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2014/09/21 17:48:30
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Konf: "Die Hütte brennt ." - Feuer im Kontext von Bauwerken
Datum 2014/09/23 00:02:03
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Wir sind dann mal weg. Auf dem Camino von Porto nach Santiago.
2014/09/18 11:21:05
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] St. Wendel und Cusanus - am nächsten Mittwoch
Betreff 2014/09/08 09:45:15
hans via Regionalforum-Saar
Re: [Regionalforum-Saar] wie alt wurden die kelten?
2014/09/21 17:48:30
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Konf: "Die Hütte brennt ." - Feuer im Kontext von Bauwerken
Autor 2014/09/23 00:02:03
Roland Geiger via Regionalforum-Saar
[Regionalforum-Saar] Wir sind dann mal weg. Auf dem Camino von Porto nach Santiago.

[Regionalforum-Saar] Territorialisierung mit dem Schwert?

Date: 2014/09/22 21:44:54
From: Roland Geiger via Regionalforum-Saar <regionalforum-saar(a)...

Eulenstein, Julia: Territorialisierung mit dem Schwert? Die Fehdeführung
des Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg (1307/08-1354) im Erzstift
Trier (= Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz
115) [6 Karten]. Koblenz: Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 2013.
ISBN 978-3-931014-86-5; X, 612 S.; EUR 44,00.

Inhaltsverzeichnis:
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/media/beitraege/rezbuecher/toc_21396.pdf>

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Anne-Katrin Kunde, Institut d'Histoire, Université du Luxembourg
E-Mail: <anne-katrin.kunde(a)... von Luxemburg, Bruder des 1313 verstorbenen Kaisers Heinrich
VII., Onkel des böhmischen Königs Johann und langzeitiger Unterstützer
König Ludwigs des Bayern, amtierte nicht nur als Erzbischof von Trier,
sondern zwischen 1328 und 1336 als Administrator des Erzbistums Mainz
sowie zwischen 1331 und 1337 zeitweise auch als Administrator der
Bistümer Speyer und Worms. Damit war er war nicht nur eine der
einflussreichsten und mächtigsten Personen seiner Zeit, sondern seit der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Gegenstand etlicher Biografien,
diverser Untersuchungen zu verschiedensten Aspekten der Geschichte des
späten Mittelalters und natürlich auch zahlreicher landesgeschichtlicher
Studien. So mag eine Dissertation zu einem vermeintlich derart
"beackerten Feld" zunächst überraschen, zumal hier oft behandelte Themen
wie Burgenbau bzw. -politik und Ausbau bzw. Territorialisierung der
Kurlande vor dem Hintergrund einer ebenfalls nicht unbekannten
Quellenlage abermals aufgegriffen werden. Die Autorin der 2009/10 an der
Universität Gießen eingereichten Dissertation stellt daher das
Instrument der Fehde bzw. der anschließenden Sühne in den Mittelpunkt
ihrer Betrachtung, um aus landesherrlicher Perspektive zu hinterfragen,
ob "das Wechselspiel von Fehde und Sühne zur Konsolidierung und zum
Ausbau der eigenen Einflussbereiche [zu] nutzen [war], und welchen
Stellenwert [...] Fehdeführung und Sühneschluss als Mittel im
Territorialisierungsprozess in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts"
(S. 6) hatte, wobei sie betont, dass der "Blick gerade auf diesen
Zeitraum [...] bisher ein Desiderat der Fehdeforschung" (S. 19) war.

Wie in der Einleitung (S. 3-42) formuliert, war eine wesentliche
Grundlage der Untersuchung zunächst das in Kopialbüchern, den
sogenannten Balduineen[1], versammelte Urkundenmaterial, in das die
"meisten erzbischöflichen Sühnen eingetragen wurden" (S. 14f.) und das
somit für die Herausarbeitung des Fehdegrundes und der Intentionen
Erzbischof Balduins besonders wichtig war. Doch zog die Autorin
ebenfalls die Urkundenausfertigungen der Bestände zahlreicher vor allem
südwestdeutscher Archive heran (ohne leider genaue Signaturen im
Quellenverzeichnis auszuweisen), was nicht nur ein immenser
Arbeitsaufwand gewesen sein dürfte, sondern der Beschreibung der
einzelnen Fehden im Detail zu Gute kommt. Darüber hinaus wurde
sogenanntes Verwaltungsschriftgut, ferner erzählende Quellen auch
jüngeren Datums berücksichtigt, um die "Konfliktwahrnehmung und vor
allem [die] Konfliktdarstellung auf der kurtrierischen Seite" (S. 14f.)
zu untersuchen.

In "Fortführung des von Otto Brunner initiierten Ansatzes" (S. 6f.)[2]
versteht Julia Eulenstein Fehde als "Rechtsstreit unter Einsatz von
Waffengewalt" (S. 27) bzw. als legitimes Rechtsinstrument, das in der
Zeit des Spätmittelalters einen hohen Stellenwert besaß und bei dem am
Ende der Fehde "das neue Recht in der die Gewalt beendenden Sühne
festgeschrieben wurde" (S. 5). Den von ihr verwendeten "Arbeitsbegriff"
Fehde, für den es "im Umkreis des Erzstifts Trier in der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts keine feststehende Begrifflichkeit" (S. 31) gegeben
zu haben scheint, möchte sie daher im Weiteren schärfen, indem sie Fehde
mittels einer Binnendifferenzierung semantisch von anderen Streitformen,
Straftaten oder auch vom Krieg abzugrenzen sucht. Als
Unterscheidungskriterium gilt ihr die Intensität, mit der die
Auseinandersetzungen geführt wurden, die sie anhand der Kombination der
in den Quellen verwendeten überwiegend deutschen Begriffe auszumachen
sucht. Auf Grund dessen unterscheidet die Autorin drei unterschiedliche
Eskalationsstufen von Konflikten: Die erste sei durch die Vokabel
zweiunge und Gewaltfreiheit gekennzeichnet. Stufe zwei lasse sich durch
die Verwendung einer Begriffsreihe charakterisieren, in der die
Ausdrücke schaden, zweyungen, missehelungen, ansprachen und ufleufe
kombiniert werden können. Die oberste Eskalationsstufe weise "meistens
die Begriffsreihe criege, urleuge, tzweiung, uffleufe und mishellunge"
(S. 23f.) auf. Letztere seien immer an gewalttätige Konfliktlösung
geknüpft. Aber nur für die höchste Stufe möchte die Verfasserin den
Terminus 'Fehde' anwenden. Die von ihr definierte mittlere Ebene sei
dagegen ein Gewalteinsatz unterhalb der Fehde (S. 26f.). Auch wenn hier
eine sprachliche Gradation innerhalb der Quellen ablesbar ist, scheint
eine solche etwas schematisch anmutende Unterteilung besonders der
beiden letzten Ebenen eher schwierig begründbar. Da die Autorin selbst
auf deren Variabilität bzw. fallweise eingeschränkte Verwendbarkeit
verweist, bleibt fraglich, ob sich diese sprachlichen Beobachtungen und
Klassifizierungen, die anhand des Trierer Materials getroffen wurden,
verallgemeinern lassen. Ob sie für den Untersuchungsgegenstand Fehde
wirklich weiterführend sind, kann daher nur mittels vergleichender
weiterer Studien beantwortet werden.

Die "Untersuchung der [die Fehden abschließenden] Sühnebestimmung und
die Analyse ihrer Bedeutung für die Konsolidierung und den Ausbau der
erzbischöflichen Einflussbereiche" (S. 20) benennt die Autorin als
Ausgangspunkt für ihre Überlegungen. Die darin getroffene weitere
Unterscheidung der Sühnen in solche mit erzbischöflicher Beteiligung
unter militärischem Vorgehen (fehdebedingte Sühnen) und solche ohne
"vorherige explizite Gegnerschaft des Erzbischofs" (frevelbedingte
Sühnen) (S. 21) strukturiert die Arbeit im Wesentlichen.

Für den ersten Teil (Fehden und Landfriedensexekutionen als
Sühnegelegenheit, S. 43-484) macht Eulenstein innerhalb ihres
Untersuchungszeitraums von fast 50 Jahren "38 Fehden kleineren, größeren
und sehr großen Ausmaßes" (S. 4) aus, wobei hier die Dauer das
Unterscheidungsmerkmal darstellt. Diese Fälle scheidet sie anhand der
Fehdegegner in Adlige und Städte. Die überwiegenden adligen Fehdeführer
werden wiederum in fünf geografische Konfliktfelder gliedert:
Westerwald, Mittelrhein, Hunsrück und Mosel, Eifel sowie schließlich
Saar (woran sich noch ein Kapitel zu kleineren Fehden anschließt, S.
403-431). Die einzelnen Fehden und auch Landfriedensexekutionen werden
weitgehend nach demselben Muster beschrieben: Vorstellung der Gegner,
Auslöser der Fehde, Fehdeverlauf, Sühnebestimmungen, Motive und Gründe,
Analyse. Diesem Muster folgt auch Teil zwei (Umdeutung von Fehde und
fehdeähnliche Handlungen als Sühnegelegenheit, S. 485-511). Sprachlich
klar gelingt es der Autorin die einzelnen, oft durchaus verworrenen
Auseinandersetzungen, die an dieser Stelle keine nähere Vorstellung
erfahren können, in zudem stark fragmentierten Gebieten übersichtlich
und gut nachvollziehbar darzustellen. Im Ergebnis dieser
Einzelfallbetrachtungen konstatiert sie (Fazit, S. 512-530), dass die
Fehde ein wichtiges Element im Zusammenhang mit dem
Territorialisierungsprozess bildete, da an ihrem Ende rechtsverbindliche
Sühnen standen, die in 43 von 50 überlieferten Fällen "den Ausbau und in
der Regel auch die Konsolidierung der erzbischöflichen Einflussbereiche
zu Ungunsten der gegnerischen Rechte und Möglichkeiten" (S. 515)
ermöglichten, wozu nicht nur die bischöfliche Finanzkraft und
Infrastruktur des Erzstifts, der Kontakt Balduins zum entsprechenden
Reichsoberhaupt und die militärische Überlegenheit des Luxemburgers,
sondern auch "die außerordentlich gut organisierte Schriftgutverwaltung"
(ebd.) beigetragen habe. Bei der Ausgestaltung der Sühnen agierte der
Erzbischof keineswegs aus starrer Haltung heraus, sondern war auch zu
Zugeständnissen bereit oder gezwungen und musste in Einzelfällen auch
negative Konsequenzen für das Erzstift verzeichnen. Der mittels der
Sühnen vorangetriebene Ausbau des Erzstiftes erfolgte in den meisten
Fällen jedoch zu Gunsten des Erzbischofs durch die Reaktivierung alter
oder den Gewinn neuer Rechte und die Herstellung von "Bindungen", die
die Autorin in An- und Einbindungen unterteilt, wovon erstere "eine
nicht allzu starke und vor allem (...) nicht exklusive" meint
(Lehnsbindungen, Dienstverträge), die zweite hingegen "eine stärkere
politische und personelle Bindung an das Erzstift [darstellt] und
exklusiv sein" konnte (Ernennung zum Amtmann) (S. 37). Da Frau
Eulenstein herausarbeitet, dass "die dauerhafte personelle Anbindung des
Gegners (...) für die Entwicklung des späteren Kurstaates Trier einen
besonderen Stellenwert" auch aufgrund ihres generationsübergreifenden
Charakters beanspruchen kann, wird einmal mehr die Bedeutung der
Amtszeit Erzbischofs Balduin von Trier für die Ausgestaltung des
späteren Kurstaates unterstrichen.

Der umfangreichen Studie sind sechs Karten beigegeben, die vermutlich
farbig konzipiert waren, im Druck jedoch in Schwarz-Weiß gehalten sind.
Dadurch und durch die geringe Größe und damit einhergehende inhaltliche
Reduzierung verlieren sie ihre Informationskraft weitgehend und sind als
Illustration der vorangegangenen Ausführungen nur bedingt nutzbar. Auch
wenn das Literaturverzeichnis nicht alle zitierte Literatur ausweist
(Schütz, "Ludwig der Bayer" oder auch Böhn, nicht Böhm, "Ausgriff in den
pfälzischen Raum"[3]) und die Forschungsergebnisse der Luxemburger
Mediävistik unberücksichtigt geblieben zu sein scheinen sowie die
Gestaltung des Orts- und Personenindexes nicht immer zur Orientierung
beiträgt, kann die vorliegende Monografie nahezu als ein Kompendium für
die Landesgeschichte des umrissenen geografischen Raumes im 14.
Jahrhundert bezeichnet werden, was neben dem Beitrag zur Diskussion um
das mittelalterliche und frühneuzeitliche Fehdewesen ihren eigentlichen
großen Wert ausmacht.


Anmerkungen:
[1] Johannes Mötsch (Bearb.), Die Balduineen. Aufbau, Entstehung und
Inhalt der Urkundensammlung des Erzbischofs Balduin von Trier, Koblenz
1980.
[2] Otto Brunner, Land und Herrschaft. Grundfragen der territorialen
Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter, Wien 1965, Nachdruck
Darmstadt 1990.
[3] Alois Schütz, Ludwig der Bayer, König und Kaiser, in: Balduin von
Luxemburg, Erzbischof von Trier - Kurfürst des Reiches 1285-1354.
Festschrift aus Anlaß des 700. Geburtstages, hrsg. v. Franz-Josef Heyen
/ Johannes Mötsch, Mainz 1985, S. 55-88; Georg Friedrich Böhn, Der
territoriale Ausgriff Balduins von Trier in den pfälzischen Raum, in:
ebd., S. 403-412.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Harald Müller <mueller(a)... zur Zitation dieses Beitrages
<http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2014-3-179>

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