Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] After the Map.

Date: 2017/06/04 12:58:51
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Rankin, William: After the Map. Cartography, Navigation, and the
Transformation of Territory in the Twentieth Century. Chicago:
University of Chicago Press 2016. ISBN 978-0-226-33936-8; VII, 398 S.,
143 Abb.; EUR 52,49.

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Bernhard Struck, School of History, University of St Andrews
E-Mail: <bs50(a)st-andrews.ac.uk>

Ist die Karte und damit die Kartographie tot, wie es der Titel von
William Rankins Buch "After the Map" suggeriert? Jein. Traditionelle
Karten, gedruckt auf Papier, die ein bestimmtes Gebiet zweidimensional
abbilden, wird es wohl auch in Zukunft geben. Aber die Kulturtechnik des
Messens, Abbildens, Navigierens und damit auch der Sinnstiftung von
Territorialität hat sich radikal verändert während der vergangenen gut
100 Jahre, so eine Hauptthese bei Rankin.

Um dem Kern seines faszinierenden Buches auf die Spur zu kommen, beginnt
man am besten am Ende des Titels: "Territory in the Twentieth Century".
Damit folgt der Band einer Reihe von Arbeiten, darunter jüngst eine
Monographie von Charles Maier, die sich mit den Techniken zur
Beherrschung und Kontrolle von Territorien befassen.[1] Rankin, der in
Yale als Wissenschaftshistoriker arbeitet, geht vor allem um die Frage
nach, wie wir Räume und Territorien wahrnehmen und mit welchen Techniken
wir sie sichtbar machen. Mit einem Wink gen Foucault untersucht Rankin
die Verschiebung einer "geo-epistemology" während eines langen 20.
Jahrhunderts. Es erstreckt sich von etwa 1890 bis 2010, von den frühen
Luftaufnahmen in die unmittelbare Gegenwart. Schon die ersten Fotos aus
Zeppelin oder Heißluftballon waren punktuelle Aufnahmen eines größeren
territorialen Ganzen - GPS ist lediglich die (vorläufig letzte)
technische Weiterentwicklung, aber eine logische: von der
Flächenaufnahme des Geodäten im Gelände zu punktuellen Aufnahmen aus
einer Vogel- oder eben Satellitenperspektive.

Bereits in der Einführung verdeutlicht Rankin, dass GPS-generierte Daten
und Karten keineswegs besser sind als ältere Techniken, sondern schlicht
anders. Damit hinterfragt er eine ältere Wissenschafts- und
Kartographiegeschichte, die einer inneren Teleologie folgte. Rankin
knüpft an Arbeiten der "Critical Cartography" an, die wichtige Impulse
des "Linguistic Turn" zur Textualität von Karten sowie Ideen des
Poststrukturalismus aufgenommen hat.[2]

Wie der Titel andeutet, handelt das Buch natürlich auch von Karten -
sehr vielen sogar. Noch im Ersten Weltkrieg, so Rankin, druckten die
Alliierten etwa 50 Karten pro Soldat. Für den Autor geht es darum, eine
Verschiebung der Logik der Kartierung ("logic of mapping") und des
räumlich-territorialen Denkens nachzuzeichnen. Krieg und Militär
spielten im 20. Jahrhundert eine wesentliche Rolle, aber auch
nichtstaatliche Akteure wie Kartographen und geographische
Gesellschaften. Wurde im Ersten Weltkrieg noch weitgehend räumlich
begrenzt gekämpft, in den Schützengräben entlang der Ost- und Westfront,
so wurde in den 1940er-Jahren zwischen Atlantik und Pazifik, zwischen
Stalingrad, Singapur, Dresden oder Pearl Harbor, ganz anders gekämpft
und räumlich gedacht - besonders durch die Erweiterung des Krieges in
den Luftraum. Und die Bedürfnisse, nicht zuletzt militärische, Raum
präzise abzubilden, waren 1940 ganz andere als 1900.

Rankins Buch, entstanden als PhD-Dissertation in Harvard, denkt das
Zusammenspiel zwischen Periodisierung und Raum neu. Die Bruchstellen
liegen für ihn um 1940 und in der Mitte der 1960er-Jahre, was sich in
der thematischen, projektbezogenen und chronologischen Ordnung des
Buches spiegelt. Der Autor versteht es, das Große und Ganze der
Globalgeschichte von Territorien anhand dreier konkreter Projekte
anschaulich zu machen. Im Zentrum von Teil I steht das utopische Projekt
einer standardisierten "International Map of the World" (IMW) um 1900.
Eine Reihe von Arbeiten zur Kartographiegeschichte hat die tragende
Rolle des Staates hervorgehoben. Das IMW-Projekt stand zwar im Zeichen
von Staaten und Imperien: Es war quasi das letzte Puzzleteil einer
globalen Weltschau im Anschluss an das "Scramble for Africa" und das
Ende des "Age of Exploration".[3] Die IMW wurde jedoch vor allem von
transnational vernetzten Kartographen und nichtstaatlichen
geographischen Gesellschaften vorangebracht, wie Rankin betont. Am Ende
war das Projekt zu groß, zu langsam; die Weltkriege trieben Keile
zwischen die Vernetzung von Wissenschaftlern. Aber auch das Denken über
Raum wandelte sich, und damit stellten sich neue Fragen zum Nutzen und
zur Anwendung einer Papierkarte der Welt.

Die Verschiebung veranschaulicht Rankin am Projekt, das in Teil II im
Mittelpunkt steht: der Universal Transverse Mercator (UTM). Zwischen
1940 und den späteren 1960er-Jahren verlagerten sich räumliches Denken
und kartographische Praxis vom Boden in die Luft, von der Fläche zu
Punkt und Raster. Mörser, Raketen und Bomben mussten punktgenau
abgefeuert und ins Ziel gelenkt werden. Anders gesprochen: Nicht mehr
die präzise Kenntnis von Fläche und Territorium war entscheidend,
sondern die Distanz zwischen den Punkten A und B. Koordinaten, Punkte,
ein "grid-system" waren Teile der neuen "geo-episteme". Diese
herauszuarbeiten ist für Rankin zentral. Sie war nicht nur
kriegswichtig, sondern auch für die Etablierung der zivilen Luftfahrt
nach 1945 entscheidend. Die Ablösung des IMW-Projektes hin zu UTM zeigt
gleichzeitig die Verschiebung von einem multilateralen, transnationalen
Kartographen-Netzwerk hin zur unilateralen und globalen Dominanz
räumlichen Wissens durch die USA. Lediglich die USA verfügten nach 1945
über die Infrastruktur, die technischen und finanziellen Mittel
(vermutlich auch die Motivation wegen des sich abzeichnenden Kalten
Krieges), ein Projekt wie UTM voranzutreiben, das die Welt in 60
Nord-Süd-Raster gliederte.

Anhand der gewählten Kernprojekte bietet Rankin vernetzte Perspektiven
zur Globalgeschichte an. Handelte es sich beim IMW-Projekt noch um
transnationale Kooperationen zur Herstellung territorialen Wissens,
bedeutete UTM zwar eine neue globale Dimension von Technik, Raumwissen
und -beherrschung, gleichzeitig aber auch die Entglobalisierung hin zu
einem dominanten Player, den USA. Im Hintergrund der Großprojekte, die
das Buch durchziehen, verlaufen eine Reihe internationaler
Vertragsabschlüsse - bei der Montevideo-Konferenz 1933, in Helsinki 1975
sowie bezüglich der internationalen Luftfahrt oder der Nutzung der
Arktis. Gleichzeitig hinterfragt Rankin bisherige Interpretationen zur
globalen Ordnung und der Rolle der USA, zu einem neuen "Regime of World
Order" seit den späten 1960er-Jahren und zur Stellung der USA als
post-territorialem Empire beruhend auf einer nichtterritorialen
Hegemonie - von Kapital und Militär, aber ebenso von räumlichem Wissen
und Infrastruktur.

Hierzu widmet sich Teil III der Entwicklung von GPS, nicht zuletzt durch
Raumfahrt und NASA, das das punktgesteuerte Grid- und Rasterdenken in
neue Höhen und Dimensionen hob: in den Weltraum. Im Kapitel rund um GPS
zeigen sich die vielen Tricks und Kniffe, die Rankin (ein Pokerspieler
der Ideen) im Ärmel hat. Ob als Historiker (wir mögen und konstruieren
Kausalitäten und Verläufe) oder als schlichte Anwender (von Google Maps)
- wir tendieren dazu, die Linearität und den Erfolg von Technik zu
sehen. Wir übersehen gerne die Twists und Turns. Rankin belegt, dass das
nutzbare Potenzial eines Geo-Positioning-Systems zwar früh erkannt
wurde, aber es eigentlich niemand wirklich brauchte. Die drei
US-Institutionen, die an der Entwicklung von GPS wesentlich arbeiteten -
die zivile NASA, die Navy und das Department of Defense - hatten sehr
unterschiedliche Interessen und Verwendungsabsichten. Und dass wir heute
mit Karten auf dem Smartphone das nächste Café sicher ansteuern (wir
folgen Punkten auf Rastern, genau wie ein atombetriebenes U-Boot unter
arktischem Eis von A nach B kommt, aber das ist weniger relevant für den
nächsten Espresso), verdanken wir (auch) institutionellen Konkurrenzen
und bürokratischen Eitelkeiten.

"After the Map" bietet eine sehr westliche Sicht auf die
Globalgeschichte. Rankin stützt sich auf Archive und Materialien in den
USA, in Großbritannien, Kanada und Frankreich. Es ist in vielerlei
Hinsicht ein sehr technisches Buch. Aber es ist ein äußerst anregendes,
das intelligent verschiedenste Stränge zusammenbringt: die Geschichte
von Technik und Infrastruktur, der Kartographie, des Denkens von
Territorialität zwischen Empire und Nationen, von Grenzen und
Globalität. Es ist ein Buch, das auffordert, über die Periodisierung des
20. Jahrhunderts nachzudenken, das wir als kurzes kennen oder auch als
das der Extreme (Eric Hobsbawm), der Ideologien oder der Weltkriege.
William Rankins Blick auf räumliches Denken, Infrastruktur,
Institutionen, Karten und GPS eröffnet eine Reihe neuer und
ungewöhnlicher Perspektiven zu Territorialität, internationaler,
nationaler und globaler Geschichte und dem Zusammenspiel staatlicher und
nichtstaatlicher Akteure. Empfohlen sei schließlich auch die begleitende
Website <http://www.afterthemap.info> (13.05.2017), wo das komplette
Karten- und Bildmaterial sowie die Bibliographie des Buches abrufbar
sind.


Anmerkungen:
[1] Charles S. Maier, Once within Borders. Territories of Power, Wealth,
and Belonging since 1500, Cambridge 2016.
[2] John B. Harley, The New Nature of Maps. Essays in the History of
Cartography, hrsg. von Paul Laxton, Baltimore 2001. Siehe auch Rankins
Website http://www.radicalcartography.net (13.05.2017).
[3] Siehe hierzu Iris Schröder, Das Wissen von der ganzen Welt. Globale
Geographien und räumliche Ordnungen Afrikas und Europas 1790-1870,
Paderborn 2011.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Jan-Holger Kirsch <kirsch(a)zzf-pdm.de>

[Regionalforum-Saar] egesten und Register, Netzwerke und Karten - Neues und altes Werkzeug des Historikers

Date: 2017/06/04 13:00:08
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Konf: Regesten und Register, Netzwerke und Karten - Neues
         und altes Werkzeug des Historikers - Bochum 06/17
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Prof. Dr. Gerhard Lubich, Lehrstuhl für die Geschichte des Früh- und
Hochmittelalters, Ruhr-Universität Bochum; in Kooperation mit der
Deutschen Kommission für die Bearbeitung der Regesta Imperii e.V. bei
der Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Mainz)
20.06.2017-20.06.2017, Bochum, Ruhr-Universität Bochum, NC 2/99
Deadline: 13.06.2017

Die vergangenen Jahrzehnte haben die "digital humanities" auch auf dem
Feld der Geschichtswissenschaft zu einer eigenen Fachdisziplin werden
lassen, die eigenständige Fragestellungen mit einem eigenen
Instrumentarium beantwortet. Dies hat zu einer Entfernung von genuinen,
traditionell historischen Forschungsinteressen geführt, wodurch sich
eigenartige Parallelwelten abzeichnen, die nur noch begrenzt etwas
miteinander zu tun haben. Kaum noch stellt sich die Frage danach,
inwiefern der Import von IT-Lösungen den eingespielten historischen
"Betrieb" verändern und beschleunigen kann - beide Disziplinen scheinen
eher zu koexistieren, denn zu kooperieren. 
In einem Workshop, ausgehend von Akademieprojekten mit deutlichem
digitalen Schwerpunkt, soll eine punktuelle Überprüfung von Perspektiven
künftiger Zusammenarbeit anhand vorhandener Datenbestände, Programmen
und Projekten vorgenommen werden.

Es wird um eine Anmeldung bis zum 13.06.2017 in Form einer kurzen E-Mail
an: gerhard.lubich(a)rub.de gebeten.

------------------------------------------------------------------------
10.00-12.30 Regesten und Register

Gerhard Lubich (Bochum): Zur Geschichte der Entwicklung von "digital
humanities" und digitalen Arbeitsmitteln der Historiker

Lisa Klocke (Bochum): Register als Problem: Was können und was wollen
Historiker finden?

Andreas Kuczera (Digitale Akademie Mainz): Vom Registereintrag zur
Netzwerkdarstellung. Konzepte, Ansätze und Möglichkeiten der
Graph-Technologie

12:30-14:00 Mittagspause

14:00-15:30 Datenbanken, Kartographierung und Analyse

Alexander Watzinger (ÖAW): OpenAtlas - eine webbasierte Datenbank
Anwendung für komplexe historische, archäologische und geospatiale
Daten

Johannes Preiser-Kapeller (ÖAW): Von der mittelalterlichen Quelle zur
komplexen Analyse historischer Daten: Erfahrungen und Instrumente aus
verschiedenen Wiener Projekten

16:00-17:30 Round Table: Perspektiven künftiger Entwicklungen

------------------------------------------------------------------------
Prof. Dr. Gerhard Lubich
Lehrstuhl für die Geschichte des Früh- und Hochmittelalters 
Ruhr-Universität Bochum 
GA 4/40
44801 Bochum

gerhard.lubich(a)rub.de

[Regionalforum-Saar] ein Aufatmen gehts durchs Land

Date: 2017/06/05 14:45:35
From: Rolgeiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

keine Karossen mehr.
 
 

Meine letzte Woche

Ich mach' jetzt mal was Neues

Acht Jahre und sieben Monate währte mein Einsatz für die St. Wendeler SZ. Wie meine Kollegen akribisch ausrechneten. Eine Herkulesaufgabe, stehen viele Journalisten mit der hohen Kunst der Mathematik auf Kriegsfuß.

Acht Jahre und sieben Monate hatte ich also Zeit, um die Region zu erkunden. Da ich in der Nähe aufwuchs, war mir bewusst: Das sublokalpatriotische Herz divergiert von Dorf zu Dorf, tickt überall anders. Genau das reizte mich, stachelte meine Neugier an. Zuweilen meinen Hang, deswegen Leute liebevoll auf die Schippe zu nehmen.

Acht Jahre und sieben Monate begleitete ich hier Themen, berichtete darüber. Wenn ich's für nötig befand, kommentierte ich. Damit eckte ich ein ums andere Mal bei Betroffenen wie Lesern an. Ist halt so, wenn jemand zu seinem Standpunkt namentlich steht. Ich wurde durch diverse Diskussionen dazu, die ich niemals scheute, um viele Erfahrungen reicher.

Während der acht Jahre und sieben Monate steckte ich mir jeden Tag folgendes Ziel: mich niemals mit einer Sache gemein machen, seriösen, aber keinen arroganten Abstand wahren, stiller Beobachter bleiben. Dabei sein und nicht dazugehören. Wenn Euphorie mit einem durchzugehen drohte, hieß es erst recht, mit von persönlichen Befindlichkeiten losgelösten, wenn nötig unangenehmen Fragen den Finger in die Wunde legen, um möglichst objektiv an einer Sache dran zu bleiben. Ein Anspruch, bei dem mir sicherlich Fehler unterliefen. Sollte ich jemanden verletzt haben, so bitte ich von Herzen um Verzeihung.

Acht Jahre und sieben Monate: Das sind Begegnungen mit interessanten Menschen und prägende Momente. Das sind berührende Geschichten wie die um das Missbrauchsopfer aus Scheuern, das einer Betrügerin aufsaß. Das sind politische Erdbeben, die durch schamlos ausgenutzte Arbeiter auf der Baustelle des Ferienparks am Bostalsee ausgelöst wurden. Das sind Stilblüten, bei denen ich schallend über mich selbst lachte, wie bei der von mir fabulierten: „Exhibitionist mit Pferdeschwanz gefasst“.

Nach acht Jahren und sieben Monaten mache ich mich nun zu neuen Ufern auf. Ich verlasse das Arbeitsfeld St. Wendeler Land – mit dem Wissen, dass einige erleichtert aufatmen; und in der Hoffnung, dass dies nicht alle tun. Ich setze auf jene, die mich mit Zuschriften in meinem Tun bestärkten. Meinen aufrichtigen Dank dafür.

Zum guten Schluss ein Riesen-Kompliment an meine geduldigen Kollegen in der Redaktion und unterwegs, die mich vor Schnellschüssen bewahrten, mir wertvolle Tipps gaben, den Rücken bei rechercheintensiven Aufgaben freihielten. Und für das enorme Vertrauen, das Informanten in mich setzten. Ich habe die Zeit fürwahr genossen. Gehabt Euch wohl.

m.zimmermann(a)sz-sb.de

[Regionalforum-Saar] bald ist der Schnurres wieder ab

Date: 2017/06/05 14:49:59
From: Rolgeiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Otzenhausen

Der letzte Fürst des Ringwalls

(red) Beim Festival Celtoi 2017 wird der Konflikt zwischen Indutiomarus und Cingetorix, im gleichnamigen Theaterstück wieder aufleben. Das Theaterstück wird am Samstag 15. Juli, 20 Uhr, in der Arena des Keltenparks aufgeführt.

Tickets zum Preis von 7,70 Euro gibt es im Rathaus Nonnweiler, Schreibwaren Feis, Otzenhausen, Kaufhaus Becker, Primstal und bei Ticket Regional.

[Regionalforum-Saar] heute abend im Hiwwelhaus in Alsweiler

Date: 2017/06/06 09:34:10
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Neben politischen Umbrüchen veränderte im 19. Jahrhundert die sogenannte industrielle Revolution das Leben der Menschen entscheidend.


Über Hintergründe und Auswirkungen der Industrialisierung auf das Saarland und das St. Wendeler Land spricht Thomas Störmer

am Dienstag, 6. Juni, 19 Uhr, Hiwwelhaus Alsweiler.


Der Vortrag ist Teil einer Reihe, die die vergangenen 500 Jahre der Region beleuchtet.


Der Eintritt ist frei.

[Regionalforum-Saar] Als die Revolution auch St. Wendel ergriff

Date: 2017/06/07 19:30:51
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

letzte Woche in der SZ (kommt verspätet, weil ich extra Landes war):

Als die Revolution auch St. Wendel ergriff

Was hatte das St. Wendel des 19. Jahrhunderts mit Napoleon zu tun? So einiges – wusste der Historiker Bernhard W. Planz jetzt in einem Vortrag zu berichten.

St. Wendel (red) Auch lange nach seinem Tod, als St. Wendel bereits preußisch war, soll sein Geburtstag, der 15. August, in der Stadt feierlich begangen worden sein. Manch ein Bürger soll gar auf eine Trikolore über seinem eigenen Sarg bestanden haben. Dies berichtet der St. Wendeler Stadthistoriker Max Müller (1862 bis 1937). Die Rede ist von Napoleon, dem Kaiser der Franzosen. Die Verehrung für seine Person hallte offenbar in der Region lange nach.

Napoleon leitete mit seiner Krönung 1804 und seinen Kriegszügen das 19. Jahrhundert tosend ein. Ein Jahrhundert, das die Geschichtsschreibung nicht selten bereits mit der Französischen Revolution 1789 beginnen lässt. Und über dieses Jahrhundert und die Ereignisse im St. Wendeler Land referierte der Historiker Bernhard W. Planz vor mehr als 70 Zuhörern im Mia-Münster-Haus St. Wendel. Der Vortrag war Teil einer Reihe, die die vergangenen 500 Jahre in der Region näher beleuchtet.

„Das 19. Jahrhundert ist ein Jahrhundert, das in mehrerlei Hinsicht revolutionäre Veränderungen gebracht hat, ohne die unsere heutige Welt nicht vorstellbar ist, im Positiven wie im Negativen“, eröffnete Planz. Die Ideen der Französischen Revolution, freilich erst später mit der prägnanten Formel Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit umschrieben, verbreiteten sich auch im St. Wendeler Land. Es kam zu ersten Akten zivilen Ungehorsams, zu ersten Plünderungen, etwa des Tholeyer Klosters. Planz: „Im Spätherbst 1792 gingen das Klosterarchiv und die allermeisten Akten in Flammen auf. Die Bauern wollten so jeglichen Nachweis über Abhängigkeiten, Abgaben, Fronden, Schulden für immer beseitigen.“

Ein Vorspiel. Denn die Revolution wurde von Frankreich aus mit Gewalt ins Ausland getragen. In der Stadt St. Wendel sah man den Revolutionsheeren mit gespaltenen Gefühlen entgegen. Zu Recht. Planz: „Auf der einen Seite gab es Freiheitsversprechungen, auf der andern Seite Furagelieferungen, Einquartierungen, Requisitionen und Plünderungen. Von Requisitionen besonders betroffen war die ländliche Bevölkerung, die teilweise ihr gesamtes Vieh, ihre Heuvorräte und ihr Saatgut verlor.“

Und dann kam Napoleon und die napoleonischen Kriege, die mit seiner Niederlage endeten. Die Wirren, die der Korse in Europa verursachte, versuchten nun die siegreichen, die alten Kräfte zu beseitigen, ihre ramponierte Macht wiederherzustellen. Etwa während des Wiener Kongresses 1814/15. Und dies hatte weitreichende Auswirkungen auf das St. Wendeler Land. Denn als Lohn dafür, dass er am Krieg gegen Napoleon teilgenommen hatte, bekam der sachsen-coburgische Herzog Ernst I. ein mehrere Tagesreisen von seinem Stammsitz entferntes Gebiet mit den Städten St. Wendel, Baumholder, Sien. Dieses erhob er 1819 zum Fürstentum Lichtenberg – die Keimzelle des heutigen Landkreises St. Wendel –, das er 1834 an Preußen verkaufte. Der nördliche Teil des heutigen Landkreises fiel hingegen an das Großherzogtum Oldenburg – und blieb es bis 1937.

Auch das prägte das 19. Jahrhundert: Das Streben vor allem des Bürgertums nach nationaler Einheit, nach Grund- und Bürgerrechten, Beschränkung der Macht der Monarchen und gewählten Parlamenten. Begleitet von sozialen Missständen, begleitet von Unruhen und Aufständen. Wie in St. Wendel 1830/32: eine Auflehnung gegen Ernst I., der das Fürstentum ausquetschte. Oder wie 1848 im Fürstentum Oldenburg.

Apropos 1848: Jenes Streben nach einem demokratischen deutschen Nationalstaat fand ein vorläufiges Ende, als der preußische Monarch, Friedrich Wilhelm IV., die ihm angebotene Kaiserkrone ablehnte. Ein Angebot der Frankfurter Paulskirchenversammlung, die eine Verfassung für einen zu schaffenden deutschen Nationalstaat erarbeitete. Als dem König 1849 in Berlin eben die Krone als „Diadem aus Dreck und Letten der Revolution“ verschmähte, war auch ein St. Wendeler dabei: Karl Phillip Cetto. Erst Jahrzehnte später, mit ganz anderen Vorzeichen, sollte ein deutscher Nationalstaat entstehen.

Währenddessen kam es in der Region zu weiteren tiefreichenden Veränderungen während des 19. Jahrhunderts. Zum Beispiel in der Stadt St. Wendel. Planz: „1860 wurde die Stadt an die Rhein-Nahe-Bahn angeschlossen; weit unproblematischer als zuvor konnten nun Arbeiter die Bergwerke rund um Neunkirchen erreichen. In St. Wendel selbst wurde das im gleichen Jahr errichtete Eisenbahnausbesserungswerk zum wichtigsten Arbeitgeber, gefolgt von den Tabakfabriken und Ziegeleien.“ 1884 der Anschluss der Einzelhäuser an das Wasserleitungsnetz, 1889 die Einrichtung einer Gasanstalt, 1901 die Einführung des Fernsprechers.

[Regionalforum-Saar] Führung Jüdischer Friedh of Ottweiler

Date: 2017/06/10 17:56:17
From: Hans-Joachim Hoffmann <hans-joachim-hoffmann(a)web.de>

Für die Kurzentschlossenen

„Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die. Zukunft gestalten.“
Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler
Am Sonntag, den 11.06.2017, bieten Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann um 15.00 Uhr eine weitere Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler an. Während die Stadtführungen, gestaltet von historischen Figuren, wie z.B. dem Oberamtmann oder dem Stadtschreiber, die „Glanzzeiten“ der historischen Entwicklung Ottweilers aufzeigen, erinnern die Führungen über das „unbequeme Denkmal Jüdischer Friedhof“ an eine dunkle Seite der Stadtgeschichte, nämlich an das Werden und die gewaltsame Auslöschung des jüdischen Lebens. Die Referenten stellen jedoch nicht den letzten Aspekt in den Mittelpunkt ihrer Erläuterungen, sondern sie bemühen sich vielmehr darum, einerseits die untergegangene Kultur des Judentums, zwar eingegrenzt auf den jüdischen Totenkult und die Grabkultur, andererseits den positiven Beitrag der jüdischen Gemeinde Ottweiler während der Dauer ihres Bestehens den Besuchern zu vermitteln. Dabei lassen sie sich von der Überzeugung leiten, die August Bebel (1840 – 1913), der Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, als notwendig für politisches Gestalten formulierte: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.“
Klaus Burr beschreibt zu Beginn der Führung die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Gemeinde Ottweiler, bevor Hans-Joachim Hoffmann an Beispiel dieser Gemeinde, also auf lokaler Ebene, aufzeigt, dass sich Zuwanderer mit anderem kulturellen Hintergrund in eine Gemeinschaft integrieren können, um dadurch auch ihren Beitrag zur positiven Entwicklung in der lokalen Gesellschaft zu leisten. Stellvertretend seien an dieser Stelle Samuel Levy, der Lehrer der jüdischen Elementarschule Ottweiler von 1825 – 1875, sowie sein Sohn, der Sanitätsrat Dr. Bernhard Levy (1831- 1885), genannt; Dr. Bernhard Levy übernahm auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 1877 auch die Stelle des Armenarztes der Stadt Ottweiler gegen ein festes jährliches, bescheidenes Honorar. Neben der Skizzierung der Lebenswege der Familie Levy gibt Hoffmann Informationen zu Grabinschriften und einzelnen Symbolen.
Erfreut zeigten sich die Initiatoren der Friedhofsführungen, dass abermals ein Gast aus Israel einen Deutschlandaufenthalt nutzte, um von Offenbach aus einen Abstecher zum Grab seiner Urgroßeltern auf dem Jüdischen Friedhof Ottweiler zu machen: Gil Michels besuchte am 15. Mai Ottweiler und sah seinen Besuch auch als Anerkennung für das Bemühen der Stadt Ottweiler, ihre jüdische Geschichte nicht zu vergessen.
Mit der als Motto gewählten Aussage August Bebels sprechen die Friedhofsführer dieses Mal ganz bewusst auch einmal die Mitglieder der Ortsräte und des Stadtrates Ottweiler an und laden sie ein, durch ihre Teilnahme an dieser Friedhofsführung zu dokumentieren, dass ihnen die Aufarbeitung der NS-Zeit in Ottweiler im Zuge der „Aktion Stolpersteine“, die mit der Erforschung der politisch Verfolgten aus den Reihen der SPD und KP fortgesetzt werden soll, am Herzen liegt.
Zur Aufarbeitung der NS-Zeit und zur Erinnerung an die letzten jüdischen Bewohner Ottweilers verfasste Hans-Joachim Hoffmann die Dokumentation „Seid vorsichtig mit der Obrigkeit...! Beitrag zur Erinnerungskultur und Lokalgeschichte Ottweilers“. Dieses 405 Seiten umfassende Buch (ISBN 978-3-946313-01-4) kann zum Preis von € 19.80 erworben werden bei:
Archäologie - Büro & Verlag - Glansdorp, Kantstraße 32, 66636 Tholey
Hans-Joachim Hoffmann, Adolf-Kolping-Weg 7, 66564 Ottweiler (06824-7990)
Sparkasse Neunkirchen, Filiale Wilhelm-Heinrich-Straße, 66564 Ottweiler
Presse-Shop Ottweiler, Inhaberin Hannelore Henn, Wilhelm-Heinrich-Straße 13, 66564 Ottweiler.

Die Führung über den jüdischen Friedhof Ottweiler erfolgt in Kooperation mit der KVHS Neunkirchen. Aus organisatorischen Gründen bat die KVHS um vorherige Anmeldung. Eine Teilnahme ist jedoch auch ohne Anmeldung bei der KVHS möglich.
Klaus Burr und Hans-Joachim Hoffmann sowie die KVHS freuen sich auf Ihren Besuch.
Termin: Sonntag, 11.06.2017   
Uhrzeit: 15.00 Uhr
Treffpunkt: Aufgang zum Friedhof in der Straße Maria-Juchacz-Ring (ca. 80 m hinter der Abzweigung Karl-Marx-Straße - Nähe Wohnheim AWO) Dauer: ca. 1 ½ Stunde


 


[Regionalforum-Saar] Vortrag über Industrialisieru ng im heutigen Saarland

Date: 2017/06/12 09:09:04
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

heute in der SZ:

Bahn bringt Anschluss an den Rhein

Fast wäre die erste deutsche Strecke im St. Wendler Land in Betrieb gegangen, wie ein Vortrag im Hiwwelhaus zeigte.

Von Lukas Kowol

Alsweiler (red) Beinahe wäre die erste deutsche Dampfeisenbahn nicht 1835 zwischen Nürnberg und Fürth, sondern 1819 im Saargebiet gefahren. Aber nur beinahe. Denn die aus England importierte Lok konnte in Saarbrücken einfach nicht zum Laufen gebracht werden. Daher fand die Geburtsstunde des deutschen Eisenbahnwesens eben in Franken statt – und nicht im Saarland. Der Eintrag in die Geschichtsbücher wurde verpasst.

Der saarländische Bahnlinienausbau nahm dann erst ab 1848 richtig Fahrt auf – eine wichtige Triebfeder der Industrialisierung des Saarreviers im 19. Jahrhundert. Und diese hatte unumkehrbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen, auf Wirtschaft und Gesellschaft. Auch im St. Wendeler Land. Und dies sorgte dafür, dass das Saarland eine politische und kulturelle Eigenständigkeit bilden konnte. Darüber referierte Thomas Störmer im Hiwwelhaus. Ein Vortrag, der Teil einer Reihe war, die die vergangenen 500 Jahre in der Region beleuchtet.

„Das heutige Saarland war zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Agrarland und das St. Wendeler Land gehörte wegen der kargen natürlichen Gegebenheiten zu den Armenhäusern Mitteleuropas“, sagte Störmer vor über 50 Zuhörern. Beschwerlich somit das alltägliche Leben der einfachen Menschen: Sie lebten von dem, was die Felder hergaben, hielten Vieh, waren Handwerker oder Tagelöhner, nicht wenige suchten ihr Glück in der Ferne. Doch dies änderte sich allmählich. Denn die industrielle Revolution setzte ein: Revolutionäre Fortschritte in Technik und Wissenschaft – etwa bei der Dampfmaschine – sorgten dafür, dass Kohle und Erze in Massen gefördert, vor Ort verarbeitet werden konnten, dass Fabriken mit rauchenden Schloten aus dem Boden sprießen, wo einstig Bauern und Handwerker im Schatten der Fördertürme, im Takt der Maschinen ihr täglich Brot verdienen konnten. Zollschranken wurden abgebaut, die Massenproduktion begann. In Preußen, dann ab 1870/1 im neu gegründeten Deutschen Reich, gab es drei wichtige Zentren dieser Entwicklung: Oberschlesien, das Ruhrgebiet und das Saarrevier. Kohle und Stahl prägten, dazu Glas und Keramik.

Jedoch: Der nördliche Teil bleib weiterhin ländlich geprägt. Störmer: „Hier bleiben viele Menschen in ihren Dörfern und wandern am Wochenanfang zu ihren Industriearbeitsplätzen. An den Wochenenden kehrten sie zu ihren Familien zurück und betreiben eine kleine Landwirtschaft.“ Der Bergmannsbauer hatte hier sein zuhause.

Der Ausbau des Eisenbahnnetzes brachte Erleichterung, für die Arbeiter, die nun bequemer an ihre Arbeitsstätte kamen, für die Kohle, für die Waren, die nun schneller und in Massen transportiert werden konnten. Ein Ausbau, der mit der 1860 eröffneten Rhein-Nahe-Bahn, die Neunkirchen und Bingerbrück am Rhein verband, auch das St. Wendeler Land durchschnitt. Kein einfacher Bau. Störmer: „An der Bahnbaustelle arbeiteten ab 1857 bis zu 10 000 Menschen. Das Projekt wurde jedoch aufgrund des schwierigen Geländes zu einer der damals teuersten Eisenbahnen in Deutschland. 15 Tunnels, 55 große Brücken mussten gebaut werden. Hinzu kamen 17 Bahnhöfe oder Haltepunkte, im heutigen Kreis mit St. Wendel und Türkismühle jedoch bloß zwei.“

Die Industrialisierung führte freilich auch zu sozialen Spannungen. Rechte hatten die Arbeiter in den Gruben und Hütten zunächst kaum, mühsam mussten sie sich diese erkämpfen. Ein Vorkämpfer: Nikolaus Warken aus Hasborn. 1851 geboren, Bergmann, Mitbegründer des Bildstocker Rechtsschutzvereines, Streikführer. Erbarmungslos ging die Obrigkeit gegen ihn und den Verein, der die Rechte der Kumpel schützen wollte, vor. Mit Erfolg. Der Verein wurde aufgelöst, Warken verbrachte seine letzten Tage als Landwirt in Hasborn. Eine Episode der Arbeiterbewegung, die deutschlandweit für Aufsehen sorgte. Wie auch die Industrialisierung, die im 19. Jahrhundert begann, das Saarland formte und zu dem machte, was es heute ist. Störmer: „Am Vorabend des Ersten Weltkriegs hat sich die Saargegend zum Industriewunder gemausert. Vor den Schattenseiten der Industrialisierung verschließt man allerdings die Augen: Stickige Luft und verschmutzte Flüsse werden damals als Begleiterscheinung des Aufstiegs hingenommen.“

[Irgendwo auf der Website der Kulani steht der ganze Vortrag - allein, ich habe ihn noch die Website nicht mehr gefunden]

Am Rande

Die Abschlussveranstaltung der Vortragsreihe beschäftigt sich mit dem 20. Jahrhundert: am Sonntag, 18. Juni, 16 Uhr, in der Bosener Mühle am Bostalsee. Referenten: Paul Burgard und Klaus Brill.

[Regionalforum-Saar] Politische Fussball-Mythen

Date: 2017/06/12 20:10:24
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Schwabenakademie Irsee
16.02.2018-18.02.2018, Irsee, Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4,
87660 Irsee
Deadline: 31.07.2017

[English Version Below]
Das Fußballspiel ist der weltweit populärste Sport. In Vereinen und
Verbänden organisiert bewegt er weit mehr finanzielle Mittel, lockt
größere Zuschauermassen an, wird sehr viel stärker von den Medien
beachtet und fußt auf einer umfassenderen Breitenarbeit als alle anderen
Sportarten. Deshalb nutzen politische Kräfte jedweder Couleur - ebenso
wie ihre Gegner und Kritiker - bevorzugt den Fußballsport, um auf sich
und die von ihnen verfolgten Ziele aufmerksam zu machen.
Zu dieser Politik MIT dem Sport (im Gegensatz zu einer Politik FÜR den
Sport) gehören die unterschiedlichsten Mythen. "Mythos" wird dabei im
weiteren Sinn des Wortes verstanden: Er umfasst Erzählungen, die einen
wahren Kern enthalten, der aber um fiktionale Bestandteile erweitert
wurde; die Erzählungen tragen zur Konstitution von Gruppenidentitäten
bei und werden gegen Kritik weitgehend immunisiert. Die Beispiele sind
Legion: So sagt man bestimmten Fußballspielen nach, sie hätten
Staatsgründungen in die Wege geleitet, Nationen aufgebaut, diplomatische
Initiativen lanciert, politische Regime gestürzt, Bürgerkriege entfacht
oder verfeindete Nationen versöhnt.
Reich gesäumt ist die Geschichte des Fußballsports von "Großerzählungen"
über Märtyrer, Helden und Schurken, die den Zweck verfolgen, politische
Überzeugungen zu bestätigen, ideologische Positionen zu untermauern oder
Feindbilder zu verfestigen. Ebenso prominent sind Verschwörungstheorien
über wirkliche oder nur vermeintliche Spielmanipulationen,
Schiedsrichter- und Spielerbestechungen. Insbesondere der Sport unter
Diktaturen bietet einen reichen Fundus an teils dramatisch
ausformulierten Mythen, die von den Medien dankbar aufgegriffen und
selbst dann weitererzählt werden, wenn ihre Glaubwürdigkeit grundlegend
erschüttert oder gar durch die historische Forschung widerlegt ist.
"Invented traditions" sind nicht zuletzt auch ein beliebtes Terrain der
Fußballfanszenen.
Leitende Fragestellungen der Tagung über politische Fußball-Mythen sind
das Verhältnis des wahren historischen Ereignisses zu den jeweiligen
fiktionalen Ergänzungen, der Beitrag zur Konstruktion von
Gruppenidentitäten, ferner Anlass, Genese und Tradierung der Mythen und
nicht zuletzt die Konfrontation der unhistorischen Elemente eines Mythos
mit dessen Kritik und Dekonstruktion und den daraus entstehenden
Deutungskonflikten.
Die 12. Irseer Sporthistorische Konferenz über politische Mythen des
Fußballsports will im Anschluss an den einschlägigen sporthistorischen
Erkenntnisstand neue wissenschaftliche Forschungsergebnisse
präsentieren. Vorgesehen sind noch nicht publizierte Vorträge von
maximal 30 Minuten mit anschließender Diskussion von 15 Minuten.
Arbeitstitel, maximal einseitige Projektskizze und Kurzvita sind
einzureichen bei der Schwabenakademie Irsee
(markwart.herzog(a)schwabenakademie.de) bis 31. Juli 2017. Das
Konferenzprogramm wird bis Ende August 2017 aus den vorgeschlagenen
Beitragsthemen erstellt und publiziert. Die Tagung findet statt von
Freitag bis Sonntag, 16. bis 18. Februar 2018. Eine Publikation der
Tagungsergebnisse ist vorgesehen.
Den Referierenden werden die Reisekosten erstattet (Standard ist DB, 2.
Klasse), Unterkunft (im Einzelzimmer) und Verpflegung (ohne Getränke)
gestellt.
Kontakt: Dr. Markwart Herzog, Schwabenakademie Irsee, Klosterring 4,
87660 Irsee, markwart.herzog(a)schwabenakademie.de

[Regionalforum-Saar] toller Fund im Stadtarchiv St. Wendel

Date: 2017/06/13 07:56:41
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Paris – Rom 1658

ein Reisebericht von unbekannter Hand im Stadtarchiv St. Wendel, Akte A 39, Seiten 16-19

Bei der Durchsicht alter Stadtakten finden sich immer wieder überraschende und ungewöhnliche Einzelstücke, die den Forscher oder Archivmitarbeiter vor ein Rätsel stellen.

So auch in der Akte A 39 des Stadtarchiv St. Wendel, die verschiedenste Schriftstücke aus dem 16. und 17. Jahrhundert enthält. Im Laufe der wechselvollen Stadtgeschichte wurden die enthaltenen Rechnungen, Protokolle, Verträge und sonstigen Unterlagen, vielfach lose Blätter, zwar stets aufbewahrt, ihr sachlicher und zeitlicher Zusammenhang ging jedoch mehr und mehr verloren.

Um 1810 wurden Anstrengungen unternommen, die noch in St. Wendel vorhandene Überlieferung aus den vorangegangenen Jahrhunderten zu retten. Damals wurden viele Vorgänge, offenbar ohne Kenntnis von Datierung und Inhalt, in dicken Akten zusammengebunden. Dies sorgte zwar dafür, dass das Schriftgut erhalten blieb, stellt uns heute jedoch vor erhebliche Schwierigkeiten, da einigen der eingebundenen Dokumente jeglicher Kontext fehlt und wir nichts mehr über ihren Ursprung herausfinden können.

Dennoch lohnt es sich zuweilen, einen genaueren Blick auf ein solches Schriftstück zu werfen. 

In der Akte A 39 findet sich auf den Seiten 16 bis 19 ein Briefentwurf in französischer Sprache. Hat man die Handschrift mit ihren vielen Durchstreichungen und Überschreibungen einmal entziffert, so zeigt sich, dass es sich um einen Reisebericht handelt. Beschrieben wird eine Reise von Paris nach Rom im Jahre 1658. Da der Entwurf weder datiert, noch unterschrieben, noch adressiert ist, lässt sich heute nichts weiteres über dieses interessante Dokument herausfinden. Es ist vollkommen unklar, wie der private Briefentwurf unter die städtischen Akten gelangt ist, von wem er stammt oder ob der Bericht tatsächlich 1658 verfasst, oder womöglich erst Jahre später aus der Erinnerung niedergeschrieben wurde.

Trotz der oben beschriebenen Ungewissheiten soll der Text hier vorgestellt und in Gänze wiedergegeben werden, besitzt es doch bei aller Unklarheit des Entstehungszusammenhangs einen nicht zu verleugnenden Reiz, sich mit dem unbekannten Verfasser auf die Reise zu begeben.

In 72 Tagen legt der Briefschreiber rund zweitausend Kilometer, zumeist zu Fuß, zurück und besucht dabei etwa 55 Ortschaften in Frankreich und Italien, darunter einige berühmte Pilgerstätten. Neben der reinen Reisebeschreibung gewährt der Brief auch Einblick in die politischen Verhältnisse – und Spannungen – jener Zeit und lässt uns durch seine eindrücklichen (teils etwas ausgeschmückten) Beschreibungen an den Abenteuern der weiten Reise teilhaben.

Am besten nachvollziehen lässt sich die Strecke durch eine Verbindung von Landkarte und Text. Unter https://www.tripline.net/trip/1658-0673004375061012985DB72456031265 sind die besuchten Orte auf der Karte markiert und die ungefähre Reiseroute eingezeichnet. Weiter unten auf der Seite (herunterscrollen!) kann zu jedem Ort der zugehörige Briefabschnitt in deutscher Übersetzung nachgelesen werden. Bei einigen wenigen kleineren Ortschaften, die der Text nur kurz nennt, ist die geographische Zuordnung unsicher. Sie wurden daher nicht in die Karte aufgenommen.


[Der vorgenannte Link führt auf die Reiseroute und zu einer pdf-Datei mit der Abschrift und Übersetzung - ein sehr interessanter Text!]


[Regionalforum-Saar] Halbwahrheiten und Lügen und die Aufarbeitung unserer Geschichte.

Date: 2017/06/15 10:37:35
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Vor ein paar Jahren war eine Debatte um eine „nationalsozialistische Vergangenheit“ des saarländischen Ministerpräsidenten Franz Josef Röder im Gange, die mit viel Polemik und öffentlichem Radau geführt wurde. Zwei Journalisten, Julian Bernstein und Erich Später, versuchten in den „Saarbrücker Heften“ 2014, die braune Vergangenheit Röders aufzuarbeiten.

 

Mit welchen Mitteln sie dabei arbeiteten, die wohl mit seriösem historischen Arbeiten nicht viel zu tun hatten und auf welche Art sie dabei andere beinflußten, die sich mit diesem oder ähnlichen Themen beschäftigen, das beschreibt der Historiker Peter Wettmann-Jungblut in seinem Artikel „ Lügen und andere Wahrheiten, Anmerkungen zur "Röder-Debatte" und zur "kritischen" saarländischen Öffentlichkeit“, der gerade in den „Saargeschichten“, Nr. 2/2017, die vom Historischen Verein für die Saargegend und dem Landesverband der historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes herausgegeben werden.

 

Ich erlaube mir, zwei Sätze zu zitieren, die mich besonders beindruckten (Seite 14):

 

„Demokratische Gesellschaften leben von einem Pluralismus der Meinungen, aber nicht von einem Pluralismus der Fakten. Ihre Bürger und Bürgerinnen besitzen das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten und schon gar nicht darauf, offensichtliche Unwahrheiten im Stile Donald Trumps als „alternative Fakten“ zu deklarieren.

 

Wettmann-Jungblut nennt die Quellen Bernsteins und Später - es sind in der Hauptsache Internetrecherchen sowie „die Anregungen des in Kanada wohnenden Zeitzeugen Klaus Bohr, dessen Erinnerungen an seine Kindheit sie gerne heranziehen“.

 

[Das ist mir etwas sauer aufgestoßen, weil ich selbst schon einige Male mit Bohr telefoniert habe. Er hat eine Zeitlang aus Kanada angerufen und mich aufgefordert, einige seiner Artikel zu veröffentlichen. Doch irgendwann hat er nur noch genervt, und ich habe den Kontakt abgebrochen, gleichwohl mir der alte Mann (Jahrgang 1926) irgendwie leid getan hat.]

 

Wir sind oft schnell dabei, Offensichtliches herauszuposaunen, weil es offensichtlich ist. Aber ein zweiter Blick schadet oft nicht - und ein bißchen mehr Nachdenken schon gar nicht. Das hört sich einfach an und etwas pathetisch, aber so einfach ist es nicht, aber man kann es lernen.

 

Sonst könnte ich heute noch nicht abwägen, was ich mit einem Satz anfangen muß wie „er war in der Partei - also war er ein Nazi“. Beziehungsweise was mir das über einen „Historiker“ sagt, der solche Sätze bevorzugt von sich gibt und sie womöglich so oder so ähnlich aufschreibt und veröffentlicht.

 

Roland Geiger

 

[Regionalforum-Saar] Diktaturen der Vergangenheit und der Gegenwart

Date: 2017/06/16 18:49:23
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Diktaturen der Vergangenheit und der Gegenwart - der Erfolg von Hitlers Ideen bis heute

von Serdar Somuncu

 

Ob es Kafkas Bericht für eine Akademie war, in dem der zu Mensch gewordene Affe Rotpeter seinen Werdegang zum gefeierten Varietestar feiert oder Berthold Brechts „Der unaufhaltsame Aufstieg des Atori Ui“, schon bei meinen frühen Stücken interessierte mich vor allem der Kampf des einzelnen gegen die Obrigkeit.

 

Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Nationalsozialismus“ schloß sich daran nahtlos an.

 

Ich bin es im Gegensatz zu vielen anderen meiner Generation nicht leid, über die Grauen des Dritten Reichs sprechen zu müssen, und ich will auch weiterhin etwas dazu hören, weil mich brennend interessiert, wie es dazu kommen konnte, daß sich ein ganzes Volk dem Diktat eines Irrsinnigen unterworfen hat.

 

Für mich war dies - vielleicht auch, weil ich keine Verwandten habe, die in der Waffen-SS waren - kein Tabuthema, das ich verdrängen wollte, sondern es war die zentrale Frage der deutschen Identität: Wie gehen wir mit Hitler um?

 

Jüngsten Umfragen der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge gibt heute jeder 10te Jugendliche an, etwas gegen Juden zu haben. Mehr als 50 Prozent der Befragten haben etwas gegen Ausländer, und immer noch zu viele finden richtig und konsequent, was Hitler getan hat und wünschen sich sogar eine starke Führungspersönlichkeit an die Macht.

 

Haben die Deutschen also wirklich aus ihrer Vergangenheit gelernt oder wachsen die Täter nach?

Sind die Deutschen wirklich schon so weit, daß sie dieses düstere Kapitel der Geschichte ad acta legen können und zurück zur Normalität kehren können?

 

Hitler ist eine ständige und immer noch gültige Mahnung daran, wie weit Menschen auf ideologische Irrwege geraten können und sich in ihrer Auffassung von Gerechtigkeit fremdbestimmen lassen. Dabei macht noch nicht einmal die Einzig-Abartigkeit der Person Hitlers die größten Sorgen, sondern der unheimliche Erfolg seiner Ideen bis heute. Jeder Mensch, der heute diskriminiert, verprügelt und ermordet wird, weil er eine andere Hautfarbe, einen anderen Glauben oder eine andere sexuelle Orientierung hat, ist ein stiller Erfolg für Hitler, und jeder Gedanke, den wir daran verschwenden, ein adäquates Zeitmaß für Verarbeitung zu finden, ein Schlag ins Gesicht derer, die um Erinnerung kämpfen.

 

aus: Die Wahrheit über Deutschland, PT. 11, Track 17, 2016 Wortart Köln

[Regionalforum-Saar] Vortrag über Brasilienauswand erung

Date: 2017/06/19 09:37:45
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

am Dienstag, 27ter Juni, wird Roland Paul aus Kaiserslautern beim Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF) einen Vortrag mit dem Titel "Über die Auswanderung aus der Pfalz, dem Hunsrueck und der Saarregion nach Brasilien im 19. Jahrhundert" halten.

 

Landesarchiv Saarbrücken, Lesesaal

Beginn: 17.30 Uhr

 

Der Eintritt ist frei, und Besucher sind stets willkommen.

 

Mit freundlichem Gruß

 

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Die Entstehung der bayrischen Pfalz 1816

Date: 2017/06/22 23:10:58
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Möller, Lenelotte; Rummel, Walter; Schlechter, Armin (Hrsg.): "auf ewige
Zeiten zugehören". Die Entstehung der bayrischen Pfalz 1816 (=
Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften). Ubstadt-Weiher: Verlag Regionalkultur 2016. ISBN
978-3-89735-954-3; 344 S.; EUR 24,80.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_26560.pdf>

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Henning Türk, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam
E-Mail: <henning.tuerk(a)uni-due.de>

Mit dem Münchner Vertrag vom 14. April 1816 trafen das Königreich Bayern
und das Kaiserreich Österreich eine wichtige Gebietsabsprache. Bayern
trat das Hausruck- und Innviertel sowie das ehemalige Herzogtum Salzburg
an Österreich ab und erhielt dafür unter anderem einen Teil der ehemals
französischen linksrheinischen Gebiete zugesprochen. Dieses Gebiet wurde
zunächst als "baierische Lande am Rhein" vom bayerischen Staat
übernommen und erhielt 1817 den Namen "Rheinkreis". Als im November 1837
die bayerische Regierung die Kreise nach vermeintlich historischen
Landschaften umbenannte, erhielt das Gebiet den Namen "Pfalzkreis".

Das 200jährige Jubiläum des Münchner Vertrages nahmen das
Landesbibliothekszentrum in Speyer, das Landesarchiv Speyer und die
Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften zum Anlass,
eine Ausstellung zu diesem Thema zu konzipieren, die in der
Landesbibliothek zu sehen war. Im Zusammenhang mit dieser Ausstellung
ist auch der hier zu besprechende Sammelband entstanden. Dieser besteht
aus einem ersten Teil mit 13 Aufsätzen, in denen der Übergang der Pfalz
an Bayern aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird. Im zweiten
Teil, der als Ausstellungskatalog konzipiert ist, werden dann zentrale
Dokumente und Protagonisten der Zeit dargestellt. Im Folgenden werde ich
mich auf die Einordnung des ersten Teils konzentrieren.

Das wechselvolle Verhältnis der Pfalz zu Bayern ist zwar in einer
längerfristigen Perspektive intensiv ausgeleuchtet worden, die Phase des
Übergangs der Pfalz an Bayern spielte dabei jedoch nur eine geringe
Rolle.[1] Daher ist es das Verdienst der Autoren, ein zentrales Thema
für die pfälzische Geschichte in den Blick zu nehmen, das seit den
Forschungen Heiner Haans in den 1970er-Jahren keine vertiefte Analyse
mehr erfahren hat.[2]

Der überwiegende Teil der Aufsätze behandelt politisch-administrative
Aspekte. So stellt Gerhard Hetzer anschaulich dar, wie ungeschickt sich
die bayerische Regierung in den Gebietsverhandlungen mit dem Kaiserreich
Österreich verhielt. Sie musste daher auf ihre weitergehenden Ziele
verzichten und letztendlich mit dem eher ungeliebten "Rheinkreis"
vorlieb nehmen, der über keine direkte Landverbindung zum
rechtsrheinischen bayerischen Staatsgebiet verfügte. Die ambivalente
Haltung der bayerischen Regierung gegenüber dem linksrheinischen Gebiet
wird auch in Walter Rummels Aufsatz über die seit 1814 bestehende
provisorische Verwaltung der ehemaligen französischen linksrheinischen
Gebiete durch Preußen, Österreich und Bayern deutlich. Nach der
Abtrennung des nördlich der Mosel liegenden Gebiets, das an Preußen
fiel, bildeten Österreich und Bayern eine gemeinsame
"Landesadministrationskommission" für ihren Verwaltungsbereich. Rummel
legt dar, wie dieses Gebiet, solange die Besitzverhältnisse ungeklärt
waren, als "Besatzungsraum" (S. 56) behandelt wurde und von den
Verwaltern finanziell ausgebeutet wurde.

Die Frage, wie der "Rheinkreis" in den bayerischen Gesamtstaat
integriert werden sollte, war eine zentrale Frage der Übergangszeit.
Sollte er nach bayerischem Recht verwaltet werden oder sein
französisches Erbe bewahren? Hier beließ die bayerische Regierung, wie
Walter Rummel in einem weiteren Aufsatz verdeutlicht, ihrem neuen
linksrheinischen Gebiet die bestehenden französischen Einrichtungen. Im
Anschluss an Haans Forschungen zeigt er auf, dass man sich von Seiten
bayerischer Reformer, wie etwa Maximilan von Montgelas, von dem
politisch fortschrittlichen neuen Kreis Rückwirkungen auf den
bayerischen Gesamtstaat erhoffte. Aus diesem Grund, aber auch aus
pragmatischen Gründen, sicherte der bayerische König dem neuen Kreis den
Fortbestand der französischen Reformen zu. Unter anderem blieben dadurch
die Feudalrechte abgeschafft. Auch wirtschaftlich-soziale Reformen wie
etwa die Gewerbefreiheit wurden nicht angetastet. Nach dem Sturz
Montgelas' und des bisherigen Generalkommissärs des Rheinkreises Franz
Xaver von Zwackh 1817 blieb das Reformpotential durch die bayerische
Regierung allerdings ungenutzt.

Der von Walter Rummel eher allgemein geschilderte Umgang mit dem
französischen Erbe wird in einigen Aufsätzen dann weiter konkretisiert.
Ulrich Burkhart nimmt dafür eine zentrale "rheinische Institution" in
den Blick, den Landrat des Rheinkreises.[3] Dieser fungierte vor allem
als Beratungsgremium der Kreisregierung und konnte Wünsche der Pfälzer
auch direkt an den König adressieren. Wie Burkhardt verdeutlicht, ist
der französische Generalrat, trotz seiner Bedeutungslosigkeit, durchaus
als Vorläufer des Landrats anzusehen. Mit der Übertragung des Landrats
auf die anderen bayerischen Kreise 1828 änderte sich jedoch für den
"Rheinkreis" die Zusammensetzung. Während er zunächst als reines Gremium
des Wirtschaftsbürgertums fungiert hatte, wurde er seitdem auf
ständischer Basis gewählt. Anschließend zeigt Lenelotte Müller in einem
prosopographischen Aufsatz über die leitenden Regierungs- und
Gerichtsbeamten des Rheinkreises zwischen 1816 und 1818, dass die
bayerische Regierung auch im Personalbereich zunächst auf Kontinuität
setzte.

Auch die Herrschaftsrepräsentation und die publizistischen Diskussionen
über die politischen Entwicklungen im Rheinkreis werden in dem
Sammelband in den Blick genommen. In seinem Aufsatz über die
Repräsentation der bayerischen Herrschaft bleibt Franz Maier allerdings
auf halbem Weg stehen. Anstatt konsequent die im ersten Teil seines
Aufsatzes geschilderten performativen Aspekte der Regierungsübernahme zu
analysieren und damit einen bisher wenig beachteten Aspekt der
Machtübernahme zu beleuchten, widmet er sich in den anschließenden
Abschnitten den Diskussionen über die Verwaltungsorganisation und die
Rückkehr zu alten Maßen, Gewichten und Währungen. Dagegen beleuchtet
Armin Schlechter die publizistischen Äußerungen in der Pfalz über die
neuen bayerischen Machthaber zwischen 1815 und 1832. Hier erkennt
Schlechter einerseits eine unkritische Panegyrik auf die bayerischen
Könige. Andererseits kann er eine zunehmend positive Würdigung der
napoleonischen Zeit herausarbeiten, die der Kritik an der bayerischen
Regierung diente.

Im Anschluss an die politisch-administrativen Themen folgen zwei knappe
Überblicksaufsätze über die Bedeutung der bayerischen Herrschaft für die
beiden Konfessionen, welche die bisherige Forschung zusammenfassen. Auf
katholischer Seite war vor allem die zwischen 1817 und 1821 erfolgte
Neugründung des Bistums Speyer zentral, das sich mit dem bayerischen
Rheinkreis deckte. Dagegen stand auf evangelischer Seite die 1819
erfolgte Union der verschiedenen Glaubensrichtungen zur
"protestantisch-evangelischen-christlichen Kirche" im Vordergrund.

Zwei abschließende Aufsätze widmen sich der Kultur- beziehungsweise der
Geschichtspolitik. Ludger Tekampe beleuchtet durchaus kritisch, dass der
bayerische König außer Vorzeigeprojekten wie etwa der Erneuerung des
Speyerer Domes oder dem Bau der Villa Ludwigshöhe wenig für die Pfalz
getan habe, zumal die Finanzierung dieser Projekte zwar aus der
Privatschatulle des Königs gestammt habe, diese aber letztendlich mit
Steuermitteln gefüllt worden sei. Armin Schlechter geht anschließend auf
das Pfalz-Jubiläum von 1916 ein. An eine große Inszenierung war in
Kriegszeiten nicht zu denken. Dafür boomte die Geschichtsschreibung zum
pfälzisch-bayerischen Verhältnis. Diese sei, so Schlechters Fazit, bis
auf wenige Ausnahmen königstreu und, für die Zeit wenig überraschend,
frankreichfeindlich gewesen.

Insgesamt erhält der Leser mit diesem Sammelband eine solide Einführung
in die verschiedenen Aspekte der Übernahme des späteren Pfalzkreises
durch Bayern, wobei forschungsorientierte Aufsätze neben knappen
Überblicksaufsätzen stehen. Auf diese Weise bietet sich der Sammelband
als Ausgangspunkt für zukünftige Forschungen an. Dabei sollte man
allerdings, wie insbesondere Walter Rummel es in seinen Beiträgen tut,
über den Pfalzkreis hinausschauen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. So
hatte eben nicht nur Bayern mit der Integration ehemals französischer
Gebiete zu kämpfen, sondern auch Preußen mit "Rheinpreußen" oder das
Großherzogtum Hessen mit der Integration "Rheinhessens". Bereits Heiner
Haan hat in seiner Quellensammlung darauf hingewiesen, dass sich in den
Akten der Kreisregierung in Speyer auch Abschriften der preußischen
Kabinettsorders für die Etablierung der Verwaltung in der Rheinprovinz
befinden. Offensichtlich schaute man sich in Speyer genau an, wie die
Integration der Nachbargebiete in die neuen Herrschaftsräume stattfand.
Es wäre daher zukünftig hilfreich, nicht immer nur den
bayerisch-pfälzischen Fall zu untersuchen, sondern diesen zu vergleichen
und einzuordnen. Damit könnte man die Gemeinsamkeiten und Spezifika der
jeweiligen Integrationsleistungen präziser als bisher ausloten.


Anmerkungen:
[1] Siehe hierzu u.a. Hans Fenske (Hrsg.), Die Pfalz und Bayern
1816-1956 (= Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur
Förderung der Wissenschaften 64), Speyer 1998; Karsten Ruppert (Hrsg.),
Wittelsbach, Bayern und die Pfalz: das letzte Jahrhundert (= Historische
Forschungen 115), Berlin 2016
[2] Siehe hierzu vor allem die Quellenedition Heiner Haan (Hrsg.),
Hauptstaat - Nebenstaat. Briefe und Akten zum Anschluß der Pfalz an
Bayern 1815/1817, Koblenz 1977; Ein zentrales früheres Werk ist Adam
Sahrmann, Pfalz oder Salzburg? Geschichte des territorialen Ausgleichs
zwischen Bayern und Österreich von 1813 bis 1819 (= Historische
Bibliothek 47), München 1921.
[3] Als Nachfolgeorganisation des Landrats feierte der Bezirkstag der
Pfalz vor kurzem sein 200jähriges Jubiläum. Auch dazu erschien ein
Jubiläumsband: Ulrich Burkhart (Hrsg.), 1816-2016. 200 Jahre Bezirkstag
Pfalz, Kaiserslautern 2016.

[Regionalforum-Saar] am nächsten Freitag: das zw eite Rathausfest

Date: 2017/06/24 22:13:19
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

so stand es diese Woche im Blickpunkt St. Wendel:

Bürgermeister lädt zum zweiten St. Wendeler Rathausfest ein

Bürgermeister lädt zum zweiten St. Wendeler Rathausfest ein
Am 30. Juni ist es wieder soweit. Dann steht der letzte Freitag im Juni zum zweiten Mal ganz im Zeichen des St. Wendeler Rathausfestes. Nach dem großen Zuspruch bei der gelungenen Premiere im vergangenen Jahr, lädt Bürgermeister Peter Klär auch in diesem Jahr zum Rathausfest ein. Beginn ist um 15 Uhr auf dem Gelände hinter dem Rathaus am Dom. „Ich freue mich sehr, die St. Wendeler Bürger zu diesem beschaulichen Sommerfest begrüßen zu dürfen, bei dem sich unser Rathaus von seiner besten Seite zeigt. Zusammen wollen wir den Auftakt in ein entspanntes Wochenende und den Beginn der Sommerferien in gemütlicher Runde feiern“, beschreibt Klär das „inoffizielle St. Wendeler Dorffest“.

Neben geselligem Beisammensein in beschaulicher Dorffest-Atmosphäre spielt auch die St. Wendeler Geschichte erneut eine wichtige Rolle. Thema in diesem Jahr: das Freiheitsfest des Jahres 1832 in St. Wendel. Ein Vortrag der Historiker Dr. Josef Dreesen und Bernhard Planz lässt diese geschichtsträchtige Zeit im Sitzungsaal des Rathauses noch einmal anschaulich aufleben.

Zudem begleiten die St. Wendeler Stadtführer (Roland Geiger und Ortwin Englert) alle historisch interessierten Besucher durch die denkmalgeschützten Gebäudeteile des Rathauses und berichten über dessen bewegte Vergangenheit. Dabei darf natürlich auch ein Blick auf die Gegenwart des Gebäudes nicht fehlen.


Neben diesen historischen Ausflügen steht auch wieder eine Menge handgemachte Musik auf dem Programm und für das leibliche Wohl ist mit Getränken, Räucherfisch, Pizza und Pasta ebenfalls bestens gesorgt. Für die Kleinen gibt es unter dem Motto „Meine bunte Stadt“ ein abwechslungsreiches Programm. Es wird gebastelt, gespielt und wer möchte, kann sich schminken lassen. Bürgermeister Peter Klär lädt alle Bürgerinnen und Bürger und alle Besucher von St. Wendel herzlich zu dem Fest ein.

Programm:
15.00 Uhr "Paper Street Soap Company" - Marius Gisch, Max Schmidt und Aaron Peter unterhalten die Gäste mit handgemachter Musik im Unplugged-Sound. Zu ihrem Repertoire gehören Chartsongs, Rap, Reggae und Rock für alle Altersklassen.
15.00 Uhr - 19.00 Uhr Spiel- und Bastelangebote für Kinder, Motto „Meine bunte Stadt.“

ab 16.00 Uhr Rathausführungen mit den Stadtführern (im 30-Minuten-Takt, Anmeldung vor Ort möglich).

16.30 Uhr Shanty-Chor MK "SSS Passat" Nordsaar e. V. - Lieder von der Waterkant über Fern- und Heimweh

18.00 Uhr "1832 - Freiheitsfest in St. Wendel" - historischer Vortrag von und mit Bernhard Planz und Dr. Josef Dreesen im Sitzungssaal des Rathauses am Dom.

18.00 Uhr Elisa Rauber - Die junge Sängerin und Gitarristin aus Oberthal wollte schon immer mit ihrer Musik auf der Bühne stehen. Dieser Traum erfüllt sich mit jedem Auftritt ein kleines Stückchen mehr. Auch beim diesjährigen Rathausfest. Elisa Rauber covert Lieder und Balladen aktueller Künstler und präsentiert ihre eigenen Songs.
20.00 Uhr "Old Southern Swing Band" - Die Band präsentiert Songs, Swing und Instrumentalhits der 50er Jahre bis heute, Gitarren-Hits der Shadows und Spotnicks. Die Band setzt sich aus bekannten Musikerinnen und Musikern aus Stadt und Stadtteilen zusammen. Herbert Schwöppe, Peter und Beate Maldener, Franz Josef Marx, Sepp Fischer, Peter Kirch, Albert Mathias, Rainer Meier und Pia Arnu sorgen für beste Unterhaltung und tolle Stimmung.

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Die Führungen durch das Rathaus beginnen am seitlichen Rathauseingang in der Grabenstraße und führen durch die Keller des mittleren Hauses hinauf in den ersten Stock und auf die Dachterrasse mit Blick auf die nicht mehr vorhandene Burg.

[Regionalforum-Saar] morgen Grabungsfest im Wareswald bei Tholey

Date: 2017/06/24 22:19:53
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Die TERREX gGmbH lädt Sie herzlich ein an die Grabung „Römischer vicus Wareswald“ zum 16. Grabungsfest


am Sonntag, 25. Juni 2017,

10 bis 18 Uhr.

Neben dem üblichen römisch und keltisch geprägten Rahmenprogramm sind diesjährige Programmhöhepunkte römische Knochenschnitzereien an einer für die Zeit typischen
Drechselbank.

Außerdem werden keltische Krieger und römische Legionäre auftreten.

Im Container unseres Projektleiters im Wareswald wird die Hochschule der Bildenden Künste Saar eine Gesamtschau ihrer bisherigen Arbeiten für uns präsentieren.

Um 11.00 Uhr spricht der Bürgermeister der Gemeinde Tholey Hermann Josef Schmidt, ein Grußwort.


Bezüglich der Zufahrt zum Gelände - von Tholey her muß man erst über den Schaumberg und dann unterhalb des jüdischen Friedhofs auf den Parkplatz vorm Grabungsgelände.

Ob die Zufahrt von Oberthal her möglich ist, weiß ich nicht.


[Regionalforum-Saar] Gartengespräche ab nächs ten Montag in St. Wendelin

Date: 2017/06/26 09:00:55
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

heute so oder so ähnlich in der SZ:

Pfarrgarten-Gespräche legen Augenmerk auf Heiligen

 

Auch in diesem Jahr stehen die Gespräche im Pfarrgarten auf dem Programm. Sechs Vorträge drehen sich um den heiligen Wendelin.

 

St. Wendel (hjl) Die Katholische Kirchengemeinde St. Wendelin lädt auch in diesem Jahr wieder zu ihren Gesprächen im Pfarrgarten ein. An sechs Montagen in den Sommerferien behandeln Referenten wieder interessante Themen, die die Stadt und die Pfarrgemeinde gerade im Hinblick auf die Feierlichkeiten des 1400. Todesjahres des heiligen Wendelin berühren. Beginn ist jeweils um 19 Uhr.

 

Bei schlechtem Wetter finden die Vorträge im Cusanushaus statt. Bei einem kleinen Imbiss und Getränken besteht im Anschluss an die Vortragsveranstaltung die Möglichkeit des Beisammenseins.

 

Folgende Termine und Themen sind geplant:

 

3. Juli: Die ältesten Wendelin-Legenden, Referentin Dr. Margarete Stilz.

 

10. Juli: Der heilige Wendelin reist nach Amerika: Referent: Roland Geiger.

 

17. Juli: Das Christentum in unserem Raum zur Zeit des heiligen Wendelin (um 600 nach Christus). Referent: Bernhard Planz;

 

24. Juli: Geschichten um St. Wendelin und St. Wendel. Referent Dr. Alfons Klein.

 

31. Juli: Der heilige Wendelin – ein Heiliger der Trierer Kirche? Referent: Frater Wendelinus Naumann OSB.

 

Der letzte (nur zeitlich gesehen) Vortrag findet am 7. August statt.

 

Dr. Manfred Peter referiert dann über das Thema: „Der heilige Wendelin – die historischen Fakten in der Legende“.

 

Der Eintritt ist frei.

 

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Bitte beachten:

In der Zeitung steht noch, daß Bernhard Planz am 10ten seinen Vortrag und ich meinen am 17ten halte. Das wurde aus terminlichen Gründen (toller Begriff - hört sich stark an und besagt nix, außer daß die wahren Grunde unbekannt sind oder nicht angegeben werden sollen-wollen-dürfen) umgelegt.

 

Außerdem: Der Vortrag von Frau Dr. Stitz am nächsten Montag, 3. Juli, wird am 29ten August in Saarbrücken-Scheidt im Lesesaal des Landesarchivs im Rahmen der Monatstreffen der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienforschung (ASF) wiederholt.

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] alternative Fakten über die K leine Eiszeit und ihre Folgen

Date: 2017/06/30 08:49:17
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

ein Buch über die Kleine Eiszeit zwischen 1500 und 1700 ist erschienen, und nachfolgend kommt eine Rezension, die es gar nicht gut damit meint. Sie sagt aus, daß nach Meinung des Rezensenten - wohl auch ein Fachmann gerade auf diesem Gebiet - der Verfasser des Buches dasselbe mehr auf Vermutungen basiert als auf tatsächliche Forschung und Fakten.

 

Leider gibt es die Rezension nur auf Englisch; ich habe Prof. Dr. Pfister gefragt, aber auf absehbare Zeit wird es keine deutsche Übersetzung geben.

 

Interessant sein Resumee:

 

„Insgesamt ist es schwer zu verstehen, warum es der Autor unterlassen hat, sein Buch vor der Veröffentlichung durch einen qualifizierten Wissenschaftler untersuchen zu lassen. Ein Grund mag sein, daß Bloms „alternative Fakten“ meine Person (Dr. Pfister) als Klima-Historiker beinhalten. Er bedankt sich für die Unterstützung, die ich ihm für dieses Buch gab, dabei standen wir niemals miteinander in Kontakt.“

 

Das hat doch was. Ich kenne Leute, die zitieren Gespräche mit Leuten, die nicht mehr am Leben sind (sind schwer nach zu prüfen, wenns nichts Schriftliches gibt), aber einen Lebenden an Bord zu nehmen, ohne daß er davon weiß, das ist schon … treist.

 

Zu diesem Thema „Klima“ bleiben wir also lieber bei dem Buch von Prof. Dr. Wolfgang Behringer, das vor etlichen Jahren im Verlag CH Beck erschienen ist: „Kulturgeschichte des Klimas: Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung“.

 

Einem ähnlichen Thema widmet sich übrigens Dr. Priewer am 11ten November beim Seminar „Vertiefende Familienforschung“ auf Schloß Dhaun in seinem Vortrag über das sog. „Jahr ohne Sommer“. Sein Vortrag lautet „Der Ausbruch des Vulkans Tambora 1815 und die Auswirkungen auf die Neuwieder Region im Spiegel der Kirchenbücher“.

 

 

Nun denn.

 

Roland Geiger, St. Wendel

 

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Blom, Philipp: Die Welt aus den Angeln. Eine Geschichte der Kleinen Eiszeit von 1570 bis 1700 sowie der Entstehung der modernen Welt,

verbunden mit einigen Überlegungen zum Klima der Gegenwart. München:

Carl Hanser Verlag 2017. ISBN 978-3-446-25458-9; 302 S.; EUR 24,00.

 

Rezensiert für H-Soz-Kult von:

Christian Pfister, Historisches Institut, Universität Bern

E-Mail: <christian.pfister(a)hist.unibe.ch>

 

Historicising climate requires working through a considerable body of knowledge. The German philosopher, journalist and historian Philipp Blom who graduated about Nietzsche has so far primarily written about the social and cultural upheavals in early twentieth century Europe. He became known through his books "Der taumelnde Kontinent. Europa 1900-1914" (2009) and "Die zerrissenen Jahre 1918-1938" (2014). His recent book deals with the Little Ice Age. The three themes mentioned in the subtitle are only loosely connected in the text.

 

About the climate of the Little Ice Age: "Long icy winters and short cool summers: climate in seventeenth century Europe changed dramatically. Grain supplies became short. Economies and societies plunged into a deep crisis. The Little Ice Age may give us an idea about the severe consequences of a change in climate." In these words the author propagates his book in the blurb. He visually underlines his description with the painting of a winter landscape created by the Dutch painter Hendrick Avercamp representing conditions during the severe winter of 1608.

 

In order to further stress the severity of the seventeenth century climate Blom quotes a text by Jean Nicolas de Parival (1654) who refers to St John's Book of Revelations: "Hence this is the terrible century which is described in the Holy Bible: the seven angels have poured out their bowls." Finally the author quantifies the drop in temperatures: "Until the mid-fourteenth century Europe had benefitted from a warm period during which [annual?] temperatures were two or three degrees higher. After 1400 temperatures plummeted two or three degrees below the twentieth century average which adds up to a difference of four to five degrees compared to the Medieval Warm Period." (p. 19) This is strong meat. Not considering the biased chronology the magnitude of the error is shocking. The difference of the annual temperatures between the Medieval Warm Period and the Little Ice Age is about 1.5 degrees, whereas the difference between the final decades of the Little Ice Age and the twentieth century is somewhat less than 1 degree. The author provides no proofs for his text except for source quotes. In compensation he presents an impressive bibliography of more than 300 titles. Blom's fake temperature data play directly into the hands of climate sceptics. If the Little Ice Age was two degrees colder than the present, concludes the Swiss conservative periodical "Weltwoche", why should we worry about a two degrees warming in the future? In fact, this argument rather needs to be turned around. Precisely because past temperature changes were rather small, there is a reason for concern about the future! But, in order to do justice to Blom, it needs to be stressed that he is not a sceptic. Rather, he worries about the anthropogenic climate change (p. 245).

 

The reasons for this "demonstrably dramatic change in climate" are enigmatic according to the author. There are only hypotheses including periodical fluctuations of solar irradiance, changes in the rotation of the earth's axis, volcanic eruptions and a high number of earthquakes. "But these are only theories" (p. 20). This unfounded claim avoids him coming to grips which the vast scientific literature on his topic. There is the reason why he fails to provide a scientifically adequate chronology of the Little Ice Age. This period lasting in Europe from the late thirteenth to the late nineteenth century was not a homogenous block of cold climate. Its worst effects were felt during the last three decades of the sixteenth century, when harvests simultaneously failed in many regions of Europe and when - resulting from a climatic change paranoia - thousands of witches were burnt on the stake. In contrast, the climate of the seventeenth century was rather heterogeneous, including short periods of rough climate alternating with clusters of higher temperatures.

 

About the development of the modern world: Through the cooling down of the climate by more than four degrees a social system that had been stable over several centuries was thrown off the track (p. 21). The dramatization of the Little Ice Age as a "mortal threat" (p. 44) provides him the stage for presenting his core thesis, according to which the development of new world views in the seventeenth century resulted to a considerable extent from the dramatic change in climate he depicts. Undoubtedly, religious world views were profoundly challenged during this period. Nature was no longer considered as a moral universe focused on religion. A new generation of intellectuals created new world views which separated morality and religion. For Baruch de Spinoza the new transcendence was to be found in the moral laws of nature. National greatness mattered for the philosopher John Locke. For Bernard de Mandeville the key to success was the "survival of the most ruthless gangsters." The projections of the leading intellectuals were hardly related to harsh climatic conditions. People suffered far more from the consequences of the brutal wars between Great Powers ravaging without interruption almost throughout the century. The dreams of the rationalists were geared for freedom, for universal Human Rights, but also for the freedom of the strongest and most efficient and the unbridled freedom of the market following Karl Polanyi's "Great Transformation (1944). In dealing with these topics Blom shows intellectual brilliance.

 

Reflexions about the present situation of the World: Bernard Mandeville's "Fable of the bees" (1705) serves him as an allegoric model leading over to the discussion of the present time. As a synthesis his thoughts are worth reading albeit they contain quite a few truisms, for instance that modern capitalism destroys its own foundations.

 

In sum, it is hardly understandable why the publisher did not ask for an editing of the book by a qualified scientist before submitting it to the public. One reason may be that Blom's fake data also include my person as a climate historian. He credits me for the support I should have provided him for his book though we never had any communication.

 

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:

Stefan Gorißen <stefan.gorissen(a)uni-bielefeld.de>