Monatsdigest

[Regionalforum-Saar] über den Heinz Becker in jede m von uns

Date: 2017/01/02 09:14:05
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

heute in der SZ:


„Wir sind

alle irgendwo

Heinz Becker“

Kabarettist Gerd Dudenhöffer über

das Erfolgsgeheimnis seiner Paraderolle

Der spießige Nörgler Heinz Becker gehört für viele Deutsche zu den bekanntesten Saarländern. Seit mittlerweile über 30 Jahren tritt sein Erfinder Gerd Dudenhöffer in der Figur auf. Um das Saarland macht er aber seit einigen Jahren einen Bogen.

Von dpa-Mitarbeiterin

Birgit Reichert

Homburg. Heinz Becker hat keine Ahnung, aber er schwätzt über alles. Und hat immer eine Meinung. Als schrulliger Rentner mit Hosenträgern und „Batschkapp“ erklärt er seit mehr als 30 Jahren auf der Bühne Zuschauern quer durch die Republik seine kleine spießige Welt. Dass er einen Saarländer gebe, sei eher Zufall, sagt Kabarettist Gerd Dudenhöffer über sein Alter Ego. Ihm war klar, dass die Figur eine Mundart haben muss. „Weil in Mundart redet man nicht, da wird von der Seele geschwätzt.“ Er habe als gebürtiger Saarländer „eben rein zufällig Saarpfälzisch“ beherrscht.

Heinz Becker zählt neben Schlagersängerin Nicole und Linken-Politiker Oskar Lafontaine zu den bekanntesten Saarländern. Dabei ist bis auf die Sprache nicht viel Saarländisches an der Kultfigur dran. „Sie hätte auch woanders herkommen können“, sagt Dudenhöffer, der jedes Jahr rund 100 Auftritte als Heinz Becker hat. „Die Figur funktioniert genauso in Hamburg wie in München oder in Köln oder Leipzig.“

Dudenhöffer ist überzeugt: „Wir sind alle jeden Tag irgendwo Heinz Becker. Das Kleinbürgerliche ist im Kopf.“ Viele Zuschauer sagten bei einem Auftritt: „Genauso jemanden kenne ich auch.“ Dabei wollten sie nicht wahrhaben, dass auch sie manchmal so tickten. „Sie merken gar nicht, dass sie über sich selbst lachen.“ Dudenhöffer hält seinem Publikum einen Spiegel vor, ohne aber den mahnenden Finger zu heben. „Das wäre arrogant.“

Der Heinz schwätzt über die Nachbarstochter genauso wie über den Griff des Rasenmähers oder darüber, dass um Punkt zwölf gegessen wird. Bissig satirisch redet er aber auch über „Neger, Schwule und Nazis“ – und greift aktuelle Themen auf. „Er hat keine Tabus.“ Der Humor spiele eine große Rolle: „Man muss die Leute erst einmal lockermachen.“ Damit sie keine Angst hätten, über bestimmte Themen zu lachen. „Kabarett ist dafür da. Es bläht die Realität so weit auf, bis sie fast platzt.“ Mit Verunglimpfung habe das null zu tun.

Den großen Erfolg erklärt sich Dudenhöffer damit, „dass ich der Figur treu geblieben bin“. Wie – das können seine Fans bei seinem neuen Programm 2017 sehen: Es heißt „Déjà vu“ – und darin spielt der Kabarettist aus 30 Jahren Heinz Becker-Programmen. Bis Ende 2016 hat der Kabarettist Texte aus seinen 16 Programmen ausgewählt. Jetzt wird eifrig geschrieben – und am 23. März ist Premiere.

„Die Leute werden schon den ein oder anderen Text wieder erkennen“, verrät er. Viele Themen seien heute noch genauso aktuell wie damals. Menschen wollten heute wieder stärker ruhiges, klassisches Kabarett, meint der gelernte Werbegrafiker. „Die Welt wird immer komplizierter und der Heinz redet darüber.“

Die Figur des Heinz Becker habe er Anfang der 1980er Jahre „nicht konstruiert“, sagt Dudenhöffer. „Ich habe sie nicht erfunden im Sinne von Erschaffen.“ Sie habe sich einfach so entwickelt: Eine Anregung sei damals ein Gespräch zweier Grafiker-Kollegen gewesen, die bei ihm eine Holzdecke einzogen. Wie sie miteinander redeten, sei der Auslöser gewesen. Das habe er genutzt – wohin das führte, habe er damals aber nicht geahnt. „Erfolg kann man nicht planen.“

Dass er als Künstler mittlerweile älter sei als seine Figur, sei „noch kein Problem“. „Heinz Becker war ja immer um die 60 Jahre herum. Noch kann ich glaubhaft einen 60-Jährigen spielen“, sagt Dudenhöffer, der inzwischen 67 ist. Er verkörperte die Rolle auch von 1992 bis 2004 in der Fernsehserie „Familie Heinz Becker“ – mit 42 Folgen. Eine Neuauflage der Serie hätte er sich gut vorstellen können, das habe sich aber nicht ergeben, sagt er.

Seit über 15 Jahren tritt der Künstler im Saarland nicht mehr auf. Grund sei eine damalige „Hetzkampagne“ gewesen, die sich dagegen wandte, dass er angeblich in Deutschland das Bild des trotteligen Saarländers vermittelte. Das habe ja nie gestimmt, da Becker ja kein Saarländer per se sei. Dennoch liebe er das Saarland und wohne nach wie vor in Bexbach. „Ich bin ein Mensch, der seine Ruhe haben will. Und da ist auch viel Wald, mehr als sonstwo.“ Foto: dietze

„Ich bin ein Mensch, der seine Ruhe haben will.“

Gerd Dudenhöffer



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Mit freundlichen Grüßen
 
Roland Geiger
 
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Roland Geiger
Historische Forschung
Alsfassener Straße 17, 66606 St. Wendel
Tel. 06851-3166
email rolgeiger(a)aol.com oder alsfassen(a)web.de
www.hfrg.de

[Regionalforum-Saar] über das Puddeln

Date: 2017/01/07 10:12:13
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

heute in der SZ:

Als die Kohle zum Erz kam

Mit dem Puddle-Verfahren wurde im Neunkircher Eisenwerk eine neue Zeit eingeläutet

Dank eines neuen technischen Verfahrens aus England begann in den 1830er Jahren eine neue Blüte für die Neunkircher Hütte. Montanunternehmer Carl Friedrich Stumm hatte das Puddle-Verfahren aus Wales importiert.

Von SZ-Mitarbeiter Gerd Meiser

Neunkirchen. Ende des 18. Jahrhunderts wurde in England ein Verfahren entwickelt, das die Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen ohne den Einsatz der teuren Holzkohle ermöglichte. Nun konnte die billigere Steinkohle genutzt werden. In verschiedenen Schriften wird auf das Puddle-Verfahren auch im Neunkircher Eisenwerk verwiesen. Im Bewusstsein derer, die sich noch für die Geschichte des seit 1982 geschlossene Eisenwerkes interessieren, ist dieses historische Kapitel der Neunkircher Hüttengeschichte von großem Interesse.

Günter Haab aus Oberthal, bis zu seiner Pensionierung in der Abteilung „Hochbau “ im Rathaus Neunkirchen beschäftigt, hat nun anhand von selbst gezeichneten Plänen nachvollzogen, wo genau das Puddle-Werk in Neunkirchen ab 1830 stand. Demnach befanden sich die Puddle-Öfen mit ihren charakteristischen hohen Türmen in der Nähe des Hammergrabens – hinter dem heutigen Saarpark-Center.

„Es ist nicht leicht, in wenigen Worten die Abfolge der hüttentechnischen Prozesse bei der Erzeugung des schmiedbaren Eisens durch das Puddle-Verfahren zu erklären“, meint Günter Haab. Erfunden hat es der englische Unternehmer und Metallurg Henry Cort. Dabei kann die teure Holzkohle durch die billigere Steinkohle ersetzt werden. Eine enormer Effizienzgewinn, weil schon die Herstellung von Holzkohle sehr aufwändig war. Reich wurde Cort allerdings trotz seiner Patente nicht, er starb verarmt im Jahr 1800.

Laut Haab muss man sich das Puddle-Verfahren – sehr vereinfacht – so vorstellen, dass in einem Ofen beziehungsweise auf einem Herd, der mit Steinkohle befeuert wurde, das Roheisen eingeschmolzen wurde. Die Hitze wurde dabei am oberen Ende des Kamins durch eine Klappe reguliert. Das zähflüssige Eisenbad wird durch ständiges Rühren (puddeln) entkohlt. Dabei stocherte der Puddler mit einem langen Eisenstab durch eine kleine Öffnung in diesem Eisenbrei herum, und so konnte der Sauerstoff das flüssige Eisen entkohlen. Der so erhaltenen Luppe wurde in einem späteren Arbeitsgang mit einem Hammer oder der Luppenquetsche die noch vorhandene Schlacke ausgetrieben. Im Luppenwalzwerk zu Stabeisen ausgewalzt, wurden die Stäbe dann zu Paketen zusammengeschnürt, im Schweißofen erhitzt und im Schienenwalzwerk ausgewalzt. Die Fachkompetenz der Puddler sei da ganz wesentlich für die Qualität des „gefrischten“ Eisens gewesen.

Montanunternehmer Carl Friedrich Stumm (1798-1848) hatte sich länger schon intensiv mit dem Puddle-Verfahren befasst. Nach einer Reise nach Wales, wo er entsprechende Anlagen besichtigt hatte, führte er es auch in Neunkirchen ein. So nahm das Eisenwerk auch dank der Kompetenz seines technischen Direktors Ferdinand Steinbeis einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung und machte sich fortan vor allem in der Schienenproduktion weltweit einen Namen.

[Regionalforum-Saar] Grenzgänge. Vom Imperium Ro manum zu den regna Francorum

Date: 2017/01/09 08:59:19
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit und Rheinische
Landesgeschichte, Abteilung für Alte Geschichte, Institut für
Geschichtswissenschaft, Universität Bonn; Verein für Geschichtliche
Landeskunde der Rheinlande
26.09.2016-27.09.2016, Bonn

Bericht von:
Tobias Tenhaef, Zentrum für Historische Friedensforschung der
Universität Bonn, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
E-Mail: <ttenhaef(a)uni-bonn.de>

Am 26. und 27. September 2016 fand im Bonner Universitätsforum die
Herbsttagung des Vereins für die Geschichtliche Landeskunde der
Rheinlande zum Thema "Grenzgänge. Vom Imperium Romanum zu den regna
Francorum" statt. Sie wurde in Kooperation mit dem Institut für
Geschichtswissenschaft der Universität Bonn organisiert. Ihr
Untersuchungsraum war das Rheinland, Grenzgebiet des Reiches und
komplexe Zone des Kulturkontaktes.

Nach einer Einführung durch ALHEYDIS PLASSMANN (Bonn) bot MATTHIAS
BECHER (Bonn) in seinem Eröffnungsvortrag "Kontinuität und
Diskontinuität. Herrschaft zwischen Spätantike und Frühmittelalter"
einen Überblick über die Geschichte der deutschsprachigen
Historiographie zum Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter.
Diese sah spätestens seit Otto Brunners "Neuer Verfassungsgeschichte"
einen radikalen Bruch zwischen der (politischen) Kultur des Römischen
Reiches mit seinem unpersönlichen Staatsverständnis und dem auf
personalen Bindungen beruhenden Herrschaftsbegriff des Mittelalters.
Eine empirische Überprüfung dieses Konzeptes am Beispiel der fränkischen
Könige beim Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter zeige aber,
dass der Übergang vom imperium Romanum zum regnum Francorum mehr ein
gradueller, durch innerrömische Dynamiken angetriebener Wandlungsprozess
war, weniger ein durch äußere Faktoren verursachter, radikaler Bruch.

Anschließend betrachtete MISCHA MEIER (Tübingen) die römische Seite der
spätantiken Wandlungsprozesse. Ausgehend von dem Diktum, der
weströmische Feldherr Flavius Aëtius sei der letzte Römer gewesen,
unterzog Meier die Quellen für dieses Bild einer analytisch scharfen
Kritik. Das Bild der Nachwelt von Aëtius beruht im Wesentlichen auf
erzählenden Quellen oströmischer Provenienz, die erst seit dem frühen 6.
Jahrhundert einsetzen. Vor dem historiographisch konstruierten
Hintergrund einer totalen Degeneration der übrigen Spitzenpolitiker
hoben sich Aëtius und sein von ihm ermordeter Konkurrent Bonifatius als
"letzte Römer", auch und gerade moralisch verstanden, ab - weil es ihnen
als einzigen gelungen war, überhaupt einmal erfolgreich gegen "Barbaren"
zu kämpfen. Dass diese Charakterisierung ein ausgesprochen vergiftetes
Lob gewesen sei, werde aber aufgrund der Tatsache deutlich, dass Aëtius
für die oströmischen Geschichtsschreiber vor allem ein kaltblütiger und
skrupelloser Machtpolitiker war.

Die komplexe Ethnogenese der Franken war das Thema des Vortrags von
ANDREAS POPESCU (Kamp-Lintfort). Nach systematischer Analyse aller
Quellenstellen, an denen seit dem 3. Jahrhundert von "Franken" die Rede
ist, kam er zu dem Ergebnis, dass mit "Franken" zunächst alle Kämpfer
nichtrömisch-germanischer Herkunft gemeint waren, die sich primär einer
Art des irregulären Kampfes bedienten. In der Zeit zwischen ca. 400 und
470 gingen zahlreiche dieser germanisch-stämmigen Kämpfergruppen in
Nordgallien Bündnisse mit Teilen der regulären römischen Armee, bereits
ansässigen foederati und aufständischen Teilen der Landbevölkerung ein.
Aus dieser "nordgallischen Koalition" formte Chlodwig nach 470 einen
exercitus Francorum, mit dessen Hilfe er als rex in der Nachfolge des
Römischen Reiches die Ordnung im nordgallischen Raum wieder herstellte.
Dies verlangte auch den dauerhaften Ausgleich zwischen den Interessen
des galloromanischen Senatorenadels und der Landbevölkerung einerseits
und den Kriegern des nun als "fränkisch" definierten Heeres
andererseits. Das Ergebnis der entsprechenden Bemühungen Chlodwigs und
seiner Nachfolger lässt sich etwa in der Lex Salica fassen, die das
tägliche Miteinander zwischen bäuerlicher Landbevölkerung und stehendem
Heer regeln sollte.

GERTRUD KUHNLE (Straßburg) erweiterte den Fokus der Tagung räumlich auf
das Gebiet des Oberrheins, indem sie die archäologisch fassbare
Geschichte des Legionslagers Straßburg darstellte. Seit dem Ende des 1.
Jahrhunderts befand sich auf dem Gebiet des späteren Straßburg das Lager
der 8. Legion. Die übliche Holz-Erde-Ummauerung wurde ab der Mitte des
2. Jahrhunderts in Stein ausgeführt und am Übergang vom 3. zum 4.
Jahrhundert vollständig neugebaut. Zwischen 350 und 370 lassen sich auf
dem Gelände des Legionslagers erste Spuren einer zivilen Bevölkerung
nachweisen, mögliche Kirchenbauten datieren in die Zeit zwischen dem 5.
und dem 7. Jahrhundert. Für das 6./7. Jahrhundert ist ein Grubenhaus
nachweisbar. Allerdings bestanden selbst im 10. Jahrhundert im
Wesentlichen noch die römischen Besiedlungsstrukturen, auch die Mauer
wurde beständig gepflegt und ausgebessert, sodass der Eindruck einer
deutlichen Besiedlungskontinuität entsteht.

An den Niederrhein zurück führte der Vortrag von STEFAN CIESIELSKI
(Bonn), der von ersten Ergebnissen der jüngsten Grabungen in
Bonn-Castell berichtete. Die ältesten dabei freigelegten
Brandbestattungen datierten in die Mitte des 1. Jahrhunderts nach
Christus. Für die Zeit vom 2. bis 3. Jahrhundert ließen sich am Ort des
Gräberfeldes eine römische Zivilsiedlung und die Überreste einer
Töpferei nachweisen. Das Ende dieser örtlichen Zivilbesiedlung könnte
mit dem Frankeneinfall von 274 in Zusammenhang stehen, seit dem 4.
Jahrhundert seien auf dem Gebiet nur noch Körperbestattungen
nachzuweisen, zugleich gebe es seit dieser Zeit erstmals innerhalb der
Mauern des Legionslagers Anzeichen für eine zivile Bevölkerung. Seit dem
Ende des 4. Jahrhunderts kämen Grabbeigaben hinzu, die man von
archäologischer Seite her, mit aller gebotenen methodischen Vorsicht,
als "germanisch" zu bezeichnen pflege. Die jüngste Bestattung datiere
aus der Zeit um 450.

Eine numismatische Perspektive auf die Staatlichkeit des frühen
Merowingerreiches bot JÜRGEN STROTHMANN (Siegen), der in seinem Vortrag
Ergebnisse der Untersuchung der sogenannten "Monetarmünzen" vorstellte,
die zwischen 580 und 674 geprägt wurden und eine Verrechnungs- und
Einhebungseinheit für die staatliche Abgabenerhebung waren. Die
Prägeorte der Monetarmünzen waren dabei stets wirtschaftliche und
politische Zentren kleinräumiger Einheiten, die in vielen Fällen orts-,
und in nicht wenigen Fällen auch namensgleich mit den spätantiken,
galloromanischen civitates waren. Betrachte man das ganze Gebiet des
spätantiken Gallien westlich des Rheins, müsse man insgesamt von einem
Fortdauern römischer Staatlichkeit in hohem Maße ausgehen.

Der erste Konferenztag wurde mit einem öffentlichen Abendvortrag  von
JÜRGEN KUNOW (Bonn) beschlossen. Anschaulich berichtete er über den
aktuellen Stand des Antrages, den niedergermanischen Limes in die Liste
des UNESCO-Welterbes aufnehmen zu lassen.

Der zweite Konferenztag wurde durch HILTRUD MERTEN (Trier) eröffnet, die
über die Ergebnisse der Untersuchung frühchristlicher Grabinschriften
aus Trier berichtete. Durch die für den gallischen Raum exzeptionell
hohe Anzahl an Grabinschriftenfunden (1300, vor allem aus dem 4./5.
Jahrhundert) könnten am Beispiel Trier die Entwicklung des
Namenbestandes, des Inschriftenformulars und letztlich die Struktur
einer frühchristlichen Gemeinde im zeitlichen Verlauf untersucht werden.
Bezüglich des Formulars und des Trägermaterials, üblicherweise Marmor,
ließen sich dabei kaum Änderungen feststellen, das Formular wurde im
Laufe der Zeit lediglich etwas komplexer. Eine quantitative Abnahme
christlicher Grabinschriften in Trier sei für das 6. Jahrhundert zu
konstatieren. Seit dem 7. Jahrhundert nähme die Zahl germanischstämmiger
Namen in den Inschriften zu, romanischstämmige Namen bleiben aber
deutlich in der Überzahl. Ausweislich des epigraphischen Befundes der
Grabinschriften in Trier habe sich bis in die Karolingerzeit eine
"Romanitas" in spätantiker Tradition ungebrochen gehalten.

CHRISTIAN WITSCHEL (Heidelberg) bot im Anschluss wieder einen großen
räumlichen Überblick über Gallien, das Voralpengebiet und das Gebiet der
oberen Donau. Objekt der Untersuchung waren dabei die römischen
civitates. Bei allen Unterschieden ließen sich doch einige allgemeine
Aussagen wagen: Zunächst einmal sei an vielen Orten ab dem 4.
Jahrhundert eine Reduzierung der Siedlungsfläche und der Bau einer
Befestigung festzustellen. Diese Änderungen in der Siedlungsstruktur
gingen oft mit einer Verarmung des materiellen Befundes einher. Eine
solche materielle Verarmung sei aber an einigen Orten bereits seit dem
Ende des 2. Jahrhunderts nachweisbar. Die Hauptstädte, namentlich Trier
und Ravenna, hielten gleichwohl ungebrochen ein imperiales Gepränge
aufrecht. Die römische, städtische Zivilisation wurde nach Rückzug der
Armeen, wenigstens partiell, fortgesetzt. Insgesamt müsse für ein volles
Verständnis der spätantiken und frühmittelalterlichen Wandlungsprozesse
stark regional differenziert werden. Am längsten gehalten hätten sich
spätantike Merkmale der Verwaltung und des städtischen Lebens sowohl in
funktionierenden Großzusammenhängen, in denen römisches Militär präsent
blieb, als auch in geographisch geschützten und verkehrsmäßig eher
isolierten Gebieten.

STEVE BÖDECKER (Bonn) sprach über die spätantiken Befestigungsanlagen am
Niederrhein. Für das Kastell bei Bonn sei ab 375 eine komplette zivile
Überbauung der vorhergehenden Militärarchitektur festzustellen. Bei
allen seit der mittleren Kaiserzeit bestehenden Kastellen den Rhein
abwärts bis einschließlich Nijmegen wurden umfangreiche Verstärkungen
der Befestigungsanlagen nach spätantiker Manier belegt. Dezidierte
Festungsneubauten im spätantiken Stil waren nur die Festung in Deutz und
die heute als Haus Bürgel bekannte Anlage. Damit stehe der Niederrhein
im deutlichen Kontrast zum Donauraum, wo im 4. Jahrhundert wesentlich
mehr Festungen komplett neu errichtet worden seien. Im Mündungsgebiet
des Rheins konnten bisher keine spätantiken Befestigungsmaßnahmen
nachgewiesen werden.

Die Nutzung des Rheins beleuchtete anschließend MANUELA MIRSCHENZ
(Bonn). Um  diese angemessen verstehen zu können, sei zunächst einmal
der Wandel des Rheinverlaufs zu rekonstruieren gewesen. Ergebnis dieser
Untersuchungen war, dass die Römer für die Nutzung als Hafen von Natur
aus dafür geeignete Stellen bevorzugten, die sie in seltenen Fällen
durch den Bau von Molen modifizierten. Im Allgemeinen wurden die
Hafenanlagen bei Bevölkerungszentren wie Bonn, Köln und Xanten
durchgehend erneuert, während rein militärisch genutzte Landestellen
gelegentlich auch wieder aufgegeben wurden. An vielen römischen
Hafenstellen sind seit dem Mittelalter städtische Siedlungen
nachweisbar.

MARION BRÜGGLER (Xanten) stellte Ergebnisse der archäologischen
Untersuchung der spätantiken Glasbläsereien im Hambacher Forst und in
Asperden vor, deren Produkte entlang des ganzen Rheins verteilt wurden.
Im Hambacher Forst und Asperden wurde importiertes Rohglas
aufgeschmolzen und zu den Endprodukten verarbeitet, was in Asperden
nachweislich noch um 425 geschah. Insgesamt blieb der Niederrhein in der
Spätantike ein Zentrum der Glasherstellung.

HENDRIK HESS (Bonn) rekonstruierte anhand ausgewählter Beispiele
vornehmlich aus der Briefsammlung des Sidonius Apollinaris den komplexen
Standpunkt, den Angehörige der galloromanischen Oberschicht im Laufe des
5. Jahrhunderts in Bezug auf die neuen "barbarischen" Machthaber
einnehmen mussten, die aber auch eine vollendete "Latinitas" zur Schau
stellen konnten. Für Sidonius Apollinaris stellte sich dieses Problem
nachhaltig, als sein Bischofssitz Clermont unter visigotische Herrschaft
geriet. Ihm und vielen seiner Standesgenossen war es letztlich möglich,
sich mit der politischen Fragmentierung des Römischen Reiches abzufinden
und sich pragmatisch in die Herrschaft der neuen, "barbarischen" reges
einzupassen.

Die Tagung wurde mit einer Podiumsdiskussion beschlossen. Vor der
Diskussion stellte WOLFGANG HAUBRICHS (Saarbrücken) die
sprachgeschichtlichen Aspekte des Übergangs von Spätantike zu
Frühmittelalter dar. Diese Phase sei durch eine romanisch-germanische
Bilingualität geprägt gewesen, die sich bis 1000 mit der Ausbildung
einer klaren Sprachgrenze aufgelöst habe.

Die eigentliche Podiumsdiskussion wurde dann um drei Kernfragen herum
entwickelt. Zuerst wurde nach der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen
in den Entwicklungen um 500 gefragt, aber auch nach dem Einfluss, den
bestimmte Quellen und Quellenarten, archäologische und schriftliche, auf
die wissenschaftliche Rekonstruktion der Vergangenheit haben. Der zweite
Fragenkomplex bezog sich auf den Vergleich des Rheinlandes mit anderen
Regionen des sich transformierenden Römischen Reiches, während der
dritte Komplex nach der Entwicklung und gegebenenfalls Auflösung der
römischen Reichsgrenze am Rhein fragte.

Die Vorträge und die Diskussion haben ein differenziertes Licht auf die
komplexen Entwicklungen und Wandlungsprozesse geworfen, die das
Rheinland zwischen dem 4. und dem 7. Jahrhundert prägten. Ein hohes Maß
an Kontinuität in kultureller und verwaltungstechnischer Hinsicht
kontrastierte dabei mit einer nachweisbaren materiellen Verarmung, die
aber regional unterschiedlich ausgeprägt war. Zugleich übernahmen in
überschaubaren Regionen nach dem Rückzug römischer Staatlichkeit
einzelne Machthaber die Aufgabe, Frieden und Sicherheit zu
gewährleisten, die sich als rex sowohl in germanische wie auch in
römische Traditionslinien stellten. Die Kultur des Rheinlandes wurde
dabei im 5. und 6. Jahrhundert durch germanische Personen- und Ortsnamen
sowie durch germanische Trachtbestandteile bereichert, ohne aber ihr
ursprünglich galloromanisches Gepräge je gänzlich zu verlieren.

Konferenzübersicht:

Alheydis Plassmann (Bonn) - Einführung

Matthias Becher (Bonn) - Kontinuität und Diskontinuität von der
Spätantike zum Frühmittelalter

Mischa Meier (Tübingen) - Der "letzte Römer"? Zur 'imperialen' Politik
des Aetius

Andreas Popescu (Kamp-Lintfort) - Die Lex Salica und die fränkische
Identität

Gertrud Kuhnle (Straßburg) - Römische Kontinuität am Oberrhein: Das
Legionslager in Straßburg

Stefan Ciesielski (Bonn) - Römer und Germanen - Neues von der Nekropole
am Bonner Legionslager

Jürgen Strothmann (Siegen) - Der Rhein als Grenze. Das Rheinland als
Teil Galliens im 7. Jahrhundert nach Ausweis der Merowingischen
Monetarmünzen

Jahreshauptversammlung des Vereins für geschichtliche Landeskunde der
Rheinlande

Öffentlicher Abendvortrag
Jürgen Kunow (Bonn) - Der Niedergermanische Limes auf dem Weg zum
UNESCO-Welterbe

Hiltrud Merten (Trier) - Frühchristliche Inschriften in Trier

Christian Witschel (Heidelberg) - Die civitates am Rhein, im
Voralpengebiet und an der oberen Donau am Übergang zwischen Spätantike
und Frühmittelalter

Steve Bödecker (Bonn) - Ein "Schmuckstück der Grenzen..." (Pan. 6,13,1)?
Der Niedergermanische Limes zwischen Postumus und Theodosius

Manuela Mirschenz (Bonn) - Häfen und Anlandestellen im römischen
Rheinland

Marion Brüggler (Xanten) - Spätantike Glasherstellung im Rheinland

Hendrik Hess (Bonn) - Gallien und das Rheinland: Die Franken im Spiegel
gallischer Briefsammlungen zwischen Spätantike und Frühmittelalter

Podiumsdiskussion
Sebatian Ristow (LVR Archäologische Zone, Köln), Matthias Becher (Bonn),
Wolfgang Haubrichs ( Saarbrücken), Jennifer Morscheiser (Overath),
Christian Witschel (Heidelberg)

[Regionalforum-Saar] Gregor von Tours - ein Handbuch

Date: 2017/01/09 21:01:55
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Murray, Alexander Callander (Hrsg.): A Companion to Gregory of Tours (=
Brill's Companions to the Christian Tradition 63). Leiden: Brill
Academic Publishers 2016. ISBN 978-90-0430-676-9; 667 S.; EUR 278,51.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_26197.pdf>

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Hans-Werner Goetz, Historisches Seminar, Universität Hamburg
E-Mail: <Hans-Werner.Goetz(a)uni-hamburg.de>

Bischof Gregor von Tours (538-594) ist ohne Zweifel der bedeutendste
Geschichtsschreiber des merowingischen Frankenreichs und entsprechend
häufig als - alles andere als unproblematische - Quelle benutzt, erst in
jüngerer Zeit aber auch mehrfach als Geschichtsschreiber behandelt und
analysiert worden. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass Alexander Murray
ihm hier ein engagiertes Handbuch auf neuestem Forschungsstand gewidmet
hat. Ziel dieser Publikation, so Murray in der Einleitung (S. 1-4), ist
es, "to provide the reader with context for the principal areas
fundamental to reading Gregory seriously and for the wider world in
which Gregory as author and bishop operated" (S. 2). An diesem Ziel ist
das Werk zu messen.

Die 16 Beiträge (von 14 prominent international besetzten Autoren)
stehen zunächst für sich, gliedern sich aber in sechs thematische
Abschnitte. Unter der Rubrik "Gregory and his Circle" wird folgerichtig
zunächst das biographische Element herausgestellt (Martin Heinzelmann,
S. 7-34), das in den Historien bekanntlich eine große Rolle spielt und
Gregor als 'Individuum' erkennen lässt, ohne dass sein Werk einen
autobiographischen Charakter erhielte. Die Untersuchung des "Circle"
beschränkt sich auf Venantius Fortunatus (Michael Roberts, S. 35-59) und
seine von Gregor sehr geschätzten Dichtungen. 

Der zweite Teil ("Composing the Work") beginnt mit einem Kernstück: dem
langen Beitrag des Herausgebers über Komposition und Struktur des Werks,
mit nützlichen Rückblicken auf den Forschungsstand und neuen Deutungen
(S. 63-101): Murray wendet sich gegen die verbreitete Ansicht, die
Historien seien in Etappen synchron zum Geschehen verfasst worden (Buch
1-4 um 576, Buch 5-6 bis 584, Buch 7-10 synchron); Gregors Zeitangaben
bieten dafür letztlich keine Indizien. Die Historien seien nach 585 bzw.
um 590 in der Zeit der austrasischen Herrschaft über Tours entstanden,
eine Ansicht, der ich mich voll anschließen möchte. (Fraglich ist
hingegen, ob man die Herrschaft Childeberts II., der 592 letztlich
Gunthchramn in Burgund beerbt hat, als "austrasisch" bezeichnen sollte.)
Gregor ist, wie Murray zu Recht betont, auch nicht "Tagebuchschreiber",
sondern Politiker, mit klaren Urteilen über die Könige, aber einer
auffälligen Zurückhaltung gegenüber den regierenden 'austrasischen'
Merowingern (Childebert und Brunichild). Als Gegenstück zu Murrays
Ausführungen bespricht Richard Shaw (S. 102-140) Chronologie,
Komposition und Autorkonzept der verschiedenen Miracula mit der (neuen,
der Entstehung der Historien entgegengesetzten) These, Gregor habe daran
mehr oder weniger gleichzeitig gearbeitet, um sie später
zusammenzufassen (daher die vielen Querverweise), das aber nicht mehr
bewerkstelligen können: Vor seinem Tod sind die Mirakel nicht
veröffentlicht worden. Eine genaue Chronologie der einzelnen Werke
erweist sich bei diesem Hintergrund als unmöglich (mit Ausnahmen, wie
der Datierung der Martinsmirakel), zumal Gregor seine Absichten während
der Arbeit noch geändert hat. Aus dem umfangreichen Überblick der
komplizierten Handschriftenüberlieferung beider Werke (in verschiedenen
Versionen der Historien) stellt Pascale Bourgain (S. 141-188) fest, dass
die Editionen die Sprachformen Gregors nicht mehr erkennen lassen.
Hinsichtlich seiner Sprache befreit er Gregor von den Vorwürfen der
Verwilderung, um sie, wie wir spätestens aus den Arbeiten Michel
Banniards wissen[1], als frühfranzösisch zu charakterisieren.
Anschließend werden Gregors Stil und rhetorische Figuren besprochen.

Der dritte Teil ist dem "Institutional and Material Setting", der Welt
Gregors, gewidmet: Staat und Verwaltung (Murray, S. 191-231), der Kirche
(Yitzhak Hen, S. 232-255) und der materiellen Kultur in Stadt und Land
(Patrick Périn, S. 256-277). Das mag die Orientierung bei der Lektüre
Gregors erleichtern, doch wird ein Vergleich der Nachrichten Gregors
über diese Bereiche mit unserem sonstigen Wissen hier allenfalls
punktuell vorgenommen. Angesichts der Vielzahl an Handbüchern zur
Merowingerzeit wird man über den Wert dieser ohne Zweifel sehr
instruktiven Beiträge in diesem Band streiten können. Weshalb wird
stattdessen nicht Gregors Sicht dieser Aspekte behandelt, etwa seine
Vorstellungen vom Königtum, und zwar nicht nur des merowingischen? Die
zu Recht zurückgewiesenen Vorstellungen von einem Sakralkönigtum hätten
sich beispielsweise gut an Gregors Aussagen messen lassen, ebenso das
'Fränkische' an Stelle eines 'Germanischen', aber weshalb fehlt hier die
zentrale Frage des Verhältnisses von 'fränkisch' und 'römisch'? Das ist
angesichts der Forschungslage eine geradezu unverzeihliche Lücke. Auch
Gregors Begrifflichkeit, Vorstellungen und Akzentuierungen hätten sich
mit anderen Forschungsergebnissen konfrontieren lassen.

Der vierte Teil fasst mit theologischen und literarischen Perspektiven
drei eher disparate Beiträge zusammen. Martin Heinzelmann (S. 281-336)
geht Gregors Verhältnis zur patristischen Tradition (und hier besonders
seiner Anlehnung an Augustins 'De civitate Dei') nach und spricht
wesentliche Elemente seiner theologischen Überzeugungen an: Trinität,
Christologie und Kirchenverständnis, Typologie, Wunder - sie sind
tatsächlich ein zentraler Bestandteil auch der Historien - und
Auferstehungsglaube. (Ein Priester in Tours zweifelt allerdings nicht an
der Auferstehung an sich [so S. 224], sondern an der Auferstehung im
Fleisch und gibt dem Ganzen damit eine weit subtilere Dimension.) Das
antiarianische, katholische Glaubensbekenntnis steht nicht zufällig am
Anfang der 'Historien'. Gregor orientiert sich in seiner Dogmatik an
Kirchenrecht und Autoritäten (weicht aber auch davon ab). Visionen und
andere Offenbarungen spielen ebenfalls eine Rolle (die Gregor, so wäre
zu ergänzen, allerdings durchaus nicht durchweg als göttliche Eingaben
begreift). Joaquin Martínez Pizzaro (S. 337-374) wiederum betrachtet
Genre und Stil der Historien, die in einem Bruch vom vierten Buch an zur
Zeitgeschichte werden, und ersetzt die Ansicht einer bloßen
historiographischen Aneinanderreihung von Episoden durch eine
durchdachte Auswahl der Handlungsstränge. Dabei bescheinigt er Gregor
gewiss zu Recht ein großes Erzähltalent in Abkehr von der spätantiken
Rhetorik mit komplexen, originellen Erzählstrukturen, für die er vor
allem Prudentius und Sidonius als Vorbilder ausmacht. Das wird am
Beispiel der gescheiterten Thronanwärter konkretisiert, für deren Ende,
nicht aber für ihre Ansprüche Gregor eine Sympathie entwickelt. J. K.
Kitchen (S. 375-426) schließlich wendet sich mit dem Heiligenkult (der
aber auch in den 'Historien' eine große Rolle spielt!) wieder den
hagiographischen Schriften Gregors zu und unterscheidet (in der Sache zu
Recht, aber mit schlecht gewählten Begriffen) zwischen "episodischer"
(als postmortaler) und "biographischer" Hagiographie (zu Lebzeiten), die
er anscheinend auch mit Miracula und Vita gleichsetzt. Der insgesamt
instruktive Beitrag stützt sich allerdings überwiegend auf
Sekundärliteratur und illustriert das mit nur wenigen Quellenbeispielen
(aus den Vitae patrum und den Martinswundern).

Der fünfte Teil ("Gregory and the Political World of the Sixth Century")
wendet sich noch einmal den Hintergründen zu: Verfassung und Politik
(Stefan Esders, S. 429-461, der souverän sowohl die Entwicklungsphasen
der Zeitgeschichte als auch die Verfassungsstrukturen überblickt),
Italien und der Osten (Simon T. Loseby, S. 462-497) und Spanien (Roger
Collins, S. 498-515). Stärker als im dritten Teil werden Gregors
Berichte und Sichtweise hier zumeist gründlich einbezogen, so dass
daraus ein dichteres Bild und ein enges Geflecht zwischen Zeitumständen
und Gregors 'Historien' entsteht. Ähnliches hätte man sich auch für
Gregors religiöse, soziale und kulturelle Vorstellungen gewünscht, die
zu Gregors eigenen Interessen zählen. Loseby konstatiert zu Recht, dass
Gregor kein Interesse mehr für das Imperium Romanum zeigt (wohl aber für
das christliche Rom!) und dass er Byzanz keine entscheidende Bedeutung
mehr für das Frankenreich beimisst (allerdings doch noch als Weltmacht),
dass er durchaus informiert war, aber sehr selektiv berichtet. Auf die
Funktion dieser selektiven Berichte aber wäre es gerade angekommen; sie
legen nämlich Gregors eigentliche (religiös-moralischen) Absichten
offen, wie sie sich nicht minder in seinen Berichten über die
merowingischen Könige widerspiegeln. Collins sieht Gregors Wissen über
Spanien gänzlich abhängig von seinen Informationen durch Gesandte.
Tatsächlich beschränkt sich Gregor jedoch auch hier fast ausschließlich,
aber sehr gezielt, auf die westgotisch-fränkischen Kontakte (und erneut
den Arianismus). 

Im sechsten Teil ("Post mortem") überblickt Helmut Reimitz (S. 519-565)
souverän die handschriftliche Verarbeitung der 'Historien', die -
entgegen Gregors eigenem Wunsch - deutlich in den Text eingriff (am
deutlichsten in der Sechs-Buch-Version), teilweise die bei Gregor
betonte burgundische Perspektive wie auch seine persönlich-familiären
Nachrichten ausklammerte, Tours und Martin durch Paris und Germanus
ersetzte oder Reims in den Mittelpunkt rückte und überhaupt ständig neue
Versionen schuf. Für das hohe und späte Mittelalter und die Frühe
Neuzeit betrachtet John J. Contreni (S. 566-581) im Gegensatz dazu nicht
die Handschriften, sondern die insgesamt eher eklektische Benutzung der
'Historien', die nach dem 11. Jahrhundert fast nur noch wegen der
hagiographischen Einschübe interessierten. Entsprechend häufiger wurden
die Mirakelgeschichten abgeschrieben, gemessen an ihrem reichen Gehalt
aber ebenfalls erstaunlich wenig herangezogen. Ein eigener Beitrag über
Gregor in der modernen Forschung - hier sind ja doch bezeichnende
Wandlungen zu beobachten - fehlt leider und hätte gerade in diesem
Handbuch gute Dienste leisten können. Karten der Bistümer und Civitates,
Landschaften und Städte Galliens sowie der merowingischen
Reichsteilungen - aufschlussreich wäre noch eine Übersicht gewesen, zu
welchem wechselnden Reichsteil Tours jeweils gehörte - sowie eine
Genealogie der Merowinger runden den Band ab.

Die zweifellos sämtlich wichtigen, vielfach nicht einfach resümierenden,
sondern weiterführenden Beiträge sind mehrheitlich deutlich dem
'äußeren' Gregor mit der Überlieferung und Chronologie seiner Werke
sowie seinem historischen Umfeld gewidmet, während der 'innere' Gregor
mit seinen Anschauungen und Empfindungen oder sein Rechtsverständnis nur
in wenigen Aufsätzen berührt wird. Hier scheint mir eine Chance vertan,
denn Gregors Werk böte dafür eine wahre Fundgrube. Aber auch dem
Politiker Gregor, von Murray selbst als wichtiger Aspekt hervorgehoben
(S. 72ff.), wird kein eigener Beitrag gewidmet. Der Band bietet somit
fortan in den behandelten, aber eben doch nicht in allen Fragen ein
wichtiges, ausgezeichnetes Referenzwerk, das eher ein
Forschungsinstrument als eine Darstellung für ein breites Publikum
darstellt. Dem amerikanischen Publikum ist es daher wohl auch
geschuldet, dass die Quellenzitate lediglich in englischer Übersetzung
geboten werden. 

Anmerkung:
[1] Michel Banniard, Vita voce. Communication écrite et communication
orale du IVe au IXe siècle en Occident latin, Paris 1992.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Lioba Geis <lioba.geis(a)uni-koeln.de>

[Regionalforum-Saar] 27. Januar

Date: 2017/01/11 09:17:40
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

gestern kam diese Einladung aus dem Landratsamt, die ich gerne weiterleite.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger

 

-------------------------

 

 

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 

auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog wurde 1996 der 27. Januar — der Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau 1945 — zum offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt, 2005 durch die Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus" erweitert. In seiner Rede vor dem deutschen Bundestag am 27. Januar 2015 sagte Bundespräsident Joachim Gauck: „Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz. Die Erinnerung an den Holocaust bleibt eine Sache aller Bürger, die in Deutschland leben. Er gehört zur Geschichte dieses Landes."

 

2015 hat der Landkreis St. Wendel erstmalig eine zentrale Gedenkveranstaltung zum 27. Januar durchgeführt, die jährlich fortgeführt wird. Ich lade Sie daher herzlich ein zur diesjährigen Veranstaltung am

 

Freitag, 27. Januar, 19 Uhr, Cusanus Gymnasium St. Wendel,

Missionshausstraße 14.

 

Pfarrer Gerhard Koepke, Superintendent des Kirchenkreises Saar-Ost, referiert zum Thema „Das Dritte Reich und die evangelische Kirche — regionale Perspektive". Die AG des Cusanus Gymnasiums „Spuren von Krieg und Faschismus im St. Wendeler Land" stellt ihre wertvolle Arbeit vor. Musikalisch umrahmt wird der Abend von Schülern der Schule. Moderiert wird die Veranstaltung vom Historiker Bernhard W. Planz.“

 

 

[Regionalforum-Saar] Gedenkveranstaltung am 27ten Januar

Date: 2017/01/13 09:04:34
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

heute in der SZ:

St. Wendel gedenkt der Nazi-Opfer

Zentrale Gedenkveranstaltung am 27. Januar im Cusanus-Gymnasium

In der Aula des Cusanus-Gymnasiums stellen Schüler des Seminarfachs „Spuren von Krieg und Faschismus im St. Wendeler Land“ ihre Arbeit vor.

St. Wendel. Mit einer zentralen Veranstaltung am Freitag, 27. Januar, 19 Uhr, im St. Wendeler Cusanus-Gymnasium, begeht der Landkreis St. Wendel den Internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Seit 1996 offizieller Gedenktag in Deutschland, wurde der 27. Januar 2005 durch die Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ erweitert. In seiner Rede vor dem Bundestag am 27. Januar 2015 sagte Bundespräsident Joachim Gauck: „Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz. Die Erinnerung an den Holocaust bleibt eine Sache aller Bürger, die in Deutschland leben.“

„Die zentrale Gedenkveranstaltung, die der Landkreis St. Wendel seit 2015 jährlich organisiert, bildet einen wichtigen Mosaikstein der Erinnerungskultur in unserem Landkreis, die sich verantwortungsvoll mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der Region auseinandersetzt. Wir erinnern, weil es unsere moralische, unsere demokratische Pflicht ist, dass der Schandfleck der deutschen Geschichte nicht vergessen wird“, sagt Landrat Udo Recktenwald. Die Verbrechen mahnten noch heute, die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu wahren und zu verteidigen. Dies müsse vor allem den jüngeren Generationen deutlich gemacht werden. Daher werden am 27. Januar in der Aula des Cusanus-Gymnasiums Schüler des Seminarfachs „Spuren von Krieg und Faschismus im St. Wendeler Land“ ihre Arbeit vorstellen, dabei auch Einzelschicksale von Opfern des NS-Regimes beleuchten. Pfarrer Gerhard Koepke, Superintendent des Kirchenkreises Saar-Ost, referiert zum Thema „Das Dritte Reich und die evangelische Kirche - regionale Perspektive“. Schüler der Schule sorgen für den musikalischen Rahmen. Der Erlös des Getränkeverkaufs durch die AG „Misheni Moyo“ wird wohltätigen Zwecken gespendet. Die Veranstaltung moderiert Historiker Bernhard W. Planz. Der Eintritt ist frei. red


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Für alle, die das Originalblatt sehend und hörend lesen: Bei der Bildunterschrift hat wohl das Tagesdatum mitgespielt, das ist natürlich Bernhard Planz und nicht Gerhard Koepke - aber die Verwexlung ist einfach zu erklären: der Vorname klingt ähnlich. l



[Regionalforum-Saar] Foto-Scannen

Date: 2017/01/20 09:18:56
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

gestern in der SZ:


Foto-Scannen leicht gemacht

Mit speziellen Smartphone-Programmen lassen sich alte Fotografien einfach digitalisieren

Ganze Fotoalben per Scanner auf den Computer zu übertragen, ist eine mühselige und aufwendige Angelegenheit. Schneller und bequemer soll es mit dem Smartphone gehen. Doch dazu braucht's die richtige App.

Von SZ-Mitarbeiter

David Seel

Saarbrücken. Digitale Fotoapparate haben die klassische analoge Papierfotografie nahezu vollständig verdrängt. Wie der Photoindustrie-Verband berichtet, wurden seit 2010 in Deutschland kaum noch analoge Kameras verkauft. Die Gründe liegen auf der Hand: Digitale Fotos bieten die Möglichkeit zur nachträglichen Bildbearbeitung, außerdem entfällt die mühsame Entwicklung der Negative und die Lagerung der Fotos kostet keinen Platz.

Hinzu kommt, dass die Qualität analoger Aufnahmen auch unter den besten Lagerungsbedingungen mit der Zeit spürbar leidet. Die kostbaren Erinnerungsstücke vergilben, die Farben verblassen. Kein Wunder, dass die meisten Menschen mittlerweile ihre Aufnahmen digital fotografieren und speichern.

Doch was passiert mit den alten Papierfotos, die kistenweise in Kellern und auf Dachböden vor sich hin modern? Sie lassen sich natürlich per Scanner digitalisieren, was allerdings viel Zeit und Nerven kosten kann. Abhilfe können sogenannte Fotoscanner-Apps schaffen. Mit ihnen lassen sich große Mengen an Bildern schnell und bequem mit dem Smartphone einscannen.

Die beliebteste App ist der Fotoscanner von Google. Die App erkennt das Foto und blendet danach vier Punkte ein, die nacheinander mit der Kamera in den Fokus genommen werden. Der Vorteil zum einfachen Abfotografieren des Bildes: Durch die verschiedenen Blickwinkel werden Reflexionen erkannt und entfernt, die Ränder werden ebenfalls automatisch abgeschnitten. Die App ist kostenlos und ohne Google-Konto nutzbar.

Eine Alternative stellt die App Unfade von Von doo dar. Sie ist allerdings nur für iOS-Nutzer und zu einem Preis von 4,99 Euro erhältlich. Dafür bietet sie ein paar Extras im Vergleich zu Googles Fotoscanner: Die App besitzt einen Farbfilter, der verblasste Farben wiederherstellen soll. Manuell bearbeiten lassen sich die Fotos allerdings nicht. Hier müssen keine verschiedenen Bildpunkte anvisiert werden, es genügt, das Handy flach über das Bild zu halten, die Ränder werden ebenfalls automatisch beschnitten.

Ebenfalls nur für iOS ist die Fotoscanner-App Pic Scanner aus dem Hause App Initio Limited erhältlich. Die ersten zehn Bilder können kostenlos gescannt werden, für eine unbegrenzte Version werden 2,99 Euro fällig. Mit dem iPad lassen sich bis zu drei Bilder simultan scannen, was allerdings zu Qualitätseinbußen bei der Auflösung führt. Die App verfügt über einige Bearbeitungsfunktionen: So kann das Bild gedreht und Kontrast und Helligkeit angepasst werden. Außerdem bietet die App Korrekturoptionen für Farbtöne und Schärfe. Hier reicht ebenfalls ein einfacher Scan mit dem Handy oder Tablet aus.

Einen etwas anderen Weg schlägt die App Shoebox von Ancestry ein. Hier können zwar auch Bilder mit dem Smartphone gescannt und gespeichert werden, der Fokus von Ancestry liegt aber auf der Ahnenforschung. Nach eigenen Angaben verfügt Ancestry über die größte Stammbaumbibliothek der Welt, mit Zugriff auf über elf Milliarden Dokumente, beispielsweise Heiratsurkunden oder Volkszählungen, aus tausenden Datenbanken. Gescannte Bilder werden automatisch in einen Internet-Speicher geladen, was sich allerdings bei Bedarf auch verhindern lässt. Auf den Fotos abgebildete Personen können benannt und mit den Datenbanken von Ancestry abgeglichen werden.

Bearbeitungsfunktionen oder eine Autokorrektur besitzt die App nicht, Ränder werden allerdings auch hier automatisch erkannt und beschnitten. Shoebox ist für Android und iOS erhältlich und in der Basisversion kostenlos, eine erweiterte Version ist für fünf Euro monatlich erhältlich und bietet, neben höheren Fotoauflösungen, Speicherplatz für bis zu zehn Stunden Videomaterial. Die Stammbaumdatenbanken selbst sind für 14 Tage kostenlos nutzbar, danach fallen monatliche Kosten von 12,99 Euro für die Suche im deutschsprachigen Raum, oder 22,99 Euro für internationale Ahnenforschung an.

Bei guten Lichtverhältnissen und mit einer Smartphone-Kamera mit hohem Auflösungsvermögen lassen sich mit den Fotoscanner-Apps durchaus ansehnliche Kopien anfertigen. Keine der vorgestellten Apps erreicht allerdings die Qualität von Fotos, die mit Scannern digitalisiert wurden. Bei Fotos, die in Online-Datenbanken hochgeladen werden, besteht außerdem immer ein Datenschutzrisiko, weil nicht überprüft werden kann, wer letztlich Zugriff auf die Bilder haben kann.

Wer bei Auflösung und Bildqualität Abstriche machen kann, oder große Mengen an Fotos schnell und einfach digitalisieren will, ist mit einer Fotoscanner-App dennoch gut beraten.


[Regionalforum-Saar] düster

Date: 2017/01/20 09:20:36
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Januar ist der Monat der düsteren Themen


Letzten Montag in der SZ:



Ein düsteres Kapitel aufbereitet

Marpinger Mühlen-Gespräch beschäftigt sich mit Ghetto-Arbeit während der Nazi-Zeit

Die Reihe „Marpinger Mühlen-Gespräche“ geht in die nächste Runde. Im Kulturzentrum „Alte Mühle“ geht es am kommenden Freitag um die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den Ghettos der Nazis.

Marpingen. Mit den „Marpinger Mühlengesprächen“ starteten die Gemeinde Marpingen und der Verein Wider das Vergessen und gegen Rassismus Marpingen im Dezember 2006 im Kulturzentrum „Alte Mühle“ eine Veranstaltungsreihe mit Vorträgen über brisante und hochaktuelle Themen. In den bislang sieben Mühlengesprächen ging es um folgende Themen: Antisemitismus, Nahostkonflikt, Marpingen unter dem Hakenkreuz, Hanns Martin Schleyer und die deutsche Vernichtungselite in Prag, Kriegskinder, Unsere vergessenen Nachbarn und 50 Jahre diplomatische Beziehungen Israel – Deutschland sowie die Präsentation der Wannsee-Ausstellung. Im Mittelpunkt der achten Marpinger Mühlen-Gespräche am Freitag, 20. Januar, im Marpinger Kulturzentrum steht wiederum eine Ausstellung: „Ghettorente – Arbeiten im Ghetto in der Nazi-Zeit“. Die aus großen Text- und Bildplakaten bestehende Schau ist das Ergebnis einer dreimonatigen Projektarbeit von Auszubildenden der Deutschen Rentenversicherung. Projektauftrag war zum einen eine Beschreibung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Ghettos während der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft, unter anderem anhand der Zuweisung von Nahrungsmitteln als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung. Zum anderen sollte ein Überblick über den Wandel in der Rechtsprechung bis hin zum 2002 erlassenen Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto erarbeitet werden.

Referent ist Christoph Zahn aus Marpingen, Vorstandsmitglied des Vereins „Wider das Vergessen“ und zugleich Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr. Sie wird musikalisch begleitet von dem Klarinetten-Duo Jürgen und Jacob Brill aus Marpingen. Der Eintritt ist frei.

Die Ausstellung ist bis zum 22. Februar geöffnet, von Montag bis Freitag, jeweils von 8.30 bis 12 Uhr, an den fünf Sonntagen bis zum 19. Februar jeweils von 14 bis 17 Uhr sowie für Schulklassen zusätzlich nach Vereinbarung. red

Infos und Kontakt: Christoph Zahn, Telefon (0 68 53) 45 04 oder CZahn(a)drv-saarland.de sowie Kulturamt der Gemeinde Marpingen, Telefon (0 68 53) 91 16-121.

[Regionalforum-Saar] Vortrag bei der St. Sebastianusbruderschaft in St. Wendel

Date: 2017/01/20 09:22:02
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

gestern in der SZ:


Seit 576 Jahren: St. Wendeler Notgemeinschaft hilft nach Kräften

St. Sebastianusbruderschaft unterstützt in Not geratene Mitbürger – Patronatsfest wird am 20. Januar gefeiert

In einer Pest- und Hungerszeit wurde die Sebastianusbruderschaft gegründet. Damals wie heute gehört zu den Zielen der Vereinigung die gemeinsame Hilfe in Notsituationen. Am Patronatstag findet ein Gottesdienst mit Treffen und Festvortrag statt.

St. Wendel. Die St. Wendeler St. Sebastianusbruderschaft besteht am 20. Januar seit 576 Jahren. Während einer Pest- und Hungerzeit schlossen sich St. Wendeler Menschen aus allen Ständen – Geistliche, Rittersleute, Handwerker und Bauern – zu einer Bruderschaft zusammen, um sich in der Not der Zeit gegenseitig beizustehen. Diese freiwillige Gemeinschaft wählte sich den Heiligen Sebastian als Helfer gegen Epidemien und den Heiligen Fabian als Helfer in Hungersnöten zu Patronen. Beide haben ihr Fest am 20. Januar.

Seit dem Jahre 1441 in ununterbrochener Folge kümmern sich St. Wendeler Bürger um in Not geratene Mitbürger. Nach eigenem Verständnis ist keine andere Personenvereinigung so eng mit der Geschichte der alten Stadt verknüpft wie die St. Sebastianusbruderschaft von 1441.

Spende nach eigenem Ermessen

Am Patronatstag treffen sich die Mitglieder im vom „Brudermeister“ bezeichneten „Vaterhaus“ (Café Lerner, Balduinstraße), halten gemäß der überkommenen Regel miteinander Gesellschaft und geben eine Spende in Höhe ihres eigenen Ermessens. Alles Spendengeld wird ausnahmslos an Bedürftige in der Kernstadt verteilt.

Ablauf des Patronatstags: Um 9.30 Uhr wird das Hochamt in der Basilika St. Wendelin für die lebenden und verstorbenen Mitglieder der Bruderschaft gefeiert. Nach dem Ende des Gottesdienstes könne die Spende im Tagesverlauf im „Vaterhaus“ entrichtet werden. Um 18 Uhr beginnt dann die Feierstunde im „Vaterhaus“ mit Ansprache und Totenehrung durch Brudermeister Anton Stier. Den Festvortrag hält der neue Bruderschreiber Frater Wendelinus Naumann zum Thema: „Die Zeit des heiligen Wendelin und sein Nachwirken bis in die Gegenwart“. red

Das neue Buch „Die St. Sebastianus-Bruderschaft von St. Wendel – Ihr Wirken und ihre Bedeutung im Leben unsrer Stadt“, verfasst vom ehemaligen Bruderschreiber Gerd Schmitt, ist am Patronatstag am Bruderratstisch für zehn Euro erhältlich.


[Regionalforum-Saar] Mord an den Schwächsten

Date: 2017/01/20 09:23:54
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

heute in der SZ:


Mord an den Schwächsten

Ausstellung im Rathaus St. Johann zeigt, wie Kinderärzte in der NS-Zeit Verbrechen begingen

Vergast, vergiftet, mit tödlichen Erregern infiziert, langsam ausgehungert – auf diese Weise ermordeten Kinderärzte in der NS-Zeit zwischen 5000 und 10 000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Belege dafür gibt es im Rathaus St. Johann.

Saarbrücken. „Es war geheim. Es war verboten. Man konnte es wissen, und man hat es gewusst.“ Thomas Beddies gerät bei seinem Forschungsthema in Rage. Der Historiker erforscht im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) die Verbrechen von Kinderärzten in der NS-Zeit. Die daraus entstandene Ausstellung „Im Gedenken der Kinder. Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“ wurde erstmals im September 2010 bei der Jahrestagung der DGKJ in Potsdam gezeigt. Seit Dienstag ist sie im Hauberrisser Saal im Rathaus St. Johann zu sehen.

„Kinder mit Trisomie 21, die glücklich und gesund zuhause gelebt haben, wurden von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht und waren später programmgemäß tot. Sie hätten noch lange zuhause und gut leben können“, sagt Beddies in seinem Vortrag. Kinder wie Elke Jacob. Sie war eines von zirka 200 Kindern mit Behinderung, die im Landeskrankenhaus Stadtroda in Thüringen starben. Ärzte haben die Zweijährigen vermutlich mit einer Überdosis des Betäubungsmittels Luminal getötet. Stadtroda war Teil eines Netzwerks von etwa dreißig „Kinderfachabteilungen“, in denen Ärzte von 1939 bis 1945 zwischen 5000 und 10 000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche ermordeten. Welches Kind „lebensunwert“ war und getötet werden sollte, darüber entschied in vielen Fällen der „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“. Oft ohne Wissen der Eltern. Hauptgutachter waren die Kinderärzte Werner Catel, Hans Heinze und Ernst Wentzler. Und sie hatten Helfershelfer im ganzen Land. Dazu heißt es in der Monatsschrift Kinderheilkunde (Januar 2011): „Ein dichtes Netzwerk kollegialer Kontakte lieferte Hinweise auf Säuglinge, Kinder und Jugendliche. Ohne die Beteiligung einer Vielzahl von Ärzten hätte der Vernichtungsapparat längst nicht so effektiv arbeiten können.“

Viele Belege dafür sind in der Ausstellung „Im Gedenken der Kinder. Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit“ zu sehen. Sie ist bis zum 3. Februar, Montag bis Freitag, 12 bis 18 Uhr, geöffnet. Der Eintritt ist frei. dög

im-gedenken-der-kinder.de

Verbrecher in allen Ehren

Mediziner, die verantwortlich für Tod und Leid waren, lebten nach dem Krieg gut

Homburg/Ensheim/Merzig. Die meisten Kinderärzte, die für die Morde an bis zu 10 000 Kindern verantwortlich waren, praktizierten und lehrten in der Nachkriegszeit unbehelligt weiter, etwa Werner Catel in Kiel und Hans Heinze in Hannover.

Beim NS-Euthanasieprogramm, das selbst nach NS-Recht strafbar war, haben auch viele Saarländer freiwillig mitgemacht. Von den bis zu 1600 Patienten der psychiatrischen Anstalten Homburg und Merzig wurden in der Nazizeit über 1000 deportiert und ermordet, nur 80 bis 260 überlebten. Die Forschungsergebnisse sind dem Historiker Christoph Braß zu verdanken.

Mitverantwortlich für etwa 2350 Zwangssterilisationen und Krankenmorde in der NS-Zeit war der Ensheimer Arzt Oskar Orth (1876-1958), Leiter des Landeskrankenhauses in Homburg. Auch er genoss nach 1945 höchstes Ansehen, wurde Ehrenbürger Homburgs und Saarbrückens, erhielt 1957 das Bundesverdienstkreuz. Straßen wurden nach ihm benannt. Erst 2012 entschloss sich der Bezirksrat Halberg, den Oskar-Orth-Brunnen umzubenennen, in Ensheimer Brunnen. Die Stadt Homburg stiftete noch 1980 einen nach Orth benannten Wissenschaftspreis, jetzt „Wissenschaftspreis der Stadt Homburg“. dög/sbu


[Regionalforum-Saar] Pastor Rudolf Gerber verstorben

Date: 2017/01/26 01:10:17
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Guten Morgen,

 

am Sonntag, 18. Dezember 2016, ist in Bernkastel-Kues der Pfarrer in Rente Rudolf Gerber verstorben. Heute vor einer Woche wäre er 91 Jahre alt geworden.

 

Vor gut 25 Jahren war er der Überzeugung, der St. Wendeler Altarist Sebastian Cerdo, der in der Zeit des 30-jährigen Krieges in St. Wendel lebte und arbeitete, sei ein entfernter Verwandter gewesen. Auf dieser Basis arbeitete er sich durch zahlreiche Akten des Stadtarchivs St. Wendel, des Pfarrarchivs St. Wendel und des Landeshauptarchivs Koblenz, fertigte Regesten und Abschriften an und veröffentlichte diese in mehr 33 selbstgemachten Büchern in kleiner Auflage.

 

Dazu zählten u.a. eine Neubearbeitung der Urkundensammlung des Pfarrarchivs, ein Projekt, in das er mehrere -zigtausend DM steckte. U.a. engagierte er Dieter Kortenkamp, der die Transkriptionen und Übersetzungen vornahm.

 

Ich lernte ihn Anfang der 1990er in St. Wendel kennen, als mich der damalige Leiter des St. Wendeler Stadtarchivs Heribert Catrein auf seine Arbeiten aufmerksam machte.

 

1999 verfaßte ich für mein Heft „gestern 3“ einen Artikel mit dem Titel "Dääne kannsche fagesse" über den unverdient schlechten Ruf und die weitgehende Ignorierung der Arbeiten des Heimatforschers Rudolf Gerber.

 

 

„Um 1987 begann der in Bernkastel-Kues lebende katholische Pastor Rudolf Gerber damit, im Stadtarchiv St. Wendel nach Unterlagen zu suchen, die im Zusammenhang standen mit einem seiner vermutlichen Vorfahren, dem Altaristen Sebastian Cerdo, der während des 30-jährigen Krieges in St. Wendel lebte.

 

Die Ergebnisse dieser Recherchen, die sich später sowohl über sein Ziel als auch das Stadtarchiv hinaus ausdehnten, veröffentlichte er in selbstproduzierten Büchern, wobei er auch deren Vertrieb übernahm. D.h. er tippte den Text in seine elektronische Schreibmaschine, druckte ihn aus, verkleinerte von A4 auf A5, kopierte die Seiten, heftete sie mit Klammern zusammen, versah sie mit Vorder- und Rückseite aus gelbem Karton, überklebte die Heftklammern mit schwarzem Klebeband, schickte zwei Exemplare an das Stadtarchiv St. Wendel und ein paar weitere an verschiedene Leute, die sich freuten, die DM 25 pro Band bezahlen zu dürfen, weil auf diese billige Art jemand anders ihnen einen großen Anteil an Arbeit abnahm. Diese Leute wohnten fast ausschließlich nicht in St. Wendel. Auf diese Art wurde Gerber dort, wo er seine Quellen ausschöpfte, nicht bekannt - in St. Wendel. Auch von seinen Tauf-, Ehe- und Sterberegistern, die er gern "Familienbuch" nennt, wissen in St. Wendel nur ein paar Leute Bescheid. Selbst Rudi Jung, der in diesen Monaten ein Familienbuch für St. Wendel veröffentlichen wird, wußte - so scheint es mir - von Gerbers Arbeit nichts, denn er erwähnt ihn nicht, weder als Literatur noch als Quelle.

 

Es ist nicht einfach, mit Gerbers Arbeiten zu arbeiten. Es ist sehr schwer, überhaupt von ihrer Existenz zu erfahren, noch schwerer, ein Exemplar in die Hände zu bekommen, und fast ebenso schwer, Informationen daraus zu gewinnen. Zwar hat er viele Leute - auch mich - gefragt, wie er verschiedenes machen sollte, doch hat er weitgehend auf alle Ratschläge verzichtet und ist nach seiner eigenen Methodik verfahren. Er ging davon aus, daß sie leicht verständlich und logisch ist und konnte nicht verstehen, daß andere damit nicht zurechtkamen. Keine seiner Arbeiten (außer die Bände 27 - 30) wurde jemals korrekturgelesen, und sie strotzen vor Fehlern - vor allem Lesefehlern. Konsequent führte er den Begriff "Abersmann" durch die Bände 21 bis 23, wo es richtig heißen müßte "Ackersmann". Ein einfacher Lesefehler.

 

Es ist sehr schwer, eine innere Logik im System zu erkennen, wie er seine einzelnen Bände zusammengestellt hat, auch der Autor hat sie meines Erachtens bisher nicht gefunden. Dies und noch ein paar andere Gründe führten dazu, daß Gerbers Arbeiten ziemlich schnell ziemlich abfällig angesehen und mit der Bemerkung "dääne kannsche fagesse" abgetan wurde - in Hochdeutsch und in Mundart.

 

Doch trotz aller Mängel darf man eines nicht vergessen: Er hat sich einen Haufen Arbeit gemacht, hat fast den gesamten A-Bestand des Stadtarchivs (die Zeit zwischen Urknall und etwa 1792), fast das gesamte Pfarrarchiv St. Wendelin und den "1 C"-Bestand des Landeshauptarchives Koblenz - sofern St. Wendel betroffen war - durchgesehen und aufgearbeitet, ihn in Form von Abschriften und Inhaltsangaben in seinen Büchern wiedergegeben, und hat dabei sowohl immense Kosten und Mühen nicht gescheut.

 

Und ich finde, er verdient ein bißchen mehr Mühe als das Pauschalurteil, seine Arbeit sei nicht zu verwerten und damit unbrauchbar. Denn es ist immer noch einfacher, in seinen Büchern zu lesen und dort nach einem Begriff zu suchen als in manchen Originalurkunden. Findet man in seinen Büchern ein Passage, so steht die Quelle direkt dabei; dann kann man immer noch (und muß es auch tun) das Original zur Auswertung heranziehen. Sind sie als Belege möglicherweise nicht gut genug, als Findbücher sind seine Arbeiten meines Erachtens phantastisch.“

 

Pastor Gerber brach seine historischen Forschungen plötzlich ab und wandte sich biblischen und manchmal auch esoterisch anmutenden Themen zu. Damals habe ich ihn aus den Augen verloren und heute erst von seinem Tod am 4ten Advent erfahren.

 

Möge er in Frieden ruhen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Roland Geiger, St. Wendel

 

 

 

[Regionalforum-Saar] Besuch eines arabischen Prinzen 1769

Date: 2017/01/29 07:54:45
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Den Wachen am Tor der Stadt St. Wendel muß die Kinnlade heruntergefallen sein, als am Morgen des 10ten Juli 1769 ein Mann auf einem großen Pferd um Einlaß bat. Er war in prachtvolle Gewänder gehüllt, trug einen Turban auf dem Kopf und nannte sich „der arabische Prinz aus Palästina“.

 

Wer das war und was sein Begehren, erfahren Sie in meinem Vortrag am Dienstag, 31ten Januar 2017, 17.30 Uhr, beim Monatstreffen der ASF im Lesesaal des Landesarchivs Saarbrücken.

 

Der Eintritt ist frei.

[Regionalforum-Saar] grausig

Date: 2017/01/31 08:45:02
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)genealogy.net>

Grausig wird es immer, wenn es um die Nazis geht. Ich meine jetzt die damals vor 1945, nicht die von heute.

Grausig wurde es aber auch, als ich gestern die Überschrift in der SZ las: "Damit die Gräuel nie vergessen wird".

Die letzte Sprach- und Schreibverpanschung ließ es zu, daß aus dem Wort "Greuel" die Variante "Gräuel" wird. Nun ja, Deutschlernende sollen es ja nicht zu schwer haben. Und da "Greuel" von "Grauen" hergeleitet wird, ist es einfacher, das Wort als "Gräuel" herzuleiten. Einfache Logik. Schließlich soll Sprache einfach sein, sonst könnte man sie ja zu sonstwas verwenden.

Trotzdem - ob Greuel oder Gräuel - das Wort steht, wenn ein "die" vornedran steht, im Plural, tschuldigung, in der Mehrzahl, nicht im Singular, tschuldigung, in der Einzahl. Deshalb "sind" die Gräuel, nicht "ist" sie.

Doch Obacht: ich hab grad im Onlein-Duden nachgeschaut. Es gibt "Gräuel" auch im Singular ... zefix ... in der Einzahl. Da ist er aber männlich, also "der Gräuel". Der wird dann auch nie vergessen, sondern "die" (obwohl ich mit dem "nie vergessen" so meine Zweifel habe, aber das ist ne andere Geschichte).

Oh, ich sehe das Problem. Das Wort sieht in der Einzahl wie in der Mehrzahl gleich aus. Joooh, dann konnten die von der Zeitung das ja nicht wissen. Die wurden in die Irre geleitet. War bestimmt der Duden schuld.

Eine Runde Mitleid bitte.

Ansonsten einen schönen Tag.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] grausig

Date: 2017/01/31 08:45:13
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

Grausig wird es immer, wenn es um die Nazis geht. Ich meine jetzt die damals vor 1945, nicht die von heute.

Grausig wurde es aber auch, als ich gestern die Überschrift in der SZ las: "Damit die Gräuel nie vergessen wird".

Die letzte Sprach- und Schreibverpanschung ließ es zu, daß aus dem Wort "Greuel" die Variante "Gräuel" wird. Nun ja, Deutschlernende sollen es ja nicht zu schwer haben. Und da "Greuel" von "Grauen" hergeleitet wird, ist es einfacher, das Wort als "Gräuel" herzuleiten. Einfache Logik. Schließlich soll Sprache einfach sein, sonst könnte man sie ja zu sonstwas verwenden.

Trotzdem - ob Greuel oder Gräuel - das Wort steht, wenn ein "die" vornedran steht, im Plural, tschuldigung, in der Mehrzahl, nicht im Singular, tschuldigung, in der Einzahl. Deshalb "sind" die Gräuel, nicht "ist" sie.

Doch Obacht: ich hab grad im Onlein-Duden nachgeschaut. Es gibt "Gräuel" auch im Singular ... zefix ... in der Einzahl. Da ist er aber männlich, also "der Gräuel". Der wird dann auch nie vergessen, sondern "die" (obwohl ich mit dem "nie vergessen" so meine Zweifel habe, aber das ist ne andere Geschichte).

Oh, ich sehe das Problem. Das Wort sieht in der Einzahl wie in der Mehrzahl gleich aus. Joooh, dann konnten die von der Zeitung das ja nicht wissen. Die wurden in die Irre geleitet. War bestimmt der Duden schuld.

Eine Runde Mitleid bitte.

Ansonsten einen schönen Tag.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Geiger

[Regionalforum-Saar] Damit die Gräuel nie vergesse n wird.

Date: 2017/01/31 08:53:21
From: Roland Geiger <alsfassen(a)web.de>

gestern in der SZ: Anmerkungen in Klammern [ ] von mir.

Damit die Gräuel nie vergessen wird

St. Wendel gedenkt der Opfer der Nazi-Herrschaft

Gedenkveranstaltung in der Aula des Cusanus-Gymnasiums anlässlich des Jahrestags der Auschwitz-Befreiung. Erinnerungskultur sei angesichts des aktuellen politischen Geschehens „wichtiger denn je“.

Von SZ-Mitarbeiterin
Jennifer Sick

St. Wendel. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee Auschwitz. Als größtes der rund 2000 Konzentrations- und Arbeitslager versinnbildlicht es wie kein zweites die Gräueltaten der Nazis. Der Ort im Süden Polens steht für den Verlust jeglicher Menschlichkeit und Zivilisation. Seit 1996 ist die Befreiung der Gefangenen von Auschwitz ein nationaler, seit 2005 internationaler Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Auch in St. Wendel wird jährlich mit einer zentralen Veranstaltung der Opfer gedacht. In diesem Jahr war die Aula des Cusanus-Gymnasiums der Ort des Gedenkens.

„Wir dürfen nicht vergessen, was damals geschah“, erklärt Landrat Udo Recktenwald den Gedanken hinter der Veranstaltung. Besonders junge Menschen wolle man ansprechen: „Je mehr Zeitzeugen sterben, desto wichtiger ist es, die Erinnerung an das Geschehene in die Jugend zu tragen“, erklärte Recktenwald. „Die Erinnerungskultur muss ein Zeitloszeuge werden.“ Das sei gerade angesichts des aktuellen politischen Geschehens wichtiger denn je.

In der Aula selbst konnten Besucher sich an Schautafeln über das Thema Nationalsozialismus am Beispiel unserer Region und auch anhand einiger Einzelschicksale informieren. Schüler des Cusanus hatten sie im Vorfeld angefertigt. Neben Briefen und offiziellen Schreiben von der Front gehörten vor allem auch zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotografien zu der kleinen Ausstellung dazu. Gruppenfotos von Soldaten, Porträtbilder von Daheimgebliebenen, aber auch Bilder von brennenden Häusern, Massengräbern, Leichenbergen. Schnell wurde klar, bei der Gedenkveranstaltung wird nichts beschönigt. Das macht auch Landrat Recktenwald in seiner Ansprache klar: „Kein Vergessen, kein Relativieren, kein Beschönigen.“

Wenige widerstanden

So war auch der Vortrag von Superintendent Gerhard Koepke mit dem Thema „Das Dritte Reich und die evangelische Kirche- regionale Perspektive“ eine ehrliche, unverblümte Auseinandersetzung mit der Frage der Schuld. „Kann man von einer Mittäterschaft der Kirchen sprechen?“ fragte Koepke zu Anfang. Schnell machte er klar: Widerstand leisteten in den Kirchen nur wenige. Als Beispiel nannte er unter anderem Pfarrer Wilhelm Engels aus Dirmingen. Der habe in der Nazi-Zeit versucht, als Christ zu leben und zu handeln. Er hielt kritische Predigten und verweigerte den Treueeid. Doch er bleibe ein Einzelbeispiel. Am Ende seines Vortrags ruft Koepke auf, es besser zu machen: „Lassen Sie uns alle eintreten für die Würde des Menschen, die Freiheit, die Demokratie und ein gemeinsames Europa.“

Im Anschluss stellte dann das Seminarfach des Cusanus-Gymnasiums „Spuren von Krieg und Faschismus im St. Wendeler Land“ eine Auswahl seiner Arbeiten dem Publikum vor. „Die Idee war, Grundlagenarbeit als Form der persönlichen Auseinandersetzung mit unserer Geschichte zu leisten“, erklärt Seminarleiter Mathias Hans. Zu diesem Zweck haben die Schüler Teilthemen des Gesamtprojektes bearbeitet. [Was hier fehlt, ist, daß fünf Schüler spezielle Themen vorgetragen haben - und das viel eindrucksvoller als Mathias Hans, den ich eher als eine Art Selbstdarsteller empfand. Sehr beeindruckend war der Beitrag des jungen Mädchens, die über ihre verstorbene Großmutter aus Namborn sprach, die in Danzig geboren wurde und mit ihren Pflegeltern 1945 vor den Russen flüchtete]. Dazu gehörten beispielsweise die Erfassung von Kriegsdenkmälern im Landkreis oder auch die Digitalisierung und der Aufbau eines Fotoarchivs [welchen Zweck ein solches Archiv in einer Schule auch immer hat - vor allem, welche Nachhaltigkeit.]. Das Ergebnis ist unter anderem eine Buchreihe mit dem Titel „Spuren ...“[Weiß jemand, wo es diese Bücher gibt?]. Auf diese Weise kämpfen die Seminarteilnehmer gegen das Vergessen und werden selbst Teil einer Erinnerungskultur und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

Musikalisch wurde der Abend von zwei Schüler-Lehrer-Gruppen des Cusanus-Gymnasiums und der Formation Cholores gestaltet, die passend zum Thema hebräische Lieder und Reinhard Meys „Die Kinder von Izieu“ vortrugen.


„Seid wachsam,erhebt eure Stimme“

Marpingen. Mehr als 60 Besucher waren nach Angaben des Vereins wider das Vergessen und Rassismus am Samstag nach Marpingen gekommen, um der Kranzniederlegung an der Gedenkplatte des ermordeten Sozialdemokraten Alois Kunz beizuwohnen. In seiner Ansprache anlässlich des Gedenktags an die Opfer der Nazi-Zeit gedachte Vereinsvorsitzender Eberhard Wagner nicht nur des Marpinger Widerstandskämpfers Kunz, sondern auch der ebenso in Auschwitz ermordeten Sinti-Kinder Peter, Maria und Eva Weiß aus Urexweiler sowie des auch im KZ ermordeten Homosexuellen Johann Adam Huber aus Urexweiler. Wagner zeigte Parallelen auf, die er zwischen den Anfängen der Nazi-Zeit und heute sieht: „Hilfsbereitschaft und Mitgefühl werden denunziert. Menschen, die christlich handeln“, würden als „Gutmenschen“ beschimpft. „Ich kann nur appellieren: Seid wachsam, erhebt eure Stimme gegen diese Entwicklungen, wo immer es geht.“ red

[Ich hab mal gehört, daß es in Berschweiler einen dicken Nazi namens Wagner gab. Über den schweigt sich der Verein wider das Vergessen stets aus.]