Römisches Rätsel auf dem Campus
Archäologen der Saar-Uni legen Bauwerk im Stadtwald frei – War es ein
Tempel?
Altertumswissenschaftler der Saar-Uni buddeln hinter dem Mathe-Gebäude nach
einem römischen Bauwerk. Nach den ersten Funden gibt es nun Indizien, dass es
sich um einen antiken Tempel handeln könnte.
Von SZ-Redaktionsmitglied
Alexander Stallmann
Saarbrücken. Mit Schaufel und Eimer bewaffnet gehen sie ans Werk: In
unmittelbarer Nähe des Mathematik-Gebäude auf dem Campus der Saar-Uni buddeln
und graben derzeit sieben Studenten zusammen mit dem Professor der
Altertumswissenschaften Rudolf Echt nach den Überresten eines antiken Gebäudes.
Drei Wochen lang wird von Montag bis Samstag täglich acht Stunden gegraben.
Jeder Fund wird ausgemessen und aufgezeichnet. Danach gibt es noch zwei Stunden
theoretische Unterweisung im Seminarsaal, in dem die Studenten ihre Funde
dokumentieren und Grabungstagebücher führen.
Nur wenn es regnet wird nicht gebuddelt. „Bei Regen vermatscht man mehr, als
man an Klarheit gewinnt. Und aufzeichnen und dokumentieren können wir bei Regen
auch nichts“, erklärt Echt.
Der Wissenschaftler ging zu Beginn davon aus, dass der größte Teil des
erhaltenen Bauwerks unberührt und unerkannt im Boden liegt. Größe und Datierung
der Anlage sind noch nicht möglich. Die Studenten haben jedoch ein Areal von 30
Meter auf 34 Meter abgesteckt. Nach den ersten Tagen hat die Gruppe zwar einige
Funde gemacht, allerdings teilweise andere als erwartet. Echt erklärt: „Das, was
ich bis jetzt gesehen habe, wäre für eine römische Villa höchst untypisch. Es
ist ein wahres Mysterium.“ Und genau das mache es jetzt spannend. Neben einigen
Scherben und reichlich Fragmenten von Tonziegeln haben Echt und seine Studenten
große, zentnerschwere Sandsteine gefunden, zwei Meter lang und etwa 30
Zentimeter breit.
Das sei kein typisches römisches Mauerwerk, sagt Echt. Er möchte jedoch nach
den ersten paar Tagen noch keine Prognose wagen, was es mit den riesigen Steinen
auf sich haben könnte. Zunächst müsse man abwarten, was noch alles gefunden
werde. Echts Mitarbeiter am Institut, Frank Fecht, erklärt: „Solche
Sandsteinplatten deuten auf einen Tempel hin.“ Bislang sei jedoch noch nichts
gefunden worden, was die Tempeltheorie bestätigt. Würden beispielsweise Teile
einer Statue gefunden, so würde das die Annahme des Tempels untermauern. Sowohl
Echt als auch Fecht sind inzwischen überzeugt, dass es sich nicht – wie
ursprünglich angenommen – um ein Landhaus handelt.
Rudolf Echt fiel die Stelle bei mehreren Waldspaziergängen in der
Mittagspause auf. Daraufhin informierte er sich beim Landesdenkmalamt in Reden
und erfuhr, dass er nicht der Erste war, der im Wald der Universität einen
interessanten Fund witterte.
Bereits im Jahr 1847 hatte ein Förster namens Lamarche Ausgrabungen an der
Stelle durchgeführt. Später haben dort nochmals Hobbyforscher gegraben, zuletzt
im Mai 1987 ein Lehrer mit seinen Schülern.
Vor genau 50 Jahren hatte auch bereits einmal ein Wissenschaftler der
Saar-Uni sein Interesse an einer Ausgrabung hinterm Mathe-Gebäude bekundet: Rolf
Hachmann. Der damalige Direktor des Instituts für Vor- und Frühgeschichte, an
dem heute Rudolf Echt arbeitet, schrieb 1965 einen Brief an den Rektor der
Saar-Uni. Darin erklärte er, dass sich an der entsprechenden Stelle vermutlich
Ruinen einer römischen Villa befinden würden. Und dass sich nach der Ausgrabung
und Freilegung der Anlage eine Einrichtung als Freilichtmuseum lohnen könnte.
Echts Ziel ist es unter anderem unberührte Fragmente auszugraben. Allerdings
förderte die Gruppe unter anderem Plastiktüten zu Tage. „Das ist natürlich ein
Zeichen dafür, dass die Stelle nicht unberührt ist. Ich gehe davon aus, dass die
Plastiktüten von den Grabungen aus dem Jahr 1987 stammen,“ sagt Echt. Foto:
UdS
„Es ist ein wahres Mysterium. Und genau das macht es spannend.“
Rudolf Echt, Professor an der Saar-Uni