Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] Regionalgeschichte als Zusammenspiel von Familienkunde und Bauhistorie

Date: 2017/09/04 22:34:41
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

 

Genealogie trifft Baugeschichte

 

Regionalgeschichte als Zusammenspiel von Familienkunde und Bauhistorie

Referent: Dipl.-Ing. Axel Böcker, Landesdenkmalamt, Saarbrücken

 

Wer baute das Besche-Haus?

Die Daten der Familienkunde und ihre Zuordnung zu einem lokalen Hausplatz am Beispiel Besche-Haus in Tholey

 

Referent: Niko Leiß, Historischer Verein Tholey

 

am Dienstag, den 19. September 2017

 

um 19.00 Uhr im Rathaussaal Tholey, am Marktplatz

 

Mit leicht verfügbaren Arbeitshilfen wie Ortschroniken oder Adressbüchern, genealogischer Grundlagen wie Familienbücher oder Kirchenbuchverzeichnungen oder weiterführenden Recherchemöglichkeiten wie Propsteiprotokollen oder spezieller Fachliteratur und anhand von Beispielen aus Saarbrücken zeigt der Referent die Möglichkeiten und auch Probleme der Verortung von Wohnhäusern bestimmter Familien in den Saarstädten.

 

Wer sich mit der Geschichte seiner Familie beschäftigt und die Daten seiner Vorfahren recherchiert, stößt früher oder später auf die Frage, in welchen Gebäuden diese gewohnt haben. Die Zuordnung von aus der Familienforschung bekannten Namen zu konkreten Hausplätzen ist dabei bisweilen ein schwieriges Unterfangen. Am Beispiel des Besche-Hauses in Tholey, einem der bemerkenswertesten historischen Gebäude der Region, wird gezeigt, wie die Informationen der Familienforschung die Untersuchungen am Gebäude ergänzen können und ein historisches Gesamtbild entstehen lassen.

[Regionalforum-Saar] Führung jüdischer Friedh of Ottweiler

Date: 2017/09/05 21:07:43
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler
Am Sonntag, den 10.09.2017, bieten Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann um 17.00 Uhr eine weitere Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler an, den man zu Recht als „versteinerte Lebensgeschichte der jüdischen Gemeinde Ottweiler“ bezeichnen kann, ist er doch das einzig im Ort erhaltene Zeugnis jüdischen Lebens. Die Entstehung der jüdischen Gemeinde Ottweiler setzte Ende des 18. Jahrhunderts ein, ihre Blütezeit begann jedoch erst im Napoleonischen Zeitalter. Napoleon ließ den Besitz der Fürsten und der Kirche, der im Departement de la Sarre lag, in der Hauptstadt Trier ab 1804 versteigern. Im Zuge dieser Versteigerung der sog. Nationalgüter erwarben u.a. mehrere jüdische Familien Besitz in Ottweiler.
Über einen längeren Zeitraum hinweg besaß die Jüdische Gemeinde jedoch keinen eigenen Friedhof, so dass sie ihre Toten auf dem Judenfriedhof in Illingen bestatteten. 1841 ordnete der damalige Landrat Carl von Rohr die Anlage eines eigenen Friedhofes in Ottweiler an, so dass die jüdische Gemeinde nach erfolgreichen Verhandlungen mit der Stadt Ottweiler im November 1842 das Gelände „Auf dem Burg“ erwarb, um ihren Verstorbenen ein „Haus des Lebens“ zu bieten.
Klaus Burr erläutert bei der Führung, welche Anforderungen bei der Anlage eines jüdischen Friedhofes zu beachten sind, und geht auf die Bestattungsriten der Juden ein. Hans-Joachim Hoffmann skizziert anschließend die Lebenswege einzelner Familien und gibt Informationen zu Grabinschriften und einzelnen Symbolen.
Die Besucher können sich im Anschluss an die Vorträge ungezwungen einzelne Grabmale anschauen. Die Referenten stehen bereit, sich daraus ergebende spezielle Fragen zu beantworten.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden bei:
Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey
Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)
Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn, Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.

Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler erfolgt in Kooperation mit der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen bat die KVHS um vorherige Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne Anmeldung bei der KVHS möglich.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die KVHS freuen sich auf Ihren Besuch.
Termin: Sonntag, 10.09.2017   
Uhrzeit: 17.00 Uhr
Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße Maria-Juchacz-Ring (ca. 80 m hinter der Abzweigung Karl-Marx-Straße - Nähe Wohnheim AWO) Dauer: ca. 1 ½ Stunde




[Regionalforum-Saar] "Eventuell nicht gewollter Antisemitismus"

Date: 2017/09/05 23:14:16
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Ranc, Julijana: "Eventuell nicht gewollter Antisemitismus". Zur
Kommunikation antijüdischer Ressentiments unter deutschen
Durchschnittsbürgern. Münster: Westfälisches Dampfboot 2016. ISBN
9783896911001; 264 S.; EUR 29,90.

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Daniel Poensgen, Berlin
E-Mail: <daniel.poensgen(a)googlemail.com>

Wie wird Antisemitismus im Alltag zur Sprache gebracht, wann wird er
ignoriert, kritisiert, wann wird antisemitischen Ressentiments aber auch
zugestimmt - und in welcher Form? Mit dieser Fragestellung hat sich die
Literaturwissenschaftlerin und Soziologin Julijana Ranc in der
vorliegenden Studie befasst. Dass heute Antisemit/innen in Deutschland
in aller Regel nicht als solche gesehen werden möchten, macht sie
bereits mit dem Zitat eines Teilnehmers einer Gruppendiskussion
deutlich, welches der Studie ihren Titel gibt: "Eventuell nicht
gewollter Antisemitismus". Dieses Zitat, so Ranc, "plaudert aus, was der
Antisemitismus ohne Antisemiten verhehlt: daß nämlich diejenigen, die
ihn kommunizieren, wohl wissen oder zumindest sehr wohl ahnen, was sie
tun, und keineswegs ahnungslos an einem Tabu, dem Antisemitismus-Tabu,
in der Tat rühren. Wüßten oder ahnten sie es nicht, würden sie sich kaum
all der Camouflage und Mimikry, all der rhetorischen und strategischen
Maskeraden, Manöver und Rechtfertigungen befleißigen, um es zu
unterlaufen." (S. 13, Hervorhebung im Original) Hiergegen argumentiert
sie in ihrer Studie "Zur Kommunikation antijüdischer Ressentiments unter
deutschen Durchschnittsbürgern" und stellt sich damit in eine Reihe von
Arbeiten in der sozialwissenschaftlichen Antisemitismusforschung, die in
Abgrenzung zur quantitativen Einstellungsforschung mit Hilfe einer
qualitativen Methode - der Gruppendiskussion - Aussagen zum
intersubjektiv kommunizierten Antisemitismus treffen wollen.[1]

Julijana Ranc hat einen beeindruckenden empirischen Korpus erhoben: Von
2004 bis 2007 hat sie in 32 Gruppendiskussionen sowie 130
Einzelinterviews mit Schüler/innen, Studierenden, Lehrer/innen sowie
Besucher/innen von Volkshochschulkursen Gespräche geführt und diese
analysiert. Ranc bezeichnet jene Teilnehmer/innen als
"Durchschnittsbürger" und grenzt sie explizit von der "Mitte der
Gesellschaft" ab (S. 7), was jedoch nicht genauer definiert wird und
somit wenig überzeugt. Zwar ist durchaus anzunehmen, dass die
Teilnehmer/innen aus heterogenen und bspw. nicht rechtsextremen Milieus
kommen, wie Ranc argumentiert (ebd.), was Lehrer/innen, Schüler/innen
und Studierende jedoch zu "Durchschnittsbürgern" macht - in Hinblick auf
welche politische oder sozioökonomische Dimension, bleibt offen -, wird
leider nicht weiter ausgeführt. Thematisch ging es in den
Gruppendiskussionen um aktuelle und kontroverse politische Themen, die
mit Ausnahme des Nahost-Konflikts in der Regel keinen Bezug zur
Thematisierung von 'Juden' oder 'Israelis' nahelegten: Die Anschläge vom
11. September 2001, der sogenannte "Krieg gegen den Terror", die
Globalisierung, der EU-Beitritt der Türkei, die "Kopftuchdebatte" und
die Zuwanderungspolitik wurden in den Gesprächen als Diskussions-Impulse
genutzt. Innerhalb dieses Rahmens wurde es den Teilnehmer/innen selbst
überlassen, eigene Schwerpunkte zu setzen. Ranc will mit dieser
Vorgehensweise ein "selbstläufiges Sprechen über Juden" ermöglichen,
dessen Zustandekommen durch die große Anzahl von Gruppendiskussionen
gewährleistet wurde (Vgl. S. 40f.).

Ranc geht es darum, "wie antijüdische Ressentiments 'zur Sprache'
gebracht werden, wenn unterschiedliche Positionen zusammen- und
aufeinandertreffen." (ebd.) Untersucht werden soll jedes "Sprechen über
Juden", ob antisemitisch oder nicht, in Hinblick auf dessen
intersubjektive Interaktionsdynamik sowie den prozessualen und
dramaturgischen Verlauf der "Ressentiment-Kommunikation". Dabei arbeitet
Ranc aus einer an der verstehenden Soziologie nach Weber und der
hermeneutischen Wissenssoziologie orientierten Perspektive. Sie liefert
dabei eine Vielzahl von interessanten Erkenntnissen. Dies ist auch dann
der Fall, wenn man die an der Argumentationstheorie orientierte
Herangehensweise der Autorin nicht teilt, wonach Menschen von
Selbstverständigungs- und Selbstvergewisserungsprozessen argumentativer
Natur (S. 83f.) bestimmt seien.

Grundsätzlich hält Ranc fest: Es gibt ein großes Bedürfnis, über
Kollektive und Individuen zu sprechen, die man als 'jüdisch' oder
'israelisch' wahrnimmt. Die Möglichkeit, über 'Juden' zu reden, wurde in
den Gruppen schnell, ausführlich und bereitwillig wahrgenommen. Dabei
unterscheidet Ranc konsensuelle, kontroverse und konfrontative Sequenzen
(S. 44). Wie in diesen auf geäußerte antijüdische Ressentiments reagiert
wurde, hing dabei laut Ranc weniger von deren Explizitheit ab, als
davon, "wer in der Gruppe auf wen traf" (S. 48). Hierbei unterscheidet
Ranc fünf Kommunikationstypen: "Ressentiment-Getriebene",
"Gelegenheits-Antisemiten" (von der Autorin auch als
"Ressentiment-Geleitete" bezeichnet), "Ambivalente", "Indifferente" und
"Anti-Antisemiten". Letztere waren nicht in jeder Gruppe vertreten,
schafften es aber zuweilen, die Ambivalenten und Indifferenten
'aufzuwecken', antisemitische Ressentiment-Kommunikation zu stören oder
gar zum Verstummen zu bringen (S. 67). In der Regel habe es jedoch eine
"hohe Akzeptanz- und Resonanzfähigkeit" (S. 71) beim Sprechen über Juden
gegeben - Ressentiment-Geleitete und -Getriebene bestärkten sich
gegenseitig und senkten die bei ihnen ohnehin niedrigen Hemmschwellen
einer eventuell bestehenden "Kommunikationslatenz" (S. 61). Es bildeten
sich ressentimentgeladene "Deutungs- und Erregungsgemeinschaften" (ebd.)
- insbesondere bei Themen wie israelischer Politik,
Antisemitismus-Debatten in Deutschland oder dem Zentralrat der Juden in
Deutschland (S. 53). Die Vernichtung der Juden oder antisemitische
Gewalt heute wurden von diesen Erregungsgemeinschaften hingegen nicht
thematisiert, Verschwörungstheorien waren ebenfalls nicht resonanz- oder
etablierungsfähig (S. 51). Aus einer funktional-strukturorientierten
Perspektive, die auf die argumentative Aufbereitung der Ressentiments
abzielt, stellt Ranc fünf Leitmotive fest, die den Bezugsrahmen der
Ressentiment-Kommunikation ausmachen: "Wir und die Juden", "Deutsche
Bürde", "Normalität und Normalisierung", "Tabu und Tabubruch" sowie
"Juden, 'Juden' und 'Wunschjuden'" (S. 76). Zudem begleitet der
Holocaust das Sprechen über Juden stetig, was Ranc als "Generalbaß
Holocaust" bezeichnet (S. 70ff.). Die ausführliche Beschreibung dieser
Leitmotive bildet den Hauptteil der Studie.

Auch wenn sie die Rolle der Vorurteilsforschung für die
sozialwissenschaftliche Antisemitismusforschung etwas überschätzt,
gelingt es Ranc in ihren theoretischen Ausführungen, Licht in die
durchaus herrschende Begriffsverwirrung bezüglich Stereotypen und Topoi,
Vorurteilen und Ressentiments zu bringen (S. 15ff., 83ff.). Der von Ranc
verwendete Ressentimentbegriff hat dabei den Vorteil, kognitive und
affektive Aspekte sowie deren psychodynamisches Zusammenspiel in der
Ressentiment-Kommunikation in den Blick zu nehmen (S. 19). So ist es
möglich, die überwiegend wissenssoziologische Perspektive um
psychoanalytische Überlegungen zu erweitern. Zugleich hat er jedoch bei
Ranc eine gesellschaftstheoretische Leerstelle, die es erschwert,
antisemitische von anderen Ressentiments abzugrenzen. Diese Leerstelle
zeigt sich in der Studie beispielsweise, wenn Ranc Antisemitismus mit
anderen angenommenen Formen ressentimenthafter Kommunikation vergleicht,
beispielsweise mit "antideutschen Ressentiments" (S. 94). Leider spielt
zudem der Korpus in der Darstellung der empirischen Analyse eine zu
geringe Rolle. Aussagen werden häufig losgelöst von ihrem
Gesprächszusammenhang zitiert, zum Teil vielfach aneinandergereiht (z.B.
S. 176ff., 182ff.). Der Analyse der Gesprächsdramaturgie, und -situation
sowie der Gruppenzusammensetzung wird jedoch in der methodologischen
Diskussion zur Gruppendiskussion beispielsweise von Bohnsack[2] oder
speziell für die Antisemitismusforschung von Schäuble[3] große Bedeutung
zugemessen. So stellt Ranc z.B. keinen Zusammenhang her zwischen der
Dynamik der Ressentiment-Kommunikation und dem Umstand, dass sich in
einigen Gruppen Teilnehmer/innen auch jenseits des Untersuchungssettings
kannten, z.B. als Kolleg/innen an einer Schule arbeiteten, während
andere mit ihnen völlig Unbekannten diskutierten - für die Entstehung
von "Erregungsgemeinschaften" ein wichtiger Faktor. Gleichzeitig hätten
viele Äußerungen aber auch eine kritisch-analytische Feinanalyse
verdient, die oftmals unterbleibt.

Dort aber, wo Ranc die Dynamik der Gesprächsverläufe ausführlicher
nachzeichnet und dabei auch auf einzelne Topoi detaillierter eingeht,
sind ihre Erkenntnisse aufschlussreich und für die Leser/innen gut
nachzuvollziehen. Überzeugend zeigt sie z.B. ein für den Antisemitismus
spezifisches Konstruktionsprinzip bestehend aus Kausaltäuschung,
Inkriminierung zugunsten moralischer Selbstnobilitierung sowie
Anverwandlung, d.h. "Bewahrheitung" des Ressentiments an seinem Objekt,
den Juden (S. 233f.). Ranc kann stimmig zeigen, wie vor dem Hintergrund
unterschiedlicher Problemsetzungen mittels Alteritäts-, Analogie- und
Opfer-Täter-Konstrukte das nicht-jüdische Kollektiv zum zumindest
potentiellen Opfer konstruiert und den Juden die Täterrolle zugewiesen
wird. (S. 235) Sie arbeitet eine Vielzahl antisemitischer
Inkriminierungstopoi heraus (S. 109ff., 135) und kritisiert überzeugend
den Begriff eines "Schuldabwehr-Antisemitismus". Stattdessen spricht sie
von der "Vergegenwärtigungsabwehr durch Selbstinfantilisierung": Das
Unbehagen beim Sprechen über Auschwitz, die Zweifel am eigenen Denken
über Juden sowie ein Gefühl des Unheimlichen bezüglich Jüdinnen und
Juden führe zu einer grundsätzlichen Abwehr, sobald die Existenz von
Antisemitismus vergegenwärtigt werde (S. 241f.). Dies schlägt sich zum
Beispiel in einer "Ressentiment-Kommunikation ohne
Ressentiment-Geleitete" (S. 12f.) nieder, aber auch in einer
favorisierten thematischen Ausrichtung auf Antisemitismus-Vorwürfe (S.
193) bei gleichzeitiger Dethematisierung von Antisemitismus als solchem.
Es sind jedoch insbesondere Rancs Überlegungen zur Dynamik der
Entstehung von "Ressentimentlust-Gemeinschaften" (S. 246), die
unweigerlich an öffentliche Antisemitismus-Debatten in der
Bundesrepublik erinnern und die die Studie unbedingt lesenswert machen.

Anmerkungen:
[1] Vgl. Barbara Schäuble, Anders als Wir. Differenzkonstruktionen und
Alltagsantisemitismus unter Jugendlichen. Anregungen für die politische
Bildung, Berlin 2015; Tim Seidenschnur, Antisemitismus im Kontext.
Erkundungen in ethnisch heterogenen Jugendkulturen, Bielefeld 2013
[2] Ralf Bohnsack, Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in
Methodologie und Praxis qualitativer Forschung, Opladen 1999.
[3] Schäuble, Anders als Wir, S. 97ff.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Miriam Rürup <miriam.ruerup(a)gmx.de>

[Regionalforum-Saar] Tag des Offenen Denkmals morgen auch in St. Wendel

Date: 2017/09/10 00:16:08
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Abend,


vielfältig sind die Angebote übers Ländle verteilt für morgen am Tag des Offenen Denkmals, der unter dem Titel "Macht und Pracht" steht.

In St. Wendel hat sich die Bauhütte e.V. das Wappenensemble unter der Decke der Wendalinusbasilika vorgenommen. Nun ist die Kirche zwar kein geschlossenes Denkmal, aber die Wappen und anderen Bilder stehen normalerweise nicht wirklich im Mittelpunkt des Interesses.

Deshalb - wenn Sie morgen ... nee: heute mittag nichts anderes vorhaben, kommen Sie doch bei uns vorbei.

Die Kirche ist natürlich offen und von 13 bis 17 Uhr gibts Führungen jeweils zur vollen Stunde.

Im Cusanushaus gegenüber (Nordseite der Kirche) gibts Kaffee und Kuchen.

Und wem das noch nicht reicht, kann sich einen der zahlreichen Chöre anhören, die morgen die Stadt musikalisch unsicher machen.

Beide Veranstaltungen sind natürlich kostenfrei.


Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger


PS: Ich habe mir erlaubt, alle Objekte an der Decke, also nicht nur die Wappen, sondern auch die Menschen, Tiere und anderen Fabelwesen zu fotografieren und in einem 48-seitigen, vollfarbigen Büchlein in A4 zusammenzufassen. Gibts auch morgen in St. Wendel.

 

[Regionalforum-Saar] Von der Saar zum Ebro

Date: 2017/09/11 13:44:22
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

An die Leser des Regionalforums:

Am Donnerstag, 14.09.2017, 19.00 Uhr stellt in einer Veranstaltung der KVHS Neunkirchen Max Hewer sein Buch "Von der Saar zum Ebro" in Ottweiler vor. In den Mittelpunkt seiner Darstellungen rückt Hewer die Personen, die aus dem Raum Ottweiler stammen bzw. tätig waren. Es handelt sich dabei u.a. um

1. Frick, Hans

2. Jungblut, Willi

3. Marx, Ludwig

4. Pfordt, Wilhelm

5. Werner, Heinrich

Ort: Landratsamt, Martin-Luther-Straße 2, 66564 Ottweiler

Entgelt. € 5.00

Uhrzeit: 19.00-20.30

Um Anmeldung wird gebeten:

06824-9064218 und -4170

Telefax: 06824-9066121

www.landkreis-neunkirchen.de/Kvhs

kvhs(a)landkreis-neunkirchen.de


[Regionalforum-Saar] Von Grenzsteinen und Waldgrenzen

Date: 2017/09/13 10:27:53
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Von Grenzsteinen und Waldgrenzen


Thalexweiler Verein für Heimatgeschichte stellt wissenschaftliches Buch vor.


THALEXWEILER (red) Der Thalexweiler Verein für Heimatgeschichte lädt für Sonntag, 17. September, 16 Uhr, zur Buchvorstellung des Waldbuches „Grenzsteine und Grenzen der Schaumburger Wälder im 18. Jahrhundert“. 


Die wissenschaftliche Studie haben Maria und Thomas Besse zusammen mit Christof Kirsch erstellt. Seit Christi Geburt wurde der Wald in Deutschland sehr stark abgeholzt und drohte völlig zu verschwinden. Das hat man schon im Mittelalter erkannt und hat Verordnungen zu seinem Schutz erlassen. Die Wälder im Theeltal, das damals zum Herzogtum Lothringen gehörte, wurden vom Forstamt in Bouzonville verwaltet. Seit 1742 überwachten die Lothringer Geometer die Wälder, kartierten sie und markierten Schonungen. Das Holz durfte erst wieder nach vielen Jahren geschlagen werden.


Die Autoren haben die französischen Begehungs- und Vermes sungsprotokolle aus dem 18. Jahrhundert in den Archiven gefunden, verschriftet und übersetzt. Mit den Karten sind sie in die Wälder gegangen und haben nach den Grenzsteinen gesucht. Erstaunlich ist, dass sich der Zuschnitt der Gemeindewälder kaum verändert hat. Bei der Lokalprobe vor Ort wurden etliche historische Grenzsteine gefunden.
Das Buch ist beim Thalexweiler Verein für Heimatgeschichte für 19 Euro und als Broschüre für zehn Euro in der Lebacher Bücherei Anne Treib erhältlich.

[Regionalforum-Saar] Rezenszion: J. Brennan: Gegen Demokratie

Date: 2017/09/13 18:05:46
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

From:    Hedwig Richter <hedwig.richter(a)his-online.de>
Date:    14.09.2017
Subject: Rez. GA: J. Brennan: Gegen Demokratie
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Brennan, Jason: Gegen Demokratie. Warum wir die Politik nicht den Unvernünftigen überlassen dürfen. Berlin: Ullstein Verlag 2017. ISBN 9783550081569; EUR 24,00.
 
Rezensiert für Soziopolis und H-Soz-Kult von:
Hedwig Richter, Forschungsgruppe Demokratie und Staatlichkeit, Hamburger Institut für Sozialforschung, E-Mail: <hedwig.richter(a)his-online.de>
 
Gehört Politik zu den Heilsnotwendigkeiten? Diese Frage führt zum Kern des Problems. Für alle rechtschaffenen Bürgerinnen und Bürger stellt sie sich in der Regel nicht, denn selbstverständlich ist Politik für sie
Bestandteil eines guten Lebens. Mögen sie verächtlich die Lippen über den Parteienbetrieb kräuseln oder die Unzulänglichkeiten des kapitalistischen Systems beklagen, so gehen sie doch wählen, spenden für amnesty international und diskutieren mit Hannah Arendt im Herzen über Trump, den Freihandel und natürlich die soziale Ungleichheit. Wie Untersuchungen zeigen: Je bürgerlicher und gebildeter, desto politischer. Hier nun setzt die Klage vieler Zeitgenossinnen und kluger Demokratieforscher an: Unser System sorge für die Exklusion der unteren Schichten aus dem politischen Spiel. Denn je ärmer die Menschen sind, desto eher bleiben sie der Wahlurne fern.[1]
 
Der amerikanische Politikwissenschaftler und Philosoph Jason Brennan fügt in seiner schmissigen Streitschrift "Gegen Demokratie" dieser geläufigen Relation von Armut und Wahlenthaltung eine weitere hinzu: Die Wahrscheinlichkeit der Partizipationsabstinenz wachse mit der Unwissenheit. Und er stellt in diesem Buch die Frage, welchen Sinn es hat, wenn Menschen ohne Interesse und ohne Wissen Entscheidungen über das Gemeinwohl fällen. Seiner Meinung nach sollten eigentlich noch mehr Menschen von den Wahlen ferngehalten werden.
 
Und so fordert Brennan die Abschaffung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts. Das Postulat erscheint zunächst schlicht absurd. Doch lassen sich die Bedenken des Politikwissenschaftlers nicht so einfach in den Wind schlagen. Denn die Ignoranz des Volkes ist beachtlich - und diese Tatsache steht im Zentrum von Jason Brennans Argument. Er zieht die zahlreichen Studien der letzten Jahrzehnte heran, um davon umfassend Rechenschaft abzulegen. Im Jahr 1964, als die Kubakrise gerade überstanden war, wusste eine Mehrheit der US-Bürgerinnen und -Bürger nicht, dass die Sowjetunion kein Mitglied der NATO ist. Über entscheidende Themen wie den Staatshaushalt oder die Krankenversicherung besitzt nur eine Minderheit gewisse Kenntnisse.
 
In diesem Meer der Ahnungslosigkeit werden die Wähler von den Nichtwählern bei Weitem getoppt. Wer nun klagt, Unwissenheit und materielle Armut seien beides Folgen der generellen Ungerechtigkeit, der rennt bei Brennan offene Türen ein. Allerdings hält der Autor die Unwissenheit lediglich für ein Symptom der Ungerechtigkeit, die an ihren Wurzeln bekämpft werden müsse. Dazu seien Maßnahmen einer Regierung und das Wahlrecht hingegen ungeeignet. Deshalb schlägt Brennan in seinem Buch eine andere Lösung vor: Er plädiert für die Herrschaft der Wissenden. Nur wer einen Wissenstest besteht, soll wählen dürfen. Dabei zielt er keineswegs auf die Etablierung einer Expertokratie, sondern vielmehr auf eine Wählerschaft, die ein gewisses Interesse an Politik und Bildung mitbringt. Wie der Test im Einzelnen aussehen solle, darüber könne das Parlament beraten oder das Wahlvolk abstimmen. Brennan erwägt auch ein Hybridsystem, in dem das universelle Wahlrecht kombiniert wird mit einem epistokratischen Veto (also dem Veto der Wissenden).
 
Jason Brennans Thesen zeigen einmal mehr die Nützlichkeit historischen Wissens für demokratietheoretische Fragen. Ein Blick über den Horizont der letzten Jahrzehnte hinaus kann Probleme in ein neues Licht rücken und Empörungsbereitschaften sowie deren diskursive Weiterverarbeitung abmildern. Vor allem drei Punkte fallen dabei ins Auge:
 
1) Brennans Sorgen, Kritik und Lösungsvorschläge sind so alt wie das Massenwahlrecht. Dazu gehört das verblüffende Desinteresse des Wahlvolkes an Politik seit dem Ende des 18. Jahrhundert, also seit es Wahlen mit dem Anspruch auf Allgemeinheit gibt. Die Vermutung Brennans, ein Großteil des Wahlvolkes würde es gar nicht bemerken, wenn man ihm das Wahlrecht entzöge, hegten französische Beamte schon 1813 nach einer Wahlbeteiligung von fünf Prozent. Doch obwohl das allgemeine Wahlrecht häufig von oben forciert wurde und die Obrigkeit das Volk fast immer zur Wahlbeteiligung drängte und nötigte, gab es zugleich die Sorge vor der Überwältigung durch Volksmehrheiten.
 
Das begann mit Thomas Jefferson: "An elective Despotism was not the government we fought for".[2] Die Sorge blieb den USA erhalten. In den Jahren nach dem amerikanischen Bürgerkrieg forderten Intellektuelle und Geldeliten ein Ende des universal suffrage. Und tatsächlich setzten die USA damals Jason Brennans Forderung um: Sie schafften das allgemeine Wahlrecht ab. Zahlreiche Regelungen und Gesetze sorgten um 1900 dafür, dass Afroamerikaner wieder weitgehend von den Wahlen ausgeschlossen waren. Zudem installierten viele Bundesstaaten in der Folge Wissenstests für Wähler, die vor allem die ungebildeten Immigranten ausschließen sollten. Es ist daher wenig erstaunlich, dass in den USA um 1900 ein Wahlrecht diskutiert wurde, das in Belgien, Großbritannien und in gewisser Weise auch in Preußen Geltung hatte: ein Pluralwahlrecht, bei dem zwar jeder wählen darf, aber die Stimmen unterschiedlich gewichtet werden. Auch diese Möglichkeit findet sich unter den Lösungsvorschlägen, die Jason Brennan unterbreitet.
 
Warum sind diese historischen Details relevant? Erstens um die Erregung zu dämpfen. Wer behauptet, die aktuelle Demokratiekritik sei Symptom einer ganz außerordentlichen Krise, der täuscht sich. Krise und Demokratie gehen vielmehr Hand in Hand. Demokratie sei im Grunde die offene Debatte über die Bedeutung von "Demokratie", so der Politikwissenschaftler Michael Saward. Es gab keine goldene Zeit der Demokratie von der manche Postdemokraten träumen und die wir lediglich wieder herstellen müssten - auch nicht in den vermeintlichen Trente Glorieuse nach 1945, als etwa Frauen aus dem öffentlichen Diskurs noch weitgehend ausgeschlossen waren. Zweitens zeigt die Geschichte, dass sich die Befürworter eines eingeschränkten oder ungleichen Wahlrechts auf Dauer nicht durchsetzen konnten - und das mit guten Gründen: Die aufklärerischen Versprechen der Moderne - von Gleichheit, Freiheit und Autonomie - können nicht aus dem Herzen des Staates exzidiert werden.
 
2) Linke Kritiker der aktuellen liberalen Demokratien halten Brennans Argument entgegen, dass politische Bildung mit der Wahlpraxis wachse. Doch die chronische Ahnungslosigkeit des Wahlvolkes spricht eher gegen einen Erziehungseffekt. Im Jahr 1868 wussten in den USA bei einer Befragung von über 1.000 Wählern knapp 20 Prozent nicht einmal, wen sie gewählt hatten. Und wie die von Brennan zitierten jüngeren Studien zeigen, hat sich das nicht wesentlich verbessert. Warum also sollten wir unser Wohlbefinden einer Mehrheit von Ignoranten aussetzen? Besonders stark ist auch Brennans Argument, dass Wahlrecht und Politik die Bürgerinnen und Bürger nicht etwa zu einer deliberativen Demokratie ermutigen und ertüchtigen würden. Er zeigt vielmehr auf, wie stark das Urteil von Zeitgenossen ungerecht und unsachgemäß gefällt wird, sobald politische Haltungen mit ins Spiel kommen: So entscheiden sich beispielsweise Probanden, die unter Bewerbern auswählen müssen, klar gegen die besser qualifizierte Person, wenn diese mit der gegnerischen Partei liiert wird.
 
Ernüchternd ist schließlich das Ergebnis jener von Brennan zitierten Studien, die die Effekte einer Wahlpflicht untersuchen: Diese ändert praktisch nichts, weder am Wissen der Wähler noch am Wahlergebnis.
 
3) Das letzte historische Argument ist freilich das schlagende: Das Problem der Gegner von liberalen Demokratien - egal ob sie für mehr oder weniger Partizipation sind - liegt in der anhaltenden Effektivität und Attraktivität von Demokratie. Dazu trägt wohl ganz wesentlich bei, dass moderne Demokratien noch nie als Ausdruck des ungeschmälerten Volkswillens funktionierten. Seit dem Anbruch der Moderne stand die Frage im Raum, wie sich die "Tyrannei der Mehrheit" (so Tocqueville) einschränken lasse. Dass der Mehrheitsentscheid logisch aus dem Gleichheitsversprechen folgte, galt als Prämisse. Aber er musste gezähmt werden. Und darin waren die Verfassungsväter und später auch die Verfassungsmütter überaus kreativ: die zweite Kammer, die Verfassungen, der Rechtsstaat, ein Oberstes Gericht, die Gewaltenteilung, zuweilen eine Monarchie, eine potente Bürokratie und nicht zuletzt die Repräsentativität - sie alle schränken die Mehrheit des Wahlvolks gravierend ein. Brennans Einwand - vermutlich wird alles gut, wenn wir die Unwissenden aus dem politischen Spiel lassen - würde nur dann ziehen, wenn wir tatsächlich das Wohl und Wehe sowie alle kniffligen Fragen beständig einem Volksentscheid aussetzen würden.
 
Das schier Unmögliche einer Kombination von kluger Regierung und Volksherrschaft aber wird durch eine der großartigsten Erfindungen der Moderne vollbracht - den Wahlakt. So eingeschränkt der Volkswille ist, so trifft er am Wahltag dennoch maßgebliche Entscheidungen. Der Wahlakt - eine Gleichheit, Freiheit und Autonomie vereinigende Performanz - nimmt die überbeschäftigten, häufig desinteressierten und desinformierten Wählerinnen und Wähler nur wenige Minuten in Anspruch. Und er dämpft die Bedeutung des Wissens, weil die Parteien mit den zur Abstimmung gebrachten Programmen und Personalentscheidungen extrem komplexitätsreduzierend wirken. Diese Zusammenhänge übersieht Brennan.
 
Ist es vielleicht doch okay, wenn sich ein Großteil des Volks nicht für Politik interessiert? Hatte der amerikanische Gründungsvater John Adams recht, als er 1780 an seine Ehefrau Abigail schrieb: "I must study Politicks and War that my sons may have liberty to study Mathematicks and Philosophy. My sons ought to study Mathematicks and Philosophy, Geography, natural History, Naval Architecture, navigation, Commerce and Agriculture, in order to give their Children a right to study Painting, Poetry, Musick, Architecture, Statuary, Tapestry and Porcelaine."[3] Vielleicht täuschte er sich aber auch. Als seine Ehefrau ihn an die politischen Frauenrechte erinnerte, winkte er nur ab. Womöglich unterschätzte er die Kraft der Politik und ihren Vergnügungsfaktor - zumindest für das gebildete Bürgertum? Denn - und das ist noch eine historische Einsicht im Postskriptum - Demokratie war eben immer auch ganz wesentlich eine Sache des Bürgertums, der Schriftlichkeit, der Argumentation, der Bildung, der Abstraktion. Daran änderte auch das universal suffrage nichts.
 
 
Anmerkungen:
[1] Dirk Jörke, "I prefer not to vote, oder vom Sinn und Unsinn des
Wählens in der Postdemokratie", in: Hedwig Richter / Hubertus Buchstein
(Hrsg.), Kultur und Praxis der Wahlen. Eine Geschichte der modernen
Demokratie, Wiesbaden 2017, S. 101-119; Armin Schäfer, Der Verlust
politischer Gleichheit. Warum die sinkende Wahlbeteiligung der
Demokratie schadet, Frankfurt am Main 2015.
[2] Thomas Jefferson, Notes on the State of Virginia, Art. 13, 1781.
[3] John Adams an Abigail Adams, 12. Mai 1780, online unter:
https://founders.archives.gov/documents/Adams/04-03-02-0258 (abgerufen
8.8.2017).
 
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Hallo, 
ich konnte es nicht lassen, ich mußte dem Rezensenten eine Email schreiben: 



Sehr geehrter Herr Richter,

 

Sie schreiben in Ihrer o.a. Rezension:

 

"Das schier Unmögliche einer Kombination von kluger Regierung und Volksherrschaft aber wird durch eine der großartigsten Erfindungen der Moderne vollbracht - den Wahlakt (ff)."

 

Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen da zustimmen kann. Denn durch den Wahlakt selbst trifft ja die "dumme Bevölkerung" eine Entscheidung, die sie eigentlich nicht begreift. Denn sie macht ihren Haken nicht, weil sie sich mit den Zielen, Versprechungen, Tendenzen der Partei auseinandersetzt, die sie gerade gewählt hat.

 

Bei uns im Saarland gab es 2005 zahlreiche Gedenkveranstaltungen zur Zweiten Saarabstimmung 1955. Eine fand in meiner Heimatstadt statt.

 

Es war klar, daß es bei dieser Gedenkveranstaltung hoch her gehen würde, weil von beiden Parteien - den Ja- wie den Neinsagern - noch genug am Leben waren und teilnahmen. Ich hatte mir eine Kopie eines Wahlzettels aus dem Internet gezogen. Dann zeigte ich das Blatt einem Nein-Sager (der den Saarstaat abgelehnt hatte, aber der Meinung war, er habe damals für Deutschland gestimmt).

Ja, das sei der Wahlschein. Ich fragte, wo auf dem Zettel der Haken für Deutschland einzutragen gewesen sei. Er stutzte und meinte, dann sei das doch ein anderer Zettel gewesen.

Dabei war das der richtige Wahlzettel, aber der Anschluß an Deutschland stand überhaupt nicht zur Debatte. Er wurde viel später am grünen Tisch vereinbart - ohne vorherige Abstimmung.

 

Noch nach 50 Jahren wußte der Wähler nicht, über was damals abgestimmt wurde. Er hat damals für etwas abgestimmt, was nicht zur Wahl stand.

 

Der Wähler hat eine maßgebliche Entscheidung getroffen; Zeitaufwand: Hin- und Rückweg zum Wahlkabine, Haken machen und einwerfen, 1 Stunde in der Kneipe anschließend.

Aber wurde damit die Bedeutung des Unwissens gedämpft?

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger"


[Regionalforum-Saar] Triumph ohne Sieg? Roms Ende in Germanien

Date: 2017/09/18 10:22:40
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Aßkamp, Rudolf; Jansen, Kai (Hrsg.): Triumph ohne Sieg? Roms Ende in
Germanien (= Zaberns Bildbände zur Archäologie. Sonderbände der Antiken
Welt). Darmstadt: Philipp von Zabern Verlag 2017. ISBN
978-3-8053-5065-5; 168 S.; EUR 39,95.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_27809.pdf>

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Klaus-Peter Johne, Institut für Geschichtswissenschaften,
Humboldt-Universität zu Berlin 
E-mail: <petra.eschke(a)geschichte.hu-berlin.de>

Nachdem der 2000. Jahrestag der Schlacht im Teutoburger Wald mit drei
großen Ausstellungen und einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen
gewürdigt worden ist, überrascht es nicht, dass der Triumph des
Germanicus am 26. Mai 17 n.Chr. den Anlass für eine Ausstellung bietet,
dieses Mal im Römermuseum Haltern am See. Den prächtig ausgestatteten
Begleitband durchzublättern ist eine wirkliche Freude, da alle
einschlägigen Bildzeugnisse zu den Themen "Triumph" und "Römische
Expansion nach Germanien" in vollendet höchster Qualität präsentiert
werden.

Die mit großem Aufwand betriebene Siegesfeier des Germanicus markiert
das Ende einer 30-jährigen Offensivpolitik mit dem Ziel, das Imperium
vom Rhein bis an die Elbe auszudehnen. Dieses Ziel wurde bekanntlich
nicht erreicht, daher war es ein Triumph ohne einen wirklichen Sieg.
Nicht glücklich gewählt ist der Untertitel des Bandes: Gemeint ist nur
das Ende der römischen Herrschaft über die Stämme im Innern Germaniens.
Das Rheinland und Teile Süddeutschlands verblieben ja noch lange in
römischem Besitz. Dort wurden am Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. die
Provinzen Unter- und Obergermanien gegründet. Tatsächlich ist die
Bezeichnung "Roms Ende in Germanien" erst für das 4. und 5. Jahrhundert
zutreffend.

Die zwölf Beiträge des Sammelbandes behandeln drei recht
unterschiedliche Themenkomplexe: Fünf widmen sich dem eigentlichen
Anlass und seinem Umfeld, vier erörtern den Triumph im Allgemeinen und
drei beschäftigen sich mit dem Leben im römischen Deutschland. Die
Ausführungen des letzten Bereiches über Thermen, Märkte und Tempel
(Patrick Jung), über privaten Luxus an Rhein und Mosel (Friederike
Naumann-Steckner) sowie über Versorgung und Infrastruktur (Kathrin
Jaschke) sind zweifellos aufschlussreich, hätten aber auch in jeden
Sammelband über römische Provinzen gepasst.

Die Aufsätze zum Triumph erörtern die Triumphalkunst, die Strecke des
Triumphzuges durch die Stadt Rom sowie Gewand und Insignien des
Triumphators. Bei der Vorstellung der Triumphalkunst stehen
Darstellungen der Siegesgöttin Victoria im Vordergrund (Ralf Grüßinger).
Sehr interessant ist die Rekonstruktion der Triumphroute, bei der den
beiden Ehrenbögen für Germanicus besondere Aufmerksamkeit zuteil wird
(Sven Th. Schipporeit). Um Realität und ikonographisches Narrativ des
Triumphzuges geht es in einem weiteren Beitrag (Thomas Schäfer).
Behandelt werden Elemente bekannter Siegesfeiern aus den Jahren 167, 61
und 29 v.Chr. sowie 70 n.Chr. Die Betrachtung von Gewand und Insignien
des Triumphators nimmt ihren Ausgangspunkt vom Jahre 17, greift aber bis
zu Marius zurück und bis zu Septimius Severus voraus (Jan Meister).
Interessant in diesem Aufsatz ist die Vergabe von Triumphalinsignien an
Feldherren statt eines Triumphes, nachdem Augustus diese Form der
Siegerehrung für Angehörige des Kaiserhauses reserviert hatte.

Die Sicht auf Germanicus und die Feldzüge der augusteischen Zeit erfolgt
aus historischem wie aus archäologischem Blickwinkel. Den Auftakt zu
diesem Teil bildet ein souveräner Überblick über das Geschehen von 16
v.Chr. bis 16 n.Chr. unter besonderer Berücksichtigung der
Familienpolitik des ersten Princeps (Werner Eck). Es folgt eine
Behandlung der inzwischen reichhaltigen archäologischen Überlieferung,
wie sie in den Militärlagern der Römer an Rhein, Lippe, Main und Werra
mit zahlreichen Waffen, Gebrauchsgegenständen und Münzen zu finden ist
(Bernd Rudnick). Die römische Flottenexpedition an die dänische
Nordseeküste wird mit einem Zusammentreffen des Heeres von Tiberius an
der Elbe im Jahre 5 n.Chr. verbunden (S. 89). Das ist jedoch höchst
unwahrscheinlich. Diese Flotte diente doch der Versorgung des Landheeres
mit einer Fülle von Nachschub, was sich mit einer Erkundungsfahrt in
unbekannte Gewässer kaum vereinbaren lässt. Die Expedition zum Kap
Skagen gehört wahrscheinlich schon in das Jahr 4 n.Chr.[1]

Die Feldzüge des Germanicus in den Jahren 10 bis 16 sind das Thema eines
weiteren althistorischen Beitrags (Peter Kehne). Darin spricht sich der
Autor, wie auch schon früher, gegen Kalkriese als den Ort der
Varusschlacht aus und billigt die Vermutung von Reinhard Wolters, es
handele sich vielmehr um das Schlachtfeld an den "Langen Brücken" aus
dem Jahre 15 (S. 99). In dem kürzesten Beitrag des Bandes werden alle
Argumente zusammengetragen, die für eine Gleichsetzung des aus der
Literatur bekannten Kastells Aliso mit dem archäologisch gut bezeugten
Legionslager Haltern sprechen (Rudolf Aßkamp).

Der letzte Aufsatz geht der hypothetischen Annahme nach, was denn die
Folgen eines Sieges des Germanicus und der Gründung einer römischen
Provinz zwischen Rhein und Elbe gewesen wären (Wilm Brepohl). Er kommt
zu der zutreffenden Annahme, dass auch dieses Szenario nichts an dem
weiteren Verlauf der Geschichte und am Untergang des Weströmischen
Reiches geändert hätte (S. 149). Der Autor macht dafür den inneren
Zerfall vorrangig verantwortlich. Aber auch wenn man den äußeren
Faktoren ein größeres Gewicht zugesteht, ist offenkundig, dass
entscheidende Kräfte der Völkerwanderungszeit, die Goten, Vandalen,
Burgunder und Langobarden, außerhalb einer Elbgrenze des Imperiums
gelebt hätten, mithin nur eine Verlagerung des Grenzproblems erfolgt
wäre. Mit diesem anregenden Essay schließt der unter verschiedenen
Aspekten sehr informative Band.


Anmerkung:
[1] Dazu Klaus-Peter Johne, Die Römer an der Elbe. Das Stromgebiet der
Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der
griechisch-römischen Antike, Berlin 2006, S. 141-144.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de>

[Regionalforum-Saar] Eine einfache Anfrage

Date: 2017/09/19 10:04:40
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

da meldet sich ein Amerikaner mit folgender Anfrage:

 

„Hallo, mein Vorfahre war XY, geboren 1871 in „Oberkirchen, Sankt Wendel, Saarland, Germany“. Seine Geschwister waren (er zählt alle 10 auf). Ich glaube, alle wurden in der Basilika in St. Wendel getauft. Die Namen der Eltern waren X und Y. Der Vater wurde vermutlich am 15. Februar 1821 in „Rheinland, Germany“ geboren, seine Ehefrau im Mai 1826 in Oberkirchen. Sie heirateten vermutlich in „St. Wendleuis Catholic Church in Uhewiler, Rhyneland“ um 1850“.

 

Das sind jede Menge Angaben, und das macht das Nachschauen auch einfach, wenn man weiß, wo und wie man suchen muß. Und was vermutlich wo und wie zu finden ist.

 

Denn das ist bei uns hier oben etwas kompliziert. Tatsächlich wurde das Kind in Urweiler geboren; aber der Ort wurde im Amt Oberkirchen verwaltet, wobei das Verwaltungsgebäude in St. Wendel stand.

Heute liegen die Akten in Hofeld, wo das Bürgermeisteramt der Gemeinde Namborn steht.


Ist doch eigentlich ganz einfach.

 

Der Vater wird „abwesend“ genannt, die Mutter war schon 44.

 

Na, das ist komisch; das Kind steht in dem „Familienbuch“ von Rudolf Gerber (Geburten und Taufen von 1800 bis 1880 in St. Wendel) nicht drin, aber alle seine zehn Geschwister.

 

Warum es beim Gerber stehen müßte?

 

Weil Urweiler zur Pfarrei St. Wendel gehört und demnach auch hier eingetragen ist. Gerber hat eines Teils die Taufen von St. Wendelin und die Geburten von St. Wendel vermerkt. Furchtbares Gemisch.

 

Warum einfach, wenn es kompliziert geht.

 

Viel Glück bei Euren Forschungen.

 

Roland Geiger, St. Wendel.

[Regionalforum-Saar] „Vertiefende Familienforsc hung“ im November auf Schloß Dhaun

Date: 2017/09/20 09:01:49
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Seminar „Vertiefende Familienforschung“

11. und 12. November 2017

Schloß Dhaun (nicht weit von Kirn an der Nahe)

 

 

Samstag, 11. November 2017

 

09.00        Begrüßung

 

10.00       

Helmut Priewer

Der Ausbruch des Tambora 1815 und die Auswirkungen auf die Neuwieder Region im Spiegel der Kirchenbücher

 

11.00

Rolf Born

Löhne und Preise 1600-1900; unsere Vorfahren und ihr Geld

 

12.00        Mittagessen

 

13.30

Dr. Monica Sinderhauf

Bistumsarchiv Trier

(seine Bestände und die Bedingungen, wie dort gearbeitet werden kann)

 

14.30       

Dierk Loyal

Waldes

(setzt unsere Reihe über Religionsgemeinschaften fort. 2016: die Hugenotten)

 

15.30        Kaffee

 

16.00

Dierk Loyal

Calvin

 

17.00

Madlen Sell

Amerikanische Verhältnisse

(über einen jungen Mann aus Saarbrücken, der in den 1890ern in der Schule mit einem Revolver um sich schoß und als geisteskrank diagnostiziert wurde. Ein Vortrag unter Verwendung historischer Krankenakten)

 

18.00        Abendessen

 

19.00

Hans-Joachim Kühn

Der Dreißigjährige Krieg

 

Sonntag, 12. November 2017

 

10.00

Hans-Joachim Kühn

Paläographische Übungen

 

11.00

Roland Geiger      

Besuch eines arabischen Prinzen 1769

(In der Kirchenrechnung des Jahres taucht ein Betrüger auf)

 

---------------

 

Schloß Dhaun bei Kirn - Seminar „Vertiefende Familienforschung“

 

Ort und Zeit der Veranstaltung:

11. ganztägig und 12. November 2017 morgens

 

Preis:

150 Euro Ü/Frühstück. + Mittag und Abendessen am Samstag

165 Euro dto plus Mittag am Sonntag

120 Euro ohne Übernachtung

(bitte bei Anmeldung angeben)

 

bei Anreise am Freitag: plus 45 Euro für Ü/Fr.

 

Kontakt:

 

Schlossakademie Schloß Dhaun,

55606 Hochstetten-Dhaun,

Tel. 06752/93840,

Email: info(a)schlossdhaun.de

 

oder

 

Roland Geiger

Alsfassener Straße 17

66606 St. Wendel

Email: alsfassen(a)web.de

www.hfrg.de

 

 

[Regionalforum-Saar] Wilhelm II. Archäologie und Politik um 1900

Date: 2017/09/25 09:26:50
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Rez. AG: T. Beigel (Hrsg.): Wilhelm II.: Archäologie und
         Politik um 1900
------------------------------------------------------------------------

Beigel, Thorsten; Mangold-Will, Sabine (Hrsg.): Wilhelm II. Archäologie
und Politik um 1900. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2017. ISBN
978-3-515-11557-5; 140 S.; EUR 39,00.

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Matthias Willing, Marburg
E-Mail: <matthias.willing(a)t-online.de>

Die Beurteilung des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm II. (1859-1941),
blieb unter Zeitgenossen wie Historikern gleichermaßen umstritten. Einer
traditionellen aristokratischen Grundhaltung stand ein ausgeprägtes
Faible für die Modernität des Industriezeitalters gegenüber.
Unberechenbar, schillernd, sprunghaft, impulsiv und narzisstisch sind
einige Adjektive, mit denen man versucht hat, sein widersprüchliches
Wesen zu erfassen. Der egozentrische Charakter des Monarchen zeigte sich
auch in seiner Vorliebe für Phantasie-Uniformen oder in der Verwendung
des Akronyms "Hidekk", einer Verschlüsselung für "Hauptsache ist, die
Engländer kriegen Keile".

Der vorliegende Sammelband enthält acht kleinere Beiträge, die aus der
Feder von insgesamt neun Autorinnen und Autoren verschiedener
Disziplinen stammen und mehrheitlich aus einer Tagung im Jahr 2012
hervorgegangen sind. Dabei dominiert die
politikwissenschaftlich-zeithistorische Ausrichtung, während die
Vertreter der Antikeforschung deutlich schwächer repräsentiert sind. Wie
die Herausgeber Thorsten Beigel und Sabine Mangold-Will in ihrer
Einleitung formulieren, verfolgt die Publikation das Ziel, das
breitgefächerte archäologische Engagement Wilhelms II. nicht als bloße
Marotte abzutun. Vielmehr steht das Desiderat von Ausgrabungsdisziplin
und Herrscher im Mittelpunkt, "es sollen aber auch Forscher,
Institutionen und konkrete Grabungsprojekte behandelt werden" (S. 12).

Den Auftakt macht ein stark geraffter Überblick von Suzanne Marchand
über die deutsche Archäologie in der Wilhelminischen Ära. Als primäre
Absicht wird den Repräsentanten der "Spatenwissenschaft" ein vom Kaiser
unterstütztes offensives Vorgehen attestiert, das das Ziel verfolgt
habe, "to give German scholarship and museums greater prestige, and make
Germany a more powerful player in the world beyond Europe" (S. 18).
Matthias Steinbach skizziert anschließend das Verhältnis des
Hohenzollern zu den Gelehrten von der Kasseler Gymnasialzeit über die
Gründung der "Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft" bis zum Exil, wobei die
Bedeutung seines "Lieblingsarchäologen" Wilhelm Dörpfeld (S. 30 u. 33)
und des Ethnologen Leo Frobenius hervorgehoben wird.

Der zentrale Teil des Buches widmet sich der bereits recht gut
erforschten kaiserlichen Orientreise von 1898. Dieter Vieweger, Julia
Serr und Marcel Serr gehen auf den Palästina-Besuch ein, der die
deutsch-osmanischen Beziehungen stärken und mit dem Bau der
Erlöserkirche in Jerusalem ein dauerhaftes Zeichen deutscher Präsenz in
der Levante schaffen sollte. Zudem sei es durch den Erwerb von
Grabungslizenzen für Baalbek und Babylon gelungen, "einen gewaltigen
Schub" für die Archäologie zu erzielen (S. 51). Den Effekt mit der
größten Nachhaltigkeit sehen die Autoren jedoch in der Gründung des
"Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaften des
Heiligen Landes" (DEI). Deutliche Reminiszenzen an den Stauferkaiser
Friedrich II., den legendären Sultan Saladin und die Kreuzzüge arbeitet
Mangold-Will in ihren Ausführungen zur Nahost-Visite heraus. Wilhelm II.
habe die Vorstellung einer chronologischen und geographischen Abfolge
von den Sumerern des Zweistromlandes über Vorderasien, Griechenland,
Ägypten und Rom nach Preußen als Vollendung dieser Evolution besessen.
Die Archäologie habe bei dieser "doppelten Translatio" eine überragende
Rolle gespielt, um die eigene Regentschaft wissenschaftlich abzusichern
(S. 64).

Die Ausgrabungen in Baalbek, dem antiken Heliopolis, erörtert der
Klassische Archäologe Lars Petersen. Er unterstreicht die monumentale
Faszination der Ruinenstadt, die "hervorragend in die imperiale
Vorstellungswelt des deutschen Kaisers" passte, da er hier seine Ideen
"von Herrschaft und Religion verbinden konnte" (S. 74). Seiner
romantischen Ader folgend, ließ Wilhelm bei seinem Besuch das Zeltlager
in den historischen Trümmern aufschlagen. Trotz starker finanzieller
Förderung konnte die Publikation der Forschungsergebnisse jedoch erst
rund 20 Jahre nach Abschluss der Grabungen erfolgen. Dennoch habe die
deutsche Baalbek-Expedition von 1898 bis 1905 wegen der Zusammenarbeit
von Archäologen, Bauforschern, Historikern und Geographen sowie der
Dokumentation mit der neuartigen Photogrammetrie bis in unsere Zeit
Maßstäbe gesetzt.

Zwischen Wilhelm II. und der 1911 gefundenen, in Stein gebannten Gorgo
des Artemistempels auf Korfu bildete sich eine besondere Verbindung
heraus, die Beigel nachzeichnet. Jahrzehntelang stand der Monarch im
Bann dieser Entdeckung, publizierte mehrere Abhandlungen zu dem Thema
und bezeichnete sich sogar selbstironisch als "Gorgologe" (S. 87). Im
Exil interpretierte er das Relief als wesentliches Indiz für eine in
antiken Zeiten existierende Brücke des Austausches von Asien nach
Europa. Unter dem Einfluss der Kulturmorphologie stellte er nach der
Meinung des Wuppertaler Althistorikers eine Analogie zur Gegenwart fest
und sah einen Gegensatz zwischen "orientalischen" Deutschen einerseits
und "okzidentalen" Franzosen sowie Engländern andererseits.

Die niederländische Lebensphase nach der erzwungenen Abdankung des
Hohenzollern sowie die Person des erwähnten Ethnologen Frobenius bilden
auch den Fluchtpunkt für Christoph J. Franzens Ausführungen über die
"Doorner Arbeitsgemeinschaft" (D.A.G.). In der D.A.G., später als
Akademie bezeichnet, versammelte sich ein heterogen zusammengesetzter
Zirkel von Professoren unter dem Patronat des selbsternannten
Gorgo-Experten. Aus den Reihen der Altertumswissenschaftler und
Orientalisten waren unter anderem Walter F. Otto, Karl Reinhardt, Carel
W. Vollgraff, Franz Böhl und Julius Jordan vertreten, wobei die
"Dioskuren" Franz Altheim und Karl Kerényi stellvertretend für ganz
unterschiedliche Biografien stehen können.[1] Während die angesehenen,
aber meist nonkonformistischen Gelehrten darauf hofften, von der Nähe
zum Akademie-Chef zu profitieren, suchte Wilhelm die Anerkennung durch
die Fachwelt; so formulierte er in einem Brief an Frobenius am 21.
Dezember 1924 überspitzt: "Da wird ein Dilettant stolz wie ein Pfau!"
(S. 116).

In einer "Schlussbetrachtung" stellt die Neuzeithistorikerin
Mangold-Will nochmals die Bedeutung der Ausgrabungsdisziplin für Wilhelm
II. als moderne Wissenschaft im Dienste der Herrschaftslegitimation
heraus. Weder könne man von einer systematischen Archäologie-Politik des
Kaisers sprechen, noch sei seine Orientbegeisterung im Europa des
imperialen Zeitalters auf merkliche Gegenliebe gestoßen, sondern habe
provozierend gewirkt. Ein knappes Dutzend Abbildungen, ein Autoren- und
Personenregister sowie ein Literaturverzeichnis komplettieren das Werk.

Die Aufsatzsammlung betont die Implikationen von politischen Erwägungen
und Wilhelms Enthusiasmus für die Archäologie. Angesichts der relativ
kurzen Beiträge wirkt es allerdings wenig gelungen, dass es zu
thematischen Überschneidungen bis zu wortgleichen Zitaten kommt (vgl. S.
33 u. 95). Weiterhin führt die Konzentration auf die Orientreise von
1898 zur Vernachlässigung anderer Bereiche. Ausgeblendet werden
beispielsweise die Aktivitäten zur Rekonstruktion des Saalburg-Kastells
nebst seiner propagandistischen Inszenierung.[2] Staatlich unterstützte
Grabungskampagnen in Assur, Milet, Priene, Pergamon oder Didyma werden
ebenso vernachlässigt wie die institutionelle Förderung durch den Homer-
und Schliemann-Verehrer. Man denke an die Gründung der
Römisch-Germanischen Kommission (RGK) in Frankfurt am Main am 1. Oktober
1902 oder die Lancierung von Altertümer-Sammlungen in den Berliner
Museen. Als Schnittstelle von Monarch und Fachwissenschaft ziehen
namhafte Vertreter der "Zunft" die Aufmerksamkeit auf sich, auf die nur
am Rande eingegangen wird. Stellvertretend kann auf Wilhelms Kasseler
"Leidensgenossen", Theodor Wiegand, verwiesen werden, in dessen Gestalt
sich wie in einem Brennglas persönliche Beziehungen, Feldforschung,
staatliche Repräsentationspolitik und Kontinuitätsproblematik
bündeln.[3] Daher besteht das eingangs festgestellte Desiderat von
Kaiser und Archäologie im Deutschen Reich fort.

Anmerkungen:
[1] Vgl. Volker Losemann, Die "Krise der Alten Welt" und der Gegenwart.
Franz Altheim und Karl Kerényi im Dialog, in: Peter Kneissl / Volker
Losemann (Hrsg.), Imperium Romanum. Studien zur Geschichte und
Rezeption. Festschrift für Karl Christ zum 75. Geburtstag, Stuttgart
1998, S. 492-518.
[2] Vgl. Egon Schallmayer (Hrsg.), Hundert Jahre Saalburg. Vom römischen
Grenzposten zum europäischen Museum, Mainz 1997.
[3] Vgl. Johannes Althoff / Frederick Jagust / Stefan Altekamp, Theodor
Wiegand (1864-1936), in: Gunnar Brands / Martin Maischberger (Hrsg.),
Lebensbilder. Klassische Archäologen und der Nationalsozialismus, Bd. 2,
Rahden in Westfalen 2016, S. 1-37.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Udo Hartmann <hartmannu(a)geschichte.hu-berlin.de>

[Regionalforum-Saar] Suche nach einem Porträt

Date: 2017/09/26 17:51:35
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

An die Leser des Regionalforums

Für das Landkreis-Neunkirchen-Buch suche ich ein Foto/Porträt des ehemaligen Landrates Dr. Johannes Dierkes (!951-1965). Da selbst im LA Saarbrücken kein Foto in den Personalakten zu finden ist, bitte ich über das Regionalforum um ein Porträt des ehemaligen Landrates. Sollte jemand ein Foto besitzen, möge er es mit bitte per scan zukommen lassen mit dem entsprechenden Besitzvermerk.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)

[Regionalforum-Saar] Leben mit 'kranckhait'. Der gebrechliche Körper in der häuslichen Überliefer ung des 15. und 16. Jahrhunderts

Date: 2017/09/27 11:01:52
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

From:    Gregor Rohmann <gregor.rohmann(a)gmx.de>
Date:    27.09.2017
Subject: Rez. MA: B. Frohne: Leben mit 'kranckhait'
------------------------------------------------------------------------

Frohne, Bianca: Leben mit 'kranckhait'. Der gebrechliche Körper in der
häuslichen Überlieferung des 15. und 16. Jahrhunderts. Überlegungen zu
einer Disability History der Vormoderne (= Studien und Texte zur
Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters 9). Affalterbach: Didymos
Verlag 2014. ISBN 978-3-939020-29-5; 456 S.; EUR 69,00.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_25691.pdf>

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Gregor Rohmann, Historisches Seminar, Goethe-Universität Frankfurt am
Main
E-Mail: <gregor.rohmann(a)gmx.de>

Drei Titel hat die vorliegende Dissertation: einen vorderhand sehr
konkreten, der freilich durch das Zitat eines Quellenbegriffs
semantische Differenz markiert; einen systematischen, der recht gut das
Forschungsthema umschreibt; und einen weiteren, der einen übergeordneten
Anspruch auf Erkenntniswert erhebt, zugleich aber explizit eine
begrenzte Durchdringungstiefe andeutet. Denn die historischen Formen des
Umgangs mit körperlicher, geistiger und/oder seelischer Beeinträchtigung
sind seit den 2000er-Jahren zu einem Thema geworden. Erste Synthesen
liegen vor (etwa von Irina Metzler).[1] Bianca Frohne hat ihre Arbeit im
Rahmen des großen "Homo debilis"-Projekts geschrieben, welches von 2007
bis 2016 an der Universität Bremen vielfältige Grundlagenarbeit in
diesem Bereich geleistet hat.[2] Krankheit und "Behinderung" werden auch
hier nicht mehr als naturwissenschaftliche Entitäten, sondern als
kulturelle Konstruktionen verstanden, und insofern betrifft jede
historische Untersuchung immer zugleich den Umgang mit "kranckhait" und
die Medien ihrer Konstruktion. Zentral ist dabei die Beobachtung, dass
vormoderne Körperlichkeit, soweit sie quellennotorisch wird, sich durch
ein hohes Maß an "Fluidität" auszeichnet. Und maßgeblich ist der
Anspruch, nicht mehr implizit aus der Sicht der Ärzte zu schreiben,
sondern eine patientengeschichtliche Perspektive einzunehmen.

Diese methodischen Grundsätze werden von Bianca Frohne nun auf ein Set
von Quellengattungen angewendet, welche ihrerseits seit längerem in
vielerlei Hinsicht im Fokus der Forschung stehen: Familienchroniken,
Tagebücher, Briefe, Kalendarien, häusliche Aufzeichnungen aus dem 15.
und 16. Jahrhundert, die auf ganz unterschiedliche Weise über
Gebrechlichkeit Auskunft geben oder eben auch nicht. Manchmal handelt es
sich um Selbstzeugnisse von Kranken, manchmal um Äußerungen ihrer
Verwandten über diese und das Leben mit ihnen. Da entsprechende
Textformen dort besonders reich überliefert sind, war es durchaus
naheliegend, sich größtenteils auf Fallbeispiele aus Nürnberg und
(vereinzelt) Augsburg zu beschränken. So kann man sich sowohl für die
häusliche Überlieferung[3] wie für Medizingeschichte und
Krankenpflege[4] auf reiche Vorarbeiten stützen, was freilich auch den
Neuigkeitswert mancher Befunde schmälert. Unausweichlich ist damit auch,
dass die Befunde sich weitgehend auf die kaufmännische und politische
Oberschicht der Stadt beschränken, aus der uns eben entsprechende
Quellen vorliegen.

Dabei ist Frohnes Herangehensweise durchgehend eine doppelte: Einerseits
zieht sie die häusliche Schriftlichkeit als Quelle heran, um Einsichten
über das Zusammenleben von Gesunden und Gebrechlichen und über die
Wahrnehmung von "Gebrechlichkeit" zu gewinnen. Andererseits reflektiert
sie eingehend die jeweils sehr spezifischen Charakteristika der
Thematisierung von "Krankheit" in den verschiedenen Quellenformen.
Während ihre mikrohistorischen Detailstudien für die erste Frage vor
allem eine willkommene Illustration, Präzisierung und Differenzierung
des bekannten Forschungsstandes liefern, leistet Frohne dort, wo die
Medialität der Texte selbst in den Fokus rückt, einen ganz
eigenständigen Beitrag: Wie konnte man über die eigene Krankheit oder
die eines Verwandten in den jeweiligen Gattungen kommunizieren, wie
nicht? Was war wann sagbar, was nicht? Weshalb konnte, ja: musste man
manchmal Gebrechlichkeit benennen, etwa um eine Rechtfertigung für die
Nichterfüllung von Rollenerwartungen zu bekommen, während man bei
anderer Gelegenheit mehr oder weniger beredt über sie schwieg? So kann
Frohne zeigen, dass manche Väter minutiös über die körperliche wie
seelische Entwicklung ihrer Kinder Buch führten, um aus diesen Notizen
dann retrospektiv höchst selektive Kurzbiographien etwa für die
Familienchronik zu komponieren. Oder dass in der Briefkorrespondenz in
der Regel das Wissen über die konkrete Krankheit vorausgesetzt wird, so
dass wir nur Andeutungen zu lesen bekommen. Wenn freilich weshalb auch
immer Bedarf bestand, konnte die detaillierte Schilderung etwa der
Symptome oder auch der sehr konkreten Umstände der Betreuung höchste
Bedeutung erlangen.

Denn wie wir seit Ernst Mummenhoff[5] wissen, wurden chronisch Kranke,
wann immer möglich, zunächst im Haus gepflegt und versorgt, sei es von
den (in der Regel) weiblichen Verwandten, sei es von dazu bezahltem
Personal. Ziel war dabei die möglichst weitgehende und möglichst rasche
Integration bzw. Re-Integration in das Alltagsleben, wie es dem jeweils
sozialspezifischen Habitus entsprach. Auch die körperlich, geistig oder
seelisch beeinträchtigten Kinder waren emotional eingebunden, wurden in
die Ausbildung gegeben und bekamen nach Möglichkeit Aufgaben für ein
"normales" Leben zugewiesen. Wo die Umstände dies zuließen, wurden sie
auch verheiratet oder man ermöglichte ihnen ein relativ selbständiges
eheloses Leben. Nur wo dies sich nicht als gangbare Versorgungsoption
erwies, wurden sie temporär oder dauerhaft in Spitälern, Seelhäusern
oder Klöstern untergebracht - letzteres übrigens vor allem nach der
Reformation, denn bis dahin hatten die Ordensregeln die Nutzung der
Konvente als Unterbringungsmöglichkeit für Kranke zumindest erschwert.
Besonders bei schweren Fällen von geistiger Beeinträchtigung entwickelte
der Nürnberger Rat Kontrollmechanismen, um einerseits die Gefährdung der
öffentlichen Ordnung zu verhindern, andererseits die angemessene
Unterbringung der Patienten zu gewährleisten. So zahlte er etwa die
Einrichtung von Zellen in den Privathäusern, verlieh auch Ketten für die
Fixierung von aggressiven Kranken oder stellte Räume in den Türmen der
Stadt zur Verfügung, all dies aber erkennbar immer mit der Maßgabe einer
baldigen Freilassung bei Besserung des Zustands. In diesen Fällen tritt
dann Verwaltungsschriftlichkeit neben die häuslichen Quellen. Weniger
stark hingegen waren die Fürsorgefunktionen etwa der Zünfte ausgebildet:
Sie vermittelten eher den Zugang zu Stiftungen im Umfeld, als dass sie
selbst zur Versorgung von kranken Mitgliedern beigetragen hätten.

Wer krank war oder wurde, brauchte also eine soziale Einbindung. Dann
war seine Inklusion gewährleistet, und gewünscht war die (erneute)
Ermöglichung einer möglichst eigenständigen Lebensführung. Die
Gebrechlichen zumindest der Nürnberger Oberschicht treten uns als
Subjekte ihres Lebens gegenüber, nicht allein als Objekte des Sprechens
über sie. Das klingt verglichen mit heute durchaus fortschrittlich, es
war freilich zumindest auch den allgemeinen materiellen Bedingungen
einer Mangelgesellschaft geschuldet. Und es war mit sehr konkreten
normativen Erwartungen an das Verhalten des "Patienten" verbunden:
Besonders psychische Krankheit und soziale Devianz waren vielfach
erkennbar austauschbar. Historische Traditionslinien für heutige
politische Debatten wären daraus also nur mit Vorsicht zu gewinnen. Denn
im Umkehrschluss heißt dies ja auch: Wer nicht sozial vernetzt war, wer
nicht aus einer materiell abgesicherten Familie stammte, für den gab es
eben noch kein institutionalisiertes System der Versorgung. Und die
Lasten waren natürlich (wie heute) nicht gleich verteilt, wie etwa die
Straßburger Reformatorin Katharina Zell am eigenen Leib erfahren
musste.

Für all das enthält Bianca Frohnes Buch reichhaltiges Material, welches
sich etwa im Seminarbetrieb wunderbar wird anwenden lassen. Für die
Disability Studies wohl wichtiger als dieser illustrative Effekt dürften
die mediengeschichtlichen und diskursanalytischen Erwägungen sein.
Vielleicht könnten sie auch helfen, ganz aktuelle Diskussionen in der
Erforschung häuslicher Schriftlichkeit zu differenzieren. Wenn man die
Führung etwa eines Hausbuches als eminent körperlichen Akt begreift, als
Inkorporation der eigenen Leiblichkeit des Verfassers wie seiner Familie
in die physische Gestalt eines Codex[6], dann ließe sich umso präziser
nachfragen, wann und in welchen Schriften der kranke Körper
einschreibbar war, wann und in welchen nicht. Leider erst im
Schlusskapitel und eher episodisch kommen hier auch die Bilder des
Körpers als eigenständiges Medium des embodiment ins Spiel, obwohl doch
gerade Familien- und Geschlechterbücher vielfach von der Kombination von
Text und Bild leben.

Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, wenn Bianca Frohne zwei Bücher
geschrieben hätte, eines über die Pflege von kranken Menschen, ein
anderes über das Schreiben darüber. Dann wäre man jedoch beim Lesen des
einen nicht ständig mit den Anregungen des anderen konfrontiert gewesen,
was auch schade gewesen wäre. Es entginge uns jedenfalls viel, wenn wir
dieses Buch in Zukunft nicht zur Hand nähmen. Insofern sollte man manche
durch das Genre der Qualifikationsschrift bedingte Sprödigkeit gern
hintanstellen.

Anmerkungen:
[1] Irina Metzler, Disability in Medieval Europe. Thinking about
Physical Impairment during the High Middle Ages, c. 1100-1400, London
2006; dies., A Social History of Disability in the Middle Ages. Cultural
Considerations of Physical Impairment, New York 2013.
[2] Cordula Nolte / Bianca Frohne / Uta Halle / Sonja Kerth (Hrsg.),
Dis/ability History der Vormoderne. Ein Handbuch / Premodern Dis/ability
History. A Companion, Affalterbach 2017.
[3] Für Nürnberg zuletzt z.B. Christian Kuhn, Generation als
Grundbegriff einer historischen Geschichtskultur. Die Nürnberger Tucher
im langen 16. Jahrhundert, Göttingen 2010.
[4] Ernst Mummenhoff, Die öffentliche Gesundheits- und Krankenpflege im
alten Nürnberg [1898], Neustadt an der Aisch 1968.
[5] Mummenhoff, Gesundheits- und Krankenpflege (wie Anm. 4).
[6] Henny Sundar, Vom Leib geschrieben. Der Mikrokosmos Zürich und seine
Selbstzeugnisse im 17. Jahrhundert, Köln 2016.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Lioba Geis <lioba.geis(a)uni-koeln.de>

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[Regionalforum-Saar] Buchveröffentlichung

Date: 2017/09/30 17:53:01
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

 Buchveröffentlichung

Hoffmann, Hans-Joachim/Van Menxel, Francois, Die jüdische Familie Simon Zacharias Coblenz (1836-1910) aus Bingen (=Arbeitskreis Jüdisches Leben Band 8), Bingen 2017, DIN A 5-Format, 213 Seiten, ISBN: 978-3-945676-34-9, Prei: € 5.00 + Porto/Versand

Die beiden Autoren beschreiben die Familiengeschichte des in Ottweiler geborenen Simon Zacharias Coblenz, dessen Lebensweg von Ottweiler über Trier und Paris nach Bingen führte, wo er seine Cousine Emilie Meyer heiratete. Als äußerst erfolgreicher, weltweit agierender Weinhändler gewann er auch Einfluss auf die politischen Entscheidungen in Bingen. Daneben engagierte er sich gemeinsam mit seinem ebenfalls in Ottweiler geborenen Bruder Felix, der in Paris als Bankier lebte, beim Auf-und Ausbau des Eisenerzbergwerkes in St.-Rémy-sur-Orne (Calvados).

Neben der Darstellung des Lebensweges von Simon Zacharias Coblenz beschreiben die beiden Verfasser auch die Biographie seiner Kinder: Alice Coblenz, verheiratet mit dem Mannheimer Verleger Julius Bensheimer - Julie Hedwig, verheiratet mit dem Münchener Bierbrauer Bernhard August Neumeier - Ida Coblenz, nach gescheiterter erster Ehe in zweiter Ehe verheiratet mit dem damals viel gelesenen Schriftsteller Richard Dehmel - Cornelius Coblenz, verheiratet mit Ada Stahl aus Bruchsal.

Die Biographien verdeutlichen die Integration einer jüdischen Familie in die deutsche Gesellschaft, verbunden mit einem enormen wirtschaftlichen Aufstieg. Zugleich macht die Darstellung jedoch darauf aufmerksam, dass die Integration in die deutsche Gesellschaft keinen Schutz vor der Verfolgung durch den NS bot.

Bezug: Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler: hans-joachim-hoffmann(a)web.de oder 06824-7990