Auf den Spuren von Cusanus
Kunsthistorikerin stellte Ergebnisse ihrer Dissertation über den
Philosophen vor
Passend im Cusanus-Haus in St. Wendel referierte die Kunsthistorikerin
Sylvie Tritz über das Leben und Wirken von Nicolaus Cusanus und seine
Verbindungen nach St. Wendel und in alle Welt.
Von SZ-Mitarbeiterin
Evelyn Schneider
St. Wendel. Cusanus-Haus, Cusanus-Gymnasium – als Namenspatron hat
der in der Mitte des 15. Jahrhunderts wirkende Philosoph und Theologe Nikolaus
von Kues (auch Nicolaus Cusanus) seine Spuren in St. Wendel hinterlassen. Doch
gibt es darüber hinaus noch Hinweise auf seine Verbindung zu der
saarländischen Stadt?
Dieser Frage ging am Samstagabend Sylvie Tritz in ihrem Vortrag „Nikolaus
von Kues und St. Wendel“ im Cusanus-Haus nach. In ihrer Dissertation „ . . .
uns Schätze im Himmel zu sammeln' – Stiftungen des Nikolaus von Kues“
beschäftigte sie sich sehr eingehend mit dem Leben des im Jahre 1401 geborenen
Philosophen. Ein Kapitel darin ist seinem Wirken in St. Wendel gewidmet.
Die Kunsthistorikerin begann ihren 45-minütigen Vortrag in einem bis fast
auf den letzten Platz gefüllten Saal des Cusanus-Hauses mit einem kurzen
Überblick über das Leben Nikolaus von Kues', der unter anderem als Kardinal
der Kirche San Pietro in Vincoli in Rom und Fürstbischof von Brixen in die
Geschichte einging.
Seine Interessen waren vielfältig: Medizin, Mathematik, Astronomie,
Naturwissenschaften und mögliche Veränderungen in der Kirche. „Er war eine
Persönlichkeit, deren Denken und Handeln Grenzen überschritt“, fasste Sylvie
Tritz seinen Charakter zusammen. Im Jahre 1446 tauchte erstmals der Name von
Kues in Verbindung mit St. Wendel in historischen Papieren auf, in denen er
als „Pfarrer der Kirche“ benannt wurde. Tatsächlich war er Kommendatarpfarrer,
der - wie die Referentin erklärte - die geistlichen Geschicke vor Ort von ihm
beauftragten Pfarrern ausführen ließ. So musste er selbst nicht in St. Wendel
sein. Dieser Umstand erklärt auch die Tatsache, dass er mehrere so genannte
Pfründen, also mit regelmäßigen Einkünften verbundene kirchliche Ämter, besaß.
Aber St. Wendel schien ihm wichtig zu sein. Denn er hatte große Pläne mit
dieser Pfründe. Weltlich und geistlich gehörte St. Wendel damals zum Bereich
des Bistums und des Kurfürsten von Trier. Ende der 1440er Jahre wollte von
Kues sein eigenes Bistum: St. Wendel sollte ein Suffraganbistum werden, das
selbstständig von einem Bischof verwaltet wird, aber gleichsam unter der
Aufsicht eines Erzbischofs steht. Doch dieser Plan scheiterte.
Im folgenden Teil ihres Vortrags unternahm Sylvie Tritz einen Ausflug in
die Kunstgeschichte. Anhand von Bildern, die an eine Leinwand projiziert
wurden, zeigte sie Nikolaus von Kues Spuren in der St. Wendeler
Wallfahrtskirche.
Im Deckengemälde ist sein Wappen mit einem roten Krebs, der sich auf den
Familiennamen Nikolaus Krebs bezieht, zu sehen. Außerdem stiftete er die
Kanzel. Er sorgte auch wirtschaftlich gut für seine Pfarrei, in dem er mit dem
Verleih einer Ablassurkunde die Wallfahrt förderte.
Nach 45 Minuten endete der Ausflug der Referentin ins 15. Jahrhundert. Für
ihren lebendigen Vortrag wurde sie von den Zuhörern mit reichlich Beifall
bedacht. Viele Gäste suchten im Anschluss noch das Gespräch unter vier Augen,
um einige Fragen loszuwerden oder eigenes Wissen um Nikolaus von Kues
mitzuteilen.
Insgesamt hat Sylvie Tritz sechs Jahre an ihrer Dissertationsarbeit
geschrieben. „Ich habe lange Zeit in Archiven gesucht“, erzählte die ehemalige
Trierer Studentin. In Rom verbrachte sie zu Recherchezwecken ganze sechs
Monate. Aber die Arbeit hat sich gelohnt: Ihre Dissertation ist publiziert.
Hintergrund
Nikolaus von Kues wurde 1401 als Nikolaus Krebs, Sohn eines
wohlhabenden Kaufmanns, in Kues an der Mosel geboren. Von 1417 bis 1423
studierte er Kirchenrecht in Padua. Er hatte bis zu seinem Tode 1464 wichtige
Kirchenämter inne: Er war Kardinal von San Pietro in Vincoli in Rom,
Fürstbischof von Brixen und Kurienkardinal in Rom. Darüber hinaus verfasste er
bedeutende theoretische Schriften, zum Beispiel „De docto ignoratia“ und „Über
die belehrte Unwissenheit“, 1440. evy