Protestaktionen gegeben. Wobei die Karl-Marx-Statue vielleicht ein wenig chinesische Gesichtszüge hat, aber sonst sehr nach Karl Marx aussieht, während die Lenchen Demuth in St. Wendel an der Stadtmauer auf ihre Schwangerschaft reduziert wird. Dann gab es da noch jede Menge gelb gekleidete Chinesen einer bestimmten Gruppe, die auf Extremstände in ihrem Land aufmerksam machen wollten, u.a. auf Organraub und ähnliches.

 

Wieder klingelte mein Telefon, und ich begab mich in den „Domstein“ gegenüber des Trierer Doms, wo ich in Gegenwart von Klaus, Uschi, Iris und Andreas (sicher hab ich noch einen vergessen, man sehe es mir nach, komme langsam in das Alter) ein paar vergnügte halbe Stunden in gutem Gespräch verbrachte, die zu umfangreich sind, hier wiedergegeben zu werden. Gegen 14 Uhr gingen wir gemeinsam zurück zur Statue, wo Klaus einige Videoaufnahmen drehte, die er sicher in seiner Langversion des Lenchen-Films verwenden wird. Dort trafen wir auch auf die Familie Demuth, das sind Michael Demuth aus Saarbrücken, seine Ehefrau und seine Mutter, die ich vom Filmset her kannte. Michael ist ein Urur…enkel von Lenchens älterer Schwester Katharina, speziell von derem ältesten überlebenden vorehelichen Sohn (von seinem Bruder stammt die Bliesener Demuth-Linie ab). Sie waren offiziell nach Trier geladen worden, weil sie direkte Verwandte von Lenchen waren.

Ja, ich weiß, warum wurden sie, warum wurden wir anderen nicht eingeladen, z.B. die Bliesener. Oder ich - schließlich war meine Urururururururururgroßmutter Elisabeth Demuth eine Schwester von Helenes Ururururururgroßvater Johann Demuth. Also quasi direkte Linie …

 

Der Nachmittag war vorangeschritten, die Abfahrtszeit meines Buses dreute, also verschob ich den Besuch der beiden anderen Ausstellungen auf einen späteren Zeitpunkt, verabschiedete mich und schlenderte zum Bahnhof, von wo aus ich auf gleicher Route mit gleichen Verkehrsmitteln den Rückweg nach Hause antrat und dort wohlbehalten um viertel vor sechs am Nachmittag eintraf.

Als ich mich zu Hause aus meinem Anzug schälte und die Strümpfe abzog, stellte ich fest, daß meine Schilderung oben nicht übertrieben war.

 

Das Fazit: Es war ein schöner Tag in Trier in der Sonne, ich habe viel gesehen und viele Leute getroffen - Fremde und Freunde. Nur Lenchen Demuth habe ich bei soviel Marx nicht gefunden.

Wirklich schade.

 

 

[Regionalforum-Saar] Tagungsbericht: Populäre Ge nealogie, Geschichtswissenschaft und Historische Demographie

Date: 2018/05/09 22:54:20
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Populäre Genealogie, Geschichtswissenschaft und Historische Demographie

Münster

 

Veranstalter: Arbeitskreis Historische Demographie; Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Centre for Digital Humanities, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

 

16.03.2018 - 17.03.2018

 

Von Henning Bovenkerk, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Georg Fertig, Institut für Geschichte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

 

Zu berichten ist über eine Tagung, die sich, von Interessen an ländlicher Geschichte und historischer Demographie ausgehend, neuen und alten Formen von populärer, außerakademischer Beschäftigung mit der Geschichte von Familien (der eigenen wie auch anderer) widmete. Für die vor allem auf internationaler Ebene blühende historische Demographie ist die Genealogie ein zentraler Datenlieferant, wie John Knodel es schon im vielzitierten Gründungsjahrgang 1975 von ‚Geschichte und Gesellschaft‘ deutlich machte. Auch für die neuere Agrargeschichte in Deutschland waren lokale genealogische Quellen schon lange Zeit von hoher Relevanz. Die wichtigsten (ländlichen) Lokalstudien von Vertretern der Göttinger Mikrogeschichte wie Sabean, Schlumbohm und Medick haben maßgeblich mit Genealogien gearbeitet und Themen der Verwandtschaft analysiert. Von diesen Studien sind wichtige Impulse für die Geschichte des ländlichen Raums ausgegangen. Umgekehrt ist der ländliche Raum auch für die populäre Genealogie besonders wichtig: Sie beschäftigt sich zu einem sehr großen Teil mit der ländlichen Bevölkerung, aufgrund der besseren Überschaubarkeit ländlicher Überlieferung und wegen des in der Vergangenheit großen Anteils der ländlichen Bevölkerung. Dies zeigte sich ein weiteres Mal bei der Jahrestagung des Arbeitskreises Historische Demographie.

 

Georg Fertig (Halle) und Elisabeth Timm (Münster) führten durch die Tagung, die gleich zwei Spagate zu meistern hatte: Die interdisziplinäre Positionierung der historisch-demographischen Forschung zwischen den modernen Sozial-, Geistes- und Geschichtswissenschaften einerseits und die Zusammenarbeit zwischen Hobbygenealogen („Laien“) und universitären Historikern (der „Zunft“) andererseits. Der Schwerpunkt der Tagung lag vor allem auf den unterschiedlichen Praktiken der Genealogie und auch auf der Frage, wie Genealogie als Ressource der Geschichtswissenschaft funktioniert. Zudem entstand ein intensiver Austausch zwischen Hobby- und Fachhistorikern, in dem es vor allem auch um die gemeinsame Zusammenarbeit ging.

 

Unterschiedliche Motive Genealogie zu betreiben beleuchtete GEORG FERTIG (Halle) in einem kurzen Eingangsreferat. So erscheint die Konstruktion familiärer Identitäten – „wir“ Müllers oder Meiers wiesen nun einmal diesen oder jenen Wesenszug auf, weil bestimmte Vorfahren diese Eigenschaften, etwa den Leichtsinn oder die Tierliebe, in die Familie eingebracht hätten – als eine (vielleicht bürgerliche) Variante, nicht aber als die dominierende Normalform genealogischen Interesses. Eine andere Variante stelle das therapeutische Interesse an familiären Prägungen und überlieferten Familiendramen dar, zurückgehend auf die Psychoanalyse; eine dritte, von den genannten unabhängige, die spirituelle Motivation der in der genealogischen Praxis einen gewichtigen Teil leistenden Mormonen. Dass die Aufzählung nicht abschließend sein kann, machten weitere TeilnehmerInnen deutlich, die ihren schlichtweg zweckfreien Spaß am „Jagen und Sammeln“ betonten.

 

Die erste Session stellte die Geschichte der Genealogie in Deutschland und Amerika ins Zentrum. JÜRGEN SCHLUMBOHM (Göttingen) stellte in seinem Referat die Geschichte der teils sozialkonservativ, teils rassenkundlich motivierten Volksgenealogie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar und analysierte ihre Kontinuitäten (etwa im Format des „Ortssippenbuchs“) und Brüche (etwa im Abbrechen der vor 1945 verbreiteten physiognomischen Erfassung lokaler Bevölkerungen). Offen bleibt, ob die Formate genealogischer Arbeit praktische rassenpolitische Relevanz hatten. KATHARINA HERING (Georgetown, USA) stellte variierende Praktiken der Selbsterforschung und Selbstbeschreibung der (sich erst über Sprache, dann über Abstammung und schließlich über Kultur definierenden) Pennsylvania-Germans in Nordamerika dar: Ging es im späten 19. Jahrhundert um die Konstruktion eines Pionier-Narrativs, das Leistungen der Pennsylvanien-„deutschen“ Einwanderer mit schreckenerregenden Zuständen im Heimatland kontrastierte, erscheint die Kultur der Pennsylvania „Dutch“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher als touristische Ressource.

 

ROLAND LINDE (Detmold) berichtete über die Erfahrungen eines gemeinsamen Projekts von Laienforschern und Wissenschaftlern. Diese zeigten, wie ertragreich die Kombination aus engagierter, arbeitsintensiver Quellenbearbeitung und interpretation und wissenschaftlichem Anspruch im Sinne von Dokumentation und Transparenz sein kann. Dazu erarbeitete das Projekt eine Möglichkeit, mit einem neuen, an fachhistorischen Standards orientierten Verweissystem einschließlich regelmäßiger wörtlicher Quellenzitate die Ergebnisse in Form einer monographischen Publikation zugänglicher zu präsentieren. Eine andere Form der Publikation stellte IRIS GEDIG (Erftstadt) mit der Genealogie-Website[1] vor: Um die Ergebnisse ihrer genealogischen Forschungen für andere nutzbar zu machen und gleichzeitig die Datenbank flexibel erweitern zu können, entschieden sie und ihre Mitstreiter sich für die Erstellung einer Website, die Datentransparenz mit vielfältigen interaktiven Programmierungen online herstellt, einschließlich von tabellarischen Kompletterfassungen der Quellen, etwa der Kirchenbücher. Wie dann diese private Arbeit und die Datenbank in der wissenschaftlichen Arbeit genutzt werden können, zeigte BENJAMIN MATUZAK (Halle) mit seinem Dissertationsprojekt, das mit den Daten dieser Website die Auswirkungen von ökonomischem Stress auf Familienstrategien im 19. Jahrhundert untersucht, in Anlehnung an die Arbeiten des „Eurasia Population and Family History project“. Eine parallele Fragestellung verfolgt MATTHIAS ROSENBAUM-FELDBRÜGGE (Nijmegen), der erste Ergebnisse seines Dissertationsprojekts präsentierte zu Antwortstrategien auf den Tod eines Elternteils in niederländischen Familien um die Wende des 20. Jahrhunderts untersuchte.

 

Während bei der von Linde vorgestellten Monographie das Verweissystem positiv aufgenommen wurde, sorgte ihr Umfang in Bezug auf das spezielle Nutzerinteresse möglicherweise nur an Teilen der Publikation für Skepsis. Auf der anderen Seite stand bei der Euregio-Website dem einfachen Zugang und Zugriff auf die Daten die geringere Quellentransparenz im Detail gegenüber. Es entwickelte sich daraus nicht nur eine angeregte Diskussion um die Vorzüge der einzelnen Arten der Publikation, sondern auch um Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit und der sinnvollsten Bereitstellung der gewonnenen Erkenntnisse.

 

Eine ebenso angeregt wie kontrovers geführte Diskussion schloss sich an das Referat von HARALD LÖNNECKER (Chemnitz / Koblenz) über die Einschätzung zur Ausbildung und Stellung der Genealogie als geschichtliche Hilfswissenschaft an: Der pessimistischen Auffassung eines sinkenden Interesses sowohl der Studenten als auch des Staats in Bezug auf staatliche Förderung – beispielsweise durch die Schließung auf diese Fachrichtung spezialisierter Lehrstühle – stand die positive Ansicht gegenüber, dass – wenn die Genealogie in neue (geschichts-)wissenschaftliche Kontexte eingebettet wird – auch das Interesse der Studenten durchaus gegeben sei. Beim am zweiten Tag anschließenden Round Table, zu dem neben SANDRO GUZZI-HEEB (Lausanne / Sembrancher), JAN KEUPP (Münster), KATRIN MOELLER (Halle), STEPHANIE THIEHOFF (Southampton), ELISABETH TIMM (Münster) und JESPER ZEDLITZ (Kiel) beitrugen, entstand auch zu dieser Frage eine rege Diskussion.

 

Am zweiten Tag wurde zunächst die Quellengattung Ortsfamilienbuch ins Zentrum gestellt. VOLKER WILMSEN (Münster) beschrieb die Erarbeitung des Häuser- und Ortsfamilienbuches Albachten und gab einen Einblick in die Vielfalt und Probleme bei der Arbeit mit den dafür verwendeten Quellen. Innovativ ist die gleichzeitige Orientierung an den Ordnungsprinzipien Familie und Hausbesitz; anders als bei gängigen Ortsfamilienbüchern wurden personen- und hausbezogene Quellen jenseits der Kirchenbücher systematisch mit einbezogen. Allerdings existiert keine maschinenlesbare Fassung etwa als Online-Ortsfamilienbuch. Georg Fertig gab anschließend einen Überblick über Ortsfamilienbücher als wirtschafts- und sozialgeschichtliche Quellengattung. Er betonte ihre Eignung sowohl für die Konstruktion langer wirtschaftshistorischer Reihen (vergleichbar dem bekannten GESIS-Projekt „Deutschland in Daten“), als auch für die Mikroanalyse von Lebenslaufdaten, wie sie im ‚European Historical Population Samples Network‘ betrieben wird. Als Desiderate erscheint die bibliographische Erfassung, inhaltliche Kategorisierung und qualitative Bewertung des mittlerweile in vierstelliger Zahl vorliegenden Materials.

 

In der abschließenden Sitzung stellte KARL-PETER KRAUSS (Tübingen) eine methodisch weit ausgreifende, im Stil der „Mikrogeschichte“ bzw. historischen Anthropologie Demographie und Ego-Dokumente verknüpfende Analyse der Situation deutscher „Kolonisten“ im Königreich Ungarn vor, im Spannungsfeld von hoher Mortalität und subjektiver Zufriedenheit. Mit früher Heirat, hoher Sterblichkeit und Geburtenzahl erscheint die demographische Praxis der Kolonisten nicht von ihrem kulturellen „Gepäck“ geprägt, sondern von ihrer Umwelt. Damit stehen Imagination und Verbalisierung Ungarns als eines höchst attraktiven Siedlungsziels in persönlichen Briefen im Kontrast. Ebenfalls über Ungarn referierte GÁBOR KOLOH (Budapest), der sich mit der Geburtenkontrolle im evangelisch-lutherischen, deutschen Dorf Kleinmanok in der frühen Neuzeit auseinandersetzte.

 

Als deutliche Desiderate erschien erstens, die Kommunikation zwischen Geschichtswissenschaft und außerakademischer Genealogie zu intensivieren – meist sind es die Archive, nicht die Universitäten, die sich dieses Feldes annehmen. Zweitens fällt auf, dass der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und damit der Einsatz entsprechender Verfahren aus der Eigenlogik der Hobby-Forschung heraus zunehmend in diese einsickert. Beide Seiten können daher auch auf technischer Ebene wechselseitig voneinander lernen. Drittens kann Genealogie in ihren modernen, digitalen Ausprägungen dazu beitragen, auch die Historischen Hilfswissenschaften modern und für Studierende attraktiv auszugestalten.

 

Konferenzübersicht:

 

Sektion 1: Geschichte der Genealogie

 

Jürgen Schlumbohm (ehemals Max-PIanck-Institut für Geschichte, Göttingen): Volksgenealogie, Dorfsippenbuch, bevölkerungsbiologisches Gesamtkataster, 1920-1950

 

Katharina Hering (Georgetown): Populäre Genealogie als Migrationsgeschichte: Praktiken der Familiengeschichtsforschung über die Pennsylvania Germans (Pennsylvania Dutch), 1891–1966

 

Sektion 2: Varianten der Zusammenarbeit

 

Roland Linde (Detmold / Westfälische Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung): Zur Methodik genealogischer Forschung in frühneuzeitlichen Quellen und ihrer transparenten Darstellung. Erfahrungen einer Arbeitsgruppe von Laienforschern und Wissenschaftlern

 

Harald Lönnecker (Technische Universität Chemnitz / Bundesarchiv Koblenz): Zwischen allen Stühlen. Genealogie als Wissenschaft und Praxis

 

Iris Gedig (Erftstadt): Aspekte populärer Genealogie: Bericht aus der Praxis der Genealogie-Website “Familienbuch-Euregio“ (Würselen und umgebende Regionen)

 

Sektion 3: Aktuelle demographische Forschungen I: Krisen in der Familie

 

Benjamin Matuzak (Max Planck Institut für ethnologie Forschung, Halle): Coping and Caring: Institutionalised Vulnerability and Resilience of Families under Economic Pressure during Modernisation (Würselen, Meerssen, and Sart, 1850-1920)

 

Matthias Rosenbaum-Feldbrügge (Radboud University Nijmegen): Coping Strategies in Response to Crises: Family Split and Migration Following Parental Death in the Netherlands, 1863-1910

 

Sektion 4: Ortsfamilienbücher

 

Volker Wilmsen (Münster / Westfälische Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung): Mehr als nur Kirchenbücher - die Quellen für das Häuser- und Ortsfamilienbuch Albachten

 

Georg Fertig (Universität Halle-Wittenberg): Ortsfamilienbücher als Quelle für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte

 

Round Table: Was brauchen Wissenschaftler von Genealogen, was brauchen Genealogen von Wissenschaftlern?

 

Sandro Guzzi-Heeb (Universität Lausanne / Sembrancher) / Jan Keupp (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) / Katrin Moeller (Universität Halle-Wittenberg) / Stephanie Thiehoff (Universität Southampton) / Elisabeth Timm (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) / Jesper Zedlitz (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)

 

Sektion 5: Aktuelle demographische Forschungen II: Demographie Ungarns

 

Karl-Peter Krauss (Fachbereich Demographie / Sozialgeographie, Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde): Historische Anthropologie und Genealogie. Komplementarität in der Annäherung an eine Einwanderungsgesellschaft: Deutsche „Kolonisten“ im Königreich Ungarn (18. und frühes 19. Jahrhundert)

 

Gábor Koloh (ELTE-Universität Budapest): Birth control in Kleinmanok. Case study of a Lutheran German Village in Hungary

 

Anmerkung:
[1]http://www.familienbuch-euregio.de (02.05.2018).

 

 

 

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Dr. Ing. Otto Eberbach

Date: 2018/05/13 12:55:17
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

An die Teilnehmer des Forums

im Zusammenhang mit recherchen zu den Ottweiler Bürgermeistern suche ich ein Foto von Dr. Ing. Otto Eberbach, dem Kreisbaumeister des Landkreises Ottweiler von 1907 - 1924, der 1914 - 1916 auch kommissarischer Bürgermeister Ottweilers war.

Weder im LA noch in den Personalakten beim Kreis Neunkirchen findet sich ein Foto. da sein Bezirk und seine Bautätigkeit sich über den ganzen ehemaligen Landkreis Ottweiler erstreckte, findet sich vielleicht in einem Ortsarchiv ein Foto/ein Portrait.

Sollte jemand ein Foto von ihm besitzen, freute es mich, wenn es mir zur Verfügung gestellt würde.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)


Virenfrei. www.avast.com

[Regionalforum-Saar] Weichenstellendes Kapitel Trierer Geschichte tritt aus dem Schatten

Date: 2018/05/14 09:58:36
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Trier. Die Geschichtsschreibung der Stadt Trier wird um rund 940 Seiten reicher. Am 24. April 2018 präsentieren die Herausgeber Jort Blazejewski, Stephan Laux und Nina Schweisthal ihre kürzlich fertiggestellte Edition „Quellen zur Geschichte der Stadt Trier in der frühen Preußenzeit (1815- 1850)“. Bemerkenswert an dem Werk ist über den beeindruckenden Umfang hinaus der behandelte Zeitraum. Obwohl der junge Karl Marx in jenen Jahren in Trier lebte und entscheidende Weichen für den Weg der Stadt in die heutige Zeit gestellt wurden, führte dieses Kapitel bislang eher ein Schattendasein in der regionalen Historiographie.


„Das historische Gedächtnis Triers ist recht einseitig auf die Reminiszenz an seine römischen Altertümer und mittelalterlichen Sakralbauten fixiert. Der schwierige Übergang der Stadt in die Moderne ist dagegen ungeachtet der Verdienste früherer wie aktueller Verfasser vernachlässigt worden“, schreiben die Herausgeber. Nach dem Ende der Besetzung durch Napoleon prägten in der frühen preußischen Herrschaftsphase die wirtschaftlichen und sozialen Gegensätze das Stadtbild. „Da besuchte der preußische König in Erwartung huldvoller Zustimmung die Stadt, und in der nächsten Straße lebten die Menschen unter erbärmlichsten Lebensumständen“, schildert Stephan Laux die damaligen Verhältnisse und unterstreicht zugleich ein zentrales Anliegen der Autoren: „Wir wollen mit dieser Edition die vielschichtigen Konstellationen in Trier dokumentieren, aber auch das Leben plastisch darstellen, in einer Zeit, in der die Auswüchse der Massenarmut (Pauperismus) ebenso zu Tage traten wie der Reichtum einer sehr kleinen Oberschicht“, so Stephan Laux, Professor für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Trier.


Es sind Jahrzehnte des Umbruchs, geprägt von Armut, Auswanderung, Weinkrise, von Kirchenkampf und Revolution sowie den allerdings noch sehr bescheidenen Anfängen von Modernisierung und Industrialisierung. Der Schwerpunkt der Quellenauswahl liegt auf der Darstellung des gesellschaftlichen wie sozialpolitischen Klimas der damaligen Zeit. „Damit soll auch das von der älteren Landesgeschichtsschreibung gezeichnete Bild einer recht beschaulich dahinlebenden Stadt, die von den großen Aufregungen der Zeit unberührt blieb, korrigiert werden“, so die Herausgeber.


Die Sammlung richtet sich an ein breites Publikum und ist gleichsam für den Unterricht in der Schule wie auch für die Lehre an der Universität geeignet. Außerdem ist sie eine reiche Quelle für diejenigen, die an speziellen Aspekten interessiert sind.


Die Edition ist als Kooperationsprojekt insbesondere mit Stadtbibliothek und -archiv Trier entstanden und erscheint in der Schriftenreihe „Publikationen aus dem Stadtarchiv Trier“.


Infos zum Buch

Jort Blazejewski/Stephan Laux/Nina Schweisthal (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Trier in der frühen Preußenzeit (1815–1850); Publikationen aus dem Stadtarchiv Trier, Bd. 4, Trier: Verlag für Geschichte und Kultur; 941 S., 5 Abb.; ISBN: 978–3–945768–04–4; 49,90 Euro.

[Regionalforum-Saar] am kommenden Samstag: Verein f ür Landeskunde eröffnet Geschäftsstelle in St. Wendel

Date: 2018/05/24 08:13:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Der Verein für Landeskunde im Saarland e.V. hat im St. Wendeler Bahnhof (s)eine Geschäftsstelle eingerichtet, die am kommenden Samstag, 26. Mai 2018 - das ist übermorgen - in der Zeit von 9 bis 16 Uhr im Rahmen eines „Tages der offenen Tür" der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

 

Geschäftsstelle Verein für Landeskunde im Saarland e.V. (VLS)

Mommstr. 2 in 66606 St. Wendel (Bahnhof – Eingang Vorderseite)

 

Für diesen Tag wird dazu auch eine „Genealogische Auskunftsstelle“ für Fragen zur Familiengeschichtsforschung eingerichtet.

 

In einem ersten Schritt bis zu den Sommerferien ist die Geschäftsstelle jeweils mittwochs von 09.00 Uhr bis 13.00 Uhr geöffnet bzw. nach Vereinbarung.

 

Weitere Informationen zu den Öffnungszeiten erhalten Sie unter (0049) 06821 – 962156 oder www.landeskunde-saarland.de

[Regionalforum-Saar] 42. Deutscher Rechtshistorikerta g, 16.09.2018 – 20.09.2018 Trier

Date: 2018/05/25 21:47:12
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

42. Deutscher Rechtshistorikertag

 

 

Universität Trier

 

Veranstalter Prof. Dr. Franz Dorn; Prof. Dr. Thomas Rüfner

 

 

16.09.2018 - 20.09.2018

 

Bewerbungsschluss 15.08.2018

 

 

http://rechtshistorikertag.uni-trier.de

 

Von Thomas Rüfner

 

Vom 16. bis 20. September findet in Trier der 42. Deutsche REchtshistorikertag statt. Er steht unter dem Generalthema „Zentren und Peripherien in der Geschichte des Rechts“.

 

Die Wahl des Themas ist zum einen durch aktuelle Konfliktlagen und zum anderen durch den Tagungsort Trier angeregt. Die Stadt Trier war nämlich in ihrer Geschichte schon Zentrum und Peripherie – und zuweilen, je nach Blickwinkel, beides zugleich: in der Spätantike war Trier eines der Zentren des römischen Reiches, später bedeutender Bischofssitz und Zentrum des Kurstaates, aber auch Hauptort eines Departements an der Peripherie des napoleonischen Kaiserreichs und des preußischen Staats. Heute liegt die Stadt im äußersten Westen Deutschlands, zugleich aber in unmittelbarer Nachbarschaft der Machtzentren der Europäischen Union.

 

Die Spannung zwischen Zentrum und Peripherie ist nicht nur eine Konstante der Trierischen Stadtgeschichte, sondern auch ein Leitmotiv der Rechtsgeschichte aller Epochen und macht sich nicht zuletzt auch in einer Reihe von politischen Konflikten und Problemlagen der Gegenwart geltend.

 

Programm

 

Sonntag, 16. September
14.00 Bischöfl. Priesterseminar Forum junger Rechtshistoriker (Moderation: Susanne Heinemeyer, Mainz)
Vortrag 1: Anna Plisecka (Zürich): Römisches Recht in der Provinz am Beispiel der severischen apokrísmata
Vortrag 2: Christine Lehne-Gstreinthaler (Innsbruck): Klassische Ursprünge des Verjährungsrechts
Vortrag 3: Alexander Krey (Frankfurt): Zu der Funktionsweise der Tagfahrten der Hanse am Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit
Vortrag 4: Franz Hederer (Frankfurt): Der Weimarer Reichswirtschaftsrat – Verfassungsnorm und politische Praxis

 

18:00 Bischöfl. Priesterseminar Eröffnung in Anwesenheit der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Frau Malu Dreyer.
Festvortrag: Thomas Maissen (Deutsches Historisches Institut Paris): Imperiale Peripherien und zentralistische Staatsbildung. Zur Bewahrungs- und Gestaltungskraft des Rechtsdenkens
anschließend Empfang

 

Montag, 17. September
09:00 Hauptvortrag: Sibylle Hofer (Bern): „Freier Mann im freien Staat“ – Persönlichkeitsschutz in der Schweiz

 

11:00 Verleihung des Preises des deutschen Rechtshistorikertages

 

14:00 Sektion 1: Urbanes Recht – Metropolen der Antike
(Moderation: Franz-Stephan Meissel, Wien)
Vortrag 1: Sophie Démare-Lafont (Paris 2): Städtische Institutionen im alten Syrien. Überlegungen zu kollektiven Machtbefugnissen im Alten Orient
Vortrag 2: Kaja-Harter Uibopuu (Hamburg): Einheit und Vielfalt des Polis-Rechts am Beispiel der Popularklage
Vortrag 3: Loredana Cappelletti (Wien): Zentrum der Magna Graecia – Zur Verfassungsgeschichte Tarents (7. – 1. Jh. v. Chr.)
Vortrag 4: Constantin Willems (Marburg): Mieten, Kaufen, Wohnen.Ökonomien urbanen Rechts im alten Rom

 

14:00 Sektion 2: Fortschritte der Rechtswissenschaft im Marxismus und Realsozialismus (Moderation: Caroline von Gall, Köln)
Vortrag 1: Barbara Havelková (Oxford): Gender Equality in Law: Uncovering the Legacies of Czech State Socialism
Vortrag 2: Rafal Manko (Amsterdam): The Continuity of Polish Private Law Before and After 1989
Vortrag 3: Klaus Mühlhahn (FU Berlin): Sozialistisches Recht in China
Vortrag 4: Georg Steinberg (Potsdam): Das Jugendstrafrecht in der DDR – Theorie und Praxis

 

Dienstag, 18. September
09:00 Hauptvortrag: Dietmar Schanbacher (Dresden): Zum Phänomen der Rechtsrezeption in der Antike

 

11:00 Sektion 3: Bürgerrecht und Fremdenrecht. Das Recht als Mittel von Integration und Abgrenzung (Moderation: Albrecht Cordes, Frankfurt)
Vortrag 1: Francesca Lamberti (Lecce): Bürgerrecht und Romanisierung in der frühen Kaiserzeit: einige Beispiele aus dem Westen
Vortrag 2: Sonja Breustedt (Frankfurt) : Inklusion und Exklusion zwischen 1450 und 1650: Das Bürgerrecht als Steuerungsinstrument in Umbruchzeiten
Vortrag 3: Hanna Sonkajärvi (Rio de Janeiro): Die Macht des Lokalen. Dynamiken von Inklusion und Exklusion Fremder in Straßburg und den Österreichischen Niederlanden im 18. Jahrhundert
Vortrag 4: Dieter Gosewinkel (Berlin): Einbürgern und ausschließen. Staatsangehörigkeit und Bürgerrecht in Deutschland während des 19. und 20. Jahrhunderts

 

11:00 Sektion 4: Rechtskulturen in Ostmittel- und Osteuropa
(Moderation: Katalin Gönczi, Sächsische Akademie der Wissenschaften, Leipzig)
Vortrag 1: Heiner Lück (Halle): Vom regionalen Kolonistenrecht zum Stadtrechtstypus in Ostmitteleuropa. Wege und Metamorphosen des Magdeburger Rechts im Mittelalter
Vortrag 2: Béla Szabó (Debrecen): Verbindungen zwischen Zentrum und Peripherie in der Frühen Neuzeit am Beispiel der peregrinatio academica aus dem Königreich Ungarn
Vortrag 3: Jana Osterkamp (München): Föderalismusvorstellungen in der Habsburgermonarchie im späten 19. Jahrhundert
Vortrag 4: Danuta Janicka (Torun): Modernisierung der Peripherie – der Umbau des Rechtssystems in den Ostgebieten der Zweiten Polnischen Republik (1919–1939)

 

18:30 Konstantinbasilika - Kirche zum Erlöser: Recht und Religion in Trier – Abendvortrag: Reinhard Zimmermann ( MPI Hamburg) anschließend Orgelkonzert.

 

Mittwoch, 19. September
09:00 Hauptvortrag: Tilman Repgen: Wissen prägt Recht – ein Lehrstück aus der Privatrechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts

 

11.00 Sektion 5: Universalität und Partikularität im neuzeitlichen Kirchenrecht (Moderation Thomas Duve, MPI Frankfurt)
Vortrag 1: Orazio Condorelli (Catania): Vor 1054: Zentren und Peripherien, Universalität und Partikularität im Kirchenrecht in Zeiten des Heiligen Simeon von Trier (+1035)
Vortrag 2: Benedetta Albani (Frankfurt): Salubriter et utiliter providere. Administrative Praktiken der römischen Kongregationen für die Regierung der Welt am Beispiel der Konzilskongregation
Vortrag 3: Christoph H.F. Meyer (Frankfurt): Universale und partikulare Kirchenrechtsbegriffe im Zeitalter des Febronius
Vortrag 4: Johannes Grohe (Rom): Die Entwicklung des Begriffs vom Ökumenischen und Partikularen Konzil vom I. Vatikanischen Konzil bis zum Codex von 1917

 

11:00 Sektion 6: Landrecht und Volksrecht (Moderation: Guido Pfeifer, Frankfurt)
Vortrag 1: Birgit Christiansen (München): Vom Zentrum in die Peripherie – Steuerung und Kontrolle des Rechts in altorientalischen Territorialstaaten
Vortrag 2: José Luis Alonso (Zürich): Reichsrecht und Volksrecht – Zentrum und Peripherie in der römischen Antike
Vortrag 3: Siegrid Westphal (Osnabrück): Polyzentralität und Rechtsdurchsetzung im Alten Reich
Vortrag 4: Donal Coffey (Frankfurt am Main): Centre and Periphery in the British Empire: Parliamentary Sovereignty and the Dominions

 

17:00 Wissenschaftliche Mitteilungen
18:30 Mitgliederversammlung

 

Donnerstag, 20. September
Rechtshistorische Exkursion: Besichtigung des St. Nikolaus-Hospitals – Cusanus-Stift mit der Bibliothek des Nikolaus von Kues und der Altstadt von Bernkastel, der Burg Landshut, des Archäologieparks Belginum und von Schloss Veldenz.

 

Kontakt

 

Prof. Dr. Thomas Rüfner
Fachbereich V - Rechtswissenschaften
54286 Trier

 

Zitation

 

42. Deutscher Rechtshistorikertag, 16.09.2018 – 20.09.2018 Trier, in: H-Soz-Kult, 25.05.2018, <www.hsozkult.de/event/id/termine-37366>.

 

 

 

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Ausstellung: „Jüdisch e Friedhöfe im Saarland“ in Saarbrücken

Date: 2018/05/26 09:11:39
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Am Donnerstag, 24.05.2018, in der Saarbrücker Zeitung:

Ausstellung: „Jüdische Friedhöfe im Saarland“ in Saarbrücken

 

Saarbrücken. Am Donnerstag vor 25 Jahren wurde der „Platz des Unsichtbaren Mahnmals“ vor dem Saarbrücker Schloss eingeweiht. Anlässlich dieses Jubiläums zeigt der Regionalverband im Foyer des Schlosses ab heute die Schau „Jüdische Friedhöfe im Saarland“ (Eröffnung: 16.30 Uhr). In bebilderten Tafeln führt sie in die jüdischen Toten- und Bestattungsrituale ein und stellt 16 Friedhöfe vor.

 

Gestern vor 25 Jahren wurde der „Platz des Unsichtbaren Mahnmals“ vor dem Saarbrücker Schloss eingeweiht. Anlässlich dieses Jubiläums zeigt der Regionalverband im Foyer des Schlosses ab heute die Schau „Jüdische Friedhöfe im Saarland“ (Eröffnung: 16.30 Uhr). In bebilderten Tafeln führt sie in die jüdischen Toten- und Bestattungsrituale ein und stellt 16 Friedhöfe vor.

 

Läuft bis 3. Juni. Mo-Fr: 7 bis 19 Uhr. Sa/So: 10 bis 18 Uhr.

 

[Regionalforum-Saar] Transkribus digitalisiert historische Dokumente, die sich nur noch schwer lesen lassen

Date: 2018/05/29 22:46:57
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Transkribus entziffert Uromas Handschrift

 

von Daniel Berger.

 

Transkribus digitalisiert historische Dokumente, die sich nur noch schwer lesen lassen. Je mehr Text die Software auswertet, desto besser das Ergebnis. Jeder kann das Tool nutzen – auch Laien, die Uromas Briefe entziffern wollen.

 

Historische Dokumente sind oftmals schwer zu lesen – schon Uromas Tagebuch bereitet heutigen Lesern einige Schwierigkeiten. Hier will die Software Transkribus helfen: Die Software erkennt alte handschriftliche Aufzeichnungen und wandelt sie in digitalen Text um, der sich viel einfacher lesen lässt. Egal ob mittelalterliche Texte oder Notizen aus dem zwanzigsten Jahrhundert – Transkribus verspricht eine Handschriftenerkennung, die immer besser wird. Gedacht ist die Software für Wissenschaftler, Archivare, aber auch für Laien.

 

Die Software nutzt Algorithmen, die die TU Valencia und das Nationale Forschungszentrum in Athen erarbeitet haben. Es ist allerdings ausreichend Material nötig, um einen Text zu entziffern: "Der Brief vom Großvater kann noch nicht auf Knopfdruck transkribiert werden", erklärte Projektleiter Günter Mühlberger von der Universität Innsbruck gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das Programm sei in der Lage, eine Handschrift nach rund 100 Seiten (rund 20.000 Wörter) gut zu lesen. Je mehr Texte die HTR-Engine zum Entziffern bekommt, desto besser ist das Ergebnis.

 

Mit dem "Keyword Spotting" lasse sich in den Schriften gezielt nach Stichworten suchen, so Mühlberger. Als Export-Formate für den erkannten Text gibt es PDF, RTF, TEI und XML. Derzeit steht das Projekt vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen benötigt die Software noch zu viele Daten, um Schrift in leicht lesbaren Text umzuwandweln. Zum anderen fehlt ein Netzwerk, um die vielen unterschiedlichen Schriften zusammenzuführen.

 

EU fördert Transkribus

 

Transkribus startete 2016 als EU-Projekt, dessen Ziel es ist, die Software einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mehr als 10.000 Nutzer aus aller Welt haben sich bislang registriert – und es dürfen gern mehr werden: "Je mehr Benutzer, je mehr Daten, desto besser können die Maschinen lernen", meint Mühlberger. An der Plattform sind 13 Partner aus Europa beteiligt; die Universität Innsbruck koordiniert. Noch bis Mitte 2019 fördert die EU das Projekt mit insgesamt 8,2 Millionen Euro. Mühlberger hofft, dass Transkribus die Öffentlichkeit und Wissenschaftler aber dauerhaft miteinander vernetzen kann.

 

Transkribus Version 1.4 gibt es für Windows und macOS. Vor dem Download ist eine kostenlose Registrierung nötig. Eine Kurzanleitung erklärt, wie Transkribus in zehn Schritten "oder weniger" funktioniert.

 

=> https://transkribus.eu/Transkribus/